© Wolfgang Melchior, 1996: Das naturalistische Drama DER

Werbung
© Wolfgang Melchior, 1996: Das naturalistische Drama
______________________________________________
DER NATURALISMUS - DAS NATURALISTISCHE DRAMA
Thesenpapier zur mündlichen Magisterprüfung in Neuerer Deutscher Literatur, 1996
Von: Wolfgang Melchior
Vorbemerkungen:
ästhetische Kategorie oder historische Epoche?
naturalistische Stilmittel und Stoffe
Epochenbezeichnung: Jüngstes Deutschland, Sturm und Drang
Universelle Verwendbarkeit des Holzschen Kunstgesetzes
Naturbegriff
Unterschied: Radikalität des Realismus
Historische Wurzeln:
Abkehr vom Wilhelmismus und Nietzscheanischem Teutonimus:
Tragik, Einzelschicksal, die großen Kämpfe (Wagnerianismus) Brüder: Hart: "deutsch und
modern", Antihellenismus
Übergang: Deutsch und völkisch: keine Kunst fürs Gelehrtentum, sondern fürs Volk
(gebildeter Arbeiter: Loth!)
- Thematisierung der Kluft zwischen Proletariat und Neureichen (Hoffmann)
- Thematiserung des Elends (Familie Selicke): materielle Seite und moralische Seite
(Alkoholismus: Familie Selicke, Vor Sonnenaufgang)
- Neue Kohäsionen: Auflösung von Gruppenbindungen (Hoffmann und Loth)
Kunstgestzlich:
- wider die Schöngeisterei: Befreiung von den bürgerlichen Werten wie Familie, Ehe, nicht
Entgegegnsetzung eines hellenistischen Ideals, sondern durch schonungslose Demonstration
ihrer Schwäche (Friedensfest: FamilienKatastrophe, Nora): Leiden, Unterdrückung,
Antihumanität --> Morscheit der Gesellschaft
Familie: Hort des Rückzug vom dem öffentlichen Leben in die Privatheit, wo die
konservativen Werte weiterdümpeln --> Verlegenheitsidealismus: Ablehnung dekadenter
Ideale
Zola: l´homme métaphysique est mort tout notre terrain se transforme avec l´homme
physiologique"
keine antibürgerliche, atheistische Bewegung: Christus als erster Sozialist (Holz),
Feuerbachscher Psychologismus der Theologie
"Trugbilder der Unsterblichkeit" schon im Realismus (Keller)
Unterschied Realismus und Naturalismus:
Naturschöne als Gottesersatz , Optimismus, humanistischer Idealismus(Tragik und Fehlen
wird positiv als Bewahrung von Freiheit umgedeutet)--> Menschlichkeit selbst wird
ästhetisch, Pessimismus: Tragik ist schicksalhaft und unentrinnbar (Familie Selicke)
Neue Kategorien: Normalität vs. Extraordinarität
Adornosch: Das Allgemeine im Nichtidentischen aufspüren
Freiheit und Determination
Krisenerscheinung/Umwälzung auch in der Kunst
- Sozialismus: Milieudetermination
- Historismus: historisch determiniert
- Darwinismus: genetisch determiniert
- Beeinflußung durch ausländische Autoren (Zola, Ibsen, Björnsen)
1. Materialimus:
- kollektiv: klassenzugehörigkeit
- biologisch: Willen, Triebe
1
© Wolfgang Melchior, 1996: Das naturalistische Drama
______________________________________________
- mileudeterminiert
2. Nietzsche:
"Enthüllungspsycholgie" dekandenter Werte ("psychologischen Seziertisch")
3. Darwinismus:(wie Naturwissenschaften überhaupt):
Ärzte, Biologen
Thematisch: Vererbungsgedanke (Gespenster: Krankheit, Alkoholismus, Bild Häckels und
Darwins in "Einsame Menschen"),
- moralische Umdeutung von Krankheit; Erbsünde --> vererbeten Krankheit
- Gott wird zum Zufall
- Kampf ums Dasein: Verlorene sind nicht mehjr nur Individuen, sondern Klassen von
Individuen; die bloße Zugehörigkeit verdammt den einzelnen (Alte Hilse)
4. Brüchigkeit der Religion:
Nietzsche und die naturwissenschaftliche Methode (Seziertischmetapher, Sekundenstil
Holzens)
Pastor Manders und die Heuchelei der Sklavenmoral
5. Positivismus:
Comtes Dreistadientheorie
a) theologische: Fetsichdienst
b) metaphysische: Idealistische Erklärungen; Abstraktionen, Warum-Frage
c) positivistische: Wie-Frage, Beschränkungen auf Wirkungen: Beobschtung und
Klassifikation von Dingen unabhängig von ihren Ursachen
Theorie der Wissenschaften: Naturwissenschaften, dann Soziualwissenschaften, Forderung
einer "Sozialphysik" mit individualistischem Atomismus --> neuer Begriff: Soziologie
Mensch als quantitaives Ding unter Vielen
6.) Taine: Taines Positivismus und seine drei Determinanten des Menschlichen: race, milieu,
temp --> Begründer der Milieutheorie
Grundzug des Naturalismus: Der Kunst das Spekulative, Metaphysische und Gelehrte zu
nehmen.
