Zwangsarbeit von "Ostarbeitern" - Dekanat Wolfsburg

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Katholische Kirchengemeinde St. Christophorus (Hrsg.):
Björn Kooger
Zwangsarbeit von "Ostarbeitern" 1942 - 1945
Frauen und Männer aus der Ukraine erinnern sich an ihre
Arbeits- und Lebensbedingungen im Volkswagenwerk
Wolfsburg 2004
Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Stadt Wolfsburg.
Umschlagbild:
Drei "Ostarbeiterinnen" nach der Befreiung, 19.4.1945 (StA WOB). Text auf der Rückseite: "Zum ewigen
Andenken - für Eudokia K. von Nadeshda T., mit der sie zusammen in der KdF-Stadt gelebt hat."
mpressum:
Herausgeber: St. Christophorus-Gemeinde, Wolfsburg
Redaktion: Björn Kooger / Karl Theodor Weise
Druck: Konkol, Fallersleben
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1.
1.1.
Einleitung
Forschungsstand
Zum Stand der Forschung in Wolfsburg
1.2.
1.3.
1.4.
1.5.
2.
2.1.
2.2.
2.3.
3.
3.1.
3.2.
3.3.
3.4
3.5.
4.
4.1.
4.2.
4.3.
4.4.
4.5.
5.
5.1.
5.2.
6.
6.1.
6.2.
7.
8.1.
8.2.
8.3.
Forschungsauftrag und –methode
Quellenlage
Zum Inhalt des Fragebogens
Arbeitskräftemangel in der NS-Kriegswirtschaft
Der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz
Politischer Kurswechsel – 1943
Das Volkswagenwerk und der "Ostarbeitereinsatz"
Deportation
Methoden der Beschaffung von Arbeitskräften / Razzien
Herkunft der Rekrutierten / Heimatort / Beruf der Eltern
Ankunft in der "Stadt des KdF-Wagens"
Arbeitseinsatz
Verteilung der Arbeitskräfte
Politische Vorgaben zum Arbeitseinsatz
Arbeitsbedingungen und Arbeitsplätze im Volkswagenwerk
Arbeit in der "Stadt des KdF-Wagens"
Entlohnung / Arbeitszeit
Behandlung am Arbeitsplatz
Leben im Wohnlager
Gemeinschaftslager / Betriebslager / Bombenangriffe
Unterbringung
Ernährung / Solidarität / Bekleidung
Gesundheitsfürsorge
Freizeit / Kontakte zur deutschen Bevölkerung
Verfolgung und Widerstand
"Ostarbeitererlasse"
Widerstand / Flucht / Sabotage
Kriegsende
Betriebsverlagerungen
Repatriierung
Abschlussbetrachtung
Prälat Heinrich Günther zum Gedenken der Opfer des Nazi-Regimes
Begegnung mit ehemaligen Zwangsarbeitern (2002)
Im Dienst der Versöhnung (2004)
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Abkürzungsverzeichnis
DAF
DDR
GBA
Gestapo
Gulag
GPU
IG
Ju
KdF
KGB
KZ
Nds.
NKWD
NS
RGBl.
RLM
RFSS
RM
RM
RSHA
SD
SBZ
SMERSCH
SS
StAWOB
UdSSR
USSBS
VJP
VWW
Deutsche Arbeitsfront
Deutsche Demokratische Republik
Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz
Geheime Staatspolizei
Glawnoje Uprawlenije Lagerei (Hauptverwaltung für Lager)
Gossudarstwennoje Polititscheskoje Uprawlenije (Staatliche politische Verwaltung)
Interessengemeinschaft
Junkers
Kraft durch Freude
Komitet Gossudarstwennoj Besopasnosti (Komitee für Staatssicherheit, 1954-1993)
Konzentrationslager
Niedersächsisch
Narodnyj Kommissariat Wnutrennich Del
(Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten, 1934-1946)
Nationalsozialismus
Reichsgesetzblatt
Reichsluftfahrtministerium
Reichsführer SS
Reichsmark
Reichsministerium
Reichssicherheitshauptamt der SS
Sicherheitsdienst des Reichsführers SS
Sowjetisch besetzte Zone / Ostzone / später: DDR
smert' spionam (Tod den Spionen, Sowjetische Spionageabwehr, 1943-1946)
Schutzstaffel
Stadtarchiv Wolfsburg
Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
United States Strategic Bombing Survey
Vierjahresplan
Volkswagenwerk
VORWORT
Mit dieser Arbeit tritt die Katholische Kirche in Wolfsburg an die Öffentlichkeit, um zu dokumentieren, dass sie
auf der Seite der von staatlicher Diktatur Betroffenen, der Leidenden und Bedürftigen steht. Sie unterstützt die
Schwachen, erinnert an die Leiden der Opfer und spendet ihnen Trost.
Das gilt ganz besonders für die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die das nationalsozialistische
Regime im Zweiten Weltkrieg aus den besetzten Ländern Europas deportierte, um sie für eine
Kriegsmaschinerie arbeiten zu lassen, die die Heimatländer der Verschleppten eroberte, besetzte und
zerstörte.
Mit dieser Broschüre will die St. Christophorus-Gemeinde an die Frauen und Männer erinnern, die einst aus
der ehemaligen Sowjetunion und zwar aus der Ukraine deportiert wurden und in der Rüstungsproduktion des
damaligen Volkswagenwerks Zwangsarbeit verrichten mussten.
Sie beauftragte im Rahmen eines ABM-Projekts den Historiker Dr. Björn Kooger, Kontakte zu Frauen und
Männern in der Ukraine herzustellen, die das Schicksal der Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg erleiden
mussten. Um ihre Arbeits- und Lebensbedingungen im Volkswagenwerk zu erforschen, ermittelte er ihre
Adressen und schickte ihnen Fragebögen zu und wertete die Antworten aus. Sie bilden die Grundlage für
diese Arbeit.
Gewiss wird damit nur ein Teilaspekt des komplexen Themas näher beleuchtet. Auch handelt es sich nur um
eine Quellengattung, nämlich Erinnerungen Betroffener, und jedermann weiß, dass solche Aussagen durchaus
nicht immer verlässlich sind. Aber der Autor geht reflektiert mit den Texten um, und hat damit etwas getan, was
bisher nur in Ansätzen geleistet werden konnte, nämlich primäre Quellen zum Schicksal jener Frauen und
Männer zu ermitteln und auszuwerten, die im damaligen Volkswagenwerk die größte Gruppe der dort
eingesetzten Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter stellten.
So will die Katholische Kirche in Wolfsburg ihren Beitrag zu dieser Auseinandersetzung mit einer dunklen
Vergangenheit leisten und reiht sich damit in das Ensemble derjenigen gesellschaftlichen Kräfte in Wolfsburg
ein, die sich neben der Stadt und der Volkswagen AG als eigenständige Kraft für die Opfer der
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Wolfsburg engagieren. Sie setzt damit den Aufklärungsprozess
über die Anfangsphase der Wolfsburger Stadtgeschichte fort, der 1983 nur begonnen werden konnte, weil ihn
eine engagierte Öffentlichkeit von der Stadt Wolfsburg einforderte.
Zugleich soll diese Publikation die engen Beziehungen der St. Christophorus-Gemeinde zu ihren Partnern in
Kiew festigen. Das Auffinden und die Befragung betroffener ukrainischer Bürger haben das Kontaktgeflecht
zwischen ihr und ihren Partnern vor Ort noch vertieft. Die Katholische Kirche in Wolfsburg will ihnen zeigen,
dass sie an der Seite derjenigen steht, die unter den Untaten des nationalsozialistischen Besatzungsregime in
der damaligen Sowjetunion zu leiden hatten.
Die Stadt Wolfsburg hat die Durchführung des Projekts und die Publikation dieser Broschüre finanziell
gefördert; Ihr sei dafür herzlich gedankt. Weiterhin gilt mein Dank Herrn Dr. Klaus-Jörg Siegfried, dem Leiter
des Instituts für Museen und Stadtgeschichte, für die fachliche Beratung und Unterstützung dieses Projekts.
Von Herzen danke ich auch Frau Rosa Reiner für ihre unermüdliche Übersetzungsarbeit.
Prälat Heinrich Günther
1. EINLEITUNG
1.1. FORSCHUNGSSTAND
Die ersten Studien zum Einsatz von über 7 Millionen ausländischen Arbeitskräften im "Dritten Reich"
erschienen Mitte der 60er Jahre in den USA und in der DDR. Die DDR-Forschung konzentrierte sich dabei
auf die Rolle von Industriellen, erst Eichholtz und Drobisch gingen darüber hinaus. In der
bundesrepublikanischen Forschung war der Ausländereinsatz hingegen 40 Jahre lang kein Thema, obwohl es
sich um einen der bedeutendsten sozial- und wirtschaftspolitischen Aspekte des II. Weltkrieges in Deutschland
gehandelt hat. Dies überrascht, da in den sogenannten Nürnberger Industrieprozessen (Flick, Krupp, IG
Farben) Manager v.a. wegen der "Beschäftigung von Sklavenarbeitern" verurteilt worden waren, ganz zu
schweigen vom Prozess gegen den ehemaligen Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz (GBA) und
Gauleiter von Thüringen, Fritz Sauckel.
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Der stellvertretende US-Hauptankläger in Nürnberg, Robert Kempner, beschrieb die Haltung der
Angeklagten in den Prozessen wie folgt: "In den Augen der Nazi-Führer und der SS scheint Massenverschleppung zum Zweck der Zwangsarbeit eine natürliche und gesetzliche Begleiterscheinung der
erfolgreichen Invasion und die Zivilbevölkerung nur ein Teil der Beute des Siegers [gewesen] zu sein."
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Für Kempner fehlte den Angeklagten jegliches Unrechtsbewusstsein in bezug auf den Arbeitseinsatz von
KZ-Häftlingen, Kriegsgefangenen und ausländischen Zivilarbeitern. Diese Haltung, die von weiten Teilen der
deutschen Bevölkerung geteilt worden sein dürfte, war der (wissenschaftlichen) Auseinandersetzung mit der
Thematik in der frühen Bundesrepublik nicht förderlich.
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Generell beeinträchtigten in der Bundesrepublik die politischen Rahmenbedingungen des "Kalten
Krieges", die Notwendigkeit des wirtschaftlichen Wiederaufstieges und die Verteidigung gegenüber einer
anklagenden DDR- bzw. neomarxistischen Geschichtsschreibung lange Zeit eine Auseinandersetzung mit
Themen wie dem Arbeitseinsatz von KZ-Häftlingen, Fremdarbeitern und Kriegsgefangenen sowie der
Mitverantwortung von Wirtschaft und Verwaltung für die nationalsozialistischen Verbrechen. Ulrich Herbert hat
auf die mit einer derartigen Auseinandersetzung verbundenen gesellschaftlichen Schwierigkeiten hingewiesen:
eine gesellschaft-liche Diskussion über die Rolle der Wirtschaft im "Dritten Reich" hätte wohl auch die
kapitalistische Orientierung der Bundesrepublik tangiert und damit den notwendigen wirtschaftlichen
Wiederaufstieg Westdeutschlands und die Einordnung des Landes in die antikommunistische Front erschwert.
In den meisten Heimatländern der Zwangsarbeiter war der Arbeitseinsatz durchaus Gegenstand der
Forschung, doch wurden derartige Arbeiten - insbesondere aus Osteuropa - wegen der Sprachbarriere nur
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Immer noch lesenswert: Edward L. Homze, Foreign Labour in Nazi Germany, Princeton 1967.
Als Beispiel: Eva Seeber, Zwangsarbeiter in der faschistischen Kriegswirtschaft, Berlin (Ost) 1964.
Dietrich Eichholtz / K. Drobisch, Die Zwangsarbeit ausländischer Arbeitskräfte in Deutschland während des zweiten Weltkrieges,
in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 5 /1970, S.626-639.
Die in diesem Zeitabschnitt vorgelegten Arbeiten fanden kein größeres Publikumsinteresse und wurden auch von
wissenschaftlicher Seite nicht ausreichend rezipiert, so etwa: Hans Pfahlmann, Fremdarbeiter und Kriegsgefangene in der
deutschen Kriegswirtschaft 1939-1945, Darmstadt 1968.
Vgl. Ulrich Herbert, Der "Ausländereinsatz". Fremdarbeiter und Kriegsgefangene in Deutschland 1939-1945 – ein Überblick, in:
Jochen August u.a. (Hrsg.), Herrenmenschen und Arbeitsvölker. Ausländische Arbeiter und Deutsche 1939-1945, Berlin 1986,
S.13-54, hier: S.13f.
Vgl. Robert M. W. Kempner, SS im Kreuzverhör, München 1964, S.119f.
Vgl. Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.47: "In der öffentlichen Auseinandersetzung spielten die Fremdarbeiter bislang kaum
eine Rolle, sie wurden und werden als beiläufige Selbstverständlichkeit des Kriegsalltags gesehen. Der Ausländereinsatz wird
nicht unter Krieg, Nazismus oder Verbrechen subsumiert – hat nicht den Status des historisch Besonderen. Die schlägt sich
auch in der wissenschaftlichen Literatur nieder."
Vgl. Ludwig Eiber (Hrsg.), Verfolgung-Ausbeutung-Vernichtung. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Häftlinge in deutschen
Konzentrationslagern 1933-1945, Hannover 1985, S.7: Eiber schreibt zur Forschungslage bis 1970: "Antikommunismus, Kalter
Krieg, die Restauration der alten gesellschaftlichen Strukturen und die Rehabilitierung der faschistischen Herrschaftsträger in
Wirtschaft, Militär, Polizei und Justiz waren keine guten Voraussetzungen für eine Bestandsaufnahme der Verbrechen unter dem
NS-Regime."
Vgl. Ulrich Herbert, Arbeit und Vernichtung. Ökonomisches Interesse und Primat der "Weltanschauung" im Nationalsozialismus,
in: ders. (Hrsg.), Europa und der "Reichseinsatz". Ausländische Zivilarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge in Deutschland
1938-1945, Essen 1991, S.384-426. hier: S.384f.
selten rezipiert, inzwischen liegen jedoch wichtige Untersuchungen v.a. polnischer Autoren auch auf deutsch
vor. In der UdSSR hingegen standen Zwangsarbeiter pauschal unter Kollaborationsverdacht und ihr
Schicksal war damit per se kein Thema der wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Eine wissenschaftliche
Aufarbeitung hätte auch unangenehme Fragen in bezug auf die sowjetische Regierung der Stalinzeit
aufgeworfen, beispielsweise, warum Staat und Armee nicht in der Lage gewesen waren, Millionen
sowjetischer Bürger vor Besatzung, Verschleppung und Zwangsarbeit zu schützen.
Aufgrund der beschriebenen Forschungssituation hatten die Mitte der 80er und Anfang der 90er Jahre
erschienenen Arbeiten von Ulrich Herbert bahnbrechenden Charakter. Sie stehen in Zusammenhang mit
einer Änderung des Forschungsinteresses, das sich u.a. im Aufkommen der Regionalgeschichte und der OralHistory manifestierte. Dieser Paradigmen- und Methodenwechsel hält bis heute an; neueste
Forschungsergebnisse für den hiesigen Raum legten Karl Liedke für Braunschweig und Janet Anschütz und
Irmtraud Heike für Hannover vor. Inzwischen sind auch Untersuchungen erschienen, die sich detailliert mit
der Lage der "Ostarbeiter" befassen.
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ZUM STAND DER FORSCHUNG IN WOLFSBURG
Im Jahre 1983 forderten die Ratsfraktionen der SPD und Die Grünen mit der Unterstützung des DGB und des
evangelischen Kirchenkreises Aufklärung über die Arbeits- und Lebensbedingungen der Zwangsarbeiter im
Volkswagenwerk während des Zweiten Weltkrieges. Der Kulturausschuss beauftragte den Leiter des Stadtarchivs mit der Erforschung dieser Thematik. 1986 beschloss der Verwaltungsausschuss, seine Forschungsergebnisse zu veröffentlichen. Dies erfolgte durch die kommentierte Dokumentation Klaus-Jörg Siegfried,
Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit im Volkswagenwerk 1939 – 1945. Frankfurt/M. 1986 (4. Auflage 1999).
Zwei Jahre später erschien die Darstellung des Themas in Klaus-Jörg Siegfried, Das Leben der
Zwangsarbeiter im Volkswagenwerk, Frankfurt/M., 1988.
Mangels Forschungskapazität konnte Siegfried keine Primärquellen zu den Arbeits- und Lebensverhältnissen der Zwangsarbeiter aus der ehemaligen Sowjetunion ermitteln und verwenden. Die Darstellung erfolgte
daher durch die Interpretation von Aussagen anderer Zwangsarbeiter und durch Auswertung der in deutschen
Archiven verfügbaren Quellen zur Lage der "Ostarbeiter" im Volkswagenwerk.
Sicherlich nicht aufgrund mangelnder Forschungskapazität, sondern vermutlich wegen mangelnder
Zugänglichkeit mag das Gleiche auch für die umfassende Darstellung Hans Mommsen (mit Manfred
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Einige Beispiele: Waclaw Długoborski / Czeslaw Madajczyk, Ausbeutungssysteme in den besetzten Gebieten Polens und der
UdSSR, in: Friedrich Forstmeier / Hans-Erich Volkmann (Hrsg.), Kriegswirtschaft und Rüstung 1939-1945, Düsseldorf 1977,
S.375-416; Waclaw Długoborski (Hrsg.), Zweiter Weltkrieg und sozialer Wandel. Achsenmächte und besetzte Länder, Göttingen
1981; Waclaw Długoborski, Die deutsche Besatzungspolitik gegenüber Polen, in: Karl Dietrich Bracher / Manfred Funke / HansAdolf Jacobsen (Hrsg.), Nationalsozialistische Diktatur 1933-1945. Eine Bilanz, Bonn 1986, S.572-591; Czeslaw Madajczyk,
Deutsche Besatzungspolitik in Polen, in der UdSSR und in den Ländern Südosteuropas, in: Karl Dietrich Bracher / Manfred
Funke / Hans-Adolf Jacobsen (Hrsg.), Deutschland 1933-1945. Neue Studien zur nationalsozialistischen Herrschaft, Bonn 1992,
S.426-439.
Vgl. Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.): Die OstarbeiterInnen. Opfer zweier Diktaturen, Köln 1994, S.5 und S.9; Ulrich Herbert
(Hrsg.), Europa und der "Reichseinsatz". Ausländische Zivilarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge in Deutschland
1938-1945, Essen 1991, S.16f.
Ulrich Herbert, Fremdarbeiter, Politik und Praxis des "Ausländereinsatzes" in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches, Bonn
1985; ders. (Hrsg.), Europa und der "Reichseinsatz". Ausländische Zivilarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge in
Deutschland 1938-1945, Essen 1991.
Vgl. Eiber, Verfolgung-Ausbeutung-Vernichtung, S.9; Birgit Schneider-Bönninger, Geschichte der Gedenkstätten in der Stadt
Wolfsburg, in: Topographie der Erinnerung. Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus im Gebiet der
Braunschweigischen Landschaft, hrsg. von der Braunschweigischen Landschaft e.V., Braunschweig 2004, S.167-173, hier:
S.168f.
Karl Liedke, Gesichter der Zwangsarbeit. Polen in Braunschweig 1939-1945, Braunschweig 1997; Janet Anschütz / Irmtraud
Heike, Feinde im eigenen Land. Zwangsarbeit in Hannover im Zweiten Weltkrieg, Hannover 2000.
Angelika Heider, Erinnerungen ehemaliger "Ostarbeiter", in: Dachauer Hefte 16 (2000), S.71-86; Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.),
Die OstarbeiterInnen. Opfer zweier Diktaturen, Köln 1994.
Vgl. Schneider-Bönninger, Geschichte der Gedenkstätten in der Stadt Wolfsburg, S.169ff.
Nachforschungen in sowjetischen Archiven oder Befragungen ehemaliger "Ostarbeiter" waren bis Anfang der 90er Jahre kaum möglich. Erst die
Einrichtung von Entschädigungsfonds durch die Regierung Kohl ab Ende 1992 bzw. die damit verbundene Gründung von Nationalstiftungen in den
größeren Nachfolgestaaten der UdSSR schufen hierfür günstigere Voraussetzungen. Vgl. Heinrich-Böll-Stiftung, Die OstarbeiterInnen, S.10f.
Grieger), Das Volkswagenwerk und seine Arbeiter im Dritten Reich, Düsseldorf, 1996 gelten.
Auch in den "Historischen Notaten", der Schriftenreihe des Unternehmensarchivs der Volkswagen AG,
fehlt bislang ein autobiographischer Bericht, der in ähnlicher Weise wie die bisher erschienenen Erinnerungen
französischer, niederländischer und polnischer Zwangsarbeiter Aufschluss über die Lage der "Ostarbeiter" im
damaligen Volkswagenwerk geben könnte.
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1.2. FORSCHUNSAUFTRAG UND -METHODE
Somit bestand eine Forschungslücke zur Lage der sowjetischen Zwangsarbeiter in der "Stadt des KdFWagens", immerhin der größten Ausländergruppe im Volkswagenwerk. Daher war es das Ziel eines zweijährigen Forschungsprojektes, Erinnerungsberichte ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus
der Ukraine zu erhalten. Sie bilden die Quellengrundlage dieser Publikation, deren Ziel eine Darstellung der
Lage der "Ostarbeiter" im damaligen Volkswagenwerk ist, die die Binnensicht der Betroffenen angemessen
berücksichtigt.
Um die Glaubwürdigkeit der Aussagen zu überprüfen, werden sie in den Zusammenhang mit der
allgemeinen Lage der "Ostarbeiter" in der NS-Kriegswirtschaft gestellt. Da auch die Betriebsebene dank
Mommsen/Grieger gründlich erforscht ist, können ihre Ergebnisse ebenfalls in die Darstellung einbezogen
werden. Auf ihre Publikation wird Bezug genommen, um die Aussagen der "Ostarbeiter" in den historischen
Zusammenhang der Betriebsebene zu stellen und dadurch auch die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen deutlich
zu machen.
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1.3. QUELLENLAGE
Generell ist die archivalische Quellenlage zum Zwangsarbeitereinsatz recht bescheiden, die meisten
Firmenarchive existieren nicht mehr, sei es als Folge von Luftangriffen, absichtlicher Vernichtung oder Desinteresse der Firmenleitungen. Auch grundsätzlich dürften deutsche Firmen- und Behördenakten den Alltag von
Zwangsarbeitern in den Wohnlagern und an den Arbeitsstätten, also die Lebenssituation der Betroffenen, nur
in begrenztem Umfang widerspiegeln. D.h., eine Beschränkung auf derartige Archivbestände würde das
Augenmerk des Historikers auf die Arbeitsweise deutscher Behörden, Ämter und Unternehmen fokussieren
und die Sichtweise der Betroffenen vernachlässigen. Die unzureichende Überlieferung in den Archiven zwingt
also geradezu zur Erschließung neuer Quellen, wobei v.a. die Befragung von Zeitzeugen naheliegt.
Unabdingbar für ein solches Vorhaben ist jedoch die Verfügbarkeit aktueller Adressen ehemaliger
Zwangsarbeiter. Vor Beginn dieses Forschungsprojekts war mit dem National Fund in Kiew die Überlassung
einer Adressenliste vereinbart worden. Nach Beginn der Maßnahme zeigte sich diese Institution jedoch wenig
kooperativ, trotz gemachter Zusagen kam die vereinbarte Überlassung von Adressen nicht zustande; als Folge
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STO à KdF 1943-1945 die Erinnerungen des Jean Baudet, Historische Notate 4 ( = Schriftenreihe des Unternehmensarchivs der Volkswagen
AG), Wolfsburg 2000; Henk `t Hoen, Zwei Jahre Volkswagenwerk: als niederländischer Student im Volkswagenwerk von Mai 1943 bis Mai 1945,
Historische Notate 6, Wolfsburg 2002; Abfahrt ins Ungewisse. Drei Polen berichten über ihre Zwangsarbeit im Volkswagenwerk von Herbst 1942
bis Sommer 1945, Historische Notate 9, Wolfsburg 2004.
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Ende 1942 befanden sich 3233 Ostarbeiter im Werk, darunter 1477 Frauen. Vgl. Hans Mommsen (mit Manfred Grieger), Das Volkswagenwerk
und seine Arbeiter im Dritten Reich, Düsseldorf 1996, S.568f.
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Obwohl Erinnerungsberichte für die Beschreibung des Arbeitseinsatzes und der Existenzbedingungen eine wichtige Quelle darstellen, handelt
es sich dabei immer um subjektive Erinnerungen, die nach Zeithorizont und Erinnerungsvermögen unterschiedlich aussagekräftig sind. Zur
Problematik dieser Quellengattung: Ulrike Jureit / Karin Orth, Überlebensgespräche, Gespräche mit Überlebenden des KZ-Neuengamme,
Hamburg 1994, S.12f.; Jens-Christian Wagner, Produktion des Todes. Das KZ Mittelbau-Dora, Göttingen 2001, S. 29 ff. und S. 432; Historische
Notate 4, S.7 und S.12; Historische Notate 9, S.16ff.
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Ziel dieser umfassenden Studie war nicht die isolierte Betrachtung bzw. deskriptive Darstellung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der
Zwangsarbeiter, sondern in erster Linie die systematische Analyse des Gesamtkomplexes "Zwangsarbeit" auf betrieblicher Ebene – insbesondere
von Entscheidungen des Managements - unter besonderer Berücksichtigung der sich laufend verändernden Situation des Unternehmens im
Rahmen der deutschen Kriegswirtschaft: Vgl. Mommsen / Grieger, S.19f. und S.44. S.a. Klaus Kocks / Hans-Jürgen Uhl, "Aus der Geschichte
lernen" Anmerkungen zur Auseinandersetzung von Belegschaft, Arbeitnehmervertretung, Management und Unternehmensleitung bei Volkswagen
mit der Zwangsarbeit im Dritten Reich, Historische Notate 1, Schriftenreihe des Unternehmensarchivs der Volkswagen AG, Wolfsburg 1999, S.14f;
Schneider-Bönninger, Geschichte der Gedenkstätten in der Stadt Wolfsburg, S.172f. Auch Siegfried hat den weiteren Forschungsbedarf in dieser
Richtung verortet. Vgl. Klaus-Jörg Siegfried, Das Leben der Zwangsarbeiter im Volkswagenwerk, Frankfurt/M. 1988, S.261.
