KUNST UND KULTUR THEATER ach Jahren der Renovierung wird mit der Spielsaison 2009/2010 nicht nur ein äußerlich runderneuertes Theater präsentiert, die Erneuerung soll auch von innen stattfinden. Gallionsfigur ist der neue Intendant und Schauspieldirektor Carl Philip von Maldeghem, der mit dem Vorsatz antritt, außerhalb der Sommerfestspiele zehn Monate lang eigenständiges „schönes Theater“ zu machen, das dem Vergleich mit dem großen „Bruder Festspiele“ standhält. Als Leitmotiv seiner ersten Saison hat er „Die menschliche Natur“ gewählt und so wundert es nicht, dass eine der Säulen des Erfolges ein fixes, junges Ensemble von Sängern und Schauspielern sein soll. Den Künstlern könnte das Landestheater wieder zum Sprungbrett zur Weltkarriere verhelfen. Prominente Beispiele dafür gibt es genug: So bekam der beliebte Wiener Volksschauspieler Alexander Girardi 1870/71 hier sein erstes Engagement, die Weltkarriere von Max Reinhardt begann am Salzburger Landestheater 1893/94, aber auch die Weltkarriere der Starsopranistin Christine Schäfer nahm am Salzburger Landestheater ihren Anfang. N *** Wechselvolle Geschichte Die Geschichte des Landestheaters reicht bis ins Jahr 1775 zurück, als Fürsterzbi- 136 | SOCIETY 3/4_09 Das Salzburger Landestheater Altes Haus mit neuen Ambitionen Dass es sich in Salzburg auch außerhalb der Festspielzeiten gut leben lässt, ist bekannt. Dass aber auch auf dem Kulturparkett weiter fleißig getanzt wird, nachdem der letzte Vorhang der Festspielproduktionen gefallen ist, ist zum Teil auch dem Salzburger Landestheater zu verdanken. Vo n E VA V O N S C H I L G E N schof Hieronymus Graf von Colloredo das „Fürsterzbischöfliche Hoftheater“ als „öffentliche Erziehungsanstalt und zum geistvollen Zeitvertreib für die Bürger“ erbauen lässt. Mozarts Musik gibt es hier schon ab 1776 zu hören. Nach Ende des Kirchenstaates 1803 gewährt der Kurfürst Ferdinand von Toskana erstmals jährliche Subventionen für das Theater, das jetzt den Namen „Kurfürstliches Theater“ trägt. Nach der französischen Verwaltung wird Salzburg 1810 bayerische Provinz und das Theater zum „Königlichen National Theater“. Als Salzburg 1816 endgültig zu Österreich kommt, werden als erstes sämtliche Subventionen für das Theater eingestellt, und es wird als „K.K. Theater in Salzburg“ fortgeführt. Offenbar mit Erfolg, da man das alte Haus 1892 abreißt und schon ein Jahr später das neue „Stadttheater“ im neubarocken Stil eröffnet. Ein großer Umbau mit Neugestaltung der Fassade erfolgt 1939. Im Jahr 1944 fällt wegen der großen Bombenangriffe auf die Stadt der letzte Vorhang. Nach dem Krieg verwenden die Amerikaner das Theater als Filmprüfstätte und das erste ORF-Studio entsteht hier. Bald kann der normale Theaterbetrieb wieder aufgenommen werden. 1971 werden die Kammerspiele eröffnet, 1975 wird im Großen Haus die Drehbühne eingebaut, 2003 beginnt man mit umfangreichen Renovierungsarbeiten. *** Große Namen Viele große Namen sind in den alten Programmheften zu finden, unter anderen jene von Rosa Albach-Retty, Klaus Maria Brandauer, Maria Cebotari, Renée Fleming, Cornelia Froboess, Nikolaus Harnoncourt, Johannes Heesters, Carlos Kleiber, Josef Meinrad, Karl Merkatz, Alexander Moissi, Hans Moser, Fritz Muliar, Susi Nicoletti, Asta Nielsen, Marika Rökk, Helge Roswaenge, Adele Sandrock, Otto Schenk, Magda Schneider, Leo Slezak, Richard Tauber, Bruno Walter, Hans Weigel oder Carl Zuckmayer. FOTOS: ANDESTHEATER, JÜRGEN FRAHM UND CHRISTIAN SCHNEIDER / THEATERFOTO.AT *** Maldeghem neuer Intendant Den aus Prien am Chiemsee in Bayern stammenden neuen Intendanten