Indikationskriterien für genetische Diagnostik

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deutsche gesellschaft für humangenetik e.v.
Indikationskriterien für genetische Diagnostik
Bewertung der Validität und des klinischen Nutzens
german society of human genetics
www.gfhev.de
Indikationskriterien für die Krankheit:
Phenylketonurie (PKU) [PAH]
1. Allgemeine Angaben zum Verfasser
Name und Adresse der Einrichtung:
Name:
Institut für Humangenetik
Anschrift: Im Neuenheimer Feld 366
PLZ:
69120
Ort:
Heidelberg
Tel.:
Fax:
Email:
Internet: www.med.uni-heidelberg.de/humangen/
Leiter der Einrichtung:
Name:
Prof. Dr.med. Claus R. Bartram
Telefon: 06221-56-5151
Fax:
06221-56-5155
Email:
[email protected]
Diese Indikationskriterien wurden entwickelt von/am:
Name:
Prof. Dr. Dr. med. Johannes Zschocke
Telefon: 06221-56-5082
Fax:
06221-56-33762
Email:
[email protected]
Datum: 07.08.2007
Diese Indikationskriterien wurden validiert von/am:
Name:
Dr. rer. nat. Thomas Haverkamp
Telefon: 0231-9572 7332
Fax:
0231-9572 7381
Email:
[email protected]
Datum: 28.01.2008
Ad hoc-Kommission „Indikationskriterien für genetische Diagnostik“
Vorsitzender der Kommission
Prof. Dr. med. Jörg Schmidtke,
Institut für Humangenetik
Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover
Tel. 0049 (0)511-532 6538
Fax 0049 (0)511 532 5865
[email protected]
Mitglieder der Kommission
Prof. Dr. med. Gabriele Gillessen-Kaesbach
Prof. Dr. med. Tiemo Grimm
Prof. Dr. med. André Reis
Prof. Dr. med. Eberhard Schwinger
Prof. Dr. med. Peter Wieacker
Prof. Dr. med. Klaus Zerres
Prof. Dr. med. Johannes Zschocke
Vorstand im Sinne des §26 BGB
Prof. Dr. med. André Reis, Erlangen
Prof. Dr. med. Olaf Riess, Tübingen
Prof. Dr. med. Evelin Schröck, Dresden
Geschäftsstelle
Dipl.-Soz. Christine Scholz
Inselkammerstr. 5
82008 München-Unterhaching
Tel. 0049 (0)89-61 45 69 59
Fax 0049 (0)89-55 02 78 56
[email protected]
gfh Bankverbindung
Postbank München
Konto 231 394 805
BLZ 700 100 80
IBAN DE19 7001 0080 0231 3948 05
BIC PBNK DEFF
Vereinsregister München
VR 12341
Freigegeben durch die Ad hoc-Kommission „Indikationskriterien für Gendiagnostik“ der GfH
Aktualisiert von
Datum: 09.05.2008
Datum:
© Deutsche Gesellschaft für Humangenetik (GfH)
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2. Angaben zur Krankheit und Herangehensweise
2.1 Name der Krankheit (ggf. Synonyme): Phenylketonurie
2.2 OMIM# der Krankheit: 261600
2.3 Name des/der untersuchten Gen/e oder Bezeichnung
des/der untersuchten DNA- oder Chromosomensegments/segmente: PAH
2.4 OMIM# des Gens/der Gene: 261600
2.5 Angaben zum Mutationsspektrum
Mehr als 500 verschiedene Mutationen sind bekannt, mehrheitlich
Punktmutationen (Missense, Nonsense, Spleiß) aber auch kleinere Deletionen
und Duplikationen. Große Deletionen und genomische Rearrangements sind
selten (Allelfrequenz ca. 1 %), selten lässt sich keine Mutation nachweisen.
2.6 Angaben zur Untersuchungsmethode
Mutationsnachweis
im
Wesentlichen
durch
Sequenzierung,
ggf.
vorgeschaltete PCR-basierte Mutations-Scanningmethode (z.B. DGGE –
kostengünstig bei zuverlässigem Mutationsnachweis). Eine genomische
Quantifizierung ist nicht routinemäßig indiziert.
2.7 Angaben zum analytischen Validierungsverfahren
(Ermittlung der Testrichtigkeit)
Kombination von Mutations-Scanning und Sequenzierung; Internationaler
Ringversuch (EMQN); ggf. Heterozygoten¬diagnotik bei den Eltern.