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Entsprechend dem Charakter dieser Quellengattung nehmen Zitate aus den Erinnerungsberichten der Befragten im Rahmen der Darstellung
einen größeren Raum ein. S.a. Klaus-Jörg Siegfried, Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit im Volkswagenwerk 1939-1945, Frankfurt/M. 1986,
S.7; Liedke, S.5.
verzögerte sich der Beginn der Zeitzeugenbefragung um Monate. Schließlich gelang es dem Verfasser - dank
Vermittlung der Heinrich-Böll-Stiftung - 600 Adressen von der Moskauer Stiftung "Memorial" zu erhalten. 270
ehemalige "Ostarbeiter" wurden schließlich angeschrieben, davon sandten bisher 72 Personen - 27 Männer
und 45 Frauen - einen Fragebogen zurück. Die überwiegende Zahl der Antworten kam aus der Ukraine (69),
zwei Briefe kamen aus Weißrussland, einer aus Russland. Natürlich waren mit der Befragung nicht
unerhebliche Übersetzungsarbeiten verbunden, finanziert wurden diese vom "Versöhnungsfonds der
Katholischen Kirche in Deutschland" bzw. der "Solidaritätsaktion Renovabis".
Die Aussagekraft der Fragebögen ist sehr unterschiedlich, sie reicht vom 30-seitigen Erinnerungsbericht
bis zu äußerst knapp gehaltenen Minimalauskünften mit Ja/Nein-Antworten. Die Beteiligung dürfte in
einzelnen Fällen aus einem Interesse an einer Verbesserung der eigenen Position in der Entschädigungsfrage
erfolgt sein, andererseits äußerten nicht wenige der Befragten ein genuines Interesse an dem Vorhaben und
betonten die Notwendigkeit der historischen Aufarbeitung.
Erklärungsbedürftig sind die Ursachen für die etwas niedrige Rücklaufquote, etwa im Vergleich zur
Untersuchung Karl Liedkes, und die häufig knapp gehaltenen Antworten. In Polen und Westeuropa wurde der
"Zwangsarbeit in Deutschland" ein anderer Stellenwert beigemessen als in den Ländern der früheren UdSSR,
wo ehemalige Zwangsarbeiter pauschal unter Kollaborationsverdacht standen und nicht selten unter
Diskriminierun-gen oder Schlimmerem zu leiden hatten. Entsprechend vorsichtig und zurückhaltend wird
noch heute mit Informationen über das eigene Schicksal umgegangen; die Quote aussagekräftiger
Lebensgeschichten lag bei einer Anfang der 90er Jahre durchgeführten Fragebogenaktion der Stiftung
Memorial bzw. der Heinrich-Böll-Stiftung bei nur etwa fünf Prozent aller Antwortschreiben.
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ZUM INHALT DES FRAGEBOGENS
Der Fragebogen diente zunächst zur Erhebung der Basisdaten, außerdem wurden Fragen zu folgenden
Themenbereichen gestellt:
• Zeitraum vor der Deportation (Beruf der Eltern, Schulbildung),
• Umstände und Dauer der Deportation, sowie Deportationsweg,
• Arbeitseinsatz,
• Leben im Wohnlager,
• Rückkehr in die UdSSR,
• Berufliche Tätigkeit in der UdSSR.
Im Begleitschreiben wurde auch explizit nach individuellen oder charakteristischen Erlebnissen in der
"Stadt des KdF-Wagens" und im damaligen Volkswagenwerk gefragt, so dass mit den Fragebögen auch eine
Reihe von persönlichen Briefen eintrafen, die die gewünschten Angaben enthielten. Außerdem waren die
Angeschriebenen um Kopien von zeitgenössischen Fotos und Dokumenten, d.h. soweit vorhanden, gebeten
worden. Tatsächlich wurden privat aufgenommene Gruppen- und Porträtaufnahmen, aber auch Fotos von
Werksausweisen übersandt, meist als Fotokopie, aber auch einige Originalabzüge. Generell ist aber auch hier
weniger Material verfügbar als bei anderen Zwangsarbeitergruppen, da Unterlagen zum Arbeitseinsatz in
Deutschland nicht selten vernichtet wurden, um sich selbst nicht zu belasten.
1.4. ARBEITSKRÄFTEMANGEL IN DER NS-KRIEGSWIRTSCHAFT
Schon vor Kriegsausbruch war der Arbeitskräftemangel eines der zentralen Probleme der deutschen
Wirtschaft. Im Zuge der nationalsozialistischen Aufrüstungspolitik, sowie der verschiedenen Bauprogramme
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Diese Stiftungen verfügen über eine Datenbank mit den Namen von 400.000 ehemaligen "Ostarbeitern". Vgl. Heinrich-Böll-Stiftung, Die
OstarbeiterInnen, S.12.
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Für die mühevolle Arbeit des Übersetzens ist an dieser Stelle Frau Rosa Reiner und Herrn Oleg Fell zu danken.
Vgl. Liedke, S.17f.: Der Rücklauf lag bei 490 von 1116 angeschriebenen Personen.
Nach offiziellen sowjetischen Angaben wurden bis zum März 1946 2,43 Millionen Sowjetbürger repatriiert, 800.000 dienten in
den Streitkräften, 608.000 in Arbeitsbataillonen des Volkskommissariat für Verteidigung und 273.000 kamen in ein Arbeitslager
des GULAG. Vgl. Bernd Bonwetsch, Sowjetische Zwangsarbeiter vor und nach 1945. Ein doppelter Leidensweg, in: Jahrbücher
für die Geschichte Osteuropas (41) 1993, S.539. S.a. Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.45; Mommsen / Grieger, S.598.
Vgl. Heinrich-Böll-Stiftung, Die OstarbeiterInnen, S.5f. und S.8f.
(Autobahnen, Westwall) herrschte in Deutschland schon ab 1938 quasi Vollbeschäftigung. Entsprechend
schnell wurden die Arbeitskraftreserven Österreichs und der Tschechoslowakischen Republik absorbiert. Nach
Kriegsausbruch verschärfte sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt durch die Einberufungen zur Wehrmacht,
dementsprechend war der Zugriff auf polnische Arbeitskräfte ein wesentliches Kriegsziel und auch die Arbeitskraftreserven der besetzten westeuropäischen Länder wurden der NS-Kriegswirtschaft zugeführt. Bis zum
Überfall auf die Sowjetunion wurde die Zahl der Ausländer in Deutschland bei 3 Millionen "eingefroren".
Nach dem Scheitern des Russlandfeldzuges im Winter 1941/42 verschärfte sich die Lage auf dem
deutschen Arbeitsmarkt erneut: die Umstellung auf einen langen Abnutzungskrieg erzwang die Aufstellung
neuer Divisionen und den Ausgleich der Verluste. Als Folge fehlten 500.000 Arbeitskräfte in der
Landwirtschaft, 50.000 im Bergbau, 300.000 im Metallbereich und 140.000 in der Bauindustrie. Da mit einer
baldigen Rückkehr deutscher Soldaten an ihre Arbeitsplätze nicht mehr zu rechnen war, mussten andere
Lösungen für das Arbeitskräfteproblem ins Auge gefasst werden. Die NS-Führung setzte auf den bereits
beschrittenen Weg des "Ausländereinsatzes". Spätestens seit Herbst 1941 war dieser für die deutsche
Kriegswirtschaft unverzichtbar geworden, d.h. nur der Einsatz von Millionen von "Fremdarbeitern" ermöglichte
der NS-Führung die Fortsetzung des Krieges. Alle anderen Arbeitskraftreserven des "Volks ohne Raum" waren
zu diesem Zeitpunkt bereits erschöpft oder sollten aus ideologischen Gründen nicht herangezogen werden.
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Aus politischen Gründen war auch der Einsatz der sowjetischen Kriegsgefangenen zunächst untersagt
worden. So hatten Hitlers Kriegsziele für die UdSSR v.a. die rücksichtslose wirtschaftliche Ausbeutung des
Landes und die Dezimierung der Bevölkerung vorgesehen; das einheimische Arbeitskräftepotential sollte
hingegen nur in geringem Umfang genutzt werden. Auch die Pläne der Militärführung zur Behandlung der
sowjetischen Kriegsgefangenen orientierten sich an diesen politischen Vorgaben: trotz der Erwartung eines
weiteren Blitzsiegs wurden zu Beginn des "Unternehmens Barbarossa" kaum Vorkehrungen hinsichtlich Unterkunft, Transport, Verpflegung der zu erwartenden 2-3 Millionen Kriegsgefangenen getroffen. Als Folge begann
schon nach wenigen Wochen ein Massensterben der sowjetischen Kriegsgefangenen, dabei kamen 60 % der
bis Ende des Jahres 1941 in deutsche Gefangenschaft geratenen 3.350.000 sowjetischen Soldaten um.
Auch Unternehmer und Behörden wollten zunächst auf die "Bolschewisten", die man für wenig
arbeitsfähig hielt, verzichten. Erst als man nicht mehr auf die Rückkehr deutscher Soldaten hoffen konnte,
drängten Industrie und Wirtschaftsbehörden auf den Arbeitseinsatz der sowjetischen Gefangenen. Der
Ruhrbergbau erreichte als erster die Zulassung sowjetischer Kriegsgefangener zum Arbeitseinsatz im
Reichsgebiet; im Oktober/November 1941 ergingen die Genehmigungen Hitlers und Görings. Doch der
endgültige Kurswechsel sollte sich noch bis zum Frühjahr 1942 hinziehen. Als dann die umfassende
Reorganisation der Rüstungswirtschaft eingeleitet wurde, mussten die Behörden feststellen, dass gar nicht
mehr genügend russische Kriegsgefangene vorhanden waren. Zuständig für die Gesamtorganisation des
31
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34
28
29
Vgl. Fritz Blaich, Wirtschaft und Rüstung im "Dritten Reich", Düsseldorf 1987, S.36f. S.a. Homze, S.67f; Historische Notate 9, S.11.
Vgl. Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.27; Blaich, S.36f.
30
So war Hitler bis 1943 prinzipiell gegen alle Pläne verstärkt deutsche Frauen zur Arbeit heranzuziehen. In den ersten Kriegsjahren war die Zahl
der berufstätigen Frauen sogar von 14,6 auf 14,2 Mio. zurückgegangen. Vgl. Andreas Kranig, Arbeitnehmer, Arbeitsbeziehungen und Sozialpolitik
unter dem Nationalsozialismus, in: Karl Dietrich Bracher / Manfred Funke / Hans-Adolf Jacobsen (Hrsg.), Deutschland 1933-1945. Neue Studien
zur nationalsozialistischen Herrschaft, Bonn 1992, S.135-152, hier: S.151; Rolf-Dieter Müller, Grundzüge der deutschen Kriegswirtschaft, 1939 bis
1945, in: Bracher / Funke / Jacobsen, Deutschland 1933-1945, S.357-376, hier: S.364f.; Rita R. Thalmann,: Zwischen Mutterkreuz und
Rüstungsbetrieb: Zur Rolle der Frau im Dritten Reich, in: Bracher / Funke / Jacobsen, Deutschland 1933-1945, S.198-217, hier: S.210f.; Homze,
S.100f.; Herbert, Europa und der "Reichseinsatz, S.8.
31
Vgl. Homze, S.70ff.; Madajczyk, Deutsche Besatzungspolitik, S.432ff.: Der "Generalplan Ost" zeigt die Zielsetzungen auf: aus einem Gebiet,
bestehend aus Polen, Westukraine, Baltenstaaten sollten 30 Millionen Menschen der einheimischen Bevölkerung nach Sibirien "ausgesiedelt"
werden. S.a. Długoborski, Zweiter Weltkrieg und sozialer Wandel, S.36ff.: Hitlers Ostkriegskonzeption beinhaltete u.a. folgende Ziele: 1. Ausrottung
der "jüdisch-bolschewistischen" Führungsschicht, 2. Gewinnung von Kolonialraum für deutsche Siedler; 3. Dezimierung der "slawischen Massen"
und ihre Unterwerfung unter die deutsche Herrschaft.
32
Vgl. Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.26; ders., Europa und der "Reichseinsatz, S.10f.; Homze, S.67; Blaich, S.36f.
33
Vgl. Herbert, Arbeit und Vernichtung, S.398f. S.a. ders., Fremdarbeiter, S.152; Christian Streit, Sozialpolitische Aspekte der Behandlung der
sowjetischen Kriegsgefangene, in: Waclaw Długoborski (Hrsg.), Zweiter Weltkrieg und sozialer Wandel. Achsenmächte und besetzte Länder,
Göttingen 1981, S.184-196; hier: S.184; Homze, S.80ff.; Herbert, Europa und der "Reichseinsatz, S.10f.; Mommsen / Grieger, S.544f.; Blaich,
S.36f.
34
Vgl. Homze, S.77; Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.27; ders., Europa und der "Reichseinsatz, S.10f.; Holger Menne / Michael Fahrenkopf,
Zwangsarbeit im Ruhrbergbau während des Zweiten Weltkrieges, Bochum 2004, S.15f.; Mommsen / Grieger, S.549: Eine Genehmigung zum
Einsatz in der Industrie wäre auch zu offensichtlich ein Eingeständnis der mangelnden militärischen Voraussicht des "Führers" gewesen und
unterblieb darum bis zum Frühjahr 1942.
Ausländereinsatzes war zu diesem Zeitpunkt die Geschäfts-gruppe Arbeitseinsatz der VierjahresplanBehörde; deren Leiter, Werner Mansfeld, Ministerialdirektor im Reichs-arbeitsministerium, schrieb im Februar
1942: "Die gegenwärtigen Schwierigkeiten im Arbeitseinsatz wären nicht entstanden, wenn man sich
rechtzeitig zu einem großzügigen Einsatz russischer Kriegsgefangener entschlossen hätte. Es standen 3,9
Millionen Russen zur Verfügung, davon sind nur noch 1,1 Millionen übrig. Allein vom November 41 bis Januar
42 sind 500.000 Russen gestorben. Von den 3.350.000 sowjetischen Kriegsgefangenen des Jahres 1941
wurden insgesamt bis Ende März 1942 nur 166.881 zur Arbeit eingesetzt: fünf Prozent."
Nachdem die NS-Führung erst Millionen potenzieller Arbeitskräfte hatte umkommen lassen, musste sie
nun verstärkte Maßnahmen zur Rekrutierung neuer Arbeitskräfte einleiten. Reichsmarschall Göring ordnete
darum Anfang 1942 die Anwerbung und den Einsatz sowjetischer Zivilarbeiter an, dazu eine Mitteilung des
Chefs der Ordnungspolizei an die Höheren SS- und Polizeiführer vom 17. Januar 1942:
"1) Der Reichsmarschall hat die Anwerbung von Arbeitskräften größten Umfangs aus den gesamten besetzten
sowjetrussischen Gebieten und ihren Arbeitseinsatz im Reichsgebiet angeordnet. ...
2) Die Erfassung der russischen Arbeitskräfte in den besetzten Gebieten erfolgt durch Anwerbekommissionen
des Reichsarbeitsministeriums, die ihre Tätigkeit bereits aufgenommen haben."
DER GENERALBEVOLLMÄCHTIGTE FÜR DEN ARBEITSEINSATZ
35
36
37
Das Ende der Blitzkriegphase und die Neuorganisation der Kriegswirtschaft im Frühjahr 1942 schlug sich
auch in der Errichtung einer neuen Zentralbehörde für den Arbeitseinsatz nieder: am 21. März 1942 ernannte
Hitler den Gauleiter von Thüringen, Fritz Sauckel, zum "Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz"
(GBA). Sauckel sollte insbesondere die Zivilarbeiter in den besetzten Gebieten Europas der NSKriegswirtschaft zuführen. Da sich die Kriegslage jedoch gegen Deutschland gewendet hatte, waren immer
weniger Ausländer zum freiwilligen Einsatz bereit; Sauckel ging darum zur Zwangsrekrutierung arbeitsfähiger
Personen über. Die größte Gruppe der Zwangsarbeiter bildeten die "Ostarbeiter" aus der UdSSR: bis zum 30.
Juni 1944 wurden 2,8 Millionen Sowjetbürger ins Reich deportiert, im September 1944 stellten sie 38,7% aller
ausländischen Arbeitskräfte.
Sauckel hatte zunächst darauf gesetzt, dass eine harte Besatzungspolitik in den besetzten Gebieten der
UdSSR den Willen zur "freiwilligen" Arbeitsaufnahme im Reich verbessern würde; bis August 1942 war die
Zahl der Freiwilligen aber erschöpft. Danach griff die deutsche Verwaltung, d.h. die Reichskommissare für die
besetzten Ostgebiete und die Arbeitseinsatzdienststellen der Militär- und Zivilverwaltungen, zu immer
drastischeren Rekrutierungsmethoden. Vertreter anderer Behörden sprachen von regelrechten
Sklavenjagden, denn mittels Razzien, Dorfumstellungen, Dienstverpflichtungen ganzer Jahrgänge etc. sollte
der Arbeitskräfte-bedarf der deutschen Wirtschaft gedeckt werden. Vom 1. April bis zum 31. Dezember 1942
38
39
40
41
42
35
Zitiert nach: Herbert, "Der "Ausländereinsatz", S.27. S.a. Blaich, S.38f.; Homze, S.80ff.; Menne / Fahrenkopf, S.16; Mommsen / Grieger, S.550.
36
Vgl. Herbert, Europa und der "Reichseinsatz", S.10f.; Mommsen / Grieger, S.529.
37
38
39
40
41
42
Schnellbrief des Chef der Ordnungspolizei, betr. Anwerbung und Arbeitseinsatz sowjetrussischer Arbeitskräfte, Berlin, 17.
Januar 1942, Nds. Staatsarchiv Wolfenbüttel (Im folgenden: Nds. StA WF), Bestand 12 Neu Fb. 13b, Nr. 15748. S.a. Siegfried,
Leben der Zwangsarbeiter, S.165f.
Vgl. Verordnung über die Einsatzbedingungen der Ostarbeiter vom 30. Juni 1942, RGBl., S.419, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu
18 Nr. 783: "Begriff des Ostarbeiters - §1 – Ostarbeiter sind diejenigen Arbeitskräfte nichtdeutscher Volkszugehörigkeit, die im
Reichskommissariat Ukraine, im Generalkommissariat Weißruthenien oder in Gebieten, die östlich an diese Gebiete und an den
früheren Freistaaten Lettland und Estland angrenzen, erfasst und nach der Besetzung durch die deutsche Wehrmacht in das
Deutsche Reich einschließlich des Protektorats Böhmen und Mähren gebracht und hier eingesetzt werden."
Vgl. Herbert, Europa und der "Reichseinsatz", S.10f.; Rolf-Dieter Müller, Die Rekrutierung sowjetischer Zwangsarbeiter für die
deutsche Kriegswirtschaft, in: Ulrich Herbert (Hrsg.), Europa und der "Reichseinsatz". Ausländische Zivilarbeiter,
Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge in Deutschland 1938-1945, Essen 1991, S.234-250, hier: S.234; Blaich, S.36f.; Czeslaw
Luczak, Polnische Arbeiter im nationalsozialistischen Deutschland während des Zweiten Weltkriegs. Entwicklung und Aufgaben
der polnischen Forschung, S.90-106, hier: S.99; Historische Notate 4, S.10. – Im Generalgouvernement war es allerdings schon
vor der Bestellung Sauckels zu Zwangsrekrutierung von Arbeitskräften mittels Straßenrazzien, Massenaushebungen etc.
gekommen. Vgl. Długoborski, deutsche Besatzungspolitik, S.575; Heider, S.71.
Vgl. Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.165f.; Müller, Die Rekrutierung sowjetischer Zwangsarbeiter, S.238f.: Den
Gedanken, um sowjetische Arbeitskräfte "werben" zu müssen, empfanden überzeugte Nazis zudem als Zumutung, sie sahen in
ihnen weiterhin "Untermenschen", nur mit dem Unterschied, dass man vorübergehend auf ihre Arbeitskraft angewiesen war.
In einem geheimen Memorandum charakterisierte Otto Bräutigam, stellvertretender Abteilungsleiter der Politischen Abteilung
des Ostministeriums, die deutschen Rekrutierungsmethoden als "regelrechte Menschenjagden". Vgl. Homze, S.155 und S.161.
Der SD- und Polizeichef des Reichskommissars Ukraine hatte bereits am 18. März 1942 folgenden Befehl herausgegeben: "3. Aktivität der
wurden 1.416.000 zivile Arbeitskräfte aus den besetzten Gebieten der UdSSR verschleppt, wöchentlich etwa
40.000, der Frauenan-teil lag bei 50 %, das Durchschnittsalter bei 20 Jahren. 1943 ordnete Sauckel zunächst
die Rekrutierung der Jahrgänge 1922-1925 an, also aller 18-21jährigen. Da bis August 1943 die
vorgegebenen Quoten nicht erfüllt worden waren, ordnete er auch die Rekrutierung und Deportation der
Jahrgänge 1926 und 1927 an.
Aber weder im Osten noch im Westen Europas konnten die "Sauckel-Aktionen" die von der Rüstungswirtschaft geforderten Stückzahlen erbringen, die zunehmende Brutalität der Aktionen forderte vielmehr den
Widerstand der Bevölkerung heraus. Auch Informationen über die Lebens- und Arbeitsbedingungen der
Fremdarbeiter in Deutschland erreichten die Heimatländer sehr schnell. Da deutsche Arbeitgeber und
Behörden sich nicht mit kranken und arbeitsunfähigen "Ostarbeitern" belasten wollten, wurden diese wieder
zurücktrans-portiert und konnten ihre Erfahrungen mitteilen. Viele, die Sauckel entkamen, schlossen sich den
nationalen Widerstandsbewegungen an. Da Sauckels Rekrutierungsmaßnahmen die Partisanenbewegung
gestärkt hatten, wurde der GBA von der Armee deutlich kritisiert.
Mit dem ab August 1943 beginnenden deutschen Rückzug gestaltete sich die weitere Rekrutierung sehr
schwierig. Zwar griff die Wehrmacht zum Mittel der Zwangsevakuierung, um der vorrückenden Roten Armee
keine potentiellen Waffenträger zu überlassen; trotzdem musste Sauckel der Zentralen Planung am 1. März
1944 mitteilen, dass von September 1943 bis Februar 1944 nur noch 112.000 neue Arbeitskräfte aus dem
Osten gekommen seien. Im Juli 1944 war die Rekrutierung in Russland praktisch beendet, da die Rote Armee
die von den Deutschen besetzten Gebiete der UdSSR zurückerobert hatte.
43
44
45
46
1943 - POLITISCHER KURSWECHSEL
Nach der Niederlage von Stalingrad und mit dem Beginn des "totalen Krieges" versuchte man die
einheimische Bevölkerung der besetzten Gebiete für den Kampf gegen den Bolschewismus zu gewinnen,
nach der vorangegangenen Behandlung natürlich ohne großen Erfolg. Diese Chance, die zu Kriegsbeginn
bestanden hatte, war durch den Tod von Millionen sowjetischer Kriegsgefangener verspielt worden.
Der politische Richtungswechsel berührte auch den Einsatz der "Ostarbeiter" im Reich. Zwar hatte man
im Jahr 1942 enorme Anstrengungen unternommen, um massenhaft Ausländer zum Arbeitseinsatz ins Reich
zu transportieren, gleichzeitig blieb aber der Primat des Rassismus erhalten. Als Folge wurden die
Lebensumstände der "Ostarbeiter" denkbar schlecht ausgestaltet, die Lage der Polen war nur wenig besser.
Der großzügige Umgang mit der Arbeitskraft der "Ostarbeiter" fußte auf der Vorstellung, dass man problemlos
weitere Millionen ins Reich würde deportieren können. Die Kriegswende von Stalingrad Anfang 1943
veränderte jedoch diese Einschätzung. Da die Armeen der Ostfront verstärkt deutsche Rüstungsarbeiter
einzogen, fehlten der NS-Kriegswirtschaft im ersten Halbjahr 1943 weitere 1,5 Millionen Arbeitskräfte. Mit den
bisherigen Methoden war diese Lücke nicht mehr zu schließen; die Arbeitsleistung der Ausländer musste also
drastisch erhöht werden – denn hier lagen die größten Produktivitätsreserven. Dies setzte aber eine gewisse
politische Aufwertung der "Ostarbeiter" voraus, Goebbels startete darum Propaganda-Kampagnen wie
"Europäische Arbeiter gegen den Bolschewismus". Weitere Folgen des Richtungswechsels waren eine
Erhöhung der Verpflegungssätze, eine Verbesserung der Ausgangsregeln und der Arbeitsbedingungen,
außerdem wurden mehr "Ostarbeiter" angelernt. Die Betriebe erhielten damit die Möglichkeit, ihre
"Ostarbeiter" effektiver einzusetzen. Doch viele der diskriminierenden Vorschriften der Sicherheitsbehörden
47
Arbeitsverwaltung ist so weit wie möglich auszudehnen. Zwangsmaßnahmen können nicht immer vermieden werden. Freigelassene Gefangene
werden der Arbeitsverwaltung zur Verfügung überlassen. Bei Dorfdurchsuchungen kann die ganze Dorfbevölkerung dem Chef der
Arbeitsverwaltung zur Verfügung gestellt werden. ..." zitiert nach: Homze, S.155 (Übersetzung aus dem Amerikanischen); s.a. S. 160.
43
44
45
46
47
Vgl. Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.30; Müller, Die Rekrutierung sowjetischer Zwangsarbeiter, S.238f. und S.242f.; ders.,
Grundzüge der deutschen Kriegswirtschaft, S. 368f.; Blaich, S.36f.; Homze, S.73f. und S.161.
Vgl. Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.31; ders., Europa und der "Reichseinsatz", S.14ff.; Müller, Die Rekrutierung sowjetischer
Zwangsarbeiter, S.238ff.; Blaich, S.36ff.; Hans Werner Neulen, Deutsche Besatzungspolitik in Westeuropa – Zwischen
Unterdrückung und Kollaboration, in: Karl Dietrich Bracher / Manfred Funke / Hans-Adolf Jacobsen (Hrsg.), Neue Studien zur
nationalsozialistischen Herrschaft, Bonn 1992, S.404-425, hier: S.417: "Tatsächlich hat kaum eine Aktion der Besatzungsmacht
den Hass der unterdrückten Bevölkerung so herausgefordert wie die Zwangsverschickung einheimischer Arbeitskräfte ins
Reich."
Vgl. Homze, S.156f. und S.161.
Vgl. ebd., S.161ff.; Müller, Die Rekrutierung sowjetischer Zwangsarbeiter, S.234 und S.246f.
Vgl. Madajczyk, Deutsche Besatzungspolitik, S.434f.; Müller, Die Rekrutierung sowjetischer Zwangsarbeiter, S.237.
blieben weiter in Kraft.
Parallel zu den innenpolitischen Maßnahmen wurde die Zwangsrekrutierung in Europa immer brutaler
durchgeführt. Zwischen Anfang 1943 und Kriegsende gelangten noch einmal 2,5 Millionen ausländischer
Zivilarbeiter ins Reich. Am 31. Mai 1944 arbeiteten 7.126.000 ausländische Arbeitskräfte in Deutschland, bis
zum Herbst stieg ihre Zahl auf 7,7 Millionen an, damit war jede fünfte Arbeitskraft ein Ausländer – nicht
eingerechnet die 650.000 KZ-Häftlinge. Von den 7,7 Millionen waren 1,9 Millionen Kriegsgefangene und 5,7
Millionen zivile Arbeitskräfte. 2,8 Millionen kamen aus der Sowjetunion, 1,7 Millionen aus Polen, 1,3 Millionen
aus Frankreich, 600.000 aus Italien. Als Folge war Deutschland mit einem Netz von Lagern überzogen,
insgesamt gab es im Reich wohl über 20.000 Ausländerlager.