Carl Philip von Maldeghem verbindet einiges mit Salzburg. Nach dem abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaft und Philosophie, dem ein einjähriges Studium an der renommierten Schauspielschule Lee Strasberg Theatre Institute in New York folgt, arbeitet er als Regieassistent am American Repertory Theatre in Cambridge. Von 1995 bis 1997 ist er Pressesprecher und persönlicher Referent unter Gérard Mortier bei den Salzburger Sommerfestspielen. Ab 1997 fungiert er während der Oster- und Sommerfestspiele als Assistent von Peter Stein. Anschließend ist er im Badischen Staatstheater Hausregisseur und inszeniert nebenbei in Italien, u. a. mit Claudio Abbado. Seine künstlerischen aber auch kaufmännischen Qualitäten beweist er in Stuttgart ab 2002 als Intendant der „Schauspielbühnen in Stuttgart“. In den sieben Jahren unter seiner Intendanz wurden 4.500 Vorstellungen gespielt, die 140 Produktionen besuchten 1,5 Mio. Zuschauer. de barocker Musik, die Operette „Frau Luna“, das Musikdrama „Die Passion des Jonathan Wade“ oder „Die Nacht des (Komponisten) Jay Schwartz“. Beim Schauspiel stehen für die Liebhaber der Klassik Goethes „Faust I“, Nestroys „Lumpazivagabundus“ und „Der eingebildete Kranke“ von Molière auf dem Programm. Aufhorchen lassen „Antigone/Das Produkt“, ein Stück mit starkem Zeitbezug, die deutschsprachige Erstaufführung „Reinhardt“, „Golden Boys“, „Homo faber“ von Max Frisch und „Müllers Büro“ von Niki List. „Marilyn“ wird lebendig im gleichlautenden Ballettabend. Weitergetanzt wird im „Wiener Abend“ oder in „Eine kleine Tanzgeschichte“. Um das Publikum signifikant zu verjüngen, wird ein „Figaro für Kinder“ erarbeitet, es folgen „Der Räuber Hotzenplotz“, „Mama Muh und die Krähe“, „Lost and Found: Ein Herz und andere Dinge“, oder KONTAKT Salzburger Landestheater Schwarzstraße 22 A-5020 Salzburg Tel. +43-(0)662-87 15 120 Fax +43-(0)662-87 15 121 90 E-Mail: [email protected] www.salzburger-landestheater.at „Türkisch Gold“, ein Stück, das den Konflikt zwischen hiesigen und „zuagroasten“ Jugendlichen behandelt. Ebenso wird es einen Kinderchor geben. Dem Lernbedürfnis der „Großen“ kommt man mit Einführungsveranstaltungen und Seminaren entgegen, und der „Entzauberung“ des Theaters mit Führungen durch die Werkstätten. Kongeniale Partner hat der neue Intendant in seinem Team gefunden, dem Musikdirektor Leo Hussain und dem Mozarteum-Orchester, dem Operndirektor Bernd Feuchtner, dem Ballettdirektor Peter Breuer und in Marc Dott, dem künstlerischen Leiter „Junges Land“. Last but not least soll Mag. Susanne Scharnhorst als kaufmännische Direktorin für gefüllte Kassen sorgen. *** Anreiz für die Jugend Die Preise der Einzelkarten und besonders jener der Abonnements sind nicht nur für die festspielpreisgeplagten Salzburger äußerst kulant sondern sollen auch zum Besuch animieren. Jugendliche bis 26 Jahre erhalten fünfzig Prozent Ermäßigung und im „Last Minute Service“ die Gelegenheit, schon ab vier Euro mitten drin in der Welt der Phantasie zu sein. Mit diesem Team und diesem Programm wird Salzburgs Theaterszene auch außerhalb der Festspielzeiten interessant werden. Am besten, Sie überzeugen sich selbst. Josef Meinrad Otto Schenk Renée Fleming Alexander Moissi *** Neues Programm und Team Dass auch die Salzburger Landesregierung den Macher aus dem Nachbarland schätzt, zeigen die um sieben Prozent erhöhten Subventionen für die Spielsaison 2009/2010. Dafür bietet Maldeghem ein abwechslungsreiches Programm wie die Opern „Figaro“, „Freischütz“ und „Tosca“ bis „Arianna“, dem Geheimtipp der Freun- SOCIETY 3/4_09 | 137