2.8 Geschätzte Häufigkeit der Krankheit in Deutschland:
(Häufigkeitsangabe als Inzidenz bei Geburt ("Geburtsprävalenz")
und/oder Prävalenz in der Bevölkerung)
1:10.000
2.9 Falls die Prävalenz der Krankheit in bestimmten Bevölkerungsgruppen,
aus der zu untersuchende Personen stammen, hiervon abweichen,
Prävalenz und Bevölkerungsgruppe hier beispielhaft angeben:
2.10 In welchem "Setting" soll die Diagnostik zur Anwendung kommen?
ja
nein
A. (Differential)diagnostik
B. Prädiktive Diagnostik
C. Risikoermittlung bei Angehörigen
D. Pränatal
Ggf. Kommentar: Die Diagnose der PKU erfolgt primär biochemisch, eine
molekulargenetische Diagnostik ist für eine gute Behandlung nicht unbedingt
notwendig. Im Einzelfall (z.B. problematischer Diäteinstellung oder
grenzwertig erhöhten Phenylalaninspiegeln im Blut) kann die Kenntnis der
Mutationen klinisch hilfreich sein. Es besteht eine gute Korrelation zwischen
Genotyp und Phänotyp, die Schwere des Phenylalanin-Hydroxylasemangels
lässt sich also aus der Kenntnis der beiden Mutationen vorhersagen.
Gelegentlich ist der Nachweis von Mutationen im PAH-Gen in der
Differenzialdiagnostik einer Hyperphenylalaninämie von Nutzen. Eine
Heterozygotendiagnostik bei entsprechender Risikokonstellation ist aufgrund
der hohen Sensitivität der Analytik möglich.
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3. Testcharakteristika
3.1 Analytische Sensitivität
(Anteil positiver Testergebnisse, wenn der gesuchte Genotyp vorhanden ist)
>96-98 %
3.2 Analytische Spezifität
(Anteil negativer Testergebnisse, wenn der gesuchte Genotyp nicht vorhanden ist)
ca. 100 %
3.3 Klinische Sensitivität
(Anteil positiver Testergebnisse, wenn die Krankheit vorhanden ist)
Die Angabe der klinischen Sensitivität kann bei bestimmten Erkrankungen
von variablen Faktoren wie Alter oder Familienanamnese abhängig sein.
In diesen Fällen ist eine allgemeine Stellungnahme erbeten, auch wenn eine
Quantifizierung nur in Abhängigkeit von der individuellen Situation
abgeschätzt werden kann.
>96-98 %
3.4 Klinische Spezifität
(Anteil negativer Testergebnisse, wenn die Krankheit nicht vorhanden ist)
Die Angabe der klinischen Spezifität kann bei bestimmten Erkrankungen
von variablen Faktoren wie Alter oder Familienanamnese abhängig sein.
In diesen Fällen ist eine allgemeine Stellungnahme erbeten, auch wenn eine
Quantifizierung nur in Abhängigkeit von der individuellen Situation
abgeschätzt werden kann.
ca. 100 %
3.5 Positiv klinisch prädiktiver Wert
(Lebenszeitrisiko für das Auftreten der Krankheit, wenn der Test positiv ist).
ca. 100 %
3.6 Negativ klinisch prädiktiver Wert
(Wahrscheinlichkeit die Krankheit nicht zu entwickeln, wenn der Test negativ ist).
Gehen Sie hier bitte von einem familiär bedingt erhöhten Risiko für ein nicht
betroffenes Individuum aus. Es sind hier sind ggf. allelische und LocusHeterogenität zu berücksichtigen.
Indexfall in der Familie wurde vorab untersucht:
Nahe 100%, falls bereits zwei typische Mutationen beim Indexpatienten
nachweisbar waren.
Indexfall in der Familie wurde vorab nicht untersucht:
cave: 2% BH4-Defizienzen mit abweichender Genetik (OMIM: 261630,
261640, 233910)
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4. Klinischer Nutzen
4.1 (Differential)diagnose: Die untersuchte Person ist klinisch betroffen
(Zu beantworten wenn in 2.10 "A" angekreuzt wurde)
4.1.1 Kann eine Diagnosesicherung anders als durch genetische
Untersuchungen erfolgen?
Nein.
Ja,
(weiter mit 4.1.4)
klinisch.
bildgebend.
endoskopisch.
biochemisch.
elektrophysiologisch.
auf andere Weise (bitte beschreiben)
4.1.2 Wie ist die Belastung alternativer Diagnosemethoden für den Patienten
zu bewerten? (Beschreibung in Stichworten)
sehr gering; Neugeborenenscreening.
4.1.3 Wie ist die Wirtschaftlichkeit alternativer Diagnosemethoden
für den Kostenträger zu bewerten? (Beschreibung in Stichworten)
Die Diagnose der PKU erfolgt primär biochemisch. Gelegentlich ist der
Nachweis von Mutationen im PAH-Gen in der Differenzialdiagnostik einer
Hyperphenylalaninämie von Nutzen.
4.1.4 Wird die Art der Behandlung des Krankheitsfalls
durch die genetische Diagnostik beeinflusst?
Nein.
Ja.
Therapie (bitte beschreiben)
Die Kenntnis der Mutationen ist für eine gute
Behandlung nicht unbedingt notwendig. Die Therapie
richtet sich primär nach den biochemischen Befunden.
Im Einzelfall (z.B. problematischer Diäteinstellung oder
grenzwertig erhöhten Phenylalaninspiegeln im Blut)
kann die Kenntnis der Mutationen klinisch hilfreich sein.
