Seite 7.236, Gesicht (Akkommodation u. Adaptation

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Seite 7.236, Gesicht (Akkommodation u. Adaptation; Unvollkommenheiten des Sehapparats)
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der Richtung der Sehlinien, nach außen. Der Lichteindruck, welcher oben in der Netzhaut stattgefunden, wird dahin projiziert, wo,
wenn wir von ihm aus durch den Kreuzungspunkt der Richtungsstrahlen eine gerade Linie nach außen ziehen, diese Linie endet, also
nach unten und umgekehrt; das gleiche Verhältnis findet statt zwischen rechts und links: die Gesichtseindrücke der linken Seite der
Retina werden nach rechts, die der rechten Seite nach links projiziert.
Aber nur Objekte aus sehr bedeutender Entfernung würden sich für gewöhnlich auf der Netzhaut deutlich abbilden, besäße das
Auge nicht einen Muskelmechanismus, durch dessen Thätigkeit die Krümmung der beiden Linsenflächen derartig verstärkt werden
kann, daß nunmehr auch nähere Objekte deutliche Bilder auf die Netzhaut werfen. Neben dieser Akkommodation für Nähe und Ferne
besitzt das Auge noch die Fähigkeit, sich wechselnden Lichtintensitäten anzupassen, indem es durch Veränderung der Pupillenweite
die Größe des in sein Inneres dringenden Strahlenkegels reguliert. Man bezeichnet diese Fähigkeit als Adaptation für Lichtstärke.
Das Auge kann niemals gleichzeitig Gegenstände deutlich sehen, die in erheblich verschiedener Entfernung gelegen sind.
Strahlen, die von einem Punkt kommen, auf welchen das Auge nicht eingestellt ist, erzeugen kein scharfes Bild, sondern ein
Zerstreuungsbild. Hält man in mäßiger Entfernung vom Auge einen durchsichtigen Schleier und hinter denselben in einer Entfernung
von 50 cm eine Schrift, so kann man nacheinander bald die Fäden des Schleiers, bald die Buchstaben der Schrift, niemals aber beide
zusammen deutlich sehen.
Die Akkommodationsbreite, d. h. der Inbegriff aller Entfernungen, aus denen das Auge scharfe Bilder aufzunehmen vermag, liegt
beim Menschen zwischen 10-12 cm (Nahpunkt) und unendlicher Entfernung (Fernpunkt). Von dieser Norm kommen häufig
Abweichungen vor. Es kann nämlich der Fernpunkt in weit größerer Nähe und dann gewöhnlich auch der Nahpunkt näher rücken
(kurzsichtige oder myopische Augen), oder es rückt der Nahpunkt in größere Entfernung, während der Fernpunkt unverändert bleibt
(weitsichtige oder presbyopische Augen), oder endlich das Auge vereinigt erst konvergente, d. h. also aus weiter als unendlicher
Entfernung kommende, Strahlen (übersichtige, hyperopische oder hypermetropische Augen).
Die Akkommodation erfolgt ausschließlich durch Formveränderungen der Linse und zwar derartig, daß beim Übergang vom
Fernsehen zum Nahesehen die Linse dicker wird und ihre vordere Fläche sich stärker wölbt (Fig. 2). Damit, daß die Akkommodation
durch diese Formveränderung der Linse hervorgerufen wird, hängt es auch zusammen, daß die Akkommodationsfähigkeit mit dem
zunehmenden Alter mehr und mehr verloren geht. Die jugendliche Linse ist nachgiebig und verändert ihre Form sehr leicht, die alte
Linse hingegen ist widerstandsfähig und weniger elastisch.
