Objektive Beurteilung von Fehlern in der Milchkuhfütterung 9. Stendaler Symposium Tierseuchenbekämpfung, Tierschutz, Tierarzneimittel bei der Tierart Rind Stendal 08.05.2015 Dr. Bernd Taffe, TGD TSK ST Vortragsinhalte • Einleitung – Tiergesundheit und Tierwohl – Fütterung, ein wesentlicher Faktor für Wohlergehen, Gesundheit und Leistungsbereitschaft von Milchkühen. • Tierbezogene Herangehensweise zum Auffinden von Fehlern in der Milchkuhfütterung – Einschätzung der Rationsumsetzung aus Herdendaten und Laborparameter mit Beispiel • Rationsbezogene Herangehensweise zum Auffinden von Fehlern in der Milchkuhfütterung – Quantitative Bestimmung der Futter- und Wasseraufnahme – Auswerten von Rationsberechnungen und Rationsanalysen mit Checklisten im Beispiel • Fazit Tiergesundheit & Tierwohl • „Tiergesundheit bedeutet nicht nur das Freisein von Krankheit, sondern betrifft auch die entscheidende Beziehung zwischen der Gesundheit von Tieren und ihrem Wohlergehen“ (Präambel TGS EU 2007-13) • →Tierwohl und Tiergesundheit sind zusammengehörige Aspekte einer gesellschaftlich akzeptierten, ökonomischen und nachhaltigen Nutztierhaltung nach guter fachlicher Praxis! Faktoren, die Wohlergehen, Gesundheit und Leistungsbereitschaft der Milchkuh beeinflussen Umwelt & Genetik! Faktoren, die Wohlergehen, Gesundheit und Leistungsbereitschaft der Milchkuh beeinflussen Trophische Faktoren: Biotische Faktoren Futtermittelqualität, Rationsgestaltung & Wasserversorgung! Viren, Bakterien, Pilze & Parasiten sowie ihre belebten Vektoren! → 60 % Fütterung → 20 % abiotische und biotische Faktoren → 20 % Genetik Abiotische Faktoren: Stallabmessung & -ausstattung, Umwelt Tierkomfort & Stallklima sowie Tierbetreuung! nach Mehlhorn &. Bär 1970 & Genetik! Fütterung, ein wesentlicher Faktor für Wohlergehen, Gesundheit und Leistungsbereitschaft von Milchkühen Tierwohl: „5 Freiheiten landwirtschaftlicher Nutztiere“ (1979) (ehemals Council) 1. Freiheit von Hunger, Durst und Fehlernährung! – Anspruch auf Zugang zu frischem Wasser und gesundem und gehaltvollem Futter! 2. Freiheit von Unbehagen! – Anspruch auf eine geeignete Umgebung mit Unterstand und einem bequemen Ruheraum! 3. Freiheit von Schmerz, Verletzung und Krankheit! – Anspruch auf Vorbeuge und rasche Behandlung! 4. Freiheit von Angst und Stress! – Anspruch auf Rahmenbedingungen und Umgangsformen, welche „mentales“ Leiden vermeiden! 5. Freiheit zum Ausleben von normalen Verhaltensmustern! – Anspruch auf ein geeignetes Raumangebot und die Möglichkeit zu artgemäßen Tierkontakten! (Eingang in Richtlinie EG 98/58 zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere & damit in die TierSchNutztV und § 2 / §11 Nr. 8 Tierschutzgesetz) Tierbezogene Herangehensweise zum Auffinden von Fehlern in der Milchkuhfütterung Gesetzmäßigkeit fütterungsassoziierter Risiken einer Stoffwechsel& Mangelerkrankungen sowie Milchkuh, die Tierwohl und Tiergesundheit Technopathien (SMET)“ gefährden = Mit Bezug zur Fütterung Belastung durch Umstellungen vor, während und nach der Abkalbung Verzehrdepression! Abgang wegen Infektion und Dysfunktion von Gebärmutter, Eierstöcke, Euter & Klauen sowie Leistungsdepression Ruminale Dysfunktion (PFS) LMV Körperfettabbau