Toxocara - Extras Springer

Werbung
T
Taenia saginata
Zestodeninfektionen (Bandwürmer)
Peter Kern, Ulm
Erregerbezeichnung
Taenia saginata
Morphologie
Der Mensch ist definitiver Endwirt des
Rinderbandwurms. Dieser kann bis zu 7
m lang werden. Der ca. 1 mm große, runde Kopf (Skolex) hat 4 Saugnäpfe und
keinen Hakenkranz. Die graviden Proglottiden sind etwa 2 cm lang und bis zu
1,2 cm breit. Der Uterus hat bis zu 20
seitliche Verzweigungen. Eine Proglottide
enthält bis zu 30.000 Eier. Diese sind oval,
dickschalig und von anderen Taenieneiern nicht zu unterscheiden.
Das Rind infiziert sich durch Aufnahme
der Eier mit der Nahrung. Die Oncosphäre schlüpft im Darm und gelangt mit dem
Blutstrom in die gut durchbluteten Bereiche der quergestreiften Muskulatur. Dort
entwickeln sich innerhalb von 4 – 5 Monaten Finnen (Zystizerken), die mit der
Nahrungskette wieder in den Endwirt gelangen müssen. Bei diesen Finnen handelt es sich um etwa 0,5 cm große Blasen
mit nach innen gestülpten einzelnen Skolex. Im neuen Endwirt wird die Larve
freigesetzt, mit dem Kopf haftet sich der
Wurm fest. Frühestens 5 Wochen nach
Infektion sind Bandwurmglieder oder Eier im Stuhl nachweisbar. Die Lebenserwartung des adulten Parasiten beträgt bis
zu 25 Jahre.
Taxonomie
Familie Taeniidae, Art Taenia saginata
Historie
Erst 1863 wurde das Rind als geeigneter
Zwischenwirt identifiziert. Die Erkrankung als solche ist veterinärmedizinisch
wenig bedeutsam.
Erkrankungen/Register
Taeniasis. Taenia saginata-Infektion,
Rinderbandwurm
Diagnostik/Symptome
Symptome: Meist nur wenige Symptome
bei Vorhandensein des bis zu 7 m langen
Bandwurms im Darm. Gewichtsabnahme, Heißhunger und diskrete abdominelle Symptome werden berichtet. Auch
kann es durch Verschlingung eines Bandwurms zu einem Ileus kommen. Die Erkrankung wird gelegentlich festgestellt,
wenn Bandwurmglieder aus dem After
wandern. Sie sind dann in der Wäsche zu
finden.
Im Blutbild kann sich eine diskrete Eosinophilie einstellen. Die übrige Laborchemie ist unauffällig.
Die Bandwurminfektion erfolgt durch
den Nachweis der Proglottiden oder der
Eier im Stuhl.
Bildgebende Verfahren sind unnötig, serologische Untersuchungen sind nicht
standardisiert und verzichtbar.
Therapie
Die medikamentöse Therapie erfolgt mit
Praziquantel oder Niclosamid. Die Behandlung ist effektiv. Gelegentlich muß
ein zweiter Behandlungszyklus erfolgen.
507
Taenia solium
Spezifische Merkmale
Eine Autoinfektion des Menschen kann
bei dieser Erkrankung nicht vorkommen.
Es ist daher wichtig, die Artdiagnose von
Proglottiden zu bestimmen (Uterusseitenäste).
Transmission
Durch den Verzehr von rohem oder ungarem Rindfleisch (Tatar) kommt es zur
Infektion. Die Präpatenzzeit beträgt etwa
3 – 5 Monate.
Wirtsbereich
Die intestinale Immunität ist wenig erforscht.
Risikogruppen
Epidemiologie
Infektionen durch T. saginata treten weltweit auf. Man rechnet etwa mit 100 Mio.
Bandwurmträgern weltweit.
Prävention
Verzicht auf den Genuß von rohem oder
ungenügend zubereitetem Rindfleisch.
Vorheriges Tieffrieren bei -200C für wenigstens 24 Stunden. Als wesentliche
Maßnahme zur Vermeidung der Transmission kann die Fleischbeschau angesehen werden.
Referenzzentren
Schlüsselliteratur
Diagnostic Medical Parasitology. Garcia LS
and Bruckner DA. 2nd Edition. American
Society for Microbiology 1993.
Taenia solium
Zestodeninfektionen (Bandwürmer)
Peter Kern, Ulm
Erregerbezeichnung
Taenia solium
Morphologie
Der Mensch ist Endwirt und infiziert sich
durch den Verzehr von infiziertem
Schweinefleisch. Der Bandwurm kann bis
zu 5 m lang werden. Der etwa 1 mm große Kopf (Skolex) hat 4 Saugnäpfe und
trägt einen Hakenkranz. Die graviden
Proglottiden sind etwa 1 cm lang und 5
mm breit. Der Uterus hat 7 – 13 seitliche
Äste. Meist werden mehrere Proglottiden
mit dem Stuhl ausgeschieden.
Mit den Eiern infiziert sich der Zwischenwirt (Schwein). Die Oncosphärenlarve schlüpft im Dünndarm und gelangt
über den Blutstrom in die quergestreifte
Muskulatur. Dort entwickelt sich die Finne (Cysticercus solium), die mit der Nahrungskette wieder in den Endwirt gelangen muß. Die Lebenserwartung der adulten Würmer beträgt bis zu 25 Jahre. Frühestens 5 Wochen nach Infektion sind
Bandwurmglieder oder Eier im Stuhl
nachweisbar (Präpatenzzeit).
Taxonomie
Familie: Taeniidae
Gattung: Taenia sp., Art Taenia solium
Historie
Infektionen durch T. solium sind bereits
seit biblischen Zeiten bekannt. Der Zyklus wurde vor hundert Jahren nachgewiesen. Erkrankungen treten in den Ländern auf, in denen rohes oder ungekochtes Schweinefleisch verzehrt wird.
Erkrankungen/Register
Taeniasis,
Taenia
Schweinebandwurm
solium-Infektion,
Diagnostik/Symptome
Symptome: Wesentliche Symptome des
intestinalen Zestodenbefalls bestehen
508
Toxocara
nicht. Auszehrung, unstillbarer Hunger
und unspezifische abdominale Beschwerden können bestehen. Mit dem Stuhl
werden die Proglottiden ausgeschieden.
Es handelt sich dabei um bandnudelartige, weißliche Elemente, die zusammengeschnurrt sein können und eine Eigenbeweglichkeit aufweisen. Dies wird von
dem Patienten selbst bemerkt.
Wesentliche Laborbefunde finden sich
nicht. Es besteht eine diskrete Eosinophilie. Bildgebende Verfahren oder serologische Untersuchungen sind unnötig. Der
Nachweis erfolgt durch die Untersuchung
des Stuhls auf Bandwurmglieder und Differenzierung der Uterus-Seitenästen sowie auf die Untersuchung von Wurmeiern im Stuhl. Die Zestodeneier der verschiedenen Arten sind voneinander nicht
unterscheidbar.
Therapie
Die medikamentöse Therapie der Wahl
besteht heute in der einmaligen Verabreichung von Praziquantel oder von Niclosamid-Kautabletten.
Prävention
Verzicht auf den Genuß von rohem oder
ungenügend zubereitetem Schweinefleisch. Vorheriges Einfrieren bei –20 °C
für wenigstens 24 Stunden. Als wesentliche Maßnahme zur Vermeidung der
Transmission kann die Fleischbeschau
angesehen werden.
Referenzzentren
Referenzzentren gibt es nicht.
Schlüsselliteratur
Diagnostic Medical Parasitology. Garcia LS
and Bruckner DA. 2nd Edition. American
Society for Microbiology 1993.
Tollwutvirus (siehe Lyssavirus)
Toxocara
Peter Kimmig, Stuttgart
Spezifische Merkmale
Durch Autoinfektion kann der Mensch
ebenfalls zum Träger des Zwischenwirtstadiums werden. Dies wird im Abschnitt
Cysticercus cellulosae/Zystizerkose erwähnt.
Transmission
Der Verzehr von rohem oder ungarem
Schweinfleisch führt zur Infektion. Durch
den regelmäßigen Fleischbeschau ist die
Erkrankung in Mitteleuropa extrem selten.
Wirtsbereich
Über eine spezifische Darmimmunität ist
nichts bekannt.
Risikogruppen
Bestimmte Gebiete der Welt.
Epidemiologie
Weltweite Verbreitung, besonders dort
wo Schweine frei in der Nähe des Menschen gehalten werden.
Erregerbezeichnung
Toxocara canis, Toxocara cati
Larva migrans visceralis, visceral larva
migrans
Morphologie
Larve des Hunde- und Katzenspulwurms;
Größe ca 500 × 20 ? m
Taxonomie
Klasse: Nematoda
Familie: Ascarididae
Gattung: Toxocara
T
Historie
Erste Darstellung von eingekapselten Nematodenlarven in der Leber durch Perlingiero und György 1947, aber irrtümlich
als Ascaris lumbricoides Larve interpretiert. 1952 Beschreibung und Namensgebung des visceral larva migrans – Syndroms sowie korrekte Bestimmung der
Larve als Toxocara spec. durch Beaver.
509
Toxocara
Erkrankungen/Register
In den meisten Fällen führt die Infektion
zu keiner Erkrankung. Nur bei MassenInvasion der Larven führen allergische
Reaktionen verbunden mit eosinophilen
und granulomatösen Entzündungsreaktionen zu Störungen in Lunge und Leber;
am folgenreichsten sind neurologische
Krankheitsbilder, die als disseminierte
Encephalitis und als -meist einseitigediffuse unilaterale subakute Neuroretinitis imponieren.
1. orale Infektion: Bei Junghunden und
-Katzen kommt es nach Aufnahme infektiöser Eier zu einer patenten Infektion
mit Entwicklung von adulten Würmern
im Darm. Bei erwachsenen Tieren führt
die Infektion nur bis zur Entwicklung
von Larven, die im Gewebe eingekapselt
werden, jedoch vital bleiben.
Beim Fressen von Wartewirten (z. B.
Mäusen) mit eingekapselten Larven
kommt es bei jungen und alten Hunden
und Katzen zu einer patenten Infektion.
Diagnostik/Symptome
Die Diagnose einer Toxocara-Infektion
ist nur auf serologischem Wege möglich.
Am empfindlichsten und spezifischsten
hat sich das exkretorisch-sekretorische
Protein (ES-Antigen) aus Toxocara-Larvenkulturen erwiesen, das im Elisa-Test
eingesetzt wird. Bluteosinophilie und erhöhte IgE-Werte können Hinweise auf eine Toxocara Infektion geben.
Klinisch gilt als typisch: Fieber, respiratorische Symptome (z. B. Husten, Bronchitis, asthmatische Beschwerden), viscerale
Erscheinungen (z. B. Abdominalschmerzen, Hepatomegalie), dermatologische
Symptome (z. B. urtikarielle Hautveränderungen) neurologische Erscheinungen
(z. B. MS-artige Symptome, einseitige
Sehstörungen)
2. hämatogene Infektion: Bei Trächtigkeit der Hündin werden eingekapselte
Larven durch Hormoneinwirkung reaktiviert und dringen in Blutbahn und Placenta ein. Dies resultiert in einer pränatalen Infektion und der Entwicklung von
Adultwürmern in den Jungtieren.
Therapie
Am häufigsten eingesetzt: Tiabendazol
Wirksamkeit umstritten: Diäthylcarbamazin
Therapieempfehlung gemäß einer kontrollierten Therapiestudie „Toxocariasis“
in der Schweiz: Albendazol
Spezifische Merkmale
Die adulten Toxocara-Würmer leben im
Darm von Caniden und Feliden. Die mit
dem Kot abgehenden Wurmeier ermöglichen nach ihrer Embryonierung, die je
nach Temperatur Wochen bis Monate
dauert, die Weiterverbreitung der Infektion. Bei den Endwirten existieren 3 Infektionswege:
510
3. galaktogene Infektion: Im Blut der
Hündin zirkulierende Larven gelangen in
die Milchdrüse und führen über die
Milch zu einer patenten Infektion der
Jungtiere.
Transmission
Die Infektion des Menschen erfolgt durch
orale Aufnahme embryonierter ToxocaraEier. Wegen der langen Reifungszeit ist
eine Direktinfektion durch Hund und
Katze nicht möglich, diese erfolgt indirekt über die Umwelt oder durch Einschleppung über Haustiere.
Wirtsbereich
Bei der Toxocara-Infektion handelt es
sich um eine Zoonose; Endwirte sind Caniden und Feliden, der Mensch stellt einen paratenischen Wirt (Wartewirt) dar.
Risikogruppen
Als klassische Risikogruppen gelten Kinder (Geophagie!). Generell sind jedoch
alle Personen exponiert, die sich beruflich oder privat im ländlichen bzw. kontaminierten Bereich ( Hundewiesen!) aufhalten wie z.B Landwirte, Nutztierhalter,
sowie Hundehalter, Katzenhalter.
Toxoplasma gondii
Epidemiologie
Toxocara-Infektionen kommen weltweit
vor. Wegen der vielfältigen und speziellen
Übertragungswege sind 80 – 90 % der
Welpen und Jungkatzen infiziert. Enge
Gemeinschaft von Hunden, Katzen und
Menschen unter einfachsten Bedingungen begünstigen die Infektionsübertragung. Die Parasitose ist jedoch auch in
landwirtschaftlichen Gebieten gemäßigter Zonen sehr verbreitet. Seroepidemiologische Untersuchungen bei Osteuropäern ergaben eine Durchseuchung von
18 %, bei Landwirten in Deutschland sogar von 23 %.
Prävention
Systematische Entwurmung von Katzen
und Hunden, Sauberhalten öffentlicher
Spielplätze und Sandkästen.
Referenzzentren
Offizielle Referenzzentren existieren
nicht, als fachlich qualifiziert sind sämtliche parasitologischen und tropenmedizinischen Einrichtungen anzusehen.
Schlüsselliteratur
Lang, W. Hrsg.: Tropenmedizin in Klinik und
Praxis, 2. Aufl. Georg Thieme Verlag Stuttgart, N.Y., 1996.
Mehlhorn, H., D. Eichenlaub, T. Löscher, W. Peters: Diagnostik und Therapie der Parasitosen des Menschen, 2. Aufl. Gustav Fischer
Verlag Stuttgart, Jena, N.Y. 1995.
Beaver, P.C., R.C. Jung, E.W. Cupp: Clinical Parasitology, 9th edition, Lea & Febiger, Philadelphia 1984.
Despommier, D.D., R. Gwadz, P.J. Hotez: Parasitic diseases, 3rd ed. Springer Verlag, N.Y.,
Heidelberg, Berlin, 1995.
Kimmig, P., K. Naser, W. Frank: Seroepidemiologische Untersuchungen zur Toxokariasis
des Menschen.
Zbl.Hyg.191, 406 – 422 (1991)
Toxoplasma gondii
Klaus Janitschke, Berlin
Erregerbezeichnung
Toxoplasma gondii
Morphologie
Drei Entwicklungsstadien: Tachyzoit (sichelförmiger Einzelparasit), Zyste (rundes Gewebestadium, enthaltend Einzelparasiten, bezeichnet als Bradyzoiten),
Oozysten (ovales bis rundliches Dauerstadium in der Außenwelt).
Taxonomie
Stamm: Protozoa
Klasse: Apicomplexa
Gattung: Toxoplasma
Historie
Durch Nicolle und Manceaux 1908 in
einem Nagetier, dem Gondi, entdeckt.
Erste Beschreibung der Erkrankung beim
Menschen 1923. Aufdeckung des geschlechtlichen Entwicklungszyklus 1969.
Erkrankungen/Register
In der Mehrzahl der Fälle keine Krankheitsbilder.
Postnatale Infektion: Wenn Symptome,
dann bei immunkompetenten Personen,
vor allem Lymphknotenentzündungen im
Halsbereich. Reaktivierung latenter Infektionen bei Immunsuppression: Enzephalitis bei AIDS-Patienten, septikämische Krankheitsbilder bei Transplantationspatienten, in beiden Fällen mit Generalisation.
Pränatale Infektion: Abort, Hydrozephalus, intrazerebrale Verkalkungen, Retinochorioiditis. Am häufigsten ohne Symptome bei der Geburt, in den ersten Lebensjahrzehnten aber Retinochorioiditis,
geistige Retardierung.
511
T
Treponemen
Diagnostik
Antikörpernachweis: Antikörper-Suchteste: Enzymimmunoassay, indirekte Immunfluoreszenz (IIF) Sabin-FeldmanTest (SFT)
IgM-Antikörperteste: Enzymimmunoassay (EIA), Immunosorbentagglutinationassay (ISAGA)
Abklärungsteste: Enzymimmunoassay
auf IgG und IgA, IIF, SFT, ISAGA, Komplementbindungsreaktion.
Direkte Nachweise: Tierversuch, Gewebekultur, Färbung z. B. mittels fluoreszierender Antikörper, Polymerase-Kettenreaktion.
Therapie
Sulfadiazin kombiniert mit Pyrimethamin, zusätzlich Folinsäure zur Vorbeugung von Störungen der Hämatopoese.
Diese Kombination bei Schwangeren erst
ab der 16. Schwangerschaftswoche, vorher Spiramycin. Weitere Mittel: Clindamycin, Clarithromycin, Azithromycin,
Atovaquone.
Transmission
Postnatal durch orale Aufnahme von
sten (rohes Fleisch) oder Oozysten
Katzenkot (im Erdboden). Pränatal
Erstinfektion der Frau während
Schwangerschaft.
Zyaus
bei
der
Wirtsbereich
Alle warmblütigen Säugetiere.
Prävention
Insbesondere
bei
nichtimmunen
Schwangeren: kein
Rohfleischverzehr,
Händewaschen nach der Zubereitung rohen Fleisches und Kontakt mit Erde, serologisches Screening, ggf. Chemotherapie.
Bei immunsupprimierten Patienten: serologische Verlaufsuntersuchungen, klinische Überwachung.
Referenzzentren
Zentren für die Diagnostik, Klinik und
Therapie s. Literatur.
Schlüsselliteraturen
1. Bundesgesundheitsamt (Robert Koch-Institut): Toxoplasmose bei Mutter und Kind –
Erkennung, Behandlung und Verhütung.
Ratschläge für Ärzte. 1992. Merkblatt erhältlich beim Deutschen Ärzte-Verlag
G.m.b.H., Dieselstraße 2, 50859 Köln.
2. Beratungsstellen für die Laboratoriumsdiagnostik sowie Klinik und Therapie der
Toxoplasmose bei der Schwangeren- und
bei der Kindervorsorge. Bundesgesundhbl.
