D e r M i t t l e re We g majjhimâ - patipadâ Zeitschrift des Buddhistischen Bundes Hannover e.V. Gemeinnütziger Verein · Zentrum: Drostestraße 8 · 30161 Hannover 48. Jahrgang September-Dezember 2016 Nr. 3 L aufe nicht der Vergangenheit nach und verliere Dich nicht in der Zukunft. Die Vergangenheit ist nicht mehr. Die Zukunft ist noch nicht gekommen. Das Leben ist hier und jetzt. Heftpreis 3,00 € (Siddhartha Gautama) L erne loszulassen, das ist der Schlüssel zum Glück. W (Siddhartha Gautama) erdet Vorübergehende (Thomasevangelium, Jesus Logion 42) Programm und Einladung Buddhistischer Bund Hannover e.V. - Drostestraße 8 (Nähe Lister Meile) Veranstaltungen von September - Dezember 2016 02.09. Freitag 19 -21 h Vortrag von Michael Harbecke Das Dhamma der Satipatthana Sutte. Woran erkennen wir die Gesetzmäßigkeit des Dhammas in dieser Sutte? Der Referent untersucht diese Gesetzmäßigkeit anhand des Sutras von der Achtsamkeit auf den Atem. 03.09. Samstag 10 - 16 h Dhamma-Praxis-Tag mit Michael Harbecke | Wir bereichern unser Verständnis von Dhamma in meditativer Praxis. Kleinigkeit zum Mittagessen mitbringen. Teilnahme auf Spendenbasis – bitte rechtzeitig anmelden. 04.09. Sonntag 10 - 16 h Achtsamkeitstag - mit Anagarika Vupasama und Claudius Eßmann im Lilienhof, Nienburger Bruch 10, 31629 Estorf, südlich von Nienburg – Zusammen verbringen wir einen gemeinsamen Tag in Achtsamkeit z.B. mit Meditation, Austausch, achtsames Essen, Gehmeditation, Qi Gong. 04.09. Sonntag 15:30 - 19:30 h Mit Buddhaohren zuhören Halbtagesseminar mit Christoph Hatlapa | Veranstalter: Buddhistische Gemeinschaft Chöling e.V. in Zusammenarbeit mit Rigpa Ort: Pagode Vien Giac, Karlsruher Str. 6, 30519 Hannover Informationen: www.choeling.de; Teilnehmergebühr: Spende 09.09. Fr 19 - 21 h Buddhismus kennenlernen Informationsabend für Interessierte, Ort & Infos wie am 04.09. 10.09. Samstag 10 - 17 h Gemeinsam einen Tag im achtsamen Verweilen verbringen Heute wird unsere Übungspraxis im Geiste der meditativen Bewegungsübungen aus dem Kum Nye, dem tibetischen Heilyoga und der Einsichtsmeditation von Johannes angeleitet - eine Erfahrung von Entspannung und Erkenntnis in Bewegung und Stille. Geeignet ist unser Übungstag für Neuinteressierte ebenso wie für schon erfahrene Meditierende. Bitte etwas zum gemeinsamen Mittagsimbiss mitbringen. Teilnahme auf Spendenbasis - bitte rechtzeitig anmelden. 17.09. Samstag 10 - 18 h Einführung in den Einsichtsdialog mit Bhante Sukhacitto Achtssamkeit und Geistesruhe werden durch diesen Dialog in die Interaktion mit anderen eingebracht. Veranstalter: Kalyana-Mitte, spirituelle Freundschaft, Gothami & Malooh Haberstroh – Ort: Lister Meile 35a (Hinterhaus) – Teilnahme auf Spendenbasis 20.09. Dienstag 19 - 21:30 h Geistesschulung im Alltag: Wie kann ich mein Leben als Meditation gestalten | Vortrag, Meditation und Austausch mit Bhante Sukhacitto Unser Dhamma-Kreis wird an diesem Abend durch Bhantes reichhaltige Praxis-Erfahrung bereichert. - Teilnahme auf Spendenbasis 25.09. Sonntag 10 - 16 h Info-Nachmittag Buddhismus | Buddhistische Orientierungshilfe und Erfahrungsaustausch über die Lehre des Buddha. Das Gesprächs-Thema richtet sich vorwiegend nach den Fragen der Teilnehmer. Interessierte und Suchende sind herzlich willkommen. Bitte pünktlich erscheinen, späterer Einlass nicht möglich. Praxis-Gruppen im Internet www.buddhahannover.de. Anfragen unter Tel. (0511) 47 14 09 (Bernd Weber) 01.10. Samstag 10 - 13 h Achtsames Leben | Die Praxis der Achtsamkeit in der Tradition von Thich Nhat Hanh wird mit stillen Meditationen und Impulsen für den Alltag von Jan-Michael Ehrhardt geleitet. Teilnahme auf Spendenbasis - bitte rechtzeitig anmelden. 