Infektion und Dysfunktion von Gebärmutter, Eierstöcken, Euter & Klauen NEB Ketose, Leberschaden Chron. Ernährungsmangel bedingte Abwehrschwäche Organfunktionsstörung Gesetzmäßigkeit fütterungsassoziierter Risiken einer Stoffwechsel& Mangelerkrankungen sowie Milchkuh, die Tierwohl und Tiergesundheit Technopathien (SMET)“ gefährden Ursachen: -Futterumstellung (Kalzium! Pansen! Energiestoffwechsel) Belastungen durch Umstellungen vor, während und nach der Abkalbung Verzehrdepression! -hohe Belegdichte Abgang wegen Infektion und (Futterund Wasserzugänglichkeit) Dysfunktion von Gebärmutter, -Schmerz, Eierstöcke,Angst, Euter &RangKlauen sowie ordnungsstress Leistungsdepression Ruminale Dysfunktion (PFS) LMV Körperfettabbau Infektion und Dysfunktion von Gebärmutter, Eierstöcken, Euter & Klauen NEB Ketose, Leberschaden Chron. Ernährungsmangel bedingte Abwehrschwäche Organfunktionsstörung Gesetzmäßigkeit fütterungsassoziierter Risiken einer Stoffwechsel& Mangelerkrankungen sowie Milchkuh, die Tierwohl und Tiergesundheit Technopathien (SMET)“ gefährden Belastungen durch Umstellungen vor, während und nach der Abkalbung Verzehrdepression! Abgang wegen Infektion und Dysfunktion von Gebärmutter, Eierstöcke, Euter & Klauen sowie Leistungsdepression Ruminale Dysfunktion (PFS) LMV Körperfettabbau Infektion und Dysfunktion von Gebärmutter, Eierstöcken, Euter & Klauen NEB Ketose, Leberschaden Chron. Ernährungsmangel bedingte Abwehrschwäche Organfunktionsstörung Erkennen der fütterungsassoziierten Risiken einer Stoffwechsel& Mangelerkrankungen sowie Milchkuh aus Herdendaten und „On farm“- Eindrücken Technopathien (SMET)“ = Mit Bezug zur Fütterung TG, NGV, GP Abgangszahlen (ME & VE), Abgangsursachen, Nutzungsdauer, Lebensleistung & Lebenseffektivität Datenquellen: HIT VIT Herdenprogramm / Betriebsdokumentation & Krankheitsinzidenzen (LMV, „Ask the cow“ Mastitis, Metritis, Lahmheiten u. v. m.) „Kuhsignale" (WDK, PaFü, Kotkonsistenz, BCS u. v. m) Zusätzlich Stoffwechselprofile Sektionsergebnisse MiBi-Untersuchungen Milchmenge Milchfett Milcheiweiß FEQ Milchharnstoff Fütterungsassoziierte Herdendaten Bsp: Einschätzung der Rationsumsetzung aus Herdendaten „Auswertung Laktationskurve der Gesamtherde“ (Dez.2013-Mai 2014 Referenzniveau 9.000 kg) Quelle Bsp: Einschätzung der Rationsumsetzung aus Herdendaten „Auswertung Kühe in den ersten 100d mit FEQ > 1,5 oder Kühe mit FEQ < 1,0“ ≤ 5% = 6-15% = 16-25% = 26-33% = > 33% = Fütterungsassoziierte Laborparameter (Herdenmonitoring, Auswahl) Bsp: Einschätzung der Rationsumsetzung über Laborparameter (Herdenmonitoring Auswahl) Verzehrsdepression bei frisch abgekalbten Kühen Massiver Fettabbau bei Frischmelkern aber keine Ketosen ( fehlende Milchleistung!) Auszug aus Stoffwechseluntersuchungen durch die FU Berlin (Prof. Staufenbiel) Rationsbezogene Herangehensweise zum Auffinden von Fehlern in der Milchkuhfütterung Wasser: Bedarf veranschaulichen • Wasserbedarf: 4l Wasser je kg angestrebter Milchleistung (40 l Milch = 160 l Wasser!) 4-6 l Wasser je kg angestrebter TS-Aufnahme(23 kg TS = 140 l Wasser!) • Wasserverbrauch messen – Möglichst gruppenweise mit Wasseruhr bestimmen können (Neubauempfehlung!) – Insbesondere im Transit! (a.p. & p.p) • Wasserangebot kontrollieren – – – – Gut zu reinigende Trog-Tränken! Eine Tränkeeinheit je 20 Kühe einer Gruppe! 