48
49
48
Vgl. Homze, S. 175ff. und S.209; Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.34f.; ders., Europa und der "Reichseinsatz", S.12f.; Müller, Die
Rekrutierung sowjetischer Zwangsarbeiter, S.234; Mommsen / Grieger, S.534 und S.595; Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.100f. und S.199f.
49
Vgl. Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.13 und S.34f.; Homze, S.175; Martin Weinmann / Anne Kaiser / Ursula Schmitt-Krause (Hrsg.), Das
Nationalsozialistische Lagersystem, Frankfurt/Main 1990, S.LXXXVI; Historische Notate 1, S.6; Herbert, Europa und der "Reichseinsatz", S.12f.
und S.7: Weitere 300.000 kamen aus der Tschechoslowakei und je 250.000 aus Belgien und den Niederlanden, 180.000 aus Jugoslawien. Diese
Zahlen beziehen sich nur auf den Herbst 1944, insgesamt waren während des Krieges wesentlich mehr Ausländer eingesetzt, ungefähr 9,5
Millionen.
Tabelle 1: Zivilarbeitskräfte in Tausend50
Datum:
dt. Männer
dt. Frauen
31.5.1939
24.488
14.625
31.5.1940
20.449
14.386
31.5.1941
18.990
14.167
31.5.1942
16.864
14.437
31.5.1943
15.462
14.806
31.5.1944
14.175
14.808
30.9.1944
13.535
14.897
Ausländer
301
1.154
3.033
4.224
6.260
7.126
7.487
%
0,8
3,2
8,4
11,7
17,1
19,7
20,8
Gesamtzahl
39.405
35.983
36.177
35.526
36.529
36.110
35.919
Tabelle 2: Verteilung der Fremdarbeiter auf Branchen in % der Gesamtausländerzahl51
1940
1942
1944
Landwirtschaft
51
45
34
Industrie
29
36
45
Handwerk
9
7
7
Transport
4
5
6
Verteilung
2
3
3
Verwaltung
2
2
3
Privat. Haushalte
2
2
1
Gesamt
100
100
100
Tabelle 3: Verteilung der Fremdarbeiter auf Branchen in % der Gesamtbeschäftigtenzahl52
1939
1940
1941
1942
1943
1944
Landwirtschaft
1
6
13
18
20
22
Industrie
1
3
9
14
26
29
Handwerk
1
3
8
9
13
16
Transport
1
2
4
8
13
17
Verteilung (Handel)
2
3
5
7
Verwaltung
1
3
3
5
6
Privat. Haushalte
1
2
5
5
5
Sonstige
1
3
9
12
17
20
Wie die Tabellen 2 und 3 deutlich machen, war die Mehrzahl der ausländischen Zivilarbeiter in
Landwirtschaft und Industrie beschäftigt, bis gegen Kriegsende stieg ihre Zahl in der Industrie stetig an. Der
ebenfalls hohe Anteil im Transportsektor erklärt sich u.a. durch Masseneinsätze bei der Reichsbahn. Generell
waren die Bedingungen in der Landwirtschaft, speziell die Versorgung mit Nahrungsmitteln, etwas besser;
entkräftete "Ostarbeiter" aus Industriebetrieben etc. konnten darum von den Behörden auch zum "Aufpäppeln"
vorübergehend in die Landwirtschaft versetzt werden. Hauptproblem in den anderen Sektoren war die
Versorgung mit Lebensmitteln, da die Betriebe an die vom Reichsernährungsministerium festgesetzten
Verpflegungssätze gebunden waren. Besonders belastend waren Branchen mit schwerer körperlicher Arbeit,
wie Bergbau und Bauindustrie. Viele Fremdarbeiter versuchten daher - trotz Verbot - durch einen Arbeitsplatzwechsel ihre Lage zu verbessern. Insgesamt wichen die Verhältnisse in den Lagern und Betrieben (ob
Industrie oder Landwirtschaft) oft stark voneinander ab, was zeigt, dass lokale Instanzen doch einen größeren
Spielraum hatten und dass somit die schlechte Behandlung der "Ostarbeiter" nicht allein auf die Vorschriften
der Behörden zurückzuführen ist.
Der Ausländeranteil an der Belegschaft von Industriebetrieben war von vielen Variablen abhängig. So
hatten Rüstungsbetriebe generell einen höheren Anteil an Ausländern als der Durchschnitt. Auch in einigen
Bereichen der Schwerindustrie (Bergbau, Stahlherstellung, Bau) war der Ausländeranteil überdurchschnittlich
hoch, ebenso in Betrieben mit Fließbandarbeit; nach Angaben des Generalluftzeugmeisters Erhard Milch lag
53
54
50
Zitiert nach: Homze, S.232 (Quelle: Kriegswirtschaftliche Kräftebilanz für 1942, 1943 und 1944, korrigiert vom USSBS).
51
Zitiert nach: Homze, S.235 (Quelle: Kriegswirtschaftliche Kräftebilanz für 1942, 1943 und 1944, korrigiert vom USSBS), Stichtag: 31. Mai j.J.
52
Zitiert nach: Homze, S.235 (Quelle: Kriegswirtschaftliche Kräftebilanz für 1942, 1943 und 1944, korrigiert vom USSBS), Stichtag: 31. Mai j.J.
53
Vgl. Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.37; ders., Europa und der "Reichseinsatz", S.12f.; Menne / Fahrenkopf, S.16.
54
Vgl. Menne / Fahrenkopf, S.17.
der Ausländeranteil im Flugzeugzellenbau bei bis zu 90 % der Produktionsarbeiter. Von den Einziehungen zur
Wehrmacht waren insbesondere neue Fabriken mit einer jungen Belegschaft betroffen, während ältere Firmen
mit einer gewachsenen Belegschaft, die einen höheren Anteil älterer Arbeitnehmer aufwies, weniger darunter
zu leiden hatten. Entsprechend war in den im Zuge der Aufrüstung neu errichteten Fabriken der
Ausländeranteil höher. Wichtig für den Ausländeranteil der Firma war auch der Status und die Position der
Betriebsführung im "Dritten Reich". Quasimonopole (IG Farben), Größe an sich (Hermann-Göring-Werke) und
persönliche Kontakte zur Führungselite des "Dritten Reichs" sorgten für eine privilegierte Versorgung mit
Arbeitskräften, insbesondere Ausländern.
Alle diese Faktoren galten auch für die Volkswagenwerk GmbH. Als Folge wies die Belegschaft einen
überdurchschnittlichen Ausländeranteil auf. (Tabelle 4 zeigt die Veränderungen in der Zusammensetzung der
Belegschaft von 1939-1944.)
55
56
Tabelle 4: Belegschaftsentwicklung im VWW
Jahr
Deutsche
% Ausländer
%
Summe
1939
2.696
100
0
0
2.696
1940
5.663
86
919
14
6.582
1941
5.997
74
2.070
26
8.067
1942
4.660
39
7.258
61
11.917
1943
5.621
33
11.401
67
17.022
1944
6.031
35
11.334
65
17.365
1.5. DAS VOLKSWAGENWERK UND DER "OSTARBEITEREINSATZ"
Die detaillierte Darstellung der Zusammenhänge, die zwischen der Zwangsarbeiterbeschäftigung und
den Produktionsentscheidungen des Unternehmens bestanden, war ein zentrales Anliegen der MommsenStudie. Hinsichtlich des Einsatzes von "Ostarbeitern" im Volkswagenwerk kamen die Autoren zu folgendem
Ergebnis: "Die Leitung des Volkswagenwerkes ist, um den Aufstieg in die Großrüstung zu nehmen, die
Verantwortung für die Ausbeutung von Zwangsarbeitern aus den besetzten Ostgebieten bewusst
eingegangen. Die Methoden, die es anwandte, unterschieden sich nicht grundlegend von denjenigen anderer
Betriebe ... Die Besonderheit besteht in dem Ausmaß, in dem auf Ostarbeiter zurückgegriffen wurde. Sie
haben entscheidend zu der Produktionsausweitung seit dem Sommer 1942 beigetragen."
Der Entwicklungsgang läßt sich wie folgt zusammenfassen: da das Unternehmen ab Sommer 1941 und
verstärkt ab Jahresbeginn 1942 den Weg zum reinen Rüstungsunternehmen einschlug, stieg als Folge dieser
Expansion in den Rüstungssektor bzw. durch die damit verbundene Hereinnahme von Aufträgen der Heeresund Luftrüstung der Arbeitskräftebedarf laufend an. Da die Überlassung französischer Kriegsgefangener im
Herbst 1941 nicht zustande kam (erst im Frühjahr 1943 traf ein größeres Kontingent ein), wich die
Betriebsleitung des Volkswagenwerks auf die Beschäftigung sowjetischer Zwangsarbeiter aus.
Im April und Juni 1942 trafen die ersten Transporte mit jeweils 1.000 "Ostarbeitern" für das
Volkswagenwerk ein, wobei Mommsen/Grieger für diese beiden Transporte von einer Mitwirkung von
Werksvertretern bei der Rekrutierung ausgehen. Im Oktober erfolgte eine Zuweisung von weiteren 1.500
Arbeitskräften durch den GBA; insgesamt kamen ab 1942 etwa 4.000 - 5.000 Männer und Frauen aus der
57
58
59
60
55
Vgl. Homze, S.236ff.; Mommsen / Grieger, S.530.
56
Historische Notate 1, S.8 (Stichtag: 31.12. j.J.). S.a. Siegfried, Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit, S.48; ders., Leben der Zwangsarbeiter,
S.29 und S.33; Mommsen / Grieger, S.532.
57
58
59
60
Weitere Zwangsarbeitergruppen waren u.a. französische und niederländische Dienstverpflichtete, polnische Deportierte, KZHäftlinge, sowjetische und französische Kriegsgefangene sowie "Italienische Militärinternierte". Vgl. Mommsen / Grieger, S.568f.
und S.714ff. (Kapitel 8.1.); Historische Notate 1, S.9.
Vgl. Mommsen / Grieger, S.44.
Ebd., S.598.
Vgl. ebd., S.37, S.566ff., S.601ff. (Kapitel 7.1.), S.714 und S.756.
UdSSR in das "Ostlager" des Volkswagenwerks.
Das Eintreffen von "Ostarbeitern" ab Herbst 1942 und die bevorzugte Versorgung wichtiger Betriebe des
Rüstungssektors mit Arbeitskräften bestätigen übrigens auch die Monatsberichte des Landesarbeitsamts
Niedersachsen. Für den Berichtsmonat September 1942 wurde gemeldet: "5.500 Ostarbeiter neu
hinzugekommen. Gleichzeitig starker Anstieg des Bedarfs im Rüstungssektor, aber Hackfruchternte und
Zuckerkampagne sind demgegenüber bevorzugt abzudecken." Und für den Monat März 1943 heißt es: "Im
Rüstungssektor hat die Bedarfsdeckung das in der Vorplanung festgelegte Soll nahezu erreicht. Die
gemeinsam mit den betreuenden Dienststellen geplante Bedarfsdeckung musste auch im März teilweise
wieder zurücktreten zugunsten zentral mit Listen und Rotzetteln angeordnete Zuweisungen für besondere
Aufgaben. Die wichtigsten Fertigungen wurden mit den vorgesehenen Kräften voll versorgt. ¾ der Kräfte
wurden Betrieben mit Wehrmachtsfertigung zugewiesen."
61
62
63
61
62
Vgl. ebd., S.529 und S.568; Siegfried, Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit, S.49; ders., Leben der Zwangsarbeiter, S.36.
Der Präsident des Landesarbeitsamts Niedersachsen: Die Entwicklung des Arbeitseinsatzes im Landesarbeitsamtsbezirk Niedersachsen im
Monat September, Braunschweig, 7. Oktober 1942, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu Fb. 18, Nr.73, 1940-42.
63
Der Präsident des Landesarbeitsamts Niedersachsen: Die Entwicklung des Arbeitseinsatzes im Landesarbeitsamtsbezirk Niedersachsen im
Monat März, 6. April 1943, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu Fb. 18, Nr.72, 1943-45 (Berichte des Arbeitsamts Braunschweig).
2. DEPORTATION
2.1. METHODEN DER BESCHAFFUNG VON ARBEITSKRÄFTEN / RAZZIEN
In den folgenden Kapiteln (2. - 6.) werden die Erlebnisberichte derjenigen Frauen und Männer aus der
Ukraine ausgewertet, die im "Ostlager" des Volkswagenwerks untergebracht waren.
Die Verschleppung nach Deutschland war für die meist recht jungen "Ostarbeiter" ein einschneidendes
Erlebnis. Aufgrund der Begleitumstände wurde die zwangsweise Deportation auch als Akt der Gewalt und
Entwürdigung empfunden. Wie die Tabellen 5 und 6 belegen, war keiner der Befragten zum Zeitpunkt der
Deportation älter als 21 Jahre, die meisten waren sogar noch minderjährig. Viele der Betroffenen versuchten
sich vor den jahrgangsweisen Einziehungen zu "drücken", indem sie sich versteckten oder ihre Papiere
verfälschten, wie etwa Neonila S.: "Ich bin 1925 geboren, aber um nicht nach Deutschland geschickt zu
werden, habe ich die Dokumente auf 1926 datiert."
64
65
Tabelle 5: Jahr der Deportation nach Deutschland
Prozent
1942
40
55,6
1943
32
44,4
Zusammen
72
100,0
Tabelle 6: Zugehörigkeit zu Jahrgängen
Jahrgang 1922
Jahrgang 1923
Jahrgang 1924
Jahrgang 1925
Jahrgang 1926
Jahrgang 1927
Jahrgang 1928
Jahrgang 1930
keine Angaben
Zusammen
Frauen
3
2
5
7
19
6
3
45
Männer
1
3
6
9
5
1
1
1
27
Prozent
4,2
4,2
11,1
18
38,9
15,3
1,4
1,4
5,5
100,0
Andere "Ostarbeiter" wurden bei Straßenkontrollen oder während der Arbeit verhaftet, wie der
Erinnerungsbericht von Maria K. zeigt: "Ich habe auf dem Feld gearbeitet und vom Feld wurden wir
mitgenommen und nach Deutschland deportiert."
66
Dass die Besatzungsbehörden es besonders auf junge ukrainische Frauen als Arbeitskräfte abgesehen
hatten, schien sich schnell herumgesprochen zu haben, so berichtet Nina S.: "Als die Deutschen in unser
Dorf kamen, haben sich alle Mädchen in meinem Alter versteckt, damit wir nicht nach Deutschland geschickt
werden." Doch derartiger "Widerstand" wurde mit drastischen Methoden im Keim erstickt: "Nachdem man
meinen Vater mit den Füßen an ein Auto gebunden hat und ihn durchs Dorf geschleift hat, bin ich aus meinem
Versteck heraus."
Die Einziehung der Geburtsjahrgänge 1925 und 1926 – also von Jugendlichen im Alter von 16 und 17
Jahren - im Gebiet der Stadt Anthrazit am 23. September 1942 wird von mehreren Betroffenen erwähnt, als
Beispiel hier der Bericht von Anastasia W.: "1942 wurde der ganze Donbass und meine Stadt BokowoAnthrazit von den Italienern okkupiert. Alle Jugendlichen wurden erfasst und die Pässe weggenommen. Dann
67
68
69
64
65
66
67
68
69
Vgl. Heider, S.73ff.
Erinnerungsbericht Neonila S.
Vgl. Erinnerungsbericht Maria K.; Erinnerungsbericht Wladimir K. S.a. Fragebogen Jurij K.: "Bei einer Straßenkontrolle wurde
ich verhaftet und am 10. Mai 1943 nach Deutschland deportiert."; Mommsen / Grieger, S.578.
Vgl. Müller, Die Rekrutierung sowjetischer Zwangsarbeiter, S.240f.
Fragebogen und Erinnerungsbericht Nina S.
Insgesamt stammten nicht weniger als 32 der 72 Befragten aus dem Gebiet der Stadt Anthrazit. S.a. Fragebögen Maria W., Tatjana B.
haben sie uns eine Einladung zur Vorstellung geschickt. Als wir erfahren haben, dass die Jugendlichen zur
Arbeit nach Deutschland geschickt werden sollten, sind wir nicht hingegangen. Da ist die Polizei von Haus zu
Haus gegangen und sie haben uns in die Stadt gebracht. Den Eltern haben sie gesagt, dass sie uns Kleider
und Lebensmittel bringen sollen. Am 23. September 1942 haben sie uns zu Fuß und mit Begleitung bis nach
Stschetowo geschickt.. Es waren sehr viele Jugendliche aus Krasny Lutsch, Rowenjki. Uns haben sie in einen
Güterzug verladen, wir haben die Schreie unserer Eltern gehört. In der Nacht wurden Bomben abgeworfen,
die Bahntrasse war zerstört, wir standen 24 Stunden, bis das Gleis fertig war, dann sind wir weiter gefahren
bis Dnjepropetrowsk. Als wir in Lwow angekommen waren, mussten wir aussteigen. Da waren Baracken ohne
Betten, auf dem Zementboden war nur Stroh. Wir mussten uns nackt ausziehen, Mädchen und Jungen, alle
zusammen, dann haben sie uns zur Badestube begleitet. Danach haben sie eine Desinfektion durchgeführt.
Drei Tage haben wir in den Baracken gelebt und das gegessen, was wir von zu Haus mitgenommen hatten.
Ich und meine drei Freundinnen wollten weglaufen und sind bis zum Bahnhof gekommen, da stand eine
Lokomotive. Wir haben den Lokführer angesprochen, ob er uns bis nach Kiew mitnehmen könne. Dann kam
die Polizei und hat uns wieder ins Lager zurückgebracht. Den Güterwaggon haben sie auch desinfiziert. Sie
haben uns in die "Stadt des KdF-Wagens" gebracht."
70
Auch die Transporte fanden unter äußerst unwürdigen Bedingungen statt, generell wurden die
"Ostarbeiter" in überfüllten und ungeheizten Güter- oder Viehwaggons und unter strenger militärischer
Bewachung deportiert, so schreibt Wladimir K.: "Die Deutschen haben uns bei Tag und Nacht gefangen, wie
die Hasen, ob auf dem Feld oder zu Hause. Sie brachten uns zu Sammelstellen. Danach wurden wir
abtransportiert, in Waggons, die von Soldaten bewacht wurden. Die Fahrt ging nach Kiew. Danach ging die
Fahrt mit 60 Personen pro Waggon weiter, der letzte Waggon war mit vielen Soldaten und einem aufgestellten
Maschinengewehr belegt. In Kiew war das letzte Lager, danach ging es ohne Zwischenstopp nach
Deutschland, Stadt KdF."
71
Ein Teil der Befragten berichtet hingegen, dass sie bei Zwischenstopps in Durchgangslagern in Polen
nach diversen Desinfektionen und medizinischen Untersuchungen zum Arbeitseinsatz für das
Volkswagenwerk ausgewählt wurden. Dies entsprach auch den Anordnungen Görings vom Januar 1942,
darin heißt es: die Anwerbekommissionen "erfassen die Arbeiter in besonderen Auffanglagern, wo sie
überprüft, erstmalig entseucht und zu Transporten zusammengestellt werden. Von den Auffanglagern erfolgt
der Transport mit der Eisenbahn zunächst in ein Übergangslager (Entseuchungslager) im
Generalgouvernement oder an der Grenze des Reichsgebiets. Nach einer zweiten Entseuchung in diesen
Lagern werden die Arbeitskräfte in Sammeltransporten zunächst in Durchgangslager bei den
Landesarbeitsämtern übergeführt und von dort weiter zu den einzelnen Betrieben in Betriebslager. Diese
Lager dürften von den Arbeitskräften nur zum Zwecke der Arbeit verlassen werden, zu der sie geschlossen
(wie Kriegsgefangene) zu führen sind. Die Freizeit der Arbeiter spielt sich ausschließlich im Lager ab."
72
73
2.2. HERKUNFT DER REKRUTIERTEN / HEIMATORT / BERUF DER ELTERN
Wie bereits erwähnt stammen von 72 Befragten insgesamt 70 aus der Ukraine oder aus früher zu Polen
gehörenden Teilen der Ukraine. Von diesen 70 lebten 19 bei Kriegsausbruch in der Region Saporoschje und
nicht weniger als 32 (!) in der Region Anthrazit, heute Teil des Oblast Lugansk.
Aus den im Fragebogen gemachten Angaben zum Heimatort (Tabelle 7) und zum Beruf der Eltern
(Tabelle 8) lässt sich der soziale Hintergrund der Deportierten erschließen. Vergleichsweise häufig wurden
74
70
71
72
73
74
Erinnerungsbericht Anastasia W. S.a. Siegfried, Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit, S.52f.; Erinnerungsbericht Natasha S.:
" Wir wurden alle von der Station Stschetowo der Stadt Anthrazit als Zwangsarbeiter nach Deutschland gebracht. Viele
Menschen sind zum Bahnhof gekommen, um von uns Abschied zu nehmen. Das war kein Abschied, das war eine Beerdigung."
Erinnerungsbericht Wladimir K. S.a. Erinnerungsbericht Eudokia K.: "Nach Deutschland sind wir 1942 im Güterzug gebracht
worden. Wir fuhren sehr lange. Unterwegs war es sehr kalt und gegessen haben wir, was wir hatten."
Erinnerungsbericht Maria K. Polnische Deportierte berichteten, dass Werksvertreter Arbeitskräfte im Durchgangslager Lehrte
auswählten. Vgl. Mommsen / Grieger, S.572.
Schnellbrief des Chef der Ordnungspolizei, betr. Anwerbung und Arbeitseinsatz sowjetrussischer Arbeitskräfte, Berlin, 17.
Januar 1942, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu Fb. 13b, Nr. 15748.
Von den in der Einleitung erwähnten Antworten aus Weißrussland und Russland kam eine von einer Bergarbeiterin, die nach
1945 aus der Region Anthrazit in die Bergbauregion von Tscheljabinsk wechselte.
Berufe aus dem Bergbau (Bergmann, Grubenmeister, Mineningenieur, "Seilwinderin") genannt, resultierend
aus der Tatsache, dass es sich bei der Stadt Anthrazit – wie der Name schon andeutet - um eine
Bergbauregion handelt. Insgesamt stammte die deutliche Mehrzahl der Deportierten aus Landarbeiterfamilien
bzw. Dörfern – auf die Eingliederung in den industriellen Arbeitsprozess in einem deutschen Rüstungswerk
waren sie also von ihrer Arbeitserfahrung kaum vorbereitet.
Tabelle 7: Heimatort
Stadt
Dorf
keine Angaben
Zusammen
13
57
2
72
Prozent
18
79,2
2,8
100,0
1
3
3
10
11
4
35
5
72
Prozent
1,4
4,2
4,2
13,9
15,3
5,5
48,6
6,9
100,0
Tabelle 8: Beruf der Eltern
Ingenieur
Angestellte
Eisenbahnarbeiter
Bergarbeiter
Arbeiter
Handwerker
Landarbeiter / Kolchosbauern
keine Angaben
Zusammen
2.3. ANKUNFT IN DER "STADT DES KDF-WAGENS"
Ihre Ankunft in der "Stadt des KdF-Wagens" und ihre Unterbringung im "Ostlager" des Volkswagenwerks
beschreibt Eudokia P. wie folgt: "Im August 1943 wurde ich zwangsweise nach Deutschland verschleppt. Uns
haben sie in einen Güterzug geladen und zur Zwangsarbeit geschickt. An der polnischen und an der
deutschen Grenze gab es eine medizinische Untersuchung. Im September 1943 sind wir in einer deutschen
Stadt angekommen, die 180 Kilometer von Berlin entfernt war. Auf dem Gelände des Werkes sind wir
ausgestiegen. Auf dem Platz vor dem Werk haben wir uns ausgestellt und der Dolmetscher sagte: "Nun, von
jetzt an habt ihr keine Namen, sondern nur Nummern." Meine Nummer habe ich leider vergessen. Das Werk
war sehr schön und sehr groß, es lag am Ufer eines Kanals, über diesen Kanal gab es zwei Brücken, eine aus
Eisen und eine aus Holz.. ... Dann haben sie uns ins Lager geführt. Das Lager war 10 – 15 Minuten Gehweg
vom Werk entfernt. Um das Lager herum war Stacheldraht. An jeder Ecke stand ein Wachturm. Auf dem
Gelände des Lagers standen Holzbaracken. In jeder Baracke gab es einige Zimmer, in jedem Zimmer
wohnten ca. 20 Menschen. Im Zimmer gab es nur eiserne Etagenbetten und Nachtschränke. Wir haben
Decken, Bettlaken, Kissenbezüge und Matratzenstoff bekommen. Die Kissenbezüge und den Matratzenstoff
haben wir mit Stroh gefüllt. Uns hat man grau-grüne Arbeitskleidung, Schuhe mit Holzsohlen und den "Ost"Aufnäher gegeben. Den "Ost"-Aufnäher sollten wir auf die Jacke nähen. Am zweiten Tag führten sie uns unter
Geleit in das Werk. ... Uns hat man auf verschiedene Abteilungen verteilt."
Anastasia W. erwähnt noch die Erstellung von Fotos für Werksausweis und Arbeitsbuch sowie die
Überführung in die Badestube: "Sie haben uns in die "Stadt des KdF-Wagens" gebracht. Uns haben sie in
genau solche Baracken einquartiert, wie in Lwow, mit Zementboden und Stroh. Die Lebensmittel, die wir noch
übrig hatten, haben sie in die Mülltonne geworfen. Sie haben uns in eine Kantine gebracht, [dort gab es] eine
Schüssel mit Steckrübensuppe für 4 Personen. Dann haben sie uns in die Badestube gebracht und danach
ein Foto für den "Ausweis" gemacht. Auf den linken Arm der Jacke mussten wir ein Abzeichen mit der
Nummer "Ost N. 2571" aufnähen. In der Baracke haben wir ein Zimmer für 12 Personen bekommen. Die
Matratzen waren mit Stroh gefüllt, dazu eine Decke mit Bettbezug. Sie haben uns in Reihen aufgestellt und
zum Werk gebracht. Das Lager war vor dem Werk. Als wir ins Werk kamen, haben die Meister uns zur Arbeit
eingeteilt."
75
76
75
76
Erinnerungsbericht Eudokia P.
Erinnerungsbericht Anastasia W.
