teil 2: die nachbarn der erde

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Welt der Wissenschaft: 50 Jahre Planetenforschung
Reisen zu den Planeten
Teil 2: Die Nachbarn der Erde
Mit der Erkundung der erdähnlichen Planeten Merkur, Venus und Mars begann
in den 1960er Jahren der erste Abschnitt der Planetenforschung mittels Raumsonden.
Mittlerweile erreichten Mars und Venus dutzende von Raumfahrzeugen, die uns die
besonderen Eigenschaften dieser Welten enthüllten.
Von Manfred Gottwald
D
ie interplanetaren Aktivitäten
Oberflächen- und Atmosphärenzustand
Fünf Jahre später, im Oktober 1967, er-
der
die Wissenschaftler zuvor nur hatten spe-
hielt unser innerer Nachbarplanet gleich
Raumfahrtnatio­nen USA und
kulieren können. Einzig erste Radar­beob­
von zwei Raumfahrzeugen Besuch. Die
UdSSR konzen­trierten sich zu-
achtungen von der Erde aus hatten Hin-
NASA-Sonde Mariner 5 flog wie ihr Vor-
nächst auf unsere unmittelbaren Nachbar-
weise für eine rückläufige Rotation der
gänger Mariner 2 an der Venus vorbei. Als
planeten Venus und Mars, weil sie aus
Venus mit einer Periode von etwa 240 Ta-
sie von der Erde aus gesehen hinter dem
technischer Sicht relativ einfach zu errei-
gen ergeben. Zum Zeitpunkt der größten
Planeten verschwand, wurden ihre Funk-
chen waren. Den erfolgreichen Auftakt
Annäherung tastete Mariner 2 den Pla-
signale beim Durchgang durch die Ve-
machte 1962 die US-Raumsonde Mariner 2,
neten mit einem Radiometer ab. Die Da-
nusatmosphäre modifiziert. Daraus lie-
die erste Daten von der Venus lieferte.
Alle 19 Monate öffnet sich ein Zeitfens­
ten offenbarten eine sehr heiße Oberflä-
ßen sich Zustandsdaten der Atmosphäre
che mit einer Temperatur von mehr als
bis zu einer Höhe von 40 Kilometern über
ter zur Venus, innerhalb dessen eine
400 Grad Celsius. Außerdem registrierte
der festen Oberfläche ermitteln. Der Bo-
Raumsonde den Planeten erreichen kann.
das
dendruck wurde auf das 75- bis 100-Fache
Nach Mariner 2, dem Urahn aller interpla-
merkliches Magnetfeld; die Messungen in
netaren Sonden, folgten weitere 19 erfolg-
Venusnähe unterschieden sich nicht von
Die sowjetische Sonde Venera 4 sollte
reiche Flüge zur Venus. Mariner 2 passier-
denjenigen, die während des Anflugs im
weich auf der Venus­ober­fläche landen.
te einen Himmelskörper, über dessen
interplanetaren Raum gemacht wurden.
Wenn man bedenkt, wie wenig man über
beiden
aufstrebenden
mitgeführte
Magnetometer
kein
des irdischen Wertes geschätzt.
deren Zustand wusste, war dies ein äußerst ehrgeiziges Ziel. Die Konstruktion
50 Jahre Planetenforschung
von Venera 4 war sogar noch für ein Auftreffen auf Gewässern ausgelegt! Bereits
Harald Krüger: Vorstoß ins Sonnensystem
Teil 1: Die erdähnlichen Planeten
Teil 2: Die Gasriesen, ihre Monde und die Kleinkörper
die Vorgängermission Venera 3 hatte AnAugust 2012
fang 1966 eine Landesonde abgesetzt;
September 2012
doch war bereits bei Erreichen des Pla-
Manfred Gottwald: Reisen zu den Planeten
Teil 1: Die ersten Schritte
neten der Funkkontakt abgerissen. Die
Oktober 2012
Landesonde gelangte vermutlich als er-
Teil 2: Die Nachbarn der ErdeNovember 2012
stes irdisches Raumfahrzeug auf die Ober-
Teil 3: Jenseits des Mars
fläche eines anderen Planeten, zerschellte
Dezember 2012
jedoch dabei.
44
November 2012
Sterne und Weltraum
Venera 9
Venera 13
NASA
Venera 13
Bislang konnten nur sowjetische Raumsonden die Venusoberfläche
direkt fotografieren. Diese Panoramen zeigen die Landeplätze von
Venera 9 (oben) sowie Venera 13 (Mitte und unten). Im mittleren
Bild ist eine der gewonnenen Farbaufnahmen eingeblendet.
Wissenschaftler des Jet Propulsion Laboratory präsentieren auf
Papierausdruck Messdaten, die 1962 während des Vorbeiflugs von
JPL
Mariner 2 an der Venus gewonnen wurden.
Venera 4 war mehr Erfolg beschieden.
malhöhe erreichten, in der die Datenüber-
nera 7 war es erstmals gelungen, nach
Die ausgesetzte Landekapsel sandte wäh-
tragung endete: Venera 5 verstummte bei
geglück­ter Landung Daten von der Ober­
rend ihres Abstiegs durch die Venusatmo-
20 Kilometern, Venera 6 bei 12 Kilometern
fläche eines Planeten zu empfangen (sie-
sphäre 93 Minuten lang Daten. Als ihr
Höhe. Immerhin verfügten die Wissen-
he Grafik S. 46).
Sender dann verstummte, betrug die Tem-
schaftler nun über ein gewisses Verständ-
Nach Venera 8, die 1972 zusätzlich Mes-
peratur 280 Grad Celsius und der Druck
nis der Venusatmosphäre, die zu mehr als
sungen der Bodenbeschaffenheit und der
das 22-fache des irdischen Luftdrucks. Die
90 Prozent aus Kohlendioxid besteht.
Helligkeit unterhalb der Wolkendecke lie-
sowjetischen Wissenschaftler vermuteten
Für einen weiteren Landeversuch wur-
ferte, trafen mit Venera 9 und 10 im Okto-
zunächst, das Landegerät von Venera 4
de die nächste Sonde Venera 7 nochmals
ber 1975 wiederum zwei Sonden fast
habe tatsächlich die Oberfläche erreicht.
besser
Umweltbedin-
gleichzeitig bei unserem Nachbarn ein.
