Jahreshoroskope - eine textanalytische Betrachtung

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Marcia Thali, Brigitte Eggenschwyler
Jahreshoroskope – Eine textanalytische Betrachtung
Jahreshoroskope
Eine textanalytische Betrachtung
Verfasserinnen:
Marcia Thali
Brigitte Eggenschwyler
Dozentin:
Michaela Baumann
Deutsch Textanalyse UE2
WS 2004/2005
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Marcia Thali, Brigitte Eggenschwyler
Jahreshoroskope – Eine textanalytische Betrachtung
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
2
2. Was ist Astrologie?
2.1 Definitionen und Beschreibungen
2.2 Geschichte
2.3 Horoskopie
3
3
3
4
3. Kontext
3.1 Senderpragmatik
3.2 Empfängerpragmatik
3.3 Ortspragmatik
3.4 Textfunktion
5
5
6
6
7
4. Inhalt
4.1 Textthematik und Textinhalt
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5. Form
5.1 Lexik
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6. Schlusswort
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Marcia Thali, Brigitte Eggenschwyler
Jahreshoroskope – Eine textanalytische Betrachtung
1. Vorwort
Beim Durchblättern einiger Frauenzeitschriften sind wir auf die überall präsenten,
unterschiedlich ausführlichen Horoskopseiten gestossen. Wie die meisten neugierigen
Leserinnen haben wir diese belustigt gelesen und uns plötzlich begeistert gefragt, was sich
wohl textanalytisch über Horoskope herausfinden liesse.
Die anfängliche Idee, Horoskope einer deutschen Zeitschrift mit denen einer
fremdsprachigen zu vergleichen, haben wir nach erfolgloser Suche wieder verworfen. Da wir
die wöchentlich erscheinenden Horoskope ausserdem etwas zu kurz fanden und gegen
Ende Jahr langsam in vielen Publikationen Jahreshoroskope aufzutauchen begannen,
entschieden wir uns schliesslich dafür, mit solchen zu arbeiten.
Zu diesem Zwecke haben wir also die Kioske durchforstet und ein paar Zeitschriften
ausgewählt, die Jahreshoroskope etwa gleicher Länge präsentieren. Es sind dies die
folgenden: Annabelle, Cosmopolitan, Journal, Schweizer Illustrierte, Petra, Amica und
ausserdem die Coop Zeitung. Dazu werden wir drei Astrologiebücher aus der Bibliothek in
unsere Arbeit mit einbeziehen, was dazu dienen soll, einen kurzen allgemeinen Einblick in
das dahinter stehende Fach zu erhalten.
Wir werden grundsätzlich eine Textanalyse nach Christiane Nord vornehmen, dabei jedoch
nur die Faktoren in Betracht ziehen, zu denen es Aussagekräftiges zu vermerken gilt. In
Bezug auf den Kontext werden wir versuchen, den astrologischen Hintergrund zu erläutern,
die Sender- und Empfängerpragmatik, sowie Ortspragmatik und Textfunktion zu analysieren.
Des Weiteren befassen wir uns mit den inhaltlichen Punkten Textthematik und Textinhalt;
was die Form anbelangt, werden wir die Lexik berücksichtigen.
Wir hoffen, dem Leser dieser Arbeit ein paar neue Einblicke in diese beinahe alltäglich
gewordene Textsorte zu vermitteln und für uns selbst am Ende einige neue Erkenntnisse
gewinnen und wertvolle Schlüsse daraus ziehen zu können.
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Jahreshoroskope – Eine textanalytische Betrachtung
2. Was ist Astrologie?
2.1 Definition und Beschreibungen
Der Begriff stammt vom Griechischen „astron“=Stern, als Urprinzip und „logos“=Geist oder
höhere Logik, was auch als die „Lehre von den Sternen“ übersetzt wird.
