Anton Schuberl Dr. Babett Edelmann

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Anton Schuberl
Wilhelm-Busch-Str. 12
94535 Eging am See
Magisterstudiengang:
Geschichte, Jura, Politikwissenschaft
Semester 1 (5)
Matrikelnummer: 119859 5
DIE BEDEUTUNG DES STAATSAKTES VON 27 V. CHR.
Dr. Babett Edelmann
Seminararbeit in Alter Ges chichte
Proseminar zum Prinzipat des Augustus
Universität Regensburg
Wintersemester 2005/2006
DIE BEDEUTUNG DES STAATSAKTES VON 27 V. CHR.
Einleitung
Das Jahr 27 v. Chr. gilt als ein Wendepunkt in der Geschichte des Römischen
Reiches. In diesem Jahr soll die Republik, welche Jahrhunderte überdauerte, geendet
und das Kaisertum, der Prinzip at, begonnen haben.
Es gibt zu diesem Ereignis wenig zeitgenössische Quellen. Cassius Dio ist wichtig,
doch der lebte Jahrzehnte nach Augustus. Tacitus, der sehr negativ über Augustus
schreibt, und Sueton sind nicht sehr ergiebig. Velleius Patercullus ist noch einer der
wenigen, der sehr nah am Geschehen ist. Als die wichtigste Quelle dieser
Geschehnisse darf wohl der Tatenbericht des Augustus selbst gesehen werden. Er
schreibt zum Staatsakt 27 v. Chr. folgendes :
„In meinem sechsten und siebten Konsulat habe ich, nachdem ich die Flammen
der Bürgerkriege gelöscht hatte und mit der einmütigen Zustimmung der
gesamten Bevölkerung in den Besitz der staatlichen Allgewalt gelang t war, das
Gemeinwesen [rem publicam] aus meiner Machtbefugnis wieder der
Ermessensfreiheit des Senats und des römischen Volkes überantwortet. (…) Seit
dieser Zeit überrage ich alle übrigen an Autorität, an Amtsgewalt aber besaß ich
nicht mehr als die ande ren, die auch ich im Amt zu Kollegen hatte.“ 1
Augustus selbst behauptet also, e r habe die Republik nicht zerstört, sondern gerettet.
Seine Allgewalt habe er nur benutzt, um die Bürgerkriege zu beenden. Nach der
Errichtung von Friede und Ordnung habe er das Gemeinwesen wieder an Senat und
Volk zurückgegeben, die Republik also wieder hergestellt, anstatt sie zerstört zu
haben. Er selbst sei dann als normaler Bürger in das System der Republik integriert
gewesen.
1
RGDA 34.
Man muss immer bedenken, dass d er Tatenberich t ein Propagandawerk des Augustus
ist. Deshalb muss der Inh alt kritisch betrachtet werden. Auch wenn er nicht
offensichtlich die Unwahrheit erzählt, so ist die Darstellung doch sehr einseitig .2
Die Römer zur Zeit des Augustus haben den Staatsakt wohl wir klich als die
Wiederherstellung der Republik gesehen. In heutiger Zeit sehen wir aber in der
formalen Rückgabe der Machtbefugnisse an Senat und Volk, paradoxerweise, die
Zerstörung der Republik und die E rrichtung einer Alleinherrschaft.
Die Literatur unterscheidet oft zu ungenau zwischen Republik und res publica
3
oder
fixiert sich sehr einseitig entweder auf die rein formale Rückgabe der Staatsgewalt
oder die faktische Entwicklung nach dem Staatsakt und kommt so zu eindeuti gen
Ergebnissen.
Die Arbeit so ll diesen Mängeln Rechnung tragen und befasst sich deshalb
umfassender mit der Bedeutung von Republik und res publica. Es werden sowohl die
nicht zu unterschätzenden formalen Aspekte, als auch die faktische Entwicklung
berücksichtigt. Religiöse Aspekte, de ren Wichtigkeit nicht überschätzt werden kann,
können in dieser kurzen Arbeit nicht berücksichtigt werden.
Die Berechtigung, das Jahr 27 v. Chr. als Zeitenumbruch zu sehen, werde ich nun
hinsichtlich folgender Fragestellung untersuchen. Hat
Augustus die Republik
vernichtet oder sie nur begraben und hat er von der alten Struktur soviel wie nur
möglich gerettet und diese lediglich der Zeit angepasst oder eine völlig neue Art von
Staatsform errichtete.
