Physikalisches Grundpraktikum, Fakultät für Physik und Geowissenschaften, Universität Leipzig W 12 Strahlungsthermometrie Aufgaben 1 Messen Sie die Temperatur eines glühenden Metalldrahtes mit einem optischen Pyrometer (Glühfadenpyrometer) und qualitativ mit einer Thermosäule (Thermosäule nach Moll) die emittierte Strahlungsleistung! Überprüfen Sie die Gültigkeit des Stefan-Boltzmannschen Gesetzes! 2 Bestimmen Sie die Plancksche Konstante h durch die qualitative Messung der spektralen Strahldichte Lλ einer Wolframlampe mit einer Fotodiode in Abhängigkeit von der Temperatur für zwei verschiedene Wellenlängen (λ=650nm und λ=750 nm)! Zusatzaufgaben: Ermitteln Sie die wahre Temperatur der Glühwendel einer Wolframlampe bei zwei verschiedenen elektrischen Leistungen mit dem Glühfadenpyrometer! Messen Sie mit einem Wechsellicht-Pyrometer die Temperatur eines erhitzten Drahtes (ϑ > 400°C)! Diskutieren Sie Ihre Ergebnisse! Literatur Physikalisches Praktikum, 12. Auflage, Hrsg. D. Geschke, Wärmelehre 1.0.4, 1.4, Optik 5.0, (5.2), , Optik 2.3 Gerthsen Physik, H. Vogel, 20. Auflage, 343-345, 569-576 Zubehör Thermosäule, Glühfadenpyrometer, Labornetzgeräte, Millivoltmeter, Metalldraht, Wolframlampe, Gittermonochromator, Wechsellicht-Pyrometer Digitalmultimeter, Schwerpunkte zur Vorbereitung - Strahlungsgesetze, Plancksches Strahlungsgesetz, Wiensches Strahlungsgesetz, Wiensches Verschiebungsgesetz, Stefan-Boltzmannsches Gesetz, Kirchhoffsches Gesetz - Berührungslose Temperaturmessverfahren, z. B. Pyrometer, Thermosäule - Thermoelektrizität, Thermospannung, Thermoelement http://www.uni-konstanz.de/FuF/Physik/Jaeckle/papers/thermospannung/ - Wärmetransportprozesse Leitung, Strahlung, Konvektion - Beugung am Reflexionsgitter - Plancksches Strahlungsgesetz http://hyperphysics.phy-astr.gsu.edu/hbase/mod6.html#c4 Bemerkungen Der bei Aufgabe 1 verwendete Strahlungssensor ist eine Thermosäule nach Moll. Sie liefert eine zur spezifischen Ausstrahlung der Strahlungsquelle proportionale Thermospannung UTS. Über die Variation der zugeführten elektrischen Leistung kann die emittierte Strahlungsleistung verändert werden. Parallel zur Strahlungsmessung bestimmt man die schwarze Temperatur Ts des glühenden Metalldrahtes mit Hilfe eines Glühfadenpyrometers (Single Wave Pyrometer). Daraus lässt sich die wahre Temperatur bei bekanntem Emissionsgrad ermitteln. Der Emissionsgrad ε des Drahtmaterials hat für die Transmissionswellenlänge λ=655 nm des im Pyrometer einschwenkbaren Rotfilters und bei den vorliegenden Versuchsbedingungen den mittleren (temperaturunabhängigen) Wert ε=0,35. Vor Beginn der Messungen mit dem Pyrometer ist eine Einweisung durch die BetreuungsassistentInnen erforderlich. Zur Berechnung der (wahren) Temperatur T verwendet man die Wiensche Näherung ( hν k T ) des Planckschen 1 1 λ c h + ln ε mit c2 = 0 (Fundamentalkonstanten c0 , h , k) . (1) Strahlungsgesetzes: = k T Ts (λ ) c2 Dabei sind Ts die mit dem Glühfaden-Pyrometer gemessene (schwarze) Temperatur und hν =2 eV bei Verwendung des Rotfilters im Glühfaden-Pyrometer (λ = 655 nm). Die Gl. (1) gilt hν >>1 erfüllt wird. Überprüfen Sie, inwieweit diese Bedingung im nur, wenn die Ungleichung kT Experiment erfüllt wird. Führen Sie die Messungen bei ca. fünf verschiedenen elektrischen Leistungen durch (Ströme zwischen etwa 6,5 A und 