Sie fasst das ganze Universum als gewaltigen Organismus auf, in welchem jedes Teilchen
vom Ganzen beeinflusst wird und seinerseits wieder das Ganze beeinflusst. Die Astrologie
geht vom Grundgedanken aus, dass alle Himmelskörper unseres Sonnensystems, ihre
Bewegungen, Positionen und Umlaufrhythmen und ihre gegenseitigen Aspekte (Winkel
zueinander) ein sich immer wandelndes Kraftgefüge darstellen, das seine Auswirkungen auf
die Erde mit allem auf ihr Lebenden hat. Der Mensch unterliegt so als Teil des Kosmos
denselben Gesetzen wie die Natur. Die Rhythmen des Makrokosmos spiegeln sich im
Mikrokosmos, es gilt das Analogieprinzip „wie oben, so unten“, „wie innen, so aussen“. Oder
die Beschreibung der Synchronizität zwischen Kosmos und Mensch nach Nietzsche: „Jedes
Individuum wirkt am ganzen kosmischen Wesen mit – ob wir es wissen oder nicht, ob wir es
wollen oder nicht“.
Astrologie wird auch als kosmische Psychologie bezeichnet und ist eine Erfahrungstatsache,
deren Wirkungsmechanismen bis heute naturwissenschaftlich nicht beweisbar sind.
Von der Astrologie zu unterscheiden ist die Astronomie als exakte Naturwissenschaft, deren
Ziel es ist, auf rechnerischem Wege die Bewegung und räumliche Entfernung der
Himmelskörper zu erforschen. 1
2.2 Geschichte
Es ist nicht möglich, genau zu sagen, wann die Astrologie entstanden ist. Sie wurde jedoch
schon in den Kulturen Mesopotamiens im 4. Jahrhundert vor Christus praktiziert und diente
zur Ermittlung günstiger Zeiten beispielsweise für Aussaat und Ernte oder Entscheide des
Herrscherhauses. Das älteste Individualhoroskop, das bekannt ist, stammt aus dem Jahre
409 vor Christus. Ab dem 5. Jahrhundert vor Christus übernahmen auch die Griechen die
Himmelskunde, die nun vermehrt auch für Diagnose und Therapie herangezogen wurde. In
der Antike blühte die Astrologie richtiggehend auf, berühmte Astrologieschulen wurden
eingerichtet. Im 8. Jahrhundert nach Christus entwickelten die Araber komplizierte
astronomische Berechnungs- und Deutungssysteme und gaben die Kunde ans
frühmittelalterliche Abendland weiter. Zur Zeit der Renaissance existieren Lehrstühle für
Astrologie an verschiedenen Universitäten und nicht nur die meisten Weltlichen, sondern
auch hohe Kirchenfürsten wurden überzeugte Anhänger. Selbst die Ablösung des
geozentrischen Weltbildes durch das heliozentrische im 16. Jahrhundert tat der Astrologie
keinen Abbruch. Nicht selten wurde sie von Spezialisten betrieben, die dadurch grossen
Einfluss auf Religion und Politik ausübten. Erst zur Zeit der rationalistischen Aufklärung
verlor die Astrologie stark an Ansehen, wurde mit Alchemie, Okkultismus und Magie
gleichgesetzt.2
Heute ist sie zu einer populären Zentraldisziplin dessen geworden, was wir „Esoterik“
nennen und wird als psychologische Astrologie immer häufiger mit der Tiefenpsychologie
verknüpft und als Lebenshilfe gedacht. 3
1
„Astrologie – Ein methodisch aufgebautes Lehrbuch“, Gertrud I. Hürlimann
„Lebenshilfe Astrologie – Gedanken und Erfahrungen“, Fritz Riemann
2
http://www.esoterik-pur.de/Text-Gesch.htm
3
„Geschichte der Astrologie – von den Anfängen bis zur Gegenwart“, C.H. Beck
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2.3 Horoskopie
Der ebenfalls aus dem Griechischen stammende Begriff aus „hora“=Stunde und
„skopein“=schauen bedeutet so viel wie Stundenschau. Das Horoskop ist das wichtigste
Arbeitsmittel in der praktischen Astrologie.
