Presseinformation - Max-Planck

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MAX-PLANCK-GESELLSCHAFT
Presseinformation
B / 2010 (68)
24. März 2010
Gene unter Kontrolle
Max-Planck-Forscher entwickeln Gen-Schalter für Chloroplasten in
Pflanzenzellen
In Pflanzenzellen werden Gene nicht nur im Zellkern und in den
Mitochondrien abgelesen und in Proteine übersetzt. Auch die Organellen
der Fotosynthese - die Chloroplasten - besitzen eigene DNA, Boten-RNA und
Ribosomen zur Bildung von Proteinen. Max-Planck-Wissenschaftler haben
nun herausgefunden, wie sie die Bildung von Proteinen in den Chloroplasten
regulieren können. Mit Hilfe so genannter Riboschalter können sie Gene in
den Chloroplasten von Tabakpflanzen an- und abschalten. Solche
Riboschalter könnten künftig dabei helfen, Pflanzen als Lieferanten für
Medikamente oder Rohstoffe zu nutzen und die biologische Sicherheit
gentechnisch veränderter Pflanzen zu verbessern. (PNAS, 22. März 2010,
online vorab veröffentlicht)
Max-Planck-Gesellschaft
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ISSN 0170-4656
Abb.:
Tabakzellen im Fluoreszenzmikroskop: Das umgebende Zytoplasma
der Pflanzenzellen ist hier mit einem gelb fluoreszierenden Protein
sichtbar gemacht. Die normalerweise grün erscheinenden
Chloroplasten leuchten im Fluoreszenzmikroskop rot.
Bild: Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie, Potsdam
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Damit aus einem Gen ein Protein gebildet werden kann, muss die DNA zunächst in so genannte Boten-RNA
umgeschrieben werden. Diese RNA-Moleküle sind die Bauanleitung, aus der die Proteinfabriken der Zelle
(Ribosomen) den Aufbau eines Proteins ableiten. Vor wenigen Jahren wurden in Bakterienzellen Abschnitte
auf einigen Boten-RNAs entdeckt, an die Stoffwechselprodukte - so genannte Metabolite - binden können.
Dadurch ändert das RNA-Molekül seine räumliche Struktur und die Proteinproduktion kann auf diese Weise
entweder an- oder abgeschaltet werden. Für die Bakterien sind diese als Riboschalter bezeichneten
Abschnitte ein schneller und effizienter Weg, die Proteinsynthese zu kontrollieren. In Chloroplasten von
Pflanzenzellen konnten allerdings bisher natürlicherweise keine Riboschalter nachgewiesen werden.
Max-Planck-Wissenschaftler aus Golm bei Potsdam haben nun erstmals Riboschalter so verändert und in
das Erbgut von Chloroplasten eingebaut, dass sie die Bildung einzelner Chloroplasten-Proteine steuern
können. Die Forscher schleusten ein Gen in die Chloroplasten-DNA ein und versahen es mit einem
Riboschalter. Theophyllin, ein Inhaltsstoff der Teepflanze, diente dabei als "Schalter": Es kann sich an den
Riboschalter auf der Boten-RNA anlagern und so dafür sorgen, dass die Chloroplasten-Ribosomen die RNA
ablesen können. "Wenn wir die Tabakpflanzen mit Theophyllin besprühen, bilden die Chloroplasten das
entsprechende Protein. Fehlt Theophyllin dagegen, unterbleibt die Proteinproduktion. Mit dem TheophyllinRiboschalter können wir ein Gen also beliebig an- und abschalten und beobachten, welche Auswirkungen
dies hat", erklärt Ralph Bock vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenpyhsiologie. Bislang war
dies schwierig, denn das Chloroplasten-Erbgut enthält viele Gene, die für das Überleben unverzichtbar sind.
Wird ein solches Gen dauerhaft abgeschaltet, stirbt die Zelle und kann nicht weiter untersucht werden.
Mit dem Theophyllin-Riboschalter lässt sich künftig jedoch nicht nur die Funktionsweise der Chloroplasten
gezielter untersuchen. Auch in der Biotechnologie könnten Riboschalter in Zukunft eine wichtige Rolle
spielen. Denn Chloroplasten eignen sich gut zur Produktion von Wirkstoffen. Denn jede Tabakzelle besitzt
bis zu 100 Chlorplasten. Das Chloroplasten-Erbgut kommt daher in vielfacher Ausführung vor und kann
dementsprechend mehr Protein bilden als die DNA im Zellkern. Die Potsdamer Wissenschaftler haben
Tabakpflanzen beispielsweise genetisch so verändert, dass sie große Mengen eines Antibiotikums in ihren
Blättern herstellen.
Chloroplasten verbreiten sich selten durch Pollen
Proteine könnten also in genetisch veränderten Chloroplasten in viel größerer Menge hergestellt werden. In
vielen Fällen schädigen diese Fremdproteine allerdings den Zellstoffwechsel oder die Fotosynthese, wenn
die Zellen sie dauerhaft produzieren. Deshalb wachsen diese Pflanzen oft deformiert oder besonders
langsam. Riboschalter könnten dies verhindern. Denn mit ihrer Hilfe können die entsprechenden Gene erst
dann angeschaltet werden, wenn die Pflanze herangewachsen ist und die Ernte unmittelbar bevorsteht.
Zudem haben Fremdgene in den Chloroplasten einen weiteren Vorteil: Sie werden fast ausschließlich durch
die weibliche Eizelle vererbt. Fremdgene werden deshalb nur äußerst selten über die Pollen der
Tabakpflanzen verbreitet.
[RH]
Verwandte Links:
[1]
Antibiotika aus Tabak - Toxin-Shuttle macht’s möglich
[2]
Tabakpflanzen gegen Atemwegserkrankungen
[3]
Vaterpflanzen können veränderte Gene für sich behalten
Originalveröffentlichung:
Andreas Verhounig, Daniel Karcher, and Ralph Bock
Inducible gene expression from the plastid genome by a synthetic riboswitch
PNAS, 22. März 2010, online vorab veröffentlicht (doi: 10.1073/pnas.0914423107)
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Kontakt:
Prof. Dr. Ralph Bock
Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie, Potsdam
Tel.: +49 331 567-8700
E-mail: [email protected]
Ursula Ross-Stitt, Pressereferentin
Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie, Potsdam
Tel.: +49 331 567-8310
E-mail: [email protected]
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