Die Veränderung der Linsenform wird nun bewirkt durch die Wirkung eines im Innern des Auges gelegenen Muskels (musculus
ciliaris s. m. tensor chorioideae). Die Linse des ruhenden Auges besitzt nicht diejenige Gestalt, welche dem Gleichgewicht ihrer
elastischen Kräfte entspricht. Befreit man sie von ihrer Umgebung, so wird sie dicker und nimmt einen geringern Randumfang ein. Sie
wird nun im lebenden Auge durch ein Band, das Strahlenband (zonula Zinnii), welches strahlenförmig vom Rande der Linse in der
Richtung auf den parallel dem Äquator des Auges gelegenen gezahnten Rand (ora serrata) nach außen geht, befestigt, und dieses
Band, welches sich am ruhenden Auge fortwährend in einem Zustand radialer Spannung befindet, verhindert die Linse, ihre
Gleichgewichtslage anzunehmen. An dieses Band treten nun in der Nähe der Ora serrata die Fasern des Ciliarmuskels, welche ihren
festen Punkt am Rande der durchsichtigen Hornhaut haben. Ziehen sich also die freien Enden dieses Muskels zusammen, so wird
sich die Ora serrata mit der Ursprungsstelle des Strahlenbandes dem Hornhautrand nähern, damit wird die radiale Spannung dieses
Bandes nachlassen, und die Linse wird die Möglichkeit erlangen, sich ihrer natürlichen Gleichgewichtsfigur zu nähern, d. h. ihre Dicke
wird zunehmen.
Die Adaptation des Auges für Lichtstärken kommt durch Verengerung oder Erweiterung der Pupille zu stande. Die
Regenbogenhaut besitzt zwei Muskeln: den Erweiterer und Verengerer der Pupille (musculus dilatator und sphincter pupillae). Der
erstere besitzt radiale, der zweite zirkuläre Faserung. Die Iris stellt eine für Lichtreize äußerst empfindliche muskulöse Blendung dar,
die sich verengert bei wachsender, erweitert bei abnehmender Lichtstärke. Diese Bewegungen haben den Sinn einer Adaptation,
indem sie entweder die Menge des auf die Netzhaut fallenden Lichts durch Abblenden der Randstrahlen mäßigen, oder bei sinkender
Lichtstärke einer bedeutenden Lichtmenge den Zutritt zur Netzhaut gestatten.
Der optische Apparat des Auges hat zahlreiche Unvollkommenheiten mit den künstlichen Systemen gemein, Mängel, die teils
von der Unvollständigkeit der Zentrierung und von kleinen Unregelmäßigkeiten in der Gestalt der brechenden Flächen, teils aber
davon herrühren, daß das Gesetz der Vereinigung aller homozentrischen Strahlen in einem Punkt nur für die zentral auffallenden
Strahlen gilt, während sich die Randstrahlen nicht mehr vollkommen vereinigen.
Letzterer Mangel bewirkt die sogen. sphärische oder monochromatische Abweichung, und er ist z. B. daran schuld, daß uns die
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Sterne strahlenförmig erscheinen. Hiervon leitet sich auch die sogen. Irradiation ab. Sie besteht darin, daß stark beleuchtete helle
Flächen auf dunklem Grund größer erscheinen als dunkle Flächen auf hellem Grund. Helle Handschuhe und Schuhe lassen Hände
wie Füße größer erscheinen als dunkle. Wohlbeleibtheit der Damen tritt in heller Kleidung besonders auffallend hervor. Die Irradiation
erklärt sich daraus, daß die Zerstreuungskreise des beleuchteten hellen Gegenstandes über den benachbarten dunkeln
hinausgreifen, und daß sich daher der erstere auf Kosten des letztern vergrößert. Trübungen der brechenden Medien oder
beschattende Objekte unmittelbar vor der Netzhaut rufen die sogen.
^[Abb.: Fig. 2.
Akkommodation des Auges. A Akkommodation für die Ferne, B für die Nähe;
a Hornhaut;
b Linsendurchschnitt bei der Akkommodation für die Ferne, b, für die Nähe;
c Strahlenband.]
Quelle: Meyers Konversations-Lexikon, 1888; Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte
Auflage, 1885-1892;7. Band, Seite 236 im Internet seit 2005; Text geprüft am 1.2.2008; publiziert von Peter Hug; Abruf am 3.6.2017
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