© Prof. Dr. Nico Kurpiers SLIDATION - eine ergänzende Trainingsmethode mit leistungsförderndem und potentiell rehabilitativem und präventivem Charakter Das Projekt „Slidation®“ (engl. Slide = Rutschen, Rotation = Rotation) ist von einem Physiotherapeuten und einem Sportwissenschaftler der Universität Hildesheim entwickelt worden. Es hat sich mittlerweile über einige Jahre weiterentwickelt und konnte im vergangenen Jahr über ein Pilotprojekt mit sehr guten Ergebnissen seinen leistungsfördernen Charakter unter Beweis stellen. Im Folgenden wird grob erklärt, was Slidation ist und wozu es dient. Das innovative ergänzende Training auf einer Rutschfläche wurde bereits bei Leistungssportlern (Triathlon, Marathon, Wasserball) trainingsergänzend erfolgreich eingesetzt, sowie bei Motorsportlern, bei Sportstudenten und neuerdings bei Grundschulkindern, beim Training für die Feuerwehr und für eine große Studie mit der deutschen Wasserballnationalmannschaft. Mittlerweile besteht eine Kooperation zwischen der Universität Hildesheim und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) unter der Leitung von Dr. Nico Kurpiers und Prof. Dr. Uwe Tegtbur/ Torge Wittke. Slidation wird im Rahmen dieser Kooperation in der Trainingstherapie für krebskranke Kinder eingesetzt. Eine Erweiterung auf weitere Bereiche wie z.B. Kardiologie und Orthopädie (Rückenpatienten) sind denkbar. Die Trainingsmethode soll also sowohl im Trainingsbereich für Leistungs- und Breitensport wie auch in der Rehabilitation und Prävention seine Anwendung finden. Die in Deutschland bereits angemeldete Marke Slidation® hat insofern einen technologischen Hintergrund als sie auf einem Rutschbrett erfolgt, welches den richtigen Grad an Rutschigkeit haben muss, um mit Filzschuhen zu den Seiten gleiten zu können. Die vier Seiten sind an einem stabilen Rand befestigt, so dass man sich am Rand abbremsen und wieder abdrücken kann (siehe Abbildungen). Der Rand ist mit Farben versehen, welche spezifischen Aufgaben und der Orientierung bei diesen während der Anwendung nützen. Viele Bewegungsaufgaben werden mit einem auf dem Kopf des Übenden befestigten Laserpointer ausgeführt, mit dem man beim Rutschtraining einen speziell markierten Punkt an einer Wand anvisieren muss. Allgemeines Der Bewegungsapparat unseres Körpers bedient sich einer tonischen (primär Haltungskontrolle) und einer phasischen (auf die Ausführung von Bewegung programmierten) Muskulatur, die eine Leistungsanforderung stellt, aber auch eine Leistungsbereitstellung ausübt. Schauen wir uns an wo die tonische und phasische Muskulatur sitzt, dann kommen wir auf ein zusammenhängendes Bewegungsbild eingelenkiger oder mehrfachgelenkiger Muskeln und die vergessene Eingeweidemuskulatur. Machen wir jetzt den Sprung zur Bewegung, landen wir in der Bewegungsvielfalt von unzähligen Sportarten, von denen viele das gleiche Ziel verfolgen: Sieg und Aufgabenbewältigung unter Druck der Wirbelsäule. Häufig soll © Prof. Dr. Nico Kurpiers aus der Stabilität (Druck) der Wirbelsäule über Arme und Beine eine Bewegung produziert werden. Die Wirbelsäule kommt unter Druck und verlagert die Leistungsanforderung und Leistungsbereitstellung; das Verhältnis von SauerstoffZyklus und Zuckerverbrennung verschiebt sich. Das „Rutschtraining“ (Slidation) versucht die Wirbelsäule in Dominanz zu stellen über die Umkehrung der Bewegung. Arme und Beine bewegen die Wirbelsäule Schultergürtel und Beckengürtel kommunizieren dabei miteinander. Es sollen Muskelketten aktiviert werden, die z. B. durch einseitige Arbeit oder Training inaktiv geworden sind. Dabei spielen auch die so genannten Stellreflexe eine Rolle, die u.a. einer balancierten Körperstellung dienen und deren Rezeptoren in der Muskulatur (Muskelspindeln), v. a. der Halsmuskulatur sitzen. Die Abnahme des Drucks in den Gelenken soll mit einem Slide-Faktor unter Einfluss eines hohen koordinativen Anteils mit in die Bewegung einfließen. Um die Wirbelsäule zu trainieren, muss über die Streckung der Wirbelsäule (Oxciput und Sacrum entfernen sich voneinander) gearbeitet werden und nicht über das Extensions- oder Flexionsmuster (z.B. Vorschub beim Laufen). Außerdem ist eine Rotation mit wechselnden Drücken notwendig. Die Bewegungsparameter Kraft- Ausdauer- Koordination- Dehnung spielen dabei eine wichtige Rolle. Der literaturbasierte theoretische Hintergrund gründet u.a. auf Freese (Freese, 2003), Schleip (Schleip & Müller, 2013) und der Forschungsgruppe um Hodges (2005). Hier die wichtigsten Aspekte in Kurzform: • • • Freese: die Wirbelsäule ist für rotatorisches Training prädestiniert aufgrund der Ausrichtung der faserigen Struktur der Zwischenwirbelkörper im 60 GradWinkel zueinander Schleip (dt. Vorreiter im Bereich der Faszienforschung): eins von vier wichtigen Prinzipien des Faszientrainings ist das sogenannte ‚proprioceptive Unterbauch nahe an die Lenden-WS heranziehen als refinement‘ Grundposition und diese während der Übungen halten (über