08.10. Sa. 10 - 17 h Gemeinsam einen Tag im achtsamen Verweilen verbringen | Meditative Übungen in Stille und Bewegung mit Johannes – wie am 10.09. 09.10. Sonntag 10 - 19 h Buddhistischer Sonntag mit Wolfgang Krohn, Hamburg | Thema: Der Buddha – ein Arzt, die Lehre – eine Medizin, der Mensch – der Patient. - Vortrag, Gespräche und Körperübungen. Bitte leichte, lockere Kleidung und etwas zum gemeinsamen Mittagessen mitbringen, Tee wird gereicht – auf Spendenbasis (Dana) - bitte rechtzeitig anmelden. 14. - 16.10. Fr. 18:00 h bis So. 17:00 h Studien-Sesshin mit Zen-Meisterin Dagmar Doko Waskönig Anmeldung: Tel. 0511-864871 - Beitrag 105 € | Samstag-Vormittag: Prof. Dr. Peter Antes (Religions-Wiss., Hannover): Das Gewaltpotential der Religionen; Nachmittag: Dr Michael Gerhard (Univ. Mainz, Präs. Der Schopenhauer-Ges.): Der Buddha in Frankfurt und seine Jünger in Deutschland | Beide Vorträge können gesondert besucht werden – Beitrag: 25 € | Sonntag: Dagmar Doko Waskönig, Vormittag: Das Herz-Sutra (Hannya Shingyo), Nachmittag: Das Mahlzeiten-Sutra 18.10. Die. 19 - 21:30 h Fortsetzung des Themas vom 20.09. Geistesschulung im Alltag mit Bhante Sukhacitto Programm - Fortsetzung folgt auf Seite 30 majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 -2- -3- majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 Inhalt Programm Teil I Seite 2 Impressum 4 Editorial 5 Hans Wolfgang Schumann Buddhismus - Philosophie zur Erlösung 6 Axel Rodeck Die Epochen des Buddhismus 9 Axel Rodeck Grenzsteine 16 Ulrich Beck Die Sorge um den Nachwuchs ein Hindernis auf dem spirituellen Weg? Der Mittlere Weg majjhimâ - patipadâ Nr.3/2016 Herausgeber: Buddhistischer Bund Hannover e.V. Drostestr. 8, 30161 Hannover Tel. + Fax: 0511 / 3 94 17 56 E-Mail: [email protected] Internet: www.buddha-hannover.de 17 Wilfred Hartig (Buchbesprechung) Hellmuth Hecker: Blüte und Verfall im Hinayanaund im Mahayana-Buddhismus www.facebook.com/BuddhistischerBundHannover 21 Ajahn Brahm Der mexikanische Fischer Redaktionsteam: Rother Baumert, Axel Rodeck, Michael Schmidt, Rajah Wirasekara, York-Victor Reith 23 Satz u. Gestaltung: 25 York-Victor Reith | Computer-Schule www.hannover-computer-schule.de Michael Funk Treffen der Theravada-AG in Hannover Vortragsabende und Meditationstage mit Sr. Mudita im BBH Auch das noch... 26 27 Sangha des buddh. Mönchs Thich Nhat Hanh 28 Die dritte Erdberührung Die vier edlen Wahrheiten 29 Programm Teil II 30 Druck: Lps-digital, Hannover Auflage: 500 Spendenkonto: Buddhistischer Bund Hannover e.V. Postgirokonto: Postbank Hannover IBAN: DE07 2501 0030 0018 0183 03 BIC: PBNKDEFF Abbildungen: pixabay.com: Titelbild, S.5,20,22,24,28, 29; lilien-hof.de: S.15; Axel Rodeck: S.16,17; Michael Funk: S.25; Wolfgang Schumann: S.7; Archiv: S.6,8,22,23. „Der Mittlere Weg - majjhima patipada“ ist für Mitglieder kostenlos. Ein Anspruch auf Lieferung besteht nicht. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Der Nachdruck ist nur mit Genehmigung gestattet. Ein Belegexemplar wird erbeten. Anreise zum BBH mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Das Buddhistische Zentrum in der Drostestr. 