36, 493 – 494 (1993)
3. Pohle, H.D., J.S. Remington (Hrsg.) Toxoplasmose. Erreger und Krankheit. SM-Verlagsgesellschaft, Gräfelfing, 1994.
Trematoden
(siehe u. a. Paragonimus, Opisthorchis,
Fasciola, Darmegel)
Risikogruppen
Nichtimmune Schwangere. Insbesondere
AIDS- und Transplantationspatienten mit
bestehender zunächst latenter (inaktiver)
Infektion.
Treponemen
Epidemiologie
Weltweit verbreitete Anthropozoonose,
wobei der Anteil der Infektionen durch
Rohfleischverzehr und der durch Aufnahme von Oozysten nicht bekannt ist. Pränatale Infektionen in Mitteleuropa bei 1
bis 7 Fällen pro 1.000 Lebendgeburten
(Deutschland: 3,5:1.000)
Erregerbezeichnung
Treponema spp.
512
Lothar Zöller, Koblenz
Taxonomie
Ordnung Spirochaetales, Familie Spirochaetaceae, Genus Treponema. Unterhalb
der Genusebene Einteilung in Spezies
und Subspezies (vgl. Tab. 1.).
Treponemen
Tab. 1. Humanmedizinisch relevante Treponemen
Spezies/Subspezies
Krankheitsbild
Verbreitung
1. Nichtkultivierbare
T. carateum
Pinta
semiaride Klimazonen Zentral- und Südamerikas
T. pallidum
subsp. endemicum
endemische Syphilis
subsp. pallidum
subsp. pertenue
Syphilis
Frambösie
aride Klimazonen, Mittl.
Osten, Afrika
weltweit
trop. Länder Afrikas und
Südamerikas, Karibik, Indonesien
2. Anaerob kultivierbare1
T. denticola
T. minutum
T. refringens
T. scoliodentum
T. vincentii
saprophytäres Vorkommen
(Zahntaschen, Genitalbereich)
Angina Plaut-Vincent
(Mischinfektion T. vincentii
und Fusobacterium spp.)
T. bryantii
T. phagedenis
T. succinifaciens
1
in der Tabelle werden nur Species aufgeführt, die in Bergey’s Manual of Systematic Bacteriology enthalten sind; weitere Species wurden beschrieben (Bergey’s Manual of Determinative
Bacteriology): T. pectinovorum, T. socranskii, T. saccharophilum
Historie
Die Syphilis wurde 1493 von den Conquistadores aus Amerika nach Spanien mitgebracht. Sie verbreitete sich innerhalb
weniger Jahre zunächst in Europa, dann
in der ganzen Welt und löste somit eine
Pandemie aus, die bis heute anhält. Johannes Widmann (Salicet, 1440 – 1524)
erkannte 1497, daß die Syphilis durch Geschlechtsverkehr übertragen wird. Paracelsus (1493 – 1541) führte die Anwendung von Quecksilber in Kombination
mit Schwitzkuren in die Therapie ein. Richard Schaudinn (1871 – 1906) entdeckte
1905 den Erreger der Syphilis und nannte
ihn Spirochäta pallida. Paul Ehrlich
(1854 – 1915) entwickelte die Arsenpräparation Salvarsan zur Behandlung. In den
40er Jahren wurde dann die Monotherapie mit Penicillin eingeführt.
Erkrankungen
Angina Plaut-Vincent (T. vincentii)
Einseitige Tonsillenulzeration mit krater
förmigem Geschwür am oberen Tonsil-
lenpol und schmerzhafter Lymphknotenschwellung im Kieferwinkel
Treponematosen (T. carateum,
T. pallidum)
Systemkrankheiten, die als Ausdruck der
persistierenden Infektion chronisch progredient verlaufen. Alle Treponematosen
folgen einem stadienhaften Verlauf. In
jedem Stadium kann die Erkrankung
spontan ausheilen und jedes Stadium
kann in der Reihenfolge der klinischen
Manifestationen übersprungen werden.
Bei ca. einem Drittel aller unbehandelten
Syphilis-Infizierten kommt es zu einer
Spontanheilung mit Verlust der Seroreaktivität, ein weiteres Drittel bleibt lebenslang im Latenzstadium und ein Drittel erreicht das klinische Tertiärstadium. Ca.
zwei Drittel aller Syphilis-Fälle werden
im asymptomatischen Latenz-Stadium
diagnostiziert.
513
T
Treponemen
1. Venerische Syphilis (T. pallidum, ssp.
pallidum)
Inkubationszeit 10 – 90 Tage (durchschnittlich 21 Tage)
Primärstadium (lokale Infektion)
> Harter Schanker: einzelne oder multiple ulceröse, indurierte Läsionen, wenige
Millimeter bis zu 2 cm groß, an Haut
oder Schleimhaut der Inokulationsstelle
lokalisiert, einhergehend mit einer regionalen Lymphadenopathie
> nahezu immer Übergang ins Stadium
der disseminierten Infektion
Frühes Latenzstadium
Klinisch asymptomatische Phase von bis
zu einem Jahr Dauer nach dem Primärstadium; ca. ein Drittel der Infektionen
bleibt lebenslang latent, ohne jedoch auszuheilen.
Sekundärstadium (disseminierte Infektion)
Klin. Manifestationsrate: ca. 25 % der Infizierten
> Auftreten der Symptome 6 Wochen bis
6 Monate nach Infektionsbeginn
> Multiple makulöse, papulöse, follikuläre, papulosquamöse oder pustulöse
Sekundärläsionen an Haut und/oder
Schleimhäuten
> Condylomata lata
> Alopezie
> Fieber, allg. Krankheitsgefühl, generalisierte Lymphadenopathie
> asymptomatische oder symptomatische ZNS-Beteiligung (Meningitis)
Stadium der späten Latenz
Klinisch asymptomatische Phase
Tertiärstadium (Spätstadium, chronisches Stadium, persistierende Infektion)
Klin. Manifestationsrate: ca. ein Drittel
der Infizierten
> Auftreten der Symptome Monate bis
Jahre nach Infektionsbeginn
> Gummen (monocytische Infiltrate, Gewebsdestruktion, jedes Organ kann
betroffen sein)
> Kardiovakuläre Beteiligung (Aortenaneurysma)
514
> Neurosyphilis
> Tabes dorsalis: entzündlich-degenerative Läsionen an den hinteren Wurzeln, der Pia und den Hintersträngen
des Rückenmarks, Entzündung des
Sehnerven; klinisch Visusverfall und
Gesichtsfeldeinschränkungen
aufgrund der tabischen Opticusatrophie,
sensible Reiz- und Ausfallserscheinungen wie Parästhesien, Kältehyperpathie und lanzinierende Schmerzen aufgrund der Schädigung der Hinterwurzeln, später sensible Ataxie, Störung
der Schmerzempfindung, Erlöschen
der Potenz, Inkontinenz
> Progressive Paralyse: durch Spirochäteninvasion ins Gehirn und die Hirnhäute ausgelöste schleichende Erkrankung mit Gedächtnisstörungen, Persönlichkeitsveränderung, Sprachstörungen, flüchtigen Paresen, Dementia
paralytica.
Kongenitale Syphilis
Early onset ( X 2. Lebensjahr): fulminante,
disseminierte Infektion; mukokutane Läsionen, bullöses Pemphigoid, Osteochondritis, Anämie, Hepatosplenomegalie, ZNS-Beteiligung
Spätmanifestationen (Syphilis connata
tarda): interstitielle Keratitis, Knochenund Gebißdeformationen (Säbelscheidentibia, Sattelnase), Hörstörungen bis
zur Taubheit, Neurosyphilis oder andere
Tertiärmanifestationen
2. Frambösie (T. pallidum, ssp. pertenue)
Inkubationszeit 9 – 90 Tage, durchschnittlich 21 Tage
Frühstadium
> Primärläsion: papulöse, oft juckende,
ulceröse und verschorfte Hautveränderung
> disseminierte Läsionen, ähnlich der
Primärläsion
> allgemeines Krankheitsgefühl, Fieber,
Lymphadenopathie
> Osteitis, Periostitis, andere Knochenund Gelenkmanifestationen
Latenzstadium: keine klinischen Manifestationen
Treponemen
Spätstadium
Klin. Manifestationsrate: 10 % der Infizierten
> Destruktive Knochen- und Gelenkmanifestationen (z. B. ulceröse Rhinopharyngitis)
> Hyperkeratotische Hautläsionen
sionen gelingt im Dunkelfeldmikroskop
oder mit Hilfe des Direkten Immunfluoreszenztests, bei dem spezifische monoklonale Antikörper eingesetzt werden. Im
Organmaterial besteht die Möglichkeit
der Darstellung der Treponemen mittels
Silberfärbung.
3. Pinta (T. carateum)
Inkubationszeit 1 – 3 Wochen; nur Hautmanifestationen
Tierversuch: Die pathogenen Treponemen mit Ausnahme von T. carateum können in geeigneten Labortieren vermehrt
werden. Unter optimalen Bedingungen
können auf diese Weise noch Mengen von
ein bis zwei infektiösen Treponemen im
Ausgangsmaterial nachgewiesen werden.
Frühstadium
> Primärläsion: hyperkeratotische, pigmentierte Papel
> Disseminierte Hautläsionen
> Regionale Lymphadenopathie
Spätstadium
> Pigmentveränderungen der Haut (Hyper- bzw. Hypopigmentation)
4. Endemische Syphilis [Bejel] (T. pallidum, ssp. endemicum)
Inkubationszeit 3 Wochen bis 3 Monate
Primärstadium
> Primärläsion gewöhnlich nicht vorhanden
Sekundärstadium
> multiple oropharyngeale und/oder kutane Läsionen
Latenzstadium
Keine klinischen Manifestationen
Spätstadium
> destruktive Knorpel-, Haut- und Knochenläsionen
Diagnostik
Angina Plaut-Vincent
Mikroskopisches Präparat nach Färbung
mit Fuchsin: Mischflora aus Treponemen
und Fusobakterien
Treponematosen
1. Nachweis von Treponemen in Gewebsläsionen
Mikroskopie: Die Darstellung der Treponemen aus charakteristischen Frühlä-
PCR: Für Treponema pallidum beschrieben, aber noch nicht standardisiert und
noch nicht im Routinegebrauch.
2. Serologische Tests
2.1. Nicht treponemenspezifische Testverfahren
Die verfügbaren nicht treponemenspezifischen Tests basieren auf einem Antigen,
das Cardiolipin, Colesterol und Lecithin
in standardisierter Menge in einer alkoholischen Lösung enthält.
Der VDRL (Venereal Disease Laboratory)-Test ist eine Flockungsreaktion zum
Nachweis antilipoidaler Antikörper, die
in den USA und anderen Ländern qualitativ als Suchreaktion, ansonsten aber
quantitativ zur Verlaufskontrolle von Treponematosen eingesetzt wird. Gemessen
werden IgG- und IgM-Antikörper gegen
Cardiolipin, das von untergehenden
Wirtszellen freigesetzt wird, sowie Antikörper gegen Lipide und Lipoproteine,
die durch die Treponemen produziert
werden. Ihr Nachweis korreliert mit der
Krankheitsaktivität und der Behandlungsbedürftigkeit. Antilipoidale Antikörper treten auch bei zahlreichen anderen Krankheiten auf. Als Alternative zum
VDRL-Test kann die Cardiolipin-Komplementbindungsreaktion (CardiolipinKBR) eingesetzt werden.
2.2. Treponemenspezifische Testverfahren
Serologische Verfahren differenzieren
nicht zwischen Infektionen mit den verschiedenen pathogenen Treponema-Spe515
T
Treponemen
cies (T. carateum, T. pallidum). Da die tropischen Treponematosen in Europa nicht
vorkommen, werden die Tests hier ausschließlich zur Lues-Diagnostik verwendet.
TPHA (Treponema-pallidum-Hämagglutinationstest): Dabei handelt es sich um
eine im Mikrotitersystem angesetzte,
indirekte
Hämagglutinationsreaktion.
Kreuzreaktive Antikörper gegen apathogene Treponemen-Species führen nicht
zu falsch-positiven Ergebnissen, da sie
durch Zusatz von Reiter-Treponemen (T.
phagedenis)-Sonikaten zum Probenverdünnungspuffer absorbiert werden. Der
Test besitzt eine Sensitivität von 70 – 90 %
im Primärstadium und 95 – 100 % bei den
postprimären Stadien der Syphilis. Die
Spezifität beträgt ca. 98 %.
FTA-ABS (Fluoreszenz-Treponemen-Antikörper-Absorptionstest): Der Test beruht auf dem Prinzip des Indirekten Immunfluoreszenztests. Abweichend von
der normalen Testtechnik ist es bei der
Verwendung von Treponemen als Antigen notwendig, das Patientenserum vor
der Untersuchung mit einem Ultrasonikat von T. phagedenis zu absorbieren, um
kreuzreagierende Antikörper aus dem
Serum zu eliminieren. Der Test besitzt eine Sensitivität von 80 % bei der Primärund nahe 100 % bei der Sekundär- und
Tertiärsyphilis. Die Spezifität beträgt
ebenfalls nahe 100 %. Der 19-S-IGMFTA-ABS-Test wird wie der FTA-ABSTest durchgeführt, wobei man lediglich
die durch Gelfiltration, Ultrazentrifugation, High-Performance-Liquid-Chromatography (HPLC) oder Ionenaustauschchromatographie gewonnene 19-S-IgMFraktion als Probe einsetzt. Der IgMNachweis ist insbesondere für die Beurteilung der Krankheitsaktivität und der
Behandlungsindikation im Falle von
Zweitinfektionen, Reaktivierungen, unklarer Behandlungsanamnese etc. von
Bedeutung.
Stufendiagnostik: Der TPHA wird als
Suchreaktion eingesetzt, bei positivem
Ergebnis folgt der FTA-ABS-Test. Ist dieser ebenfalls positiv, schließt sich eine
516
quantitative Cardiolipin-Reaktion und
gegebenenfalls in Abhängigkeit von der
zugrundeliegenden Fragestellung ein
FTA-ABS-IgM-Test an.
Die Neurosyphilis wird durch den Nachweis einer intrathekalen Antikörperantwort gegen Treponema pallidum diagnostiziert. Die mit dem TPHA ermittelten
Antikörpertiter in Liquor und Serum
werden auf den jeweiligen Gesamt-IgGGehalt bezogen und ein spezifischer Index ermittelt, der Auskunft darüber gibt,
ob spezifische Antikörper intrathekal
synthetisiert werden.
Enzymimmuntest (ELISA): Der IgG-ELISA ist dem Screening mittels TPHA bzw.
FTA-ABS hinsichtlich Sensitivität und
Spezifität zumindest gleichwertig. Der
IgM-ELISA ist für den Nachweis von Syphilis-Antikörpern im Primär- und Sekundärstadium der Infektion gut geeignet, weist aber erhebliche Schwächen bei
der Diagnostik der Spätstadien (z. B.
Neurosyphilis) sowie bei Zweitinfektionen oder Reaktivierungen auf. Der IgMELISA ist anwendbar für die Diagnostik
und Therapieüberwachung unkomplizierter Syphilis-Fälle.
Westernblot: Westernblots zum Nachweis von Antikörpern gegen spezifische
Treponema-pallidum-Proteine können in
Zweifelsfällen als Bestätigungsreaktion
eingesetzt werden. Der Nachweis von Antikörpern gegen Immundeterminanten
mit Molekulargewichten von 15, 17, 44
und 47 kDA wird gegenwärtig als diagnostisch für die Syphilis angesehen. Die
Sensitivität des Tests ist mit der des FTAABS vergleichbar.
Diagnostik der Neugeborenen-Syphilis:
Jeder Säugling wird zunächst mit Hilfe
des TPHA untersucht. Bei positivem Ausfall werden weitere Testverfahren wie
oben beschrieben eingesetzt. Der positive
IgM-Antikörpernachweis im Serum des
Neugeborenen ist das wichtigste Merkmal für eine intrauterin durchgemachte
Infektion, während die sonstigen serologischen Befunde lediglich ein Spiegelbild
der mütterlichen Antikörperwerte bieten.
Treponemen
Therapie
Venerische Syphilis: Mittel der Wahl ist
Penicillin. Für eine ausreichende Behandlung muß ein Penicillinspiegel von mindestens 0,03 IE/mlSerum während zwei
bis drei Wochen gefordert werden.
Grundsätzlich sollte die Applikation des
Antibiotikums intramuskulär erfolgen.
Bei der Frühsyphilis (Primär-/Sekundär-)
wird das Procain-PenicillinG in einer Dosierung von 600.000 Einheiten täglich für
10 Tage oder dreimal eine wöchentliche
Therapie mit 2,4 MegaIE Benzathin-Penicillin G empfohlen. In der späten Latenzphase und bei der Neurosyphilis muß höher dosiert werden. Bei 50 – 80 % der Patienten mit Frühsyphilis wird nach Therapie eine Jarisch-Herxheimer-Reaktion beobachtet. Sie ist selten schwerwiegend
und verschwindet innerhalb von 12 – 48
Stunden. Als Alternativtherapie bei vorliegender Penicillinallergie kann Doxycyclin oral in einer Dosierung von 200mg/
die für 14 Tage oder ein orales Tetracyclin
in einer Dosierung von 4x500mg/die für
14 Tage gegeben werden. Bei bestehender
Schwangerschaft sind Tetracycline allerdings kontraindiziert. Nach Ausschluß einer Parallelallergie mit Penicillin können
Cephalosporine als Alternativpräparate
eingesetzt werden. Bei der Syphilis connata wird Procain-PenicillinG in einer
Dosierung von 50.000 IE/kg/die für mindestens 10 Tage gegeben.
Endemische Treponematosen: Die Behandlung erfolgt mit Penicillin. Es genügt eine einzige Injektion von Benzathin-PenicillinG (1,2 Mio IE i.m.; bei Patienten unter 10 Jahren 0,6 Mio IE).
Spezifische Merkmale
Morphologie: Bewegliche helikale Zellen
mit einem Durchmesser von 0,1 – 0,4 ? m
und einer Länge von 5 – 20 ? m. An jedem
Ende der Spirochäten inserieren eine
oder mehrere periplasmatische Flagellen.
Die Zellen können am besten im Dunkelfeld- bzw. Phasenkontrastmikroskop dargestellt werden. Mit Anilinfarben färben
sie sich nur sehr schwach an. Eine gute
Darstellung gelingt mit Hilfe der Silberfärbung nach Levaditi.
Molekulare
Verwandtschaftsbeziehun-
gen: Die pathogenen Treponemen sind
morphologisch nicht unterscheidbar und
weisen in Hybridisierungsexperimenten
eine DNA-Homologie von über 95 % auf.