6-10 cm Troglänge je Kuh einer Gruppe! (= Länge je Tränke 1,20-2,00 m) Freie Zugänglichkeit der Tränken aus mehreren Richtungen! (keine Sackgassen- oder Eckmontage!) – Grobsinnlich Trinkwasserqualität! (Würde man selbst als Mensch von dem Wasser kosten wollen?) Futter: Bedarf veranschaulichen • Futterbedarf: – – – – Min. 300g / 100 kg KGW an sw. Rohfaser, besser 400 g!!! Etwa 38 MJ NEL Energie-Erhaltungsbedarf, zzgl etwa 3,2 MJ NEL je kg Milch Etwa 450 g nXP Erhaltungsbedarf, zzgl 85 g nXP je kg Milch → ≥ 12 kg TS-Aufnahme bei Frühtrockenstehern und Vorbereitern - → ≥ 19 kg TS bei Frischmelkern - → ≥ 23 kg TS in der Hochleistung → jeweils inkl. Restfutter (≥ 5%?!) • Futterverbrauch messen – Wiederholt Restfutter zurück wiegen! (Verbrauch = Vorlage – Rückwaage! Tatsächliche TS der Ration und Tierzahl berücksichtigen!) • Futterdarreichung kontrollieren – – – – – Bevorzugt homogen gemischte TMR! (Voll- oder Teil-TMR) Keine Einzelkomponenten selektiv anbieten (Cave: Heu bei offensichtlichen Verdauungsproblemen! KF Einzelgaben an Automaten << 2 kg je Stationsbesuch!) Rationen täglich frisch anmischen, Sommer ggf. 2x täglich oder Konservierungsmittel zusetzen! Ordentliche Silobewirtschaftung! (Cave: Entnahmetechnik, Vorschub und Aufplanen! Keine Zwischenlagerung! Keine Nacherwärmung!) Exakte Rationsmischung (Regelmäßige Überprüfung durch Rationsvollanalyse!) Orientierungswerte zur Rationsgestaltung für TMRRationen nach Rohnährstoffen (Auswahl) Bsp: Auswerten von Rationsberechnungen und Rationsanalysen mit Checklisten Ration Frischmelker Berechnungsbeispiel TS 23510g / 55450g x 100 =42,3% Berechnungsbeispiel Energie: 162,97 MJ NEL/ 23,510 kg TS = 6,93 MJ NEL/kg TS Berechnungsbeispiel XS 5332g / 23510 g x 100 = 227g XS / kg TS = 22,7 % XS / kg TS n. Staufenbiel 2007 Bsp: Auswerten von Rationsberechnungen und Rationsanalysen mit Checklisten AG Musterdorf Fazit • Die Fütterung ist ein wesentlicher Faktor, der Tierwohl, Gesundheit und Leistungsbereitschaft von Nutztieren beeinflusst. • Es gibt einen tierbezogenen- und einen rationsbezogenen Ansatz, sich Daten basiert oder durch in Augenscheinnahme des Fütterungssystems den Fehlern in der Milchkuhfütterung zu nähern! – Alle Ansätze arbeiten mit dem Erfassen des individuellen Ist-Zustandes im Abgleich mit Orientierungswerten und dem daraus abzuleitenden Aufzeigen konkreter Fehler und den dahinter stehenden Ursachen. – Zur konstruktiven Problemlösung müssen die Ansätze in Kombination genutzt werden! – Labordiagnostische Untersuchungen (Blut-, Harn-, Futteranalysen) können das Erkennen von Fütterungsproblemen unterstützen, spiegeln aber immer nur die punktuelle Realität am Untersuchungstag wieder! • Dabei geht es meist um Fragen wie… – Warum fressen oder saufen Kühe weniger als sie sollten? (Angebotsmangel? Zugänglichkeitsproblem? Wassermangel? Primärerkrankung?) – Warum werden Rationen nach Zusammensetzung nicht wie bilanziert vorgelegt? (Silobewirtschaftung / Zwischenlagerung? TS-Schwankungen? Technische Probleme einer exakten Zuladung? Menschliches Versagen?) Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit