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kw31s t ellen
Badische Zeitung
S a m s t a g , 4 . A u g u s t 2 012
Hollywood im
Schwarzwald
Was Unternehmen von
Drehbuchautoren lernen können
BZ-GASTBEITRAG:
W
enn bei seriösen Veranstaltungen
Geschichtenerzähler
auftreten, weckt das Erstaunen.
Zumindest auf den ersten Blick.
Aber wer den Experten für das Geschichtenerzählen zuhört, wundert sich nicht mehr. Denn seit
sich sogar die Hirnforscher für das
Geheimnis einer guten Geschichte interessieren, ist das Thema salonfähig geworden, auch in Unternehmer- und Marketingkreisen.
Was erfolgreiche Schriftsteller,
Drehbuchautoren und gewiefte
Werber längst entdeckt haben,
wurde in den vergangenen Jahren
auch von verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen bewiesen: Gute
Geschichten wecken mehr Aufmerksamkeit, bleiben länger im
Gedächtnis und sammeln Sympathiepunkte. Und weil es im Marketing letztlich auch um Imagepflege
und gewinnendes Auftreten geht,
gibt es an der Harvard University
inzwischen sogar einen Lehrstuhl
für die Kunst des Geschichtenerzählens.
Auch im deutschsprachigen
Raum findet man Erzähler, die sich
intensiv mit den Erkenntnissen
der modernen Hirnforschung auseinandersetzen. Und die haben
quasi als Nebenprodukt ihrer Tätigkeit die Geheimnisse einer guten Geschichte entschlüsselt.
Oder anders gesagt: Was gute Beobachter, Schriftsteller und Drehbuchschreiber längst ahnten und
intuitiv anwendeten, erhält durch
die Neurologen den wissenschaftlichen Segen.
Im Referatsgepäck führen die
Experten einen bunten Strauß guter Geschichten mit. In Freiburg
natürlich auch die legendäre
Schwarzwaldklinik. Denn erreicht
eine Geschichte ein großes Publikum, haben seine Erfinder genau
das gemacht, was auch im Marketing Erfolg verspricht. Sie haben in
Menschen das Verhaltensmuster
ausgelöst, ein Angebot zu wollen
und dafür den verlangten Preis zu
bezahlen. Und dazu gehört bei einer guten Geschichte sogar das
knappste aller Güter, nämlich Zeit.
Ob aus dem kleinen Kerl ein großer Prinz wird? Gute Geschichten wie die vom Froschkönig fesseln die Zuhörer. Und so wird das
gute Erzählen einer Geschichte immer mehr auch im Marketing angewendet.
FOTO: DPA
Aber Erzählen wäre für Unternehmer kaum interessant, wenn
es dabei nur um das Verfassen eines guten Drehbuchs ginge. Wie
man anschaulich darlegen kann,
sind den Einsatzgebieten von Geschichten keine Grenzen gesetzt.
Denn schließlich werden komplexe Informationspakete immer als
Geschichten wahrgenommen, gespeichert und abgerufen. Und
komplex ist eigentlich fast alles,
was mit menschlichem Handeln,
Gefühlen und Entscheidungen zu
tun hat. Also werden sich kluge
Unternehmer auch überlegen, an
welche Geschichten ihre Geschäftsbriefe bei den Kunden andocken.
Denn auch darum geht es beim
Erzählen. Wie wecke ich Erinnerungen der Kindheit, der Pubertät
oder an Ersterlebnisse? Was ist eigentlich das Thema? Wer ist der
Held? Und wer sein Feind. Da amerikanische Drehbuchautoren noch
immer der Maßstab guter Geschichten sind, können auch Vertrieb und Verkauf von ihnen lernen. Denn was nützt das klügste
Konzept, wenn es an der Front unverstanden bleibt und deshalb abgelehnt wird?
Gerade bei Mitarbeitern, die
mit akademischen Theorien wenig
bis nichts anfangen können, stößt
Erzählen auf große Zustimmung.
Sei es, weil dieser Ansatz mit ih-
rem eigenen Leben zu tun hat oder
weil er ihnen einfach einleuchtet.
Denn sie verstehen sehr wohl, wie
wichtig das Drehbuch für einen
Film ist, den sie mögen. Sobald den
Angestellten in einem Optikergeschäft klar ist, dass sie die Geschichte der Schönheit und nicht
die vom Sehen erzählen sollen, bekommen ihre Kundengespräche
eine andere Richtung. Und diese
Richtung hat deshalb eine große
Verbindlichkeit, weil sie mit der
Corporate
Identity
übereinstimmt.
Zumindest wenn bei der Suche
nach der eigenen Identität ebenfalls auf die Methode des Erzählens
gesetzt wurde. Oder versuchen sie
die Persönlichkeit eines Menschen nicht mit dem Austausch
von Geschichten zu ergründen?
Spätestens bei dieser Frage tauchen Erinnerungen aus der eigenen Pubertät und von Ersterlebnissen auf. Auch das macht diese Methode so spannend und interessant.
Werner Fuchs
–
Der Gastautor ist Experte für Neuromarketing und Storytelling, Buchautor und Inhaber der Agentur Propeller
Marketingdesign in Zug (Schweiz).
Er wird beim achten Freiburger Mittelstandskongress am 10. Oktober
einen Vortrag zum Thema Storytelling
halten. Informationen im Internet
unter www.fr-mk.de.
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