2
3
So auch: v. Müller, v. Ungern -Sternberg, Das A lte als Maske des Neuen, S. 70.
So z.B.: Bleicken, Jochen, Augustus, S. 299.
3
I. Die Römische Republik
a) Der Begriff „Republik“ heut e
Über die Jah rhunderte änderte sich die Bedeutung von Republik , vor allem vor dem
Hintergrund wechselnder Staatssysteme und Philosophien. Selbst in der Neuzeit
schwankte die Bedeutung. Zur Zeit der Französischen Revolution wurde „Republik“
als Gegenstück zu Aristokratie und Despotie gesehen 4, während es zur gleichen Zeit
schien, dass Monarchie und Republik vereinbar seien. Andere sahen in der Republik
das Gegenstück zur (direkten) Demokratie , also eine repräsentative Staatsform. 5 Kant
geht noch weiter, er meint Autokratie sei am ehesten republikanisc h, wegen der
geringen Zahl der Herrschenden, während Demokratie Despotismus sei, da hier jeder
Herr sein wolle. 6 Trotz dieser vielen unterschiedlichen Vorstellungen wurde die
Forderung nach einer Republik meist als Kritik an der Monarchie verstanden. So wird
Republik heute auch als Verbot der Monarchie gesehen. 7 Konkret bedeute t dies, dass
das Staatsoberhaupt durch Wahl legitimiert und auf Zeit gewählt sein muss. Völlig
zweitrangig ist, ob das Staatsoberhaupt „Ka iser“ oder „Präsident“ genannt wird.
Unbedeutend für den modernen Begriff Republik ist auch, ob das Staatswesen
wirklich dem Gemeinwohl dient.
b) Der Begriff „res publica“
Die „res publica“ in de r Zeit des Augustus unterscheidet sich allein schon dadurch
vom heutigen Begriff der Republik, dass sie keinen Staat bezeichnet. Die res publica
selbst konnte nicht handeln, für sie handelten stets Senat und Volk von Rom (SPQR)
im Sinne und zu Gunsten der res publica. Wörtlich übersetzt heißt sie „öffentliche
Sache“ und so wurde sie als die Summe aller Besitzungen, Rechte un d Interessen des
Römischen Volkes verstanden. Sie bezeichnet den Gegensatz einerseits zur
egoistischen Herrschaft des Königs und andererseits zu privaten Interessen einzelner
4
Dierse, Ulrich, in: Der neue Pauly, Bd. 15,3, Sp. 986.
Riklin, Alois, Emmanuel Joseph Sieyes und die Französische Revolution, S. 121.
6
Kant, Immanuel, Zum ewigen Frieden, 1 795, gesammelte Schriften, Akad. Ausgabe, Bd. 8, 1912, S.
352f.
7
Jellinek, Walter, Allgemeine Staatslehre, S. 661, 665; Meder, Theodor, Die Verfassung des
Freistaates Bayern, München 1992, Art. 1, Rn. 1, S. 68.
5
4
Familien. 8 Bei Cicero wird sie der res popu li gleichgestellt. Losgelöst vom Volk ist
eine res publica unmöglich, da sie die Gesamtheit der Interessen des Volkes
bezeichnet. 9 Velleius Patercullus sprach bereit von der res publica als einer
staatlichen Ordnung. 10 Am besten trifft es wohl die Bezeichnung „Gemeinwesen“, als
welche „res publica“ oft übersetzt wird. Es geht um die Interessen der Gemeinheit
und nicht eines Einzelnen oder von Wenigen. Es ist völlig gleichgültig, ob ein
Einzelner oder eine Mehrzahl herrscht, solange di es in Weisheit geschieht. Die res
publica kann somit auch auße rhalb einer Republik bestehen. Cicero spricht sogar von
einer res publica, die von Königen geleitet ist, solange sie gerecht und gemeinsamer
Nutzen gewährleistet ist. 11
c) Das Wesen der Römische n Republik
Die Einordnung der Zeit vom Sturz des letzten Königs Tarquinius Superbus bis zu
Augustus als Römische Republik wurde erst später eingeführt. Aus unserer heutigen
Sicht erkennen wir im Prinzipat das Kaisertum und stehen somit vor der
Notwendigkei t, diese Zeit abzugrenzen, während damals der radikale Systemumbruch
so wohl nicht zu sehen war. Wenn wir von Römischer Republik sprechen, meinen wir
die Republik im heutigen Wortsinne, als Bezeichnung des Staatswesens.