8 ist gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen: mit den Linien 3, 7 und 9 ab Hbf (Tiefebene) bis zur ersten Haltestelle „Sedanstr./Lister Meile“, dann zu Fuß die Lister Meile hoch, rechts in die Drostestr. einbiegen; mit den Bus-Linien 121, 128, 134, 100, 200 bis Haltestelle „Lister Platz“, zu Fuß die Lister Meile hinunter. majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 -4- Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos übernehmen wir keine Gewähr. Notwendige Kürzungen versu- chen wir vorher mit den AutorInnen zu besprechen. Texte und Bilder, wenn möglich, bitte auf CD zusenden oder per Editorial Liebe Leserinnen und Leser! Warum haben Sie sich zum Lesen dieser Zeilen entschieden? Doch sicherlich, um - über die in diesem Heft enthaltenen Beiträge hinaus - etwas von deren „Machern“ und ihrem Verein „BBH“ zu erfahren. In diesem Sinn verstehen Sie bitte unsere Aussage, dass auch unser Verein nicht frei ist von Querelen, wie sie wohl in jeder Organisation vorkommen, sei sie auch dem Gedanken der „Liebenden Güte“ verpflichtet. Mit diesen Vorbemerkungen leiten wir über zu einer Feststellung: Ja, es hat im Zentrum in der Drostestraße 8 Meinungsverschiedenheiten gegeben, die zu einer Trennung von jahrzehntelang gepflegten Strukturen geführt haben. Das Zen Dojo Shobogendo wird sich von der Wohnungsgemeinschaft mit dem BBH, mit dem es einen Untermietvertrag hatte, lösen und in ein eigenes Zentrum umziehen. Dies hat nicht zuletzt auch finanzielle Konsequenzen. Wir wollen diese sicherlich reiflich überlegte Entscheidung akzeptieren und den bisherigen Nachbarn für die Zukunft alles Gute wünschen. Wir wissen ja, dass alles vergänglich ist und auch der BBH nicht ewig bestehen wird. Doch mag uns Zuversicht geben, dass hierüber schon seit über 10 Jahren und erst recht seit vielen Mitgliederversammlungen lamentiert wird… Vielleicht waren die erlebten Disharmonien auch der Grund für einen bedauerlichen Irrtum, für den wir um Entschuldigung bitten: Wir legten den Heften DMW 2/2016 ältere, inzwischen nicht mehr zugelassene Überweisungsträger bei. Die beauftragten Geldinstitute wiesen die Aufträge unter Hinweis auf die „Vordruckrichtlinien für SEPA-Überweisungen“ zurück. Um freundliche Nachholung fehlgeschlagener Überweisungen wird höflichst gebeten. Doch genug der Selbstkritik. Wir empfehlen die Lektüre der folgend abgedruckten Aufsätze, diesmal bildet wieder die buddhistische Philosophie einen Schwerpunkt. Und konfessionsübergreifend möchten wir Ihnen mit diesem letzten Heft des Jahres 2016 geruhsame Weihnachtsfeiertage wünschen. Zur Beachtung: Bitte erkundigen Sie sich bei Veranstaltungen des Zen Dojos Shobogendo, ob es bei den in diesem Heft genannten Terminen und Örtlichkeiten bleibt! Mit herzlichem Gruß Ihre Redaktion A.R. Allen Spendern herzlichen Dank, die uns durch ihre Gabe eine Fortsetzung der Vereinsarbeit ermöglichten! Email (s.o.). -5- majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 Buddhismus – Philosophie zur Erlösung von Hans Wolfgang Schumann Neue Weltbetrachtung Es sind die Grenzsituationen, deren Erlebnis die frühindische Philosophie ins Leben rief. Krankheit, Alter und Tod, sie sind die Grenzen, über die der Mensch nicht hinauskann. Oder gibt es doch einen Ausweg aus ihnen? Dies ist die Frage, die indische Denker beschäftigt. Im 6./5. Jh.vor Chr. wird die Natur beobachtet, eine neue Bewußtseinshaltung erreicht. Das Denken in Bildern wird durch das Denken in Begriffen abgelöst; der Mensch erwacht zur Ratio. Von den Weltsystemen richtet sich der Blick auf den Menschen. Der Dharma (dhamma) wird entdeckt, die Gesetzlichkeit der Erscheinungen. „Die Wesen sterben“ – das wird beobachtet; „ …und gelangen in eine jenseitige Welt“ – das wird gefolgert. Wohin gelangen sie dann? Neuerlich auf die Erde, ist die Antwort. Die Lehre von der Wiedergeburt ist entstanden und wird bald im indischen Kulturraum als Naturgesetz angesehen. Aber wie vollzieht sich der Vorgang der Wiedergeburt? – In den Antworten unterscheiden sich die indischen Philosophiesysteme grundlegend. Ursache und Wirkung „Wenn jener beobachtete Faktor des individuellen Daseins existiert, was ist seine Voraussetzung? Was ist die Voraussetzung dieser Voraussetzung?