Doch da die Konstrukteure die Dichte der
gungen angepasst. Tatsächlich traf sie im
Nach dem Absetzen ihrer Lander schwenk-
Venusatmosphäre unterschätzt hatten,
Dezember 1970 mit einer Geschwindigkeit
ten Venera 9 und 10 in Umlaufbahnen um
war der Fallschirm der Kapsel zu groß di-
von 17 Metern pro Sekunde auf der Ve-
die Venus ein. Aus dieser Warte erkunde-
mensioniert und sie sank langsamer als
geplant. Erst ein Vergleich mit den Ergebnissen von Mariner 5 ordnete die Daten
den
extremen
Die Lander von Venera 9 und 10 sandten erstmals
schwarz-weiße Bilder der Venusoberfläche zur Erde.
korrekt ein. Die Landekapsel von Venera 4
hatte demnach ihre Messungen bereits
nusoberfläche auf und verstummte nach
ten sie erstmals die Atmosphäre und ihre
bei einer Höhe von 52 Kilometern begon-
einer Sekunde – jedoch nur scheinbar, wie
Wolkensysteme über einen längeren Zeit-
nen, und sie wurde in 26 Kilometer Höhe
sich hinterher herausstellte. Als die Sig­
raum hinweg. Beide Landekapseln er-
durch den hohen Druck zerquetscht.
nale später nochmals analysiert wurden,
reichten die Oberfläche und sandten für
Auf Venera 4 folgte eine ununterbro-
fand sich im dominierenden Rauschen
mehr als 50 Minuten Daten. Darunter be-
chene Serie gelungener Flüge zur Venus,
ein schwaches, 23 Minuten lang andau-
fanden sich die ersten Bilder von der
die bis zu Venera 16 im Jahr 1983 reichen
erndes Signal der Landekapsel. Offenbar
Oberfläche eines anderen Planeten: Die
sollte. Bereits 19 Monate später wiederhol-
war Venera 7 so hart aufgeprallt, dass die
schwarz-weißen Detailansichten der Lan-
ten Venera 5 und 6 den Versuch einer Lan-
kugelförmige Sonde nach einigen Sprün-
deplätze zeigten unterschiedliches Ter-
dung. Mit nun kleineren Bremsfallschir-
gen auf der Seite zu liegen kam, so dass
rain, einerseits Boden in jungem Berg-
men dauerte es nur etwas mehr als
nur ein sehr schwaches Signal des Bord-
land, andererseits alten, stark verwitterten
50 Minuten, bis sie ihre jeweilige Mini-
senders die Erde erreichen konnte. Mit Ve-
Untergrund.
www.sterne-und-weltraum.de
November 2012
45
Flüge zur Venus
U
nser innerer Nachbarplanet war das erste Ziel interplanetarer
zur Erde, bevor sie von der dichten Atmosphäre zerquetscht wurde.
Raumsonden. Bereits im Dezember 1962 flog die erste erfolg-
Im Jahr 1975 übermittelten Venera 9 und 10 erste Schwarz-Weiß-
reiche Planetensonde überhaupt, Mariner 2, an der Venus vorbei.
Bilder von der Oberfläche, denen 1982 die ersten Farbbilder von
Besonders die ehemalige Sowjetunion zeigte starkes Interesse an
Venera 13 und 14 folgten. Seit den erfolgreichen sowjetischen
der Venus und konzentrierte ihre Anstrengungen auf diesen Pla-
Landemissionen Vega 1 und 2 im Jahr 1985 hat keine Sonde mehr
neten. Insgesamt 28 Sonden wurden von der UdSSR auf den Weg
die Venusoberfläche erreicht.
gebracht, von denen aber nur ein Teil ihr Ziel erreichte.
Insgesamt sieben Orbiter schwenkten seit dem Jahr 1975 in
Mit Venera 3 kam am 1. März 1966 das erste Objekt aus Men-
eine Umlaufbahn um die Venus ein. Von ihnen ist nur noch die
schenhand auf der heißen Oberfläche an. Allerdings zerschellte die
europäische Raumsonde Venus Express aktiv, die seit 2006 den
Sonde dabei. Erst Venera 4 funkte 1967 Daten von ihrem Abstieg
Planeten umrundet (grün beschriftet).
Pioneer Venus Orbiter
Magellan
Pioneer-Venus-2b
übermittelte Messdaten
über die Atmosphäre während des Abstiegs am 9.
9. Dezember
1978
Dezember 1978
Venera-9
landete erfolgreich am
22. Oktober 1975, erste s/wBilder der Venus­oberfläche
Venera-10
landete erfolgreich am 25. Oktober 1975,
erste s/w-Bilder der Venus­oberfläche
Pioneer-Venus-2a
übermittelte Messdaten über
die Atmosphäre während des
Abstiegs am 9. Dezember 1978
Venera-12
Landung am 21. Dezember 1978, Kameras
versagten
Venera-13
Landung am 1. März 1982,
erste Farbbilder
der Oberfläche
Venera-11
Landung am 25. Dezember
1978, Kameras versagten
Venera-14
Landung am 5. März 1982,
erste Farbbilder
der Oberfläche
Venera-7
erste erfolgreiche Landung am
15. Dezember 1970, Übermittlung
von Messdaten
Venera-3
schlug hart am 1. März 1966
auf der Oberfläche auf
Venera-5
Venera-6
wurde während des Abstiegs
wurde während des Abstiegs
am 16. Mai 1969 von der
am 17. Mai 1969 von der
Atmosphäre zerquetscht
Atmosphäre zerquetscht
Venera-8
übermittelte am
Pioneer-Venus-2d
22. Juli 1972
übermittelte Messdaten über
Messdaten von der
die Atmosphäre während des
Oberfläche
Abstiegs am 9. Dezember 1978
Pioneer-Venus-2c
übermittelte Messdaten über
die Atmosphäre während des
Abstiegs am 9. Dezember 1978
Venera 9 + 10
Vega-1
erfolgreiche Landung am 11.