Was diese Republik im E inzelnen genau auszeichnete, kann nicht so einfach
festgemacht werden, da sie sich in der langen Zeit ihrer Existenz sehr wandelte. Aber
die Grundzüge sind klar erkennbar. Die Römische Republik war ein aristokratisch
dominierter Staat, auch wenn sich die Plebs, die anfangs so gut wie nichts zu sagen
hatte, politische Mitwirkungsrechte erkämpft hat und ins System mit eingebunden
wurde.12 Die wirkliche Macht im Staate lag beim Senat. Dieser kontrollierte die
Politik so weitgehen d, dass die Beschlüsse der Volksversammlung meist nur eine
reine Formsache waren. Wenn das Volk wirklich zu entscheiden hatte, so sorgten die
Mächtigen oft durch ein sehr ausgeprägtes Patronagesystem dafür, dass sachliche
8
Galsterer, Hartmut, in: Der neue Pauly, Bd . 10, Sp . 927 ff.
Cicero rep. 1 , 25, 39.
10
Vell. 2, 89, 4.
11
Cicero rep. 3, 35, 47.
12
Bellen, Heinz, Römische Geschichte, S. 15 ff.
9
5
Erwägungen
und
programmatische
Personenorientie rung zurück traten .
Überzeugungsarbeit
hinter
die
13
Eines der wichtigsten Merkmale der Republik war der Wettkampf der Mächtigen, die
Anderen zu übe rtreffen. Sei es durch Tapferkeit, Stärke, Milde oder Ruhm. Wer
erfolgreich war, etwas geleistet hatte, errang Würde und konnte so vor den anderen
hervorstechen. Für die Nobilität war diese dignitas das Wichtigste.14 Die Besten
kamen an die Spitze des Staates und alle versuchten durch Leistung für den Staat,
z.B. Eroberungen, nach oben zu kommen. Nur so konnte sich ein Senator über die
anderen, grundsätzlich gleichberechtigten, Senatoren stellen. Er konnte aber auch
wieder durch einen noch Erfolgreicheren verdrängt werden. Dieses Prinzip machte
Rom zur Weltmacht.
II. Der Untergang der Republik
a) Ursachen
Die Überwiegende Meinung der Wissensc haft sieht die Ursache für den Untergang
der Republik im Missverhältnis zwischen Stadtstaat und Weltherrschaft.
15
Das
Prinzip, dass die Mächtigen durch ihre dignitas miteinander um die Vorherrschaft
ringen, ließ den kleinen Stadtstaat zur Weltmacht werden,
brachte jedoch die
Weltmacht an den Rand des Abgrunds. Die Größe des Reichs ermöglichte einzelnen
Feldherren unheimlich viel Macht anzuhäufen. Und selbst wenn sie ernsthaft
versuchten, im Einklang mit den Regeln der Republik zu handeln, wurden sie allein
durch ihre Machtfülle zur Bedrohung der alten Ordnung. Die aristokratische
Gesellschaft verlor die Kontrolle über den einzelnen Nobilis, der sich als
kriegsführender Konsul oder Statthalter einer Provinz so großen Einfluss verschaffte,
dass er nicht mehr be reit war, sich an die Spielregeln zu halten. 16 Rom war weder von
einem äußeren, noch von einem inneren Feind ernsthaft bedroht.
13
Jehne, Martin, in: Demokratie in Rom, S. 3.
Bleicken, Jochen, Römische Republik, S. 9f.
15
Bleicken, Jochen, Römische R epublik, S. 6.
16
Bleicken, Jochen, Römische Republik, S. 7.
17
Bleicken, Jochen, Römische Republik, S. 23.
14
6
17
Es gab nicht einen
bösen Mann, der außerhalb des Systems stand, es gab lediglich eine Zuspitzung des
traditionellen Rangstreits zu einem Bürgerkrieg. 18
Natürlich gab es auch noch eine große Zahl von anderen Faktoren, die zum
Untergang beitrugen. Da war die Erweiterung des Römischen Bürgerrechts auf die
Bundesgenossen 90/89 v. Chr. Deshalb konnte ein Großteil der Bürger nicht mehr an
der Volksversammlung teilnehmen. Dadurch verlor sie ihre Bedeutung und den
Rückhalt im gesamten Volk. 19 Hinzu kam auch der wachsende Einfluss der
Ritterschaft, die ihren neu gewonnenen Reichtum verteidigte.