10 A). Infolge der thermischen Ausdehnung verbiegt sich der Draht etwas. Eine straffere Einstellung des Drahtes führt jedoch zum Zerreißen bei Abkühlung! Der Einfluss der thermischen Längenänderung des Flachdrahtes auf die (abstrahlende) Fläche kann mit der Gleichung für die lineare Ausdehnung Δl = lZi α ΔT abgeschätzt werden, dabei sind lZi die Drahtlänge bei Zimmertemperatur TZi , α=1,5⋅10-5 K-1 der Längenausdehnungskoeffizient des Materials und ΔT= T-TZi . Zur Überprüfung der Gültigkeit des Stefan-Boltzmannschen Gesetzes ist der Anstieg der graphischen Darstellung lnUTs als Funktion von lnT zu berechnen. Diskutieren Sie den Einfluss der Umgebungsstrahlung (Zimmertemperatur) auf die Gesamtstrahlung ( T 4 − TZi4 ). Bei Aufgabe 2 ist der elektrische Widerstand der glühenden Wolframwendel einer Halogenlampe über Strom- und Spannungsmessungen mit einer spannungsrichtigen Schaltung zu bestimmen. Mittels des Ohmschen Gesetzes kann der von der Temperatur abhängige Widerstand der Wolframwendel R(T) ermittelt und unter Verwendung des gegebenen Widerstandes bei 20 °C R293 sowie einer am Arbeitsplatz gegebenen Gleichung T=f [R(T)/R293] die Temperatur des Wolframdrahtes berechnet werden. Es sind ca. acht verschiedene Werte zwischen 10 W und der maximalen Leistung der Lampe für die Wellenlängen λ=650 nm und λ=750 nm zu messen. Das Licht der sich in einer speziellen Lampenhalterung befindenden Wolframlampe gelangt über einen Eintrittsspalt in einen Gittermonochromator, in dem das Licht unter Ausnutzung der Wellenlängenabhängigkeit der Beugung an einem Reflexionsgitter spektral zerlegt wird. Nach dem Passieren des Austrittsspaltes trifft ein schmaler Bereich (mittlere Wellenlänge λ) des Spektrums, der über die Gitterdrehung verändert werden kann, auf die dahinter angeordnete Fotodiode, die in Sperrrichtung betrieben wird. In dieser Schaltung ist der Sperrstrom der Diode IFD proportional zur Beleuchtungsstärke, die wiederum proportional zur Strahlungsleistung ist. Aus dem Anstieg des Graphen lnIFD als Funktion von 1/T kann die Plancksche Konstante bestimmt werden: lnIFD=const-(hc0/λkT) (Wiensches Strahlungsgesetz, Fotodiodenstrom ∝ spektraler Strahldichte)! Zusatzaufgaben Die Temperatur der Wolframwendel einer Lampe lässt sich iterativ bestimmen, d. h. man variiert den Wert von T bzw. von ε solange in Gl.(1), bis das daraus berechnete Wertepaar (ε, T)ber so gut wie möglich mit einem bekannten Wertepaar (ε, T)graf übereinstimmt. Letzteres ist dem ε - T Diagramm für Wolfram zu entnehmen, das am Arbeitsplatz ausliegt. Die Berechnung erfolgt unter Berücksichtigung der Abhängigkeit des Emissionsgrades ε(T) von der Temperatur bei λ=656 nm (effektive Pyrometerwellenlänge bei Messung mit Rotfilter). Ergänzende Bemerkungen Strahlungsmessungen mit einer Thermosäule nach Moll Die Thermosäule nach Moll besteht aus 32 in Reihe geschalteten Thermoelementen. Dabei liegen 32 Lötstellen innerhalb einer geschwärzten Kreisfläche (Durchmesser 11 mm), die bestrahlt wird. Die 32 Vergleichslötstellen (Referenzthermoelemente) liegen außen zwischen zwei Metallscheiben und werden dadurch auf der Umgebungstemperatur (Zimmertemperatur) gehalten. Die von uns verwendete Thermosäule nach Moll hat im Bereich von 150 nm bis 15 µm eine von der Wellenlänge unabhängige Empfindlichkeit. Die Ausgangsspannung UTS der