Seelische Gesundheit Arbeitsbereich Klinische Psychologie und Sexualmedizin in der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie Direktor: Prof. Dr. Dipl.-Psych. Uwe Hartmann Tel.: 0511/532-2407 • E-Mail: [email protected] • www.mh-hannover.de/klinische_psychologie.html Keywords: Sexualmedizin, Klinische Psychologie, Neuropsychologie, affektive Neurowissenschaften Forschungsprofil In der Forschung liegen die Schwerpunkte des Arbeitsbereichs Klinische Psychologie und Sexualmedizin vor allem in den verschiedenen Bereichen der Sexualmedizin und -therapie. Hier wurden, in einer inzwischen mehr als drei Jahrzehnte umfassenden Tradition, Beiträge zu jeder der drei großen Gruppen sexueller Störungen, den sexuellen Funktionsstörungen, den Paraphilien und den Geschlechtsidentitätsstörungen, geleistet. Dabei war der Fokus ebenso auf psychologische und neurobiologische Grundlagenforschung, sowie auf ein breites Spektrum klinischer Fragestellungen gerichtet. Die aktuellen Schwerpunkte im Gebiet Sexualität und Paarbeziehung richten sich auf: Neuroendokrinologische Grundlagenforschung zur Psychobiologie normaler und gestörter sexueller Reaktionen Klinische Forschung zu neuen medikamentösen und psychotherapeutischen Therapiekonzepten bei sexuellen Funktionsstörungen des Mannes und der Frau sowie zu Paraphilien/Sexualdelinquenz und Störungen der Geschlechtsidentität Erforschung der Zusammenhänge zwischen Variablen der Paarbeziehung und der Paarsexualität inklusive der Entwicklung innovativer Therapiekonzepte. Forschung zur Dysregulation der sexuellen Impulssteuerung (sog. Sexsucht), vor allem im Bereich der Internetpornografienutzung. Neben dem sexualmedizinischen Schwerpunkt hat sich vor einigen Jahren die Forschungsgruppe „Affektive Neurowissenschaften“ unter der Leitung von Prof. Dr. Tillmann Krüger und PD Dr. Axel Wollmer (Hamburg) formiert. Ziel der gemeinsamen Arbeit ist die Erforschung neuropsychiatrischer Mechanismen der Regulation von Affekt und Stimmung mit einem Schwerpunkt auf bisher wenig untersuchte Aspekte, wie z.B. der sogenannten „Facial Feedback“-Theorie oder dem vestibulären System. Neben grundlagenwissenschaftlichen Fragestellungen wird insbesondere auch die klinische Anwendbarkeit auf den Prüfstand gestellt, so z.B. in multizentrisch durchgeführten Studien zur Behandlung depressiver und anderer affektiver Störungen mit Botulinum-Toxin A. Forschungsprojekte Phänotypisierung pädophiler/hebephiler Probanden des Präventionsprojekts „Dunkelfeld - Kein Täter werden“ (PPD) mittels der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik 2 (OPD-2). Gesamtziel des Vorhabens: Eine Schwierigkeit bisheriger Studien zur Pädophilie besteht in der Art der untersuchten Probanden, welche fast ausschließlich Männer aus dem Hellfeld sind, also rechtskräftig verurteilte Sexualstraftäter, von denen Schätzungen zufolge nur 25 - 50% die Kriterien einer Pädophilie erfüllen. Fraglich ist hierbei, inwiefern die erzielten Ergebnisse auf die Gesamtpopulation Pädophiler zu übertragen sind. Die wenigen Studien, welche sich an den diagnostischen Leitlinien der Pädophilie orientieren, beschreiben beispielsweise pädophile Probanden in Hinblick auf mögliche Risikofaktoren für einen (wiederholten) Kindesmissbrauch. Um eine effiziente Behandlung zu gewährleisten, ist es jedoch notwendig, Forschungsbericht 2014 385 Seelische Gesundheit einen Eindruck von den allgemeinen psychischen Funktionen und Ressourcen der Betroffen zu bekommen. Die bisherigen Studien liefern aber kein Bild von dem generellen psychischen Erleben und /oder Funktionsniveau der Probanden (psychische Struktur). Gerade diese Aspekte können dabei wichtige Anhaltspunkte für Interventionen im Umgang mit dieser Störung liefern, besonders da davon auszugehen ist, dass nicht das