Der Untergang der Römischen Republik hatte also in erster Linie ihre Ursachen in der
strukturell bedingten Unfähigkeit der Nobilität zum Konsens, der Verabsolutierung
des Privatinteresses durch die Ritter und die Verdoppelung der Bürgerzahl, ohne
diese ausreichend politisch und sozial zu integrieren. 20
b) Ablauf
Nun stellt sich natürlich die Frage, warum diese Schwächen nicht erkannt und
behoben wurden, warum sich die Adligen n icht zugunsten des Staates zurückhielten.
Es lag wohl an dem Prinzip, sich nur durch Leistung von den anderen hervorheben zu
können und dies verbietet eine zu große Selbstbeschneidung. 21 Der Ablauf der
Konflikte Roms mit seinen mächtigen Feldherrn lief oft nach ähnlichem Schema ab.
Im Krieg musste ein Feldherr mit allen Mitteln unterstützt werden. Nac h dem
erfolgreichen Feldzug triumphierte dieser und Rom erschrak vor der Macht des
Feldherrn und wollte ihn eindämmen. Dieser sah das als Angriff auf seine erworbene
Würde und verteidigte sich. Ehrgeiz zu haben, Würde durch Leistung zu erringen und
diese Würde auch zu verteidigen , war ja durchaus ein Prinzip, das während der
gesamten Römischen Republik galt.
18
Bleicken, Jochen,
Bleicken, Jochen,
20
Bleicken, Jochen,
21
Bleicken, Jochen,
19
Römische Republik, S. 14.
Römische Republik, S. 20.
Römische Republik, S. 22.
Römische Republik, S. 12.
7
Scipio Africanus ist ein Beispiel. Er, als der Bezwinger Hannibals, wurde in Rom
wegen Bestechung und Unterlassung angeklagt. Ein Mann mit so hohem Ruhm und
außerordentlicher Würde , wird von seinen Gegnern, denen er zu mächtig erscheint,
gedemütigt. Er zieht sich aufs Land zurück und ist so v erbittert, dass er mit der
Republik nichts mehr zu tun haben wollte.22
Ähnlich war es bei Sulla. Auch diesem wurde die Forderung nach Ämter n und Ehren
für die erbrachten Leistungen, zurückgewiesen. Anders als Scipio akzeptierte Sulla
dies nicht. In seinem Stolz verletzt, wandte er sich gegen Rom und besiegte es mit
seinen Soldaten. Er war der erste, der Rom mit Römern angriff. Aber er wollte
trotzdem im Rahmen der Republik bleiben, er forderte ja nichts anderes, als die
Würdigung seiner Leistungen, wie es üblich war. Nachdem er mit Gewalt erreichte,
was er wollte, schloss er mit der Republik erneut das Bündnis und erneuerte die
Herrschaft des Sena ts. Er selbst zog sich nach der Rückgabe der Republik ins
Privatleben zurück. 23
Auch Julius Caesar wollte seinen Ehrgeiz im Rahmen der Republik und der Gesetze
ausleben. Nach der gesetzlich vorgeschriebenen Wartezeit von 10 Jahren wollte der
in Gallien sie greiche Prokonsul im Jahre 48 ein zweites Mal Konsul werden. Dazu
hätte er aber nach Rom kommen müssen und dabei seine Kommandogewalt verloren.
Und in Rom warteten bereits seine Feinde auf ihn. Eine Flut von Prozessen wegen
Erpressung, Hochverrat und Recht sverletzungen hätte ihn e rwartet. Deshalb wollte er
im Rahmen der Gesetze das Recht bekommen, auch in Abwesenheit kandidieren zu
können. Dies gelang nicht . Zudem war Pompeius der Große in Rom. Auch er hatte,
als einer der größten Feldherren seiner Z eit, Anspruch auf die Stellung des ersten
Mannes im Staate und sah sich durch den erfolgreiche n Cäsar bedrängt. Pompeius
und der Senat hatten Angst vor der großen Macht des Cäsar, während Cäsar Angst
vor einem Machtverlust haben musste. Auch hier kam es zum Kampf und Cäsar
besiegte die Republik. 24 „Sie haben es so gewollt! Nach all meinen großen Taten
22
Dahlheim, Werner, Julius Caesar, S. 204.
Dahlheim, Werner, Julius Caesar, S. 205f.
24
Dahlheim, Werner, Julius Caesar, S. 80 -86.