“ – Das Ergebnis dieser Fragestellung weist über die gegenwärtige Existenz hinaus in Vergangenheit und Zukunft. Die existierende empirische Persönlichkeit ist nur ein Ausschnitt aus einer Reihe von Ein neues Problem taucht auf: Wenn die Individualität nur ein Erlebnisphänomen ist, wer ist dann der Träger der Erkenntnis vom Leiden? – Die empirische Persönlichkeit, erwidert der Buddha: Trotz ihres Bestehens aus sich ablösenden kurzlebigen Faktoren besitzt sie genügend Kontinuität, dass Erkenntnisse möglich sind. Trotz ihrer Wesenlosigkeit kann die empirische Person einsehen, dass individuelles Dasein und Leiden identisch sind, dass es ratsam ist, die leidhafte Faktorenkette zum Abreißen zu bringen. Das Phänomen Leben Der Hinduismus, zeitlich vor dem Buddhismus entstanden, nimmt in den Wesen eine unsterbliche Seele (atman) an, die nach dem Tode ihres Trägers unverändert in ein neugeborenes Wesen überwandert und sich als dieses „reinkarniert“. Der Buddha, wissend dass nichts in der Welt ewig ist, auch keine Seele, durchschaute diese Wiedergeburtslehre als Irrtum und besucht sogar Leichenäcker, um den Zerfall von Körpern zu studieren. Er entdeckt dabei nur Stoffe, die überall in der Natur anzutreffen sind, nichts aber, das als Spur einer Seele gedeutet werden könnte. Er folgerte daraus: Es gibt keinen atman, keine dauerhafte Seele, und formulierte diese Erkenntnis als seine an-atman-Lehre majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 -6- konditionalen Faktoren, die aus einem unerkennbaren Anfang herkommt und sich – wird sie nicht absichtlich gebrochen – in die Zukunft fortsetzt. Die Faktoren, so lange sie bestehen, sind Gegenwart, das Phänomen Leben fließt wie eine Welle durch sie hindurch. Es ist von ihnen bedingt, aber nicht mit ihnen wesensgleich. Leben ist Werden ohne beharrendes Sein, die sogenannte „Persönlichkeit“ ein Bündel von Phänomenen ohne Substrat, und was der Mensch im Gebrauch der Umgangssprache sein Ich nennt, nur ein Erlebnisbegriff ohne Substrat. (Pali: anattan): Was wir unser „Leben“ nennen, hängt nicht ab vom Besitz einer Seele, sondern ist das Ergebnis eines Vorgangs, der an uns abläuft; wir sind nicht, sondern befinden uns in einem Zustand pausenlosen Anderswerdens. Was der Mensch in der Umgangssprache sein „Ich“ nennt, ist nur ein zeitbegrenztes Erlebnis ohne realen Kern. Abbruch der Wiedergeburtenkette Also gibt es nach unserem Tod kein Dasein mehr, muß man fragen. O doch, erwidert der Buddha, aber man lebt nicht personell weiter als der gewesene Fritz oder die verstorbene Frieda, sondern als impersonaler Faktor für spätere Entstehnisse. Foto und Kommentar von Wolfgang Schumann Also ist Selbstmord zweckmäßig? – Nein, denn Selbsttötung zerstört nur die gegenwärtige Persönlichkeit, nicht aber die Faktorenkette, die sich als Wiedergeburtenreihe auswirkt. Gründlicher, viel gründlicher muß die Erlösung vom Leiden angestrebt werden: Durch Vernichtung der Kräfte, die die Kette von Daseinsfaktoren zusam- -7- majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 menhalten. Der Mensch muß sich erlösen, indem er sich für immer von Individualität befreit. Bewußte Reduktion der Triebe und Süchte durch Selbstzucht und Ethik, das ist das Mittel, mit dem dieses Ziel erreicht werden kann. Und die Götter? rufen einige indische Schulen dazwischen, sind sie machtlos? – Sie sind es, antwortet der Buddhismus, auch sie unterliegen dem Werden und Vergehen. Der Dharma, die Naturgesetzlichkeit, die Mechanik des Daseins ist es, nach der man sich zu richten hat; der Mechaniker, wenn es ihn gibt, interessiert nicht. Selbst wenn man seiner gewiss wäre, könnte er einen anderen Rat geben als den, dass der Erlösung