Fakultät für Physik R: Rechenmethoden für Physiker, WiSe 2015/16 Dozent: Jan von Delft Übungen: Benedikt Bruognolo, Dennis Schimmel, Frauke Schwarz, Lukas Weidinger http://homepages.physik.uni-muenchen.de/~vondelft/Lehre/15r/ Blatt 13.5: Oberflächenintegrale, Ausgabe: Freitag, 22.01.16 Abgabe: Freitag, 29.01.16, 13:00 Zentralübung: 03.02.16 (b)[2](E/M/A) bedeutet: Aufgabe (b) zählt 2 Punkte und ist einfach/mittelschwer/anspruchsvoll Beispielaufgaben: {T}: wird im Tutorien besprochen; {S}: Selbststudium. Beispielaufgabe 1: Flächenintegrale [2] Punkte: [2](M). [T] ez Geben Sie die Menge aller Punkte an, die in der skizzierten Pyramide P liegen. Berechnen Sie anschließend die Fläche der schrägen Seite dieser Pyramide. Kontrollergebnis: Für a = 2 ist der Flächeninhalt der √ Schräge 1253 . a 1/3 ex ey 1/2 Beispielaufgabe 2: Volumen und Fläche von Rotationsparaboloid [3] Punkte: (a)[1](E); (b)[2](M). [T] Der Rotationskörper K werde von oben durch die Ebene z = zmax begrenzt, und von unten durch den Rotationsparaboloid P , der durch die Rotation der Parabel z(x) = x2 um die z-Achse entsteht. (a) Berechnen Sie das Volumen V des Körpers K. (b) Berechnen Sie die Fläche A des paraboloid gekrümmten Anteils der Oberfläche von K. [Kontrollergebnisse: Für zmax = 3 4 gilt V = 9π 32 und A = 7π .] 6 Beispielaufgabe 3: Flussintegral eines elektrischen Feldes durch Zylinder [4] Punkte: (a)[2](M); (b)[2](M). [T] Betrachten Sie einen Zylinder mit Mittelpunkt am Ursprung, Länge 2h und Radius R. Am Ursprung befinde sich eine Punktladung Q, die ein elektrisches Feld der Form E(r) = E0 r/r3 erzeugt, mit E0 = Q/(4πε0 ). Finden Sie den Fluss ΦZ = ΦD + ΦB + ΦM dieses Feldes nach außen durch die gesamte Oberfläche des Zylinders, also (a) durch die Decke (ΦD ) und den Boden (ΦB ), sowie (b) durch den Mantel (ΦM ). Beispielaufgabe 4: Poisson-Summenformeln [3] (a) ´Beweisen Sie, dass jede Funktion f (x), für die eine Fourier-Integraldarstellung der Form f (x) = ∞ dk ikx ˜ e f (k) existiert, folgende bemerkenswerte Beziehung erfüllt: −∞ 2π ‘Poisson-Summenformel’: X m∈Z f (m) = X n∈Z 1 f˜(2πn) . Die Summe über die Funktionswerte f (m) aller ganzzahligen Argumente liefert somit dasselbe wie die Summe über alle Fourier-Koeffizienten f˜(2πn)! Hinweis: Multiplizieren P P Sie die Vollständigkeitrelation für diskrete Fourier-Moden, nämlich 1 −i2πny/L e = n∈Z m∈Z δ(y − Lm), mit f (y/L) und integrieren Sie über x = y/L. L Beweisen Sie mittels der Poisson-Summenformel und den angegebenen Funktionen f (x) folgende Identitäten (mit 0 < a ∈ ): R 2 +bx+c) (c) f (x) = e−(ax 2a = coth (a/2) . (2πn)2 + a2 n∈Z r 2 X 1 2 2 X b π 4a −c −(am2 +bm+c) e e− a (π n +iπnb) . e = a n∈Z m∈Z X (b) f (x) = e−a|x| : : Die Identität (c) ist die sogenannten ‘Poisson-Resummationsformel’ für unendliche Summen über diskrete Gauß-Peaks. Beachten Sie die Fourier-Gegensätzlichkeit: die Breite der diskreten GaußPeaks links und rechts ist proportional zu 1/a bzw. a/π 2 . [Gesamtpunktzahl Beispielaufgaben: 12] Hausaufgabe 1: Flächenintegrale [5] Punkte: (a)[2](M); (b)[1](E); (c)[2](M) Im Folgenden soll die Oberfläche einer Kugel mittels zweier verschiedener Parametrisierungen berechnet werden. In Teilaufgabe (a) werden kartesische Koordinaten verwendet, in Teilaufgabe (b) Kugelkoordinaten. R (a) Bestimmen Sie die Oberfläche einer Kugel K ∈ 3 mit Radius R in kartesischen Koordinaten. Berechnen Sie hierzu zunächst