________________________ Hessischer Rundfunk hr-iNFO Redaktion: Heike Ließmann Wissenswert Warum Kunstschutz im Krieg? Die Geschichte der Haager Konvention von Christiane Kreiner Sprecherin: Christiane Kreiner Sendung: 23.02.14, hr-iNFO Copyright Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der Empfänger darf es nur zu privaten Zwecken benutzen. Jede andere Verwendung (z.B. Mitteilung, Vortrag oder Aufführung in der Öffentlichkeit, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verteilung oder Zurverfügungstellung in elektronischen Medien, Übersetzung) ist nur mit Zustimmung des Autors/der Autoren zulässig. Die Verwendung zu Rundfunkzwecken bedarf der Genehmigung des Hessischen Rundfunks. Sprecherin: Gemälde, Skulpturen, aber auch Kirchen, Schlösser, Bibliotheken und Archive wurden in Kriegen immer wieder zerstört - eine Jahrtausend alte Geschichte von Rache und Vergeltung. Dass Ende des 19. Jahrhunderts eine erste Landkriegsordnung verabschiedet wurde, die zumindest versuchte Gesetze und Regeln für den Erhalt von kulturellen Schätzen im Krieg zu finden, war eine Innovation! Ein Akt des Völkerrechts : Der Münchner Kunsthistoriker Christian Fuhrmeister: O-Ton 01 (Christian Fuhrmeister) Es ist eine internationale Vereinbarung, die Haager Landkriegsordnung von 1899 nochmal ergänzt 1907, die dazu führte, dass es bereits im Ersten Weltkrieg einen deutschen militärischen Kunstschutz gab. Sprecherin Paul Clemen wurde der erste deutsche Kunstschutzoffizier im ersten Weltkrieg und erfasste auf erobertem Gebiet schützenswerte Denkmäler. Aber auch er konnte nicht verhindern, dass deutsche Soldaten die Universitätsbibliothek im belgischen Leuwen (sprich Löwen) zerstörten und damit wertvolle mittelalterliche Handschriften verloren gingen. O-Ton 02 (Christian Fuhrmeister) Kunstschutz soll verhindern, gemäß Haager Landkriegsordnung, dass im Rahmen militärischer Handlungen und einer Besetzung eines feindlichen Staates, mutwillig und absichtlich Zerstörungen am Kulturgut des Feindes vorgenommen werden. Das ist die internationale Vereinbarung. Sprecherin Aber: Krieg ist Krieg und die guten Absichten einer internationalen Vereinbarung sind im Angriffsfall - einfach unbedeutend. Dass verfeindete Nationen sich bereitfinden, die Kulturschätze der anderen Seite 2 zu verschonen, wie soll das in der harten Realität eines Krieges funktionieren? Erst im Zweiten wurde Kunstschutz auch militärisch mitgedacht, zumindest im Ansatz: so Christian Fuhrmeister O-Ton 03 ( Christian Fuhrmeister) Die Leistungen der amerikanischen Kunsthistoriker und Kunstschutzoffiziere bestehen ja (…), ich nenne das mal Prävention, d.h. 6.49 Sie erstellen zum einen Listen, (…) und zum anderen Karten, die Frick Maps. Auf denen wird für die amerikanischen Bomberpiloten markiert, das ist wichtig, da bitte nicht bombardieren. Sprecherin Moderne Kriegsführung, auch die Bedrohung durch einen Atomkrieg führten schließlich 1954 in Den Haag dazu, dass die internationale Völkergemeinschaft, damals 56 Staaten der UNO, einen Absichtserklärung verfassten. Die Haager Konvention regelt seitdem, dass im Falle „bewaffneter Konflikte bewegliche und unbewegliche kulturelle Güter geschützt werden müssen“. Verstöße können sogar rechtlich verfolgt werden. 1999 wurde das nochmals erweitert und gilt jetzt auch für innere Konflikte, Bürgerkriege und ethnische Auseinandersetzungen. Hartmut Weber, bis 2011 Präsident des Bundesarchivs. O-Ton aus DABS* 50 Jahre Haager Konvention zum Schutz kultureller Güter Im Balkan Krieg der 90er Jahre haben wir kennengelernt, dass Archive bewußt in das Kreuzfeuer gekommen sind, weil man erkannt hat, dass zum Beispiel für ethnische Minderheiten, ethnische Volksgruppen, ihr Archivgut, ihre genealogischen Quellen so wichtig und so identitätsstiftend sind, dass wenn man diese Quellen vernichtet. Seite 3 Sprecherin Seit 1975 gibt es auch in Deutschland einen zentralen Bergungsort, den Barbarastollen bei Freiburg im Schwarzwald. Hier lagern auf Milliarden Mikrofilmen wichtige Dokumente der Deutschen, in Edelstahl Tonnen, mindestens 500 Jahre haltbar. Darunter zum Beispiel die Baupläne des Kölner Doms, eine Abschrift der Partitur von Beethovens 9. Sinfonie, aber auch die Beschlüsse der Wannseekonferenz, der Text der Ostverträge. Und jedes Jahr kommt etwas Neues hinzu. Seite 4