Astrologische Deutungen werden aufgrund von Horoskopen gemacht, die auf einer
bestimmten Anzahl von immer wieder neu kombinierbaren Grundelementen beruhen. Ein
Horoskop ist so eine schematische Himmelsskizze zu einem konkreten Zeitpunkt. Die
Himmelseinteilung in zwölf gleich grosse Abschnitte ergibt die zwölf „Urprinzipien“, die durch
die zwölf Tierkreiszeichen repräsentiert werden. Dazu kommen als zweites Element die
Planeten, die sieben Wandelsterne, einschliesslich Sonne und Mond. Das dritte wichtige
Deutungsinstrument sind die so genannten Häuser (auch Sektoren, Zonen), die das
Horoskop noch einmal in zwölf Abschnitte einteilen. Wenn man von Horoskop spricht, ist
meist das individuelle Geburtshoroskop gemeint, auch Radix- oder Wurzelhoroskop genannt,
das die Stellung der Gestirne in ihrem Lauf durch den Tierkreis sowie ihre Positionen in den
Häusern zum Zeitpunkt der Geburt eines Individuums zeigt.
Es gibt Konzeptions- und Epochenhoroskope, Typenhoroskope, Sonnenstandshoroskope,
Lebens-, Jahres-, Tages-, Stundenhoroskope, Fragehoroskope, Eheschlusshoroskope,
Partnervergleichshoroskope, Tierhoroskope, Gründungshoroskope, Staatshoroskope etc.
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3. Kontext
3.1 Senderpragmatik
Wir haben die Horoskope der Zeitschriften Annabelle, Cosmopolitan, Petra, Amica, Journal
und Schweizer Illustrierte, sowie das der Coop Zeitung analysiert. Zu den meisten Autoren
gibt es jedoch keine Informationen, da eigentlich nur Elisabeth Teissier (Schweizer
Illustrierte) und, in einem kleineren Rahmen, auch Monica Kissling (Coop Zeitung) bekannt
sind. Deshalb beschränken wir uns in der Senderpragmatik auf die beiden Autorinnen. Das
Wissen über den Autor ist für das Verständnis von Horoskopen ohnehin nicht entscheidend,
da er in den Texten nicht präsent ist.
Die Intention des Autors besteht vor allem darin, dem Leser eine Vorhersage zu machen. Er
beschränkt sich dabei insbesondere auf die drei Gebiete Liebe, Gesundheit und Beruf. Dazu
verfasst er für das ganze Jahr – mehr oder weniger detailliert – ein Horoskop, gepaart mit
Vorschlägen und Tipps, mit denen man seiner Meinung nach auf den einzelnen Gebieten
mehr Erfolg haben kann. Dabei geht es vor allem darum, den Leser positiv zu stimmen,
dementsprechend sind die Horoskope meistens positiv verfasst. Eventuelle negative
Aussagen werden sofort abgeschwächt, bzw. so umformuliert, dass die Angaben sehr vage
werden und sozusagen ‚immer noch Hoffnung besteht’.
Elisabeth Teissier
Wie man auf ihrer eigenen Homepage, www.eteissier.com , nachlesen kann, hat sich
Elisabeth Teissier schon in der frühen Jugend für Astrologie interessiert. Es war aber erst
Fellini – den sie zu einem späteren Zeitpunkt bei einem ihrer Filmprojekte kennen lernte –
der sie dazu brachte, tatsächlich die ersten Schritte in der, wie er sie nannte, „Königin der
Wissenschaften“, zu tun. Darauf hin wurde Teissier vom bekanntesten Astrologen jener Zeit,
H.J. Gouchon, unterrichtet, der zuvor ihr Horoskop erstellt hatte, und zur Überzeugung kam,
dass aus ihr eine grosse Astrologin werden würde.
Die ersten Erfahrungen auf diesem Gebiet machte sie bei dem französischen Fernsehsender
Antenne 2, bei dem sie in einer zweiminütigen Sendung das erste Fernsehhoroskop
überhaupt machte. Danach hatte sie weitere, längere Sendungen, ebenfalls auf Antenne 2.
Unter anderem eine wöchentliche Sendung, in denen sie Horoskope von Prominenten
deutete und eine Sendung, in der sie die Symbolik der zwölf Sternzeichen erklärte. Als sie
1980 die zweimonatliche Sendung „Astro Show“ in der ARD bekam, wurde sie auch in
Deutschland bekannt. Seither hat sie vor allem im deutsch- und französischsprachigen
Raum Europas Radio- und Fernsehsendungen moderiert und verschiedene Vorträge zur
Astrologie gehalten. Sie war unter anderem auch jahrelang an der Seite von Mitterrand als
Beraterin tätig. Ihre Horoskope werden in fünfzehn Sprachen übersetzt, unter anderem auch
ins Chinesische.