Direkte Bezugnahme und Einbeziehung naturwissenschaftlicher Verfahrensweisen in die
Ästhetik: Sekundenstil, Milieubeschreibung, Dialekt, Szenendetailierung
6. Motive:
a) Der Fremde als Konstruktionsprinzip: Rückkehr aus der Fremde oder Einkehr des Fremden
- vorantreibendes Handlungselement
- episches Ich, durch welches der Autor die Fäden in der Hand behält (in der Regel wird eine
statische, eingespielte, hermetisch-geschlossene Ordnung vorgestellt, die durch den Fremden
dynamisiert wird)
b) Heimkehrer
c) der einzelne als Objekt (Verobjektivierung des Willens): Schicksal, Klassenzugehörigkeit,
Milieudetermination
d)
Soziales Handeln
soziale Handlungssituation ist intentional unterbestimmt
Bezug durch
Folge-Zweck-Differenz
Erwartbarkeit: aufgrund von implizit anerkannter Normen
Bestimmungsgründe sozialen Handelns (nach Weber):
- zweckrational: Erwartungsnutzen
- wertrational: intrinsischer Eigenwert
- affektuell
- traditional. durch Gewohnheit
als funktionale Alternativen
2
© Wolfgang Melchior, 1996: Das naturalistische Drama
______________________________________________
Regulativer Charakter von Normen
Marx: Einbettung "in die Formen des gesellschaftl. Zusammenhangs"
so: Zwecke (Inhalt der Handlungsorientierung)
Gesellschaftliche Normen und Zwecke sind unabhängig vom individuellen Handeln gesetzt
als Handlungsorientierung = Rahmenbedingungen und Mittel
dagegen: Anerkennung dieser ist ein bewußter Akt
Soziales Drama:
sozialer Hintergrund ist Voraussetzung für Stoff und Gehalt
- nicht ewig-menschliche Bezüge, sondern konkret-soziale
- notwendiger Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen Verhältnissen und Charakteren
und Handlungen: nicht Familienmitglieder per se als anthropologisches Moment, sondern
Familie einer bestimmter Klasse
Der Begriff des Bürgerlichen: als antagonistischen Klassenbegriff gegen den Adel (Lukacs )
oder als Begriff des Privaten
Soziales Drama versus politisches Drama: = Bestimmtheit durch gesellschaftliche
Klassenverhältnisse versus Auseinandersetzung des einzelnen mit staatlicher Herrschaft
Diesseitigkeit: Personal führt zur Aufhebung der Ständeklausel als
- Enttabuisierung
- Bürgerschreck
- Intime Vertrautheit der Naturalisten
der Naturalismus wendet das bürgerliche Schema des "Bürgerlichen" auf dies selbst an.
aber: der soziale Charakter des Dramas wird nicht durch die Charaktere, sondern ihr
gegenseitiges Verhalten bestimmt, welches das Problem formuliert
--> das Soziale ist kein Moment der Person, sondern ihrer
- materiellen Verhältnisse, die
- sich in ihrem gegenseitigem Verhältnis wiederspiegeln
Problem des Verhältnisses zwischen einzelnem und Gesellschaft: konkret durch Milieu
Bis: Verlust von Handlungsbewußtsein, und Handlungskontrolle
Bedingungen von Handlungen, die
- über Intentionen hinausgehen
- in sie konkret einfließen
- oder sie dominieren (Determinismus)
Die Dramen (Analysen)
Typen:
- Künstlerdramen (Michael Kramer, Kollege Crampton)
- Schicksals- und Familiendramen (Gespenster, Viertes Gebot)
Familie Selicke
-Kleinbürgermilieu
- Alkoholismus
- Weihnachtsabend
- Familie- und Ehekatatsrophe
- Hermetik: Geschlossener Raum durch alle Szenen hindurch
Stil: Sekundenstil: jede Szene steht für sich, ist durch Regieanweisungen geregelt
Die Ehre (Hermann Sudermann):
Heimkehrer, der dem Milieu entwachsen ist und nicht mehr zurückfindet
(Entwurzelungsgedanke): Vorderhaus vs. Hinterhaus
Nora
Ehedrama
Wildente
Familiendrama
3
© Wolfgang Melchior, 1996: Das naturalistische Drama
______________________________________________
Hjalmar zwischen Lebenslüge (Relling) und jungem Werle ("ideale Forderung")
Geheimnisträger: Alter Werle und Junger Werle
Vergangenheit: Hedwig ist uneheliches Kind von Gina und Altem Werle
erst der Fremde (junger Werle) löst den dynamischen Prozeß aus.
typischstes analytisches Drama
Die Gespenster
Zentraler Topos: Selbstverwirklichung (pursuit of happiness) vs. Pflichterfüllung
Schicksal:
- "nicht nur, was wir von Vater und Mutter geerbt haben" (Alving)
- sondern "was man früher einmal gedacht und geglaubt hat" (vergangenen Werte)
also: Vererbung und tarditionelle, veraltete Normen (klassische Tragödie)
Problem der Heuchelei
Der Fremde Osvald
Schicksalsdrama und analytische Technik
Familiendrama:
Die Gegenwärtigkeit des Toten: "Von übermorgen ab soll es für mich sein, als ob der Tote nie
in diesem gelebt hätte."
