Thema 5: Arzneimittelproduktion in Pflanzen - Max-Planck

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Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie
Partner des Wissenschaftsjahres 2012
Thema 5: Arzneimittelproduktion in Pflanzen
Einige Pflanzen haben von Natur aus eine heilende Wirkung, andere können zumindest zur
Herstellung von Medikamente angeregt werden. Die Biofabriken produzieren Impfstoffe
oder Enzyme mit weitaus weniger finanziellem Aufwand als ihre Kollegen aus der
Bakterienkultur. Auch neue Antibiotika können effektiv aus Pflanzenzellen gewonnen
werden.
Dass die Wirkung pflanzlicher Medikamente nicht auf Einbildung beruht sondern sich auf
pharmazeutisch aktive Substanzen zurückführen lässt, ist in zahlreichen Fällen bewiesen. Ob Kamille
bei Magenbeschwerden oder Baldrian zur Linderung von Schlaflosigkeit, die Liste von pflanzlichen
Helfern ist lang.
Pflanzen können zu Biofabriken werden
Weniger bekannt ist die Tatsache, dass Pflanzen auch gezielt zur Produktion von Impfstoffen oder
anderen therapeutisch wirksamen Substanzen eingesetzt werden, die bisher hauptsächlich in
Bakterienkulturen hergestellt werden.
Dazu werden in die Pflanzenzellen Genabschnitte eingeschleust, die für pharmazeutisch interessante
Proteine kodieren. Hauptsächlich Impfstoffe, aber auch Enzyme zur Behandlung unterschiedlichster
Stoffwechselstörungen, stehen auf der Forschungsagenda.
Mit Proteinen aus Möhrenzellen die Gaucher-Krankheit behandeln
Im Mai 2012 hat die amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde FDA erstmals einem Wirkstoff die
Genehmigung erteilt, der in Pflanzenzellen produziert wird. Es handelt sich um das Enzym
Glucocerebrosidase, was den Patienten fehlt, die an der Gaucher-Krankheit leiden.
Statt wie bisher in gentechnisch veränderten Säugetierzellen wird das lebenswichtige Enzym
neuerdings in Möhrenzellen hergestellt. Etwa ein Viertel an Produktionskosten lassen sich durch den
Einsatz solcher Pflanzenzellen einsparen.
Gentechnische Veränderung der Chloroplasten erhöht Ausbeute und Sicherheit
Pharmafirmen arbeiten außerdem an Impfstoffen gegen Hepatitis B, Tollwut oder Grippeviren, die
sie in Tabakpflanzen produzieren wollen. Meistens wird dafür nicht das Genom im Zellkern der
Pflanzen, sondern die DNA in den grünen Chloroplasten verändert.
Da bis zu 10.000 Kopien der Chloroplasten-DNA in einer Pflanzenzelle vorkommen können, ist die
Ausbeute mit dieser Methode wesentlich höher, als wenn nur die wenigen Kopien der Zellkern-DNA
verändert werden. Eine Verbreitung der neu eingeführten Gene in andere Pflanzen ist zudem
unwahrscheinlich, weil der Pollen nur in den seltensten Fällen Chloroplasten enthält.
Wissenschaftler am MPI-MP synthetisieren Antibiotika in Tabak
Am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie widmet sich eine ganze Abteilung den
Vorgängen in Chloroplasten. Die Forscher um Ralph Bock legen mit ihrer Arbeit den Grundstein für
zahlreiche Anwendungen. So fanden sie beispielsweise heraus, dass Chloroplasten an Kontaktflächen
zwischen verschiedenen Arten ausgetauscht werden können. Außerdem hilft ihre Arbeit dabei, die
biologische Sicherheit von Chloroplasten-Transformationen zu bewerten.
Bereits im Jahr 2008 gelang es ihnen, große Mengen Antibiotika in den Blättern von Tabakpflanzen zu
produzieren. Diese antibiotischen Proteine, Lysine genannt, wirken sehr effektiv gegen
beispielsweise Streptococcus pneumoniae, den Erreger der Lungenentzündung. Da viele
Bakterienstämme bereits Resistenzen gegen bekannte Antibiotika entwickeln, sind es genau solche
Forschungsansätze, die den Weg zu einer weiteren sicheren Gesundheitsversorgung ebnen.
[URS/CS]
Weiterlesen:
Tabakpflanzen gegen Atemwegserkrankungen (2008)
Direkter Transfer von Pflanzen-Genen aus Chloroplasten in den Zellkern (2012)
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