19. August 2011 Einmal Musterschüler, immer Musterschüler? Australiens Wirtschaft hat jüngst zwar etwas an Dynamik eingebüsst, dennoch steht das Land im internationalen Vergleich sehr solide da. Kann sich das Land von den anderen Industrienationen entkoppeln? Zeit für eine Zwischenbilanz. Auf den ersten Blick war die wirtschaftliche Entwicklung Australiens der letzten zwanzig Jahre eine einzige Erfolgsgeschichte: Kontinuierlich sinkende Arbeitslosenzahlen, ein stark gestiegenes BIP und gut kapitalisierte Banken untermauern das Bild der Stärke. Während im Jahre 2009 die meisten entwickelten Volkswirtschaften ein negatives Wachstum zu verzeichnen hatten, konnte die Wirtschaft des 22 Millionen Volkes in „Down Under“ auch während der Finanzkrise mit noch immerhin 1.3% wachsen. Dies war vor allem zwei Umständen zu verdanken: Einerseits der expansiven Geldpolitik der Reserve Bank of Australia (RBA), welche durch ihre massiven Leitzinssenkungen ihren Teil zur Stützung der Konjunktur beigetragen hatte. Andererseits - und viel wichtiger als die expansive Geldpolitik war die Tatsache, dass der zentral- und ostasiatische Rohstoffhunger kontinuierlich Grundstoffe vom fünften Kontinent nachgefragt hatte. So konnte eine Rezession gänzlich vermieden werden. Wie wichtig der Rohstoffsektor für das Land geworden ist, verdeutlicht die Tatsache, dass Australien heute jeden zweiten Dollar mit Exporten von Minenerzeugnissen wie Kohle oder Eisenerz verdient. Die Zeit der Neuausrichtung… Dies war aber nicht immer so. Im Windschatten des chinesischen Wirtschaftsbooms machte die australische Wirtschaft einen regen Wandel durch, welcher bereits vor rund zwanzig Jahren begann. Damals, während der weltweiten Rezession 1991, durchlebte auch der fünfte Kontinent eine schwere Krise durch und sah sich gezwungen, seine Wirtschaftspolitik neu auszurichten. Das rohstoffreiche Land begann damals, sich zunehmend nach Asien zu orientieren und konnte vermehrt als wichtiger Zulieferer von Rohstoffen wie Eisenerz oder Kohle vom ungebremsten Energiehunger des gelben Riesen profitieren. Die aufkommende Industrialisierung und mit ihr die stetige Urbanisierung in Asien war hierbei die wichtigste Triebfeder, welche den Rohstoffboom in Australien befeuerte. Der Erfolg gab dieser strategischen Neuausrichtung Recht; die australische Wirtschaft begann wieder zu wachsen und zog ausländisches Kapital an. Diese Entwicklung wirkte sich in erster Linie positiv auf den Arbeitsmarkt aus: Seit den Höchstständen von rund 11% 1992 sank die Arbeitslosigkeit beständig bis gegen 4% und erlebte erst während der Finanzkrise einen ersten grösseren Anstieg. Nebst den stark gestiegenen Ausfuhren verschiedenster Rohstoffe spielten der australischen Wirtschaft zudem die seit der Jahrtausendwende stark anziehenden Preise für Rohwaren in die Hände, welche reichlich Devisen in das Land spülten. Entwicklung der australischen Arbeitslosenrate Quelle: Bloomberg, eigene Darstellung …und ihre Folgen In der Folge stiegen die Löhne seit Beginn der Neunzigerjahre durchschnittlich zwischen drei und fünf Prozent pro Jahr an und erlaubten es den Australiern, ihre Sparquote auf über 10% des verfügbaren Einkommens zu steigern. Der zunehmende Wohlstand in Verbindung mit einer steigenden Sparquote erfasste zunehmend auch den Immobilienmarkt und führte hier trotz restriktiver Geldpolitik der australischen Notenbank zu einer wachsenden Nachfrage Analyst: Thomas Stadelmann, Tel.: +41 44 214 33 71, E-Mail: [email protected] und zu starken Preissteigerungen von teilweise über 15% pro Jahr. Erst 2011 zeigt sich auf dem Immobilienmarkt eine erste Abkühlungstendenz: Seit dem Höhepunkt im Jahre 2010 sind die Preise zwar relativ stabil, fielen aber im zweiten Quartal diesen Jahres erstmals in den negativen Bereich. Es scheint, also ob der Boom hier seinen Zenit überschritten hat. Das Risiko einer einseitigen Ausrichtung Wie wichtig die asiatisch-australischen Handelsbeziehungen geworden sind, zeigt sich vor allem anhand folgender Zahlen: Betrug der Anteil an Rohstoffen an den Gesamtexporten vor 10 Jahren noch um die 40%, so stieg dieser Wert kontinuierlich bis auf gegen 60% an. Entwicklung der australischen Exporte Quelle: IMF, eigene Darstellung Australien steigerte aber nicht nur seine Exportquote in die aufstrebenden Schwellenländer (siehe Grafik). In der selben Zeit erhöhte Australien auch seine Importe aus der