Leitmotivtechnik: Umfallende Stühle, klirrende Glas als Erinnerung an die Gespenster
(Toten)
Oswald: "Die Sünden der Väter werden heimgesucht an den Kindern" Selbstinterpretation
seiner Syphilis, an der auch sein Vater starb
Krankheit: vererbt oder in Paris zugezogen (Milieu)
Oswalds freie Liebe vs. Ehetyrannei der Frau Alving
Liebe des Jugendfreundes Manders vs. Liebe des Kammerherrn Alvings
Neigungs vs. Pflichtheirat
Pflicht ist das ewige Vernunftprinzip: Ehe geht auf Ewigkeit, nicht auf Glück (Manders)
Der Geist des Aufruhrs ist nach Glück zu verlangen (Manders)
Gegenprinzip zur Sklavenmoral Manders ist Oswald: "Lebensfreude", Arbeitsfreude",
Dynamik (Weggehen)
Öffentlicher Skandal vs. privates Schicksal
Manders:
Der Hüter der Sklavenmoral
(siehe Paper)
Macht der Finsternis (Tolstoj)
Bauerntragödie
"Ist die Kralle hängengeblieben, muß das Vögelchen zugrundegehen"
Lügengeflecht Nikitas
Macht der Finsternis: Geldgier
Krtitik am Einfluß städtischer Zivilisation auf das ländliche Leben
Ideal: ländliche Ursprünglichkeit
John Gabriel Borkmann
(siehe unter Begriffsklärungen, Stichwort: analytisches Drama)
Meister Ölze (J. Schlaf)
Handwerker zum Mörder geworden, von der Stiefschwester - erfolglos - bedrängt, ein
Geständnis abzugeben.
- Milieuschilderung
- Enthüllungsthematik ("Intimes Drama"): "eigentlicher Schauplatz des Dramas ist die vierte
Dimension"
Das Friedensfest
Eine Familienkatastrophe
Patenstück: Die Gespenster
4
© Wolfgang Melchior, 1996: Das naturalistische Drama
______________________________________________
Typus: Schicksalsdrama
Antithese:
Friedensfest und Familienkatastrophe
Familiendarwinismus: Krieg aller gegen alle als absolute Antithetik
Weihnachtsfeier als Topos bürgerlicher Morschheit in:
- Reinhard Voß "Alexandra"
- Schaaf- Holz "Familie Selicke"
Vorgestellt wird eine Irrenanstalt, in der jeder abwechselnd sich zum Pfleger aufschwingt, um
wieder in seinen Wahn zu verfallen --> Beschränktheit der Charaktere
1. Krankheit:
- Kopfschmerzen,
- Verfolgungswahn Wilhelms und des Ehepaars Scholz ("Ihr habt euch alle gegen mich
verschworen" (Fr. Scholz); "Ihr versteht mich nicht" (Dr. Scholz)) , sarkastische
Abartigkeit Roberts
- allg.: Psychopatholgie des Alltags
2. Personenkontellationen:
Die Fremden (Frau Buchner, Ida), die Familie (Frau Scholz, Auguste), die Heimkehrer (Dr.
Scholz, Robert, Wilhelm)
Auflösung der Familie, die de facto gar nicht besteht: Dr. Scholz akzeptiert nur Fremde
die Ehe ist entfremdet: das Nicht-Passen wird als Bildungsunterschied, Milieuunterschied und
Altersunterschied (16, 40) beschrieben (Frau Scholz kommt aus bescheidenen Verhältnissen)
ABER: Vereinzelung aller treibt sie gerade wieder in den Familienzusammenhang zurück
3. Vererbung und Milieu
Robert: "Produkt der Narrheit des Vaters", "von Grund auf verpfuscht"
Wilhelm: "von Kindheit an ein Taugenichts"
Internalisierung der Erziehung: "Ich werd ihm zeigen, was ein Taugenichts kann"
Auflehnung gegen den Vater, ist die Auflehnung gegen eine vergegenwärtigte Vergangenheit
aber auch: Vererbung als Willkürschicksal; das Hereinbrechen der Katastrophe (während des
Spielens von "Alle Kinderlein kommet ..zum heiligen Vater") geschieht unmerklich und
wieder sprachlos.
4. Zeit:
Vergangenheit: die eigentliche Handlung ist bereits vergangen (Schlagen des Vaters, die
Erziehung, die Heirat, die Verlobung)
Frage: warum mußte die Ehe unglücklich sein?
Sühne = Befreiung von einer unverstandenen Vergangenheit
5. Inkonsistenz und Schicksal
Robert: Vater ist schuld und Wilhelm Auflehnung ist schuldig
--> Heuchelei
Motivierung der Katastrophe bleibt dunkel
6. Christliche Moral:
"Auf Schuld folgt Sühne, auf
Die letzte Frage Augustes: "Wer ist Schuld?"