Juni 1985, Gesteinsanalysen
Venera 15 + 16
Vega-2
erfolgreiche Landung am 15.
Juni 1985, Gesteinsanalysen
Alle Bilder NASA
46
Venera-4
wurde während des Abstiegs am 18. Oktober 1967
von der Atmosphäre zerquetscht
Venus Express
November 2012
Sterne und Weltraum
Die nächsten nach einer Landung zurückgefunkten Fotos der Venus wurden
1982 von Venera 13 und 14, diesmal sogar
in Farbe, aufgenommen. Bei den Vorgängern Venera 11 und 12 im Jahr 1978 hatten
die Kamerasysteme versagt, da sich die
Schutzkappen nicht von den Objektiven
lösten. Alle vier Sonden funkten jeweils
mehr als 60 Minuten lang Daten von der
Venusoberfläche.
Die in grüngelbe Töne getauchte felsige
Landschaft auf den Aufnahmen von Venera 13 und 14 erschien unter einem orangefarbenen Himmel. Dieser Farbeffekt wird
durch die Absorption des blauen Spektralanteils in der Atmosphäre verursacht (siehe Bild auf S. 45). Beide Sonden waren die
bisher am weitesten entwickelten Landegeräte. Mit ihren zahlreichen Experimenten glichen sie kleinen vollautomatischen Laboratorien zur Untersuchung
der Atmosphäre und des Gesteins.
Schließlich beendeten die Missionen
mit den Bezeichnungen 15 und 16 im OkNASA/JPL
tober 1983 die Serie der Venera-Flüge.
Diesmal verzichteten die sowjetischen
Forscher auf Landekapseln. Stattdessen
führten die Sonden Radarantennen zur
Kartierung der Oberfläche bei einer Wel-
In der venusischen Region Lavinia befinden sich drei Einschlagkrater mit
lenlänge von acht Zentimetern mit. Solch
Durchmessern von 37 bis 50 Kilometern. Die Aufnahme entstand mit dem
langwellige Strahlung durchdringt die
Radarsensor der Raumsonde Magellan im September 1990.
Wolkendecke und ermöglicht aus einer
Umlaufbahn den Blick auf die Oberfläche.
Die Messungen nach dem Prinzip des Ra-
dem Aufprall am Boden war nicht einge­
ten beide Landegeräte Daten, sowohl wäh-
dars mit synthetischer Apertur (SAR)
plant. Die große Kapsel und zwei der klei-
rend sie zur Oberfläche hinabschwebten
deckten die nördliche Hemisphäre der Ve-
nen verstummten auch tatsächlich beim
als auch nach ihrem dortigen Aufsetzen.
nus bis zu einer Breite von 25 Grad Nord
Erreichen der Oberfläche; die vierte, auf
Vega 1 und 2 waren die letzten von 19 er-
ab und erreichten eine räumliche Auflö-
der Tagseite gelandete Kapsel setzte aber
folgreichen Besuchen bei der Venus in we-
sung von ein bis zwei Kilometern. Zusätz-
noch länger als 65 Minuten ihre Daten­
niger als 25 Jahren.
lich bestimmte ein Radar-Altimeter das
über­tragung fort.
Höhenprofil in dieser Region.
Dies waren aber nicht die ersten Radar-
Ballons am Venushimmel
Die nachfolgenden 25 Jahre sollten nur
noch zwei derartige Unternehmungen
bringen – die Sonden Magellan der NASA
untersuchungen aus einem Venusorbit.
Bereits in den 1970er Jahren existierende
und Venus Express der Europäischen
Elf Jahre nach Mariner 5 war die NASA im
Ideen, die Venus mit einem in ihrer Atmo-
Raumfahrtbehörde ESA. Mit Magellan be-
Dezember 1978 mit den beiden Missionen
sphäre treibenden Ballon zu untersuchen,
endete die NASA eine mehr als zehnjähri-
Pioneer Venus 1 und 2 zur Venus zurück-
wurden im Rahmen der Vega-Missionen
ge Lücke, in der sie keine interplanetaren
gekehrt. Ein Altimeter an Bord des Orbi-
zum Kometen Halley verwirklicht. Ihre
Sonden auf den Weg gebracht hatte. Ma-
ters Pioneer Venus 1 hatte im Laufe der
Reise zu Halley führte Vega 1 und 2 im
gellan sollte möglichst vollständig und
14-jährigen Mission die Topografie des
Juni 1985 an der Venus vorbei, wo sich je-
detailliert die Oberfläche kartieren. Ein-
Planeten ebenfalls kartiert, wenngleich
weils eine Landekapsel, die einen Ballon
ziges
mit deutlich geringerer Auflösung. Zu-
zur Untersuchung der Venusatmosphäre
Radarsys­tem, das bei einer Wellenlänge
sätzlich wurde die lange Missionsdauer
enthielt, abtrennte. Beim Abstieg der Lan-
von 12,6 Zentimetern im SAR- oder Alti-
im Venusorbit genutzt, die Atmosphäre
dekapsel auf der Nachtseite des Planeten
metriemodus arbeitete. Zwischen Sep-
ausführlich zu untersuchen.