23
8
wäre ich, Gaius Cäsar, verurteilt worden, wenn ich nicht beim Heere Hilfe gesucht
hätte.“25
Nach dem Sieg wollte Cicero, wenn Cäsar ihm die Möglichkeit gebe, ihm bei m
Wiederaufbau des Staates helfen, und sei es nur an untergeordneter Stelle.
26
Die
Republikaner wollten wieder für die res publica arbeiten, auch wenn sie die Allmacht
Cäsars ertragen mussten. Sein Auftreten und Handeln verrieten aber, dass er nicht,
wie Su lla, wieder die alte Republik errichten wolle, sondern die Alleinherrschaft
festigen. Sein Regierungsstil war wie Hohn für die Tradition Roms. Für Cäsar war
die res publica ein Nichts, ein Körper ohne Wesen und Gest alt und „Sulla sei ein
Analphabet (nescis se litteras) gewesen, als er die Diktatur n iederlegte.“ 27
II. Die Errichtung des Prinzipats
1. Rettung der r es publica opressa
Caius Gracchus glaubte, die res publica könne verloren gehen, wenn das
Zusammenspiel der Verfassungsorgane nicht mehr funktionie re.28 Dies ist der Fall,
wenn Eigeninteressen über das Gemeinwesen, die res publica, gestellt werden .
Während der gesamten Bürgerkriegszeit funktionierte das Zusammenspiel nicht
mehr, war also die res publica bedroht oder beseitigt. Augustus behauptet in se inen
res gestae, die res publica we rde durch die Gewaltherrschaf t einer politischen
Machtgruppe unterdrückt. 29 Er spielte damit konkret auf Marc Anton und seine
Anhängerschaft an.
Marc Anton , der mit Kleopatra auf orientalische Art im Osten herrschte, war
durchaus eine große Gefahr für Republik. Cicero sah bei einer Niederlage gegen
Antonius bereits das Ende des Gemeinwesens, während bei allen Bürgerkriegen
25
Suet. Caes. 30.
Dahlheim, Werner, Julius Caesar, S. 156 .
27
Suet. Caes. 77.
28
Galsterer, Hartmut, in: Der neue Pauly, Bd. 10, Sp. 927 .
29
RGDA 1.
26
9
zuvor wenigstens ein Rest davon übrig blieb. 30 Die Republik war wieder einmal in
einer Zwickmühle. Si e benötigte einen mächtigen Mann , um sich vor einem anderen
Mächtigen zu schützen.
Durch die Beendigung der jahrzehntelangen Bürgerkriege mit dem Sieg über
Antonius bei Actium schuf Augustus endlich Frieden und Sicherheit. Nun galt es das
Zusammenspiel d er Verfassungsorgane wieder in Harmonie zu bringen, um die res
publica, das Gemeinwesen, zu schützen. Augustus gab seine triumviralen Befugnisse
völlig auf und beseitigte sogar die rechtswidrigen Gesetze aus dieser Zeit. Er wertete
den Senat auf, indem er diesem Provinzen zurückgab. Auch wenn er vom Senat
postwendend gleich wieder die Hälfte der Provinzen zurückbekam, so ist zu beachten,
dass die formalen Regeln der Republik eingehalten wurden, die Befehlsgewalt über
die Provinzen zeitlich beschränkt war un d der Senat die Hälfte der Provinzen, mit
durchaus großen Truppenteilen, behalten konnte. Somit besaß der Senat wieder einen
eigenen Befehlsbereich. 31 Dies stellte nicht nur einen formalen, sondern auch einen
echten Verzicht dar. 32 Auch personell nahm er eine Aufwertung des Senats vor. Die
Senatoren, die aufgrund ihrer Herkunft oder ihres Verhaltens dem Senat unwürdig
waren, wurden aus diesem entfernt. 33
Auch d as Konsulat erhielt wieder seine Bedeutung . Im Jahr 28 waren er und Agrippa
Konsuln und zum ersten Mal seit dem Jahr 41 blieben die Konsuln das gesamte Jahr
über in ihrem Amt und erstmals seit 20 Jahren blieben sie die gesamte Amtszeit in
Rom. 34 Augustus hielt sich sogar daran, die Geschäftsführung turnusgemäß seinem
Kollegen zu übe rtragen.35 So besaß er formal wirklich nicht mehr Macht, als seine
Kollegen, die er auch im Amt hatte.