3. ARBEITSEINSATZ
3.1. VERTEILUNG DER ARBEITSKRÄFTE
Das offizielle Verfahren der "Vermittlung" ausländischer Arbeitskräfte hatte einen formalisierten, bürokratischen Charakter. Prinzipiell hatte jede Firma das Recht auf die Zuweisung ausländischer Arbeitskräfte,
voraus-gesetzt, man konnte einen Arbeitskräftebedarf nachweisen und verpflichtete sich, die
"Beschaffungskosten" zu erstatten. Diese beinhalteten den Transport, Pauschalgebühren für die Verpflegung
und Unterbringung während des Transports, Gebühren für die Vermittlung des Arbeitsamts, Kosten der
ärztlichen Untersuchung, Desinfektion der Kleidung etc.. Die Vermittlung ausländischer Zivilarbeiter wurden
per Gesetzesbeschluss den örtlichen Arbeitsämtern bzw. ihren übergeordneten Dienststellen übertragen, dazu
die Anordnung Nr. 5 des GBA vom 11. Juli 1942: "Auf Grund der mir vom Führer und vom Reichsmarschall
des Großdeutschen Reiches erteilten Vollmacht bestimme ich daher, dass der Bedarf an Arbeitskräften nur bei
den Dienststellen der Arbeitseinsatzverwaltung, in aller Regeln also bei dem für den Betrieb örtlich
zuständigen Arbeitsamt anzumelden ist. Bei bestimmten zwischen dem Generalbevollmächtigten für den
Arbeitseinsatz und dem Reichsminister für Bewaffnung und Munition vereinbarten vordringlichen Aufgaben
und Programmen erfolgt die Bedarfsmeldung durch direkte Übermittelung des Reichsministers für Bewaffnung
und Munition an die Hauptabteilung V des Reichsarbeitsministeriums."
Entsprechend wurden die ausländischen Arbeitskräfte vom Arbeitsamt registriert und auf Karteikarten
erfasst, man erstellte auch Fotos für die Arbeitsbücher und –karten. Bei Arbeitsantritt wurden die "Ostarbeiter"
mit einem vom GBA entworfenen "Merkblatt" über ihre Pflichten belehrt. Außerdem erhielten sie - wie zuvor
bereits die Polen - ein stigmatisierendes Abzeichen, das deutlich sichtbar zu tragen war: "§ 1. Ostarbeiter und
Ostarbeiterinnen haben auf der rechten Brustseite eines jeden als Oberkleidung dienenden Kleidungsstückes
ein mit ihrer jeweiligen Kleidung fest verbundenes Kennzeichen stets sichtbar zu tragen. – Das Kennzeichen
besteht aus einem hochstehenden Rechteck von 7x7,7 cm. und zeigt bei 1 cm breiter blau-weißer Umrandung
auf blauem Grund das Kennwort "Ost" in 3,7 cm hohen Buchstaben."
Um die Vermittlung von Arbeitern an Rüstungsbetriebe zu verbessern, wurde 1943 das sogenannte
Rotzettelverfahren eingeführt. Dazu mussten sich Rüstungsminister Speer und Sauckel zunächst auf die
monatlich festzulegende Zahl von benötigten neuen Arbeitern einigen, dann wurde eine entsprechende Zahl
von Rotzetteln monatlich gedruckt und dem Speer-Ministerium übergeben. Das Ministerium hatte dann diese
Zettel an die diversen Rüstungsbetriebe zu verteilen, die Betriebe konnten diese Zettel wiederum beim
zuständigen Landesarbeitsamt einreichen. Das Landesarbeitsamt war seinerseits verpflichtet, den
Rotzettelbedarf vor allen anderen Bedarfsträgern zu bedienen. Mittels des Rotzettelverfahrens wurden 10-20
Prozent der Gesamtanforderungen im Reich vermittelt.
Das Volkswagenwerk stellte seine Anträge beim Rüstungskommando Braunschweig, dieses prüfte die
Dringlichkeit der Produktionsaufträge und entschied über die Anforderungen; anerkannte Forderungen wurden
dem Arbeitsamt der "Stadt des KdF-Wagens" – einer Nebenstelle des Arbeitsamts Helmstedt - gemeldet,
welches sie wiederum an das Landesarbeitsamt Niedersachsen weiterleitete.
77
78
79
80
81
82
83
77
78
79
80
81
82
Vgl. Liedke, S.53f.
Anordnung Nr. 5 des GBA für den Arbeitseinsatz über die ausschließliche Zuständigkeit der Dienststellen der
Arbeitseinsatzverwaltung zur Entgegennahme von Aufträgen auf Gestellung von Arbeitskräften, vom 11. Juli 1942, Nds. StA WF,
Bestand 12 Neu 18 Nr. 783.
Vgl. Liedke, S.53f. S.a. Verordnung des GBA über das Arbeitsbuch für ausländische Arbeitskräfte vom 1. Mai 1943, Nds. StA
WF, Bestand 12 Neu 18 Nr. 782.
Vgl. Merkblatt Nr. 1 für Ostarbeiter, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu 18 Nr. 783. S.a. Liedke, S.53f.
Geheime Staatspolizei, Dr. Kaltenbrunner, an alle Staatspolizei-leit-stellen, Betr. Kennzeichnung der Ostarbeiter, Berlin, 29. Juni
1943, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu Fb. 13b, Nr. 15748.
Vgl. Homze, S.222f.; Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.27; D. Creydt / A. Meyer, Zwangsarbeit für die ”Wunderwaffen” in
Südniedersachsen 1943-1945, Braunschweig 1993, S.72: Die Betriebe wirkten an der Bedarfsermittlung mit, da sie ihre Anträge bei der
zuständigen Dienststelle des Rüstungsministeriums (Rüstungskommandos, aber auch Ausschüsse des Speerministeriums) stellten, die ihrerseits
die Dringlichkeit der Anforderung bzw. des Rüstungsprogramms überprüfte.
83
Vgl. Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.37.
3.2. POLITISCHE VORGABEN ZUM ARBEITSEINSATZ
Grundsätzlich sollte auch der Arbeitseinsatz entsprechend der NS-Rassenhierarchie organisiert werden,
quasi als Vorwegnahme einer an nationalsozialistischen Grundsätzen orientierten Nachkriegsordnung. An der
Zuordnung zu Kategorien wie "Rasse" und "Volkstum" orientierten sich darum Verpflegung, Unterbringung,
Löhne sowie die Qualifikation der Arbeitsplätze. Nord- und Westeuropäer rangierten vor Franzosen, darunter
standen die Zivilarbeiter, die aus mit Deutschland verbündeten Staaten kamen, wie Ungarn, Rumänen und
Kroaten, darunter die Tschechen, unter diesen die Polen und am untersten Ende die "Ostarbeiter" und ab
Herbst 1943 die sogenannten "Italienischen Militärinternierten".
84
Mittels gesetzlicher Bestimmungen sollte diese Hierarchie zementiert werden, insbesondere die
"Ostarbeiter" wurden in ihren Arbeitnehmerrechten beschnitten und auch für gesundheitsgefährdende Arbeiten
freigegeben: "Die im Reich eingesetzten Ostarbeiter stehen in einem Beschäftigungsverhältnis eigner Art. Die
deutschen arbeitsrechtlichen und arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften finden auf sie nur insoweit Anwendung,
als dies besonders bestimmt wird."
So galten z.B. die deutschen Schutzbestimmungen für Frauen und Jugendliche für "Ostarbeiter" nicht.
Als Folge mussten diese Ausländergruppe meist niedrige, schmutzige und auch gefährliche Arbeiten
übernehmen. Letztendlich veränderte sich durch diese Regelungen die Sozialstruktur der deutschen
Arbeiterschaft, die Erfahrung der eigenen Besserstellung und eigener Vorrechte wurden nun für jeden
einzelnen Deutschen spürbar, dies steigerte die Zustimmung zum Regime und zu dessen Ausländerpolitik.
Andererseits bestimmten in den Betrieben aber auch fachliche Qualifikation und Arbeitsleistung das Verhältnis
zwischen deutschen und ausländischen Arbeitern. Nicht selten führten aber hohe Arbeitsleistung und
persönlicher Kontakt auch zu einer Aufweichung des Bildes, welches von Russland und "den Russen"
propagiert worden war. Diese Entwicklung – in Verbindung mit der ständig steigenden Ausländerzahl gefährdete die rassistische Hierarchisierung der Arbeitswelt, entsprechend musste von "oben" mit neuen
Anordnungen darauf reagiert werden, dazu eine Mitteilung des GBA vom 13. November 1943: "Unter allen
Umständen muss eine Entwicklung verhindert werden, dass ausländische Kräfte in Führungsstellen aufrücken
und zu Vorgesetzten deutscher Arbeitskräfte werden."
Generell sollte der Kontakt zwischen deutschen Arbeitskräften und "Ostarbeitern" auf das absolut
notwendige Minimum beschränkt werden, so legte das "GBA-Merkblatt Nr. 1 für Betriebsführer über den
Einsatz von Ostarbeitern" fest: "Beim Einsatz im Betrieb sind die Ostarbeiter grundsätzlich von den deutschen
und ausländischen Arbeitern sowie von den Kriegsgefangenen getrennt ... einzusetzen."
85
86
87
88
89
90
Überhaupt sollten die "Ostarbeiter" von der deutschen Bevölkerung, aber auch von anderen Ausländergruppen in den Betrieben, weitgehend abgeschottet werden. Der Kontakt beschränkte sich darum meist auf
direkte Vorgesetzte, Werkschutz, Wachpersonal, Lagerpersonal und deutsche Arbeitskollegen.
Aber schon im April 1942 mussten die Sicherheitsbehörden einige der strengsten Einschränkungen
zurücknehmen, da diese dem Sinn und Zweck des Arbeitseinsatz zuwiderliefen: "Arbeitseinsatz. Die
inzwischen aufgestellten Pläne über den gesamten Arbeitseinsatz lassen eine strengste Absonderung der
Arbeitskräfte aus den altsowjetischen Gebieten von der deutschen Zivilbevölkerung, ausländischen
Zivilarbeitern und allen Kriegsgefangenen nicht geboten erscheinen, da sonst die Möglichkeiten des Einsatzes
dieser Arbeitskräfte zu beschränkt werden. Bei Aufrechterhaltung des Grundsatzes einer möglichsten
91
84
Vgl. Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.36; Mommsen / Grieger, S.582; Siegfried, Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit, S.119f.; ders., Leben
der Zwangsarbeiter, S.86; Historische Notate 9, S.9.
85
86
87
Verordnung über die Einsatzbedingungen der Ostarbeiter vom 30. Juni 1942, § 2, RGBl., S.419, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu
18 Nr. 783. S.a. Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.56f.; Liedke, S.53f.: Osteuropäer standen außerhalb der
Betriebsgemeinschaft, für sie galt die Treue- und Fürsorgepflicht des deutschen Arbeitgebers nicht.
Außerdem wurden die Frauen, ihr Anteil lag bei den "Ostarbeitern" immerhin bei 50 %, schlechter bezahlt.
Vgl. Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.36f.; Heider, S.79f.; Liedke, S.79.
88
Vgl. Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.45f.; Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.53: So bemühte sich das Volkswagenwerk aufgrund der
Einziehung von Facharbeitern um die Qualifikation ungelernter deutscher Arbeiter, um diese dann in Leitungsfunktion bei den Ausländern einsetzen
zu können.
89
90
91
GBA-Mitteilung vom 13. November 1943, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu 18 Nr. 782.
GBA-Merkblatt Nr. 1 für Betriebsführer über den Einsatz von Ostarbeitern, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu 18 Nr. 783.
Vgl. Heider, S.81.
Absonderung gilt daher folgendes.
Dem Grundsatz des kolonnenweisen Einsatz steht es nicht entgegen, wenn in den Betrieben die Kolonnen in
kleinere Gruppen aufgeteilt werden, wenn es – wie etwa bei Facharbeitern – darauf ankommt, die
Arbeitskräfte an die nur von ihnen auszufüllenden Arbeitsplätze zu bringen.
Es läßt sich dabei nicht vermeiden, dass die Arbeitskräfte aus dem altsowjetischen Gebiet zwischen
deutschen oder ausländischen Arbeitern eingesetzt werden. ...
Wo es möglich ist, die Arbeitskräfte aus dem altsowjetischen Gebiet abgeschlossen in besonderen
Betriebsabteilungen einzusetzen, ist dies selbstverständlich durchzuführen."
Da der "Ostarbeitereinsatz" als befristet angesehen wurde, sollte er auf primitive Arbeiten beschränkt
bleiben und die Form extensiver Ausbeutung annehmen. Doch dem standen zwei Probleme entgegen: erstens
war der nicht unerhebliche Anteil von Facharbeitern für die Betriebe attraktiv und zweitens standen
"Primitivarbeiten" für die Menge an "Ostarbeitern" gar nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung. Aus diesen
Gründen entwickelte sich ein allmählicher Übergang zum qualifizierten Arbeitseinsatz: zunächst kam es zur
Umsetzung von Facharbeitern, dann zu Anlernmaßnahmen für Ungelernte. Alle Maßnahmen zielten auf die
vollwertige Eingliederung in den Arbeitsprozess und in die betrieblichen Abläufe. Die den Arbeitseinsatz
beschränkenden Richtlinien Görings vom November 1941 verschwanden nach und nach. Da auch von
amtlicher Seite dem "Ostarbeitereinsatz" immer weniger Hemmungen entgegen standen, wurde auch aus
diesem Grund ihr Einsatz für die Betriebe immer attraktiver, entsprechend stiegen die Anforderungszahlen an.
92
93
3.3. ARBEITSBEDINGUNGEN UND ARBEITSPLÄTZE IM VOLKSWAGENWERK
Die politischen Vorgaben zum Arbeitseinsatz sowie ihre Veränderung spiegeln sich auch in der Situation
der "Ostarbeiter" im Volkswagenwerk wider. Wie die folgenden ausgewählten Angaben aus den 72
Fragebögen belegen, wurden sie in allen Produktionsbereichen des Werks eingesetzt: "Pressen und
Lackieren von Autoteilen", "Kontaktschweißen", "Transformatorspulen aufwickeln", "Metallplatten
zuschneiden", "Entladen von Waggons für das Kraftwerk", "Arbeiten an Werkbänken und Pressen", "als
Schlosser", "in der Flugzeugreparatur" (Ju 88), "beim Bau von Amphibienfahrzeugen", "bei der
Minenherstellung", "bei Näharbeiten", etc.
94
Auch Frauen wurden in allen Fertigungsbereichen eingesetzt, etwa als Dreherinnen und Schweißerinnen,
so berichtet Maria G.: "Ich arbeitete als Schweißerin in einer Abteilung, die Autos produziert hat. Nach den
Bombenangriffen habe ich den Arbeitsplatz oft gewechselt, blieb aber immer auf dem Gelände des Werkes.
Das Letzte, was ich gemacht habe, war den Bunker neben der Schweißerabteilung zu verstärken." Und
Tatjana P. schreibt. "Ich arbeitete in der mechanischen Abteilung, habe Teile produziert. Ich arbeitete an einer
Drehbank, einer Bohrwerkbank und einer Schleifwerkbank."
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Nicht selten wurden Frauen aber auch zu körperlich schweren Transportarbeiten herangezogen, wie etwa
Eugenia P.: "Ich musste mit der Schubkarre Eisenabfälle am anderen Ende der Halle auf das Band werfen. Ab
und zu mussten wir den Fußboden waschen, der Ort wurde "Kraftwerk" genannt. Da standen große Kessel,
die Hitze war 50 Grad und mehr. Den ganzen Tag mussten wir dann den heißen Fußboden waschen. Die Luft
im Raum war schwül, selbst die Sohlen der Holzschuhe wurden heiß."
Minderjährige "Ostarbeiterinnen" wurden häufig als Putzfrauen eingesetzt, so Nadeshda S., die als
97
92
Mitteilung des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD, Reinhard Heydrich, an die höheren Verwaltungsbehörden, Betr.
Behandlung der Arbeitskräfte aus dem altsowjetischen Gebiet, Berlin, 9. 4. 1942, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu Fb. 13b, Nr.
15748. (Unterstreichungen im Original.)
93
Vgl. Herbert, Fremdarbeiter, S.174; Mommsen / Grieger, S.530 und S.585f.; Siegfried, Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit, S.48 und S.78f.;
Heider, S.80: Viele, der meist aus kleinen Dörfern kommenden Ukrainer, hatten mit der Fabrikarbeit aber auch Probleme. Dies ist aber ein
generelles Problem beim Übergang von Arbeitskräften aus dem ersten (Landwirtschaft) in den zweiten (Industrie) Sektor.
94
Angaben aus den 72 Fragebögen. S.a. Mommsen / Grieger, S.586: "In vielen Fällen nahmen Ostarbeiter qualifizierte Tätigkeiten in der
Produktion wahr und erwiesen sich als unentbehrliche Fachkräfte."
95
96
97
Fragebogen Maria G.
Fragebogen Tatjana P.
Fragebogen und Erinnerungsbericht Eugenia P. S.a. Fragebogen Eudokia K.: "Ich habe alle schmutzigen Arbeiten gemacht."
Kellnerin und Putzfrau in der Zentralküche eingesetzt war. Und Neonila S. berichtet: "Ich habe das Gelände
der Flugzeughalle und den Keller saubergemacht."
98
99
Nur in wenigen Fällen war ein gewisser beruflicher Aufstieg, d.h. die Übernahme verantwortungsvollerer
Positionen, möglich. So berichtet Wladimir M., der zunächst als einfacher Arbeiter beim Bau von
Amphibienfahrzeugen eingesetzt worden war, dass er dort später als Kontrolleur gearbeitet habe.
100
Für die meisten "Ostarbeiter" war der Arbeitseinsatz aufgrund von Wechselschichten, körperlich schwerer
Arbeit in Zusammenhang mit 12-Stunden-Schichten bei schlechter Ernährung, äußerst belastend. Manchmal
ließ darum die Aufmerksamkeit bei der Arbeit nach, was zu Arbeitsunfällen führen konnte, wie Nadeshda A.
berichtet: "Gearbeitet haben wir eine Woche am Tage und die zweite Woche nachts. Wir waren sehr müde.
Ein Mädchen ist am Fließband eingeschlafen und ihr wurde der Arm abgerissen."
101
Generell war die Unfallgefahr für "Ostarbeiter" höher, da sie bei gefährlichen oder
gesundheitsgefährdenden Arbeiten eingesetzt wurden, so berichtet Tatjana B., dass sie Flugzeugteile in
einem mit Azeton gefüllten Fass waschen musste. Hierzu auch der Erinnerungsbericht von Luba B.: "Ich
erinnere mich sehr gut, dass es im November 1943 in einer Halle des KdF-Werks, wo ich gearbeitet habe,
eine Explosion gegeben hat. Die Halle war voller Rauch und ich erlitt eine Rauchvergiftung. Ich verlor die
Orientierung, zwei polnische Mädchen haben mir das Leben gerettet."
102
103
104
ARBEIT IN DER "STADT DES KDF-WAGENS"
Die Masse der Zwangsarbeiter war im Volkswagenwerk eingesetzt, jedoch war in Einzelfällen auch
Schwarzarbeit/Leiharbeit außerhalb des Werkes möglich. Deutsche Vorgesetzte nutzten die Arbeitskraft der
ihnen unterstellten "Ostarbeiter" selbst oder "vermieteten" sie an Landwirte, Gastwirte, Bauherren etc.. Auch
für die "Ostarbeiter" konnten solche Tätigkeiten Vorteile mit sich bringen, so erinnert sich Nadeshda S.: "Ein
paar Mal habe ich beim Meister zu Hause gearbeitet, ich habe da die Kartoffeln sortiert und zum Setzen
vorbereitet. Die Frau des Meisters war sehr freundlich zu mir. Sie hat mir Kleidung und Schuhe gegeben,
dreimal am Tag gab sie mir Essen, ein paar Mal sogar von der selbstgebackenen Torte. Immer, wenn ich ins
Lager zurück musste, hat sie mir ein Brot und ein Stückchen Speck mitgegeben."
105
106
Allerdings konnten die "Ostarbeiter" bei solchen Arbeitseinsätzen auch übervorteilt werden, als Beispiel
hierfür der Bericht von Nadeshda K.: "Zum Kommandanten kam ein Bekannter und bat um 10 Personen. Ich
hatte wieder das Glück dabei zu sein. Am Morgen hat uns der Wirt abgeholt: "Wenn ihr gut arbeitet, kriegt ihr
am Abend Kartoffeln und Kaffee." Wir haben dann Bretter vom Sägewerk zu seinem Bau gebracht. Wir haben
gut gearbeitet. Wir wollten, dass ihm die Arbeit gefällt. Es kam die Zeit nach Hause zu gehen. Als wir zur
Kreuzung kamen, sagte er: "Geht ins Lager !" – Wir fragten: "Sie haben uns Kartoffeln und Kaffee
versprochen." – Er schrie: "Macht das ihr ins Lager kommt !"
107
Vgl. Erinnerungsbericht Nadeshda S.
98
99
Fragebogen Neonila S. S.a. Fragebogen Darja R.: "Weil ich minderjährig war, habe ich als Putzfrau gearbeitet."
100
Vgl. Fragebogen Wladimir M. S.a. Fragebogen Eudokia K. und Fragebogen Luba B.: "Ich habe verschiedene Teile mit der
Schubkarre aus dem I. in den II. Stock gebracht. Später habe ich den Durchmesser der Teile geprüft, wenn es nicht passte,
musste ich es auf der Werkbank selbst nacharbeiten."
101
Erinnerungsbericht Nadeshda A.
102
Vgl. Mommsen / Grieger, S.588: "[So] waren auf Grund unzureichender Arbeitsschutzvorrichtungen, mangelnder Einweisung
der ungelernten Arbeitskräfte und der infolge Unterernährung rasch schwindenden Konzentration ungewöhnlich viele
Arbeitsunfälle, darunter Verluste von Gliedmaßen und andere schwere Verletzungen durch unsachgemäße
Maschinenbedienung, zu verzeichnen. Auch in diesen Fällen ließ die medizinische Betreuung meistens zu wünschen übrig. Das
Werk nutzte die Möglichkeit, kranke und arbeitsunfähige Ostarbeiter in ihre Herkunftsgebiete zurückzuschicken, so dass
Arbeitsinvalidität aus dem öffentlichen Gesichtsfeld zurücktrat."
103
Fragebogen Tatjana B. S.a. Erinnerungsbericht Ekaterina P.
104
105
106
107
Erinnerungsbericht von Luba B.
Vgl. Heider, S.81.
Erinnerungsbericht Nadeshda S. S.a. Fragebogen Dimitri K.
Erinnerungsbericht Nadeshda K.
Ein Teil der "Ostarbeiterinnen" arbeitete aber auch regulär in deutschen Haushalten und Lagerteilen der
Barackenstadt; so berichtet Dimitri K., dass seine Mutter als Putzfrau im "Deutschen Lager" in der Reislinger
Str. gearbeitet habe, wofür sie mit 2 - 3 kg Brot oder Zwieback entlohnt worden sei. Ekaterina P. schreibt,
dass sie als Haushälterin beim Lagerkommandanten gearbeitet habe, zum Schlafen musste sie jedoch ins
Lager zurückkehren. Auch für den Einsatz dieser "Hauswirtschaftlichen Ostarbeiterinnen", die quasi als
Dienstmädchen in deutschen Haushalten eingesetzt waren, gab es detaillierte Bestimmungen der
Sicherheitsbehörden: "Ein Anspruch auf Freizeit besteht nicht. Die Ostarbeiterinnen dürfen sich grundsätzlich
außerhalb des Hauses nur bewegen, um Angelegenheiten des Haushalts zu erledigen. Es kann ihnen aber
bei Bewährung wöchentlich einmal die Möglichkeit gegeben werden, sich drei Stunden ohne Beschäftigung
außerhalb des Haushalts aufzuhalten. Dieser Ausgang muss bei Einbruch der Dunkelheit, spätestens 20 Uhr,
beendet sein. Der Besuch von Gaststätten, Lichtspiel- oder sonstigen Theatern und ähnlicher für Deutsche
und ausländische Arbeiter vorgesehenen Einrichtungen oder Veranstaltungen ist verboten. Desgleichen ist der
Kirchenbesuch untersagt."
108
109
110
3.4. ENTLOHNUNG
Im Bereich der Industriearbeit war der Bruttolohn für Ausländer und Deutsche gleich, über die im Januar
1942 eingeführte "Ostarbeitersteuer" wurde jedoch der Nettolohn der osteuropäischen Arbeiter drastisch
reduziert. Außerdem wurden sie grundsätzlich in die niedrigsten Lohnstufen eingruppiert und erhielten auch
keinerlei Zuschläge für Überstunden, Samstagsarbeit etc.. Begründet wurde dies damit, dass sie keine
Parteibeiträge, keine Spenden für das Winterhilfswerk und keine Beiträge zur DAF leisten würden. Die
Bruttolöhne wurden so stark besteuert, dass nur etwa 50 RM netto im Monat verdient werden konnte; wovon
aber noch Unterkunft, Verpflegung und Bekleidung zu bestreiten waren, so dass den "Ostarbeitern" praktisch
nichts übrig blieb. Je höher die Leistung der Arbeiter war, desto höher wurden sie besteuert, alles über 17
RM Wochenlohn wurde vollständig weggesteuert. Damit entsprachen die Entlohnungsrichtlinien zwar voll und
ganz den nationalsozialistischen Prinzipien, aber nicht der betrieblichen Praxis, denn es fehlte jeglicher
Leistungsanreiz; beispielsweise lag für "Ostarbeiter" der Netto-Unterschied von Akkordlöhnen mit
Spitzenleistung zu Normallöhnen bei 25 Pfennig wöchentlich. Die Steuertabellen vermitteln somit den
Eindruck einer beispiellosen Ausbeutung auch durch den Staat. Nach den ersten Erfahrungen mit den
"Ostarbeitern" wurde diese Steuerregelung darum auch vom Ostministerium und den Wehrmachtsstellen
kritisiert und die Betriebe klagten, dass dieses Lohnsystem die Stimmung unter den meist arbeitswilligen
"Ostarbeitern" stark beeinträchtige. Um Leistungsanreize zu schaffen und um den Einsatz in Deutschland in
den besetzten Gebieten wieder attraktiver zu machen, erfolgte am 30. Juni 1942 eine Neuregelung der Löhne
durch den GBA.
Aufgrund der kriegsbedingten Beschränkung der Konsumgüterindustrie standen jedoch kaum Waren für
die osteuropäischen Arbeitskräfte zur Verfügung. Um die entstehende Kaufkraft abzuschöpfen, wurde daher
das sogenannte Ostarbeitersparen angepriesen, z.B. im "Merkblatt für Ostarbeiter": "Euer Arbeitsentgelt könnt
ihr verzinslich sparen. Die ersparten Beträge stehen Euch oder Euren Familienangehörigen in Eurer Heimat
zur Verfügung. Gespart wird durch Aufkleben von verzinslichen Sparmarken auf besonderen Sparkarten, die
auf Euren Namen lauten und die Euch in Deutschland ausgehändigt werden."