Versöhnung findet sprachlos statt: Ist Friede nur in sprachlosen Dimensionen möglich oder
zeugt dies von der Sprachlosigkeit der Charaktere?
5
© Wolfgang Melchior, 1996: Das naturalistische Drama
______________________________________________
7. Ehedrama:
Vater: Tyrann und unverstanden, Sonderling, Kind, will "Verständnis", weltmännisch?
(kommt zurück und will den Mazze spielen, legt sich aber gleich ins Bett, auch: Szene: Robert
oder ich), Idealist (Barrikadenkämpfer von 1848)
eigentlichen Konflikte bleiben abstrakt und unvollkommen
Buchner: "Im Dienste einer höheren Sache"
Willen, Hoffnung, Liebe sind zu schwach gegenüber Schicksal, Verzweiflung, Haß
Charakterisierung der personae
Zitate:
- Frau Buchner: "hochmodern und geschmacklos"
- Ida: "stillvergnügtes, eine verschleierte Heiterkeit und Glückszuversicht"
- "vergangene Zeiten" (Fr. Scholz)
- Rührung beim Angedenken an die "Anfangszeiten" (Buchner)
- "[Wilhelm] leidet an der Erinnerung furchtbar"
- Ehe: "keiner hat sich da reinzumischen"
- "Ja, es sind Klüfte" (Selbsstilisierung)
- Wille vs. "man mag hundertmal wollen, und es bleibt doch alles beim Alten" oder: "der
Wille ist ein Strohalm"
- Taugenichts oder selfmademan?
- Hoffnung vs. "nichts verreden"
- Frau Scholz zu ihrem Mann: "Was hast du mir für Kummer gemacht, die ganze Zeit"
(obwohl sie ihn gar nicht gesehen hat!)
- "Auf Schuld folgt Sühne, auf Sünde folgt Strafe" (Dr. Scholz)
- "Schickung" (poistiv; Fr. Buchner)
- Auguste zum Wiederkommen des Vaters: "Als wenn ein Toter nach Jahren wieder aufsteht.
Ich hab Angst. Mama"
- Robert (selbsreflexiv), aber Martyrernimbus: höchste Selbststilisierung und
Selbstgerechtigkeit, spielt nur Komödie, ist ihm bitterernst!, von anderen: Maske bitte
ablegen! Robert: "Weihanchten,...nichts als eine plumpe Lüge"
- Fr. Buhcner: "..im Dienste einer bestimmten Sache" (Vorgeschichte ist doppelt: die
Friedensarbeit Fr. Buchners und der Familienfluch)
- Robert: "sich auf seine eigene Art zu vergnügen" (auch auf Kosten anderer: Wurschtigkeit)
- Rückzug der Nitzsches (!)
- Stilisierung des Wilhelminischen Kampfes durch Fr. Buchner: er hat einen großen Kampg
gekämpft,...mit dem heißen Wunsch nach Aussöhnung" (obwohl sie die "Fehlung" Wilhelm
gar nicht kennt, welche er erst später erzählt) --> Lügenzusammenhang
- "Sie müssen sich vor ihrem Vater erniedrigen, erst dann können sie sich wieder frei fühlen"
(Fr. Buchner) = Motto des Stücks, da deswegen die Aussöhnung auch nicht funktionieren
kann: nur selbstbsetimmte, freie Mesnchen können Frieden wagen
- Psychologismus: Wilhelm (auf die Siirn deutend). "Da ist kein Stillstand! Schicksale in
Sekunden! Mich selbst fürcht´ich! Vor sich selbst auf der Flucht sein: kannst du dir davon
einen Begriff machen?"
- "Ich sehe auf einmal wieder Zweck und Ziel. Ich bin ganz konfus" (Wilhelm)
- "Alles ist geworden"
- Wilhelm Deklaratorisch: "Und nun ist Friede" (innerer Friede, Nachlassen des Wahns)
- Erschlafen, Aufwachen (Ida über Wilhelms Aktionismus)
- Das Geschenk stammt vom toten Vater Idas
- zum "O Kinderlein kommet": "Blasphemie", "Teufel"
- Scholz ist der Herr im Haus und geht und stirbt! : "Nicht schlagen! Nicht - wieder schlagen" (Traumatopos).
6
© Wolfgang Melchior, 1996: Das naturalistische Drama
______________________________________________
- "Jeder Mensch ist ein neuer Mensch" (Robert zu Wilhelm: "Aber du mit Vater") vs. "man
muß nicht Dinge leisten wollenn, die man seiner Naturanlage nach nun mal nicht leisten
kann" (Wilhelm)
- "Fleischgewordene Widerspruch" (Robert zu Wilhelm)
- Robert: Flucht
Das Liebesverhältnis: Ida Reinheit soll Wilhelm reinigen (vgl. Helenes Wunsch durch Loth
befreit zu werden)
Ida hat Vertrauen, Wilhelm ist fatalistisch.