Die Machtbefugnisse des Augustus waren republikanischer Art, doch die
Konzentration dieser Gewalten in einer Hand war ungewöhnlich. Aber auch in der
30
Cicero ad Brut. 1, 15, 10.
Bleicken, Jochen, Augustus, S. 323ff.
32
Kienast, Dietmar, Augustus, S. 89.
33
Bleicken, Jochen, Augustus, S. 319f; Lacey, W. K., Octavi an in the senate, Januar y 27 BC, S. 182.
34
Donald, Earl, Augustus und seine Zeit, S. 65; Lacey, W. K., Octa vian in the senate, Januar y 27 BC,
S. 182.
35
Bleicken, Jochen, Augustus, S. 323.
31
10
Zeit der Republik kamen s olche Machtkonzentrationen vor. Seine wirkliche Macht
stützte sich, wie er auch selbst sagt e, auf seine auctoritas. Hier zeigt sich ein durch
und durch republikanisches Prinzip. 36 Leistung und Erfolg ermöglichen es, die
anderen zu überragen. Es ist wohl unu mstritten, dass Augustus viel geleistet hat für
das Römische Reich und äußerst erfolgreich war. Deshalb gebührte ihm nach
republikanischem Prinzip auch eine auctoritas, die ihn über alle anderen erhob. So
wurde Augustus vom Senat mit vielen Ehren bedacht, zum Beispiel mit der
Bürgerkrone, wegen der Rettung römischer Bürger, den Lorbeerzweigen neben seiner
Tür, dem Tugendschild in der Kurie und nicht zuletzt mit dem Ehrennamen
Augustus, der Erhabene. In seinem Namen drückte sich seine auctoritas noch einmal
besonders aus, die ihn über die anderen „erhob“.
2. Errichtung der Alleinherrschaft
Doch diese Sicht der Dinge wäre zu einseitig. Man darf nicht vergessen, dass
Augustus die Macht im Staate mit Gewalt an sich gerissen hat te. Er hat mit
Proskriptionen eine n Teil der Senatsaristokratie ausgerottet und war mit daran schuld,
dass der Senat nicht mehr fähig war, seine alten Aufgaben zu erfüllen. Augustus
selbst war einer der Akteure in den Bürgerkriegen. Er wollte die Macht im Staate und
hat dies durchgesetzt, ohne Rücksicht auf Verluste. Und es ist unvorstellbar, dass er
auf die skrupellos und blutig erkämpfte Position als Alleinherrscher freiwillig
verzichtet hätte. 37 Die Zugeständnisse an Senat und Volk im Jahr 27 mögen zwar
seinem konservativen Charakter ents prochen haben, in erster Linie aber war er
gezwungen die Wiederherstellung der Republik zu versprechen und sein Wort dann
auch einzuhalten. 38 Im Übrigen waren ihm auch die Iden des März 44 noch im
Gedächtnis.
Wichtiges Indiz für das Ende der alten Ordnung
39
Konkurrenzprinzips ,
ist die Abschaffung des
welches ursprünglich untrennbar mit dem Leistungsprinzip
verbunden war . Er stand alleine an de r Spitze und die Senatoren hatten keine Chance
36
Kunkel, W olfgang, Über das Wesen des augusteischen Prinzipats, S. 368.
Kunkel, Wolfgang, Ü ber das Wesen des augusteischen Prinzipats, S. 355.
38
Kienast, Dietmar, Augustus, S. 81.
39
Bringmann/Schäfer, Augustus und die Begründung des römischen Kaisertums, S. 62.
37
11
mehr durch Erfolg nach oben zu kommen. Beispiele hierfür sind M. Licin ius Crassus,
der nach außergewöhlichen Leistungen als Feldherr die außergewöhnliche Ehrung der
spolia opima für sich beanspruchte und daraufhin politisch kalt gestellt wurde, sowie
C. Cornelius Gallus, der als Präfekt Ägypten verwaltete und seinen Namen in die
Pyramiden meißeln ließ und daraufhin physisch kalt gestellt wurde.
40
Auch wenn Augustus nur Ämter innehatte, die auch vor ihm schon exis tierten und
Machtanhäufungen
auch
seine
Vorgänger
betrieben,
so
erreichte
die
Machtkonzentration bei Augustus eine völlig neue Qualität. Faktisch war er an der
Spitze des Staates, ohne von Senat und Volk abhängig zu sein.
