Wirtschaftspolitik Grundlagen Quellen des Wohlstands Wettbewerb & Marktwirtschaft volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Wirtschaftspolitik 236 gesetzliche Verpflichtung zur Wirtschaftspolitik keine grundgesetzliche Bindung an ein bestimmtes Wirtschaftssystem Grundgesetz Artikel 72, Absatz 2 „… die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse …“ Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (Stabilitätsgesetz, 1967), § 1 „Bund und Länder haben bei ihren wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten. Die Maßnahmen sind so zu treffen, daß sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum beitragen.“ prof. dr. thomas weßels: vwl 2012 www.t-we.eu Wirtschaftspolitik: Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse Grundlagen Quellen des Wohlstands Wettbewerb & Marktwirtschaft volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Wirtschaftspolitik 237 nominales BIP in 2009 (Euro je Einwohner) Problemregionen hauptsächlich im Osten Quelle: www.destatis.de prof. dr. thomas weßels: vwl 2012 www.t-we.eu Wirtschaftspolitik: Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse Grundlagen Quellen des Wohlstands Wettbewerb & Marktwirtschaft volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Wirtschaftspolitik 238 Transferökonomie Ostdeutschland Versuch einer Angleichung der Lebensverhältnisse öffentliche Transfers von West nach Ost in Höhe von ca. 60 Mrd. Euro jährlich geschätzte Gesamttransfers seit Wiedervereinigung ca. 2 Billionen Euro trotz hoher finanzieller Anstrengungen keine Konvergenz nur geringer Anstieg des BIP pro Einwohner in Ostdeutschland von 60% auf 62% des Westniveaus Anstieg bedingt durch die Angleichung der Gehälter im öffentlichen Dienst prof. dr. thomas weßels: vwl 2012 www.t-we.eu Grundlagen Quellen des Wohlstands Wettbewerb & Marktwirtschaft volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Wirtschaftspolitik Wirtschaftspolitik: Stabilitätsgesetz 239 Ziele der Wirtschaftspolitik: Preisniveaustabilität Ziel in den 1960er Jahren und ab Mitte der 1990er Jahre grob erreicht 8,0% 6,0% 4,0% Inflationsrate 2,0% 0,0% 1949 -2,0% 1959 1969 1979 1989 1999 2009 -4,0% -6,0% -8,0% prof. dr. thomas weßels: vwl 2012 Jahr 1949 – 1990: jährliche Änderungsrate des Preisindexes für die Lebenshaltung eines 4-PersonenHaushalts von Arbeitnehmern und Angestellten mit mittlerem Einkommen (früheres Bundesgebiet) ab 1991: jährliche Änderungsrate des Verbraucherpreisindexes (Deutschland) www.t-we.eu Quelle: www.destatis.de Wirtschaftspolitik: Stabilitätsgesetz Grundlagen Quellen des Wohlstands Wettbewerb & Marktwirtschaft volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Wirtschaftspolitik 240 Ziele der Wirtschaftspolitik: hoher Beschäftigungsstand Ziel weitestgehend verfehlt (siehe Seite 22) Ziele der Wirtschaftspolitik: außenwirtschaftliches Gleichgewicht d.h. keine negativen Einflüsse auf die wirtschaftliche Entwicklung durch die Außenwirtschaft z.B. bei anhaltend negativem Außenbeitrag: steigende Verschuldung und Arbeitslosigkeit z.B. bei anhaltend positivem Außenbeitrag: hohe Forderungen gegenüber den Außenhandelspartnern mit dem Risiko des Forderungsausfalls und Gefahr einer Inflation bei Vollauslastung der Kapazitäten Ziel verfehlt: Außenbeitrag seit 2004 deutlich über 100 Mrd. Euro p.a. (siehe Seite 220) Zielerreichung kurzfristig erstrebenswert? prof. dr. thomas weßels: vwl 2012 www.t-we.eu Wirtschaftspolitik: Stabilitätsgesetz Grundlagen Quellen des Wohlstands Wettbewerb & Marktwirtschaft volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Wirtschaftspolitik 241 Ziele der Wirtschaftspolitik: stetiges und angemessenes Wachstum Konjunktur zyklische Schwankungen – Konjunkturzyklus Auf- und Abwärtsbewegung der Wirtschaft Maßstab: z.B. BIP (siehe Seite 226) Aufschwung Hochkonjunktur / Boom Abschwung / Rezession Krise / Depression Zielerreichung „stetig“ kann in einer Marktwirtschaft nicht erreicht werden „angemessen“ ist interpretationsfähig prof. dr. thomas weßels: vwl 2012 www.t-we.eu Grundlagen Quellen des Wohlstands Wettbewerb & Marktwirtschaft volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Wirtschaftspolitik Wirtschaftspolitik: Stabilitätsgesetz 242 •negative Einschätzung der Lage •positive Erwartungen •positive Einschätzung der Lage •positive Erwartungen •negative Einschätzung der Lage •negative Erwartungen prof. dr. thomas weßels: vwl 2012 die Konjunktur-Uhr •positive Einschätzung der Lage •negative Erwartungen www.t-we.eu Wirtschaftspolitik: Stabilitätsgesetz Grundlagen Quellen des Wohlstands Wettbewerb & Marktwirtschaft volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Wirtschaftspolitik 243 Konjunkturzyklus: Hochkonjunktur / Boom positive Einschätzung der Lage, positive Erwartungen sinkende Lagerbestände und volle Auslastung der Kapazitäten Löhne, Preise und Zinssätze steigen am Ende der Hochkonjunktur: Marktsättigung kein weiterer Anstieg des Marktvolumens horizontale und vertikale Konzentrationen Kapazitätserweiterungen werden zu Fehlinvestitionen BIP Zeit prof. dr. thomas weßels: vwl 2012 www.t-we.eu Wirtschaftspolitik: Stabilitätsgesetz Grundlagen Quellen des Wohlstands Wettbewerb & Marktwirtschaft volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Wirtschaftspolitik 244 Konjunkturzyklus: Abschwung / Rezession positive Einschätzung der Lage, negative Erwartungen zunehmende Lagerbestände, abnehmende Auslastung, Überkapazitäten drastischer Rückgang der Investitionen Abbau von Überstunden, Kurzarbeit, erste Stilllegungen Löhne, Preise und Zinssätze stagnieren oder sinken BIP Zeit prof. dr. thomas weßels: vwl 2012 www.t-we.eu Wirtschaftspolitik: Stabilitätsgesetz Grundlagen Quellen des Wohlstands Wettbewerb & Marktwirtschaft volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Wirtschaftspolitik 245 Konjunkturzyklus: Krise / Depression negative Einschätzung der Lage, negative Erwartungen hohe Lagerbestände, niedrige Auslastung, Überkapazitäten Löhne, Preise und Zinssätze sinken BIP keine Investitionen Stilllegungen, Insolvenzen, Massenentlassungen Zeit prof. dr. thomas weßels: vwl 2012 www.t-we.eu Wirtschaftspolitik: Stabilitätsgesetz Grundlagen Quellen des Wohlstands Wettbewerb & Marktwirtschaft volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Wirtschaftspolitik 246 Konjunkturzyklus: Aufschwung BIP negative Einschätzung der Lage, positive Erwartungen Auftragsvolumen, Investitionen und Konsum nehmen zu verbesserte Auslastung der Kapazitäten rückläufige Arbeitslosigkeit, leicht steigende Preise, niedriges Zinsniveau Zeit prof. dr. thomas weßels: vwl 2012 www.t-we.eu Wirtschaftspolitik: Konzepte der Konjunkturpolitik Grundlagen Quellen des Wohlstands Wettbewerb & Marktwirtschaft volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Wirtschaftspolitik 247 Aufgaben der Konjunkturpolitik Stabilisierung („stetig“) der wirtschaftlichen Aktivitäten in einer Volkswirtschaft Ausgleich von Schwankungen der Produktion, der Beschäftigung, der Einkommen, der Preise usw. Aktionsbereiche der Konjunkturpolitik Fiskalpolitik Einkommenspolitik staatliche Einnahmen (Steuern) und Ausgaben Zuständigkeit: Tarifparteien, d.h. kein Einfluss des Staates außenwirtschaftliche Politikbereiche, z.B. Währungspolitik Zuständigkeit: Regierung und Zentralbank, d.h. nur begrenzter Einfluss des Staates prof. dr. thomas weßels: vwl 2012 www.t-we.eu Wirtschaftspolitik: Konzepte der Konjunkturpolitik Grundlagen Quellen des Wohlstands Wettbewerb & Marktwirtschaft volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Wirtschaftspolitik 248 Konzepte der Konjunkturpolitik: Angebotspolitik Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen Ziele Senkung der Unternehmenssteuern, z.B. der Körperschaftsteuer Senkung der öffentlichen Ausgaben, z.B. durch Umbau der Sozialsysteme Deregulierung der Wirtschaft, z.B. durch Erleichterung von Existenzgründungen, Änderung der Handwerksordnung und Lockerung des Kündigungsschutzes Anreize für Investitionen schaffen dadurch mittelfristig Wachstum und (trotz niedrigerer Steuersätze) höhere Steuereinnahmen Abbau von Arbeitslosigkeit realisiert z.B. in den USA von 1980 – 1988 („Reaganomics“) und in Deutschland von 2003 - 2005 unter Gerhard Schröder („Agenda 2010“) prof. dr. thomas weßels: vwl 2012 www.t-we.eu Wirtschaftspolitik: Konzepte der Konjunkturpolitik Grundlagen Quellen des Wohlstands Wettbewerb & Marktwirtschaft volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Wirtschaftspolitik 249 Angebotspolitik in