Presseinformation - Max-Planck

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MAX-PLANCK-GESELLSCHAFT
Presseinformation
B/2008 (5)
14. Januar 2008
Eine kleine Base für alle Fälle
Wissenschaftler haben einen Mechanismus identifiziert, nach dem Gene
auch dann in Proteine übersetzt werden können, wenn die Zelle Dolmetscher
einspart. Die kleine Base Uracil (U) kann dann an einer entscheidenden
Stelle mit allen anderen Basen paaren
Wissenschaftler um Ralph Bock vom Max-Planck-Institut für molekulare
Pflanzenphysiologie in Potsdam haben dazu Chloroplasten von
Tabakpflanzen so verändert, dass ihnen für den Einbau der Aminosäure
Glycin nicht mehr die nach klassischer Ansicht mindestens zwei tRNAs zur
Verfügung standen, sondern nur jeweils eine. Dabei konnten sie zeigen, dass
die kleine Base Uracil (U) mit allen anderen Basen paaren kann und so eine
Art molekularen Dietrich bildet. Das hat zurfolge, dass Genome wesentlich
kleiner und kompakter sein können (Nature Structural and Molecular
Biology, 14.01.2008).
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zur Förderung
der Wissenschaften e.V.
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ISSN 0170-4656
Abb.
Die Chloroplasten von Tabakpflanzen wurden so verändert, dass ihnen
für den Einbau der Aminosäure Glycin nicht mehr mindestens zwei
tRNAs zur Verfügung standen, sondern nur jeweils eine.
Bild: Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie
Zum Hintergrund: Die genetische Information beinhaltet den Bauplan für die
Eiweiße (Proteine) jeder Zelle. Diese Information ist in der Erbsubstanz (engl.:
DNA) gespeichert. Von der DNA werden kurzlebige Abschriften hergestellt
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(Boten-RNA), an die sogenannte tRNA-Moleküle binden können. An diese tRNA-Moleküle ist jeweils eine
spezielle Aminosäure gekoppelt. tRNA-Moleküle passen immer nur an bestimmte Stellen der Boten-RNA,
die jeweils durch drei Nukleotidbasen markiert sind. Über diesen genetischen Code kann die Erbinformation
in eine Reihenfolge von Aminosäuren übertragen werden. Dass Gene über dieses Schlüssel-Schloss-Prinzip
mit mindestens 32 Schlüsseln in die biologisch wirksamen Proteine übersetzt werden, ist seit den Arbeiten
des Mitentdeckers der DNA-Doppelhelix, Francis Crick, bekannt.
Die Bausteine der Erbsubstanz, die Nukleinsäuren (DNA und RNA), bestehen aus vier Informationsträgern,
den sogenannten Basen. Die Basen der RNA-Moleküle heißen Adenin (A), Cytosin (C), Guanin (G) und
Uracil (U). Kombinationen aus jeweils drei dieser Basen bestimmen die spätere Reihenfolge der
Aminosäuren (Eiweißbausteine). Für die meisten der 21 Aminosäuren stehen dabei nach den Regeln des
genetischen Codes mehrere Basenkombinationen zur Verfügung. Der Einbau wird durch sogenannte tRNAs
vermittelt, die die jeweilige Dreierkombination von Basen erkennen und dann den entsprechenden
Aminosäurebaustein an der richtigen Stelle in das Protein einbauen. Dies geschieht durch die Paarung zweier
jeweils passender Basen. C passt auf G und A auf U.
Jetzt müssen Schulbücher ergänzt und umgeschrieben werden: Denn den Max-Planck-Wissenschaftlern in
Potsdam ist es nun gelungen, den Mechanismus aufzuklären, durch den auch mit weniger "Schlüsseln" die
komplette genetische Information umgesetzt werden kann. Dieser als "Superwobbeln" bezeichnete Effekt
konnte durch Experimente an Chloroplasten von Tabakpflanzen erstmals experimentell bestätigt werden.
Die alternative Theorie, dass es für den korrekten Einbau mancher Aminosäuren ausreicht, wenn nur zwei
Nukleotidbasen der Boten-RNA mit der tRNA paaren, konnte widerlegt werden - große, "sperrige"
Nukleotidbasen, wie z.B. Guanin, lassen dies nicht zu. Die kleine, flexible Base Uracil hingegen kann mit
allen anderen Basen paaren und damit gewissermaßen als "Joker" oder "Dietrich" wirken. "Durch diesen
Mechanismus können Genome kleiner und kompakter sein, weil nicht alle tRNA-Moleküle vorhanden sein
müssen", sagt Marcelo Rogalski, Mitglied der Arbeitsgruppe um Professor Bock. Die genetische Information
werde dabei nach wie vor korrekt und ausreichend schnell übersetzt. Seit einigen Jahren ist bekannt, dass
es einige Bakterien und Zellorganellen (Chloroplasten und Mitochondrien) gibt, die nicht für jede
Basenkombination die passende tRNA besitzen. An Chloroplasten sollte nun herausgefunden werden, ob
das Schlüssel-Schloss-Prinzip der tRNA durch einen "Dietrichmechanismus" einzelner tRNAs umgangen
wird.
[JR/BA]
Originalveröffentlichung:
Marcelo Rogalski, Daniel Karcher & Ralph Bock
Superwobbling facilitates translation with reduced tRNA sets.
Nature Structural and Molecular Biology, 14.01.2008
Kontakt:
Prof. Dr. Ralph Bock
Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie, Potsdam - Golm
E-mail: [email protected]
Ursula Ross-Stitt, Pressereferentin
Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie, Potsdam - Golm
Tel.: +49 331 567-8310
E-mail: [email protected]
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