Vorliegen einer pädophilen Sexualpräferenz automatisch zu dissexuellem Verhalten führt. Es scheinen vielmehr spezifische psychologische Persönlichkeitsmerkmale, die mit sexuell delinquentem Verhalten assoziiert sind, wie z.B. Selbst- und Fremdwahrnehmung. Ziel der Studie ist es, die psychische Situation pädophiler/hebephiler Männer aus dem Dunkelfeld besser zu verstehen, um letztlich mit den gewonnenen Erkenntnissen bereits etablierte Therapiestrategien zu optimieren. Trotz bereits wirksamer Behandlungsansätze ist das Wissen darüber welche Faktoren mittel- und langfristig den Umgang mit einer Pädophilie/Hebephilie bestimmen noch lückenhaft - an diesem Punkt soll unsere Untersuchung neue Erkenntnisse bringen. Wissenschaftliche Arbeitsziele des Vorhabens: Phänotypisierung pädophiler/hebephiler Männer aus dem Dunkelfeld: Die geplante Untersuchung soll ein umfassenderes Bild von der psychischen Situation pädophiler Männer aus dem Dunkelfeld, wie das Vorliegen komorbider psychischer Störungen und die Verfügbarkeit innerer psychischer Funktionen (z.B. Empathiefähigkeit), zeichnen und somit relevante Informationen für die Konzeption einer effizienten Therapie dieser Störung liefern. Eine besondere Relevanz in diesem Vorhaben hat der Einsatz der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik (OPD-2), welche die operationalisierte Erfassung von essentiellen Variablen psychodynamischer Theorien (z.B. Übertragungsmuster) unter Berücksichtigung testdiagnostischer Gütekriterien ermöglicht. Verbesserung der psychotherapeutischen Behandlung dieser Störungsbilder: Die im OPD-2 erfassten Dimensionen liefern hierbei wichtige Hinweise für die Planung einer Therapie und deren Evaluation. Weiterhin verweisen verschiedene Autoren auf die Notwendigkeit, in der Planung einer Therapie umfassend und differenziert auf die Störung und ggf. vorliegenden Komorbiditäten einzugehen und etwaige funktionale Zusammenhänge zwischen den Störungskomplexen zu identifizieren. Daher sollen in der vorliegenden Studie auch ggf. vorliegende komorbide psychiatrische Diagnosen erfasst und beschrieben werden, um so ein umfassenderes Bild von der psychischen Belastungssituation der Probanden zu erhalten. Projektleitung: Hartmann, Uwe (Prof. Dr. rer. biol. hum. Dipl.-Psych.), Jakob, Constanze (Dipl.-Psych.); Förderung: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration Weitere Forschungsprojekte Neurobiologische Grundlagen von Pädophilie und sexuellen Missbrauchsverhalten gegen Kinder“ (NeMUP-Nord, BMBF) Projektleitung: Krüger, Tillmann (Prof. Dr. med.); Kooperationspartner: Beier, Klaus (Prof. Dr. med. Dr.phil.), Charité Universitätsmedizin Berlin, Walter, Martin (PD Dr. med.), Leibniz-Institut für Neurobiologie Magdeburg, Schiffer, Boris (Dr. rer. nat. Dipl.-Psych.), LVR-Klinikum Essen, Ponseti, Jorge (PD Dr. phil. Dipl.-Psych.), Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Walter, Henrik (Prof. Dr. med. Dr. phil.), Charité Universitätsmedizin Berlin; Förderung: BMBF Präventionsprojekt zur Verhinderung sexuellen Kindesmissbrauchs im Dunkelfeld (Präventionsprojekt Dunkelfeld, PPD) Projektleitung: Hartmann, Uwe (Prof. Dr. rer. biol. hum. Dipl.-Psych.), Krüger, Tillmann (Prof. Dr. med.); Kooperationspartner: Präventionsnetzwerk „Dunkelfeld“ mit 9 weiteren Standorten; Förderung: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration; Volkswagen Stiftung 386 Forschungsbericht 2014 Seelische Gesundheit Model Driven Computation of Treatments for Infertility Related Endocrinological Diseases (PAEON): Entwicklung mathematischer Modelle des normalen und gestörten weiblichen Zyklus zur klinischen Anwendung bei Kinderwunschbehandlungen Projektleitung: Krüger, Tillmann (Prof. Dr. med.), Zhang, Yuanyuan (PD Dr. med.), Reinbold, Victoria (Dr. med.); Kooperationspartner: Tronci, Enrico, Universita' di Roma "La Sapienza", Egli, Marcel (PD Dr.), Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, Leeners, Brigitte (Prof. Dr. med.), Universitätsspital Zürich, Röblitz, Susanna (Dr.), Zuse Institut Berlin, Schippert, Cordula (OA Dr. med.), Hillemanns, Peter (Prof. Dr. med.), Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe; Förderung: EU FP7 The role of vitamin D and immune functions for cognition in a subtype affective disorder Projektleitung: Bleich, Stefan (Prof. Dr. med.), Zhang, Yuanyuan (PD Dr. med.), Frieling, Helge (Prof. Dr. med.) Kahl, Kai (Prof. Dr. med.), Emrich, Hinderk M. (Prof. Dr. med. Dr. phil.). Neuronale und neurokognitive Dysfunktionen bei deviantem Sexualverhalten Projektleitung: Krüger, Tillmann (Prof. Dr. med.); Kooperationspartner: Schiffer, Boris (Dr. rer. nat. Dipl.-Psych.), LVR-Klinikum Essen; Förderung: DFG Clostridium botulinum Typ A Neurotoxinkomplex zur Behandlung von Depressionen: Mechanismen und Prädiktoren von Response Projektleitung: Krüger, Tillmann (Prof. Dr. med.); Kooperationspartner: Wollmer, Axel (PD Dr. med.), Asklepios Klinik Ochsenzoll, Hamburg; Förderung: Gottfried & Julia Bangerter-Rhyner-Stiftung, Bern, Schweiz Clostridium botulinum Typ A Neurotoxinkomplex zur emotionalen Stabilisierung bei emotional instabiler Persönlichkeitsstörung: Mechanismen und klinische Wirksamkeit Projektleitung: Krüger, Tillmann (Prof. Dr. med.); Kooperationspartner: Wollmer, Axel (PD Dr. med.), Asklepios Klinik Ochsenzoll, Hamburg; Förderung: Asklepios Pro Research Entwicklung der H2-Agitationsskala - ein Instrument zur Erfassung von Agitation m Rahmen psychischer Erkrankungen Projektleitung: Jung, Stefanie (M.Sc.), Krüger, Tillmann (Prof. Dr. med.); Kooperationspartner: Wollmer, Axel (PD Dr. med.), Asklepios Klinik Ochsenzoll, Hamburg; Förderung: Gottfried & Julia Bangerter-Rhyner-Stiftung, Bern, Schweiz Exzessives sexuelles Verhalten (Sexsucht) und assoziierte psychische Faktoren und Persönlichkeitsakzentuierung bei Männern und Frauen Projektleitung: Philippsohn, Susanne (Dr. med.). Die „Abused-Abuser-Theorie": Mediieren dysfunktionale Kognitionen den Zusammenhang zwischen erfahrenem Missbrauch und späterem sexuellen Übergriff? Projektleitung: Hartmann, Uwe (Prof. Dr. rer. biol. hum. Dipl.-Psych.), Horoz, Sara (B.Sc.), Körner, Mandy (Dipl.-Psych.); Förderung: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration Determinanten der Verhaltenssteuerung pädosexueller Aktivität - eine Untersuchung der Risiko- und Schutzfaktoren Projektleitung: Hartmann, Uwe (Prof. Dr. rer. biol. hum. Dipl.-Psych.), Krug, Diana (B.Sc.), Körner, Mandy (Dipl.-Psych.); Förderung: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration Prevention Project Dunkelfeld Hannover: Reduction of risk factors for pedophilic sexual offending Projektleitung: Hartmann, Uwe (Prof. Dr. rer. biol. hum. Dipl.-Psych.), Engel, Jannis; Förderung: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration Forschungsbericht 2014 387 Seelische Gesundheit Originalpublikationen Behnia B, Heinrichs M, Bergmann W, Jung S, Germann J, Schedlowski M, Hartmann U, Krüger TH. Differential effects of intranasal oxytocin on sexual experiences and partner interactions in couples. Horm Behav 2014;65(3):308-318 Hartmann C, Hartmann U. Appetenzstörungen in der gynäkologischen Praxis. Gynakologe 2014;47(2):74-79 Hartmann U, Hanisch JU, Mattern A. The real-life perception of efficacy, attitude, satisfaction and safety of vardenafil therapy (REPEAT): a prospective, non-interventional, observational study. Aging Male 2014;17(2):117-124 Diagnostik, Therapie, Prävention; mit 15 Tabellen. Berlin {u.a.]: Springer, 2014. S. 69-96 Smith GL, Krüger THC, Wischka B. Sexual Violence. In: Kirana PS, Tripodi F, Reisman