wurden die Ballone abgesetzt und drif-
tember 1990 und September 1992 wurden
Pioneer Venus 2 trug dagegen vier At-
teten ab einer Höhe von 54 Kilometern in
damit 98 Prozent der Venus mit einer
mosphärenkapseln, eine große und drei
starken Strömungen mehr als 11 000 Kilo-
räumlichen Auflösung von 100 Metern er-
kleine. Alle vier untersuchten während
meter westwärts. Nach 46 Stunden, auf
fasst, ergänzt durch topografische Infor-
ihres Abstiegs in unterschiedlichen Regio­
der Tagseite des Planeten, verstummten
mationen mit einer Höhenauflösung von
nen die Atmosphäre. Ein Betrieb nach
schließlich ihre Signale. Zusätzlich liefer-
rund 30 Metern (siehe Bild oben).
www.sterne-und-weltraum.de
Instrument
an
Bord
war
November 2012
ein
47
ESA / MPS / DLR / IDA
Stark variable Wolkenstrukturen in der
dies jedoch auf die ferne Vergangenheit
gerüstet. Die US-Raumsonde Mariner 4
südlichen Venusatmosphäre, die im
zutrifft, ist nicht geklärt – ebenso wie die
zog im Juli 1965 in einer Entfernung von
Ultraviolett-Bereich sichtbar sind, nahm die
Möglichkeit, dass der heute trockene Pla-
9850 Kilometern am Roten Planeten vorü-
Venus Monitoring Camera der europäischen
net einstmals große Mengen an Wasser
ber und fotografierte dabei etwa ein Pro-
Raumsonde Venus Express auf. Die hellen
aufwies.
zent seiner Oberfläche. Die fehlerfreie
Bereiche enthalten vermutlich Schwefelsäurepartikel.
Funktion der Sonde war ein großer Erfolg.
Mars, der Wüstenplanet
Wer aber bei den Bildern auf spektakuläre
Unser äußerer Nachbar lässt sich mit ähn-
Szenen gehofft hatte, wurde enttäuscht –
lichem Aufwand erreichen wie die Venus,
es zeigte sich eine mondähnliche Land-
Oberfläche
nur liegen die Fenster für einen geeig-
schaft mit Kratern, jedoch nirgends eine
abgetas­tet worden war, folgte bis zum
neten Starttermin 26 Monate auseinan-
Spur von wenigstens niederen Lebens-
Missionsende eine Phase, in der zusätz-
der. Die dünne Marsatmosphäre erlaubt
formen oder Wasser (siehe Bild unten).
lich aus Umlaufdaten der Sonde das
sogar schon bei einfachen Vorbeiflügen
Die Sonden Mariner 6 und 7 kamen bei
Schwerefeld des Planeten vermessen wur-
einen Blick auf die Oberfläche. Deshalb
ihren Vorbeiflügen im Sommer 1969 der
de. Die Ergebnisse von Magellan erlaubten
war bereits das erste Raumfahrzeug, das
Marsoberfläche fast dreimal näher als
es, ein grundlegendes Verständnis der
den Mars besuchte, mit einer Kamera aus-
ihre Vorgängerin. Danach waren 20 Pro-
Nachdem
die
gesamte
geo­logischen Struktur der Venus zu entwickeln.
Nordpol
Als vorerst letzte Venussonde umkreist
seit 2006 die europäische Sonde Venus Express ihr Ziel. Primär untersucht sie die
Atmosphäre und ihre Zusammensetzung,
den extremen Treibhauseffekt, die Wolkensysteme sowie den Zustand der Oberfläche (siehe Bildserie oben). Letzterer
lässt sich im Infrarotbereich beobachten,
da die dichte Atmosphäre in einem der
spektralen Fenster transparent erscheint.
Venus Express wird noch mindestens bis
Ende 2014 aktiv bleiben.
Heute, nach fünf Jahrzehnten interplanetarer Raumfahrt, kennen wir die Venus
als eine Welt, die von einer fast ausschließlich aus Kohlendioxid bestehenden Atmosphäre eingehüllt ist. Dichte
Wolkenschichten aus Schwefeldioxid und
Schwefelsäuretröpfchen reflektieren einen Großteil des einfallenden Sonnenlichts. Ein enormer Treibhauseffekt hält
die Temperatur am Boden bei mehr als
400 Grad Celsius. Zusammen mit dem fast
100-fach höheren Luftdruck sind die Beeignet.
Geologisch
erscheint
die
NASA / JPL
dingungen für Leben vollkommen ungeSüdpol
Venus­
oberfläche mit etwa 500 Millionen Jahren
relativ jung, was auf Episoden starker vul-
Die US-Raumsonde Mariner 4 erfasste im Jahr 1965 mit 21 Aufnahmen rund
kanischer Aktivität hindeutet. Anders als
ein Prozent der Marsoberfläche. Eines der Bilder, Nummer 11, ist oben rechts
bei der Erde sind keine Anzeichen für eine
eingeblendet. Es zeigt die Kraterlandschaft des alten Hochlands auf der
globale Plattentektonik zu erkennen. Ob
Südhemisphäre.
48
November 2012
Sterne und Weltraum
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Bildverarbeitung in Zeiten von Schere und Kleber: so wurden Aufnahmen
von Mariner 9 aus dem Jahr 1972 zu einem Mosaik zusammengestellt. Die
Aufnahme links oben zeigt ein Einzelbild des westlichen Rands der Valles
Marineris.
zent des Terrains erfasst. Strukturen, wie
den Planeten. Zwar schlug der Lander von
man sie früher vermeintlich von der Erde
Mars 2 durch einen Computerfehler hart
aus gesehen hatte, zeigten sich weiterhin
auf – was ihn immerhin zum ersten von
nicht in den Aufnahmen. Ein vollstän-
Menschenhand gebauten Objekt machte,
diges Bild erhielten die Planetenforscher
das die Oberfläche erreichte –, der Orbiter
weitere zwei Jahre später ab November
übermittelte jedoch neun Monate lang
1971, als Mariner 9 als erste Raumsonde
Daten, genauso lange wie der Orbiter von
überhaupt in eine Umlaufbahn um einen
Mars 3 (siehe Grafik S. 50). Dessen Lander
anderen Planeten einschwenkte.