die Oberfläche A+ der nördlichen Hemisphäre S+ (obere Halbkugel), indem Sie folgende Parametrisierung verwenden: p S+ : (x, y) 7→ r(x, y) = (x, y, R2 − x2 − y 2 )T . Achten Sie auf die richtigen Integrationsgrenzen und lösen Sie das Integral durch Substitution. Die Oberfläche der gesamten Kugel ist AKugel = 2A+ . (b) Berechnen Sie die Oberfläche der Kugel K mit Radius R nun in Kugelkoordinaten. R (c) Welchen Radius R̃ muss ein Kegel der Höhe h = R̃b (b ∈ ) haben, damit seine Mantelfläche genauso groß ist wie die Kugeloberfläche aus Teilaufgabe (a) und (b)? 2 Kontrollergebnis: Für b = 12 gilt R̃ = √ 4 R. 5 Hausaufgabe 2: Rotationskörper [4] Punkte: [4](M); 2 ez Berechnen Sie das Volumen des Körpers K, der durch die Rotation der Funktion ρ(z) = 1/z mit 1 ≤ z ≤ a um die z-Achse erzeugt wird. Geben Sie auch das Integral für die Oberfläche diese Körpers an. Schätzen Sie dieses √ Integral nach unten hin ab, indem Sie die Ungleichung z −4 + 1 ≥ 1 verwenden. Wie groß sind dann Volumen und Oberfläche im Limes a → ∞? Dieser Körper ist als Gabriels Horn oder Torricellis Trompete bekannt. ey ex Hausaufgabe 3: Fluß durch eine Oberfläche [3] Punkte: [3](M) Gegeben ist die Rotationsfläche S = SMantel + SBoden + SDeckel mit SMantel = {(x, y, z) ∈ SBoden = {(x, y, z) ∈ SDeckel = {(x, y, z) ∈ R3 : x2 + y2 = e−2z , z ≥ 0} R3 : x2 + y2 ≤ 1, z = 0} R3 : x2 + y2 ≤ e−2, z = 1}. Skizzieren Sie S und berechnen Sie für das Vektorfeld v(x, y, z) = (x, y, −2z) den Fluss durch die Fläche S (von innen nach außen). Hausaufgabe 4: Fourier-Integraldarstellung periodischer Funktionen, Frequenzkamm [6] Punkte: (a)[1](E); (b)[2](M); (c)[1](E); (d)[2](M); (e)[3,Bonus](A). Die derzeit genauste Methode, optische Frequenzen zu messen, basiert auf der Nutzung eines optischen ‘Frequenzkamms’. Für die Entwicklung dieser Technik erhielten John L. Hall (University of Colorado, USA) und Theoder W. Hänsch (Ludwig-Maximilians-Universität München) 2005 den Nobelpreis für Physik. Dabei wird mittels einer optischen Kavität eine streng periodische Folge von Lichtpulsen erzeugt, deren Fourier-Spektrum die Form eines Frequenzkamms hat. Dieser Kamm enthält mehr als 1 Millionen ‘Zinken’; sie umfassen mehr als eine Oktave und ihre Frequenzen sind mit einer Genauigkeit von besser als 10−15 bekannt. Um die Frequenz eines optischen Lichtstrahls zu messen, wird dieser mit einem Frequenzkamm überlagert; diejenige Zinke, deren Frequenz der zu vermessenden Frequenz am nächsten liegt, bildet mit dieser eine Schwebung im Radiobereich, aus der sich die unbekannte Frequenz mit einer Genauigkeit von 10−15 ermitteln lässt. — Die folgende Aufgabe stellt die der Frequenzkammtechnik zugrundeliegenden mathematischen Zusammenhänge vor. (a) Eine Funktion p(t) mit Periode τ habe die Fourier-Reihendarstellung p(t) = P periodische 1 −iωm t p̃m , mit ωm = mωr und ωr = 2π/τ . Sie hat auch eine Fourier-Integraldarstellung, m e´ τ ∞ p(t) = −∞ dω e−iωt p̃(ω). Zeigen Sie, dass p̃(ω) die Form eines periodischen Frequenzkamms 2π von δ-Funktionen hat, dessen ‘Zinken’ bei den diskreten Fourier-Frequenzen ωm liegen, gewichtet mit den diskreten Fourier-Koeffizienten p̃m : X p̃(ω) = ωr p̃m δ(ω − ωm ). m 3 P (b) Betrachten Sie fortan eine periodische Funktion der Form p(t) ≡ n∈Z f (t − nτ ), bestehend aus einer Folge von verschobenen Versionen derselben ‘Saatfunktion’ f (t), mit Fourier´∞ −iωt ˜ e f (ω). Zeigen Sie, dass die