Die bisher sequenzierten Gene unterscheiden sich nur in wenigen Basenpaaren. Die Proteinprofile sind nahezu identisch und zeigen auch immunologisch
sehr homologe Reaktionsmuster mit monoklonalen Antikörpern. Unterscheidbar
sind die Treponematosen-Erreger lediglich durch ihre pathogenen Eigenschaften
im Menschen und im Versuchstier. Im
Gegensatz zu den Homologien der pathogenen Treponemen weist Treponema pallidum ssp. pallidum nur eine DNA-Homologie von unter 5 % mit anderen nicht
pathogenen Spirochäten wie Treponema
phagedenis auf. Eine evolutionäre Verwandtschaftsbeziehung läßt sich lediglich
aus den Sequenzhomologien der rRNA
ableiten.
Transmission
Die Übertragung der Treponematosen erfolgt durch direkten Kontakt mit aktiven
Läsionen. Theoretisch besteht außerdem
eine Übertragungsmöglichkeit durch
Bluttransfusion. Bei der primären und
sekundären Syphilis sind die Läsionen
infektiös und enthalten Treponemen in
großer Zahl. Diese können offenbar
Schleimhäute sowie die verletzte Epidermis penetrieren, an der Eintrittspforte eine dermale Infektion hervorrufen und
rasch disseminieren. Die venerische Syphilis wird gewöhnlich durch sexuellen
Kontakt übertragen. Die Kontagiosität ist
im Primär- und Sekundärstadium am
größten. Beim Sexualverkehr infizieren
sich 50 – 100 % der susceptiblen Partner.
Bei den endemischen Treponematosen
erfolgt die Übertragung durch Kontakt
mit den frühen Läsionen, durch kontaminierte Finger oder Gebrauchsgegenstände. Eine sexuelle Übertragung ist bei den
endemischen Treponematosen selten, da
kaum genitale Läsionen auftreten. Frambösie und endemische Syphilis werden
bereits im Kindesalter übertragen, bei
517
T
Treponemen
der Pinta liegt das Prädilektionsalter zwischen dem 15. und 30. Lebensjahr. Eine
congenitale Transmission kommt nur bei
der venerischen Syphilis vor. Die Erkrankungswahrscheinlichkeit des Feten hängt
vom Infektionsstadium der Mutter und
dem Zeitpunkt der Übertragung während der Schwangerschaft ab. Das Risiko
einer fetalen Infektion ist im ersten Jahr
nach der Ansteckung der Mutter am
größten. Infektionen der Frucht vor dem
vierten Gestationsmonat sind selten. Da
die fetale Erkrankung eine Folge der Immunreaktion auf die Erreger ist, setzt
eine Gefährdung des Feten erst nach hinreichender Reifung des Immunsystems,
etwa ab dem vierten bis fünften Schwangerschaftsmonat ein. Bei unbehandelter
Primär- oder Sekundärsyphilis kommt es
in ca. 50 % der Fälle zur Totgeburt, fast
alle Lebendgeborenen erkranken an einer
Syphilis connata. Bei unbehandelter Syphilis im Stadium der frühen Latenz
kommt es in 20 % der Fälle zur Frühgeburt, in 16 % zur Totgeburt, 4 % der Kinder sterben perinatal und 40 % haben eine Syphilis connata. 70 % der Kinder sind
hingegen gesund, wenn die Mutter eine
Spätsyphilis hat.
Wirtsbereich
Der Mensch ist einziger Wirt. Bei der
Frambösie gibt es möglicherweise außerdem einen noch nicht identifizierten tierischen Wirt.
Risikogruppen
Venerische Syphilis: Personen mit häufig wechselnden Geschlechtspartnern,
Prostituierte und ihre Kunden
Endemische Treponematosen: Höchstes
Übertragungsrisiko bei engem Zusammenleben in feucht-warmem Klima
(Frambösie, Pinta) unter mangelhaften
Hygienebedingungen und spärlicher Bekleidung
Epidemiologie
Venerische Syphilis: Die Zahl der gemeldeten Fälle von Syphilis ist bei Männern
und Frauen seit 1977 weltweit im Steigen
begriffen. In den USA wurden 1983 14,1,
518
1986 10,9 und 1987 13,3 Fälle pro 100.000
Einwohner gemeldet. Die meisten primären und sekundären Syphilisfälle treten
bei den sexuell aktiven 10 – 30jährigen
auf. Die hohe Prävalenz unter homosexuellen Männern, die Ende der siebziger
und Anfang der achtziger Jahre beobachtet wurde, ist seit 1983 rückläufig. Die
Häufigkeit mütterlicher Syphilisinfektionen liegt in Deutschland bei 0,4 % und
die der kongenitalen Syphilisinfektionen
bei 0,1 pro 1000 Lebendgeborenen.
Endemische Treponematosen: Die Frambösie ist eine Erkrankung der feuchten
Tropengebiete der Welt. Die Pinta ist auf
Teile Lateinamerikas und die Karibik beschränkt. Die endemische Syphilis
kommt in kühleren, trockeneren Klimagebieten der Erde mit Ausnahme Amerikas vor. Die einst in den Tropen und Subtropen weit verbreiteten endemischen
Treponematosen wurden durch die Massenbehandlungskampagnen mit Penicillin in ihrer Inzidenz erheblich reduziert
und in manchen Regionen sogar eradiziert. Sie kommen aber immer noch in
entlegenen ländlichen Gemeinden, die
unter schlechten Hygienebedingungen leben, vor.
Prävention
Venerische Syphilis: Die Maßnahmen
zur Prävention der Syphilis sind auf alle
sexuell übertragbaren Erkrankungen anwendbar:
> allgemeine Gesundheits- und Sexualerziehung
> Durchführung der Syphilis-Serologie
bei allen Fällen sexuell übertragbarer
Erkrankungen
> Durchführung der Syphilis-Serologie
bei Schwangeren
> Überwachung sexuell übertragbarer
Erkrankungen bei Prostituierten
> Anwendung von Kondomen bei sexuellen Kontakten mit Risikopersonen
> Beachtung der Meldepflicht nach dem
Gesetz zur Verhütung von Geschlechtskrankheiten sowie nach §3 BSG für die
kongenitale Syphilis
Trichinella spiralis
Endemische Treponematosen: Die präventiven Maßnahmen richten sich in erster Linie auf die Verbesserung der sozioökonomischen und hygienischen Lebensbedingungen der betroffenen Bevölkerung:
> Gesundheitserziehung über Treponematosen
> Verbesserung der Hygienebedingungen, Erziehung zum Gebrauch von
Wasser und Seife
> Verbesserung der sozialen und ökonomischen Bedingungen
> systematische Untersuchung der gesamten Bevölkerung einer erkannten
endemischen Region
> Penicillin-Behandlung diagnostizierter
Fälle
> periodische Überwachung endemischer Populationen in geeigneten zeitlichen Abständen
> Bereitstellung von Ausrüstung und
Einrichtung für die Frühdiagnose und
Behandlung
Schlüsselliteratur
1. Benenson, A.S. (Hrsg.), Control of Communicable Diseases in Man, 15th ed. (1990),
American Public Health Association, Washington
2. Enders G., Infektionen und Impfungen in
der Schwangerschaft (1988), Urban und
Schwarzenberg, München
3. Moodie, P.M., Yaws, Pinta and Bejel,
S. 1361 – 1369 In: Braude, A.I., Davis, C.E.
und Fierer, J. (Hrsg.), Infectious Diseases
and Medical Microbiology (1986), 2nd ed.,
W.B. Saunders, Philadelphia
4. Norris, S.J., Larsen, S.A., Treponema and
other host-associated spirochetes, S. 636 – 651 In: Murray, P.A., Baron, E.J. et al.
(Hrsg.), Manual of Clinical Microbiology
(1995), 6th ed. ASM Press, Washington
Trichinella spiralis
Peter Kimmig, Stuttgart
Erregerbezeichnung
Trichinella spiralis, Trichine
Morphologie
Adulte Fadenwürmer ohne auffallende
äußere Merkmale. Größe der Männchen
1,2 × 0,06 mm, Größe der Weibchen
2,2 × 0,09 mm. Charakteristisch aufgerollte Muskellarven von 0,8 – 1mm
Länge.
Taxonomie
Klasse Nematoda, Familie Trichinellidae,
Gattung Trichinella
Historie
Eingekapselte Muskellarven wurden erstmals gesehen von Peacock (1828) Hilton
(1833) und Paget (1835). Erste regelrechte
Beschreibung und Namensgebung durch
Owen (1835). Darstelllung des Infektionskreislaufs 1859 durch Leuckart und Virchow. 1860 autoptischer Nachweis eines
klinischen Falls von Trichinellose durch
Zenker.
Erkrankungen/Register
Die in das Zylinderepithel der Mucosa
eindringenden und sich hier zu Adulten
entwickelnden Larven verursachen eosinophile Infiltrationen der Darmschleimhaut mit Hämorrhagien. Das wesentliche
pathogene Agens stellen jedoch die über
die Lymph-und Blutbahn in die Muskulatur aber auch andere Gewebe eindringenden Larven dar, die ab dem 7. Tag p.i. von
den Weibchen abgegeben werden. Sie
verursachen vorzugsweise eine generalisierte Myositis mit neutrophilen/eosinophilen Infiltrationen, begleitet von allgemeinen allergischen Reaktionen; bei
schweren Infektionen treten auch lebensbedrohende Myokarditiden sowie Meningoenzephalitiden auf, die als Reaktion
auf Abbauprodukte toter Larven interpretiert werden. Mit Einkapselung der
519
T
Trichinella spiralis
Larven in der Muskulatur heilt die Infektion i.d.R. aus.
Diagnostik/Symptome
Die Diagnostik einer Trichineninfektion
erfolgt in erster Linie auf serologischem
Wege. Wegen Fehlens spezifischer Antigene ist eine Diagnose nur zusammen
mit dem klinischen Bild und der Anamnese (Verzehr von rohem Fleisch) möglich. Typisch ist eine Bluteosinophilie, die
sich ab dem 12. Tag p.i. entwickelt. Der
mikroskopische Larvennachweis in einer
Muskelbiopsie ist obsolet.
Die Symptomatik einer Trichinellose ist
abhängig von der Phase der Infektion.
Die intestinale Phase kann einer lebensmittelbedingten Gastroenteritis ähneln
und äußert sich in Übelkeit, Diarrhoe
und Abdominalschmerzen. In der Phase
der Muskelinvasion ab 7. Tag p.i. treten
typischerweise rheumartige Myalgien
auf, begleitet von allgemeinem Unwohlsein, Kopfschmerzen, Fieber, sowie periorbitalen Gesichtsödemen, urtikariellen
und makulopapulösen Exanthemen. Myokarditiden und Enzephalitiden, die u. U.
tödlich verlaufen, treten i.d.R. 4 – 8 Wochen p.i. auf.
einer Gesamtmenge von ca 1000 Larven.
Über Lymph-und Blutstrom gelangen
diese in die quergestreifte Muskulatur,
wo sie durch eine spezielle Gewebsreaktion mit einer Kapsel umgeben werden,
in der die Larven über Jahre (Nach Lit.
Angabe bis zu 31 Jahren) vital und infektionsfähig bleiben. Außerhalb des Muskelgewebes werden die Larven durch eine
Granulombildung abgetötet. Mit dem
Verzehr des rohen Fleischs eines derart
infizierten Tieres durch Mensch oder Tier
schließt sich der Infektionskreislauf.
Transmission
Die Infektion erfolgt durch Verzehr von
rohem oder ungenügend erhitztem
Fleisch am häufigsten von Schweinen,
bes. Wildschweinen, seltener von Carnivoren (Bär).
Wirtsbereich
Prinzipiell können Trichinen alle Arten
von Säugetieren infizieren. Unter natürlichen Umständen sind sie in erster Linie
bei Carnivoren (Caniden, Feliden, Bären,
Robben u. a.) sowie Allesfressern wie
Schweinen und Nagern (Ratten) verbreitet. Auch beim Menschen entwickeln sich
infektionsfähige Muskellarven.
Therapie
Tiabendazol, sowie Mebendazol und Albendazol wirken gegen Darmtrichinen,
die Diagnose wird jedoch selten in der
frühen Phase gestellt. Gegen Muskeltrichinen in Kombination mit Corticosteroiden soll sich Mebendazol in einigen Fällen gleichfalls als wirksam erwiesen haben, i.d.R. besteht die Therapie in dieser
Phase jedoch nur aus symptomatischen
Maßnahmen.
Risikogruppen
Prinzipiell gefährdet sind alle Personen
in Endemiegebieten, die ungenügend erhitztes Fleisch von infizierten Tieren verzehren. In Deutschland traten Trichineninfektionen durch Verzehr von Wildschweinwurst nach Schwarzschlachtungen auf, in den USA kommt es immer
wieder zu Infektionen auch über kommerziell erhältliches Schweinefleisch.
Spezifische Merkmale
Bei Aufnahme von rohem Trichinen-haltigem Fleisch werden unter Wirkung der
Verdauungsenzyme die Larven frei, die
sich im oberen Dünndarm im Epithel
und der Lamina propria der Mucosa einnisten. Nach Durchlaufen von 4 Häutungen erreichen sie nach 30 Stunden das
Adultstadium, 5 Tage später beginnt das
Weibchen mit der Produktion und Abgabe lebender Larven für 5 – 10 Tage, bis zu
Epidemiologie
Bei der Trichineninfektion handelt es
sich um eine weltweit vorkommende
Säugetier-Zoonose, die wegen des Fehlens freier Parasiten-Stadien unabhängig
von klimatischen Bedingungen ist. Infektionen finden hauptsächlich über 3 Zyklen statt: Schwein – Schwein, Ratte – Ratte, sylvatische Zyklen über Carnivoren
und Omnivoren. Schwerpunkte von humanen Infektionen finden sich in Nord-
520
Trichomonaden
und Mittelamerika, Argentinien, Ostafrika und Südostasien.
Prävention
Kein Verzehr von ungenügend erhitztem
(unter ca 60 Grad C) Schweinefleisch in
endemischen Gebieten, bzw. von Wildschweinfleisch aus Schwarzschlachtungen. Räuchern, Pökeln, Trocknen sind
keine ausreichend wirksamen Maßnahmen zu Larvenabtötung, dagegen Tiefgefrieren für 20 Tage.
Referenzzentren
Offizielle Referenzzentren existieren
nicht; als fachlich qualifiziert anzusehen
sind sämtliche parasitologischen und
tropenmedizinischen Institutionen.
Schlüsselliteratur
Lang, W. Hrsg.: Tropenmedizin in Klinik und
Praxis, 2. Aufl. Georg Thieme Verlag Stuttgart, N.Y., 1996.
Mehlhorn, H., D. Eichenlaub, T. Löscher, W. Peters: Diagnostik und Therapie der Parasitosen des Menschen, 2. Aufl. Gustav Fischer
Verlag Stuttgart, Jena, N.Y. 1995.
Beaver, P.C., R.C. Jung, E.W. Cupp: Clinical Parasitology, 9th edition, Lea & Febiger, Philadelphia 1984.
Despommier, D.D., R. Gwadz, P.J. Hotez: Parasitic diseases, Springer Verlag, N.Y., Heidelberg, Berlin, 1982.
Trichobilharzia (siehe Zerkariendermatitis
Trichomonaden
Tania M. Welzel und
Gholamreza Darai, Heidelberg
Erregerbezeichnung
Trichomonas vaginalis
Morphologie
Trichomonas vaginalis ist ein spitzovales
Protozoon mit einer Länge von 10 – 40
? m . Der Zellkern und der Parabasalap-
parat sind am vorderen Pol gelegen. Vom
Parabasalapparat gehen fünf Geißeln aus,
von denen vier nach vorne, eine nach
hinten gerichtet sind. Die hintere Geißel
begleitet eine etwas über die Körpermitte
hinausgehende undulierende Membran.
Am Hinterende des Flagellaten tritt der
Achsenstab ( Axostyl) als freie Spitze hervor. Die Vermehrung erfolgt durch longitudinale Zweiteilung.
Taxonomie
Trichomonas vaginalis gehört zu den
Protozoen.
Klasse: Mastigophora: Geißeltierchen
(Flagellaten).
Ordnung: Trichomonadida.
Gattung: Trichomonas.
Art: Trichomonas vaginalis
Historie
Erkrankungen/Register
Trichomonas vaginalis befällt bei Frauen
vor allem die Vaginalschleimhaut, in der
es nach einer Inkubationszeit von 2 – 21
Tagen zu einer Trichomonaden -Vaginitis
kommen kann. Diese geht mit starkem
Juckreiz der Vulva und vermehrtem gelben, purulentem, dünnflüssigen, homogenen Fluor bei pH Werten G 5 einher.
Das Vaginal- und Vulvaepithel ist deutlich gerötet, bei der Hälfte der Patientinnen sind an der Zervix Petechien sichtbar
(„Erdbeerzervix“). Bei 60 – 85 % der
Frauen tritt der Erreger auch in die
Harnröhre ein und kann dort eine Entzündung hervorrufen.
Seltener sind Beteiligung von Harnblase
und Uterus. Beim Mann verläuft die Infektion zumeist asymptomatisch , kann aber
auch zu Urethritis und Prostatitis führen.
Diagnostik
Die direkte mikroskopische Untersuchung von Vaginal-oder Urethrasekret
nach Zugabe von Kochsalzlösung ist sicherlich der schnellste Parasitennachweis. Es sollte vor allem auf die taumelnde Bewegung von Trichomonas vaginalis
geachtet werden, da ansonsten leicht eine
Verwechslung mit Leukocyten möglich
ist. Ein kultureller Nachweis in flüssigen
Spezialnährmedien eignet sich vor allem
521
T
Trichophyton concentricum
bei asymptomatisch verlaufenden Infektionen. Bei Männern muß eine Kultur aus
Morgenurinsediment oder einem Urethraabstrich, der vor dem Wasserlassen
durchgeführt wird, angelegt werden.
Therapie
Nitroimidazolpräparate ( z. B. Metronidazol 2 g p.o. (Einzeldosis) Metronidazol
500 mg p.o. zweimal/d über 7 Tage ) sind
oral und bei der Frau zusätzlich vaginal
anwendbar. Während der Schwangerschaft dürfen sie nicht eingesetzt werden.
Da die Erkrankung durch sexuelle Kontakte übertragen wird, sollte, um eine
Reinfektion zu vermeiden, in jedem Fall
auch der Partner mitbehandelt werden,
auch wenn dieser asymptomatisch bleibt.