erreichte sein Ziel und setzte weich auf
Wegen eines globalen Sturms hüllte
der Mars­oberfläche auf. Aus unbekannten
sich der Mars bei Ankunft von Mariner 9
Gründen brach aber die Übertragung nach
in Staub, so dass die Kartierung erst nach
nur 20 Sekunden ab. Ob das einzig emp-
zwei Monaten, im Januar 1972, begann.
fangene Bild nur Rauschen enthält oder
Jetzt erst kamen die geologisch interes-
den Horizont an der Landestelle darstellt,
santen Regionen ins Blickfeld – wie etwa
ließ sich nie eindeutig klären. Die Ergeb-
die großen Schildvulkane mit Olympus
nisse der beiden russischen Unterneh-
Mons, das enorme äquato­riale Canyon­sys­
mungen, insbesondere das Bildmaterial,
tem, nach seiner Entdeckermission Valles
gingen wohl letztlich in der reichen Aus-
Marineris genannt, oder Landschaften,
beute von Mariner 9 weitgehend unter.
die durch fließendes Wasser geformt sein
Für den Februar 1974 war die Ankunft
mussten (siehe Bild oben). Auch die bei-
einer aus vier Fahrzeugen bestehenden
den Monde Phobos und Deimos wurden
sowjetischen Marsflotte angekündigt. Da-
erstmals detailliert abgebildet.
von verfehlte Mars 4 den Orbit, konnte
Die ersten Mariner-Missionen hatten
aber im Vorbeiflug einige Aufnahmen zur
zusätzlich wesentliche Eigenschaften der
Erde übermitteln; der Lander von Mars 6
Marsatmosphäre entschlüsselt: Kohlendi-
verstummte direkt nach dem Aufsetzen,
oxid als dominantes Gas, ein Bodendruck,
und das Landegerät von Mars 7 war ein
der in etwa einem Prozent des irdischen
Totalausfall, da es den Planeten verfehlte
Werts entspricht, und durchschnittliche
und in größerem Abstand vorbeiflog. Nur
Temperaturen deutlich unter dem Ge-
Mars 5 absolvierte in einer dreiwöchigen
frierpunkt.
Phase ein kurzes Beob­achtungsprogramm.
Kurz nach Mariner 9 erreichten auch
Damit endeten die russischen Marsam-
die ersten beiden Marssonden der UdSSR
bitionen für 15 Jahre. Aber auch die erste
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November 2012
49
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Flüge zum Mars
S
eit dem Jahr 1971 haben insgesamt zwölf Landesonden die
Meridiani Planum erkundet und dabei rund 35 Kilometer zurückge-
Oberfläche des Roten Planeten erreicht, davon waren sieben er-
legt hat.
folgreich. Letztere wurden alle von den USA auf den Weg gebracht.
In der Umlaufbahn um den Mars befinden sich insgesamt neun
Den Versuchen der ehemaligen UdSSR, dem heutigen Russland und
Orbiter, davon sind drei noch aktiv (grüne Beschriftung). Bislang
den Europäern war dagegen bislang kein Erfolg beschieden. Der
ist noch keine der in eine Marsumlaufbahn gelangten Sonden in
jüngste Neuzugang auf der Marsoberfläche ist der US-Marsrover
der Atmosphäre verglüht oder auf den Planeten gestürzt. Aus dem
Curiosity, der am 6. August 2012 erfolgreich im Krater Gale landete
Marsorbit erreichen uns derzeit Bilder und Daten von Mars Odys-
(siehe unteres Planetenbild). Somit sind derzeit zwei Sonden auf
sey, die seit 2001 den Planeten umrundet, von der europäischen
der Marsoberfläche aktiv (grüne Beschriftung). Die zweite Mission
Sonde Mars Express (seit 2003 im Umlauf) und vom Mars Recon-
ist der US-Marsrover Opportunity, der seit Januar 2004 die Region
naissance Orbiter (er trat 2006 in eine Umlaufbahn ein).
Mariner-9
Mars 3
Phobos 2
Phoenix Mars Lander
erfolgreiche Landung am
25. Mai 2008
Viking-1
1. erfolgreiche Landung am
20. Juli 1976
Mars-3
erste weiche Landung am
2. Dezember 1971, Übertragung bricht nach 20 s ab
Mars Express
Mars Pathfinder
erfolgreiche Landung am
4. Juli 1997
Opportunity
erfolgreiche Landung am 24.
Januar 2004, bis heute aktiv
Mars-6
versagte bei der Landung am
12. März 1974
Mars Reconnaissance
Orbiter
Mars Odyssey
Mars Polar Lander
zerschellte am 3. Dezember
1999 wegen technischer
Mängel
Mars 5
Viking-2
erfolgreich gelandet am
3. September 1976
Mars Global Surveyor
Beagle-2
zerschellte am 24. Dezember
2003 wegen technischer Mängel
Alle Bilder NASA
Curiosity
erfolgreiche Landung
am 6. August 2012
Viking Orbiter 1 + 2
50
November 2012
Spirit
erfolgreiche Landung am
3. Januar 2004
Mars-2
zerschellte bei der Landung
am 27. November 1971
Sterne und Weltraum
Rückkehr zum Roten Planeten im Jahr
Highlight der Mission – das Absetzen
1989 mittels der beiden Phobos-Missi-
eines Landers mit dem kleinen Rover So-
onen misslang weitgehend; nur Phobos-2
journer – exakt auf den Unabhängigkeits-
übersandte Daten aus dem Marsorbit, bis
tag zu terminieren. Sojourner – der Name
nach zwei Monaten der Kontakt kurz vor
erinnert an Sojourner Truth, eine schwar-
dem geplanten Rendezvous mit Phobos
ze Bürgerrechtlerin des 19. Jahrhunderts –
verloren ging.