Suchende sich nach seiner mechanischen Ordnung richten solle? – Weiterentwicklung des Buddhismus Wie ein Wirbelwind erfassen diese Gedanken das alte Indien, überfluten ganz Südasien, prägen ihren Stempel auf die Jahrhunderte unserer Zeitrechnung. Da plötzlich dämmert ein neues metaphysisches Empfinden. Das Denken in der Immanenz wird als beengend empfunden, ein Gespür für das Umgreifende wird wach. Das Seinsbewusstsein wandelt sich. Man spürt im Hier das Numinosum. Die Gewissheit, seine Erlösung vom Leid selber selbst erwirken zu können, wird abgelöst durch das Gefühl der Abhängigkeit von übermenschlichen Mächten. Neben den Buddhismus der Erkenntnis und Selbstzucht ist der Bud- dhismus des Glaubens und des Gebetes getreten. – Unser Zug durch die frühbuddhistische Philosophie ist beendet. Lediglich die rationale Seite der buddhistischen Lehre haben wir dargestellt; das Fluidum buddhistischer Welterfahrung, die mit lächelndem Gleichmut am Leben teilnimmt, wurde nur angedeutet. Zum Erlebnis wird die Atmosphäre buddhistischen Denkens erst beim Lesen der Quellenschriften und beim Verweilen vor den Werken der buddhistischen Kunst. Dann wird man spüren, dass die Entstehung dieser Religion zu den großen Stunden der Geistesgeschichte gehört. Die Epochen des Buddhismus von Axel Rodeck I. Achsenzeit und Hinayana 1. Paradigmenwechsel in der Welt und in Indien a) Der Zeitraum 800 bis 200 Jahre vor unserer Zeitrechnung, also vor rund 2500 Jahren, kann als eine Achse der Weltgeschichte (Karl Jaspers: „Achsenzeit“) angesehen werden. Es fand in verschiedenen Gebieten der Erde ein Prozess statt, der zur Entstehung des heutigen Menschen führte - das mythische Zeitalter war zu Ende. In China wirkten Laotse und Konfuzius, in Griechenland die Philosophen von Heraklit bis Plato. In Indien lehrten Buddha und Nataputta (genannt „Mahavira“, Begründer des Jainismus) und in Persien Zarathustra. Es fällt auf, dass die geistige Entwicklung mit einer Änderung der sozialen Zustände in diesen Ländern einherging. Selbständige Städte und reger gegenseitiger Verkehr brachten geistige Bewegungen in Umlauf. Weltweit also ein Paradigmenwechsel, der Religion, Philosophie und Naturwissenschaft erfasste. b) In Indien war die Entwicklung einer urbanen Kultur und eine Krise der HHB Audio teilt mit, dass sie das angekündigte 60. Hörbuch „Das buddhistische Audio Wörterbuch“ nicht wie geplant liefern können. Nun wird in Abänderung als 60. Hörbuch „Die sieben Erwachungsglieder“ von Hellmuth Hecker angeboten, gelesen von Renate Kann. Außerdem wurde das Hörbuch Nr. 33, „Wie Magha zum Götterkönig Sakka wurde“ neu überarbeitet und steht als 1. Neuauflage zur Verfügung. Siehe: www.ethik-hoerbuch.de majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 THERAVADA-NEWSLETTER (143) vom 12.07.2016 -8- vedischen Opferkulte zu beobachten. Die Opferzeremonien wurden immer komplizierter und in einer dem Volk unverständlichen Sakralsprache durchgeführt. Mit den ständig steigenden Kosten für Opfertiere und Priesterhonorare wurde insbesondere ein verärgerter Mittelstand belastet. So entwickelte sich im 6. Jhd. vor unserer Zeitrechnung ein geistiger Aufbruch abseits der etablierten Kulte, der neue Heilsziele suchte und zu noch heute wirkenden religiösen und philosophischen Spitzenleistungen führte. Ein breites Spektrum von Heilssuchern machte sich auf den Weg, von selbstquälerischen Asketen bis zu Haus und Familie in Stich lassenden Bettelmönchen. Von den großen Lehrern wurden schon erwähnt Mahavira und Buddha. Letzterer hatte als Fürstensohn Siddhartha Gautama Wohlstand und Familie aufgegeben, um in der Hauslosigkeit sein Heil zu suchen. 