Neurologisch e Beschw erd en

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Globale neuropsychologische Störungen
Neurologische Beschwerden
Definition
154
Mit Demenz wird der Verlust erworbener intellektueller Fähigkeiten, v. a. des Gedächtnisses,
bei gleichzeitiger Veränderung der Persönlichkeit mit Beeinträchtigung von Alltagsaktivitäten
bezeichnet. Ursachen sind primäre oder sekundäre Hirnschädigungen (S. 156).
Allgemeines. Es werden verschiedene Subtypen
unterschieden:
➤ kortikale Demenz mit Gedächtnisstörungen
(kein Wiederfinden von Gegenständen, keine
Erinnerung an Einzelheiten aus Gesprächen
und Ereignissen der jüngsten Vergangenheit), Werkzeugstörungen bzw. Apraxie
(Schwierigkeiten, die Tür aufzuschließen
oder sich anzukleiden), verändertes Sprachvermögen (unpräzise schriftliche und verbale Äußerungen mit vermehrten Füllwörtern, Umschreibungen und Perseverationen;
gestörtes Namengedächtnis anfangs für Personen, später auch für Gegenstände; Sprachverständnis und Nachsprechen bleiben jedoch erhalten, keine Paraphasien) und
optisch-räumlicher Agnosie (kein Wiederfinden des geparkten Autos, keine Orientierung
beim Gehen),
➤ frontale Demenz mit Störung im zwischenmenschlichen Sozialkontakt, Verhaltensauffälligkeiten (Vernachlässigung von Körperpflege,
Ablenkbarkeit,
Hyperoralität,
Unflexibilität), Wesensänderung, Antriebsstörung (zunehmende Apathie, immer weniger Interesse an Umwelt und Gesellschaft)
und Sprachstörung (Stereotypien, Perseveration, Sprachproduktionsänderung).
➤ subkortikale Demenz (Verlangsamung, Aufmerksamkeits- und Antriebsstörung).
Begleitend können – vor allem im Verlauf –
neurologische (z. B. Anosmie, Epilepsie) und
psychiatrische Symptome (z. B. Depression,
Psychose, Delir) auftreten.
Diagnostik. Wichtig bei allen Demenzen sind
eine detaillierte Eigen- und besonders Fremdanamnese, eine sorgfältige neurologisch-internistische Untersuchung, eine neuropsychologische Testung (Ausmaß der Demenz, Subtyp), ein
Basislabor und eine zerebrale Bildgebung, um
potenziell behandelbare Demenzen auszuschließen. In Einzelfällen können EEG, Liquor, PET oder
genetische Untersuchungen notwendig werden.
Therapie. Ein Fortschreiten der Demenz kann
mit Medikamenten (z. B. Cholinesterasehemmer) verzögert werden. Eine kausale Behandlung der primären Demenzen ist nicht möglich.
Verlauf. Die primären Demenzen sind progredient, im Verlauf sind selbst die einfachsten täglichen Verrichtungen nicht mehr ohne Hilfe
möglich. Im Endstadium sind die Patienten ans
Bett gefesselt und liegen stumm und steif da.
Alzheimer-Demenz
Dies ist die häufigste Form (60 %) aller Demenzen), ca. 5 % aller 65- bis 70-Jährigen sind betroffen, das Risiko verdoppelt sich alle 5 Jahre.
Anfangs liegt oft nur eine isolierte Gedächtnisstörung („minimal cognitive impairment“) vor,
im Verlauf enwickelt sich eine kortikale Demenz. Aussehen, Kleidung, Mimik, Gestik und
Verhalten sind lange gut erhalten.
Vaskuläre Demenz
Diese Demenz (5–10 %) wird auch als “subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie” oder
„M. Binswanger“ bezeichnet. Klinisch gekennzeichnet durch eine subkortikale Demenz findet
sich oft eine stufenweise Verschlechterung. Bei
90 % aller Fälle ist eine arterielle Hypertonie mit
Mikroangiopathie/Hirninfarkten vorhanden, im
CT/MRT sind ventrikelnahe fleckige oder diffuse
Läsionen charakteristisch.
Fronto-temporale Demenz (M. Pick)
Mit 5–10 % aller Demenzen liegt der Altersgipfel
bei 50–60 Jahren. Hier ist der frontale Subtyp
charakteristisch, diese Form verläuft oft schneller progredient als die Alzheimer-Demenz.
Neurologisch treten häufig Inkontinenz, Pyramidenbahnzeichen oder Parkinson-Syndrome hinzu.
Lewy-Körperchen-Demenz
Diese Demenz (5–10 %) weist eine Assoziation
zum M. Parkinson auf. Neben einer extrapyramidalen Symptomatik und der Kombination von
kortikalem und subkortikalem Subtyp sind vor
allem Fluktuationen von Kognition und Vigilanz
sowie visuelle Halluzinationen klinisch typisch.
Netter’s Neurologie (ISBN 3131239727) © 2006 Georg Thieme Verlag
Primäre Demenzen
Räumliche Orientierungsstörung.
„Können Sie mir sagen, wie ich zu
meinem Büro komme? Ich habe
die Adresse irgendwo aufgeschrieben,
aber ich finde nicht hin“
MRT. Frontotemporal
betonte
Atrophie bei
frontotemporaler
Demenz
Neurologische Beschwerden
Gedächtnisstörung.
„Wo ist denn mein
Scheckbuch?“
FDG-PET. Bi-temporoparietaler
Hypometabolismus bei
Alzheimer-Demenz
Fortgeschrittenes
Stadium.
Unordentlich
gekleidet,
verlangsamt,
apathisch, verwirrt,
desorientiert,
hängende
Schultern
Endstadium.
Bettlägerig, steif, nicht
ansprechbar, weitgehend stumm,
inkontinent
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Netter’s Neurologie (ISBN 3131239727) © 2006 Georg Thieme Verlag
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