Spezifische Merkmale
Transmission
Die Übertragung erfolgt von Mensch zu
Mensch beim Geschlechtsverkehr. Trichomonaden sind nicht sehr umweltresistent, eine Übertragung über Badewäsche, Handtücher, Toilettensitze oder
das Wasser in Schwimmbädern konnte
bisher nicht eindeutig bewiesen werden.
Wirtsbereich
Reservoir für Trichomonas vaginalis ist
nur der Mensch.
Trichophyton concentricum
Renate Blaschke-Hellmessen, Dresden
Erregerbezeichnung
Trichophyton concentricum Blanchard,
1896 (Fadenpilz, anthropophiler Dermatophyt)
Morphologie
Extrem langsames Wachstum mit Neigung zu submersen Myzelien, das durch
höhere Temperaturen (bis 37 °C) nicht
beschleunigt wird.
522
Kolonie: Oberseite: Unscheinbare glabröse, weiße bis graubraune Kolonie mit
unregelmäßiger Oberfläche, später gelblich mit Flaum aus Lufthyphen. Unterseite: Gelblich, Farbstoff diffundiert nicht in
den Nährboden.
Mikromorphologie der Kulturform: Typisch sind die unterschiedlich breiten, dichotom verzweigten Hyphen. Viele Chlamydosporen, die oft hintereinander liegen. Mikrokonidien werden gelegentlich
auf Reiskörnern gebildet. Makrokonidien
treten sehr selten auf.
Taxonomie
Klasse: Hyphomycetes
Familie: Moniliaceae
Gattung: Trichophyton.
Eine perfekte Form von T. concentricum
ist unbekannt.
Historie
Als Synonyme gelten Trichophyton mansoni Castellani, 1905, Endodermophyton
concentricum Castellani, 1910 u. a.
Erkrankungen/Register
T. concentricum befällt die glatte Haut,
vorzugsweise den Stamm, die Extremitäten und das Gesicht, gelegentlich auch die
Nägel, jedoch nicht die Fußsohlen und
den behaarten Kopf. Klinisches Bild: Tinea corporis als Tinea imbricata (Tokelau) ausgeprägt: Konzentrische Ringe
überlappender schuppender Herde breiten sich über den Körper aus. Die Haare
werden nicht befallen.
Diagnostik/Symptome
Die mykologische Diagnostik erfolgt
durch den mikroskopischen und kulturellen Pilznachweis.
Mikroskopische Untersuchung: In den
Hautschuppen finden sich reichlich septierte Hyphen. Die Haare sind ohne Pilzbefall.
Kulturelle Anzüchtung auf speziellen festen Nährböden innerhalb von 3 Wochen
bei 22 – 30 °C. Thiamin stimuliert das
Wachstum. Differenzierung von T. con-
Trichophyton equinum
centricum anhand der Kolonieform und
der Mikromorphologie (s.o.).
Differentialdiagnose: Abgrenzung gegenüber Trichophyton schoenleinii und
Trichophyton verrucosum.
Therapie
Interne Therapie mit Griseofulvin, Itraconazol, Fluconazol oder Terbinafin.
Spezifische Merkmale
Charakteristisch ist das durch T. concentricum ausgelöste Krankheitsbild der Tinea imbricata mit konzentrischen Schuppenringen, wovon die Speziesbezeichnung „concentricum“ abgeleitet ist.
Transmission
Exogene Infektion. Klimatische Faktoren
(hohe Luftfeuchtigkeit bei hohen Temperaturen) begünstigen die Verbreitung von
T. concentricum von Mensch zu Mensch
durch direkte und indirekte Übertragung.
Wirtsbereich
T. concentricum ist ein anthropophiler
Dermatophyt. Einziger Wirt ist der
Mensch, Infektionen bei Tieren nicht beobachtet.
Schlüsselliteratur
1. De Hoog GS, Guarro J. 1995. Atlas of clinical fungi. Centraalbureau voor Schimmelcultures, Baarn, The Netherlands.
2. Kwon-Chung KJ, Bennett JE. 1992. Medical
Mycology, 2nd ed. Chapter 6: Dermatophytoses, pp. 105 – 161. Lea & Febiger, Philadelphia, London.
Trichophyton equinum
Renate Blaschke-Hellmessen, Dresden
Erregerbezeichnung
Trichophyton equinum (Matruchot et
Dassonville) Gedoelst, 1902 (Fadenpilz,
zoophiler Dermatophyt)
Morphologie
Kolonie: Oberseite: Samtig, flaumig oder
pudrig mit lockerer Radiärfaltung, weiß.
Gelbes Pigment diffundiert in die Umgebung der Kolonie. Unterseite: Anfangs
leuchtend gelb, bei älteren Kulturen in
tief rotbraun übergehend.
Risikogruppen
Menschen in Endemiegebieten mit
feuchtwarmen Klima. Es scheint eine
erbliche Disposition für Infektionen mit
T. concentricum zu geben.
Mikromorphologie der Kulturform:
Ovale bis birnenförmige Mikrokonidien
an schmalen Hyphen lateral angeordnet
stets vorhanden. Keulenförmige Makrokonidien mit dünner glatter Zellwand
vereinzelt auf Kartoffel-Glucose-Agar.
Chlamydosporen in älteren Kulturen.
Epidemiologie
Tinea imbricata kommt in feuchtwarmen
Klimazonen vor. Endemiegebiete gibt es
im südpazifischen Inselarchipel (daher
stammt die Bezeichnung „Tokelau“), in
Sri Lanka, Südchina, Südindien, Südamerika (Matto-Grosso-Central-Plateau) und
in Mittelamerika.
Taxonomie
Klasse: Hyphomycetes
Familie: Moniliaceae
Gattung: Trichophyton.
Eine perfekte Form von T. equinum ist
unbekannt.
Prävention
Antimykotische Behandlung der an Tinea
imbricata erkrankten Patienten; effektives Hygieneregime.
Referenzzentren
Keine.
Historie
T. equinum wurde 1898 entdeckt. Einige
Autoren hielten es für identisch mit Trichophyton mentagrophytes. Erst 1957
Anerkennung als valide Spezies. T. equinum ist nicht identisch mit Microsporum
equinum Guéguen, 1904.
523
T
Trichophyton megninii
Erkrankungen/Register
Kontaktinfektionen bei Pferdepflegern
mit Rundherden bevorzugt im Nackenbereich. Klinische Bilder beim Menschen:
Tinea capitis, T. barbae und T. corporis.
Beim Pferd: Ovale bis irregulär geformte
Herde am Kopf, Nacken und Rumpf mit
Haarausfall, feiner Schuppung und Krustenbildung. Keine Fluoreszenz der infizierten Haare im Woodlicht bei 365 nm.
Diagnostik/Symptome
Die mykologische Diagnostik erfolgt
durch den mikroskopischen und kulturellen Pilznachweis.
Mikroskopische Untersuchung: Endoektotricher Haarbefall mit großzelligen
Arthrosporen (im Gegensatz zu kleinzelligen Sporen bei Tinea capitis microsporica). In den feinlamellösen Hautschuppen reichlich Hyphen und Arthrosporen.
Kulturelle Anzüchtung auf festen Nährböden mit Zusatz von Nikotinsäure innerhalb von 2 Wochen bei 22 – 30 °C. Kein
Wachstum auf vitaminfreien Medien.
Differenzierung von T. equinum anhand der Kolonieform und Mikromorphologie (s.o.).
Differentialdiagnose: T. equinum ist T.
mentagrophytes sehr ähnlich. Abgrenzung
über die Nikotinsäurebedürftigkeit, die
nur bei T. equinum vorliegt. Ferner Abgrenzung von Trichophyton tonsurans.
Therapie
Lokalbehandlung mit Azolderivaten. Interne Therapie mit Griseofulvin, Itraconazol, Fluconazol, Ketoconazol oder Terbinafin.
Wirtsbereich
T. equinum ist ein zoophiler Dermatophyt. Hauptwirt und Infektionsquelle ist
das Pferd. Infektionen bei anderen Tieren
wurden bisher nicht beobachtet. Auch
der Mensch ist selten betroffen.
Risikogruppen
Personen mit engem Kontakt zu Pferden
(Reiter, Pferdehalter), ferner junge Pferde.
Epidemiologie
T. equinum kommt entsprechend der
Verbreitung des Pferdes weltweit in allen
Kontinenten vor. Dabei sind epizootische
Ausbrüche in Pferde- und Ponnyherden
möglich.
Prävention
Verringerung des Infektionsrisikos des
Menschen durch Behandlung erkrankter
Pferde.
Referenzzentren
Keine.
Schlüsselliteratur
1. De Hoog GS, Guarro J. 1995. Atlas of clinical fungi. Centraalbureau voor Schimmelcultures, Baarn, The Netherlands.
2. Kwon-Chung KJ, Bennett JE. 1992. Medical
Mycology, 2nd ed. Chapter 6: Dermatophytoses, pp. 105 – 161. Lea & Febiger, Philadelphia, London.
Trichophyton megninii
Renate Blaschke-Hellmessen, Dresden
Spezifische Merkmale
T. equinum ist in seinem parasitären Verhalten hochspezialisiert auf das Pferd.
Erregerbezeichnung
Trichophyton megninii Blanchard, 1896
(Fadenpilz, anthropophiler Dermatophyt)
Transmission
Exogene Infektion. Die Übertragung findet immer vom Pferd auf den Menschen
statt, jedoch relativ selten.
Morphologie
T. megninii benötigt eine lange Wachstumszeit (etwa 30 Tage) bis zur typisch
ausgereiften Kolonie.
524
Trichophyton megninii
Kolonie: Oberseite: Anfangs rein weiß,
samtig oder flauschig mit flacher Radiärfaltung, später blaßrosa bis rot mit violettem Farbton. Manche Isolate bilden glabröse Kolonien. Unterseite: Blutrot, kräftiger gefärbt als die Oberseite. Das Pigment diffundiert nicht in den Agar (im
Gegensatz zu T. rubrum und T. gallinae).
Mikromorphologie der Kulturform: Typisch sind längliche Mikrokonidien und
lange schmale, dünn- und glattwandige
Makrokonidien in geringer Anzahl oder
fehlend sowie langgestreckte Arthrosporen.
Taxonomie
Klasse: Hyphomycetes
Familie: Moniliaceae
Gattung: Trichophyton.
Ein perfektes Stadium von T. megninii ist
unbekannt.
Historie
Als Synonyme gelten Trichophyton roseum Sabouraud apud Bodin, 1902 und
Trichophyton rosaceum Sabouraud, 1909.
Erkrankungen/Register
Klinische Bilder: Tinea barbae (Rundherde im Bartbereich) häufiger als T. capitis
und T. corporis, sehr selten T. unguium.
Die Haarinvasion erfolgt endo-ektotrich.
Diagnostik/Symptome
Die mykologische Diagnostik basiert auf
dem mikroskopischen und kulturellen
Pilznachweis.
Mikroskopische Untersuchung: In Hautschuppen und Haaren bildet T. megninii
lediglich Hyphen, die in Fragmente zerfallen.
Kulturelle Anzüchtung auf festen Nährböden, die l-Histidin enthalten, das essentiell für das Wachstum von T. megninii ist.
Differentialdiagnose:
Abgrenzung von Trichophyton rubrum
und Trichophyton gallinae.
Therapie
Interne Therapie mit Griseofulvin, Itraconazol, Fluconazol oder Terbinafin.
Transmission
Exogene Infektion. Hauptsächlich von
Mensch zu Mensch direkt oder indirekt
übertragen.
Wirtsbereich
T. megninii ist ein anthropophiler Dermatophyt. Hauptwirt ist der Mensch. Infektionen bei Tieren selten, vermutlich
vom Menschen stammend.
Risikogruppen
Bevorzugt werden Männer von T. megninii befallen (Tinea barbae).
Epidemiologie
T. megninii tritt besonders auf dem europäischen Kontinent (Deutschland, England, Frankreich und sehr häufig in Portugal) sowie in Nordafrika auf, selten in
den U.S.A. und in Canada.
Prävention
Antimykotische Behandlung der Mykosen und effektives Hygieneregime.
Referenzzentren
Keine.
Schlüsselliteratur
1. De Hoog GS, Guarro J. 1995. Atlas of clinical fungi. Centraalbureau voor Schimmelcultures, Baarn, The Netherlands.
2. Kwon-Chung KJ, Bennett JE. 1992. Medical
Mycology, 2nd ed. Chapter 6: Dermatophytoses, pp. 105 – 161. Lea & Febiger, Philadelphia, London.
Differenzierung von T. megninii anhand der Kolonieform, der l-Histidinbedürftigkeit und Mikromorphologie (s.o.).
525
T
Trichophyton mentagrophytes
Trichophyton mentagrophytes
Renate Blaschke-Hellmessen, Dresden
Erregerbezeichnung
Trichophyton mentagrophytes (Robin)
Blanchard, 1896 (Fadenpilz, Dermatophyt). Anthropophile Varietäten: T. mentagrophytes var. gypseum und var. interdigitale. Zoophile Varietäten: T. mentagrophytes var. mentagrophytes (Synonyme: var. asteroides, var. granulosum), var.
erinacei und var. quinckeanum.
Morphologie
T. mentagrophytes var. gypseum: Kolonie: Oberseite: Feinkörnig, pudrig, weiß
bis cremefarben. Unterseite: Braun, meist
ohne Pigment.
Mikromorphologie der Kulturform: Mikrokonidien rund bis birnenförmig, oft
in Trauben angeordnet, viele bis sehr viele. Makrokonidien dünn- und glattwandig, zigarrenförmig, in unterschiedlicher
Anzahl oder fehlend. Spiralhyphen vorhanden.
T. mentagrophytes var. interdigitale: Kolonie: Oberseite: Flauschig, weiß. Unterseite: Gelbbraun, meist ohne Pigment.
Mikromorphologie der Kulturform: Mikrokonidien länglich bis birnenförmig in
geringer Anzahl. Makrokonidien werden
nicht gebildet. Spiralhyphen vorhanden.
T. mentagrophytes var. mentagrophytes
(var. granulosum, var. asteroides): Kolonie: Oberseite: Granulär mit asteroidem
Randsaum, weiß bis cremefarben. Unterseite: Braun, mitunter rötlich.
Mikromorphologie der Kulturform: Mikrokonidien rund bis birnenförmig, in
Trauben angeordnet, zahlreich. Makrokonidien dünn- und glattwandig, zigarrenförmig, zahlreich. Spiralhyphen vorhanden.
526
T. mentagrophytes var. erinacei: Kolonie: Oberseite: Fein pudrig, flach, weiß
bis cremefarben. Unterseite: Zitronengelb.
Mikromorphologie der Kulturform: Mikrokonidien länglich, Makrokonidien
dünn- und glattwandig, irregulär in
Form und Größe. Spiralhyphen fehlen.
T. mentagrophytes var. quinckeanum:
Kolonie: Oberseite: samtig bis pudrig,
mehr oder weniger gefaltet, ausgefranster
Randsaum, weiß bis grau, schwach rötlich oder gelblich. Unterseite: Rot.
Mikromorphologie der Kulturform: Mikrokonidien rundlich bis birnenförmig,
zahlreich. Makrokonidien dünn- und
glattwandig, langgestreckt bis spindelförmig. Spiralhyphen vorhanden.
Taxonomie
Klasse: Hyphomycetes
Familie: Moniliaceae
Gattung: Trichophyton.
Für die zoophilen Varietäten sind perfekte Formen (Ascomyzeten) der Gattung Arthroderma bekannt.
Historie
T. mentagrophytes wurde 1853 von Robin
als Microsporum mentagrophytes, 1896
von Blanchard als Achorion quinckeanum, 1917 von Priestley als Trichophyton
interdigitale und 1922 von Ota als Trichophyton Kaufmann-Wolf beschrieben.
Erkrankungen/Register
Befall aller Regionen der Körperoberfläche einschließlich der Haare und Nägel.
Eintrittspforte für Pilze: Epidermis und
Haare. Ektotricher Haarbefall. Lediglich
die Varietät interdigitale zeigt keine
Haarinvasion.
Klinische Bilder beim Menschen: Varietäten gypseum und interdigitale: Tinea
pedis, T. manum, T. corporis, T. cruris, T.
unguium. Varietät mentagrophytes: Tinea pedis, T. manus, T. corporis, T. perigenitalis, T. barbae, T. capitis und T. unguium. Varietät erinacei: Tinea corporis
Trichophyton mentagrophytes
und T. barbae. Varietät quinckeanum: Tinea capitis, T. barbae, T. corporis, selten
T. cruris und T. unguium. Favus ähnliche
Scutula bei Mäusen („Mäusefavus“). Keine Fluoreszenz der infizierten Haare im
Woodlicht bei 365 nm bei Trichophyton
mentagrophytes.
Diagnostik/Symptome
Die mykologische Diagnostik erfolgt
durch den mikroskopischen und kulturellen Pilznachweis.
Mikroskopische Untersuchung
von
Haut-, Nagel- und Haarpartikeln im
KOH-Deckglaspräparat. Nachweis von
septierten Hyphen und Arthrosporen
(Gewebeform der Dermatophyten).
Kulturelle Anzüchtung auf speziellen festen Nährböden innerhalb von 2 bis 3
Wochen bei 22 – 30 °C.
Differenzierung von T. mentagrophytes
nach makro- und mikromorphologischen Merkmalen (siehe unter ’Morphologie’). Urease wird innerhalb von 5 Tagen gebildet.
Differentialdiagnose: Wichtig ist die Abgrenzung zu Trichophyton rubrum, aber
auch zu T. terrestre (geophiler apathogener Dermatophyt), T. equinum und T. simii.
Therapie
Lokalbehandlung mit Azolderivaten. Interne Therapie mit Griseofulvin, Itraconazol, Fluconazol, Ketoconazol oder Terbinafin.
Spezifische Merkmale
Angaben siehe bei Trichophyton rubrum.
Transmission
Exogene Infektion. Übertragung direkt
über infizierte Haut, Haar- und Nagelpartikel von Mensch zu Mensch oder von
Tieren auf den Menschen (siehe unter
’Wirtsbereich’). Häufig indirekte Übertragung in Wohnungen, Sportanlagen,
Sanitärbereichen und Tierställen.
Wirtsbereich
Die Varietäten von T. mentagrophytes
unterscheiden sich in ihren primären
Wirten: Varietäten gypseum und interdigitale gehen auf den Menschen als Hauptwirt und Infektionsquelle zurück. Die Varietät mentagrophytes verfügt über ein
breites Tierspektrum: Rind, Kaninchen,
Mäuse, Meerschweinchen, Hund, Katze,
Pferd, Schaf, Schwein und Affen. Häufig
Infektionen beim Menschen nach Tierkontakt. Varietät erinacei kommt bei Nagetieren (Igel) vor. Infektionen beim
Menschen selten. Varietät quinckeanum
ist häufig bei Nagetieren (Mäuse, Kaninchen) zu finden, seltener bei Rind, Schaf,
Pferd, Katze, Hund und Fuchs, gelegentlich beim Menschen.