Vor Sonnenaufgang:
1. Zeitgenössische Kritik: Handlung ist Null, roh, banal, , gemein
Drama in der Nachfolge Ibsens
2. Das Stück in sozialer Dimension:
- Nennt die Paupersierung der Arbeiter zugunsten der Bauern und Neureichen ("moderner
Luxus auf bäuerischer Dürftigkeit")
- Arbeiterelend nur peripher: Helenes Furcht vor den Bergleuten, Loths "Verkehrtheiten",
Arbeiterklasse wird selbst nicht thematisiert, sondern ist nur der Rahmen Î Loths
eigentlicher Bezugspunkt sind nicht die Arbeiter, sondern die Familie Krause
3.Der Fremde als Motiv und Handlungsmoment:
- Enthüllung gegenüber Loth ist die Entwicklungsgedanke des Dramas
Loth als Katalysator oder treibendes Moment?
er ist nicht bloßer Spiegel der Verhältnisse, sondern auch auch dramatisch eigenständig
funktionale Rolle -->
4. Ökonomische Verhältnisse und Vererbung
Thema: Sozialisierung der Vererbung, ungesellschaftlich-biologistische Auffassung (keine
klassenmäßige, soziale Dimension)
Vererbung ist nur möglich in einem bestimmten Milieu; deswegen will Helene weg und
deswegen flieht Loth auch
Herrenhut: Ort des Geistvollen-Alkoholfreien
Milieu: dekandent, neureich, ehehbrecherisch, verfallen, morsch
dagegen die Fremden: Helene (aufgewachsen in Herrenhut) und Loth
5. VS - eine Liebestragödie, Loth und Helene?
Gegenseitiges Interesse:
Helene: Selbstbezüglichkeit, interessenloses Bildungsideal, Loth als Rettungsanker
Selbstbeschränkung
Loth: unschuldiges Wesen
Komplementarität zwischen Loth und Helene (Dialogstruktur in der Scheune)
Loth: Verkehrtheit des Milieus Grund Sollen/Veränderung der Verhältnisse
Helene: Geistlosigkeit des Milieus Faktum Wollen/Flucht vor den Verhältnissen
Loth: Glück aller Politik positives Ideal
Helene: Eigenes Glück Moralkritik negatives Ideal
6. Wissensbegriffe im Unterschied:
Loth Hoffmann Helene
Aufklärungsideal. Wissen, um Praktisches Wissen Wissen als Kontrapunkt zum Milieu
("Medizin")
zu beglücken
Helene will Superiorität, Loth will Aufklärung und Befreiung, Hoffmann Nutzen
7. Veranlagung und Moral
Loth über sich: "kein Verdienst, ich bin eben so veranlagt"
Selbstbeschränkung Helenes in Handlungsalternativen: Freiwillige Abhängigkeit
Mechanik von Determination erzeugt Fatalität:
7
© Wolfgang Melchior, 1996: Das naturalistische Drama
______________________________________________
- Milieu --> Geistlosigkeit und Öde
- Selbstbeschränkung
- Vererbung erworbener Eigenschaften
Das Soziale ist detreministisch über die Verebung von Verfallserscheinungen, für die
Dekadenz und die Verkehrtheit der Verhältnisse der Spiegel sind.
Die Vereinzelung durch den Alkoholismus
Entzug dem zwischen menschlichen Bezug durch das Laster
Wirklichkeit wird als Schicksal, als erratischer Block von unentrinnbaren Gegebenheiten
gesehen.
- Freundschaft vs. Geschäftssinn: Mißtrauen Hoffmanns, als er von den Plänen Loths erfährt
- Hoffmann, Loth und Schimmelpfennig: Neureichen gegen gebildeten Proletarier:
Pragmatismus ("praktisch, praktisch..muß man verfahren") und Idealist ("sine qua non", nicht
Menschen, wie sie sind, sondern wie sie sein sollen; Loth über Kampf um Rom;
Vorbildfunktion)
- die Leere des Praktischen und Vorbildhaften: Loth erkennt dies in der Verkehrung, kann es
aber nicht praktisch umsetzen --> doktrinär beschränkt
- Arbeiter fungieren als Bedrohung am Rande (Angst Helenes)
- Gestik Helenes, fragmentierter Stil
- Ehebruchsmotiv
Die Kunst - ihr Wesen und ihre Gesetze (Arno Holz)
(siehe unten)
Vererbung in „Vor Sonnenaufgang“
- als Symbol für die Verhaftetheit der Gesellschaft an alten Moralvorstellungen (Gespenster)