111
112
113
108
109
Vgl. Fragebogen Dimitri K.
Vgl. Erinnerungsbericht Ekaterina P.
110
Mitteilung des Chefs der Gestapo und des SD, Betr. Einsatz weiblicher Arbeitskräfte aus dem altsowjetischen Gebiet (Ostarbeiterinnen), Berlin,
10. September 1942, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu Fb. 13b, Nr. 15748. S.a. Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.90.
111
Vgl. Verordnung über die Einsatzbedingungen der Ostarbeiter vom 30. Juni 1942, § 5, RGBl., S.419, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu 18 Nr. 783:
"§ 5 Sachleistungen. Das dem einzelnen Ostarbeiter nach dieser Verordnung beigefügte Arbeitsentgelt ist am Ende des im Betriebe üblichen
Lohnabrechnungsraumes nach Abzug des Gegenwertes für gewährte Sachleistungen in bar auszuzahlen. Die vom Unternehmer gewährte
Unterkunft und Verpflegung sind nach den Sätzen in Rechnung zu stellen, die sich aus der dieser Verordnung beigefügten Tabelle ergeben.
Sonstige Sachleistungen, wie Bekleidung, Schuhwerk, usw. sind zu angemessenen Preisen zu verrechnen." S.a. Historische Notate 1, S.7.
112
Vgl. Herbert, Fremdarbeiter, S.172; Heider, S.80f.; Liedke, S.72f.; Siegfried, Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit, S.78f.; ders., Leben der
Zwangsarbeiter, S.56f.; Mommsen / Grieger, S.517f. und S.584; Homze, S.170: Die Ostarbeiterabgabe reduzierte den Lohn auf 7 - 22,5 % des
Bruttolohns.
113
Merkblatt Nr. 1 für Ostarbeiter, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu 18 Nr. 783. S.a. Mommsen / Grieger, S.597.
Grundsätzlich bestand für alle ausländischen Zivilarbeiter die Möglichkeit, einen Teil des Gehalts an die
Familien in den Heimatländern zu überweisen. Doch die folgende Tabelle der Überweisungszahlen weist ein
krasses Missverhältnis auf und zeigt deutlich, dass "Ostarbeiter" praktisch keinen Gebrauch davon machen
konnten. Die Berliner Bank schätzte, dass 1943 1 Milliarde Reichsmark (RM) in die Heimatländer abflossen,
davon:
114
nach Frankreich
nach Belgien
nach Italien
nach Polen
nach Russland
277.046.200 RM
271.376.100 RM
215.729.400 RM
29.750.600 RM
6.077.000 RM
Die "Verordnung über die Einsatzbedingungen der Ostarbeiter" vom 30. Juni 1942 hatte zudem in § 8
noch festgelegt: "Entgeltabrechnungen sind den Ostarbeitern nicht zu erteilen." Im Rahmen des politischen
Richtungswechsels nach Stalingrad wurde diese Bestimmung durch eine Verordnung vom 5. April 1943 zwar
geändert, in der betrieblichen Praxis des Volkswagenwerks scheint sich diese Anordnung jedoch nicht
durchgesetzt zu haben. Vielmehr wurden die "Ostarbeiter" mit Versprechungen hingehalten, so berichtet
Wladimir K.: "Lohn gab es nicht, es wurde uns versprochen, dass im Urlaub alles zusammen ausbezahlt
werden würde – dazu ist es aber nie gekommen."
115
116
117
Bezeichnenderweise sprechen einige der Befragten auch nicht von "Lohn", sondern von "Taschengeld".
Und Maria G. schreibt zur Kaufkraft eines Monatslohns: "Ja, 15 RM im Monat. Genauso viel kostete eine
Portion Brot auf unserem Lagerbazar." Übrigens bezog sich der Vorwurf der "Sklavenarbeit" in den
Nürnberger Prozessen – neben dem Einsatz von KZ-Häftlingen - auf eben diese Taschengeldlöhne für Polen
und "Ostarbeiter".
118
119
120
Tabelle 9: Angaben zu Lohnzahlungen des VWW
Frauen Männer
28-50 Reichsmark
1
15-20 Reichsmark
3
2
10-14 Reichsmark
2
1
1-10 Reichsmark / wenig
11
3
Ja
3
3
unregelmäßig /anfänglich
2
Nein
21
11
Keine Angaben / Erinnerung
3
7
Zusammen
45
27
ARBEITSZEIT
Im Frühjahr 1942 wurde die Wochenarbeitszeit für "Ostarbeiter" auf 54 Stunden festgelegt, ab März 1944
galt die 60-Stunden-Woche. Tatsächlich wurde in Industriebetrieben aber meist 5 Tage à 12 Stunden sowie
mindestens 6 Stunden am Samstag gearbeitet, diese Arbeitszeiten galten auch für Jugendliche. Nur der
Sonntag war arbeitsfrei.
Für das Volkswagenwerk nannten die meisten der Befragten als Arbeitszeit 12 Stunden an Werktagen
121
114
Deutsche Verrechnungskasse, Hauptabteilung, 19. Januar 1944, zitiert nach: Homze, S.246.
115
Verordnung über die Einsatzbedingungen der Ostarbeiter vom 30. Juni 1942, § 8, RGBl., S.419, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu
18 Nr. 783.
Vgl. Verordnung zur Durchführung und Änderung der Verordnung über die Einsatzbedingungen der Ostarbeiter vom 5. April
1943, § 2, RGBl., S.419, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu 18 Nr. 782: "Dem Ostarbeiter sind von dem Lohnabrechnungszeitraum
ab, der nach dem 1. Mai 1943 endet, Entgeltabrechnungen zu erteilen, aus denen sich neben den Berechnungsgrundlagen
(Vergleichslohn ... das Gesamtentgelt des Ostarbeiters, die Abzüge für Unterkunft und Verpflegung und die Abzüge für sonstige
Sachleistungen ergeben."
Erinnerungsbericht Wladimir K.
116
117
118
119
120
121
Vgl. Fragebogen Anna M. und Fragebogen Nina P.: "Wir haben Taschengeld bekommen, 3-5 Mark." S.a. Mommsen / Grieger, S.584.
Fragebogen Maria G.
Vgl. Homze, S.170.
Vgl. Liedke, S.79; Heider, S.79ff.; Herbert, Fremdarbeiter, S.174; Homze, S.257.
bzw. Samstags bis 12 oder 14 Uhr. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 66
Stunden, allerdings konnte es in Einzelfällen auch mehr sein; so berichtet Nadeshda G. von
Wochenarbeitszeiten von bis zu 75 Stunden: "12 Stunden, in zwei Schichten, ab 7 Uhr morgens bis 7 Uhr
abends, Samstags bis 5 Uhr, Sonntags bis 12 Uhr." Wie oben beschrieben, arbeiteten einige der
"Ostarbeiter" auch in Wechselschichten und einige sogar nur nachts.
122
123
Tabelle 10: Arbeitszeit an Werktagen
Frauen
8-10 Stunden
5
10-12 Stunden
33
über 12 Stunden
3
"den ganzen Tag"
3
keine Angaben
1
Zusammen
45
Männer
2
19
2
1
3
27
3.5. BEHANDLUNG AM ARBEITSPLATZ
Mittels gesetzlicher Bestimmungen, wie z.B. der vom SS-Reichssicherheitshauptamt erarbeiteten
"Ostarbeitererlasse", sollten die Beziehungen am Arbeitsplatz geregelt werden: der Kontakt zwischen
Deutschen und "Ostarbeitern" sollte sich auf Arbeitsanweisungen und Befehle beschränken, denn deutsche
Arbeiter hatten gegenüber "Ostarbeitern" grundsätzlich als Vorgesetzte aufzutreten. Andererseits sollte durch
die Hierarchisierung der Arbeitsbeziehungen die deutsche Arbeiterschaft vor "bolschewistischer" Indoktrination
geschützt werden. Lagerleitung und Werkschutzleiter hatten Disziplinargewalt gegenüber den sowjetischen
Arbeitskräften, der Umfang der Disziplinargewalt wurde von der zuständigen Stapoleitstelle festgelegt.
Das Verhalten der deutschen Vorgesetzten und "Kollegen" ist hier von besonderem Interesse, da sie vom
Regime nicht nur als passive Zuschauer, sondern als aktive Faktoren zur Umsetzung von NS-Politik
eingeplant wurden. Vom Verhalten der einzelnen Deutschen im Lager und am Arbeitsplatz hingen also die
Lebensumstände der Zwangsarbeiter nicht unwesentlich ab. Die Einstellung bei der Behandlung von
"Ostarbeitern" wurde im wesentlichen von drei Faktoren beeinflusst:
• der historischen Einstellung zu Polen und "Ostarbeitern"
• der persönlichen Einstellung
• und der NS-Propaganda
124
125
126
Schon vor 1942 kamen Anregungen zur Schlechterstellung der ausländischen Arbeitskräfte nicht selten
aus der deutschen Arbeiterschaft, da diese dem Regime die Erfahrung der eigenen Besserstellung und
eigener Vorrechte verdankte. Auch erleichterten rassistischer Russenhass und die Ablehnung des
Bolschewismus die Akzeptanz des "Ostarbeitereinsatzes". Rassistische Einstellungen beschränkten sich also
nicht nur auf die Betriebsführungen und ließen auch mit der sich verschlechternden Kriegslage keineswegs
nach. Vielmehr kam es gegen Kriegsende zu einer nochmaligen Radikalisierung, da aufgrund der eigenen
zunehmenden Arbeitsbelastung und der alliierten Bombenangriffe Ausländer zu "Blitzableitern" wurden.
Mommsen/Grieger kommen hinsichtlich des Verhaltens von Belegschaftsangehörigen des
Volkswagenwerks zu dem Ergebnis, dass eine diskriminierende Behandlung der "Ostarbeiter" an der
Tagesordnung gewesen sei. Sie verweisen zudem auf häufige und willkürliche Mißhandlungen durch
Werkschutz und Werkspolizei; teilweise hätten Meister und Vorarbeiter körperliche Züchtigungen aber auch
127
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123
124
125
126
Fragebogen Nadeshda G.
Vgl. Fragebogen Maria S.; Fragebogen Nikolai S.; Erinnerungsbericht Nadeshda A.; Fragebogen Nikolai B.
Vgl. Heider, S.81.
Vgl. Erlass des RFSS und Chef der deutschen Polizei, Berlin, 22. Juni 1942, NdS. StA WF, Bestand 12 A Neu 13 Nr. 15747. S.a.
Mommsen / Grieger, S.539.
Vgl. Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.37; Liedke, S.83f.; Siegfried, Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit, S.92; ders., Leben der
Zwangsarbeiter, S.82.
127
Vgl. Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.45ff., Menne / Fahrenkopf, S.17f.; Mommsen / Grieger, S.738f.; Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter,
S.84.
selbst vorgenommen. Dies wird durch die Erinnerungen der Betroffenen bestätigt:
128
Alexander S. wurde von seinem Meister wegen Diebstahls angezeigt und dem Werkschutz übergeben,
dann im Büro bis zur Bewusstlosigkeit zusammengeschlagen und anschließend zu zwei Monaten Straflager
verurteilt. Auch Fehler und Nachlässigkeiten bei der Arbeit wurden physisch bestraft, Eudokia K. die in der
Nachtschicht als Kontrolleurin eingesetzt war, schlief wegen Übermüdung ein und wurde deswegen
geschlagen. Tatjana K. berichtet von den drastischen Methoden ihres Meisters: "Wir arbeiteten 12 Stunden
täglich und wurden die ganze Zeit von Polizisten bewacht. Wir durften nicht miteinander reden. Unser Meister,
Herr A., hat die Burschen immer geschlagen, uns, die Mädchen, aber nicht. Einmal hat er mir das Gesicht mit
Maschinenöl beschmiert, weil eine Maschine nicht ganz sauber war."
Andere Frauen wurden bei der Arbeit ständig angetrieben, so schreibt Neonila S.: "Als ich in der
Flugzeughalle geputzt habe, durfte man keine Pause mache. Wenn ich stehenblieb, bekam ich sofort mit der
Peitsche Schläge auf den Rücken. Da haben wir uns gefreut, wenn wir ins Lager zurückgehen konnten."
Einige der Frauen berichten auch von Belästigungen durch SS-Leute. Tatjana K., die von der Gestapo
verhaftet und zur Strafarbeit eingeteilt worden war, schreibt: "Dann haben wir Ziegelsteine aus einem
Lastschiff ausgeladen. Wir wurden von SS-Soldaten bewacht. Der Hauptoffizier hat mich angemacht. Er
sagte, dass ich gleich "Gymnastik" machen werde. Aber Gott hat mich gerettet – es gab Alarm. Am nächsten
Tag waren dort dieselben Soldaten, aber mit einem anderen Hauptoffizier. Die Soldaten haben dem Offizier
sicher erzählt, was am Tag zuvor passiert war. Er hat mich gefragt, wie alt ich bin und warum ich hier sei. Er
sagte, dass ich noch heute zurückkommen würde. Der Offizier hat meinen Meister angerufen, und der hat
mich nach Neindorf mitgenommen. Dort habe ich weiter gearbeitet."
129
130
131
132
133
134
Auch der Bericht von Anastasia W. illustriert die enorme Bandbreite der Verhaltensweisen deutscher
Vorgesetzter und belegt ebenfalls die Existenz individueller Spielräume: "Im Winter 1943 konnte ich nicht zur
Arbeit gehen, weil meine Schuhe kaputt waren. Ich war krank. Am Montag kamen wir zu unserem Arbeitsplatz,
da kam Meister K., hat mich in die Ecke im Flur geschubst und mit einem Schlauch geschlagen. Mein Auge
war geschwollen und die Nase blutete. Ein Mann hat das beobachtet.. Sie haben miteinander gestritten. Der
Mann war ein Kurierfahrer. Er hat mich zu sich genommen und ich musste sein Büro sauber halten. Da
arbeiteten auch zwei deutsche Frauen. Aber sprechen durfte ich mit den Frauen nicht. Ich musste jeden
Morgen um 9 Uhr in der Zentralküche Kaffee holen und dem Meister Kl. geben. Der hat mich gut behandelt,
hat für mich immer ein paar Butterbrote und Kaffee dort gelassen."
135
Tabelle 11: Bewachung am Arbeitsplatz
Frauen Männer
Ja
29
15
durch Meister / Aufseher
5
5
Werkschutz
8
2
keine Bewachung
2
4
keine Angaben
1
1
Zusammen
45
27
4. Leben im Wohnlager
4.1.GEMEINSCHAFTSLAGER / BETRIEBSLAGER / BOMBENANGRIFFE
Das "GBA-Merkblatt Nr. 1 für Betriebsführer über den Einsatz von Ostarbeitern" hatte zur Unterbringung
128
129
130
131
132
Vgl. Mommsen / Grieger, S.541 und S.586ff. Zur Geschichte des Werkschutzes s.a. Historische Notate 4, S.68, Fußnote 22.
Vgl. Erinnerungsbericht Nadeschda K.
Vgl. Erinnerungsbericht Eudokia K.
Erinnerungsbericht Tatjana K.
Erinnerungsbericht Neonila S.
133
Vgl. Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.71: Seit dem 10. März 1938 befand sich eine Außenstelle der Gestapo Lüneburg in Fallersleben,
diese wurde am 13. November 1939 auf das Werksgelände verlegt; ab dem 11. November 1943 war sie der Stapoleitstelle Braunschweig
unterstellt.
134
135
Erinnerungsbericht Tatjana K. S.a. Erinnerungsbericht Nadeschda K. Zur Produktion in Neindorf siehe: Mommsen / Grieger,
S.878 und S.880; Historische Notate 4, S.45ff.
Erinnerungsbericht Anastasia W.
folgendes festgelegt: "Die gewerblichen Ostarbeiter werden grundsätzlich in Gemeinschaftslagern
untergebracht, wobei die einzelnen Volksgruppen (Ukrainer, Weißruthenen, Russen) - soweit erforderlich - zu
trennen sind." Weiter heißt es: "Die Unterkünfte sind ständig unter Bewachung zu halten." Die Bewachung
sollte – soweit vorhanden – durch den betrieblichen Werkschutz erfolgen.
136
Die Unterbringung in Wohnlagern mit ständiger Bewachung ist ein Kennzeichen der Zwangsarbeit, denn
andere Ausländergruppen waren in unbewachten Gemeinschaftslagern oder im Falle von Westeuropäern
auch privat untergebracht. Die geschlossene Unterbringung diente der Kontrolle und Überwachung der
"Ostarbeiter" und hatte ihre Ursache in der NS-Weltanschauung, die in den Kommunisten die härtesten
Gegner des National-sozialismus erwartete.
Als "Betriebslager" galten Barackenlager auf dem Betriebsgelände oder in der Nähe des
Betriebsgeländes. Zuständig für die Ausgestaltung der Lebens- und Wohnverhältnisse waren die Betriebe.
Dies bestätigen auch Mommsen/Grieger in ihrem Kapitel über die "Lagerstadt des Volkswagenwerkes".
Das "Ostlager" bestand aus 37 Wohnbaracken, sowie einer Anzahl Wasch-, Toiletten- und Verwaltungsbaracken und war ursprünglich Teil des Gemeinschaftslagers gewesen. Von diesem war das "Ostlager" durch
hohe Maschendrahtzäune getrennt, das Lager selbst war in sechs Unterlager gegliedert, für jeden
Unterabschnitt gab es einen eigenen Lagerführer. Außerdem wurde das Lager ständig von ukrainischen
Hilfspolizisten bewacht. Von diesen wurden die "Ostarbeiter" auch zur Arbeit - bzw. zum Lager zurück eskortiert. Eudokia K. beschreibt das Lager wie folgt: "Das Lager war 10 – 15 Minuten Gehweg vom Werk
entfernt. Um das Lager herum war Stacheldraht. An jeder Ecke stand ein Wachturm. Auf dem Gelände des
Lagers standen die Holzbaracken. In jeder Baracke gab es einige Zimmer; in jedem Zimmer wohnten ca. 20
Menschen."
Diese Art der Unterbringung gehörte für die Insassen zu den größten Belastungen, denn nach 10-12
Stunden harter Arbeit konnte man in einer solchen Gemeinschaftsunterkunft kaum die notwendige Ruhe und
Erholung finden. Überbelegte Räume mit Etagenbetten waren für Jahre die Unterkunft der Arbeiter.
Außerdem hatte die Sicherheitspolizei ein Ausgehverbot für die Mehrzahl der "Ostarbeiter" festgelegt: "Die
Arbeitskräfte aus dem altsowjetischen Gebiet dürfen nach wie vor ihre Unterkünfte nur zur Verrichtung der
Arbeit verlassen. Das absolute Ausgehverbot wird jedoch dahin gelockert, dass bewährten Arbeitskräften gewissermaßen als Belohnung - in geschlossenen Gruppen unter hinreichender deutscher Aufsicht Ausgang
gewährt werden darf. Die Aufsicht ist von den Wachmannschaften oder dem Betriebspersonal zu stellen. ... Im
übrigen spielt sich die gesamte Freizeit der Arbeitskräfte aus dem Osten wie bisher in den Unterkünften ab."
Dass diese Form der Unterbringung in Verbindung mit der unzureichenden Ernährung sich negativ auf die
Arbeitsleistung der "Ostarbeiter" auswirkte, mussten die Arbeitsverwaltungsbehörden schon bald feststellen,
hierzu der Monatsbericht des Landesarbeitsamts Niedersachsen für Juni 1942: "Die anfangs gute
Arbeitsleistung der Ostarbeiter hat sich teilweise verschlechtert. Das muss weitgehend auf unzureichende
Verpflegung und mangelnde Freizeitgestaltung (bei beengten Unterkünften Gefahr des Lagerkollers !)
zurückgeführt werden."
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136
137
GBA-Merkblatt Nr. 1 für Betriebsführer über den Einsatz von Ostarbeitern, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu 18. Nr. 783.
Vgl. Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.168; Historische Notate 1, S.7.
138
Vgl. Liedke, S.89; Weinmann, S.LXXXVI.
139
Vgl. Mommsen / Grieger, S.740ff. [Kapitel 8.2.] S.a. Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.93f.
140
Vgl. Fragebogen Iwan L.; Andrej T.; Vera P.; Luba B.; Darja R.; Erinnerungsbericht Wladimir K. S.a. Mommsen / Grieger, S.574f.; Siegfried,
Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit, S.112; ders., Leben der Zwangsarbeiter, S.171.
141
Vgl. Erinnerungsberichte Wladimir K., Maria K. und Nadeshda K.; Fragebögen Nikolai B.; Maria S.; Anna K., Maria K.; Anastasia W.;. Eudokia
K.: "Wir wurden ständig beaufsichtigt. Ins Lager und ins Werk gingen wir immer in der Kolonne." S.a. Mommsen / Grieger, S.538 und S.575: "Ein
Teil der Ukrainer, die von den rassischen Diskriminierungsmaßnahmen ausgenommen waren, wurde als Bewachungspersonal im Polen- und im
Ostlager eingesetzt; sie galten als ungewöhnlich brutal und wurden besonders gefürchtet."
142
Erinnerungsbericht Eudokia K.
143
Vgl. Liedke, S.89; Mommsen / Grieger, S.575f.; Historische Notate 1, S.7.
144
Mitteilung des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD, Reinhard Heydrich, an die höheren Verwaltungsbehörden, Betr.
Behandlung der Arbeitskräfte aus dem altsowjetischen Gebiet, Berlin, 9. April 1942, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu Fb. 13b, Nr.
15748.
145
Die Entwicklung des Arbeitseinsatzes im Landesarbeitsamtsbezirk Niedersachsen im Monat Juni, 7. Juli 1942, Nds. Sta WF, Bestand 12 Neu
Fb. 18, Nr.783, 1940-42 (Berichte des Arbeitsamts Braunschweig). Ab Oktober 1943 enthalten die Berichte nur noch Angaben zum Bezirk
Da sich die Barackenlager in der Nähe von Rüstungsbetrieben befanden, waren auch die Zwangsarbeiter
ab 1943 der Gefahr von Luftangriffen ausgesetzt. Meist wurden die Ausländerlager erst nach den
beschädigten Fabrikanlagen und den Wohnbereichen der Deutschen wieder instandgesetzt; entsprechend
verschlechterten sich die Lebensbedingungen in diesen Lagern nach einem Angriff meist auf lange Zeit.
Hierzu der Erinnerungsbericht von Tatjana K. über ihre Situation im Volkswagenwerk:: "Später begannen die
Bombenangriffe auf das Werk. Das war wie der Weltuntergang. Ich habe mich erkältet, weil es keine Fenster
mehr gab." Dass beschädigte Betriebsteile hingegen sehr schnell wieder instandgesetzt wurden, bestätigt
Eudokia P.: "Nach dem Bombenangriff im Jahr 1944 (es war Ostern) sind zwei Baracken verbrannt. Das Werk
wurde zweimal bombardiert, aber alles wurde sehr schnell wieder aufgebaut."
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148
Andere der Befragten berichten von der Verlegung der Unterkünfte, so ergänzt Tatjana B. ihre Angaben
zur Unterbringung wie folgt: "Stadt des KdF-Wagens, Ostlager 6, Stube 199, mehrmals wurden wir verlegt,
weil das Lager bombardiert worden war und die Baracken brannten."
149
Insbesondere an die Bombenangriffe erinnern sich viele der Befragten. Im Unterschied zur Praxis in
anderen Städten durften die "Ostarbeiter" die Luftschutzkeller und Bunker des Volkswagenwerks aufsuchen,
dazu schreibt Eugenia P.: "Vor der Befreiung wurde unser Lager bombardiert, die Baracken waren zerstört. Zu
dieser Zeit waren wir im Werk im Luftschutzkeller. Nach dem Luftangriff haben wir gesehen, dass das Werk
stark zerstört war."
150
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4.2. UNTERBRINGUNG
Die Lage des "Ostlagers" und die lagerinternen Strukturen sind von Siegfried ausführlich beschrieben
worden, darum hier nur eine kurze Zusammenfassung: Die sowjetischen Zivilarbeiter wurden – abgesondert
von anderen Ausländergruppen – im östlichen Teil des im Zuge des Werkaufbaus errichteten
Gemeinschaftslagers untergebracht (d.h. südlich der Rothenfelder- und östlich Porschestraße). Die
Unterbringung der verschiedenen Ausländergruppen in unterschiedlichen Lagerteilen sollte der rassistischen
Differenzierung sichtbaren Ausdruck verleihen. Allerdings ließ sich diese Trennung aufgrund der ständig
steigenden Zahlen nicht immer durchhalten.
Siegfried beschrieb auch die Binnenstruktur der Lagerorganisation: "Die Leitung der Lagerkomplexe war
hierarchisch organisiert. Eine "Baracke" wurden von einem "Hauswart" geführt, 4 bis 5 Baracken bildeten ein
"Lager", das einem "Lagerführer" (oder "Hilfslagerführer") der DAF unterstellt war, 5 bis 7 Lager waren zu
einem "Lagerabschnitt" zusammengefasst, der jeweils von einem "Oberlagerführer" geleitet wurde. Solche
Abschnitte waren im Gemeinschaftslager die Lager 1 bis 7 (heute: zwischen Schachtweg und Porschestraße),
die Lager 8 bis 15 (das "Ostlager", östlich der heutigen Porschestraße) und die Lager 16 bis 21 (heute:
zwischen Schacht-weg und Lessingstraße). Alle "Lagerabschnitte" waren dem "Hauptlagerführer" unterstellt,
über dem die "Lagerleitung" rangiert, die reine Verwaltungsaufgaben (Finanzen u.ä.) zu erledigen hatte."
153
154
Braunschweig. S.a. Herbert, Fremdarbeiter, S.161f.; Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.100f. und S.169.
146
Vgl. Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.38f.; Heider, S.76f.; Mommsen / Grieger, S.748f.
147
Erinnerungsbericht Tatjana K.
148
Fragebogen Eudokia P. S.a. Erinnerungsbericht Eudokia P.: "Über den Kanal gab es zwei Brücken, eine aus Eisen, eine aus Holz. Über die
Eisenbrücke führten sie uns zur Arbeit und zurück. Die Holzbrücke befand sich gegenüber der Hauptwache. 1944 ist die Holzbrücke wegen
Überlastung umgefallen. Über Nacht wurde die Brücke wieder aufgebaut."
149
150
Fragebogen Tatjana B. S.a. Fragebogen Petro D.: 1944 wurde Petro D. in Baracken am Waldrand verlegt.
Zu den Bombenangriffen siehe: Mommsen / Grieger, S. 632ff; Historische Notate 9, S.108 Fußnote 74.
151
Vgl. Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.38; Liedke, S.160: Der Anteil der ausländischen Arbeiter an den Luftkriegsopfern lag in Braunschweig
bei 38 Prozent. Polen, "Ostarbeiter" und Kriegsgefangene durften die großen öffentlichen Luftschutzbunker nicht betreten.