Risikogruppen
Menschen mit besonderer Exposition: Sportler, Bergarbeiter, Bewohner
von Gemeinschaftsquartieren sowie
häuslichen oder beruflichen Tierkontakt.
Menschen mit besonderer Disposition.
Epidemiologie
T. mentagrophytes ist weltweit verbreitet
und in Europa zweithäufigster Erreger
von Dermatophytosen nach T. rubrum.
Die Häufigkeit von Mykosen durch zoophile Varietäten ist regional unterschiedlich: Varietät erinacei kommt in Europa
und Neuseeland, Varietät quinckeanum
in Osteuropa und Australien vor. Als Infektionsquelle sind besonders latent infizierte Tiere gefährlich. Die anthropophilen Varietäten kommen als häufigste Dermatophyten auf Fußböden und Fußmatten in öffentlichen Hallenschwimmbädern vor.
Prävention
Angaben siehe bei Trichophyton rubrum.
Außerdem Fahndung nach mykosekranken Tieren in der Umgebung des Menschen mit dem Ziel einer Behandlung der
Tiere bzw. Sanierung des Stallbereichs.
Referenzzentren
Keine.
527
T
Trichophyton rubrum
Schlüsselliteratur
1. De Hoog GS, Guarro J. 1995. Atlas of clinical fungi. Centraalbureau voor Schimmelcultures, Baarn, The Netherlands.
2. Kwon-Chung KJ, Bennett JE. 1992. Medical
Mycology, 2nd ed. Chapter 6: Dermatophytoses, pp. 105 – 161. Lea & Febiger, Philadelphia, London.
Trichophyton rubrum
Renate Blaschke-Hellmessen, Dresden
Erregerbezeichnung
Trichophyton
rubrum
(Castellani)
Sabouraud, 1911 (Fadenpilz, anthropophiler Dermatophyt)
Morphologie
Kolonie: Oberseite: Flauschig oder flaumig, selten granulär, meist weiß, gelegentlich rötlich. Unterseite: Durch diffundierende Pigmente tiefrot, selten braun,
gelb, orange oder farblos.
Mikromorphologie der Kulturform: Mikrokonidien länglich oder birnenförmig
einzeln angeordnet in unterschiedlicher
Anzahl, mitunter fehlend. Makrokonidien dünn- und glattwandig, zigarrenförmig. Sie treten nur bei granulärem Koloniehabitus auf. Keine Spiralhyphen.
Taxonomie
Klasse: Hyphomycetes
Familie: Moniliaceae
Gattung: Trichophyton.
Perfekte Form von T. rubrum ist unbekannt.
Historie
Beschreibung 1910 durch Castellani und
1911 durch Sabouraud.
Erkrankungen/Register
Infektionen der Haut und Nägel, selten
der Körper-, Bart- und Kopfhaare. Eintrittspforte der Pilze ist die Epidermis.
Klinische Bilder: Tinea pedis, T. manum,
528
T. unguium, selten T. corporis, T. cruris,
T. capitis und T. barbae. Haarinvasion
vom Endothrix- oder EndoektothrixTyp. Keine Fluoreszenz der infizierten
Haare im Woodlicht bei 365 nm.
Diagnostik/Symptome
Die mykologische Diagnostik erfolgt
durch den mikroskopischen und kulturellen Pilznachweis.
Mikroskopische Untersuchung
von
Haut-, Nagel- und Haarpartikeln im
KOH-Deckglaspräparat. Nachweis von
septierten Hyphen und Arthrosporen
(Gewebeform der Dermatophyten).
Kulturelle Anzüchtung auf speziellen festen Nährböden innerhalb von 2 bis 3
Wochen bei 22 – 30 °C.
Differenzierung von T. rubrum anhand
der Kolonieform (diffundierendes rotes
Pigment auf der Unterseite) und der Mikromorphologie (s.o.). Urease wird innerhalb von 5 Tagen nicht gebildet.
Differentialdiagnose: T. rubrum muß
von folgenden Trichophyton-Arten abgegrenzt werden: T. mentagrophytes var. interdigitale, T. gallinae, T. megninii und T.
violaceum.
Therapie
Lokalbehandlung mit Azolderivaten. Interne Therapie mit Griseofulvin, Itraconazol, Fluconazol, Ketoconazol oder Terbinafin.
Spezifische Merkmale
Dermatophyten haben die Fähigkeit, keratinhaltige Gewebe abzubauen.
Pathogenitätsfaktoren: Invasives
Pilzwachstum in Epidermis, Nagelplatte und
Haar sowie Synthese und Sekretion verschiedener Enzyme (alkalische Phosphatase, Keratinasen, Esterasen u. a.).
Transmission
Exogene Infektion. Übertragung direkt
von Mensch zu Mensch über infizierte
Haut-, Nagel- und Haarpartikel; weitaus
Trichophyton schoenleinii
häufiger jedoch indirekt in Wohn- und
Sportbereichen. Tiere werden gelegentlich mit T. rubrum durch den Menschen
infiziert.
Trichophyton schoenleinii
Wirtsbereich
T. rubrum ist ein anthropophiler Dermatophyt. Hauptwirt und Infektionsquelle
ist der Mensch. In wenigen Fällen Nachweis bei Hunden, Katzen, Meerschweinchen, Kaninchen, Rindern, Schafen und
Affen.
Erregerbezeichnung
Trichophyton schoenleinii (Lebert) Langeron et Milochevitch, 1930 (Fadenpilz,
anthropophiler Dermatophyt)
Risikogruppen
Menschen mit besonderer Exposition:
Sportler, Bergarbeiter, Bewohner von Gemeinschaftsquartieren sowie Menschen
mit besonderer Disposition durch Arterio-, Endokrino-, Lympho- und Phlebopathien.
Epidemiologie
T. rubrum ist weltweit verbreitet und in
Europa häufigster Erreger von Dermatophytosen. Deutlicher Anstieg der Häufigkeit von Tinea pedis parallel zur Erweiterung der öffentlichen Bademöglichkeiten
und Zunahme der Benutzerzahlen.
30 – 40 % der europäischen Bevölkerung
leidet an einer Fußmykose, 3 – 15 % an
einer Nagelmykose.
Prävention
Präventionsmöglichkeiten: Verringerung des Infektionsrisikos durch antimykotische Behandlung von Fuß-, Handund Nagelmykosen und Einhaltung eines
persönlichen Hygieneregimes. Regelmäßige Desinfektions- und Reinigungsmaßnahmen in gemeinschaftlich genutzten
Bereichen (z. B. Schwimmbädern).
Renate Blaschke-Hellmessen, Dresden
Morphologie
Charakteristisch ist das langsame Wachstum der Kolonien.
Kolonie: Oberseite: Feucht (glabrös),tiefgefurcht, von wachsähnlicher Konsistenz.
Der radiär gefaltete Kolonierand ist fest
mit dem Agar verbunden. Gelblich-grau;
ältere Kulturen mit kurzem weißem Luftmyzel. Unterseite: Gelblich-grau bis farblos.
Mikromorphologie der Kulturform: Hyphen irregulär, septiert. Typisch sind
„Kronleuchter-Hyphen“, dichotom verzweigte Hyphenenden sowie zahlreiche
terminale und interkalare Chlamydosporen. Mikrokonidien sind selten. Sie bilden sich auf Reiskörnern. Makrokonidien
werden äußerst selten gesehen. Sie sind
glattwandig und von irregulärer Form.
Taxonomie
Klasse: Hyphomycetes
Familie: Moniliaceae
Gattung: Trichophyton.
Ein perfektes Stadium von T. schoenleinii
ist bisher unbekannt.
Schlüsselliteratur
Historie
1839 hatte Schönlein als Ursache des Favus erstmals einen Pilz erkannt, der 1839
von Lebert als Oidium schoenleinii und
1845 von Remak als Achorion schoenleinii beschrieben wurde.
1. De Hoog GS, Guarro J. 1995. Atlas of clinical fungi. Centraalbureau voor Schimmelcultures, Baarn, The Netherlands.
2. Kwon-Chung KJ, Bennett JE. 1992. Medical
Mycology, 2nd ed. Chapter 6: Dermatophytoses, pp. 105 – 161. Lea & Febiger, Philadelphia, London.
Erkrankungen/Register
T. schoenleinii ist der Erreger des Favus
(Tinea capitis favosa), gekennzeichnet
durch die Bildung gelber schildförmiger
grindiger Herde (Scutula) vorwiegend
auf der Kopfhaut mit Haarbefall und
Referenzzentren
Keine.
529
T
Trichophyton schoenleinii
nachfolgendem bleibendem Haarverlust.
Ein gefürchtetes, häufig familiäres Leiden
(alte Bezeichnung „Erbgrind“). Es besteht die Gefahr der Entwicklung zu einer
schweren generalisierten Infektion. Klinische Bilder: Tinea capitis favosa, T. corporis.
Diagnostik/Symptome
Die mykologische Diagnostik erfolgt
durch den mikroskopischen und kulturellen Pilznachweis.
Mikroskopische Untersuchung im NativDeckglaspräparat: Im Haarschaft fallen
die Hyphen von T. schoenleinii als dunkle Bänder auf (Hohlraumeffekt). Es werden keine rundlichen Arthrosporen gebildet. Das Haar bricht nicht ab. Im gelben Scutulum befinden sich große Mengen abgerundeter Arthrosporen und kurzer plumper Hyphenfragmente. Die
Haarpapille wird zerstört. Keine Fluoreszenz der infizierten Haare im Woodlicht
bei 365 nm.
Kulturelle Anzüchtung auf speziellen festen Nährböden innerhalb von 2 bis 3
Wochen bei 22 – 30 °C.
Differenzierung von T. schoenleinii anhand der Kolonieform und der Mikromorphologie (s.o.).
Differentialdiagnose: Abgrenzung von
Trichophyton concentricum und Trichophyton verrucosum.
Therapie
Die Tinea capitis favosa zeigt keine Spontanheilungstendenz wie z. B. die Tinea capitis microsporica. Sie verläuft überaus
chronisch. Einen entscheidenden therapeutischen Erfolg hat die orale Anwendung von Griseofulvin und gegenwärtig
von Itraconazol u. Fluconazol gebracht.
Spezifische Merkmale
T. schoenleinii gehört zur faviformen
Gruppe der Dermatophyten. Ihre Vertreter wachsen sehr langsam, bilden wenig
Luftmyzel und selten Mikro- und Makrokonidien.
530
Transmission
Exogene Infektion. Übertragung direkt
von Mensch zu Mensch und indirekt über
Haarpflegeutensilien.
Wirtsbereich
T. schoenleinii ist ein anthropophiler
Dermatophyt. Hauptwirt und Infektionsquelle ist der Mensch. Sporadische Infektionen bei Tieren (Katze, Hund, Rind,
Pferd, Kaninchen, Meerschweinchen)
sind möglich. Sie stammen vermutlich
vom Menschen.
Risikogruppen
Kinder werden bevorzugt befallen. Es
wurden von Generation zu Generation
übertragene Familieninfektionen beobachtet („Erbgrind“).
Epidemiologie
T. schoenleinii war früher weltweit verbreitet. Seine stärkste Verbreitung hat es
heute in der Mittelmeerregion, in Eurasien und Nordafrika. Nur sporadisch
kommt es noch in der westlichen Hemisphäre vor, sehr selten in Mitteleuropa.
Früher gab es Endemiegebiete in
Deutschland, z. B. in der Eifel.
Prävention
Benutzung personengebundener Haarpflegeutensilien, effektives Hygieneregime in Frisiersalons.
Referenzzentren
Keine.
Schlüsselliteratur
1. De Hoog GS, Guarro J. 1995. Atlas of clinical fungi. Centraalbureau voor Schimmelcultures, Baarn, The Netherlands.
2. Kwon-Chung KJ, Bennett JE. 1992. Medical
Mycology, 2nd ed. Chapter 6: Dermatophytoses, pp. 105 – 161. Lea & Febiger, Philadelphia, London.
Trichophyton soudanense
Trichophyton soudanense
Renate Blaschke-Hellmessen, Dresden
Mikroskopische Untersuchung von Haaren und Hautschuppen. In den leicht abbrechenden Haaren aus den diskret
schuppenden Herden befinden sich endotrich wachsende Pilzfäden, die in großzellige Arthrosporen zerfallen.
Erregerbezeichnung
Trichophyton soudanense Joyeux, 1912
(Fadenpilz, anthropophiler Dermatophyt)
Kulturelle Anzüchtung auf speziellen festen Nährböden innerhalb von 2 bis 3
Wochen bei 22 – 30 °C.
Morphologie
Charakteristisch ist die intensive Gelbfärbung der Kolonie bei pH 5,6.
Differenzierung von T. soudanense anhand der Kolonieform und Mikromorphologie (s.o.).
Kolonie: Oberseite: Feucht glänzend,
tiefgefurcht; Rand mit strahlenförmigen
Myzelien, die in den Nährboden wachsen; aprikosengelb, später samtähnlicher
Schleier aus Lufthyphen. Unterseite:
Aprikosengelb bis braun.
Mikromorphologie der Kulturform:
Durch gegenläufiges Wachstum der
Seitenhyphen ergibt sich ein typischer
Verzweigungsmodus der Hyphen. Mikrokonidien werden reichlich auf Reis gebildet, ebenso sog. „Knotenorgane“, Chlamydosporen und Arthrosporen. Makrokonidien werden nicht produziert.
Taxonomie
Klasse: Hyphomycetes
Familie: Moniliaceae
Gattung: Trichophyton.
Ein perfektes Stadium von T. soudanense
ist unbekannt.
Erkrankungen/Register
Bevorzugter Befall des behaarten Kopfes
mit endotricher Haarinvasion. Die Haare
brechen kurz oberhalb des Hautniveaus
ab wie bei Tinea capitis microsporica.
Klinische Bilder: Häufig Tinea capitis
und T. corporis, sporadisch T. pedis und
T. unguium.
Diagnostik/Symptome
Die mykologische Diagnostik erfolgt
durch den mikroskopischen und kulturellen Pilznachweis.
Differentialdiagnose: Abgrenzung
Microsporum ferrugineum.
von
Therapie
Lokalbehandlung mit Azolderivaten. Interne Therapie mit Griseofulvin, Itraconazol, Fluconazol, Ketoconazol oder Terbinafin.
Spezifische Merkmale
Der Pilz neigt zur Bildung von Farbvariationen in Abhängigkeit vom pH-Wert: im
sauren Bereich gelb, im alkalischen (pH
8) zartviolett.
Transmission
Exogene Infektion. Übertragung direkt
und indirekt von Mensch zu Mensch.
Wirtsbereich
T. soudanense ist ein anthropophiler Dermatophyt. Hauptwirt ist der Mensch. Bisher wurden keine Infektionen bei Tieren
beobachtet.
Risikogruppen
Dunkelhäutige Kinder werden bevorzugt
befallen.
Epidemiologie
Der afrikanische Kontinent ist der Standort von T. soudanense mit gehäuftem
Vorkommen in Ghana, Kamerun, Mauretanien, Sudan, Tschad und Zaire. Die in
Deutschland, England, den USA und Brasilien aufgetretenen Einzelfälle waren fast
immer auf Einwanderer zurückzuführen.
531
T
Trichophyton tonsurans
Prävention
Benutzung personengebundener Haarpflegeutensilien, effektives Hygieneregime.
Referenzzentren
Keine.
Schlüsselliteratur
1. De Hoog GS, Guarro J. 1995. Atlas of clinical fungi. Centraalbureau voor Schimmelcultures, Baarn, The Netherlands.
2. Kwon-Chung KJ, Bennett JE. 1992. Medical
Mycology, 2nd ed. Chapter 6: Dermatophytoses, pp. 105 – 161. Lea & Febiger, Philadelphia, London.
Trichophyton tonsurans
Renate Blaschke-Hellmessen, Dresden
Erregerbezeichnung
Trichophyton tonsurans Malmsten, 1845
(Fadenpilz, anthropophiler Dermatophyt). Abgegrenzt wird die Varietät sulphureum.
Morphologie
Das Aussehen der Kulturformen variiert
stark.
Kolonie: Oberseite: Unregelmäßig gefaltete Mitte mit breitem ausgefranstem
Rand, samtig, weiß, cremefarben, bräunlich, rot, purpurfarben oder rosa. Varietät
sulphureum weist eine gelbe Oberseite
auf. Unterseite: Rötlich-braun, gelblich
oder farblos.
Mikromorphologie der Kulturform: Mikrokonidien länglich, lateral an den Hyphen oder in einfacher Traubenform,
zahlreich. Makrokonidien dünn- und
glattwandig, länglich bis spindelförmig,
oft deformiert, selten vorhanden. Viele
terminale und interkalare Chlamydosporen. Spiralhyphen sehr selten.
532
Taxonomie
Klasse: Hyphomycetes
Familie: Moniliaceae
Gattung: Trichophyton.
Eine perfekte Form von T. tonsurans ist
unbekannt.
Historie
T. tonsurans wurde 1890 von Mégnin als
Trichophyton epilans, 1902 von Bodin als
Trichophyton crateriforme und 1910 von
Sabouraud als Trichophyton cerebriforme beschrieben.
Erkrankungen/Register
Bevorzugter Befall des behaarten Kopfes
mit endotricher Haarinvasion. Die Haare
brechen kurz oberhalb des Hautniveaus
ab. Die Herde können stark entzündet
sein. Kerionbildung im Bartbereich älterer Patienten.
Klinische Bilder: Tinea capitis, T. corporis, T. barbae, selten T. pedis und T. unguium. Keine Fluoreszenz der infizierten
Haare im Woodlicht bei 365 nm.
Diagnostik/Symptome
Die mykologische Diagnostik erfolgt
durch den mikroskopischen und kulturellen Pilznachweis.
Mikroskopische Untersuchung
von
Hautschuppen und Haaren. Haare und
Haarfollikel sind stark mit Arthrosporen
angefüllt.
Kulturelle Anzüchtung auf speziellen festen Nährböden innerhalb von 2 bis 3
Wochen bei 22 – 30 °C.
Differenzierung von T. tonsurans anhand der Kolonieform und der Mikromorphologie (s.o.).
Differentialdiagnose: Abgrenzung von
Trichophyton rubrum, T. mentagrophytes und T. equinum.
Therapie
Interne Therapie mit Griseofulvin, Itraconazol, Fluconazol oder Terbinafin.
Trichophyton verrucosum
Spezifische Merkmale
Besondere Affinität zum Haar sowohl des
Capillitiums als auch der Lanugobehaarung.