2. Erleuchtung und Urlehre Der Überlieferung zufolge hatte im Jahre 528 v. Chr., in der ersten Vollmondnacht des Monats Vesakha (April/Mai), der 35-jährige Siddhartha Gautama in einem sich über drei indische Nachtwachen (9 Stunden) hinziehenden Prozess die Erleuchtung erlangt. In tiefer Meditation erkannte er seine früheren Vorexistenzen, das Naturgesetz der ethischen Kausalität (Karmagesetz) und - während der letzten Nachtwache, als bereits der Horizont heller wurde - die Wahrheiten vom Leiden. Sich die folgenden sieben Tage unter ei-9- majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 nem Bodhibaum ausruhend überlegte er, ob er seine „tiefe, schwer durchschaubare, schwer zu begreifende, sachgerechte, ausgezeichnete, bloßer Logik unzugängliche, feinsinnige, nur Gebildeten verständliche“ Lehre für sich behalten oder anderen Menschen darlegen solle. Der Buddha entschied sich für eine Verkündung und suchte zunächst die fünf Kameraden seiner früheren Askesezeit auf, die bei Benares im Wildpark von Isipatana weilten. Ihrem Vorwurf, sich von der harten Askese losgesagt zu haben, begegnete Buddha mit der berühmten ersten Lehrrede, dem „Sutra vom Andrehen des Dharma-Rades“. und Heilung könne folglich nur durch Beseitigung der Gier erreicht werden. Hierzu bot er als „Heilmittel“ acht Regeln an, den „achtfältigen Pfad“. Wenige Tage später erweiterte Buddha seine Lehre und stellte fest, dass entgegen der herkömmlichen brahmanischen Tradition die Wesen keine (ewige) Seele besitzen, die Subjekt der Wiedergeburt sein könne. Sie sind ohne ein Etwas, was den Tod überdauert. Die Wiedergeburt richte sich nach der Qualität der Taten in der gegenwärtigen Existenz (Karma-Gesetz). Die hier nur knapp umrissene Lehre wurde in den folgenden Jahren vom Buddha vertieft und weiterentwickelt. Er führte aus, die richtige Methode liege nicht in den beiden Extremen Askese oder Sinnesfreuden, sondern in einem „Mittleren Weg“. Damit bot er eine vernünftige Alternative zu den extremistischen religiösen Ideen seiner Zeit. Er legte ebenfalls den Kern seiner Lehre dar, welcher durch alle Zeiten und Entwicklungen der Lehre erhalten geblieben ist, nämlich die Lehre vom Leiden („Die vier Edlen Wahrheiten“). Gemäß einer aus der indischen Medizin abgeleiteten Methode, wonach der Arzt zunächst nach der Krankheit, dann nach ihrer Ursache, dann nach der Möglichkeit von deren Aufhebung und letztlich nach dem Heilmittel fragte, ging der Buddha systematisch vor. Die Beschäftigung mit der Lehre darf freilich nicht die wichtige Tatsache verdrängen, dass das von dem Mystiker letztlich erstrebte absolute Wissen eine nicht-intellektuelle Erfahrung der Welt darstellt. Nicht der Spekulationsweg, sondern der Meditationsweg führt zur höchsten Stufe mystischer Erfahrung. So wie das Studium der Landkarte noch nicht die Erfahrung der Landschaft selber ersetzen kann, kann die buddhistische Lehre nur an das letzte Wissen möglichst nah heranführen. Letztlich ist, wie D.T. Suzuki sagt, die persönliche Erfahrung die Grundlage der buddhistischen Philosophie: „In diesem Sinne ist der Buddhismus ein radikaler Empirismus, welche Dialektik auch immer sich später entwickelte, um die Bedeutung der Erleuchtungserfahrung zu sondieren.