152
Erinnerungsbericht Eugenia P. S.a. Erinnerungsbericht Nadeshda K.: "Nachts gab es oft Alarm und wir mussten in die Bunker
laufen, ich blieb aber im Zimmer. Aber einmal wurde das Lager so stark bombardiert, dass ich aus dem Fenster springen
musste. Der Bunker war ganz in der Nähe und ich suchte dort Schutz. Die anderen Mädchen sagten: "Wenn Nadja in den
Bunker kommt, dann muss es oben ganz schlimm sein." Vieles ist abgebrannt, aber unsere Baracke ist stehengeblieben."
153
Vgl. Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.91f. S.a. Heider, S.76f.
154
Vgl. Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.95. S.a. Mommsen / Grieger, S.742.
Die Beschreibung der Unterkünfte und des Barackenlagers seitens der 72 Befragten ist relativ einheitlich.
Fast alle berichten, dass das Lagergelände mit Stachel- bzw. Maschendraht umzäunt war, von der
Unterbringung in Holzbaracken, die über Öfen verfügten, aber schlecht geheizt wurden, von zwei- oder
dreistöckigen Etagen-betten, von strohgefüllten Matratzen und Kopfkissen, von zu dünnen Decken,
gesonderten Sanitärbaracken, von zu wenig Mobiliar im Verhältnis zur Zahl der Bewohner sowie von der
generellen Überfüllung der Räume. Die Angaben zur Belegung reichen von 8-40 Personen pro Raum,
abhängig von der Größe des Raumes. Als Beispiel hier der Bericht von Maria G.: "24 Personen im Zimmer,
metallene Etagenbetten, Matratzen und Kissen, die mit Stroh gefüllt waren, kleine Nachtschränke. Eine sehr
dünne Decke, zwei Tische, 6 Stühle. In der Mitte ein kleiner Ofen." Ganz ähnlich lauten die Angaben von
Luba B.: "Holzbaracken, umzäunt mit Stacheldraht, etwa 1,5 bis 2 Kilometer vom Werk entfernt. 24 Mädchen
im Zimmer, zweistöckige Pritschen, grasgefüllte Matratzen, eine Wolldecke, ein eiserner Ofen. 1 Eimer, 1
Becher und 1 Krug."
Anastasia W. erinnert sich, dass es im Winter in den Unterkünften sehr kalt gewesen sei und darum
ebenfalls an die dünnen Decken. Valentin G. berichtet von Ungeziefer in den Baracken; Raissa S., dass ihr
Lager Nr. 4, Zimmer 155, nicht weit vom Kanal entfernt lag. Aufgrund der unzureichenden hygienischen
Bedingungen im "Ostlager" mussten die Baracken monatlich desinfiziert werden; die Bewohner wurden aus
dem gleichen Grund zweimal im Monat in die Zentralwaschstube geführt.
155
156
157
158
4.3. ERNÄHRUNG
Görings Richtlinien zum "Ostarbeitereinsatz" enthielten von den Arbeits- und Ernährungsbehörden
angereg-te Vorschriften, die zu einer katastrophalen Ernährungs- und Unterbringungslage führen sollten. Die
Existenzbe-dingungen der "Ostarbeiter" im Reich wurden bewusst primitiv gestaltet, um die deutsche
Wirtschaft nicht zu stark zu belasten. Dies bedeutete für die Betroffenen reduzierte Ernährungssätze und
entsprach auch den rasse-politischen Vorstellungen der Regimeführung, die den Ausländern je nach Stellung
in der NS-Rassenhierarchie unterschiedliche Mengen zuerkannte. Als Folge wurden Polen und "Ostarbeiter"
gegenüber Westeuropäern und Deutschen besonders benachteiligt. Die "Verordnung über die
Einsatzbedingungen der Ostarbeiter vom 30. Juni 1942" legte für "Normalarbeiter in der gewerblichen
Wirtschaft" folgende Wochensätze fest:
159
Brot
Fleisch
Fett (vorzugsweise Margarine)
Kartoffeln
Nährmittel
Zucker
Tee-Ersatz
Gemüse
2600 g.
250 g.
130 g.
5250 g.
150 g.
110 g.
14 g.
nach Aufkommen
(Kohlrüben)
Hinsichtlich der Brotversorgung ist noch zu ergänzen, dass ein spezielles "Russenbrot" mit einem hohen
Anteil an Rübenschnitzeln ausgegeben werden sollte: "Brot soll grundsätzlich in der Zusammensetzung 72 %
Roggenschrot und 28 % vollwertigen Zuckerschnitzeln hergestellt werden. Solange Brot mit Zuckerschnitzeln
155
156
157
Fragebogen Maria G. S.a. Mommsen / Grieger, S.575f.
Fragebogen Luba B.
Vgl. Fragebogen Anastasia W.; Fragebogen Valentin G. und Fragebogen Raissa S.
158
Anastasia W. berichtet, dass alle "Ostarbeiter" dort von Ärzten auf Läuse untersucht wurden. Erinnerungsbericht Anastasia W. S.a. Mommsen /
Grieger, S.576 sowie den Erinnerungsbericht von Nadeshda K: "Alle zwei Wochen mussten wir gemeinsam zum Baden in die Stadt gehen. Dass
uns die Polizei schlug, durften wir niemand sagen. Die Mädchen in der Badestube haben gefragt, wer hat euch so geschlagen, denn die blaugelben Streifen waren noch zu sehen. Als wir ins Zimmer kamen, haben die Mädchen uns bedauert, da habe ich geweint."
159
Vgl. Verordnung über die Einsatzbedingungen der Ostarbeiter vom 30. Juni 1942, RGBl., S.419, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu
18 Nr. 783. S.a. Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.99; Mommsen / Grieger, S.554f.
nicht geliefert wird, kann normales Brot gewährt werden."
Da die Ernährung neu eingetroffener Arbeitskräfte zu Lasten der Alteingesessenen ging, litt deren
Leistungs-fähigkeit. Insgesamt brachte die Anlieferung immer neuer Arbeitskräfte also keinen Leistungs- und
Produktions-gewinn. Viele Betriebe beschwerten sich bei den Militärbehörden über die unzureichende
Arbeitsleistung und nannten als Hauptgrund die unzureichende Ernährung. Hierzu das Protokoll des
Rüstungskommandos Braunschweig über die Ernährungslage der sowjetischen Zivilarbeiter und
Kriegsgefangenen im Volkswagenwerk vom 8. Mai 1942 :"Im Werk sind zunächst ca. 1800 sowj. Russen
(1000 Zivilisten und 800 KG) beschäftigt. Der Wirkungsgrad des gesamten Russenarbeitseinsatzes hängt nur
von der Verpflegung ab. Die vom RM für Ernährung u. Landwirtschaft durch Schnellbrief vom 17.4.42
zugelassenen Sätze sind zu niedrig, so dass die im VWW eingesetzten Russen in ihrer Leistung nachlassen.
Ihr Ernährungszustand ist erschreckend. Abmagerung bis auf 60 u. 70 Pfund. Todesfälle wegen Entkräftung.
Täglich brechen Leute an den Maschinen ermattet zusammen. Bei den seit 20 Tagen eingesetzten, an sich in
gutem Zustand befindlichen Zivilarbeitern zeigt sich schon jetzt die schwache Ernährung. Deswegen
flüchteten verschiedene auch und suchten sich bei anliegenden Bauern Arbeit."
Wie unzureichend das Reich auf den Einsatz hunderttausender "Ostarbeiter" vorbereitet war und mit
welch bizarren Methoden ihr Unterhalt gewährleistet werden sollte, illustriert auch folgende GBA-Anordnung
vom 15. Juli 1942: "In allen Lagern und Unterkünften, in denen es nur immer möglich ist, soll noch in diesem
Jahre Spätgemüse angepflanzt werden (natürlich durch die fremden Arbeiter selbst). Für das nächste Jahr ist
dieser Anbau grundsätzlich und systematisch durchzuführen, u.a. Sonnenblumen. Bei gemeinsamen
Ausgängen soll unter Anleitung und unter Aufsicht Wildgemüse gesammelt werden."
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Wenden wir uns nun wieder der Situation im Volkswagenwerk zu: fast alle der 72 Befragten bezeichneten
die Ernährung dort als schlecht oder sehr schlecht, sie berichten von 200-300 Gramm Brot pro Tag, dazu 5-15
Gramm Margarine, Wurst, Sülze oder Zucker und zweimal täglich Steckrübensuppe, gelegentlich Kartoffeln
bzw. Pellkartoffeln oder Spinat. . Andere berichten von Resten aus der deutschen Küche und Suppe aus
Rüben- oder Kartoffelschalen. Dazu der Bericht von Maria G.: "Das Schlimmste im Lager war das Essen.
Morgens einen halben Liter Suppe aus Kartoffelschalen, Mittags einen Liter Suppe aus Steckrüben, Abends
ein Stück Brot (ca. 200 g.) mit einer Portion Margarine (ca. 15 g.) oder ein Stückchen Wurst."
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Gegessen wurde in den Werkskantinen, dazu der Erinnerungsbericht von Anna K.: "Morgens haben wir
nur schwarzen Kaffee bekommen – ohne Zucker und ohne Brot. Zum Mittag gab es einen halben Liter Suppe,
auch ohne Brot. Nur abends bekamen wir 150 g. Brot und 2 Kartoffeln. Wir haben im Werk gegessen, im
Lager gab es keine Speisehalle." Am Sonntag wurde nur einmal Essen ausgegeben, dazu der
Erinnerungsbericht Anastasia W.: "Am Sonntag mussten wir einmal zum Werk gehen, da haben wir 2-3
168
160
Verordnung über die Einsatzbedingungen der Ostarbeiter vom 30. Juni 1942, RGBl., S.419, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu 18 Nr. 783. S.a.
Homze, S.78; Herbert, Fremdarbeiter, S.148: Im Reichsernährungsministerium überlegte man, wie Görings Ernährungsvorschläge in die Praxis
umgesetzt werden konnten, Ergebnis war ein spezielles "Russenbrot" aus Roggenschrot, Zuckerrübenschnitzeln, Zellmehl sowie Strohmehl oder
Laub.
161
Vgl. Homze, S.216. S.a. Fragebogen Luba B., Frau B. berichtet, dass das Essen im Volkswagenwerk anfänglich besser
gewesen sei.
162
Vgl. Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.31; Mommsen / Grieger, S.555. S.a. Die Entwicklung des Arbeitseinsatzes im Landesarbeitsamtsbezirk
Niedersachsen im Monat Juni, 7. Juli 1942, Nds. Sta WF, Bestand 12 Neu Fb. 18 Nr.783: "Die anfangs gute Arbeitsleistung der Ostarbeiter hat sich
teilweise verschlechtert. Das muss weitgehend auf unzureichende Verpflegung ... zurückgeführt werden."
163
Protokoll des Rüstungskommandos Braunschweig über die Ernährungslage sowjetischer Zivilarbeiter und Kriegsgefangener im
Volkswagenwerk, 8.5.1942 (Bundesarchiv-Militärarchiv, Bestand RW 21-8/5, Bl. 86), zitiert nach Siegfried, Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit,
S.145. S.a. Mommsen / Grieger, S.551f. und S.579.
164
GBA-Anordnung Nr. 9, 15. Juli 1942, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu 18 Nr. 783.
165
Vgl. Fragebogen Jurij K.; Alexej K.; Nadeshda S.; Nadeshda S.; Nadeshda A. Klawdia B.; Leonid T. (Dazu auch folgendes Gedicht von Leonid
T.: "Steckrübe, Steckrübe, prima Essen, Steckrübe, Steckrübe, kann ich nicht vergessen."); Raissa S.; Anastasia W.; Wassilij S.; Antonina D.;
Tatjana B.; Nikolai B. S.a. Mommsen / Grieger, S.580.
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Vgl. Fragebogen Maria S.; Valentin G.; Eudokia P.; Iwan L.; Luba B.; Vera J.; Nina S.
Fragebogen Maria G. S.a. Fragebogen Nadeshda T.: "Essen gab es dreimal pro Tag, morgens ein warmes Getränk ohne
Zucker, Mittags eine Suppe aus Kartoffelschalen, Weißkohl mit Würmern und Spinat, abends 150 g. Brot und 5 g. Margarine."
Erinnerungsbericht Anna K. S.a. Fragebogen Sergej S.; Fragebogen Eudokia P.; Erinnerungsbericht Maria K.: "Jeden Tag vor der Arbeit
mussten wir an der Wache unsere Ausweise vorzeigen und wurden durchsucht. Anschließend ging es in die Kantine zum Essen. Das Essen war
sehr schlecht." S.a. Mommsen / Grieger, S.576.
Kartoffeln mit Soße und 200 g. Brot bekommen."
169
Industriearbeiter, die in Werkskantinen und -küchen aßen, bekamen für jede Woche eine
Lebensmittelkarte. Um sein Essen zu bekommen, musste man die Abschnitte für Fett, Fleisch, Brot und
Nährmittel wöchentlich an die Küche abgeben. Vom Volkswagenwerk wurden diese Karten nach dem
Besuch der Badeanstalt der "Stadt des KdF-Wagens" ausgegeben, dazu Eudokia P.: "Jeden Samstag führten
sie uns in das Waschhaus. Nach der "Bearbeitung" bekamen wir Coupons. Die Coupons brauchten wir für das
Essen, für die ganze Woche."
Aufgrund dieser Mangelsituation blieben den "Ostarbeitern" Ausnahmen vom täglichen Einerlei besonders
gut in Erinnerung, dazu der Bericht von Luba B.: "Zu Weihnachten 1944 haben wir in Deutschland
Lebensmittel-karten bekommen, dafür haben wir Brot und Süßigkeiten bekommen. Das war unsere einzige
Freude."
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Aufgrund von 12-Stunden-Schichten an Werktagen, harter Arbeit und vollkommen unzureichender
Ernährung sahen sich viele "Ostarbeiter" mit Krankheit und Tod bedroht. Wie katastrophal die
Ernährungslage der "Ostarbeiter" war, illustriert der Erinnerungsbericht von Nadeshda K.: "Ich habe im Lager
in der Küche gearbeitet, das war mein Glück. Nachdem die deutschen Angestellten und Offiziere gegessen
hatten, kamen die Reste in ein Fass. Das war nicht die Suppe aus Kartoffelschalen, die für die Russen
gekocht wurde, das war schon gutes Essen (Kartoffeln, Suppe, Soße) und diese Fässer mussten wir
waschen. Vorher haben wir uns satt gegessen. Es war für uns eine Delikatesse. Dann haben wir unsere
Henkelmänner gefüllt, um sie bei Gelegenheit hinaus zu tragen, für die anderen. Darauf haben unsere
Freunde schon gewartet. Das waren Freunde aus meiner Stadt, meiner Jugendzeit. Jetzt sehen sie aus,
ängstlich wie Tiere, traurig vor Hunger, .... Es machte mich sehr traurig, sie anzusehen. Ich bemühte mich trotz
des großen Risikos weiterhin, sie mit dem Henkelmann aus der Küche zu versorgen. Während der
Hauptmahlzeit wurde nicht jeder kontrolliert und ich hoffte auf mein Glück. Ich versuchte immer mich in eine
große Menschenmenge hinein zu drängen. Ich war immer froh, wenn ich sagen konnte: "Gott sei Dank, sie
haben mich nicht gefasst." Im Zimmer wurde ich schon sehnlichst erwartet. Wenn sie das hätten sehen
können, wie die hungrigen Menschen die Kartoffeln geteilt haben und jedes Krümelchen aufgesammelt und
verbraucht haben. Wenn es Suppe war, wurde es Löffelweise gerecht aufgeteilt. Ich schreibe und weine
dabei, weil ich mir die Gesichter vorstelle. Wenn ich nichts bringen konnte, wurden die Gesichter noch
unglücklicher, denn sie warteten schon. Es kamen auch viele aus anderen Zimmern und sie mussten traurig
und unglücklich wieder weggehen. Ich beruhigte sie und versprach, dass ich mich bemühen würde, beim
nächsten Mal etwas mitzubringen. ..."
Ähnliche Angaben macht auch Darja R.: "Weil ich minderjährig war, habe ich als Putzfrau gearbeitet, in
der Flugzeugabteilung und in der italienischen Speisehalle. Wir haben die Teller der Italiener abgeleckt,
deswegen haben wir überlebt."
Nadeshda S. berichtet, dass die schlechte Ernährungslage die "Ostarbeiter" zur Revolte trieb: "Einmal,
vor der Speisehalle, haben wir einen Aufstand gemacht. Wir haben das Essen auf die Tische gekippt und nicht
gegessen. Dafür hat man uns mit Peitschen geschlagen und man führte uns zur Arbeit ohne Essen. Aber nach
diesem Tag wurde das Essen besser. Statt Steckrüben bekamen wir Kartoffeln und sogar ein bisschen Brei zu
essen."
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Erinnerungsbericht Anastasia W. S.a. Erinnerungsbericht Tatjana B.: "Das Essen im Lager war sehr schlecht. Morgens ein halber Liter Suppe
aus Kartoffeln (schon mit weißen Keimen und manchmal sogar mit Sand), Mittags 1 Liter Suppe mit Steckrüben oder Möhren. Am Abend ein Stück
Brot (ca. 150 –200 Gramm, so wie die Schneidemaschine es schnitt). Das war meine Ernährung als ich 17 Jahre alt war. Am Sonntag haben wir
nicht gearbeitet (genauer: nicht alle haben gearbeitet !) An diesem Tag haben wir nur einmal Essen bekommen: 3 Kartoffeln und eine Portion Brot."
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Vgl. Liedke, S.89.
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Erinnerungsbericht Eudokia P. S.a. Mommsen / Grieger, S.576.
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Erinnerungsbericht Luba B.
Vgl. Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.98.
Erinnerungsbericht Nadeshda K. S.a. Mommsen / Grieger, S.582.
Fragebogen Darja R.
Erinnerungsbericht Nadeshda S.
SOLIDARITÄT
Aufgrund der schlechten Ernährungslage blieben den "Ostarbeitern" solidarische Hilfeleistungen von
anderen Fremdarbeitern, aber auch von deutschen Vorgesetzten deutlich im Gedächtnis. Nadeshda K., die,
wie bereits beschrieben, für ihre Landsleute Essensreste aus der Küche ins "Ostlager" schmuggelte, berichtet,
dass sie die Kontrollen an der Wache mit Hilfe eines französischen Arbeiters umging: "Es ergab sich, dass ich
meinen Henkelmann an einen Franzosen abgab, weil ich kontrolliert wurde, dann musste ich ihm schnell
nachgehen, um meine Tasche wieder zu bekommen. Ich war Gott und dem Franzosen sehr dankbar."
Aber auch einige der deutschen Vorgesetzten unterstützten die "Ostarbeiter", dazu der
Erinnerungsbericht von Wassilij P.: "Ich habe einen guten Meister gehabt. Das Essen, das wir bekommen
haben, hat nicht gereicht. Der Meister hat das Essen, das er für sich mitgebracht hat, uns gegeben. Aber wir
sollten es selbst nehmen, weil keiner wissen durfte, dass er uns Essen gab. Wir haben das Essen unter uns
aufgeteilt und auf der Toilette gegessen."
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Ein anderes Beispiel aus dem Erinnerungsbericht von Nadeshda K. zeigt, dass derartige Hilfeleistungen
nicht ganz ungefährlich waren: "In der Küche arbeitete eine ältere Frau. Sie hatte dort ein Zimmer, wir
brachten ihr Kittel, Handtücher, Schürzen für die Meister und die Schlachter zum Wechseln. Manchmal gab
sie uns Geschenke. Diesmal hatte sie uns Butterbrote gegeben. Die Geschenke verstecken wir unter den
Schürzen. Uns kam ein Polizist entgegen, er hat uns durchsucht und natürlich die Butterbrote gefunden.
Sofort wurden wir ins Polizeirevier gebracht. Ich saß im Korridor, neben mir ein Schäferhund. Meine Freundin
Maria war schon im Zimmer. Sie wurde geschlagen und ich hörte, wie sie schrie. In dieser Zeit gab ich mein
Butterbrot dem Schäferhund. Maria kam heraus, dann musste ich hinein. Ich dachte, ich werde nicht schreien,
wie schmerzhaft es auch sein mag. Ich bin hinein, habe mich gleich mit dem Bauch auf den Hocker gelegt, er
hat mich geschlagen, .... Aber ich habe nicht geschrien. Die Frau haben wir nicht wiedergesehen."
180
BEKLEIDUNG
Aus der "Anordnung Nr. 4 des GBA über die Anwerbung, Betreuung, Unterbringung, Ernährung und
Behandlung ausländischer Arbeiter vom 7. Mai 1942" geht hervor, dass das Reich zwar die Arbeitskraft der
"Ostarbeiter" nutzen wollte, aber nicht willens war, für eine entsprechende Arbeitsausstattung zu sorgen: "Die
kriegsbedingten Verhältnisse im Deutschen Reich erfordern, dass die ausländischen Arbeiter die ihrer Arbeit
entsprechende Arbeitskleidung einschließlich Schuhwerk mitbringen. ... Auch sonstige Bekleidung, Wäsche
und Schuhwerk müssen die Arbeiter aus der Heimat mitbringen, weil die Beschaffung derartiger Sachen im
Reich für sie zur Zeit nicht möglich ist."
181
Auch das "Merkblatt für Ostarbeiter" belegt, dass das Deutsche Reich seine kriegsbedingten
Versorgungs-probleme auf die Betroffenen abwälzte: "Die Eurer Arbeit entsprechende Kleidung für Sommer
und Winter einschl. Schuhzeug und Wäsche – möglichst auch Decken – müsst Ihr mitbringen. Die
Beschaffungsmög-lichkeiten in Deutschland sind wegen des Krieges wie in allen anderen Ländern
beschränkt."
182
Problematisch war die Versorgungslage insbesondere für die "Ostarbeiter", die einfach von der Straße
oder vom Feld weg verhaftet worden waren und ohne entsprechende Ausrüstung in Deutschland eintrafen.
Aber auch bei den übrigen verschlechterte sich die Situation während des Krieges durch Abnutzung und
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Vgl. Siegfried, Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit, S.92; ders., Leben der Zwangsarbeiter, S.80f.; Heider, S.82.
Erinnerungsbericht Nadeshda K.
Erinnerungsbericht von Wassilij P.
Erinnerungsbericht Nadeschda K.
181
Anordnung Nr. 4 des GBA über die Anwerbung, Betreuung, Unterbringung, Ernährung und Behandlung ausländischer Arbeiter vom 7. Mai
1942, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu 18 Nr. 783.
182
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Merkblatt Nr. 1 für Ostarbeiter, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu 18 Nr. 783.
Vgl. Fragebogen Jurij K.; Erinnerungsbericht Maria K. S.a. Mommsen / Grieger, S.578.
Verluste, z.B. bei Luftangriffen.
Auch zur Versorgungslage im Volkswagenwerk gibt es detaillierte Angaben; mehrere der Befragten
berich-ten, dass sie zunächst nur über mitgebrachte Bekleidung und Schuhe verfügten. Nur wer keine
tragbare Klei-dung mehr hatte, bekam Arbeitskleidung und Schuhe mit Holzsohlen. Insbesondere die Schuhe
verschlissen recht schnell. Da dies - v.a. im Winter - den Arbeitseinsatz grundsätzlich gefährdete, bekamen
die Betroffenen doch noch Ersatz, so berichtet Maria G.: "Die Schuhe haben wir vom Lager bekommen, mit
Holzsohlen. Von den metallenen Verschlüssen bekamen wir wunde Füße. Am Ende haben wir andere Schuhe
bekommen. Die hatten auch Holzsohlen, aber waren schon viel besser. Und wir bekamen noch einen
Regenumhang."
Die Versorgungslücken wurden grundsätzlich mit gebrauchter Kleidung geschlossen, so schreibt Jurij K.:
"Die Kleider waren aus zweiter Hand, sauber, gebügelt und gestopft, einmal im Jahr habe ich einen
Regenmantel bekommen." Offensichtlich wurden auch Kleidersammlungen veranstaltet, denn Raissa G.
berichtet, dass deutsche Frauen Kleider abgaben. Tatjana B. erinnert sich jedoch auch an einen makabren
Fall gebrauchter Kleidung: "Dies war Kleidung von erschossenen Bürgern, denn die Kleidung hatte
Einschusslöcher und war mit Blut befleckt."
Als Grundausstattung verfügten die Frauen dann im Laufe der Zeit über einen Rock und eine Jacke, bzw.
über einen Arbeitsanzug - bestehend aus Hose und Jacke - sowie Holzschuhe und einen Regenumgang.
Allerdings hing die Arbeitskleidung auch von der Arbeitsstelle ab, Nadeshda K. berichtet, dass die in der
Küche eingesetzten Frauen Kittel trugen. Auch auf der Arbeitskleidung musste das "Ost-Abzeichen"
angebracht sein. Da sich die Versorgung im Jahresverlauf 1943 offensichtlich etwas verbesserte, konnten die
Frauen in der freien Zeit, d.h.. am Sonntag, ihre eigene bzw. die ihnen überlassene zivile Kleidung tragen.
4.4. GESUNDHEITSFÜRSORGE
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Da sich Arbeitgeber und Behörden anfänglich nicht mit kranken und arbeitsunfähigen "Ostarbeitern"
belas-ten wollten, wurden diese wieder zurück in ihre Heimatländer transportiert. Einerseits trafen viele
Zwangsarbeiter schon krank in Deutschland ein, andererseits verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand
aufgrund unzureichender Unterbringung und Ernährung rapide. Als Folge wurden Kranke, von den man nicht
erwartete, dass sie sich innerhalb von zwei Wochen erholen würden, sobald sie reisefähig waren,
zurückgeschickt. Hierzu heißt es im GBA-Merkblatt Nr. 1 für Betriebsführer: "Tatsächlich nicht einsatzfähige
oder kranke Ostarbeiter, die unbedingt zurückbefördert werden müssen, sind dem zuständigen Arbeitsamt zur
Rückführung zu melden."
195
Im Zuge des politischen Richtungswechsels nach Stalingrad wurde diese Bestimmung im März 1943
aufgehoben. Allerdings blieben viele diskriminierende Regelungen weiter in Kraft, denn grundsätzlich sollten
die mit dem "Ostarbeitereinsatz" verbundenen Unkosten so niedrig wie möglich gehalten werden. Dies
bestätigt auch § 6 (Entgeltzahlung im Krankheitsfalle) der "Verordnung über die Einsatzbedingungen der
Ostarbeiter": "Für die Tage, an denen der Ostarbeiter wegen Krankheit oder Unfall nicht arbeiten kann, ist,
196
184
Vgl. Liedke, S.109ff.
185
Vgl. Fragebogen Eugenia P.; Maria S., Antonina P.; Neonila S.
186
Fragebogen Alexandra K.; Maria K.; Neonila S. S.a. Mommsen / Grieger, S.578f.