Region von 30% auf über die Hälfte. Allerdings birgt die zunehmende Vernetzung ein verstärktes Klumpenrisiko, da der Aufschwung der australischen Wirtschaft zunehmend von der wirtschaftlichen Entwicklung anderer Länder – allen voran Chinas – abhängt. Was sich in den Boomphasen positiv auf die australische Wirtschaft ausgewirkt hat, könnte sich mit einer zunehmenden Abkühlung der Weltwirtschaft vermehrt als Risiko herausstellen. Was die Zukunft bringt Als Hauptrisiko bleibt die latente Gefahr bestehen, dass aufgrund einer wirtschaftlichen Abschwächung in den Emerging Markets allgemein Investitionen in den Rohstoffsektor in Zukunft zurückgehen könnten. Dies würde auch die australische Wirtschaft empfindlich treffen. Unserer Meinung nach überwiegen zukünftig die positiven Aspekte. Nach einem kurzen Rückschlag, den die australische Wirtschaft nach den Überschwemmungen im ersten Quartal diesen Jahres hinnehmen musste, erwarten wir weiterhin, dass die chinesische und indische Wirtschaft die Zugpferde für Australiens Exportwirtschaft bleiben werden. Es sind aber weitere Aspekte, welche nebst den wachsenden Exportmärkten für ein Engagement in „Down Under“ sprechen. Einerseits ist es der solide Finanzstatus des Landes; während die USA und viele Staaten in der Eurozone mit negativen Saldi ihrer Staatsbudgets kämpfen und die Neuverschuldung auch in nächster Zeit tendenziell steigen dürfte, so verfügt Australien über einen soliden Staatshaushalt. Per Ende des letzten Jahres betrug die Schuldenquote nur 22% des BIP und das aktuelle Budgetdefizit sollte in diesem Jahr bei ca. 3% liegen. Australien dürfte sich deshalb ohne grosse Probleme am Kapitalmarkt refinanzieren können, zumal das Land mit attraktiven Zinskonditionen lockt. Auch wenn sich die Wirtschaft in Asien abkühlen sollte, so sind die Wachstumsraten in diesen Ländern trotzdem um einiges höher als in den Industrienationen. Auch verfügen Australiens Wirtschaftspartner über eine solide Kapitalbasis, um eine zyklische Abschwächung mit wirtschaftspolitischen Massnahmen abfedern zu können. Drittens verfügen die Konsumenten in Australien über eine solide Vermögensbasis, welche sie in der Vergangenheit angespart haben. All diese Elemente sorgen dafür, dass sich die australische Wirtschaft auch in Zukunft gegenüber externen Schocks als relativ krisenresistent erweisen dürfte, auch wenn sie bisher einen Grossteil ihres Wohlstandes in einem konjunktursensitiven Sektor erwirtschaftet hat. Analyst: Thomas Stadelmann, Tel.: +41 44 214 33 71, E-Mail: [email protected] Produktempfehlung: Fidelity Funds – Australia Equity (VN 207’437) Der Fonds wird seit 2004 von Paul Taylor vor Ort verwaltet. Beim Verwalten des Fonds geht er sehr aktiv vor. Deshalb sind einzelne Titel relativ zur Benchmark (S&P ASX 200) stark über- oder untergewichtet. Mit 30 bis 50 Aktien ist das Portfolio relativ konzentriert. Seit der Übernahme durch Taylor hat der Fonds mit einer Performance von 45.12% eines der besten Resultate erzielt (Durchschnitt 39%) und die Benchmark um über 3% übertroffen. UBS (Lux) Medium Term Bond Fund – AUD (VN 585267 ) UBS verfügt über ein erfahrenes Australien Team mit globalen Ressourcen, welches in ein breit diversifiziertes Portfolio bestehend aus AUD Anleihen - vorwiegend im Investment Grade Segment - investiert. Ziel des Fonds besteht darin, eine relativ zum Markt attraktive Rendite zu erzielen. Dazu wendet das Team eine Kombination von „Top down“- und „Bottom up“-Analysen an. Die durchschnittliche Duration des Fonds liegt bei rund 2.5 Jahren und das durchschnittliche Credit Rating bei AA. Die Verfallsrendite des Portfolios beträgt ca. 4.6%. Disclaimer: Die Angaben dieser Empfehlung und insbesondere die Beschreibung des einzelnen Wertpapiers stellt weder eine Offerte zum Kauf des Produktes noch eine Aufforderung zu einer anderen Transaktion dar. Sämtliche dieser Empfehlung zugrunde liegenden Informationen sind sorgfältig ausgewählt und stammen aus Quellen, die vom Investment Center der St. Galler Kantonalbank AG grundsätzlich als verlässlich betrachtet werden. Meinungsäusserungen oder andere Darstellungen dieser Empfehlung können jederzeit und ohne vorherige Ankündigung geändert werden. Es wird keine Garantie, Verantwortung oder Haftung bezüglich der Genauigkeit und Vollständigkeit der Informationen übernommen. Analyst: Thomas Stadelmann, Tel.: +41 44 214 33 71, E-Mail: [email protected]