“ Er führte aus, alles Dasein sei Leiden, Ursache sei die Gier (auch „Durst“ genannt) 3. Der elitäre Charakter der Lehre Der Buddha war überzeugt, ein ewiges Naturgesetz wiederentdeckt und verkündet majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 - 10 - zu haben. Dem Naturgesetz der von den Taten bedingten Wiedergeburt unterliegt jeder, gleich ob er Anhänger oder Gegner von Buddhas Lehre ist. Insofern kann man kaum schon von einer „Religion“ sprechen. Die neue Lehre und ihr Lehrer fanden großen Zuspruch. Allerdings dominierten im Orden die gebildeten oberen Schichten, Brahmanen und Adel machten dreiviertel der Anhängerschaft aus. Auch in der Laienschaft waren die unteren Schichten nur schwach vertreten. Hier dominierte der Kaufmannsstand, für den die neue, sehr liberale Lehre mit ihrem Verzicht auf teuren Opferkult, der positiven Einstellung zu wirtschaftlichem Handeln wie auch der konsequenten Ablehnung verschuldeter Personen, welche sich durch Aufnahme in eine Religionsgemeinschaft dem Zugriff ihrer Gläubiger entziehen wollten, eine hohe Attraktivität besaß. Der Indologe H.W. Schumann wagt die Schätzung, dass die Buddhisten ungefähr 15 20% der Bevölkerung des mittleren Landes ausgemacht haben. Schon bald bestätigte sich jedoch, dass Buddhas ursprünglicher Argwohn, ob überhaupt jemand die komplizierte Heilslehre verstehen und das Heilsziel - das völlige Verlöschen (Nirvana) - erreichen würde, nicht unbegründet war. Zwar redete der Buddha, anders als die Brahmanen, in der Volkssprache und benutzte beim Aufbau seiner Argumentation logische Verfahren wie Gegenüberstellung und Konditionalableitung. Gleichwohl waren zur Erreichung des Heilsziels nicht nur eine günstige karmische Destiniertheit, sondern hohes geistiges Niveau und eine auf Verzicht beruhende mönchisch-zölibatäre Lebensweise erforderlich. Es liegt auf der Hand, dass nur eine Minderheit diesen hohen Anforderungen genügen konnte. Der Buddha ließ daher auch gegenüber Laien und schlichteren Gemütern im Orden gar keinen Zweifel daran, dass sie vorerst nur eine bessere Wiedergeburt, aber noch nicht das in weiter Ferne liegende Nirvana erreichen konnten. Mönchen mit niederem Bildungsstand und Berufen wie Fischer oder Geierabrichter getraute der Buddha zu, dass sie zwar ethische Qualitäten, aber nur geringe Erkenntnisfähigkeit besaßen. Damit ergab sich ein schwerwiegendes Dilemma: Das Heilsziel der Lehre war offensichtlich nur von einer kleinen Minderheit der Anhänger zu erreichen, während die Mehrheit sich mit dem Streben nach einer besseren Position im Geburtenkreislauf begnügen musste. Die religiöse Aufgabe des Laien in diesem Leben bestand nur darin, seinen Vorrat an Verdienst zu mehren, um im künftigen Leben den Sprung in das von sozialen Bindungen freie mönchische Leben vollziehen zu können. Manche strebten daher nur nach einer besseren materiellen Welt, obwohl die Lehre ja gerade den Verzicht auf eine solche nahe legte. Allerdings sollte man diesen Sachverhalt auch nicht überbewerten, denn nur selten werden alle Anforderungen einer Religion oder Philosophie auch tatsächlich von den Anhängern erfüllt. Wie der katholische Theologe H. Küng fairerweise einräumt, können oder wollen auch nur die allerwenigsten Christen ihr Leben voll und ganz nach der Bergpredigt gestalten. - 11 - majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 Nach dem Tode Buddhas wurde seine Lehre fortentwickelt, insbesondere hinsichtlich der insubstantiellen Daseinsfaktoren (dharmas), aus welchen sich die Welt zusammensetzt. Weil die elitäre Lehre nur Weni- gen die Reise über den Strom des Leidens ans andere Ufer ermöglichte, wurde sie etwas geringschätzig als „Kleines Fahrzeug“ (Hinayana) bezeichnet. II. Von der Elitelehre zur Massenreligion 1. Erneuter Paradigmenwechsel Die Lehre Buddhas war nicht nur schwer verständlich. Ihre Kultlosigkeit entsprach auch nicht den religiösen Bedürfnissen der Masse der Anhänger. In einer Umwelt, in der die buntesten Kulte und Rituale angeboten wurden, in der Wunderglauben und Reliquienverehrung herrschten, fiel es schwer, die Laien bei der Stange zu halten. Viele nutzten zusätzlich die Zauberwelt der Hindu-Umgebung und ihrer