Y, Porst H [Hrsg.]: The EFS and ESSM Syllabus of Clinical Sexology. Amsterdam: Medix Publ., 2013. S. 1220-1239 Wollmer MA, Magid M, Krüger THC. Botulinum toxin treatment in depression. In: Bewley A, Reichenberg JS, Magid M, Taylor RE [Hrsg.]: Practical psychodermatology. Chichester, West Sussex, UK: John Wiley and Sons, Inc, 2014. S. 216-219 Abstracts Kotz SA, Dengler R, Wittfoth M. Valence-specific conflict moderation in the dorso-medial PFC and the caudate head in emotional speech. Soc Cogn Affect Neurosci 2015;10(2):165-171 2014 wurden 2 Abstracts publiziert. Magid M, Reichenberg JS, Poth PE, Robertson HT, LaViolette AK, Kruger TH, Wollmer MA. Treatment of major depressive disorder using botulinum toxin A: a 24-week randomized, double-blind, placebo-controlled study. J Clin Psychiatry 2014;75(8):837-844 Horoz, Sara (B.Sc.): Die „Abused to Abuser“ Hypothese: Mediieren kognitive Verzerrungen den Zusammenhang zwischen erfahrenem Missbrauch und späterem sexuellen Übergriff? Mohnke S, Müller S, Amelung T, Krüger TH, Ponseti J, Schiffer B, Walter M, Beier KM, Walter H. Brain alterations in paedophilia: A critical review. Prog Neurobiol 2014;122C:1-23 Bachelor Krug, Diana (B.Sc.): Determinanten der Verhaltenssteuerung pädosexueller Aktivität - eine Untersuchung der Risiko- und Schutzfaktoren. Auszeichnungen Rustamov N, Rodriguez-Raecke R, Timm L, Agrawal D, Dressler D, Schrader C, Tacik P, Wegner F, Dengler R, Wittfoth M, Kopp B. Attention shifting in Parkinson‘s disease: An analysis of behavioral and cortical responses. Neuropsychology 2014;28(6):929-944 Krüger, Tillmann (Prof. Dr. med.): EUROPEAN AWARD ON SEXUAL HEALTH - CASES THAT MATTER 2014, European Society for Sexual Medicine & European Federation of Sexology (ESSM/EFS) anlässlich der ESSM/EFS Jahrestagung in Istanbul, Türkei. Timm L, Vuust P, Brattico E, Agrawal D, Debener S, Büchner A, Dengler R, Wittfoth M. Residual neural processing of musical sound features in adult cochlear implant users. Front Hum Neurosci 2014;8:181 Weitere Tätigkeiten in der Forschung Wollmer MA, Kalak N, Jung S, de Boer C, Magid M, Reichenberg J, Brand S, Holsboer Trachsler E, Krüger THC. Agitation predicts response of depression to botulinum toxin treatment in a randomized controlled trial. Front Psychiatry 2014;5:36 Übersichtsarbeiten Wollmer MA, Jung S, Krüger THC. Ein neuer Wirkstoff gegen Depression? NeuroTransmitter 2014;25(3):36-41 Buchbeiträge, Monografien Hartmann U. Hot Topic Psychosomatik mit Schwerpunkt Sexualmedizin. In: Braun V, Ell C, Gesenhues S, Martin S, Wetzel-Richter D [Hrsg.]: Handbuch Allgemeinmedizin 2014. Wiesbaden: med publico GmbH, 2014. S. 1-16 Hartmann U, Mörsen CP, Böning J, Berner M. Exzessives Sexualverhalten. In: Mann K [Hrsg.]: Verhaltenssüchte: Grundlagen, 388 Hartmann, Uwe (Prof. Dr. rer. biol. hum. Dipl.-Psych.): Fachgutachter für zahlreiche nationale und internationale wissenschaftliche Journals; Mitherausgeber der Zeitschrift „Blickpunkt der Mann“; Mitglied des Editorial Board des „International Journal of Transgenderism“. Krüger, Tillmann (Prof. Dr. med.): Beiratsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Sexualmedizin, Sexualtherapie und Sexualwissenschaft (DGSMTW); Fachgutachter für internationale wissenschaftliche Zeitschriften und Drittmittelgeber. Philippsohn, Susanne (Dr. med.): Fachgutachter für internationale wissenschaftliche Zeitschriften. Wittfoth, Matthias (Dr. rer. nat. Dipl.-Psych.): Fachgutachter für internationale wissenschaftliche Zeitschriften. Zhang, Yuanyuan (PD Dr. med.): Mitglied der Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN); Gutachter für Neuroscience Letters, British Journal of Psychiatry, Bipolar Disorders, Behavioural Brain Research, Journal of Psychiatric Research, Psychiatry Research. Forschungsbericht 2014