besaß eine Grundfläche von 63 3 48 Zentimetern und wog 10,5 Kilogramm. Er legte
Wikinger und Pfadfinder
auf dem Roten Planeten
ter zurück und untersuchte dabei mehre-
Bereits früher, 1976, war das Zeitalter der
re Gesteinsbrocken aus der Nähe. Auch
In-situ-Langzeituntersuchungen auf an-
die Landestation übermittelte kontinuier-
deren Planeten angebrochen. In kurzen
lich meteorologische Daten. Sie wurde im
Abständen hatte die NASA im Sommer
Gedenken an den kurz zuvor verstorbenen
1975 die beiden Missionen Viking 1 und 2
US-Astronomen Carl Sagan (1934 – 1996)
gestartet. Viking 1 erreichte den Marsorbit
in Sagan Memorial Station umbenannt.
in seinem 80-tägigen Betrieb etwa 100 Me-
im Juni 1976, die Schwestersonde sieben
Pathfinder hatte auf dem Weg zum
Wochen später. Da sich die vorgesehene
Mars die Sonde Mars Global Surveyor
Landestelle für den Lander von Viking 1
(MGS) überholt, die einen Monat früher
als zu rau erwies, wurde dessen Trennung
gestartet, aber zwei Monate später ange-
vom Orbiter bis zum 20. Juli verschoben.
kommen war. MGS war ein klassischer Or-
Ursprünglich war die Landung für den
biter mit einer hochauflösenden Kamera
4. Juli, den 200. Jahrestag der Unabhängig-
als Hauptinstrument, mit der sich Objekte
keitserklärung der USA, geplant. Das Lan-
von wenigen Metern Ausdehnung identi-
degerät von Viking 2 folgte am 3. Septem-
fizieren ließen. In den Aufnahmen von
ber. Für beide war es der Beginn eines
MGS fanden sich deutliche Hinweise für
langen und erfolgreichen Aufenthalts. Vi-
Veränderungen auf der Oberfläche, ausge-
king 1 überdauerte mehr als sechs Jahre
löst durch Fließbewegungen, an denen
und vier Monate oder 3,4 Marsjahre, Vi-
Wasser beteiligt sein musste, oder Ein-
king 2 mehr als drei Jahre und sieben Mo-
schläge von Meteoriten. Erst im Novem-
nate, also 1,9 Marsjahre.
Natürlich waren die Fotos der 6725 Ki-
ber 2006 beendete MGS seinen Betrieb als
auseinanderliegenden
damals dienstälteste Marssonde.
Lande-
Während Pathfinders Aufenthalt er-
plätze von größtem Interesse. Die Auf-
reichten fünf weitere Raumfahrzeuge den
nahmen zeigten eine Landschaft, die in
Roten Planeten, darunter die Orbiter Mars
ihrer Kargheit an Wüstenregionen der
Odyssey, Mars Express und der Mars Re-
Erde erinnerte. An den Gesteinsbrocken,
connaissance Orbiter. Alle drei sind heute
deren Zusammensetzung Basalt ähnelte,
noch aktiv. Mars Odyssey begann seine
ließen sich eindeutige Erosionsspuren
Untersuchungen im Februar 2002, nach-
durch Wind erkennen. Ein spezielles Ex-
dem die Umlaufbahn mehrere Monate
periment suchte in Bodenproben nach
lang durch Aero­braking angepasst wurde.
Spuren für Leben, jedoch gelten die er-
Dies ist die kontrollierte Abbremsung in
zielten Ergebnisse heute immer noch als
einer Atmosphäre mit dem Ziel, mög-
negativ. Die Ergebnisse der Landestatio­
lichst treibstoffsparend eine kreisförmige
nen genossen natürlich die größte Auf-
Umlaufbahn zu erreichen. Zahlreiche
merksamkeit.
Aber auch die beiden Orbiter lieferten
Sonden nutzen die dünne Marsatmosphä-
bemerkenswerte Resultate (siehe Bild
der Odyssey-Mission war die Charakteri-
rechts). Nach Ende ihres Betriebs, vier Jah-
sierung der Oberfläche anhand ihrer im
re bei Viking 1 und zwei Jahre bei Viking 2,
Infraroten ausgesandten Strahlung. Vor
war die gesamte Oberfläche mit einer Ge-
allem Erkenntnisse über die vorherr-
nauigkeit von 150 bis 300 Metern erfasst.
schenden Minerale sowie der Nachweis
re für dieses Verfahren. Das wichtigste Ziel
In einzelnen Gegenden betrug die Auflösung sogar nur acht Meter.
Nach dem endgültigen Abschalten der
Auf diesem Mosaik von Viking-1-Aufnah-
Viking-Sonden vergingen 15 Jahre, bis mit
men ist ein Streifen der Marsoberfläche
Mars Pathfinder wieder ein Raumfahr-
vom äquatornahen Vulkan Ascraeus Mons
zeug mit dem NASA-Logo erfolgreich den
bis zum dunstverhangenen Südpol
Mars ansteuerte. Diesmal gelang es, das
dargestellt.