Trotz ihres Erfolges bekam Teissier auch immer wieder die negative Haltung der
Gesellschaft der Astrologie gegenüber zu spüren. Als sie an der Sorbonne Medizin und
Neue Sprachen studierte, und ihr vor vier Jahren der Doktortitel in Soziologie mit der
Bestnote verliehen wurde, sorgte dies in der Presse für ziemlich viel Wirbel, und es gab eine
Reihe von Wissenschaftlern, die ihre Doktorarbeit nicht anerkennen wollten.
Elisabeth Tessiers grösstes Anliegen ist es, wie sie selbst sagt, „der Astrologie die Würde
zurückzugeben und die königliche Kunst der Sterndeutung als Lehrstuhl an der Sorbonne
und allen grossen Universitäten zu etablieren.“
Monica Kissling
Monika Kissling ist Berufsastrologin und leitet seit 1985 eine astrologisch-psychologische
Gemeinschaftspraxis in Zürich, die Beratungen und Seminare anbietet. Sie ist seit 1987
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regelmässig in verschiedenen Printmedien, im Radio und im Fernsehen tätig. Seit 1991
präsentiert auf Radio DRS3 jeden Montag das Wochenhoroskop und am Samstag das
Weekendhoroskop und hat sich dabei einen Namen als „Madame Etoile“ gemacht.
3.2 Empfängerpragmatik
Horoskope richten sich an uns alle, wobei Jahreshoroskope eher auf Frauen zugeschnitten
sind, da sie vor allem in Frauenzeitschriften anzutreffen sind. Dabei wird aber kein
Unterschied gemacht, ob es ‚niveauvolle’ Zeitschriften sind, oder eher die billigen
Klatschheftchen, die man beim Friseur findet. Es werden vom Leser kein Vorwissen oder
Kenntnisse der Astrologie erwartet. Horoskope dienen hauptsächlich zur Unterhaltung und
sollen jedermann ansprechen; sie gehen dabei auf Themen ein, die die meisten Menschen
interessieren (Liebe, Beruf, Gesundheit) und mit denen sie nicht falsch liegen können. Die
Sprache, die dabei verwendet wird, ist dementsprechend leicht verständlich und eher
umgangssprachlich – etwa so, wie wenn zwei Freundinnen sich unterhalten. Der Autor
richtet sich dabei immer wieder konkret an den Leser, in dem er zum Beispiel Tipps gibt und
versucht das Verhalten in gewissen Situationen zu beeinflussen:
-
„Entsorgen Sie schlechte Gewohnheiten, schliessen Sie mit negativen Erfahrungen ab.“
Journal
„Sie sollten Ihre Kondition stärken, zum Beispiel durch ein Ausdauertraining.“
Cosmopolitan
„Nehmen Sie im September die Signale Ihres Körpers ernst!“
Journal
Weiter findet man in den Texten immer wieder Klammerbemerkungen, die den Leser
persönlich ansprechen, so als wüsste der Autor genau was dem Leser wichtig ist oder was in
ihm vorgeht. Der Autor ist allwissend und stellt sich auf die Stufe eines Freundes und
Vertrauten des Lesers, der ihn genau zu kennen scheint. Zum Beispiel:
-
-
-
„Bis Sie die richtigen Mittel finden, Ihre Ziele im Job zu verwirklichen (was Ihnen extrem wichtig
ist!) vergeht noch ein bisschen Zeit.“
Journal
„Die besten Zeiten, um sich von Amors Pfeilen treffen zu lassen: 6. bis 30. September (eine
Leidenschaft, die Sie noch nie erlebt haben).“
Cosmopolitan
„Im Juni wissen Sie wieder, welche Stärken Ihr Liebster hat (Stärken, die seine Vorgänger nicht
hatten).“
Annabelle
3.3 Ortspragmatik
Die Annabelle, die Schweizer Illustrierte und die Coop Zeitung erscheinen beide
ausschliesslich in der Schweiz, während Petra, Cosmopolitan, Amica und das Journal im
ganzen deutschsprachigen Raum erhältlich sind.
