Medizinisches Versorgungszentrum der UMG Bereich Humangenetik Heinrich-Düker-Weg 12 37073 Göttingen Informationsblatt: Molybdän-Cofaktor-Defizienzen Stand: 30.09.2015 Die Molybdän-Cofaktor-Defizienzen sind seltene autosomal-rezessive Erbkrankheiten (OMIM 252 150, 603707, 603708, 603 930), die meist zum Tod im frühen Kindesalter führen. Erste Anzeichen sind Gedeihstörungen und therapieresistente Krämpfe, später entwickeln sich oft ektope Augenlinsen und cerebrale Atrophien. Derzeit wird eine molekulargenetische Untersuchung bei Molybdän-CofaktorDefizienzen weltweit nur von unserem Labor angeboten. Die molekulargenetische Untersuchung der Molybdän-Cofaktor-Defizienz beruht auf den publizierten Sequenzen für die Gene MOCS1 (1) und MOCS2 (2). Da ca. zwei Drittel aller Patienten Mutationen im Gen MOCS1 aufweisen, ist bei neuen Patienten stets mit der Sequenzierung dieses Gens zu beginnen (3). Falls im Gen MOCS1 keine Mutationen gefunden werden, ist mit der Sequenzierung des MOCS2-Gens fortzufahren. Die kombinierte Detektionsrate für MOCS1 und MOCS2 beträgt ca. 99 %. Wenn trotz biochemisch gesicherter Diagnostik keine Mutationen in den Genen MOCS1 und MOCS2 identifiziert werden können, kann die Mutationssuche auf die Gene MOCS3 und Gephyrin ausgedehnt werden. Da in MOCS3 allerdings noch nie krankheitsverursachende Mutationen identifiziert wurden und im Gephyrin-Gen nur ein einziges Mal weltweit, sind derartige Untersuchungen als Forschungsprojekt anzusehen. Die Identifizierung der krankheitsverursachenden Mutationen ist nicht nur für eine spätere Pränataldiagnostik bei erneuten Schwangerschaften in der Familie des Patienten notwendig, sondern auch essentiell im Hinblick auf die möglichen Therapieoptionen. So können Patienten mit MOCS1-Mutationen (Typ A) mit dem Intermediat cPMP (cyclic pyranomonophosphate) therapiert werden und Patienten mit Gephyrinmutationen mit erhöhten Molybdängaben. Für Patienten mit MOCS2- bzw. mit MOCS3-Mutationen stehen derzeit keine effektiven Therapien zur Verfügung. Die biochemische Diagnostik ist relativ einfach durchzuführen. Bei Molybdän-Cofaktor-Defizienzen ist der Sulfitspiegel im Harn deutlich erhöht. Mit einfachen Streifentests ("dipsticks", z.B. Merckoquant 10013 Sulfit-Test) sollte frischer Urin dreimal getestet werden. Dieser Test muss aber innerhalb 10 Minuten nach Abnahme und frühestens 10 Tage nach der Geburt durchgeführt werden, um zuverlässige Ergebnisse zu liefern. Bei positivem Sulfit-Test gelingt die Abgrenzung der Molybdän-CofaktorDefizienzen von der isolierten Sulfit-Oxidase-Defizienz durch Messung der Harnsäure im Plasma, die bei den Molybdän-Cofaktor-Defizienzen deutlich erniedrigt ist. Indikation • • Sicherung der klinischen Diagnose/des klinischen Verdachts auf Molybdän-Cofaktor Defizienz (Anforderung der Diagnostik durch den behandelten Arzt) Untersuchung auf eine bereits bekannte, familiäre Mutation bei positiver Familienanamnese, wenn der Proband Merkmale der Erkrankung aufweist (Anforderung der Diagnostik durch den behandelten Arzt) Seite 1 von 2 Version: 1.0-0915 Die Humangenetik des MVZ der UMG ist im Bereich der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik in den Untersuchungsgebieten Molekulare Humangenetik und Zytogenetik akkreditiert nach DIN EN ISO 15189:2014 Medizinisches Versorgungszentrum der UMG Bereich Humangenetik Heinrich-Düker-Weg 12 37073 Göttingen Informationsblatt: Molybdän-Cofaktor-Defizienzen Stand: 30.09.2015 • Prädiktive Untersuchung auf eine bereits bekannte, familiäre Mutation bei positiver Familienanamnese, wenn der Proband keine Merkmale der Erkrankung aufweist (Anforderung der Diagnostik durch den Humangenetiker nach genetischer Beratung) Diagnostik Amplifikation und Sequenzierung der kodierenden Exons und der flankierenden Intronbereiche der Gene MOCS1 und MOCS2. Material Zur Durchführung einer molekulargenetischen Untersuchung nach gesicherter Diagnose (siehe oben) benötigen wir EDTA-Blut von Patienten und ihren Eltern (oder DNA bzw. Zellkulturen). Genaue Angaben über die ethnische bzw. geographische Herkunft der Eltern und möglichst auch der Grosseltern können die Untersuchungen (und damit auch die Bearbeitungszeit) erheblich verkürzen. Bitte fügen Sie immer einen detaillierten Befundbericht bei. Nach Identifizierung der krankheitsverursachenden Mutationen ist bei erneuter Schwangerschaft der Eltern eine pränatale Untersuchung auch molekulargenetisch möglich. Sollten die krankheitsverursachenden Mutationen noch nicht identifiziert sein, kann eine biochemische pränatale Diagnostik vorzugsweise aus Chorionzotten-Material durchgeführt werden, z.B. im Labor von Cecile Aquavivaßourdain in Lyon ([email protected]). Kontakt Prof. Dr. Peter Burfeind Tel.: 0551 / 39-7595 E-Mail: [email protected] Literatur (1) Reiss, J., Christensen, E., Kurlemann, G., Zabot, M.T., Dorche, C. (1998). Genomic structure and mutational spectrum of the bicistronic MOCS1 gene defective in molybdenum cofactor deficiency type A. Hum. Genet. 103: 639-644 (2) Reiss, J., Dorche, C., Stallmeyer, B., Mendel, R. R., Cohen, N., Zabot, M. T. (1999). Human Molybdopterin Synthase Gene: Genomic Structure and Mutations in Molybdenum Cofactor Deficiency Type B. Am. J. Hum.Genet. 64: 706-711 (3) Reiss, J., Hahnewald R. (2011). Molybdenum Cofactor Deficiency: Mutations in GPHN, MOCS1, and MOCS2. Human Mutation 32: 10-18 Seite 2 von 2 Version: 1.0-0915 Die Humangenetik des MVZ der UMG ist im Bereich der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik in den Untersuchungsgebieten Molekulare Humangenetik und Zytogenetik akkreditiert nach DIN EN ISO 15189:2014