Durch das
prokonsularische Imperium, das Konsulat, später die tribunizische Gewalt und
weitere Ämter und Befugnisse herrschte er uneingeschränkt und gab diese Macht an
seine Nachfolger weiter. Die Dynastie war also der Träger der Herrschaft mit der
Absicht diese weiter zu steigern und zu festigen. Somit nahm er die Bausteine der
Republik und formte daraus eine Monarchie. 41
Fazit
Die Zwitterhaftigkeit des Prinzipats zeigt sich sehr gut in den Reden des Maecenas
und des Agrippa, die sich Cassius Dio erdacht hat. Hier diskutieren die beiden
Weggefährten des Augustus darüber, ob die Republik wieder erneuert oder eine
Monarchie errichtet werden solle. 42 In der Wirklichkeit wurde eine Mischung daraus.
Augustus wollte, anders als Cäsar und Antonius, kein Königtum einführen. Er stand
mehr in der Tr adition von Sulla und Pompeius. 43 Nicht nur die Angst vor einem
Anschlag, sondern auch seine Überzeugung brachte n ihn zur Wiederbelebung alter
Traditionen und der formalen Wiederherstellung der republikanischen Verfassung.
Eine echte Wiederherstellung der Republik, so wie es Sulla tat, konnte und wollte der
40
Donald, Earl, Augustus und seine Zeit, S. 55f.
Schorn-Schütte, Luise, in: Staatsf ormen, S. 135; Piganiol, André, Die Verfassungsmäßigen
Befugnisse und der Prinzipat des Augustus, in: Saeculum Augustum I, S. 145.
42
Cass. Dio 52.
43
Dahlheim, Werner, Geschichte der Römischen Kaiserzeit, S. 5; Wickert, Lothar, Caesars Monarchie
und der Pri nzipat des Augustus, in: Saeculum Augustum I, S. 72ff.
41
12
machtbesessene Augustus jedoch nicht durchführen. Das Konkurren zprinzip der
Senatsaristokratie stürzte die Republik, auch nach Sulla, in das Chaos der
Bürgerkriege. Deshalb stellte er die Verf assung der Republik wieder her , stellte aber
sich selbst über den Senat, um das Entstehen von Konkurrenzkämpfen zu verhindern.
Augustus hat die „res publica“, das Gemeinwesen, wieder auf neue, stabile Füße
gestellt.44 Man könnte vielleicht sogar sagen, er habe die res publica wieder
hergestellt. Die tote Römische Republik aber wurde von ihm endgültig begraben.
Eine faktische Alle inherrschaft, wie de r Prinzipat, ist mit eine r Republik absolut
unvereinbar.
Das Jahr 27 v. Chr. als die große Zäsur zwischen Republik und Prinzipat zu sehen, ist
aber übertrieben. Die Republik war bereits tot 45 und der Prinzipat noch nicht
vollständig errichtet. Im Jahre 27 war auch wieder mehr von der alten Republik
vorhanden, als zu Zeiten Cäsars oder des zweiten Triumvirats.
44
Suet. Aug. 28.
Vgl. Bleicken, Jochen, Römische Republik, S. 6.
46
Dahlheim, Werner, Geschichte der Römischen Kaiserzeit, S. 10.
45
13
46
QUELLENVERZEICHNIS
− Augustus, Res Gestae, Tatenbericht, hrsg., übersetzt und kommentiert von
Marion Giebel, Stuttgart 1999, zi tiert als: RGDA.
− Cassius Dio, Römische Geschichte, übersetzt von O. Veh, Bd. 4, Zürich 1986;
zitiert als : Cass. Dio.
− Cicero, Briefwechsel mit Marcus Brutus, lat. -dt., herausgegeben von M.
Giebel, Stuttgart 1982; zitiert als: Cicero ad Brut.
− Cicero, Über den Staat, übersetzt von Walther Sontheimer, Stuttgart 1956 ;
zitiert als : Cicero rep.
− Sueton, Augustus, lat. -dt. herausgegeben von D. Schmitz, Stuttgart 1988;
zitiert als: Suet. Aug.
− Sueton, Leben der Caesaren, übersetzt von A. Lambert, 2. Aufl., München
1972; zitiert als: Suet. Caes.
− Velleius Paterculus, Römische Geschichte, lat. -dt., herausgegeben von M.
Giebel, Stuttgart 1989 ; zitiert als : Vell.
LITERATURVERZEICHNIS
− Bellen, Heinz, Grundzüge der römischen Geschichte. Von der Königszeit bis
zum Übergang der Republik in den Prinzipat, Darmstadt 1994; zitiert als: Bellen,
Heinz, Römische Geschichte.