Ausser der Schweizer Illustrierten sind die Zeitschriften sehr ähnlich aufgebaut und vom
Zielpublikum her sicherlich ähnlich einzustufen: Alle fünf richten sich an junge, arbeitstätige,
selbstständige Frauen, die an Schönheit und Mode, Reisen, Gesundheit, Partnerschaften,
Beruf etc. interessiert sind. Auch was die Preise betrifft, gehören die Zeitschriften in dieselbe
Kategorie.
Die Schweizer Illustrierte und die Coop Zeitung, die jedem Haushalt gratis zugestellt wird,
hingegen sind weniger frauenspezifisch aufgebaut und decken auch Bereiche ab, die für
Männer und Jugendliche interessant sind.
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Marcia Thali, Brigitte Eggenschwyler
Jahreshoroskope – Eine textanalytische Betrachtung
Die oben genannten Aspekte wirken sich stark auf die Horoskope aus. In den Zeitschriften
werden ausschliesslich Frauen angesprochen, so heisst es zum Beispiel:
-
„an der Poolbar wird Sie in ihrem Sommerurlaub ein gut gebauter Mann anflirten..“
Amica
„(…) so dass Sie sich haltbarere Lover zulegen sollten.“
Amica
„Ein Wort gibt das andere, schon räumen Sie sein After-Shave aus dem Badezimmerschrank. Mit
etwas Glück überstehen Sie diese Zerreissprobe jedoch, und er klopft bald wieder an die Tür.“
Petra
In der Cosmopolitan gibt es zu jedem Sternzeichen sogar einen kleinen Abschnitt zum
Beispiel für den „Löwe-Mann in Ihrem Leben“.
Die Horoskope in der Coop Zeitung und der Schweizer Illustrierten sind allgemeiner verfasst
und es gibt auch keine Unterteilung in die Bereiche Liebe, Gesundheit, Beruf wie das in allen
oben genannten Zeitschriften der Fall ist. Die Sprache ist in beiden Fällen vage und gespickt
mit Tipps und Ideen, aber sie ist dabei nicht geschlechterspezifisch.
3.4 Textfunktion
Bei der Verfassung von Horoskopen geht es in erster Linie darum, positiv zu formulieren,
den Leser aufzumuntern, das heisst Imagearbeit am Empfänger zu leisten und optimistisch
zu stimmen.
Nicht selten werden wöchentlich oder täglich erscheinende Zeitschriftenhoroskope nach wie
vor mit Zufallsgeneratoren aus einem Standardset ausgewählt. Ausserdem ist es aus
astrologischer Sicht kaum möglich, für alle Menschen mit demselben Sternzeichen genaue
Prognosen zu stellen, wird doch für solche Horoskope nur der Sonnenstand berücksichtigt.
In Anbetracht dieser Faktoren erscheint die informative Komponente, die fachlich
referentielle Funktion zweitrangig. Die expressive Funktion steht bei den meisten
Jahreshoroskopen im Vordergrund, was die reiche Ausschmückung mit Bildern, positiv
konnotierten Schlagwörtern und die lebhafte Sprache bezeugen. Darauf werden wir im
Verlaufe der Arbeit näher eingehen. Einzelne Texte oder Textstellen lassen auch auf eine
appellative Funktion schliessen, wie die folgenden Beispiele zeigen:
-
-
„Daher sollten Sie Ihre Kondition stärken, zum Beispiel durch ein Ausdauertraining: Starten
Sie moderat – drei- bis viermal pro Woche 15 Minuten Jogging – und steigern Sie Tempo und
Laufzeit langsam, aber stetig.“
Cosmopolitan
„Ihre Hausaufgabe 2005: zurückflirten!“
Journal
„Ihre Projekte gelingen. Nützen Sie diese Phase, um grössere Vorhaben zu verwirklichen!“
Schweizer Illustrierte
„Eine Chance, die sich Ihnen im September bietet, sollten Sie unbedingt packen!“
Coop Zeitung
„Hüten Sie sich davor, auf windige Verlockungen (Geldgeschäfte!) einzugehen.“
Petra
Die Horoskope sind ansprechend und lesernah formuliert, stark auf den Lesebezug
ausgerichtet und verstehen sich als psychologische Lebenshilfe in Form von Ratschlägen.