Vgl. Erinnerungsbericht Anastasia W.: "Im Winter 1943 konnte ich nicht zur Arbeit gehen, weil meine Schuhe kaputt waren."
Erinnerungsbericht Maria G.
Fragebogen Jurij K. S.a. Fragebogen Maria K.
Vgl. Fragebogen Raissa G.; Fragebogen Darja S. S.a. Mommsen / Grieger, S.578: "Die Gefolgschaftsleitung ging schließlich
dazu über, Kleidung und Schuhwerk in den Niederlanden einzukaufen, und veranstaltete, sofern diese fabrikneu waren, bei der
deutschen Einwohnerschaft der Stadt des KdF-Wagens eine Umtauschaktion, um die Ostarbeiter nicht in den Besitz neuwertiger
Ausrüstung kommen zu lassen und damit den Neid der Bevölkerung zu erregen. Selbst die dafür bestimmten begrenzten
Aufwendungen ließ sich die Gefolgschaftsleitung durch Einbehaltungen vom ohnehin kargen Lohn der Ostarbeiter vergüten."
Fragebogen Tatjana B.
Vgl. Erinnerungsbericht Nadeshda K.
Vgl. Fragebogen Nadeshda S.; Raissa S.; Ekaterina P.; Nikolaij B.; Eudokia P., Anna R.; Tatjana K.; Nina S.; Maria G.
Vgl. Fragebogen Ekaterina P.; Fragebogen Luba B.
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Vgl. GBA-Merkblatt Nr. 1 für Betriebsführer über den Einsatz von Ostarbeitern, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu 18 Nr. 783. S.a. Herbert,
Fremdarbeiter, S.164; Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.228; Mommsen / Grieger, S.588.
196
Vgl. Homze, S.280ff.
soweit nicht Krankenhauspflege gegeben wird, lediglich frei Unterkunft und Verpflegung vom Unternehmer zu
stellen."
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Vom Volkswagenwerk wurden wieder einsatzfähigen "Ostarbeitern" hingegen die Kosten für Unterkunft
und Verpflegung vom Folgelohn abgezogen.
198
Erst durch einen Erlass vom 25. März 1944 wurden derartige Sonderregelungen für "Ostarbeiter"
aufgeho-ben, zum 1. April wurden sie in das deutsche Sozialversicherungswesen einbezogen und hatten die
üblichen Abgaben zu zahlen. Dass sich die veränderte Kriegslage auch auf die Situation der "Ostarbeiter" im
Volkswagenwerk auswirkte, illustriert der Erinnerungsbericht Anastasia W.: "Anfang 1944, als sich die
Deutschen zurückziehen mussten, kam ein Arzt mit einem Dolmetscher in unser Lager, er interessierte sich
dafür, wie es uns ging, wie sie uns ernähren. Danach haben wir schöne Arbeitskleider bekommen,
Regenmäntel, Unterwäsche, Kleider, es wurde uns erlaubt, am Sonntag in der Stadt spazierenzugehen."
199
200
Die unzureichende medizinische Versorgung von Polen und "Ostarbeitern" in Verbindung mit
diskriminieren-den Maßnahmen ist von Siegfried und Mommsen/Grieger ausreichend dokumentiert worden.
So wurde Polen und "Ostarbeitern" eine normale Krankenhausbehandlung meist verweigert. Die stationäre
Behandlung von "Ostarbeitern" erfolgte darum in sogenannten Krankenbaracken auf dem Lagergelände, in
leichteren Fällen erfolgte eine ambulante Behandlung durch Sanitäter am Arbeitsort. Sehr schwierig war es,
überhaupt eine Genehmigung für einen Arztbesuch zu erhalten. Hier kam es auf das Verhalten deutscher
Vorgesetzter an, so wurde Ekaterina P., die offensichtlich aufgrund gesundheitsgefährdender Arbeiten erkrankt
war, von ihrem Meister zum Arzt geschickt: "Ich kam zur Flugzeugabteilung, wo ich Metallflaschen
aufschrauben musste. Nach einiger Zeit bekam ich Brustschmerzen und meldete es dem Meister, der mich
zum Arzt schickte. Anschließend wurde ich im Werk operiert und zur weiteren Behandlung in die Stadt
gebracht, bis es abgeheilt war."
Grundsätzlich gab es überdurchschnittlich viele Todesfälle unter den "Ostarbeitern"; Tatjana B. berichtet
von ihrem Bruder Iwan: "Wir wurden beide als Zwangsarbeiter nach Deutschland gebracht. Er war 16 Jahre
alt und hat auch in dem Werk gearbeitet. Da wurde er krank und ist am 28. August 1945 im Hospital in
Deutschland gestorben. Ich bin ohne meinen Bruder nach Hause gekommen."
"Ostarbeiter" gehörten übrigens auch zu den Opfern alliierter Luftangriffe, dazu schreibt Eugenia P.: "Vor
der Befreiung wurde unser Lager bombardiert, die Baracken waren zerstört. ... Es gab viele Verletzte,
Deutsche und auch Russen. Herr Th. hat gesagt, dass ich zum Lagerkrankenhaus gehen müsse. Ich habe mit
den Chirurgen S. und Körbel gearbeitet. Es gab viele Verletzte. Vielen wurden die Arme und Füße amputiert,
wir mussten sie hinaus tragen. So musste ich bis zum Ende des Krieges im Krankenhaus arbeiten."
201
202
203
204
205
4.5. FREIZEIT / KONTAKTE ZUR DEUTSCHEN BEVÖLKERUNG
Das "GBA-Merkblatt Nr. 1 für Betriebsführer über den Einsatz von Ostarbeitern" enthält auch diverse
197
Verordnung über die Einsatzbedingungen der Ostarbeiter vom 30. Juni 1942, § 6, RGBl., S.419, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu 18 Nr. 783. S.a.
Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.232f.
198
199
200
201
Vgl. Mommsen / Grieger, S.585; Siegfried, Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit, S.164; ders., Leben der Zwangsarbeiter,
S.231.
Vgl. Homze, S.281.
Erinnerungsbericht Anastasia W.
Vgl. Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.229ff.; Mommsen / Grieger, S.760ff.
202
Vgl. Mommsen / Grieger, S.585; Siegfried, Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit, S.163. S.a. Liedke, S.116f.f.; Heider, S.76f.; Homze, S.280ff.
203
Erinnerungsbericht Ekaterina P. S.a. Erinnerungsbericht Galina K., Frau K. lag nach dem Einsturz der Kanalbrücke monatelang
mit einer Wirbel-säulenverletzung im Krankenhaus.
204
Erinnerungsbericht Tatjana B. Zu den Todesfällen s.a. Mommsen / Grieger, S.598; Siegfried, Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit, S.165f.;
ders., Leben der Zwangsarbeiter, S.232f.: "Von 110 "Ostarbeitern", die sicher für das Volkswagenwerk nachgewiesen werden konnten, starben 73,
d.h. 60 % erst im Kriegsjahr 1944, nachdem sie also mindestens 1 Jahr im Volkswagenwerk gearbeitet und im "Ostlager" des Werkes gelebt
hatten. Aber auch der quantitative Aspekt spricht eine deutliche Sprache. Auf dem sogenannten "Russenfriedhof" wurden bis Kriegsende 110
"Ostarbeiter" begraben, dagegen nur 2 französische Zivilarbeiter."
205
Erinnerungsbericht Eugenia P.
Bestimmungen zur Freizeitgestaltung der Lagerinsassen, unter Punkt 9 heißt es: "Da die Ostarbeiter ihre
Freizeit ausschließlich im Lager verbringen, wird es sich in der Hauptsache um eine lagereigene
Freizeitgestaltung handeln müssen." Für die große Masse der "Ostarbeiter" bedeutete dies de facto eine
dauerhafte Kasernierung im Lager.
206
Ausgang erhielt nur eine Minderheit unter den "Ostarbeitern" und auch diesen war das Verlassen des
Lagers nur unter Aufsicht gestattet: "Bewährten Arbeitskräften kann als Belohnung Ausgang in geschlossenen
Gruppen unter deutscher Aufsicht gewährt werden. Jedoch darf der Ausgang nicht zur Berührung mit der
deutschen Bevölkerung führen; es dürfen also keine öffentlichen Veranstaltungen, Filme, Varietés usw.
besucht werden. Verantwortlich für die Gewährung des Ausgangs ist der Betriebsführer, der sowohl die
Arbeitsleistung als auch das Verhalten im Betrieb und Lager (Beteiligung des Lagerführers) berücksichtigen
muss." Diese Ausgeherlaubnis galt auch nur für Sonntage, für Gruppen und war auf wenige Stunden
befristet.
207
208
Selbst nach dem Richtungswechsel im Jahr 1943 blieben diverse Beschränkungen der Lebensführung
bestehen, diese umfassten u.a. ein Ausgangsverbot bei Verdunkelung und das Verbot Gaststätten zu
besuchen. Insbesondere Kontakte mit der deutschen Bevölkerung und anderen Ausländergruppen sollten
weiterhin vermieden werden; Freizeitveranstaltungen waren darum immer geschlossene Veranstaltungen, dies
belegen auch die Bestimmungen der Gestapo vom Mai 1943: "Der Besuch von Veranstaltungen kultureller,
kirchlicher, unterhaltender und geselliger Art, die für Deutsche oder andere ausländische Arbeiter vorgesehen
sind, ist den Ostarbeitern zu verbieten, soweit diese Veranstaltungen nicht von der Deutschen Arbeitsfront
bzw. dem Reichsnährstand im Rahmen der Ausländerbetreuung durchgeführt werden."
209
Aus diesem Grund wurde den "Ostarbeitern" auch der Kirchenbesuch untersagt: "Eine seelsorgerische
Betreuung durch ausländische oder deutsche Geistliche kommt nicht in Frage. Soweit Ostarbeiter im Lager
eine religiöse Betätigung ausüben oder leiten wollen, ist hiergegen nichts einzuwenden, solange dies nicht zu
Störungen des Lagerlebens oder des Betriebsfriedens führt. Der Kirchenbesuch außerhalb des Lagers ist
auch unter deutscher Führung nicht möglich."
210
Betrachten wir nun die Verhältnisse im "Ostlager" des Volkswagenwerks: die große Mehrheit der
Befragten gibt an, dass sie das Lager nie verlassen hätten (vgl. Tabelle 12). Andere kamen nur einmal im
Monat hinaus, bzw. nur an Feiertagen. Einigen wenigen gelang es, das Lager heimlich zu verlassen, doch
wurde dies bald abgestellt, dazu der Erinnerungsbericht von Nadeshda K.: "Einmal bin ich mit meinen
Freundinnen, Anna R. und Lydia K., an einem Sonntag durch ein Schlupfloch im Zaun aus dem Lager
weggelaufen, ohne Erlaubnis. Wir sind nach Fallersleben gegangen, um uns fotografieren zu lassen. Das war
nicht weit von der KdF-Stadt. ... Als wir zum Lager zurückkamen, war das Schlupfloch zu, wir mussten durch
die Wache gehen. Wir wurden von der russischen Polizei angehalten, man hat uns dem Kommandanten
übergeben."
211
212
Inhaltlich beschränkten sich die Freizeitaktivitäten der "Ostarbeiter" meist auf Spazierengehen, eigene
Sport- und Musikveranstaltungen sowie (illegale) Kinobesuche. Insbesondere durch die Musik ergaben sich
jedoch nicht selten die von den Behörden unerwünschten Kontakte zur deutschen Bevölkerung; so erhielt
213
206
GBA-Merkblatt Nr. 1 für Betriebsführer über den Einsatz von Ostarbeitern, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu 18 Nr. 783. S.a. Siegfried, Leben der
Zwangsarbeiter, S.109.
207
GBA-Merkblatt Nr. 1 für Betriebsführer über den Einsatz von Ostarbeitern, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu 18 Nr. 783. S.a. Mommsen / Grieger,
S.577; Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.171.
208
Vgl. Fragebogen Jurij K.; Erinnerungsbericht Anastasia W.; Fragebogen Maria K. "Einmal in der Woche für zwei Stunden, ein
Ausweis für 20 Menschen. In die Stadt sind wir nicht gegangen."
209
Mitteilung des Chefs der Gestapo und des SD, Dr. Kaltenbrunner, an die höheren Verwaltungsbehörden, Betr. Ostarbeitereinsatz, Berlin, 8.
Mai 1943, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu Fb. 13b, Nr. 15748. S.a. Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.109; Historische Notate 9, S.13.
210
GBA-Merkblatt Nr. 1 für Betriebsführer über den Einsatz von Ostarbeitern, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu 18. Nr. 783. Die religiöse Betätigung
wurde von den Behörden unter Freizeitaktivitäten subsumiert.
211
212
213
Vgl. Fragebogen Nadeshda T., Fragebogen Luba B.
Erinnerungsbericht Nadeshda K. S.a. Fragebogen Sergej S.
Vgl. Erinnerungsbericht Nadeshda S.; Erinnerungsbericht Anastasia W.; Fragebogen Nikolaij S. S.a. Mommsen / Grieger, S.577 und S.596.
Vgl. Heider, S.83; Liedke, S.120ff.
Wladimir W. von seinem Meister etwas Akkordeonunterricht; Nadeshda S. berichtet, dass das "Ostlager" zum
Ziel von Sonntagsspaziergängen wurde: "Am Wochenende haben die Bewohner der Stadt sich am russischen
Lager versammelt. Die Leute im Lager haben Balalaika gespielt und gesungen. Die Deutschen, mit Kindern
und Kinderwagen, haben sich mit denen unterhalten."
214
215
Tabelle 12: Ausgang
Frauen
Männer
Lager nie verlassen
37
17
Ausgang am Wochenende /
5
4
heimlich das Lager verlassen
1
1
keine Angaben
2
5
Zusammen
45
27
an Feiertagen / einmalig
214
215
Vgl. Begleitschreiben zum Fragebogen von Wladimir W.
Erinnerungsbericht Nadeshda S. S.a. Erinnerungsbericht Nadeshda K.: "Als ich in Deutschland im Lager war, haben wir am
Sonntag im Gras gesessen. ... Die deutschen Frauen sind mit ihren Kindern vorbeigegangen und haben uns ... betrachtet, [wie
die Affen im Zoo]."
5. VERFOLGUNG UND WIDERSTAND
5.1. "OSTARBEITERERLASSE"
Die Genehmigung zum Einsatz sowjetischer Zivilarbeiter im Reichsgebiet vom Frühjahr 1942 an war von
den gleichen ideologischen Bedenken begleitet, die 1941 bereits zu den Polenerlassen geführt hatten. An
diesem Vorbild orientierten sich darum auch die am 2. Februar 1942 vom SS-Reichssicherheitshauptamt
herausgege-benen "Ostarbeitererlasse". Ziel war die Errichtung eines umfassenden Systems zur Kontrolle
und Überwachung, aber auch zur Repression und Diskriminierung der "Ostarbeiter". Die Bestimmungen sahen
die Unterbringung in Barackenlagern, den Arbeitseinsatz nur in Kolonnen, ein Ausgehverbot, ein
Züchtigungsrecht für das Wachper-sonal und die Kennzeichnung mittels des "Ost"-Abzeichens zwingend vor.
Als Strafen waren "Sonderbehandlung" (= Hinrichtung ohne formelles Urteil) oder Einweisung in ein
"Arbeits-erziehungslager" oder Konzentrationslager vorgesehen. Strafanlässe waren Disziplinlosigkeit,
"reichsfeindliche Bestrebungen", "kriminelle Verfehlungen", Geschlechtsverkehr mit Deutschen. Bei gleichen
Delikten gab es ein unterschiedliches Strafmaß für Polen und "Ostarbeiter" gegenüber anderen Ausländern
oder Deutschen, d.h. Osteuropäer und Polen wurden härter bestraft. Ulrich Herberts Resümee lautet daher
auch wie folgt: "Insgesamt sind die Ostarbeitererlasse der vollständige Ausdruck der Umsetzung des
rassistischen Prinzips der Unterteilung in "Herrenmenschen" und "Untermenschen" in die Praxis des
Arbeitseinsatzes."
Ein weiteres Element der "rechtlichen" Ausnahmestellung von Polen und "Ostarbeitern" war die
Zuständig-keit der Staatspolizei. Da Reichsjustizminister Otto-Georg Thierack eine enge Kooperation mit dem
Reichs-sicherheitshauptamt anstrebte, überließ er die Strafverfolgung der Delikte von Polen und
"Ostarbeitern" sowie die Festsetzung des Strafmaßes der Staatspolizei. Bereits am 20. Februar 1942 hatte
der Chef der Sicherheits-polizei und des SD, Reinhard Heydrich, die alleinige Zuständigkeit der Gestapo in
derartigen Fällen unterstrichen: "4. Einleitung von Strafverfahren. Jedes unbotmäßige Verhalten der
Arbeitskräfte aus dem altsowjetischen Gebiet – Arbeitsverweigerung, unerlaubtes Verlassen der Arbeitsstelle
sowie Gewalt- und Sabotageakte – werden [sic] durch staatspolizeiliche Maßnahmen geahndet.
Strafverfahren sind aus diesen Gründen nicht einzuleiten."
Die meisten Straftaten der Osteuropäer standen in Zusammenhang mit der schwierigen Versorgungslage,
dabei ging es um den Handel mit Lebensmitteln und Lebensmittelkarten, den Verkauf und Kauf gestohlener
oder selbst hergestellter Waren, die Beteiligung an Schwarzmarktgeschäften sowie den Diebstahl von
Schuhen und Kleidung am Arbeitsplatz. Weitere Delikte waren das Nichttragen des Abzeichens,
"Arbeitsvertragsbruch" sowie der (illegale) Besuch von Gaststätten.
216
217
218
219
220
5.2. WIDERSTAND / FLUCHT / SABOTAGE
Flucht war die am weitesten verbreitete Form des Widerstandes und beinhaltete v.a. die Aufgabe der
aufgezwungenen Arbeitsstelle. Dieses Delikt wurde als "Arbeitsvertragsbruch" bezeichnet, da Behörden und
Arbeitgeber gegenüber den Deportierten von der Fiktion eines "Arbeitsvertrages" ausgingen. Inhaltlich war
"Arbeitsvertragsbruch" zudem ein Gummiparagraph, der unterschiedlichste Delikte umfasste, wie
Widersetzlich-keit, "Arbeitsbummelei", Zuspätkommen, unerlaubtes Entfernen oder Fernbleiben vom
Arbeitsplatz. Eine Flucht zielte auch nicht unbedingt auf eine Rückkehr in die Heimat, sondern auf die
Verbesserung der Lebensum-stände, entsprechend wurden häufig nur Fabrik und Stadt gewechselt und nicht
221
216
Vgl. Ralph Angermund, "Recht ist, was dem Volk nutzt.” Zum Niedergang von Recht und Justiz im Dritten Reich, in: Karl Dietrich Bracher /
Manfred Funke / Hans-Adolf Jacobsen (Hrsg.), Deutschland 1933-1945. Neue Studien zur nationalsozialistischen Herrschaft, Bonn 1992, S.57-75,
hier: S.72f.: Am 4.Dezember 1941 wurde ein Sonderrecht "über die Strafrechtspflege gegen Polen und Juden in den eingegliederten Ostgebieten"
(RGBl. 1940/I, S.759) erlassen, die Polenstrafrechtsverordnung galt auch für die Zwangsarbeiter im Altreich. S.a. Historische Notate 1, S.7;
Historische Notate 9, S.9ff.
217
Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.13f. und S.28; ders., Europa und der "Reichseinsatz", S.10f.; Heider, S.72; Liedke, S.151; Mommsen /
Grieger, S.566f.
218
Vgl. Angermund, S.72f.
219
Mitteilung des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD, Reinhard Heydrich, an die höheren Verwaltungsbehörden, Betr. Einsatz
von Arbeitskräften aus dem Osten, Berlin, 20. Februar 1942, Nds. StA WF, Bestand 12 Neu Fb. 13b, Nr. 15748.
220
Vgl. Liedke, S.160; Herbert, Der "Ausländereinsatz", S.40; Mommsen / Grieger, S.751.
wenige der "Ostarbeiter" zogen die Arbeit in der Landwirtschaft der Fabrikarbeit vor.
222
Dass dies auch für "Ostarbeiter" des Volkwagenwerks galt, bestätigt der Bericht von Nadeshda T., die als
Putzfrau eingesetzt worden war und nach ihrer Flucht aus dem Lager bei einem Bauern in der Nähe von
Oebisfelde arbeitete. Neonila S. führte ihre Flucht in verschiedene deutsche Städte und schließlich nach
Ostpreußen: "In Deutschland habe ich im KdF-Werk gearbeitet. Als das Werk bombardiert wurde, bin ich mit
dem Zug weggefahren, aber wohin, das weiß ich nicht. Ich wurde gefangen und in ein Gefängnis in Hamm
gebracht. Ich weiß nicht, was für ein Lager das war. Das Zimmer war sehr klein, aber viele Menschen waren
darin. Wir haben stehend geschlafen und gegessen. Einen ganzen Monat. Hinaus konnten wir nicht gehen.
Später haben mich Kosaken geholt, zum Waschen. Von ihnen bin ich auch weggelaufen und wurde in
Hamburg gefangengenommen. Dort in Hamburg war ich fast einen Monat. Es war schon Herbst. Wir wurden
alle nach Ostpreußen gebracht, um die Ernte einzuholen."
223
224
Arbeitsflucht war kein ungefährliches Delikt, denn als Folge der Vereinbarung mit dem Reichsjustizministerium überstellte das RSHA "straffällig" gewordene "Ostarbeiter" nicht mehr der Justiz, sondern wies sie
direkt in ein Konzentrationslager ein. Von der SS-Führung wurde sogar die Zahl der neu zu "beschaffenden"
KZ-Häftlinge vorgegeben, so erging am 17. Dezember 1942 ein Geheimbefehl Himmlers, wonach bis Ende
Januar 1943 "aus kriegswichtigen Gründen" 35.000 Häftlinge in die Konzentrationslager einzuliefern seien.
Um diese Zahl zu erreichen, sollten vor allem "Ostarbeiter" verhaftet und in das nächstgelegene KZ gebracht
werden. Dieser Befehl wurde anscheinend verlängert, so dass ab Frühjahr 1943 monatlich 30.000 - 40.000
ausländische Arbeiter, überwiegend "Ostarbeiter" und Polen, verhaftet wurden.
Um dem damit verbundenen Verlust an Arbeitskräften vorzubeugen, gingen viele Betriebe dazu über
eigene Straflager einzurichten. Im Unterschied zum Konzentrationslager war die Haftzeit befristet, nach Ablauf
der Strafe sollten die Verurteilten an ihren alten Arbeitsplatz zurückkehren, denn die Maßnahme diente auch
der Abschreckung.
Auch das Volkswagenwerk verfügte über ein solches "Arbeitserziehungslager": das "Lager 18" befand
sich in Nähe des Werkes, unterstand der örtlichen Gestapo-Außenstelle und wurde vom Werkschutz sowie
durch Hilfswerkschutzmänner bewacht. Dort gab es je eine Baracke für Männer und Frauen. In dieses Lager
kamen auch Maria S. und Nadeshda S., anderen "Ostarbeitern" war die Existenz dieses Lagers bekannt.
Nadeshda K. berichtet von den Erlebnissen ihres Mannes, Alexander S., der wegen eines Diebstahls verurteilt
worden war: "Dann wurde er zu zwei Monaten Straflager verurteilt. Geschlafen haben sie in Baracken, auf
Stroh. Das Essen war schlecht und wenig, nach zwei Monaten kam er wieder zum Meister in die
Flugzeughalle. Alle waren erstaunt, er war sehr abgemagert, abgespannt und schmutzig. Er war übermüdet
und bat seine Kameraden ihn bei Alarm nicht zu wecken. Am zweiten Tag ging er wieder zur Arbeit."
Die häufigste durch den Werkschutz verhängte Strafe war jedoch die Einweisung in den Strafbunker; der
225
226
227
228
229
230
221
Hierzu der Erinnerungsbericht von Tatjana K., die wegen Krankheit nicht zur Arbeit erschienen war: "Der Meister hatte mir gesagt, dass die
Gestapo das Lager durchsuchen würde. So geschah es auch. Alle, die keinen "Nachtschein" hatten, wurden von der Gestapo mitgenommen. Sie
haben uns im Bunker eingesperrt. Ein Stück Brot, Wasser und Zementfußboden – das war alles." S.a. Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.65f.
und S.75; Mommsen / Grieger, S.539: Der Sabotagebegriff war umfassend: jegliche Produktionsstörung konnte als Sabotage ausgelegt werden,
auch langsames Arbeiten, Unpünktlichkeit, Ungehorsam gegenüber Vorgesetzten.
222
Arbeitsflucht wurde zu einem Massenphänomen, 1943 gab es durchschnittlich 33.000 Fluchten monatlich. Seitens der neuen Arbeitgeber
erfolgte auch keine Anzeige, da man sich aufgrund des allgemeinen Arbeitskräftemangels über den Zuwachs freute. Vgl. Herbert, Der
"Ausländereinsatz", S.41; Liedke, S.176; Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.75.
223
Vgl. Fragebogen Nadeshda T. S.a. Mommsen / Grieger, S.585.
224
Erinnerungsbericht Neonila S.
225
Vgl. Herbert, Arbeit und Vernichtung, S.408f.; Hermann Kaienburg, Das Konzentrationslager Neuengamme 1938-1945, Bonn 1997, S.30.
226
Vgl. Seeber, S.200ff.; Albert Speer, Der Sklavenstaat. Meine Auseinandersetzungen mit der SS, Stuttgart 1981, S.79; Martin Broszat,
Nationalsozialistische Konzentrationslager 1933-1945, in: Hans Buchheim (u.a.), Anatomie des SS-Staates, München 1994, S.323-445, hier:
S.437f.; Homze, S.255f.; Siegfried, Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit, S.92.
227
Vgl. Liedke, S.142ff.; Siegfried, Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit, S.93f.; ders., Leben der Zwangsarbeiter, S.75f.; Mommsen / Grieger,
S.542.
228
Vgl. Siegfried, Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit, S.94; ders., Leben der Zwangsarbeiter, S.76f.; Mommsen/Grieger, S. 542.
229
230
Vgl. Fragebogen Maria S., Nadeshda S.; Anna K.; Eudokia P.; Luba B.