- als Symbol für den Gegensatz von Individuum und Gesellschaft: Gesellschaft reproduziert
sich über ihre Normen durch die Individuen, die ihnen verfallen zu sein scheinen
- als Symbol strenger Kausalität --> Schicksal als Determinismus oder Fehlen von
Willensfreiheit --> Ohnmacht
Kerngesundheit von Loths Vorfahren vs. degenerierte Bauernmilieu (Bär, Kahl, Krause)
Dr. Schimmelpfennig als Aufklärer über die Vererbungszusammenhänge
Totgeburt --> Aussterben des Bauerntum, Symbol seines moralischen Verfalls
Helene erblich belastet?: Tod weist darauf hin: die schwachen müssen sterben
in Friedensfest
Scholz ähnlich Alving: Sonderling, weitgereist, trunksüchtig
Kinder als Abbilder der Eltern
Erziehung nicht als Modifikation, sondern Verstärkung der Vererbung (ja vielleicht:
Milieuersatz)
aber: Vererbung (Determination) verliert an Kraft, Schicksal an Bedeutung
Ida: Reinigung durch Vermischung
In Gespenstern
Darwinistisches Gleichnis (Kerr)
In Nora: Dr. Rank muß für das ausschweifende Leutnantsleben seines Vaters büßen = Oswald
für Alvings Leben
a) Persönliches Schicksal:
Oswalds Tod: nicht durch eigene Schuld ("von Geburt an was Wurmstichiges")
Vater war vor seiner Geburt "ein gebrochener Mann"
auch Regine ist "bedroht": Engstad will sie als GoGoGirl in einer Seemannskneipe verdingen
Anbeorene Lebensfreude Alvings (er konnte nicht anders)
b) Gesellschaftlich-moralisches Schicksal
ausgestorbene Ideen geistern weiter in uns (Frau Alving)
8
© Wolfgang Melchior, 1996: Das naturalistische Drama
______________________________________________
Schicksal als milieumäßige und biologische Determination gesetzt gegen die Willensfreiheit
(Frau Buchner)
Drei Verhalten:
- Versöhnung mit dem Schicksal: Findung
- Kampf gegen das Schicksal (Helene, Wilhelm, Frau Alving)
- Resignation (Oswald)
Es sind die schwachen Menschen, die vom Schicksal zermalmt werden, die Opfer der
Sklavenmoral oder die ideologisch Gläubigen (Hedwig, Helene)
Schuld: keine externe Relation (Individuum vs. gesellschaftl. Moral), sondern ein
Selbstverhältnis
Schuld ist keine moralische Eigenschaft mehr, sondern eine kausale
A Brief History of literary Naturalism
Andere Bezeichnungen der Zeitgenossen: Moderne, Jüngstes Deutschland, Sturm und Drang
Einfluß: Rußland (Tolstoj, Dostojewski), Frankreich (Zola) und Norwegen (Ibsen, Björnsen)
Das Soziale: Aufgreifen zeitgenössischer Themen:
- Dissoziierung der Familie
- die Frauenfrage
- Mechanisierung des Lebens
Liebe als Trieb, Wille als Dogmatismus Î Entlarvungskunst
Realistenprozeß gegen Conradi, Alberti und Walloth wegen Verletzung des Schamgefühls
Sprache: Dialektal, prosaisch, umgangssprachlich, nonverbale Elemente
Realismus meinte sowohl sozialen als auch psychologischen Realismus
(Stimmungsnaturalismus): begrenztes Personal, geschlossene Dramenform (inheit von Raum
und Zeit)
analytische Technik und Nietzscheanischer Zeitbegriff:
Wiederkehrgedanke, Geschlossenheit, Vergangenheit wirkt unmittelbar (die absolute Nähe)
1889 Gründung der Freien Bühne durch Hauptmann, Otto Brahm und Holz und Schlaaf
Bühnengründungen: Akademisch-dramatischer Verein (München), Freie Volksbühne (Berlin)
Julius Hart in "Kritische Waffengänge" (1882)
Carl Bleibtreu in "Gesellschaft" in München: Geschichtsdramen
Zola: Kunst als "coin de la nature, vu travers un temperament"
Holz in "Kunst- Ihr Wesen und ihre Gesetze": Kunst = Natur - x, wobei
- Natur variabel ist
- x stets unter dem Gesichtspunkt „historischer Reproduktionsbedingungen und deren
Handhabung“ steht
- „Kunst hat die Tendenz wieder Natur zu sein“
Die Formel beansprucht also universelle Gültigkeit!