Auch wenn es Leute gibt, die sich nach den Prognosen zu richten versuchen, dienen die
Zeitschriftenhoroskope primär zur Unterhaltung. Dazu noch ein Zitat der Berufsastrologin
Monica Kissling:
„(…) Gute Horoskope zeichnen sich aber vor allem auch dadurch aus, dass sie unterhaltend
und aufbauend geschrieben sind, da ist das Fachliche eher Nebensache. (…) Gerade bei
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Jahreshoroskope – Eine textanalytische Betrachtung
den Zeitungshoroskopen ist es normalerweise so, dass sie zum Spass oder aus Neugierde
gelesen werden. Ich höre aber immer wieder, dass es Leute gibt, die das Horoskop sehr
ernst nehmen. Deswegen sollten die Heftlihoroskope vor allem motivierend, offen,
optimistisch sein und sicher nicht deterministisch oder angstauslösend. Wenn Sie Mars zum
Joggen auffordert, kann das im Normalfall keinen Schaden anrichten. Es kann niemand im
Ernst erwarten, dass er in einem Boulevardmagazin-Horoskop persönliche
tiefenpsychologische Einsichten gewinnen kann!“
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4. Inhalt
4.1 Textthematik und Textinhalt
Jahreshoroskope sind meist in drei Teilbereiche unterteilt: Liebe, Beruf („Job&Geld“,
Comopolitan oder „Erfolg&Karriere“, Petra) und Gesundheit („Körper&Seele“, Annabelle,
„Body&Soul“, Journal) .
Sie stellen die Teilinhalte unseres Lebens dar, die im Grunde genommen alles umfassen,
was uns Menschen beschäftigt und somit die verschiedenen Probleme und Beschäftigungen
abdecken, mit denen wir im Alltag konfrontiert sind. Es gibt verschiedene Zeitschriften, die
diese drei Teiltexte separat in aufeinander folgenden Ausgaben publizieren (z.B. Neue Post).
In unseren Texten sind die Übergänge inhaltlich nahtlos, nicht durch Sprachliches verknüpft,
meist werden die Abschnitte durch die genannten Überschriften voneinander getrennt. Einzig
in der Coop Zeitung und in der Schweizer Illustrierten wurde auf Untertitel verzichtet, die
Unterteilung ist jedoch auch dort eindeutig erkennbar.
In verschiedenen Ausgaben lockern abstrakte Bilder von Frauengestalten die Texte auf, die
Schweizer Illustrierte, Petra und Journal illustrieren und präzisieren ausserdem die
Prognosen mit Grafiken, die den Jahresverlauf oder die Chancen einzelner Tage anzeigen.
Inhaltlich stellen die Horoskope keine grossen Ansprüche an die Leserinnen. Die Aussagen
sind klar verständlich, einfach und einleuchtend. Nicht selten beruhen sie auf allgemein
gültigen, logisch-kausalen Schlüssen und bekannten Grundsätzen.
-
-
-
„Doch weil zu viel Harmonie mit der Zeit langweilig wird, gilt es ab August ernst.“
Coop Zeitung
„Bessere Entspannungsmittel als Alkohol und Beruhigungspillen sind Baderituale in einem
Hamam oder in der heimischen Badewanne.“
Amica
„Mal sehnen Sie sich nach Spannung und Liebesspiel, eine Sekunde später wollen Sie nur
noch allein sein. Geben Sie Ihren Bedürfnissen unbedingt nach. Nur so finden Sie heraus,
was Sie wirklich glücklich macht.
Annabelle
„Februar und März sind Infekte angezeigt, wenn Sie sich überarbeiten und keine Ruhepausen
einhalten.“
Journal
etc.
Um Missverständnissen vorzubeugen oder auch, um nicht zu genau präzisieren zu müssen,
wählen die Autorinnen häufig etwas unpräzise, hypothetische oder zumindest sehr vage
Formulierungen, die inhaltlich vieles offen lassen. Nicht selten handelt es sich um
Nullaussagen, die bei näherem Hinsehen alles heissen können.