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NASA / JPL / Bearbeitung Daniel Macháček
lometer
von Wasser standen auf der Wunschliste
einer hochgenauen Stereokamera mit ei-
sen sich sogar die bisherigen Raumfahrt­
der beteilig­ten Wissenschaftler. Darüber
ner Auflösung von zwei Metern reichen,
aktivitäten auf der Marsoberfläche abbil-
hinaus agierte Mars Odyssey als Relaissta-
liefern seit Januar 2004 einen kontinuier-
den
tion für die in der Zwischenzeit auf dem
lichen Strom an Daten. Von Mars Express
Viking-Sonden bis hin zu den gegenwär-
Mars gelandeten Sonden. Ein Großteil der
stammen auch die aus geringster Entfer-
tigen Rover- und Landermissionen. Ziel
Daten und Bilder der beiden Rover Spirit
nung aufgenommenen Bilder des Mars-
des Orbiters ist es, die Geologie und das
und Opportunity und jetzt Curiosity er-
monds Phobos. Infolge seiner elliptischen
Klima des Roten Planeten besser zu ver-
reichte die Erde über Mars Odyssey.
polaren Umlaufbahn kommt der Orbiter
stehen. Wie bei allen modernen Marsmis-
dem Mond alle fünf Monate sehr nahe
sionen nimmt dabei die Frage, in welcher
Per Express zum Mars
–
angefangen
bei
den
beiden
und kann dabei sogar die vom Mars abge-
Form Wasser exis­tiert, einen großen
Europas erster Beitrag zur interplanetaren
wandte Seite beobachten, was mit den an-
Raum ein. Sie bildet die Grundlage für Un-
Marserkundung wurde im Sommer 2003
deren Marsorbitern nicht möglich ist (sie­
tersuchungen, ob sich auf unserem Nach-
auf den Weg geschickt, als Mars seine ge-
he Bild unten).
barn jemals Leben entwickelt hat.
ringste
Oppositionsdistanz
von
nur
Der Mars Reconnaissance Orbiter, der
56 Millionen Kilometern erreichte. Bereits
seit September 2006 sein Beobachtungs-
Spirit und Opportunity
nach etwas mehr als sechs Monaten Flug-
programm mit einer Nutzlast ähnlich wie
Im letzten Jahrzehnt wurden vier weitere
zeit kam die Sonde am Ziel an. Leider ver-
Mars Express absolviert, vervollständigt
Lander auf der Marsoberfläche abgesetzt.
sagte der mitgeführte Lander Beagle 2.
als vorerst letzte Sonde die gegenwärtige
Die ersten beiden führten aufwändige Ro-
Doch die auf dem Orbiter untergebrach-
Marsflotte. Die Kamera nutzt ein Teleskop
ver mit, deren Gewicht 180 Kilogramm
ten Instrumente, die vom Radar-Altimeter
mit einer Öffnung von 50 Zentimetern
betrug. Spirit und Opportunity, so die Na-
zur Untersuchung des bodennahen Unter-
und erkennt aus einer Umlaufhöhe von
men, waren deutlich größer als Sojourner.
grunds über Spektrometer für die Ferner-
300 Kilometern noch Objekte von weniger
Opportunity ist sogar nach mehr als acht
kundung der Marsatmosphäre bis hin zu
als einem Meter Durchmesser. Damit las-
Jahren auf der Marsoberfläche noch in Betrieb (siehe Bild oben). Beide Rover landeten im Januar 2004 und erkundeten die
Umgebung ihrer jeweiligen Landestellen.
Im Falle von Spirit war dies der 166 Kilometer weite Einschlagkrater Gusev, dessen Untergrund früher womöglich durch
Wasser modifiziert wurde, und bei Opportunity zunächst ein zufällig getroffener,
nur 22 Meter großer Impaktkrater. Die
Untersuchungen von Spirit endeten im
Mai 2009, als der Rover in staubigem Ge-
ESA / DLR / FU Berlin (G. Neukum)
lände steckenblieb. Ein Jahr später, nach
52
November 2012
Den Marsmond
erfolglosen
Phobos lichtete
sagte die Energieversorgung im vierten
Mars Express aus
Marswinter seines Aufenthalts und er
351 Kilometer
stellte den Betrieb ein. Immerhin hatte er
Entfernung im Juli
bis dahin 7,7 Kilometer zurückgelegt.
Befreiungsversuchen,
ver-
2008 ab. Das »N«
Opportunity befindet sich gegenwärtig
kennzeichnet den
nach mehr als 35 Kilometer Fahrt am
Nordpol.
22 Kilometer großen Einschlagkrater EnSterne und Weltraum
Ein von Opportunity aufgenommenes
Panoramamosaik erlaubt einen Überblick
über den Victoria-Krater. Der gegenüberliegende Kraterrand befindet sich etwa
800 Meter entfernt, die Klippe am linken
Rand ist rund 15 Meter hoch.
NASA / JPL-Caltech / University of Texas /
Texas A&M University
NASA / JPL-Caltech / Cornell
deavour. Zu Beginn seiner Tätigkeit ent-
Am nordpolaren Landeplatz von Phoenix zeigt sich die Mitternachtssonne
deckte der Rover den ersten Meteoriten
um die Zeit der Sonnenwende ähnlich wie auf der Erde.
auf einem anderen Planeten: Direkt in der
Nähe des abgeworfenen Hitzeschilds stieß
Opportunity auf ein Objekt, das sich als
Eisenmeteorit herausstellte.
Für Phoenix, dem vorletzten Landegerät auf dem Mars, wurde eine Landestelle
nahe des Nordpols bei 68 Grad nördlicher
Breite ausgewählt (siehe Bild oben). In diesen Breiten vermuteten die Marsforscher
dicht unter der Oberfläche Wassereis, das
mit einem Greifarm, der in den Boden
eindringen konnte, untersucht werden
sollte. Im Mai 2008 begann Phoenix mit
den Arbeiten und bereits im Sommer wies
sie nach dem Erhitzen von Bodenproben
Wasserdampf nach. Die Zeit drängte, da
der herannahende Herbst die Umweltbedingungen in den nördlichen Regio­nen
verschlechterte. Vor allem die tiefer steNASA / JPL-Caltech
hende Sonne, verbunden mit niedrigen
Temperaturen, setzte der Energieversorgung mit Solarzellen des Landers zu, so
dass er im November 2008 schließlich seinen Dienst quittierte.
Als jüngstes Raumfahrtunternehmen
erreichte das Mars Science Laboratory den
Erste Bilder des Marsrovers Curiosity, der im August 2012 im Krater Gale Roten Planeten und setzte am 6. August
landete, lassen eine reiche wissenschaftliche Ausbeute erwarten.