die fasziale Verbindung des tiefen Bauchmuskels in die tiefe Schicht der Lumbarfaszie); Wirbelsäule in der Grundposition langziehen; Sitzbeine hinten herausschieben; Wechsel von kleinen Mikrobewegungen bis zu sehr großen Bewegungsamplituden Hodges: Core-Training als Voraussetzung für a) Verletzungsprävention und b) Bewegungsökonomie Effekte Die Einflussnahme propriozeptiven Trainings, Stellreflex-Trainings der Wirbelsäule unter manual-therapeutisch ostheopatischen Gedanken sind nicht zu leugnen, sollten aber eher bewusst eingesetzt werden, um eine hohe Trainingseffizienz zu erwirken. Die Belastung des Sports wird im Leistungsbereich gesenkt, während die Regeneration und deren Qualität angehoben werden. Somit wird der Sauerstoff im Körper effizienter genutzt und der Sportler kann mit weniger Training in die nächst © Prof. Dr. Nico Kurpiers höhere Leistungsstufe gelangen, weil die Arbeitsleistung der tonischen Muskulatur angehoben wird, die eng mit Rotation und Koordination verbunden ist. Früher musste der Sportler in seiner Sportart härter trainieren, um bessere Zeiten zu laufen/ schwimmen/ radeln etc.. Im Endeffekt kam er an seine Leistungsgrenze und war häufig verletzt oder übertrainiert. Durch die Rotationsschulung, das Training speziell der tonischen Muskulatur über Rotation und Streckung sowie auch der Verbesserung der Koordination werden sportspezifische sowie alltägliche Bewegungen ökonomisiert, d.h. Belastungen und Anstrengungen im Sport, aber auch im Alltag, fallen weniger schwer. Die Wirbelsäule verbraucht weniger Energie, die dem Körper dann zusätzlich zur Verfügung steht (z.B. für einen gezielteren Einsatz der Extremitäten, für Konzentration, Hinauszögern einer Ermüdung etc.). Rehabilitativer Charakter: Da schmerzhafte oder geschwächte Muskeln sowie deren Antagonisten nicht am aktiven Bewegungsprozess teilnehmen können, müssen sie durch bestimmte Bewegungs- und Haltungsspannungen wieder in die aktive Bewegung mit eingebaut werden, um somit wieder ein Gleichgewicht der tonischen und phasischen Muskulatur herzustellen. Als Folge dessen kommt es zu einer besseren Körperhaltung und auch zu einer Schmerzlinderung. Dieses Training bestehend aus unterschiedlichen Übungen in verschiedenen Ausgangsstellungen ist geeignet für alle Menschen, ganz gleich, ob es der „klassische Patient“ ist, der in welcher Form auch immer rehabilitiert werden muss, der Sportler, der seine Leistung steigern möchte, Kinder, die mal interessante neue Bewegungen spielerisch erfahren wollen oder auch Senioren, die sich durch schonende Übungen fit halten wollen. Durchführung Die Trainingselemente sind ein Gleitmechanismus (Rutschbrett) mit Ankantung, ein Paar Filzschuhe, ein Paar Filzmatten für die Knie und ein Paar für die Hände. Die Trainingszeit sollte ca. 30-60 Minuten betragen (je nach Ziel und Belastbarkeit), wovon 50 % im Stand unter einer Slide-Bewegung und 50% im Knien, Liegen oder Sitzen durchgeführt werden. Wenn eine bestimmte Trainingsthematik erarbeitet wird, kann sich das Verhältnis prozentual verschieben. Zu Beginn werden zwei Einheiten pro Woche empfohlen. Später kann die Trainingshäufigkeit je nach Zielsetzung auf einmal pro Woche reduziert werden. Als Trainingsergänzung bei Leistungssportlern ist es auch möglich und effektiv, mehrere kurze Einheiten zu absolvieren (z.B. drei mal wöchentlich ca. 20-30 min. mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten wie Beinarbeit, Armarbeit etc.). Hervorzuheben ist die Start-Stopp Bewegung, die den Vorschub beim Laufen ersetzt und den Körper in ein viel höheres Maß an rotatorischer Stabilisation zwingt unter Hinzunahme der Rechts-Links-Umschaltung. Es sei an dieser Stelle darauf © Prof. Dr. Nico Kurpiers hingewiesen, dass diese Kurzerklärung keinesfalls den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und im Rahmen eines angeleiteten Trainings ein Lizensierungskonzept vorliegt. Im Folgenden wird über einige Abbildungen ein erster optischer Eindruck vermittelt. © Prof. Dr. Nico Kurpiers © Prof. Dr. Nico Kurpiers Abbildungen 1-10: Die Grundposition, das Material; Beispiele für spezifische Rutschbewegungen auf einem „Slideboard“ mit „Filzschuhen“ bzw. Filzmatten unter den Füßen, Knien und Händen, teilweise in spielerischer Form mit einem Ball, erhöhtem Schwierigkeitsgrad oder einem Laserpointer auf dem Kopf befestigt. Weitere Informationen können bei Interesse auf www.slidation.com nachgelesen werden. Literatur Freese, J. (2003). Medizinische Rückenfitness-Freie Gewichte in Prävention und Rehabilitation der Wirbelsäule: Deutscher Trainer-Verlag. Schleip, R., & Müller, D. G. (2013). Training principles for fascial connective tissues: Scientific foundation and suggested practical applications. Journal of bodywork and movement therapies, 17(1), 103-115. Urquhart, D. M., Hodges, P. W., Allen, T. J., & Story, I. H. (2005). Abdominal muscle recruitment during a range of voluntary exercises. Manual therapy, 10(2), 144-153.