-
-
-
„Möglicherweise geben Sie ab Oktober selbst Kurse und vermitteln…“
Journal
„Manchmal symbolisiert dies auch eine neue Verantwortung (Heirat, Nachwuchs?)“
Schweizer Illustrierte
„…haben Sie neutrale bis hervorragende Tendenzen.“
Annabelle
„In den Stier können Sie sich mit Leichtigkeit verlieben – spätere Heirat nicht
ausgeschlossen.“
Cosmopolitan
„Kann sein, dass Sie sich im vergangenen Jahr mit Ihrem Partner auf einen gemeinsamen
Nenner eingependelt haben.“
annabelle
„2005 wird ein abwechslungsreiches Jahr mit sehr unterschiedlichen Einflüssen.“
Coop Zeitung
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Die daraus resultierenden inhaltlichen Unklarheiten zeugen von der Unmöglichkeit, genaue
Prognosen zu stellen und zeigen, dass vieles eine Frage der Interpretation bzw. Deutung ist.
Sie stellen ein bekanntes Merkmal der Textsorte dar, werden jedoch vom Leser nicht als
störend empfunden.
Es gibt aber andererseits, häufig in den Frauenzeitschriften, auch erstaunlich viele sehr
konkrete und klar präzisierte Aussagen. Die Autoren beziehen sich inhaltlich ganz genau auf
konkrete Ereignisse aus dem täglichen Leben. Dies ist zum Beispiel in der Amica gut
feststellbar, hierzu ein paar Ausschnitte:
-
-
„Gleich zu Beginn des Jahres werden Sie durch Ereignisse im Job überrumpelt, die Sie
nachdenklich machen (Massenkündigungen im Schwesterunternehmen)“
„Besonders Mitte März können Sie fast nicht schlafen, weil Sie bereits das neue Ferienhaus,
das neue Auto (Glücksfarbe Delfingrau) und den Urlaub in einem Resort auf Bali vor sich
sehen.“
„An der Poolbar wird Sie in Ihrem Sommerurlaub (beste Reisezeit Ende Mai) ein gut gebauter
Mann (Sonnenbrand auf der Schulter) anflirten und Sie an einem aussergewöhnlichen OpenAir-Ort so verwöhnen, dass Sie noch Tage danach wie benommen am Strand liegen.
Tauschen Sie unbedingt E-Mail-Adressen aus, da Sie in der zweiten Oktoberhälfte durch
„reinen Zufall“ in seine Heimatstadt kommen könnten.“
Liest man vorgängig in Astrologielehrbüchern etwas über die verschiedenen, charakterlichen
Typenbeschreibungen der einzelnen Sternzeichen, fällt einem bei der Lektüre einiger
Horoskope auf, dass auf solche bekannten Annahmen zurückgegriffen wird. Wir zeigen dies
am Beispiel des Sternzeichen Jungfrau:
-
-
-
-
?
„Wenn es darum geht, Events zu organisieren (…) oder Termine zu koordinieren, sind
Jungfrauen unschlagbar.“
Petra
„Doch weil Sie von Natur aus übervorsichtig sind, bleiben Ihnen existentielle Ängste nicht
erspart.“
Coop Zeitung
„Die Lust am Ordnungschaffen, die man den Jungfrauen nachsagt, setzen Sie jetzt fruchtbar
für sich selbst ein.“
Journal
„Jungfrauen lieben es, wenn alles hübsch geordnet erscheint.“
Cosmopolitan
Jungfrauen wird nach astrologischen Betrachtungen nachgesagt, sie seien fleissig,
sorgfältig, ordnungsliebend und ängstlich.
Die Texte verlangen jedoch keinerlei astrologisches Vorwissen, die Auswirkungen der
wechselnden Planetenkonstellationen werden zum Teil explizit erklärt.