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November 2012
53
Flüge zu Merkur
N
ur zwei Raumsonden
statteten bislang dem
sonnennächsten Planeten einen
Besuch ab: die US-Raumsonden
Mariner 10 und Messenger. Mariner 10 flog in den Jahren 1974
Mariner-10
und 1975 insgesamt drei Mal
an Merkur vorbei, Messenger
schwenkte nach drei Vorbeiflügen im März 2011 in eine
Messenger
Umlaufbahn um den Planeten
Alle Bilder: NASA / JHU-APL
ein. Sie ist heute noch aktiv.
2012 den Rover Curiosity ab. An Größe
nächs­ten Planeten geschickt wurden. Die
reichte, um im März 2011 in eine ellip-
und Leistungsfähigkeit der Instrumentie-
erste war Mariner 10 Ende 1973, die erst-
tische Umlaufbahn um Merkur einzu­
rung übertrifft er deutlich die bisherigen
mals die Swing-by-Methode einsetzte, um
schwenken. Bereits bei den nahen Vorbei-
Rover Spirit und Opportunity. Nach aktu-
über einen nahen Venusvorbeiflug Mer-
flügen
eller Planung soll Curiosity innerhalb
kur erreichen zu können. Die daraus re-
Planeten und übermittelte Daten über die
eines kompletten Marsjahrs mindestens
sultierende Bahn endete aber nicht in
Struktur und Topografie der Oberfläche,
20 Kilometer in der Umgebung des Lande-
einem Orbit um Merkur, sondern um die
die flüchtige Atmosphäre, die Magneto-
platzes im Krater Gale untersuchen. Erste
Sonne, und führte Mariner 10 bis März
sphäre und das Schwerefeld. Die hochauf-
übermittelte Daten von Curiosity lassen
1975 dreimal nahe an Merkur vorbei.
lösende Kamera von Messenger tastete
eine reichhaltige wissenschaftliche Ernte
Beim dritten Aufeinandertreffen über-
Merkur aus der Umlaufbahn innerhalb
erhoffen (siehe Bild S. 53).
querte die Sonde dessen Oberfläche in nur
eines Jahres komplett ab, ihre räumliche
327 Kilometer Höhe.
Auflösung war dabei mindes­tens fünfmal
Inzwischen ist der Mars – nach unserer
untersuchte
die
Sonde
den
Erde – der am besten erforschte Planet.
Wegen der Bahngeometrien konnte
höher als bei Mariner 10 (siehe Bild oben).
Trotzdem rätseln wir immer noch über
Mariner 10 immer nur die von der Sonne
Mit dem gemeinsamen europäisch/ja-
seine geologische Entwicklung. Anders als
beschienene Seite kartieren, was etwa
panischen Unternehmen Bepi Colombo
die Erde oder die Venus wurde seine Ober-
45 Prozent der gesamten Merkuroberflä-
befindet sich eine weitere Merkurmission
fläche vor Jahrmilliarden geformt – mit
che entsprach. Fast erwartungsgemäß
in Vorbereitung, die 2014 einen Planeten­
Ausnahme der Regionen mit länger an-
zeigten die Aufnahmen eine alte, krater­
orbiter und einen Magnetosphärenorbiter
dauernden vulkanischen Aktivitäten. Die
übersäte, mondähnliche Landschaft. Kei-
zu Merkur bringen soll. Wie bei Messenger
Tatsache, dass unser roter Nachbar neben
ne stabile Atmosphäre trübt den Blick.
ist auch hier eine Portion Geduld nötig, da
der Lithosphäre über eine Atmosphäre,
Mariner 10 wies aber eine extrem dünne
die Phase des Anflugs mehr als sechs Jahre
Kryosphäre und womöglich eine Hydro-
flüchtige Gashülle nach, deren Bestand-
dauern wird. Erstmals wird dabei ein elek-
sphäre verfügt, macht ihn besonders inte-
teile entweder aus dem Sonnenwind oder
trischer Antrieb, verbunden mit einer Se-
ressant. Vergangene Episoden, in denen
aus Oberflächenprozessen ständig nach-
rie von Swing-bys, eine Sonde ins innere
große Flächen freien Wassers existierten,
geliefert werden. Eine der herausragenden
Sonnensystem befördern.
sind nicht auszuschließen. Der Mars ist
Strukturen, die Mariner 10 entdeckte, war
deshalb im Sonnensystem das Objekt, das
das Impaktbecken Caloris, ein Überbleib-
Manfred Gottwald
am ehesten in der Lage gewesen wäre,
sel eines gewaltigen Einschlags vor mehr
arbeitet am Institut für
eine Biosphäre zu entwickeln.
als 3,5 Milliarden Jahren.
Methodik der Fernerkun-
Deutlich mehr Swing-bys, insgesamt
dung des DLR, wo er für
Die sonnennächste Welt Merkur
sechs, benötigte die US-Raumsonde Mes-
den Betrieb des Atmosphä-
Zeitlich gesehen ließe sich Merkur relativ
senger, die im Sommer 2004 in Richtung
reninstruments SCIAMA-
schnell erreichen, doch verhindern die
des sonnennächsten Planeten geschickt
CHY zuständig ist. Er
großen Treibstoffmengen, die für die er-
wurde. Auf ihrem Weg kam sie einmal an
forderlichen
Geschwindigkeitsänderun­
der Erde, zweimal an Venus und dreimal
astronomie am Max-Planck-Institut für extra-
gen benötigt werden, einen direkten An-
an Merkur vorbei, bevor ihre Geschwin-
terrestrische Physik (MPE) und war an wissen-
flug. Deshalb verwundert es nicht, dass
digkeit soweit verringert war, dass ein ab-
schaftlichen Weltraummissionen bei der ESA
bisher nur zwei Sonden zum sonnen­
schließendes Zünden des Bordtriebwerks
und am MPE beteiligt.
54
November 2012
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