Transmission
Exogene Infektion. Übertragung direkt
von Mensch zu Mensch, weitaus häufiger
indirekt über Haarpflegeutensilien, Bettzeug, Kleidung und Polstermöbel. Die
brüchigen, mit zahlreichen Sporen angereicherten Haarstümpfe sind eine Infektionsgefahr für die Umgebung und ein
beständiges Pilzreservoir.
Wirtsbereich
T. tonsurans ist ein anthropophiler Dermatophyt. Hauptwirt und Infektionsquelle ist der Mensch. Sporadische Infektionen können bei Pferden auftreten.
Risikogruppen
Erwachsene und Kinder sind von Infektionen mit T. tonsurans gleichermaßen
betroffen.
Epidemiologie
T. tonsurans ist weltweit verbreitet, doch
gibt es bevorzugte geographische Regionen (USA, Lateinamerika, westliches Europa, südpazifisches Inselarchipel).
Prävention
Benutzung personengebundener Haarpflegeutensilien, effektives Hygieneregime in Frisiersalons.
Referenzzentren
Keine.
Schlüsselliteratur
1. De Hoog GS, Guarro J. 1995. Atlas of clinical fungi. Centraalbureau voor Schimmelcultures, Baarn, The Netherlands.
2. Kwon-Chung KJ, Bennett JE. 1992. Medical
Mycology, 2nd ed. Chapter 6: Dermatophytoses, pp. 105 – 161. Lea & Febiger, Philadelphia, London.
Trichophyton verrucosum
Renate Blaschke-Hellmessen, Dresden
Erregerbezeichnung
Trichophyton verrucosum Bodin, 1902
(Fadenpilz, zoophiler Dermatophyt). Unterschieden werden die Varietäten album,
ochraceum und discoides.
Morphologie
Wachstum extrem langsam mit Neigung
zu submersen Myzelien.
Kolonie: Oberseite: Varietät album bildet
kleine knopfartige weiße Kolonien mit
glabröser Oberfläche, Varietät ochraceum
flache ockergelbe und Varietät discoides
scheibenförmige flache grauweiße Kolonien. Unterseite: ohne Pigmentierung.
Mikromorphologie der Kulturform: Sie
ist wenig ausgeprägt. Auf SabouraudGlucose-Agar werden i.R. keine Konidien
entwickelt, jedoch auf Blutagar mit Zusatz von Thiamin und Inosit: längliche
Mikrokonidien und gelegentlich dünnund glattwandige, relativ kleine Makrokonidien. Charakteristisch sind Hyphenenden mit blasigen Anschwellungen oder
geweihartigen Fortsätzen und viele terminale und interkalare Chlamydosporen.
Spiralhyphen fehlen.
Taxonomie
Klasse: Hyphomycetes
Familie: Moniliaceae
Gattung: Trichophyton.
Eine perfekte Form von T. verrucosum ist
unbekannt.
Historie
Erstbeschreibung durch Bodin 1902. Die
von Sabouraud 1908 als Trichophyton album und Trichophyton ochraceum und
1910 als Trichophyton discoides beschriebenen Formen gelten heute als Varietäten von T. verrucosum.
533
T
Trichophyton verrucosum
Erkrankungen/Register
T. verrucosum ist primär der Erreger der
Dermatophytosis profunda des Rindes
(alte Bezeichnungen „Rindertrichophytie, Kälberflechte“). Eintrittspforten für
T. verrucosum beim Menschen sind vor
allem die Haarfollikel des Capillitiums
und des Bartbereichs. Bevorzugt werden
behaarter Kopf, Wangen und Unterarme
befallen. Klinische Bilder beim Menschen: Am häufigsten Tinea corporis
(meist als profunde Manifestatin), ferner
T. barbae und T. capitis, sehr selten T. pedis. Endoektotriche Haarinvasion, Kerion-Bildung möglich. Keine Fluoreszenz
der infizierten Haare im Woodlicht bei
365 nm.
Diagnostik/Symptome
Die mykologische Diagnostik erfolgt
durch den mikroskopischen und kulturellen Pilznachweis.
Mikroskopische Untersuchung
von
Haut- und Haarpartikeln im KOH-Deckglaspräparat. Nachweis von septierten
Hyphen und Arthrosporen (Gewebeform
der Dermatophyten).
Kulturelle Anzüchtung auf speziellen festen Nährböden innerhalb von 3 bis 4
Wochen bei 30 – 37 °C.
Differenzierung von T. verrucosum anhand der Kolonieform und der Mikromorphologie (s.o.).
Differentialdiagnose: Abgrenzung
zu
Trichophyton schoenleinii und Trichophyton concentricum.
Therapie
Interne Therapie mit Griseofulvin, Itraconazol, Fluconazol oder Terbinafin.
Spezifische Merkmale
T. verrucosum gehört zur faviformen
Gruppe der Dermatophyten. Ihre Vertreter wachsen sehr langsam, bilden wenig
Luftmyzel und selten Mikro- und Makrokonidien.
534
Transmission
Exogene Infektion. Übertragung direkt
von erkrankten Rindern auf den Menschen und indirekt im kontaminierten
Stallbereich und der Umgebung der Tiere.
Wirtsbereich
T. verrucosum ist ein zoophiler Dermatophyt. Hauptwirt und Infektionsreservoir
ist das Rind (Kälber ! ). Es können auch
Pferde, Schafe, Schweine, Hunde und
Katzen erkranken.
Risikogruppen
Landbevölkerung (besonders Kinder)
mit Kontakt zu Rindern, Beschäftigte bei
der Kälberaufzucht. Männer erkranken
infolge erhöhter Exposition häufiger als
Frauen.
Epidemiologie
T. verrucosum ist weltweit verbreitet und
häufigster Erreger der Dermatophytosis
profunda der Rinder. Die Häufigkeit von
Infektionen beim Menschen korreliert
mit der Häufigkeit bei Rindern.
Prävention
Die Bekämpfung der Mykosen bei Tieren
stellt zugleich eine prophylaktische Maßnahme für den Menschen dar. Folgende
Maßnahmen haben einen Rückgang der
Dermatophytosis profunda beim Rind
bewirkt: Verbesserung der hygienischen
Aufzuchtbedingungen, Impfung der Kälber mit einer Trichophyton-Lebendvakzine sowie Behandlung erkrankter Tiere
mit Griseofulvin und lokalen Antimykotika.
Referenzzentren
Keine.
Schlüsselliteratur
1. De Hoog GS, Guarro J. 1995. Atlas of clinical fungi. Centraalbureau voor Schimmelcultures, Baarn, The Netherlands.
2. Kwon-Chung KJ, Bennett JE. 1992. Medical
Mycology, 2nd ed. Chapter 6: Dermatophytoses, pp. 105 – 161. Lea & Febiger, Philadelphia, London.
Trichophyton violaceum
Trichophyton violaceum
Renate Blaschke-Hellmessen, Dresden
Erregerbezeichnung
Trichophyton violaceum Sabouraud apud
Bodin, 1902 (Fadenpilz, anthropophiler
Dermatophyt). Abgegrenzt wird die nicht
pigmentierte Varietät glabrum.
Morphologie
Charakteristisch ist das langsame Wachstum der Kolonien. Das Kulturbild ist infolge unterschiedlicher Pigmentierung
heterogen.
Kolonie: Oberseite: Glabrös, wachsig, gefaltet. Typisch ist die dunkelviolette Färbung auf Sabouraud-Glucose-Agar. Abstufungen über rot, rosa bis grau können
auftreten. Die Oberseite der Varietät glabrum ist von kurzen weißen Lufthyphen
bedeckt. Unterseite: Die Färbung entspricht derjenigen der Oberseite. Die Pigmente diffundieren kaum in das Nährmedium.
Mikromorphologie der Kulturform: Sie
ist formenarm. Hyphen irregulär, gedrungen mit zahlreichen dickwandigen
interkalaren Chlamydosporen. Längliche
Mikrokonidien werden nur bei Zusatz
von Thiamin im Nährboden gebildet.
Dünnwandige Makrokonidien von unterschiedlicher Größe und Form sind sehr
selten. Die Varietät glabrum bildet eher
Mikro- und Makrokonidien.
Taxonomie
Klasse: Hyphomycetes
Familie: Moniliaceae
Gattung: Trichophyton.
Ein perfektes Stadium von T. violaceum
ist bisher unbekannt.
Historie
Als Synonyme gelten Trichophyton glabrum Sabouraud 1910 und Achorion violaceum Bloch 1911.
Erkrankungen/Register
T. violaceum vermag nicht nur die Haut
und deren Anhangsgebilde, sondern
auch die Lymphbahnen zu befallen. Aus
der Tendenz zur Chronizität und zum generalisierten Befall der Haut kann – insbesondere bei Abwehrschwäche – eine
Invasion des Lymphsystems resultieren. –
Die Haarpapille kann zerstört werden.
Die Alopecie ist partiell, so daß einige
Haarbüschel stehen bleiben. Klinische
Bilder: Tinea capitis, T. corporis, T. barbae und T. unguium. Endotriche Haarinvasion. Keine Fluoreszenz der infizierten
Haare im Woodlicht bei 365 nm.
Diagnostik/Symptome
Die mykologische Diagnostik erfolgt
durch den mikroskopischen und kulturellen Pilznachweis.
Mikroskopische Untersuchung im Nativ-Deckglaspräparat: Zur Untersuchung
gelangen in erster Linie Haare, die endotrichen Befall mit großzelligen Arthrosporen in kettenförmiger Anordung aufweisen. Gelegentlich können auch im
Aspirat aus Lymphknoten Pilzhyphen
nachgewiesen werden.
Kulturelle Anzüchtung auf speziellen festen Nährböden mit Zusatz von Thiamin
innerhalb von 2 bis 3 Wochen bei
22 – 30 °C.
Differenzierung von T. violaceum anhand der Kolonieform und der Mikromorphologie (s.o.).
Differentialdiagnose: Abgrenzung
Trichophyton yaoundei.
von
Therapie
Lokalbehandlung mit Azolderivaten. Interne Therapie mit Griseofulvin, Itraconazol, Fluconazol, Ketoconazol oder Terbinafin.
Spezifische Merkmale
T. violaceum gehört zur faviformen Gruppe der Dermatophyten. Ihre Vertreter
wachsen sehr langsam, bilden wenig Luftmyzel und selten Mikro- und Makrokonidien.
535
T
Trichosporon
Transmission
Exogene Infektion. Übertragung direkt
von Mensch zu Mensch und indirekt über
Gebrauchsgegenstände.
Wirtsbereich
T. violaceum ist ein anthropophiler Dermatophyt. Hauptwirt und Infektionsquelle ist der Mensch. Sporadische Infektionen bei Tieren (Katze, Hund, Rind, Pferd,
Taube, Maus) sind möglich. Sie stammen
vermutlich vom Menschen.
Risikogruppen
Personen in der Umgebung Erkrankter.
Von Generation zu Generation übertragene Familieninfektionen wurden beobachtet.
Epidemiologie
T. violaceum ist weltweit verbreitet. Es
gibt Endemiegebiete in den Mittelmeerländern und in Brasilien, ferner Vorkommen in Nord- und Zentralafrika, Osteuropa und Südasien, selten in Nordamerika und Westeuropa.
Prävention
Benutzung personengebundener Haarpflegeutensilien, Behandlung der Mykoseherde, effektives Hygieneregime.
Referenzzentren
Keine.
Schlüsselliteratur
1. De Hoog GS, Guarro J. 1995. Atlas of clinical fungi. Centraalbureau voor Schimmelcultures, Baarn, The Netherlands.
2. Kwon-Chung KJ, Bennett JE. 1992. Medical
Mycology, 2nd ed. Chapter 6: Dermatophytoses, pp. 105 – 161. Lea & Febiger, Philadelphia, London.
Trichosporon
Johannes Müller, Emmendingen
Erregerbezeichnung
Trichosporon ovoides, Trichosporon inkin,
Trichosporon asahii, Trichosporon asteroides, Trichosporon cutaneum, Trichosporon
mucoides.
Morphologie
Kultur 37 °C: Kolonien anfangs hefeartig
glatt, später trocken. Mikroskopisch ellipsoidische Hefezellen, meist mit Sprossung. Hyphen reichlich in Arthrokonidien zerfallend. Fähig zur Assimilation
vieler Kohlenhydrate. Keine Fermentation. Urease-positiv. Die sechs Arten unterscheiden sich geringgradig in morphologischen Merkmalen. Sichere Unterscheidbarkeit nur biochemisch.
Taxonomie
Klasse: Heterobasidiomycetes
Ordnung: Filobasidiales
Gattung: Trichosporon.
Trichosporon ovides Behrend (Synonym:
Tr. beigelii auctt.). Trichosporon inkin
(Oho ex Ota) do Carmo-Sousa & van
Uden; Trichosporon asahii Akagi (Synonym: Sarcinosporon inkin); Trichosporon asteroides (Rischin) Guého & M.Th.
Smith; Trichosporon cutaneum (de Beurmann et al.) Ota; Trichosporon mucoides
Guého & M. Th. Smith. Teleomorphe
nicht bekannt.
Historie
Erstbeschreibung der Weißen Piedra
durch H. Beigel 1969. Die hier beschriebenen 6 Arten wurden bis zur Revision
der Gattung Trichosporon 1992 unter den
Arten Tr. beigelii, Tr. cutaneum, Tr. capitatum sowie über 100 weiteren Synonymen geführt.
Erkrankungen/Register
Weiße Piedra, Piedra alba, Trichosporose,
Trichosporonose.
536
Trichosporon
Weiße Piedra: Trichomykose; nur die
Haare, nicht die umgebende Haut, sind
befallen. Der Pilze bildet festhaftende,manschettenartige Knötchen von 1–1,5
mm Durchmesser an den Haaren. Chronisch, gutartig, leicht heilbar. Tr. cutaneum und Tr. asteroides können auch die
Haut befallen. Onychomykosen selten. In
neuerer Zeit wurden tieflokalisierte,
lebensbedrohliche, opportunistische Infektionen an immunkompromittierten
Risikoptienten beschrieben, die hauptsächlich Tr. asahii zugeordnet werden.
Transmission
Infektion aus der Umgebung des Menschen oder von felltragenden Säugetieren. Übertragung von Mensch zu Mensch
durch Schmierinfektion möglich.
Diagnostik/Symptome
Untersuchungsmaterial:Weiße Piedra: Haare. Bei tieflokalisierten Infektionen Untersuchungsmterial je nach Leitsymptomatik
und Lokalisation. Direktmikroskopie:
Sprossende Hefezellen neben echten Hyphen und Arthrokonidien belegen den
Verdacht auf Trichosporonose. Kultur auf
Sabouraud-Glucose-Agar. Differenzierung
nach mikroskopischen und biochemischen
Merkmalen. Keine Serologie (Antigen- und
Antikörpernachweis) verfügbar.
Risikogruppen
Weiße Piedra: Junge Erwachsene beider
Geschlechter.
Therapie
Haar- und Hautaffektionen: Lokalbehandlung mit Imidazolen oder Nystatin.
Haare abschneiden.
Prävention
Keine.
Bei systemischen Infektionen ist die Therapie schwierig und muß aggressiv geführt werden: Höchstmögliche Dosen
von Amphotericin B; zusätzliche Gabe
von Flucytosin nur bei erwiesener (seltener!) Empfindlichkeit in vitro sinnvoll.
Höchstmögliche Dosen von Fluconazol
oder Itraconazol.
Spezifische Merkmale
Weiße Piedra: Einkenniges Merkmalsbild: Weißlichgelbe bis rötlich-braune,
weiche bis halbweiche Knötchen an den
Haaren. Bei sonstigen Hautaffektionen
keine spezifischen Merkmale.
Bei systemischen Infektionen keine spezifischen Leitsymptome; differentialdiagnostische Abgrenzung von anderen opportunistischen Pilzinfektionen, insbesondere der Candidose wichtig.
Wirtsbereich
Mensch, felltragende Wirbeltiere, an denen Trichosporon-Arten auch Trichomykosen verursachen können; weit verbreitet in der Umgebung des Menschen. Infektiosität gering.
Systemische Infektionen: Neutropeniker.
Epidemiologie
Weiße Piedra in Tropen und Subtropen
häufig. Systemische Infektionen weltweit
in steigender Häufigkeit.
Referenzzentren
Institut Pasteur, Unité de Mycologie, 25,
rue du Docteur Roux, F-75724 Paris Cedex 15, France.
Schlüsselliteratur
De Hoog GS, Guarro J 1995. Atlas of Clinical
Fungi, pp. 215 – 220. CBS, Baarn.
Guého E, Smith MT, de Hoog GS, BillonGrand G, Christen R, Batenburg-van der
Vegte WH 1992. Contribution to a revision
of the genus Trichosporon. Antonie van
Leeuwenhoek 61, 289 – 316.
Guého E, Improvisi L, de Hoog GS & Dupont B
1993. Trichosporon on humans: a practical
account. mycoses 37, 3 – 10.
Grigoriu D, Delacrétaz J & Borelli D 1984.
Lehrbuch der Medizinischen Mykologie.
Verlag Hans Huber Bern, pp. 191 – 197
537
T
Trichuris trichiura
Trichostrongylus
(siehe Nematodeninfektionen, seltenere)
Trichuris trichiura
Peter Kimmig, Stuttgart
Erregerbezeichnung
Trichuris trichiura (Trichocephalus trichiurus)
Peitschenwurm, whipworm
Morphologie
Fadenwurm mit peitschenartig ausgezogenem Vorderende. Länge der Weibchen
35 – 50 mm, Länge der Männchen 30 – 45
mm.
Taxonomie
Klasse: Nematoda
Familie: Trichuridae
Gattung: Trichuris
Historie
Lokalisierung im Dickdarm durch Morgagni 1740, Erstbeschreibung und Namensgebung (Trichocephalus) 1771 durch
Linnaeus, Beschreibung des Lebenskreislaufs 1887 durch Grassi und später durch
Fülleborn 1923 und Hasegawa 1934.
Erkrankungen/Register
Erkrankungen treten nur bei schwereren
Infestationen ab einem Befall von ca
100 – 200 Adultwürmern auf. In diesen
Fällen kommt es möglicherweise über
mechanische Schädigungen oder durch
toxische Metabolite zu Mucosa-Veränderungen; diese bestehen in Epithelläsionen, fokalen Infiltrationen und petechialen
Blutungen. Bei schweren Infektionen ist
eine Eisenmangelanämie häufig. Als
Komplikation treten vorzugsweise bei
Kindern Analprolapse auf, hervorgerufen
durch eine entzündungsbedingte, gesteigerte Peristaltik.