− Binder, Gerha rd (Hrsg.), Saeculum Augustu m I. Herrschaft und Gesellschaft,
Darmstadt 1987 (Wege der Forschung, Bd. 266); zitiert als: Autor, in: Saeculum
Augustum I
− Bleicken, Jochen, Augustus. E ine Biographie, Berlin 1998 .
− Bleicken, Jochen, Gedanken zum Untergang der Römischen Republik, in:
Sitzungsberichte der wissenschaftlichen Gesellschaft an der Johann Wolfgang
Goethe Universität Frankfurt am Main, Band 33, Nr. 4, Stuttgart 1995; zitiert als:
Bleicken, Römische Republik
14
− Bringman, Klaus; Schäfer, Thomas, Augustus und die Begründung des
römischen Kaisertums, Be rlin 2002; zitiert als: Bringmann/Schäfer, Augustus
und die Be gründung des römischen Kaisert ums.
− Dahlheim, Werner, Geschichte der Römischen Kaiserzeit, 3. Aufl, München
2003.
− Dahlheim, Werner, Julius Cäsar . Die Ehre des Kriegers und der Untergang der
Römischen Republik, München 1987.
− Earl, Donald, Augustus und seine Zeit, Wiesbaden 1969.
− Jehne, Martin, i n: Demokratie in Rom . Die Rolle des Volkes in der Politik der
Römischen Republik, (Zeitschrift für alte Geschichte, Heft 96), Stuttgart 1995, S.
1-9.
− Jellinek, Walter, Allgemeine Staatslehre, 3. Aufl., Berlin 1920.
− Kant, Immanuel, zum e wigen Frieden, 1795, in: Gesammelte Schriften,
Akademie-Ausgabe, Bd. 8, Berlin 1912.
− Kienast, Dietmar, Augustus. Prinzeps und Mo narch, 2. Aufl., Darmstadt 1992 .
− Kunkel, Wolfgang , Über das Wesen des augusteischen P rinzipats, Gymnasium
68, 1961, S. 354 -396.
− Lacey, W. K., Oct avian in the senate, January 27 BC, JRS 64, 1974, S. 176-184.
− Meder, Theodor, Die Verfassung des F reistaates Bayern, Münc hen 1992.
− Der neue Pauly, Enzyklopädie der Antike, Bd. 10, 15/3.
− Riklin, Alois, Emmanuel Joseph Sieyes und d ie Französische Revolutio n, Bern
2001.
− Schorn-Schütte, Luise, in: Staatsformen. Modelle politischer Ordnung von der
Antike bis zur Gegenwart, München 2004.
− V. Müller, Achatz; v. Ungern -Sternberg, Jürgen, Das Alte als Maske des Neuen:
Augustus und Cosimo de´Medici, S. 67 -89, in: Die Wahrnehmung des Neuen in
Antike und Ren aissance, München, Leipzig 2004.
15
Gliederung
DIE BEDEUTUNG DES ST AATSAKTES VON 27 V. CHR................................. .............................. 2
E INLEITUNG ................................ ................................ ................................ ................................ ............... 2
I. D IE RÖMISCHE REPUBLIK ................................ ................................ ................................ ...................... 4
a) Der Begriff „Republik“ heute ................................ ................................ ................................ ......... 4
b) Der Begriff „res publica“ ................................ ................................ ................................ ............... 4
c) Das Wesen der Römischen Republik ................................ ................................ .............................. 5
II. DER UNTERGANG DER REPUBLIK ................................ ................................ ................................ ......... 6
a) Ursachen ................................ ................................ ................................ ................................ .......... 6
b) Ablauf ................................ ................................ ................................ ................................ ............... 7
II. DIE ERRICHTUNG DES P RINZIPATS ................................ ................................ ................................ ....... 9
1. Rettung der res publica opressa? ................................ ................................ ................................ ... 9
2. Alleinherrschaft? ................................ ................................ ................................ ............................ 11
FAZIT ................................ ................................ ................................ ................................ ........................ 12
QUELLENVERZEICHNIS ................................ ................................ ................................ ..................... 14
LITERATURVERZEICHNIS ................................ ................................ ................................ ................. 14
16
Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich diese Seminararbeit eigenständig
und ohne unerlaubte Hilfe angefertigt habe.
Regensburg, 31. März 2006
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Anton Schuberl
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