Holz und Schlaaf: "Familie Selicke" (1890 auf der "Freien Bühne")
Wirkung: "Stimmungskraft der Rührenden" und nicht Nachzeichnung des Wirklichen
Anzengruber: "Das Vierte Gebot"; Wiener Volksstücke
Moralkritik als Gesellschaftskritik
Berliner Kreis: Max Kretzer, Mackay und Julius Hart ("Der Sumpf": realistischer Maler und
die femme fatale der Großstadt [Hure Babylon]; endet im Selbstmord)
Hermann Bahr: "Die neuen Menschen": Sozialismus- Hoffnung und Dirnenkult
(Sozialistenpaar und Hure)
Hauptmann: "Vor Sonnenaufgang" (uraufgef.: 20. 10. 1889) in der "Freien Bühne" (eröffnet
mit Ibsens Gespenstern; Verbindung: Enthüllungstechnik und Vererbungsgedanke)
Friedensfest ("bedeutendster Beitrag zum Naturalismus")
9
© Wolfgang Melchior, 1996: Das naturalistische Drama
______________________________________________
Hermann Sudermann: "Die Ehre": Heimkehrer, der dem Milieu entwachsen ist und nicht
mehr zurückfindet (Entwurzelungsgedanke): Vorderhaus vs. Hinterhaus
Begriffsklärungen
Konversationsstück: Pointenhaftes Stück, gepflegte Unterhaltung, wenig Handlung, viel
Dialog
Sekundenstil: Atomisierung und Verlangsamung (Zeitlupe) der Handlung durch
Regieanweisungen, parenthetischer, abgehackter Stil, alle Einzelheiten werden dargestellt
Mechanistische Auffassung von Handlungen, Präzision, Objektivität
Schicksalstragödie:
Mythos --> Unentrinnbarkeit der Zeit selbst, Vergangenheit als das Ewig Gegenwärtige
oft: nur atmosphärisch
Inneres Drama oder Seelendrama:
Leben und Geist identisch (Geistigkeit ist das tief verbindende Fluidum und damit die
Verbindung aller Menschen)
Geist ist selbst ein dramatischer Prozeß, er braucht nicht unbedingt verbalisiert werden
Negation der Tat: Handlungen haben einen anderen Bezugspunkt als Wirkungen und
Intentionen von Sprechakten.
"Umeinander winden" ist die soziale Bewegung der Menschen
- Im Sozialen fallen Komplexität der Wirklichkeit und Charakter (Adäquatheit) zusammen;
das Soziale ist die Bewegung des Lebens selbst
- das Soziale als Volksseele, als Vorfinden eines Wesentlichen und Geistigen
Hauptmann - der Dichter des sozialen Mitleids oder Der Dichter "mit dem Zwangsgedanken
sozialer Gerechtigkeit"?: keine Revolution, keine Politik, Auflehnung gegen die
Seelenverletzung des schwächeren Volksteils als "heimliches Trauma"
Analytisches Drama:
Problem: keine Episierung des Drama,
Epos: Vielfältigkeit des Stoffes
deswegen Goethe Forderung nach: Exposition schon Teil der Entwicklung
Stoffwahl: "Alles ist schon da, und wird nur herausentwickelt" (Einbau der Exposition in die
Dramatik)
John Gabriel Borkman: Hermetik des Landhauses mit Ella (Schwester Ellas), seine Frau
Gunhild und John Gabriel
Vergangenheit: Liebe zu Ella, aber Heirat Gunhilds wegen Bankkarriere (Unterstützung
Hinkels, der um Ella warb, die ihn aber abwies), Denunziation durch Hinkel (der hinter der
Abweisung Borkman vermutet), Gefängnis, Sohn bei Ella
Vergangenheit: nicht als Einzelerlebnisse oder Motive, sondern die Zeit als ganze ("das
Leben", "verfehltes Menschenleben")
Gefängnis --> nicht Freiheit, sondern Tod
Vergangenheit nicht Funktion der Gegenwart, sondern Gegenwart ist nur Anlaß der
Heraufbeschwörung
Zeit: entweder Ereignisberichtetes oder Funktionalisierung
Im analytischen Drama:
- als Leitmotivtechnik
- oder als Vererbung (Schuldgedanke Oswalds)
Bruch eines Bündnisses zweier "Geheimnisträger" in der Handlungsgegenwart:
Tönnessen und Bernicke ("Stützen"), Nora und Krogstadt ("Nora")
Schicksalszusammenhang: öffentliches Ansehen und moralischer Rigorismus
Familie als Fortsetzung des Arbeitslebens (moralische Normen): Erpressung kann nur
aufgrund des moral. Rigorismus entstehen, und dieser droht die Ehe zu zerstören
10
© Wolfgang Melchior, 1996: Das naturalistische Drama
______________________________________________
Verlagerung vom singulären Ereignis (Heirat, Schlagen des Vaters, Kreditaufnahme Noras)
auf die Zeit ("das ganze verpfuschte Leben")
Deswegen kann der Konflikt auch nicht durch ein Ereignis (Vertragen, Geständnis, Trennung)
gelöst werden
Das Skandalöse wird in das Schicksalhafte umgebogen: Verdinglichung der Zeit.
Fatalismus in den Gespenstern: Pfeife des Vaters, dies fatalis des 10. Todestages, Brand des
Asyls
Warum Rücknahme des Skandals durch private Konsequenz (Selbstmord, Gehen)?