538
Diagnostik/Symptome
Der Nachweis einer Trichuris-Infektion
erfolgt über den mikrokopischen Nachweis der Eier im Stuhl, am effektivsten
nach einem Anreicherungsverfahren. Die
Eier messen 50 – 54 × 22 – 23 ? m und tragen an beiden Enden charakteristische
Polpropfen.
Die Symptomatik ist nicht spezifisch; sie
ist durch allgemeine gastrointestinale Beschwerden, chronische Diarrhoe, schleimig-blutigen Stuhl, Meteorismus, Übelkeit, sowie durch Tenesmen und Schmerzen im Epigastrium gekennzeichnet.
Therapie
Benzimidazolcarbamate (Mebendazol, Albendazol) sind die Mittel der Wahl und
führen bei einmaliger Gabe bei bis zu 80 %
der Fälle zum Erfolg; bei schwereren Fällen
ist eine mehrfache Gabe und eine Behandlungsdauer von 3 Tagen erforderlich.
Spezifische Merkmale
Die Adultwürmer leben im Colon transversum und descendens. Das peitschenartige Vorderende ist dabei in Schlingen in
das Zylinderepithel eingebettet, das verdickte Hinterende ragt ins Lumen. Die
Weibchen legen ca 3000 – 5000 Eier/Tag,
ihre Lebensdauer beträgt 1 – 2 Jahre. Die
noch unreifen Eier gelangen mit dem
Stuhl ins Freie, wo sie je nach Temperatur
innerhalb 3 Wochen bis mehreren Monaten embryonieren. Bei Verschlucken der
dann infektiösen Eier durch den Menschen schlüpfen die Larven im Dünndarm, wo sie sich zunächst in den obersten Schichten der Darmwand über 3 weitere Larvenstadien weiterentwickeln. Die
Adulten gelangen in den Dickdarm, wo
die Weibchen mit der Eiablage beginnen.
Die Gesamtentwicklung dauert ca 90 Tage.
Transmission
Die Übertragung erfolgt auf oralem Wege
ohne Einschaltung eines Zwischenwirts.
Die infektiösen, reifen Eier werden mit
fäkalkontaminierter, roher Nahrung bzw.
über kontaminierte Erde und Staub aufgenommen, eine unmittelbare Infektion
von Mensch zu Mensch ist wegen der langen Reifungszeit ausgeschlossen.
Trypanosoma brucei gambiense und Trypanosoma brucei rhodesiense
Wirtsbereich
T. trichiura ist ein ausschließlich humaner Parasit; tierische Trichiuren (Trichuris suis, Trichuris vulpis) sind für den
Menschen i.d.R. nicht infektiös.
Risikogruppen
Über den Verzehr fäkalkontaminierter
Lebensmittel sind alle Personen in Entwicklungsländern betroffen, für Kinder
besteht eine zusätzliche Infektionsgefahr
über kontaminierte Böden.
Epidemiologie
Trichuris-Infektionen kommen weltweit
vor. Sie treten gehäuft jedoch in Entwicklungsländern mit ihrem geringem Hygienestandard auf, speziell in feucht-warmen Klimabereichen. Wesentliche Ursachen für die Infektionsverbreitung sind
die Verwendung menschlicher Fäkalien
zur Düngung sowie das wahllose Absetzen von Stuhl. Die Zahl der Infizierten
wird weltweit auf ca 800 Millionen geschätzt, die Prävalenz in tropischen Entwicklungsländern liegt bei 20 – 80 %.
Prävention
Generell: Keine
Verwendung
von
menschlichen Fäkalien als Dünger, hygienische Entsorgung in Gruben.
Individuell: Verzicht auf Rohnahrungsmittel wie Salate, ungekochtes Gemüse,
Obst in Ländern mit geringem Hygienestandard.
Referenzzentren
Offizielle Referenzzentren existieren
nicht; als fachlich qualifiziert anzusehen
sind sämtliche parasitologischen und
tropenmedizinischen Institutionen.
Schlüsselliteratur
Lang, W. Hrsg.: Tropenmedizin in Klinik und
Praxis, 2. Aufl. Georg Thieme Verlag Stuttgart, N.Y., 1996.
Mehlhorn, H., D. Eichenlaub, T. Löscher, W. Peters: Diagnostik und Therapie der Parasitosen des Menschen, 2. Aufl. Gustav Fischer
Verlag Stuttgart, Jena, N.Y. 1995.
Beaver, P.C., R.C. Jung, E.W. Cupp: Clinical Parasitology, 9th edition, Lea & Febiger, Philadelphia 1984.
Despommier, D.D., R. Gwadz, P.J. Hotez: Parasitic diseases, 3rd ed. Springer Verlag, N.Y.,
Heidelberg, Berlin, 1995.
Trypanosoma brucei gambiense und
Trypanosoma brucei rhodesiense
Tania M. Welzel und
Gholamreza Darai, Heidelberg
Erregerbezeichnung
Trypanosoma brucei gambiense und Trypanosoma brucei rhodesiense
Morphologie
Morphologisch sind Trypanosoma brucei
gambiense und Trypanosoma brucei rhodesiense nicht zu unterscheiden. Weiteres
siehe Trypanosoma cruzi.
Taxonomie
Ordnung: Kinetoplastida
Familie: Trypanosomatidae
Gattung: Trypanosoma
Art (Species): gambiense und rhodesiense
Erkrankungen/Register
Trypanosoma brucei gambiense und Trypanosoma brucei rhodesiense sind Erreger der Afrikanischen Trypanosomose
(Schlafkrankheit). Die Erkrankung verläuft in zwei Stadien.
Stadium 1 (febrile hämolymphatische
Phase): Zwei bis sechs Tage nach dem
Stich einer infizierten Tsetsefliege entwickelt sich an der Haut eine lokale, ödematöse Entzündung (Trypanosomenschanker). Die Erreger vermehren sich
zunächst an dieser Eintrittspforte. Nach
ca. zwei Wochen erfolgt die hämatogene
und lymphogene Aussaat in den Körper,
die mit starker Lymphknotenschwellung
und hohem, zwei bis drei Tage andauerndem und in unregelmäßigen Abständen
539
T
Trypanosoma brucei gambiense und Trypanosoma brucei rhodesiense
wiederkehrendem Fieber einhergeht. Unspezifische Krankheitssymptome wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Muskelschmerzen,
Arthralgien Hepatosplenomegalie und Tachykardie begleiten die Parasitämie.
Stadium 2 (meningoenzephalitische Phase): Nach Überwinden der Blut-LiquorSchranke verursachen die Trypanosomen
eine Meningoenzephalitis. Während bei
der westafrikanischen Form, hervorgerufen durch Trypanosoma brucei gambiense
eine Beteiligung des ZNS erst bei längerer
Infektion (mehrere Monate) auftritt, verläuft die ostafrikanische Trypanosoma
brucei rhodesiense –Infektion akuter. Die
progredienten zentralnervösen Symptome sind durch Teilnahmslosigkeit, zunehmende Tag –Schläfrigkeit (Schlafkrankheit), Ataxie, Parästhesie, Parese und Paralyse gekennzeichnet. Desweiteren kann
es zu einer Mitbeteiligung des Myokards,
Nephritis, Anämie und Ödemen kommen. Unbehandelt verläuft die Erkankung in diesem Stadium immer tödlich.
Diagnostik/Symptome
Mikroskopischer Nachweis der Trypanosomen in Gewebsflüssigkeit des Trypanosomenschankers. Während der Generalisation sind die Trypanosomen im Blut
nachweisbar, wo sie sich extrazellulär
durch Zweiteilung vermehren. Da die Erregerzahl im Blut zumeist gering ist, genügt ein Nativpräparat, Giemsa- gefärbter Ausstrich oder auch der dicke Tropfen
in der Regel nicht zum Nachweis, so daß
Anreicherungsverfahren empfohlen werden. Eine weitere Nachweismöglichkeit
ist die Säulenchromatographie, die eine
Trennung der Erythrocyten und Trypanosomen ermöglicht. Lymphknotenpunktate besitzen vor allem bei Trypanosoma brucei gambiense Infektionen
großen diagnostischen Wert. Bei Verdacht auf afrikanische Trypanosomiasis
ist die Liquoruntersuchung obligat, vermehrte Zellzahlen ergeben hier Hinweis
auf eine Infektion, erhöhtes IgM und Gesamtprotein treten erst später auf. Eine
weitere Nachweismöglichkeit ist der
Mäuse- Inokulationstest oder der kulturelle Nachweis.
540
Therapie
Im Stadium 1 der Erkrankung wird Sumarin® (Bayer 205 Germanin®)und Pentamidin eingesetzt. Bei Beteiligung des
ZNS sind 3 – wertige Arsenpräparate
(Melarsoprol) notwendig, die jedoch
stark toxisch sind. Desweiteren kann Eflornithin (Difluoromethylornithin) verwendet werden.
Spezifische Merkmale
Die Erreger der Schlafkrankheit hinterlassen keine Immunitat, da während der
Infektion des Wirtes unterschiedliche Populationen mit unterschiedlicher Antigenstruktur aufgrund Variation der
Oberflächenglykoproteine entstehen. Die
Antiköprer sind somit gegen die speziellen Antigenstrukturen gerichtet und stellen keinen Schutz vor Reinfektion dar.
Transmission
Die Übertragung der Erkrankung erfolgt
über Tsetsefliegen (Glossinen), die die
Trypanosomen über Aufnahme von Blut
infizierter Säugetiere erworben haben.
Nach mehreren Vermehrungszyklen im
Darm der Glossinen gelangen die Parasiten in die Speicheldrüsen und werden so
bei den weiteren Blutmahlzeiten mit dem
Speichel übertragen.
Wirtsbereich
Das Haupterregerreservoir von Trypanosoma brucei gambiense ist der Mensch.
Der Erreger wurde aber auch bei verschiedenen Tierarten gefunden (Antilope, Schwein, Hund etc.), die als Reservoirwirte für Infektionen des Menschen
angesehen werden.
Erregerreservoir für Trypanosoma brucei
rhodesiense sind vor allem trypanotolerante Antilopenarten Zentral-und Ostafrikas, auch andere Wild- und Haustiere
sind als Reservoir bekannt (Giraffe, Löwe,
Warzenschwein, Rind, infizierte Rinder
erliegen jedoch zumeist der Erkrankung). Die Übertragung auf den Menschen erfolgt somit nur zufällig, da die
Glossinen an Wildtiere adaptiert sind.
Trypanosoma cruzi
Epidemiologie
Die Erreger der afrikanischen Trypanosomiasis treten nur in Afrika auf, es werden jährlich ca. 20 000 Neuerkrankungen
gemeldet.
Trypanosoma brucei gambiense Infektionen treten vor allem in West- und Zentralafrika auf, wo v. a. die Landbevölkerung, weniger Touristen betroffen sind,
während Trypanosoma brucei rhodesiense in den Savannen und Waldsteppen
Ost-und Südafrikas überwiegt.
Prävention
Trypanosomeninfektionen stellen in Afrika ein großes Problem dar, bisherige
Programme zur Bekämpfung der Erkrankung zielten vor allem auf die Vernichtung der Vektoren ab, wodurch regional
teilweise Erfolge erzielt werden konnten.
Für Touristen wird eine Chemoprophylaxe nicht empfohlen, ein Impfstoff steht
nicht zur Verfügung.
Referenzzentren
Auskünfte bei den örtlichen Tropeninstituten
Schlüsselliteratur
Bryan RT et al, African trypanosomiasis in
American travellers: A 20 year review in International travel medicine, R Steffen (ed).
Berlin, Springer Verlag 1990
Poltera AA Pathology of human African trypanosomiasis with reference to experimental African trypanosomiasis and infections
of the central nervous system. Br Med Bull
41:169, 1985
Trypanosoma cruzi
R. Luise Krauth-Siegel, Heidelberg
Erregerbezeichnung
Trypanosoma cruzi
Morphologie
Parasitäres Protozoon; im Menschen auftretende Formen: – Trypomastigote:
nicht-teilungsfähige freie Blutform mit
typischer C- oder S-förmiger Gestalt,
17 – 20 ? m langer und 2 ? m breiter Flagellat mit undulierender Membran und Geißel sowie auffallendem Kinetoplasten (=
Mitochondrien DNA) am Hinterende; –
Amastigote: teilungsfähige, intrazelluläre, 5 ? m × 1.5 ? m große ovale Form ohne
Flagellum, vor allem in Herzmuskelzellen, glatten Muskelzellen des Verdauungstrakts und autosomalen Ganglien
(bilden dort Pseudocysten); im Vektor
(Raubwanze) vorkommende Formen: –
Epimastigote, Amastigote, Sphaeromastigote sowie die infektiöse metazyklische
Trypomastigote.
Taxonomie
Ordnung: Kinetoplastida
Familie: Trypanosomatidae
Gattung: Trypanosoma
Art (Species): Trypanosoma cruzi
Historie
1907 von dem brasilianischen Arzt Carlos
Chagas im Verdauungstrakt von Raubwanzen und später im Blut eines infizierten Kindes entdeckt; Benennung der Erkrankung nach dem Mikrobiologen Oswaldo Cruz.
Erkrankungen/Register
Chagas-Krankheit, Amerikanische Trypanosomiasis, Chagas-Kardiomyopathie,
Mega-Krankheit (Megaösophagus und
Megacolon), in großen Teilen des Lateinamerikanischen Kontinents endemisch;
Zoonose mit großem natürlichem Wirtsreservoir; je nach Virulenz und Gewebetropismus der Parasiten sowie Alter und
Allgemeinzustand des Patienten unterschiedlicher klinischer Verlauf. Es wird
grundsätzlich zwischen akuter ChagasKrankheit, von der Kinder unter 10 Jahren am häufigsten betroffen sind, und
chronischer Chagas-Krankheit unterschieden. Akute Chagas-Krankheit (Inkubationszeit 10 – 30 Tage): Fieber, Symptome wie beim grippalen Infekt, Lymphadenopathien, als Komplikationen akute
und diffuse Myokarditis und Meningoenzephalitis; Chronische Chagas-Krankheit
(Latenzperiode 7 – 20 Jahre): Es besteht
541
T
Trypanosoma cruzi
eine ausgeprägte Korrelation zwischen
der regionalen Verbreitung verschiedener
Zymodeme und dem Vorherrschen von
Kardiopathien einerseits und Mega-Erkrankungen andererseits. Kardiopathien
mit gesteigerter Herzarbeit, Dilatation
und Hypertrophie auch bedingt durch
Zerstörung parasympathischer Ganglien;
Megaorganbildung durch chronische Dilatation bestimmter Abschnitte des Verdauungstraktes und anderer Organe,
wahrscheinlich auf Grund der Zerstörung
vegetativer Ganglien und damit verbunden gestörter Innervation.
Prognose: Eine Prognose ist äußerst
schwierig. Nach dem Auftreten von Herzrhythmusstörungen im Alter zwischen 20
und 50 Jahren verläuft die Krankheit bei
50% der Patienten innnerhalb von 2 Jahren
tödlich. Pro Jahr erkranken 10% der seropositiven Personen, d.h. viele von ihnen
zeigen lebenslang keinerlei Symptome und
haben eine normale Lebenserwartung.
Diagnostik/Symptome
Diagnostik: Während der akuten Phase
ist 1 – 2 Wochen lang ein direkter Parasitennachweis im Blut möglich. In der
chronischen Phase, Mikrohämatokritmethode zur Konzentrierung der Blutprobe: 4 Heparin-MikrohaematokritRöhrchen werden mit Fingerbeerenblut
gefüllt, verschlossen und 7 min bei 12.000
Upm zentrifugiert, anschließend wird die
RBC/Plasma-Grenzschicht, in der sich
die Parasiten anreichern, unter Ölimmersion im Mikroskop betrachtet; Xenodiagnose, d. h. Füttern von im Labor gezüchteten Raubwanzen (Dipetalogaster maxima) mit Patientenblut, im Intervall von
30, 60 und 90 Tagen Nachweis der stark
vermehrten Erreger im Kot der Wanzen;
serologische Nachweismethoden: Immunfluoreszenzantikörpertest (IFAT), indirekte Hämagglutination (IHA), CFT
und ELISA zum spezifischen Nachweis
von Antikörpern gegen T. cruzi sind routinemäßige Tests, außerdem direkter Agglutinationstest (DAT) und Radioimmunassay-Tests. Für die meisten Antigene besteht eine Kreuzreaktion mit Leishmania
donovani und T. rangeli.
542
Differentialdiagnose: Typhus, Grippe,
viszerale Leishmaniose, Malaria, Brucellose, infektiöse Mononukleose.
Klinische Befunde: Primärreaktionen
an der Eintrittsstelle der Trypanosomen:
Lokaler ödematöser Entzündungsherd
(Chagom), in der Regel charakteristische
Ober-und Unterlidödeme mit Konjunktivitis (Romaña-Zeichen), lokale Lymphknotenschwellung; Akute Chagas-Krankheit: Fieber, generalisierte Lymphadenopathie, stecknadelkopfgroße Exantheme auf Thorax und Abdomen; subkutane schmerzhafte Knoten (Lipochagome), Hepatosplenomegalie, Myokarditis
mit Tachykardie, Meningoenzephalitis;
Chronische Chagas-Krankheit: Kardiomyopathie, Kammerdilatation, verminderte Muskelkraft; Zeichen trikuspidaler
Insuffizienz, Embolien, Arythmien, in
fortgeschrittenem Stadium häufig Reizleitungsstörungen. Rechtsschenkelblock
mit linksanteriorem Hemiblock sind charakteristisch (EKG-Veränderungen: Verbreiterung des QRS-Komplexes und Anomalitäten in den P- und T-Wellen). Fortschreitende Schädigung der Reizleitungsnerven kann zum vollständigen Herzblock mit Adam-Stokes-Attacken und
plötzlichem Herztod vor allem bei jungen
Männern führen; Megaorganbildung (betroffen sind häufig Ösophagus und Colon, selten Magen, Ureter, Blase und
Harnblase), bei Megaösophagus fortschreitende Dysphagie, häufig Ösophagitis und Regurgitation mit Aspirationspneumonie; Megacolonbildung ähnlich
Morbus Hirschsprung mit Volvulus als
möglicher Komplikation.
Therapie
Es stehen insgesamt nur zwei Medikamente zur Verfügung, die beide nur in
der akuten Phase wirksam sind und mit
starken Nebenwirkungen behaftet sind.
Nifurtimox (Radanil®), Behandlungsdauer 60 – 120 Tage, Nebenwirkungen, die
besonders bei längerer Therapiedauer
auftreten, sind Anorexie, Gewichtsverlust, periphere Neuritis und Psychosen;
Trypanosoma cruzi
Benznidazol (Rochagan®), Behandlungsdauer 30 Tage, Nebenwirkungen sind Polyneuropathien und Exantheme.