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Jahreshoroskope – Eine textanalytische Betrachtung
5. Form
5.1 Lexik
Wie wir bereits im Kapitel Textinhalt erörtert haben, geht es in den von uns untersuchten
Jahreshoroskopen vor allem um die Liebe, den Beruf und die Gesundheit. Dies wirkt sich
natürlich auch auf den Wortschatz aus, so gehören zu den typisch verwendeten Ausdrücken:
-
flirten, auf Wolke sieben schweben, Harmonie, Beziehung, Amors Pfeile, kuschelige Zeiten
? Liebe
-
Job, Geld, Erfolg, finanzielle Unabhängigkeit, Luxus, Vorhaben durchboxen, Erfolgserlebnis, ohne
Fleiss kein Preis ? Beruf
-
Entspannung, Urlaub, Laster, Ruhepause, Wohlgefühl ? Gesundheit
Ausserdem werden oft Metaphern eingesetzt wie zum Beispiel:
-
„Sie wirken anziehend wie ein Magnet“
-
„Sie baden im Glück“
Cosmopolitan
-
Cosmopolitan
„Singles haben die besten Chancen jemanden kennen zu lernen, mit dem sie auf gleicher
Seelenlänge funken“
Journal
oder umgangssprachliche Ausdrücke verwendet wie „checken Sie die Lage ab“ oder
„Dauerbeziehungen kommen ins Trudeln“ oder „Sie brauchen Ehrgeiz um Ihre Vorhaben
durchzuboxen“ (alle Cosmopolitan).
Was auch sehr auffällig ist, ist die Personifizierung der Planeten. So heisst es zum Beispiel:
-
„Jetzt nicht übermütig werden, denn Mars könnte einigen Ärger anrichten.“
Petra
„Venus und Mars stellen sicher, dass die hohen Ansprüche an eine Beziehung erfüllt werden.“
Petra
„Jupiter verführt Sie ab November leider zu Arroganz.“
Annabelle
„Ab August managt Sie Saturn.“
Cosmopolitan
Allgemein zur Sprache kann man sicher sagen, dass die Formulierungen fast ausschliesslich
positiv sind. So findet man in allen Horoskopen praktisch keine negativen Aussagen, die
nicht kurz darauf wieder abgeschwäc ht oder relativiert werden. Wenn es zum Beispiel heisst:
„Sie übertreiben es beim Flirten, Ihr Partner fühlt sich dadurch vernachlässigt“, folgt sofort
„Im Februar verstehen Sie was Ihr Liebster gemeint hat; Ihnen wird bewusst, was Sie von Ihrer
Beziehung erwarten – Was für eine wunderbare Klarheit!“
Oder dann werden negative Aussagen so verpackt, dass die Formulierung positiv ist:
„Sie haben mehr Zeit sich um Ihre Familie zu kümmern“, was soviel heisst wie „Sie haben Ihre
Familie in letzter Zeit vernachlässigt.“
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All diese Elemente führen dazu, dass der ganze Text sehr umgangssprachlich und ‚leicht
verdaulich’ wirkt. Horoskope sind auch nicht unbedingt da, um anspruchsvoll zu sein und
Leute dazu zu bringen, sich intensiv damit zu beschäftigen. Die meisten lesen Horoskope
nebenbei oder überfliegen sie nur kurz. Was positiv ist, wird dann wahrgenommen, den Rest
ignoriert man. Deshalb würde es auch keinen Sinn machen, solche Texte stur nach
grammatikalischen Richtlinien zu formulieren. Ganze, syntaktisch korrekte, lange Sätze
würden zu schwer und mühsam wirken und den Leser eher abschrecken. Ellipsen lassen
den Text lockerer und ansprechender wirken – sie bringen das Wesentliche kurz und bündig
auf den Punkt!
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6. Schlusswort
Am Ende unserer Arbeit angelangt, stellen wir fest, dass das Thema nicht so ergiebig war,
wie wir es uns erhofft hatten. Wir hatten zwar Spass bei der Lektüre der Texte, für eine
genauere Analyse stellten sie sich aber als zu banal heraus und wir konnten keine neuen,
überraschenden Erkenntnisse daraus ziehen. Eine spezifischere Zielsetzung oder vertiefte
Auseinandersetzung mit einem bestimmten Element hätte vielleicht zu mehr Erfolg geführt.
Aufgrund nicht vorhandener Sekundärliteratur waren wir bei der Analyse auf uns selbst
gestellt und hatten keine Möglichkeit, uns weitere Anregungen zu holen, weshalb die
Ergebnisse etwas oberflächlich erscheinen.
Trotzdem haben wir dank der intensiven Auseinandersetzung mit einem bestimmten Thema,
der Arbeit in der Gruppe und dem Verfassen einer schriftlichen Arbeit wertvolle Einsichten
dazu gewonnen. Diese werden uns sicherlich für die Themenwahl und die weitere
Vorgehensweise in Bezug auf die Diplomarbeit von Nutzen sein.
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