Erinnerungsbericht Nadeshda K.
zudem auch als Prügelstätte bei vorläufigen Festnahmen diente. "Ostarbeiter", die dem Werkschutz
auffielen, konnte es dann ergehen wie Nadeshda K.: "Wir arbeiteten in der "Wursthalle", bis spät abends. Ich
und meine Kollegin hatten kein Abendessen bekommen. Der Meister hat uns dann ein schönes Stück Wurst
gegeben. Als wir an der Wache vorbeigingen, wurden wir angehalten. In der Tasche lag das Stück Wurst. Ich
erklärte, dass ich es nicht gestohlen hatte, sondern dass der Meister, er hieß Kurt, es uns anstelle des
Abendessen gegeben hatte. Geschlagen haben sie mich nicht, aber ich musste bis zum Morgen im Bunker
bleiben. Am nächsten Morgen haben sie mich aus dem Bunker heraus gelassen. Ich musste im Schlafzimmer
der Polizei den Ofen heizen, währenddessen ist ein Polizist in die Küche gefahren und hat den Meister Kurt
gefragt, ob er mir wirklich die Wurst gegeben hat. Gott sei Dank hat dieser die Wahrheit gesagt. Ich durfte
dann zur Arbeit gehen."
231
232
"Ostarbeiter" standen auch prinzipiell unter Sabotageverdacht, wie der Fall von Alexander S. zeigt.
Nadeshda K. beschreibt ein weiteres Erlebnis ihres Mannes: "Er hat auch in dem Volkswagenwerk der Stadt
des KdF-Wagens gearbeitet, in der Flugzeughalle. Er hat die Flügel repariert. Nach der Reparatur gab es eine
Kontrolle. Es wurde entdeckt, dass ein Rohr mit einem Lappen zugestopft worden war. Er wurde
festgenommen, zu dem Flügel gebracht und beschuldigt. Aber er hatte es nicht getan. Er dachte, dass man
ihn zum Tode verurteilen würde. Einem Deutschen ist dann eingefallen, dass der Pilot vielleicht das
Herauslaufen des Benzin verhindern wollte. Dann wurde der Lappen untersucht. Es stellte sich heraus, dass
mein Mann an so einen Lappen nicht herankommen konnte. Der Lappen hat ihm das Leben gerettet."
Eudokia K. berichtet von Fällen, in denen auch Frauen wegen Diebstahls oder Sabotage verhaftet
wurden: "Mir sind zwei Fälle in Erinnerung geblieben, von diesen möchte ich erzählen. Im Lager waren wir
zusammen mit meiner Bekannten Maria S., wegen Diebstahls ist sie ins Arbeitslager gebracht worden. Aus
dem Arbeitslager ist sie weggelaufen, sie haben sie zurückgeholt und bestraft. Danach haben wir sie nicht
mehr gesehen. Die andere Bekannte, Marina I., hat als Kranführerin gearbeitet, sie hat absichtlich schlecht
gearbeitet. Sie wurde ins Arbeitslager gebracht, dort wurde sie geschlagen, danach habe ich sie auch nicht
mehr gesehen."
233
234
231
232
233
234
Vgl. Mommsen / Grieger, S.542.
Erinnerungsbericht Nadeshda K.
Erinnerungsbericht Nadeshda K.
Erinnerungsbericht Eudokia K.
6. KRIEGSENDE
6.1. BETRIEBSVERLAGERUNGEN
Als Folge der alliierten Bombenangriffe im letzten Kriegsjahr wurden einzelne Betriebsteile des
Volkwagenwerks verlegt; von Bombenangriffen und anschließender Verlagerung berichteten auch viele der
Befragten. Als Beispiel hier der Erinnerungsbericht von Nadeshda S.: "Am Ende gab es viele Bombenangriffe
auf das Lager. Viele Baracken sind verbrannt, viele Menschen (auch Kinder) sind umgekommen. Eines Tages,
nach einem Bombenangriff, war das Werk zerstört und wir sind jeden Tag mit dem Zug zur Arbeit gefahren.
Irgendwo im Wald haben wir eine Baugrube gegraben und ein Fundament gelegt. Es wurde gesagt, dass ein
neues unterirdisches Werk gebaut wird."
235
Anastasia W. wurde hingegen in einer unterirdischen Fertigungsstätte in Frankreich eingesetzt: "Im Jahr
1944 haben sie die Stadt bombardiert und das Werk auch. Uns haben sie nach Elsass-Lothringen überführt, in
die Stadt Lil oder Til (das weiß ich schon nicht mehr genau), wo ich in einer Erzgrube gearbeitet habe."
Eine größere Gruppe von "Ostarbeitern" kam auch ins tschechische Neudek, dazu der
Erinnerungsbericht von Wladimir K.: "Im Jahr 1944 begannen die Fliegerangriffe, das Werk wurde
bombardiert, 300 Menschen versteckten sich in dieser Zeit im Keller des Werkes. ... Nach drei Angriffen war
das Werk zerstört. Die Teile, die nach der Bombardierung noch in Ordnung waren, wurden in Waggons
verladen und ins Sudetenland, in die Stadt Neudek, gebracht. Wir wurden ebenfalls dorthin gebracht. Wir
bauten alle Teile in dieser Fabrik wieder ein und verrichteten die gleiche Arbeit wie in Deutschland."
236
237
238
Nach einem kurzem Aufenthalt in Halberstadt wurde auch Maria K. dort eingesetzt: "Im Frühling 1944
wurde das Werk bombardiert und dabei verbrannte unser Lager. Danach wurden wir nach Halberstadt verlegt,
wo wir nicht gebraucht wurden, deshalb wurden wir nach Neudek verlegt."
239
6.2. REPATRIIERUNG
Auf der Konferenz von Jalta war die Rückkehr der sowjetischen Staatsangehörigen zwischen den
Alliierten vereinbart worden. Bis zum März 1946 wurden insgesamt 4,2 Millionen sowjetische Staatsbürger
repatriiert, nicht selten gegen ihren Willen. Die meisten der jüngeren "Ostarbeiter" wollten jedoch schnell
wieder zurück. Bis auf einige Zehntausende, die in West-Deutschland blieben oder - wie auch viele Polen nach Nordamerika emigrierten, wurden alle repatriiert. Die Zurückkehrenden wurden in "Filtrierlagern" von den
Sicherheitsorganen des NKWD oder der militärischen Spionageabwehr SMERSCH überprüft. Frauen und
ältere Männer wurden meist schnell geprüft und dann weitertransportiert. Einen Teil der Männer erwartete der
Militärdienst (häufig in der SBZ) oder erneute Zwangsarbeit im GULAG. So etwa Kyril N., der nach dem
240
241
242
235
Erinnerungsbericht Nadeshda S. S.a. Erinnerungsbericht Tatjana K.; Mommsen / Grieger, S. 876ff.
236
Erinnerungsbericht Anastasia W. S.a. Erinnerungsbericht Maria S.; Siegfried, Rüstungsproduktion und Zwangsarbeit, S.28; Mommsen /
Grieger, S.703 und S.806: "Das Herzstück des von der Luftwaffe entwickelten Verlagerungsprogramms stellte die Eisenerzgrube Tiercelet unweit
des Ortes Thil in dem bei Frankreich verbliebenen Teil Lothringens dar."
237
238
239
240
241
Vgl. Mommsen / Grieger, S.855.
Erinnerungsbericht Wladimir K. S.a. Fragebogen Maria K.; Maria K.-T.; Alexandra K.; Anna K.; Vera P.; Wladimir W.; Tatjana Ch.;
Vera J.
Erinnerungsbericht Maria K.
Dies betraf "Hilfswillige", Angehörige der Wlassow-Armee und Menschen, die im Besatzungsgebiet für die Deutschen gearbeitet
hatten.
1934 gebildetes sowjetisches Unionsministerium, dem als wichtigstes Ressort die GPU eingegliedert war. Die GPU - zuständig für politische
Überwachung, Nachrichtendienst, politische Strafjustiz, Verwaltung der Straf- und Verbannungslager - war das zentrale Instrument des
stalinistischen Terrors. 1943 erfolgte die Herauslösung der politischen Geheimpolizei aus dem NKWD und die Umbenennung zum NKGB (Narodny
Komissariat Gossudarstwennoi Besopasnosti / Volkskommissariat für Staatssicherheit). Der NKGB wurde 1946 mit der Spionageorganisation
»Smersch« ("Tod den Spionen") zum MGB (Ministerstwo Gossudarstwennoi Besopasnosti / Ministerium für Staatssicherheit) zusammengefasst.
Aus dem MGB ging 1954 der KGB hervor.
242
Vgl. Heider, S.79 und S.84; Wolfgang Jacobmeyer, Vom Zwangsarbeiter zum Heimatlosen Ausländer. Die Displaced Persons in
Westdeutschland 1945-1951, Göttingen 1985, S.123-152; Herbert, "Ausländereinsatz", S.44f.
"Arbeitserziehungslager 21" in Salzgitter, den Konzentrationslagern Neuengamme und Bergen-Belsen noch
zwei Jahre in einem Lager hinter dem Ural zubrachte; aufgrund einer Erkrankung wurde er 1947 entlassen
und konnte in die Ukraine zurückkehren.
243
Vom Militärdienst in Ostdeutschland berichteten mehrere der befragten Männer, so auch Jurij K.:
"Nachdem ich von den Amerikanern befreit worden war, wurde ich am 15. Mai 1945 in die sowjetische Zone
abgeschoben und diente in der Roten Armee. 1948 kehrte ich in die Heimat zurück."
244
Aber auch Frauen arbeiteten einige Monate für die Rote Armee in der SBZ, meist als Küchenhilfen,
Kellnerinnen oder Verkäuferinnen in den Kasernen. So berichtet Eugenia P.: "Die Amerikaner haben uns
befreit und nach Brandenburg überführt. Dann kamen wir ins Filtrierlager PFP 226, wo ich überprüft wurde.
Vor der Rückkehr in die Heimat haben sie uns vorgeschlagen, dass wir noch fünf Monate im russischen
Militärbezirk arbeiten sollten, im Dorf Bertikow. Ich habe Kühe gemolken und fünf Monate für die Soldaten
gekocht. .... Im Oktober 1945 haben sie mich nach Hause entlassen."
Andere Frauen berichten von einer Überprüfung durch den KGB in ihren Heimatgebieten, dazu Ekaterina
P.: "Von den Amerikanern sind wir sehr gut behandelt und versorgt worden. In der Heimat musste ich zum
KGB, um einen Ausweis zu bekommen, den mir die Behörden ohne Probleme aushändigten, da sie meine
Geschichte kannten."
245
246
Doch grundsätzlich waren die Behörden gegenüber den ehemaligen Zwangsarbeitern misstrauisch
eingestellt und mehrere der Befragten berichteten darum auch von andauernder beruflicher Benachteiligung,
so etwa Wladimir K.: "Im Juni 1945 kamen wir in ein Filtrationslager der Stadt Chirowa, Dragobytsch, Ukraine.
Nach der "Durchleuchtung" durch den KGB wurden wir zum Militärdienst verpflichtet. Nach dem Militärdienst
wurden wir in der Heimat wie Menschen 2.. Klasse behandelt, weil wir in Deutschland gewesen waren. Bei
Bewerbungen mussten wir ausfüllen, was wir während des Krieges gemacht hatten und wo wir gewesen
waren. Danach haben wir keine Anstellung erhalten .... Erlaubt waren nur niedrige Arbeiten im Werk, im
Schacht oder auf dem Bau."
247
248
Auch Nadeshda K., die bei ihrer Befragung den Fehler machte, die Verhörmethoden von Gestapo und
KGB miteinander zu vergleichen, berichtet von beruflichen Nachteilen: "Auf Arbeit hatten wir, die wir in
Deutschland gewesen waren, auch keine Chance. Wir durften nur im Bergwerk oder auf der Kolchose
arbeiten."
Andere wiederum verschwiegen erfolgreich ihren Aufenthalt in Deutschland und konnten darum z.B. die
Abendschule besuchen oder ein Fernstudium absolvieren.
249
250
243
244
245
Fragebogen Kyril N.
Fragebogen Jurij K. S.a. Fragebogen Sergej S.; Nikolaij B.; Alexander S.; Nikolaij S.; Walentin W. sowie Wassilij P., dessen
Witwe schreibt: "Ab dem 19. Mai 1945 hat er als Fahrer und Melder beim "Helden der Sowjetunion", Oberst Michail
Mischerjakow, gedient."
Fragebogen Eugenia P. S.a. Fragebogen Klawdia B.; Erinnerungsbericht Anastasia W.; Erinnerungsbericht Maria K.
246
Erinnerungsbericht Ekaterina P. S.a. Kopie einer Bescheinigung, Olga B., Erinnerungsbericht Nadeshda K.: "Als wir nach Hause kamen,
mussten wir alle zuerst zum KGB. Das war ein Befehl. Ich ging zum KGB, da hat eine junge Frau Fragen gestellt."
247
Vgl. Heider, S.85; Heinrich-Böll-Stiftung, Die OstarbeiterInnen S.9; Herbert, "Ausländereinsatz", S.44f.
248
Erinnerungsbericht Wladimir K. S.a. Erinnerungsbericht Maria K., Fragebogen Luba B.: "Nach dem Krieg konnte ich nicht studieren, keinen
Beruf erlernen, weil wir in der Heimat als Verräter galten."
249
250
Erinnerungsbericht Nadeshda K.
Vgl. Erinnerungsbericht Natalia S.; Fragebogen Antonina D.; Fragebogen Wladimir M.
7. ABSCHLUSSBETRACHTUNG
Die vorliegende Arbeit ist ihrer Zielsetzung nach als Ergänzung des Ansatzes Siegfrieds - aber auch der
"Historischen Notate" - zu sehen, d.h. es geht um die Dokumentation und Analyse der Lebenssituation der
Zwangsarbeiter aus der UdSSR. Inhaltlich werden sowohl die von Siegfried als auch von Mommsen/Grieger
herausgearbeiteten Ergebnisse im wesentlichen bestätigt. Doch während die Ergebnisse der bisherigen
Forschungen zur Lage der "Ostarbeiter" überwiegend auf Aussagen und Angaben von Angehörigen anderer
Fremdarbeitergruppen beruhen, hat die vorliegende Arbeit den Vorteil, dass erstmalig ausschließlich Angaben
der Betroffenen verwendet wurden. Damit war es möglich, auch Angaben zu den Umständen der Deportation,
zur Alters- und Sozialstruktur sowie zum Nachkriegsschicksal der betroffenen Zwangsarbeitergruppe zu
machen.
251
5 Fotos/Legende:
Titelblatt: Drei "Ostarbeiterinnen" nach der Befreiung, 19.4.1945. Text auf der Rückseite: "Zum ewigen
Andenken - für Eudokia K. von Nadeshda T., mit der sie zusammen in der KdF-Stadt gelebt hat."
• Nadeshda S., im Alter von 18 Jahren. 1942, kurz nach der Ankunft im "Ostlager" aufgenommen
• Wladimir W., im Alter von 16 Jahren, 1942.
• Vera J.; im Alter von 15 Jahren, 1942.
• Eudokia K. mit ihrer Nichte Lena S., Text auf der Rückseite:
"Sei nicht traurig, dass die Blumen schon verblüht sind. Sie blühen wieder.
Sei traurig wegen der vergangenen Jahre,
sie kommen nicht wieder.
Deutschland, Stadt des KdF-Wagens, 3.10.44"
•
251
Vgl. Siegfried, Leben der Zwangsarbeiter, S.169ff.; Mommsen / Grieger, S.566ff. [Kapitel 6.6.]
8.1. Rede von Prälat Heinrich Günther zum Gedenken der Opfer des Nazi-Regimes
(8. Mai 2002 / Wolfsburg / Friedhof Werderstraße)
1. Wir sind an die Gräber derer getreten, die aus ihrer Heimat verschleppt wurden und die in unserer Stadt, als
sie noch „Stadt des KdF-Wagens“ hieß, in Lager eingesperrt wurden und zwangsweise arbeiten mussten.
Manche sind an Entkräftung gestorben, andere wurden erschossen oder erschlagen.
Deutsche Truppen hatten ihre Heimatländer überfallen. Jetzt mussten die Besiegten für die Sieger
schuften, damit noch mehr Menschen unterjocht werden könnten. Sie trennten die Menschen in verschiedene
Rassen, um sie durch unterschiedliche vermeintliche Gunst-Erweise möglichst gegeneinander aufzubringen
und so das System der Versklavung zu perfektionieren.
Es bedurfte einer großen gemeinsamen Anstrengung praktisch der ganzen Welt, um die
größenwahnsinnige und Menschen verachtende Herrschaft der Nationalsozialisten und ihrer Verbündeten zu
beenden. Etwa 60 Millionen Menschen sind durch die Faschisten ermordet oder im Zweiten Weltkrieg getötet
worden. Große Teile Europas und Asiens lagen in Trümmern. Millionen Menschen waren aus ihrer Heimat
vertrieben und von ihren Familien getrennt. Ungezählte an Leib und Seele verletzt.
2. Wir stehen hier an den Gräbern von Menschen, die hier in der "Stadt des KdF-Wagens" ihr Leben lassen
mussten. Es haben längst nicht alle hier ein Grab gefunden. Nicht alle Schicksale wurden geklärt ! An diesen
Gräbern wollen wir heute all derer gedenken, die hier im heutigen Wolfsburg Opfer der Zwangsherrschaft
geworden sind, auch der Kinder, die in Rühen sterben mussten.
Ich stehe hier vor dem Grab eines Kindes, das hier geboren wurde und das man nur wenige Wochen alt
werden ließ. Es wäre heute eine Frau von 58 Jahren. Die Namen und Lebensdaten der Toten hier lassen vor
meinen Augen junge Menschen und Männer und Frauen in den besten Lebensjahren stehen. Auch sie wollten
leben und glücklich sein. Sie waren voller Hoffnung und Ideale:
Man hat sie erniedrigt und gequält.
Man hat sie den Launen ihrer Bewacher ausgeliefert.
Man hat sie ihren Familien und Freunden genommen.
Man hat sie um ihr Leben betrogen.
Ein Mann hat mir auf seinem Sterbebett unter Tränen gesagt, er habe immer noch den Raum vor Augen,
in dem die Gefangenen geschlagen und misshandelt worden seien: Blutlachen hätten den Boden bedeckt.
Wer könnte jemals das wieder gut machen, was diese Menschen erlitten ?
3. Heute sind einige von denen bei uns, die als „Ostarbeiter“ damals hier waren und die gleichen
Erniedrigungen und Qualen ertragen mussten. Wir haben einander die Hand gereicht. Zusammen stehen wir
heute hier und gedenken dieser Toten.
Wenn uns doch diese Toten die Hand reichen könnten, wir ihr sie uns heute reicht !
4. Als Europa von den Nazis befreit war, wollten viele Täter sich aus ihren Verbrechen herausreden:
• ihre Un-Taten seien die logische Konsequenz aus der Verschiedenheit der und Völker,
• sie selbst seien eigentlich gar nicht verantwortlich, weil sie Befehlen hätten gehorchen müssen,
• und es sei schließlich einfach alles unvermeidbar gewesen.
Aber ich weiß mich mit Ihnen sicher einig in der Überzeugung, dass jeder Mensch ganz persönlich
verantwortlich ist, für das was er tut oder lässt. Gelegentlich wird Mut gefordert sein und die Bereitschaft,
persönliche Nachteile hinzunehmen. Die Völkergemeinschaft hat mit dem Nürnberger Prozess deutlich
gemacht, dass sich dabei niemand hinter irgendetwas verstecken kann. Es gilt, auch im internationalen Recht
zu verankern, dass Angelegenheiten, die den Staat betreffen, den Einzelnen nicht aus seiner Verantwortung
entlassen. Darum geht es auch bei den Prozessen gegen Milosevic und Konsorten in Den Haag.
Und wenn wir Menschen noch so verschieden sind … Wir müssen lernen: Verschiedenheit und Vielfalt an
sich sind keine Bedrohungen; sie machen unsere Welt farbig und interessant. Wir sind dazu bestimmt, dass
wir für einander leben und einander helfen zu leben. Das setzt Dialog voraus: respektvolle Kommunikation und
gegenseitiges Verständnis. Dann können Gerechtigkeit und Solidarität konkret werden zum Nutzen aller.
Ich wende mich an euch, ihr lieben Toten, an deren Gräbern wir jetzt stehen, und lade alle Anwesenden
ein, mit großem Ernst zu versprechen:
Ich will alles tun, dass wir einander mit neuen Augen sehen
als Glieder einer einzigen menschlichen Familie,
in der jeder Mensch guten Willens willkommen ist.
Prälat Heinrich Günther, 08-05-2002
8.2. Begegnung mit ehemaligen Zwangsarbeitern (2002)
Im Mai 2002 waren zwei Gäste aus der Ukraine in Wolfsburg. Sie waren im Krieg als Zwangsarbeiter im
Volkswagenwek. Der Historiker Björn Kooger hatte den Kontakt im Rahmen einer von der St. ChristophorusGemeinde veranlassten Forschungsarbeit hergestellt. Es war der große Wunsch der Gäste, jene Stätte zu
besuchen, in der sie vor rund 60 Jahren zwangsweise arbeiten mussten.
Die Volkswagen AG nahm sich vorbildlich der Gäste an. Wo sie einst gedemütigt wurden und schlechtes
Essen erhielten, waren sie nun Ehrengäste.
Bei der Feier auf der Gedenkstätte am 8. Mai suchten sie unter den hunderten Grabsteinen bekannte
Namen – und fanden sie. Jugendliche verteilten rote Nelken, die auf die Grabsteine gelegt wurden. Prälat
Günther erinnerte in seiner Ansprache an die Menschen, die in der "Stadt des KdF-Wagens" ihr Leben lassen
mussten: "Ich stehe hier vor dem Grab eines Kindes, das hier geboren wurde und das man nur wenige
Wochen alt werden ließ. Es wäre heute eine Frau von 58 Jahren. Man hat sie um ihr Leben betrogen! Heute
sind einige von denen bei uns, die als "Ostarbeiter" damals hier waren. Wir haben einander die Hand gereicht.
Zusammen stehen wir heute hier und gedenken dieser Toten. Wenn uns doch diese Toten die Hand reichen
könnten, wir ihr sie uns heute reicht ! Und wenn wir Menschen noch so verschieden sind – wir müssen lernen:
Verschiedenheit und Vielfalt sind keine Bedrohung; sie machen unsere Welt farbig und interessant."
Nach Prälat Günther ergriffen die Gäste das Wort. In bewegten und bewegenden Worten sprachen die
ehemaligen Zwangsarbeiter. Im Stadtmuseum und in der Gedenkstätte im Volkswagenwerk besichtigte man
eingehend die Dokumentation der Zwangsarbeit.
Herr Schewschtenko war beim Besuch der Gedenkstätte im Volkswagenwerk so ergriffen, dass er ins
Freie eilen musste. In einem solchen Bunker war er blutig geschlagen worden, nachdem er versucht hatte,
einige Nudeln – die man ihm zugesteckt hatte – heimlich auf der Toilette zu essen.
In der Autostadt wurden die Gäste bewirtet. Immer war es das Ziel, ihnen ihre Würde wiederzugeben. Sie
verließen Wolfsburg als Freunde in dem Bewusstein, dass von Deutschland aus nie wieder ein solches
Verbrechen ausgehen wird.
8.3. Im Dienst der Versöhnung (2004)
Die Kirchengemeinde St. Christophorus pflegt seit rund 10 Jahren freundschaftliche Beziehungen zur Ukraine,
zur Partnergemeinde St. Alexander in Kiew, zum Priesterseminar in Worsel, zur russisch-orthodoxen
Gemeinde in Brovary und zu vielen Einzelpersonen. Aufgrund dieser Beziehungen konnte die Gemeinde bei
der Aufarbeitung der Geschichte der Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg Hilfe leisten.
Prälat Günther hat einen Historiker beauftragt, Menschen ausfindig zu machen, die im Kriege als
Zwangsarbeiter im Volkswagenwerk gearbeitet hatten, und aus ihren Berichten eine Dokumentation zu
erstellen, die demnächst als Buch herausgegeben wird. Sie enthält erschütternde Berichte über das, was
diese Menschen im Kriege und auch nach ihrer Rückkehr in die Sowjetunion erleiden mussten.
Schon mehrmals hat die Gemeinde Personen aus diesem Kreis eingeladen, Wolfsburg zu besuchen und
an der Gedenkfeier teilzunehmen, die an jedem 8. Mai auf der Gedenkstätte in der Nähe des Waldfriedhofs
gehalten wird. Die Volkswagen AG trägt die Reisekosten und lädt die ehemaligen Zwangsarbeiter zu einem
Tag im Werk ein, wobei sie nicht nur die dortige Gedenkstätte in einem Bunker besichtigen, sondern als
Ehrengast behandelt werden.
In diesem Jahr war Frau Maria Ribaitschuk aus Anthrazit im Gebiet Lugansk zu Gast in Wolfsburg. Auf
der Gedenkstätte am Waldfriedhof sind viele ehemalige Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen begraben;
dabei werden die aus der Ukraine stammenden als „Russe“ oder „Russin“ bezeichnet. Frau Ribaitschuk
konnte ihre Tränen nicht zurückhalten, als sie das Grab eines Freundes fand, der im Krieg in Wolfsburg
(damals Stadt des KdF-Wagens) verstorben war. Sie hatte ihm aus der Zentralküche, wo sie tätig war,
heimlich etwas Brot mitgebracht. Aber er sagte ihr eines Tages: „Bing mir nichts mehr mit. Ich werde sterben.“
Kurze Zeit später starb er. Mit einer solchen Hilfe hatte sie sich jedesmal in höchste Gefahr begeben.
Bei einem Besuch im Stadtmuseum zeigte Frau Ribaitschuk, wo sie damals das Zeichen der „OstArbeiter“ tragen musste, die in der Rangordnung der Nationalsozialisten an unterster Stelle rangierten. Neben
ihr steht Frau Rosa Reiner, bei der Frau Ribaitschuk gewohnt hat und die als Dolmetscherin half und selbst
aus der Ukraine stammt, von wo sie als Deutsche 1941 nach Sibirien verschleppt wurde.
Frau Ribaitschuk berichtete nicht nur von schlimmen Erfahrungen. Sie beschrieb auch Begebenheiten,
bei denen Deutsche den Mut hatten, gegen alle Verbote den Zwangsarbeitern menschlich zu begegnen. Die
Erinnerung an diesen Zeiten soll dazu beitragen, dass menschverachtende Ideologien und Völkerhass nie
wieder an die Macht kommen. Die Menschen, die Grund hätten, uns feindlich zu begegnen, schieden als
Freunde und werden zu Boten eines gewandelten Deutschlands.
Der Autor:
Björn Kooger, Studium der Neueren Geschichte an der TU Braunschweig, Promotion an der TU Berlin.
1993-1997: Leiter der Gedenkstätte Beendorf.
1997-1999: Wiss. Mitarbeiter am Institut für Museen und Stadtgeschichte, Wolfsburg.
2000-2001: Wiss. Angestellter beim Gesamtverband der Kath. Kirchengemeinden Wolfsburg.
Letzte Veröffentlichung:
Rüstung unter Tage.
Die Untertageverlagerung von Rüstungsbetrieben und der Einsatz von KZ-Häftlingen in Beendorf und Morsleben,
Reihe: Geschichte der Konzentrationslager 1933-1945, Band 4, Berlin 2004 (Metropol-Verlag)
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