Spezifische Merkmale
Transmission
Aufnahme der Parasiten aus dem Kot
blutsaugender Raubwanzen über Wunden, die durch den Biß der Wanze oder
durch Kratzen entstanden sind. Wichtigste Vektoren: Triatoma infestans, Panstrongylus megistus und Rhodnius prolixus; durch Bluttransfusionen; congenitale
Übertragung transplacental oder durch
Aufnahme von Amnionflüssigkeit bei 2 %
der Neugeborenen infizierter Mütter; Laborinfektionen durch infiziertes Blut
über Nadeln, Hautläsionen oder die Konjunktiva durch Spritzer.
Wirtsbereich
Mensch, zahlreiche Haus- und Wildtiere,
z. B. Hunde, Katzen, Gürteltiere, Fledermäuse, Beutelratten und andere Nager.
Risikogruppen
Besonders gefährdet ist die ländliche Bevölkerung Süd-und Mittelamerikas, da
die strohgedeckten Hütten den als Vektoren dienenden Raubwanzen ideale Unterschlupfmöglichkeiten bieten.
Epidemiologie
Da die meisten der bekannten Triatomenarten (etwa 100) natürlicherweise
mit T. cruzi infiziert werden können und
ein sehr großes Wirtsreservoir besteht,
ist die Epidemiologie der Chagas-Krankheit sehr komplex. Für die Übertragung
auf den Menschen ist die Qualität der
menschlichen Behausungen von entscheidender Bedeutung. Im Süden der
USA sind Triatomen häufig, T. cruzi
kommt in einem Wirtsreservoir vor und
dennoch gibt es keine Chagas-Krankheit
beim Menschen. Rhodnius prolixus, Triatoma infestans und Panstrongilus megistus sind wegen ihrer Fähigkeit, menschliche Wohnstätten zu besiedeln, von besonderer Bedeutung für die Übertragung
von T. cruzi auf den Menschen. Man unterscheidet drei epidemiologische Situa-
tionen: 1.) Triatomen, die reine Waldbewohner sind und nur gelegentlich den
Menschen infizieren, wie z. B. Triatoma
amazonica. Ihr bevorzugter Aufenthaltsort sind die Kronen von Palmen und darin enthaltene Vogel- und Säugetiernester.
Durch Verwendung der Palmwedel als
Abdeckmaterial der Häuser kommen die
Wanzen in Kontakt mit dem Menschen.
2.) Triatomen, die in der Nähe menschlicher Behausungen lebten. Indem sie an
den Menschen adaptierte Tiere wie z. B.
Opossum und Nager infizierten, traten
sie in den Hausbereich über. 3.) Nur in
Häusern vorkommende Triatomen, die
sich in Ritzen von Wänden und Decken
aufhalten. In diesem Fall stellt der
Mensch den wichtigsten Wirt dar.
Prävention
Weder eine medikamentöse Prophylaxe
noch eine Impfung sind möglich. Da immunpathologische Prozesse für die klinische Manifestation der Chagas-Krankheit
von großer Bedeutung sind, muß bei der
Entwicklung einer Vaccine, die zur Anwendung am Menschen bestimmt ist, die
Gefahr immunpathologischer Schäden
besonders berücksichtigt werden. Die
wichtigsten
Vorbeugungsmaßnahmen
sind Reduzierung der Vektoren mit Hilfe
von Insektiziden und die Verbesserung
der Wohn- und Lebensbedingungen der
ländlichen Bevölkerung.
Schlüsselliteratur
Gordon C. Cook (Hrsg.) Manson’s Tropical
Diseases. 20. Auflage, WB Saunders Company Ltd, London, Philadelphia, Toronto, Sydney, Tokyo, 1996.
Krauss, H. und A. Weber (Hrsg.) Zoonosen,
Von Tier zu Mensch übertragbare Infektionskrankheiten, Deutscher Ärzte-Verlag,
Köln, 1986.
543
T
Tuberkulosebakterien
Tuberkulosebakterien
Sabine Rüsch-Gerdes, Borstel
Erregerbezeichnung
Tuberkulosebakterien
Taxonomie
Familie: Mycobacteriaceae
Genus: Mycobacterium
ca. 80 verschiedene Arten: Tuberkulosebakterien syn. M. tuberculosis-Complex
(M. tuberculosis, M. bovis, BCG, M. africanum), M. leprae, MOTT
Historie
L. Schönlein (1839) wählte für die
Schwindsucht aufgrund histologischer
Veränderungen der Lunge (Tuberkel) den
Terminus Tuberkulose; Entdeckung des
Tuberkelbazillus durch R. Koch (1882);
der Artname M. tuberculosis wurde von
Lehmann und Neumann (1896) eingeführt.
Für die Rindertuberkulose wurde der Name M. bovis erst 1970 von A. Karlson und
E. Lessel vorgeschlagen.
1908 gelang es A. Calmette und C. Guérin
einen Stamm von M. bovis durch Passagen in Kulturmedien zu attenuieren und
ihnen zu Ehren wird der Impfstoff BCG
(Bacille Calmette-Guérin) genannt.
Erkrankungen
Erkrankungen durch M. tuberculosis:
Die Primärinfektion betrifft fast immer
die Lunge. Über die im Bronchialbereich
gelegenen Lymphknoten kann es jedoch
durch hämatogene Streuung zum Befall
anderer Organe kommen.
offene Tuberkulose: M. tuberculosis
wird über das Bronchialsystem ausgeschieden und kann so bakteriologisch
nachgewiesen werden.
geschlossene Tuberkulose: Die Diagnose
einer Tuberkulose wird aufgrund klinischer Symptomatik (Tuberkulinkonversion, röntgenologische Veränderungen
544
usw.) gestellt; ein bakteriologischer
Nachweis ist nicht möglich.
Miliartuberkulose: Bei ungenügender
zellulärer Immunität können über eine
hämatogene Streuung neben der Lunge
gleichzeitig mehrere Organe (Leber, Milz,
Nieren, Meningen usw.) befallen sein.
Diagnostik
Mikroskopie: Tuberkulosebakterien sind
grampositive, unbewegliche, aerob wachsende, gerade bis leicht gekrümmte, stäbchenförmige Bakterien von 0,2 – 0,6 ? m
Breite und 1 – 10 ? m Länge.
Aufgrund ihrer Fähigkeit bestimmte
Farbstoffe auch durch Säure-und Alkoholbehandlung nicht wieder abzugeben,
werden sie als säurefeste Stäbchen oder
säurefeste Bakterien bezeichnet. Eine
Spezieszuordnung ist anhand der Mikroskopie nicht möglich.
Kulturelle Anzüchtung: Bedingt durch
die lange Generationszeit von Tuberkulosebakterien (ca.20 h) werden sehr lange
Anzuchtszeiten (bis zu 8 Wochen) benötigt. Die Dekontamination des Untersuchungsmaterials (Abtötung der Begleitkeime) mit N-Acetyl-L-Cystein-NaOH
und eine Kombination von Flüssig- und
eierhaltigen Festmedien hat sich als optimal erwiesen. Durch den Einsatz eines
radioaktiv markierten Flüssigmediums
(BACTEC 460TB) wird neben der Erhöhung der Sensitivität die Detektionszeit
verkürzt. Die Bebrütung erfolgt bei 37 °C
für 6 – 8 Wochen.
Molekularbiologische Nachweismethoden: Diese Methoden basieren auf der
in-vitro-Amplifikation der DNA oder
RNA von Tuberkulosebakterien-spezifischen Sequenzen. Neben zahlreichen Eigenentwicklungen sind z.Zt. zwei kommerzielle Testkits erhältlich (Amplified
M. tuberculosis Direct Test, Gen-Probe
und Amplicor, La Roche).
Immunologische Verfahren: z.Zt. keine
etablierte Methode vorhanden.
Tuberkulosebakterien
Tierversuch: Durch den Einsatz moderner kultureller Verfahren hat der Tierversuch seine Bedeutung verloren und sollte
heute für die Diagnostik nicht mehr eingesetzt werden.
Differenzierung: Bei ausreichendem kulturellen Wachstum ist es möglich, mit
Hilfe von Gensonden (Nachweis von Spezies-spezifischen rRNA-Abschnitten) innerhalb von 1 – 2 Stunden Tuberkulosebakterien von MOTT zu differenzieren.
Innerhalb der Tuberkulosebakterien können die Arten nur mit biochemischen
Tests unterschieden werden:
– Morphologie (eugones/dysgones
Wachstum )
– Niacinnachweis
– Nitratreduktion
– Wachstumsverhalten im Lebeck-Agar
– Brenzschleimsäurehydrazid- oder
Thiophen-2-Karbonsäurehydrazidempfindlichkeit
– Pyrazinamidempfindlichkeit
Empfindlichkeitsprüfung: Da auch in
Deutschland resistente Tuberkulosebakterien isoliert werden, muß von jedem
Erstisolat eine Resistenzbestimmung
durchgeführt werden. Hierfür stehen
zwei Verfahren zur Verfügung:
– Proportionsmethode unter Verwendung des Löwenstein-Jensen-Mediums
(Zeitdauer: 3 – 4 Wochen)
– das radiometrische Verfahren
(Zeitdauer: 1 Woche)
Therapie
Die Therapie der Tuberkulose unterscheidet sich von der Behandlung anderer Infektionskrankheiten durch die
– obligate Kombinationstherapie
– lange Therapiedauer von mindestens 6
Monaten
Die Tuberkulostatika der ersten Wahl
sind Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid, Ethambutol und seltener Streptomycin. Als Standardtherapie bei einer
Infektion mit einem sensiblen M. tuberculosis-Stamm gilt die nachstehende Medikamentenkombination:
Isoniazid + Rifampicin + Pyrazinamid
+ evt. Ethambutol für 2 Monate danach
Isoniazid + Rifampicin für mindestens
4 weitere Monate.
Beim Vorliegen eines Stammes mit einer Multiresistenz wird nach Austestung aller zur Verfügung stehender
Medikamente und evt. vorhandenen
Sensibilitäten therapiert.
Bei der Therapie von M. bovis-Infektionen muß bedacht werden, daß dieser Keim zu ca. 95 % Pyrazinamid-resistent ist.
Spezifische Merkmale
Die charakteristischen klinischen Merkmale beim Vorliegen einer Tuberkulose
sind: Nachtschweiß, Husten, Gewichtsabnahme, Mattigkeit, Fieber und röntgenologische Veränderungen.
Transmission
M. tuberculosis wird fast ausschließlich
über Aerosole als sog. Tröpfcheninfektion
von Mensch zu Mensch übertragen.
M. bovis-Infektionen über die Milch erkrankter Kühe kommen nach weitgehender Ausrottung der Rindertuberkulose
und nach Pasteurisieren der Milch in den
Industrieländern kaum noch vor.
Wirtsbereich
M. tuberculosis kann außer beim Menschen zu einer Erkrankung bei Primaten,
Hunden und einigen anderen Tieren führen, die Kontakt mit Tuberkulosekranken
hatten.
M. bovis führt zu Infektionen bei Rindern, Primaten, Raubtieren, Schweinen
und bei einigen Vogelarten.
Risikogruppen
Ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht vor
allem für immunsupprimierte Patienten
und für Kinder. Bei älteren Menschen
kann es zu einer Reaktivierung einer früheren Tuberkuloseerkrankung kommen
kann.
Epidemiologie
Vor allem in den Entwicklungsländern
zählt die Tuberkulose zu den häufigsten
Infektionserkrankungen.
Nach
den
WHO-Zahlen sind weltweit ca. 10 Millionen Menschan an Tuberkulose erkrankt
und jährlich sterben ca. 3 Millionen. 1/3
545
T
Tunga penetrans
der Weltbevölkerung ist mit dem Erreger
infiziert.
Die Inzidenz in den Industrienationen
liegt z.Zt. bei 10 – 50 Neuerkrankungen
pro 100 000 Einwohner.
Prävention
Die Erkrankung an Tuberkulose ist meldepflichtig.
Präventionsmöglichkeiten
sind:
– seuchenhygienische Maßnahmen
– Impfung in den ersten Lebenswochen
bei Risikogruppen (keine Impfung bei
immunsupprimierten Kindern)
– evt. Chemoprophylaxe bei Kontaktpersonen, die tuberkulinkonvertiert sind.
Referenzzentren
Forschungszentrum Borstel NRZ für Mykobakterien, Dr. Sabine Rüsch-Gerdes
Parkallee 18, 23845 Borstel
Schlüsselliteratur
1. G.P. Kubica, L.G. Wayne (Hrsg.) The Mycobacteria Part A und B. Marcel Dekker, Inc.
New York/Basel, 1984
2. B.R. Bloom (Hrsg.) Tuberculosis. ASM
Press Washington DC, 1994
3. H. Brandis, H.J. Eggers, W. Köhler, G. Pulverer (Hrsg.) Medizinische Mikrobiologie.
7. Auflage, Gustav Fischer Verlag Stuttgart,
1994
Tunga penetrans
(Tungiasis)
Eberhard Zielke, Heidelberg
Erregerbezeichnung
Tunga penetrans, Sandfloh, jigger, chigoe,
sand flea
Morphologie
Die nach der Puppenruhe aus dem Kokon
geschlüpften freilebenden Männchen und
Weibchen von Tunga penetrans sind ca.
1 mm groß und ähneln im Habitus anderen Floharten, sie haben aber weniger
stark ausgeprägte Sprungbeine.
546
Bei geeigneten Wirten in die Haut eingedrungene Sandflohweibchen sind bis zu
einer erbsengroßen Kugel angeschwollen,
die am vorderen Pol den kleinen Kopf und
Beine am gegenüberliegendem Pol die
Atem- und Geschlechtsöffnungen aufweist.
Taxonomie
Siphonaptera: Familie: Pulicidae
Gattung: Tunga
Erkrankungen/Register
Begattete Sandflohweibchen befallen bevorzugt Interdigitalräume der Füße, aber
auch Fußsohlen, Hände, Ellenbogen und
den Anogenitalbereich. Sie bohren sich in
die Haut ein und können bis zum Corium
vordringen. Nicht selten findet man sie
auch unter Zehen- und Fingernägeln. Innerhalb von 7 – 14 Tagen ist der Parasit bis
zur Erbsengröße herangewachsen. Die Parasiten sind weitgehend von der Haut des
Wirtes überwallt. Durch eine kleine Öffnung in der Haut bleiben sie für Sauerstoffaustausch, Ei- und Kotabgabe mit der
Außenwelt verbunden.
Der Befall mit Sandflöhen macht sich erst
mit einem ausgeprägten Juckreiz bemerkbar, wenn die Sandflöhe zu einem Durchmesser von ca. 3 mm herangewachsen
sind. Bei ungünstiger Lage können
Schmerzen auftreten. Kratzeffekte der Patienten oder absterbende Flöhe können zu
Sekundärinfektionen führen. Pusteln, furunkuloide Abszesse und Ulcerationen
sind die Folgen. Fälle von Tetanus und
Sepsis sind beschrieben worden.
Diagnostik/Symptome
Am Ort des Befalls entsteht typischerweise eine linsenförmige, etwas durchsichtige
Erhebung. Meist ist auch eine kleine Öffnung erkenntlich, durch die die Kot- und
Eiabgabe sowie der Gasaustausch des Parasiten erfolgt. Bei entfernten Flöhen sind
unter der Lupe Kopf und Beine zu identifizieren. Hat sich der Floh unter den Zehenoder Fingernägeln festgesetzt, ist die noch
nicht einmal stecknadelkopfgroße Atemöffnung nicht immer eindeutig zu erkennen. Die Schwellung, der Juckreiz und die
Tatsache, daß der Patient sich in einem
Tunga penetrans
endemischen Tungiasisgebiet aufgehalten
hat, sollten an die Möglichkeit eines
Sandflohbefalls denken lassen.
Therapie
Mit einer sterilen Nadel, einer feinen Pinzette oder entsprechenden anderen chirurgischen Instrumenten können Sandflöhe meist relativ leicht aus der Haut
herausgeschält werden. Bei ungünstiger
Lokalisation können die Flöhe auch mit
Äther, Terpentin, Öl oder Petroleum getränkten Tupfern getötet werden. Der
Floh wächst dann einige Zeit später heraus, ohne daß es zu einer Kleingeschwürbildung kommen muß. Ohne Behandlung
stirbt der Floh im allgemeinen nach 6 – 10
Wochen ab und wächst unter Hinterlassung einer kleinen runden Narbe aus der
Haut heraus.
Bei eitriger Sekundärinfektion ist eine
antibiotische Therapie indiziert. Auch eine Tetanusprophylaxe ist in Erwägung zu
ziehen.
Transmission
In geeigneten Wirten parasitierende
Weibchen scheiden täglich zahlreiche Eier aus. Aus den Eiern schlüpfende Larven
entwickeln sich in Sandboden oder Streu.
Die Larven häuten sich dreimal, bis
schließlich über ein Puppenstadium die
Entwicklung zum adulten Tier stattfindet.
Wirtsbereich
Außer am Menschen parasitiert Tunga
penetrans auch an verschiedenen anderen Säugetieren, insbesondere sind aber
Hunde, Hausschweine und Ratten weitere
wichtige Wirte.
Risikogruppen
In endemischen Gebieten sind insbesondere alle barfußlaufenden Bewohner und
im Sand spielende Kinder gefährdet. Darüber hinaus ist Sandflohbefall bei Menschen besonders ausgeprägt in Gegenden, wo freilaufende Schweine und Hunde in engem Kontakt mit Menschen leben.
Epidemiologie
Tunga penetrans stammt ursprünglich
aus Süd- und Mittelamerika und wurde
von dort im Rahmen des Sklavenhandels
nach Afrika eingeschleppt. Wahrscheinlich von Angola ausgehend hat die Gattung Tunga sich nahezu über alle Länder
südlich der Sahara einschließlich der benachbarten Inseln ausgebreitet und kann
lokal eine erhebliche Plage für die Einwohner darstellen.
Prävention
Das tägliche Waschen der Füße ist eine
wichtige prophylaktische Maßnahme,
kann aber den Befall nicht zuverlässig
verhindern. In endemischen Gebieten
sollte das Barfußlaufen vermieden, Schuhe und Strümpfe ggf. mit Repellentien
eingesprüht werden.
Schlüsselliteratur
1. Krüger, N., Sanchez, E., Tropenkrankheiten: Diagnostik, Therapie, Prävention.
Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt., 1995
2. Weyer, F., Zumpt, F., Grundriß der medizinischen Entomologie. Johann Ambrosius
Barth, Leipzig, 1966
T
547
Herunterladen