Hervorhebung der Lebenslüge vor dem öffentlichen Skandal (Theater als moralische Anstalt)
Skandaldrama --> Fataldrama
Szondi: Theorie des modernen Dramas
Form und Inhalt: Identität oder Dialektik
formale Aussage und inhaltliche Aussage
E. Staiger: drei Ekstasen der Zeit, lyrisch, episch,
Drama ist absolut: Abwesenheit eines übergreifenden Ichs; Entscheidungen sind Teile von
Handlungskonstellationen und Charakterintentionen, --> Drama ist geschlossen
Passivität des Zuschauers: er ist nur über die durch die Handlung evozierten Affekte
angesprochen, nicht direkt angesprochen
Drama ist primär: Drama stellt selbst dar, ist nicht Abbild von etwas Darzustellendem
(Abwesenheit des Zitats)
Drama ist absolut gegenwärtig: Zeit ist immer Gegenwart, Selbststiftung der Zeit -->
Zeiteinheit des Dramas
Drama ist absolut motiviert: Ausschaltung des Zufalls und Motivierung der Handlung
(Lessing)
Krise
Hereinbrechen der offenen Form
als Begreifen neuer historischer Wandlungsprozesse
analytische Technik: nicht Furcht vor dem Geschehen, sondern, daß "etwas geschehen seyn
möge" (Schiller)
"Exposition der Konflikt ist schon Theil der Entwicklung" (Schiller)
eigentliche Handlung ist schon geschehen, dadurch ist zusammengesetzte Handlung möglich,
die der Tragödie widerspricht (Entwicklungsgedanke)
John Gabriel Borgmann: Zeit wird selbst zum Thema
- Flucht aus dem Gefängnis der Vergangenheit
- Vergangenheit ist aber nicht mehr Funktion der Gegenwart (wie im Ödipus), sondern
- Gegenwart ist Anlaß zur Heraufbeschwörung der Vergangenheit (absolute
Vergegenwärtigung)
- Verinnerlichung der Vergangenheit : Leitmotivtechnik, wo das Gleiche in immer
neuen Formen auftritt, Symboltechnik
Glasklirren in den Gespenstern
Tragik ist nicht der Tod, sondern die verinnerlichte Gegenwart der Vergangenheit
Dramatisches
Zwischenmenschlichkeit --> entfremdete Objektivität
Determination vereinzeln die Subjekte
Loth, das epische Ich, als der Fremde, der Wissenschaftler, der dem Milieu distanziert
gegenübersteht, er hat nur funktionale Rolle
Anlaßgebundenheit der Handlung
Thematische Verbrämung des Epischen
Episches Ich wird in der objektiven Sprache des Naturalismus vorausgesetzt
Drama als
11
© Wolfgang Melchior, 1996: Das naturalistische Drama
______________________________________________
(1) gegenwärtiges
(2) zwischenmenschliches
(3) Geschehen
wird im Nat. fraglich
bei Ibsen: Gegenwart --> Vergangenheit selbst oder Gegenwart als Heraufbeschwörung der
Vergangenheit
Zwischenmenschliches --> Innerlichkeit (Friedensfest) oder Außermenschliches (Vor
Sonnenaufgang, Weber, Biberpelz)
Neue Subjekt-Objekt-Relation: Charakter und Handlung sind jetzt Enthüller und enthüllte
Vergangenheit
Relativierung der Absolutheit von (1) bis (3) durch Subjekt-Objekt-Dimensionierung
Problem: Darstellung der verinnerlichten Vergangenheit (Ibsen), Darstellung der Milieu durch
Handlungen (Hauptmann)
Widerspruch zwischen epischer Thematik und dramatischer Form
Naturalistisches Drama als Rettungsversuch
Flucht in die fremde Gegenwart
Flucht aus der Zeit als Archaisierung der Zeit
Sozialer Abstand des nat. Dramas: Mitleidsdramatik als Distanz zum Gegenstand
Identität von Personal, Zuschauer und Dichter durch gleiche Nähe zum Dargestellten
(Projektionen des historischen Subjekts)
Soziale Drama ist der Selbstreflexionsprozeß des Bürgertums über sich selbst
Die Entfremdung der Personen voneinander drückt die Entfremdetheit der Bürger
voneinander aus
Milieu: ist nur dem Dichter vollends zugänglich --> Episierung, um die Dissoziation wieder
aufzuheben
Brechts Gegenüberstellung von Naturalismus und (Sozialistischem) Realismus und seine
Kritik am Naturalismus
- Selbstverliebtheit des Spätbürgertums in ihren eigenen Untergang (Mehring, Lukacs)
- Ästhetisierung der Politik (Benjamin. Lukacs)
- Schicksal sei die ideologische Versachlichung des Verblendungszusammenhang, in dem die
Subjekte stünden (Lukacs). Dafür spricht auch die fatalistische Geschlossenheit der
Thematiken und Mittel
Brecht:
NATURALISMUS vs. REALISMUS
- Gesellschaft als Stück Natur
- Ausschnitte aus der Gesellschaft (Familie, Schule) sind Welten für sich
- das Milieu
- Reaktion der Individuen
- Atmosphäre
- Mitgefühl, Mitleid
- Vorgänge für sich selbst
- das Detail als Zug
- Sozialer Fortschritt empfohlen
- Kopien
- Zuschauer als Mitmensch
- Publikum als Einheit
- Diskretion
- Mensch und Welt, vom Standpunkt des einzelnen
12
© Wolfgang Melchior, 1996: Das naturalistische Drama
______________________________________________
Kritik: Beschreibung der schlechten Verhältnisse, wie sie sind ohne
- Klärung deren Entstehungsursachen
- deren Veränderbarkeit Î Verewigung der Verhältnisse
13
Zugehörige Unterlagen
Herunterladen