Schwankende Phenylalaninwerte sind beispielsweise
bei klassischer (schwerer) PKU nur schwer vermeidbar,
bei milden Formen der PKU (mit PAH-Restaktivität)
dagegen in der Regel auf mangelnde Compliance
zurückzuführen. Bei Kenntnis der Mutationen kann der
Stoffwechselspezialist hier gezielt intervenieren. Es ist
nicht auszuschließen, dass für die Behandlung einer
PKU mit Tetrahydrobiopterin (BH4) die Kenntnis des
Genotyps von Nutzen ist, dies ist aber noch nicht
adäquat evaluiert. Der Mutationsnachweis in PAH
schließt auch ein Vorliegen einer atypischen und
klinisch anders zu behandelnden PKU (OMIM: 261630,
261640, 233910) aus und schafft frühzeitige Klarheit für
Eltern und Arzt.
Prognose (bitte beschreiben)
Es besteht eine gute Korrelation zwischen Genotyp und
Phänotyp,
die
Schwere
des
PhenylalaninHydroxylasemangels lässt sich also aus der Kenntnis
der beiden Mutationen vorhersagen. Bei grenzwertig
erhöhten Phenylalaninspiegeln kann sich aus der
Kenntnis des Genotyps ggf. ableiten lassen, ob zu
einem späteren Zeitpunkt eine Diätbehandlung
notwendig sein wird oder nicht.
Management (bitte beschreiben)
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4.2 Prädiktives Setting: Untersuchte Person ist frei von spezifischen
Symptomen, trägt aber ein familiär bedingtes erhöhtes Risiko
(Zu beantworten wenn in 2.10 "B" angekreuzt wurde)
4.2.1 Werden Lebensführung und Prävention durch das Ergebnis
einer genetischen Diagnostik beeinflusst?
Bei positivem Testergebnis: (bitte beschreiben)
Bei negativem Testergebnis: (bitte beschreiben)
4.2.2 Welche Optionen im Hinblick auf Lebensführung und Prävention
stehen der Risikoperson offen, wenn keine genetische Diagnostik erfolgt?
(bitte beschreiben)
4.3 Ermittelung genetischer Risiken bei Angehörigen
(bitte jeweils begründen)
(Zu beantworten wenn in 2.10 "C" angekreuzt wurde)
4.3.1 Klärt das Testergebnis beim Indexpatienten die genetische Situation
in der Familie?
Eine Heterozygotendiagnostik bei entsprechender Risikokonstellation (z.B.
Partner mit PKU) ist biochemisch nicht möglich, kann aber aufgrund der
hohen Sensitivität der Analytik molekulargenetisch durchgeführt werden.
Liegen bei einem betroffenen Kind zwei unterschiedliche Mutationen vor, ist in
der Regel von einer compound Heterozygotie der Mutationen auszugehen.
Eine unkorrekte genetische Beratung würde ohne weitere Prüfung der
elterlichen Allele bei den seltenen de novo Mutationen resultieren. Ggf. wäre
auch bei den Eltern biochemisch noch eine milde HPA und somit eine
unerkannte zweite Mutation auszuschließen. Schließlich lässt sich bei
scheinbarer Homozygotie für eine Mutation beim Kind das Vorliegen einer
größeren Deletion auf einem Allel (entsprechend einer Hemizygotie für die
Mutation) ausschließen.
4.3.2 Kann eine genetische Diagnostik beim Indexpatienten genetische
oder andere Untersuchungen bei Familienangehörigen ersparen?
4.3.3 Ermöglicht ein positives Testergebnis beim Indexpatienten
eine prädiktive Diagnostik bei Angehörigen?
4.4 Pränataldiagnostik
(Zu beantworten wenn in 2.10 "D" angekreuzt wurde)
4.4.1 Ermöglicht ein positives Testergebnis beim Indexpatienten eine
vorgeburtliche Diagnostik?
Ja, dies ist aber in der Regel nicht indiziert.
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GfH-Indikationskriterien zur Bewertung genetischer Diagnostik
5. Ggf. weitere Konsequenzen aus der genetischen Diagnostik.
Gehen Sie davon aus, dass sich aus dem Ergebnis einer möglichen
genetischen Diagnostik keine unmittelbaren medizinischen Konsequenzen
ergeben. Gibt es Evidenz, dass eine durchgeführte genetische Diagnostik
gleichwohl einen Nutzen für den Patienten und Angehörige darstellen kann?
(bitte beschreiben)
Vielen Eltern erleichtert die Kenntnis der krankheitsauslösenden Mutationen
bei ihrem Kind mit PKU den Umgang mit der chronisch belastenden
Krankheit. Die Konkretisierung der Krankheitsursache über die genetische
Veränderung und die oft mögliche historische Einordnung der
nachgewiesenen Mutation (der regionale und zeitliche Ursprung vieler
Mutationen ist bekannt) wird von manchen Eltern als positiv und hilfreich für
die Akzeptanz der Krankheit erlebt.
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