Fourier-Koeffizienten p̃m der Integraldarstellung f (t) = −∞ dω 2π Fourier-Reihendarstellung von p(t) durch p̃m = f˜(ωm ) gegeben sind. Hinweis: Setzen Sie in p(t) die Fourier-Integraldarstellung der Saatfunktion f (t) ein. Bringen P P Sie p(t) nun mittels der Poisson-Summenformel, m F̃ (2πm) = n F (n), in die Form einer Fourier-Reihe, von der sich die Fourier-Koeffizienten p̃m ablesen lassen. t2 1 e− 2T 2 , (c) pG (t) sei eine periodische Folge von Gauß-Peaks, mit Saatfunktion fG (t) = √2πT 2 deren Peakbreite viel kleiner ist als die Peakabstände (T τ ). Finden Sie eine Formel für den Frequenzkamm p̃G (ω), und machen Sie qualitative Skizzen von pG (t) und p̃G (ω). (d) Ein optischer Frequenzkammgenerator erzeugt einen Lichtstrahl, dessen elektrisches Feld (vereinfacht dargestellt) die Form E(t) = e−iωc t p(t) hat. Dabei beschreibt e−iωc t die Oszillation des ‘Trägersignals’ mit Trägerfrequenz ωc , und die Einhüllende p(t) ist eine streng periodische Folge von sehr kurzen Pulsen (mit Pulsdauer 10−6 Periode). In der Regel sind die Einhüllende und das Trägersignal ‘nicht kommensurabel’: die Trägerfrequenz ωc liegt typischerweise zwischen zwei Zinken (statt auf einer Zinke), hat also die Form ωc = N ωr + ω0 , mit einer ‘Offsetfrequenz’ ω0 ∈ (0, ωr ). Aufgrund dieser Inkommensurabilität ist E(t) nicht periodisch: die Phasenlage des Trägersignals relativ zu den Maxima der Einhüllenen verschiebt sich von einem Puls zum nächsten um ∆φ = ω0 τ . Zeigen Sie, dass das Fourier-Spektrum von E(t) einen Frequenzkamm bildet, dessen Peaks relativ zu den Fourier-Frequenzen ωm um die Offsetfrequenz ω0 verschoben sind: X Ẽ(ω) = ωr f˜(ωn−N )δ(ω − ωn − ω0 ) . (1) n Anmerkung: Präzise Frequenzmessungen mit einem Frequenzkamm erfordern die genaue Kenntnis der Zinkenpositionen, Ωn = nωr + ω0 , und somit von ωr und ω0 . Die Offsetfrequenz ωr ist in der Regel hochstabil, ω0 zeigt jedoch langsame zeitliche Fluktuationen. Diese lassen sich messen, falls die Kammbreite mindestens eine Oktave umfasst. Dann liegt für eine Zinke mit Frequenz Ωn am unteren Kammende auch die doppelte Frequenz, 2Ωn , im Bereich des Kammes, und ihre Überlagerung mit einer Zinke mit Frequenz Ω2n liefert eine Schwebung mit Frequenz 12 (2Ωn − Ω2n ) = 12 [2(nωr + ω0 ) − (2nωr + ω0 )] = 12 ω0 . Durch Messung und Regelung von ω0 lässt sich ein Frequenzkamm mit einer Genauigkeit von 10−15 stabilisieren. (e) Grundlage eines Frequenzkamms ist die strenge Periodizität der Einhüllenden, p(t). Falls diese Periodizität nur innerhalb eines Zeitintervalls von endlicher Dauer gilt, führt dies zu einer Verbreiterung der Kammzinken.P Betrachten Sie zur Illustration dieser Tatsache eine ‘trunkierte’ Einhüllende der Form pγ (t) = n∈Z f (t − nτ )e−|n|τ γ , mit τ γ 1, wobei der Faktor e−|n|τ γ die Beiträge von Termen mit |n| & 1/(τ γ) 1 wegdämpft (d.h. die Reihe ‘trunkiert’). Berechnen Sie die Fourier-Transformierte p̃γ (ω) und machen Sie eine qualitative Skizze des entsprechenden Frequenzkamms. Welche Breite und Form haben die einzelnen Zinken? ´∞ Hinweis: Setzen Sie in p̃γ (ω) = −∞ dt eiωt pγ (t) die Definition von p(t) und in dieser die 0 Fourier-Darstellung Pvon f (t) ein und machen Sie im Zeitintegral die Substitution t = t − nτ . Die Summe über n hat dann die Form einer geometrischen Reihe; berechnen Sie diese und analysieren Sie die Form eines Peaks bei ω ' mωr im Limes γτ 1. 4 [Gesamtpunktzahl Hausaufgaben: 18] 5