Thermosäule ist proportional zur Temperaturerhöhung ΔT zwischen den bestrahlten Thermopaaren (Temperatur T1) und den unbestrahlten 2 Referenzthermopaaren (Umgebungstemperatur Tu , Tu=const), U TS = a (T1 − Tu ) = a ΔT , (2) wobei man a als Sensorkonstante bezeichnet. Die Temperaturerhöhung ΔT ist die Folge des stationären Gleichgewichtes zwischen der empfangenen Strahlungsleistung Pe und der von der Thermosäule abgeführten Leistung Pa, wobei die empfangene Strahlungsleistung proportional zur Bestrahlungsstärke E ist und der Relation E ∝ (T 4 − Tu4 ) (3) genügt. T ist die Temperatur des strahlenden Messobjektes. Die Wärmeenergietransportvorgänge Wärmestrahlung, Wärmeleitung und Konvektion bestimmen die abgeführte Leistung. Während Wärmeleitung und Wärmestrahlung proportional zur Temperaturdifferenz ΔT sind, ist die Wärmestrahlung nach dem Stefan-Boltzmannschen Gesetz proportional zu (T14- Tu4). Da T1 nur geringfügig größer als Tu ist (T1≈Tu), lässt sich folgende Beziehung näherungsweise herleiten: (T14 − Tu4 ) = (T12 + Tu2 ) (T1 + Tu ) (T1 − Tu ) ≈ 2 Tu2 2Tu ΔT = 4 Tu3 ΔT . (4) Damit ist die abgeführte Strahlungsleistung ebenfalls proportional zur Temperaturdifferenz ΔT. Im thermischen Gleichgewicht (Einstelldauer der Thermosäule nach Moll 2 s bis 3 s) ist damit die Ausgangsspannung der Thermosäule direkt proportional zur empfangenen Strahlungsleistung. Moderne Thermosäulen verwenden miniaturisierte Strukturen, z. B. Halbleiter-Thermopaare oder Atomlagen-Thermosäulen. Letztere bestehen aus einer dünnen Schicht einer hochtemperatursupraleitenden Keramik. Neben den kleinen Abmessungen (vernachlässigbare Wärmekapazitäten) sind ein weiterer entscheidender Vorteil gegenüber konventionellen Thermosäulen die sehr hohen Empfindlichkeiten und kurzen Zeitkonstanten (ns bis ms). Thermosäule nach Moll Sensorfläche mit Messstellen (Thermoelemente) Die Thermosäule ist mit einer Schutzkappe versehen, die zu Beginn der Messung abgenommen wird und nach Beendigung des Versuches wieder aufgesetzt werden muss! Messung der schwarzen Temperatur Ts eines glühenden Drahtes mit dem Glühfadenpyrometer Mit einem Glühfadenpyrometer bestimmt man optisch durch Vergleich der Leuchtdichten des Glühfadens des Pyrometers und der zu messenden strahlenden Oberfläche die Temperatur eines Strahlers. Dazu wird der im Versuch verwendete flache glühende Metalldraht mit einer Objektivlinse in die Ebene abgebildet, in der sich der Glühfaden befindet. Das Objektiv ermöglicht eine scharfe Abbildung des Messobjektes ab 0,7 m Abstand zwischen Pyrometer und Strahler. Eine scharfe Abbildung des Glühfadens wird mit einem Okular erreicht, durch das der Beobachter den Glühfaden und die Strahlungsquelle in einer Abbildungsebene sieht. Mittels manueller Variation eines Potentiometerwiderstandes kann man die Helligkeit (Leuchtdichte) des Glühfadens verändern. Elektronische Schaltungen ermöglichen es, dass an einer Skale die (schwarze) Temperatur direkt abgelesen werden kann. Es stehen drei Messbereiche zur Verfügung, die man durch das Einbringen von Absorptionsfiltern in den Strahlengang auswählt. Die effektive Wellenlänge des Pyrometers liegt im gesamtem Temperaturmessbereich bei Verwendung des roten Lichtfilters bei 0,655 μm. Beachten Sie die zusätzlichen Hinweise: http://www.uni-leipzig.de/~prakphys/aprak/PDF/W-12-HIN.pdf 3