Deutschland („Agenda 2010“) kontroverse Diskussionen („Reformlüge“) nachweisbare positive Effekte sinkende Arbeitslosigkeit nach Arbeitsmarktreformen Ansätze zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte grundsätzliche Probleme einer Angebotspolitik negative soziale Begleiterscheinungen verbesserte Angebotsbedingungen sind keine Investitionsgarantie globale Unternehmen investieren dort, wo die günstigsten Bedingungen bestehen selbst ruinöse Steuersenkungen reichen nicht aus, um im Kostenwettbewerb mit Niedrigsteuerländern bestehen zu können (globales „Steuerdumping“, siehe Seite 234) prof. dr. thomas weßels: vwl 2012 www.t-we.eu Wirtschaftspolitik: Konzepte der Konjunkturpolitik Grundlagen Quellen des Wohlstands Wettbewerb & Marktwirtschaft volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Wirtschaftspolitik 250 Konzepte der Konjunkturpolitik: Nachfragepolitik Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung durch Steuerung der Nachfrage Ziele wesentlichster Bestandteil des BIP ist der Konsum, d.h. das BIP kann am einfachsten über den Konsum gesteuert werden (Globalsteuerung) höhere Nachfrage höhere Produktion mehr Investitionen höhere Nachfrage … Nachfrageimpulse mit Multiplikatoreffekt, z.B. durch Transfers und Subventionen für Konsumenten kurzfristiges Wachstum durch Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage Abbau von Arbeitslosigkeit realisiert z.B. in Deutschland in den 1970er Jahren unter Willy Brandt und Helmut Schmidt sowie zur Bekämpfung der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 unter Angela Merkel („Konjunkturpakete“) prof. dr. thomas weßels: vwl 2012 www.t-we.eu Grundlagen Quellen des Wohlstands Wettbewerb & Marktwirtschaft volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Wirtschaftspolitik Wirtschaftspolitik: Konzepte der Konjunkturpolitik 251 Multiplikatoreffekt zusätzliches Einkommen wird entsprechend der … … „marginalen Konsumquote“ c für Konsumausgaben verwendet … „marginalen Sparquote“ s nicht für Konsum verwendet, sondern gespart staatliches Konjunkturprogramm in Höhe von DC als Auslöser einer Mehrzahl von Konsumvorgängen pro Periode eine gewünschte Nachfragesteigerung S(C) wird durch ein Konjunkturprogramm erreicht, das nur einen Bruchteil der zusätzlichen Nachfrage umfasst der Multiplikator k = 1/s bewirkt: S(C) = k * DC Umschlagshäufigkeit / Periode 0 Konsum C 100,00 Sparen S Konsum kumuliert S(C) 100,00 marginale Konsumquote c marginale Sparquote s Konjunkturprogramm prof. dr. thomas weßels: vwlDC 2012 0,75 0,25 100,00 1 75,00 25,00 175,00 2 56,25 18,75 231,25 3 42,19 14,06 273,44 4 31,64 10,55 305,08 5 23,73 7,91 328,81 6 17,80 5,93 346,61 7 13,35 4,45 359,95 8 10,01 3,34 369,97 9 7,51 2,50 377,47 10 5,63 1,88 383,11 … … … … 400,00 www.t-we.eu Wirtschaftspolitik: Konzepte der Konjunkturpolitik Grundlagen Quellen des Wohlstands Wettbewerb & Marktwirtschaft volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Wirtschaftspolitik 252 Nachfragepolitik in Deutschland („Konjunkturpakete“) Diskussionen über „deficit spending“ zur Finanzierung („Schuldenpaket“) nachweisbare positive Effekte Deutschland hat die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 schnell überwunden (siehe Seite 226) grundsätzliche Probleme einer Nachfragepolitik kurzfristig steigende Staatsverschuldung wird bei mangelnder Haushaltsdisziplin zu einem langfristigen Problem Konsumverweigerung und Angstsparen Mitnahmeeffekte durch vorgezogenen Konsum Konsum von Importgütern langfristige Wirksamkeit ist umstritten, aber: „In the long run we are all dead“ (John Maynard Keynes, 1923) prof. dr. thomas weßels: vwl 2012 www.t-we.eu Grundlagen Quellen des Wohlstands Wettbewerb & Marktwirtschaft 3,27% volkswirtschaftliche Gesamtrechnung p.a. Wirtschaftspolitik Wirtschaftspolitik: Konzepte der Verschuldung von Bund, Konjunkturpolitik Ländern und Gemeinden 2 100 1 800 253 Schuldenrepublik Deutschland Quelle: www.destatis.de (eigene Berechnungen) (inkl. Sondervermögen des Bundes und Zweckverbände) in Mrd. EUR 3,57% p.a. 1 500 1 200 8,49% p.a. 900 12,87% p.a. 600 7,79% p.a. 10,91% p.a. 300 prof. dr. thomas weßels: vwl 2012 2009 2011 2005 2002 1998 1994 1990 1987 1983 1980 1976 1972 1969 1966 1961 1957 1953 1950 0 www.t-we.eu