Götter. Auch wurde zunehmend die Frage gestellt, warum denn das baldige Heil nur wenigen Asketen und nicht allen Menschen offenstehen solle. Die schon im Urbuddhismus latent vorhandene Grundspannung zwischen mönchischer und laikaler Existenz kam damit zur Auswirkung. Die Heilslehre für wenige Erlösungsegoisten, die meist aus privilegierten Bürgerschichten stammten, ließ sich nicht aufrechterhalten. Wie Max Weber ausführt, konnten Bauern und Kleinbürger mit den Produkten der Erlösungslehre der vornehmen Bildungsschicht nichts anfangen: „Die Art der Erlösung, die dem Bettelmönch versprochen wurde, war nicht nach dem Geschmack sozial gedrückter Schichten, die ein Entgelt im Jenseits verlangt hätten“. Wie E. Conze schreibt, war das Mahayana schon „vorbereitet durch das Erschöpftsein der alten Impulse, die immer weniger Heilige (arhats) hervorbrachten, durch die Spannungen innerhalb der Lehren, die sich nach Buddhas Tod entwickelt hatten, und durch die Forderung der Laienschaft nach mehr Gleichberechtigung mit den Mönchen“. Die Zeit war also reif für die Ablösung (oder Ergänzung) des „Kleinen Fahrzeugs“ (Hinayana) durch ein „Großes Fahrzeug“ (Mahayana), für einen Paradigmenwechsel, für eine neue Drehung des Rades der Lehre. 2. Das Mahayana a) Hundert Jahre nach Buddhas Tod hatte es auf dem 2. Buddhistischen Konzil (383 v. Chr.) erstmals Meinungsverschiedenheiten gegeben, die zu verschiedenen Lehrrichtungen führten. Die trotzdem freundschaftlich gebliebenen Beziehungen der Anhänger verschiedener majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 - 12 - Richtungen verschlechterten sich aber, als im 1. Jhd.v.Chr. neue Schriften verfasst wurden, die als wahre Worte Buddhas ausgegeben wurden. In der Überzeugung, dass Buddhas Lehre immer wieder neuer Formulierungen bedarf, um den Bedürfnissen neuer Zeitalter, neuer Generationen und neuer sozialer Gegebenheiten gerecht zu werden, wurde von den Autoren eine großartige Literatur geschaffenen. Hierzu gehörte vor allem - begünstigt durch einen Aufschwung der Schreibkunst - die PrajnaParamita-Literatur. denten Buddhas angesehen, welcher der universale, übernatürliche Heilsbringer und Herr über Zeit und Raum ist. Transzendente Buddhas sind Hüter außerirdischer Paradiese und nur spirituell, nicht aber mit den Sinnen erfahrbar. Proteste der Anhänger der alten Lehre gegen die neuen „Irrlehren“ wurden heftig zurückgewiesen. Es hieß, der historische Buddha habe in Hinblick auf das beschränkte Erkenntnisvermögen der damaligen Mönche nur einen Teil der Wahrheit verkündet. Erst jetzt sei die Menschheit für die vertiefte Wahrheit reif und aufnahmebereit. Freilich entspricht es buddhistischer Friedfertigkeit, dass der Streit der Mönche nicht zu sehr eskalierte: Zank mit einem Hinayanin, so wurden die Mahayanins ermahnt, behindere die Erlösung und solle deshalb vermieden werden. Die zweite Drehung des Rades der Lehre war erfolgt, das „große Fahrzeug“ war in Betrieb genommen worden. Das erste der beiden großen Denksysteme des Mahayana ist die Leerheitsphilosophie: Wenn die empirische Person, die Dinge der Welt und sogar das Nirvana ohne Seele und Eigennatur, also „leer“ sind, dann ist „Leerheit“ die verbindende Klammer und das allem immanente Absolute. Da es die Unwissenheit ist, die den Menschen an der Erkenntnis seiner Leerheit und damit an der Erlösung hindert, muß er zu einer „Weisheit“ (prajna) gelangen, die „hinübergegangen“ (paramita) über die Alltagsvernunft ist. Den Weg weisen die „Prajnaparamita-Sutras“. b) Was war aber der so aufregende Inhalt der neuen Lehren? Das Ideal ist nun nicht mehr der Arhat (Pali: Arahat), der in die Einsamkeit gezogene Erlösungsegoist, sondern der „Bodhisattva“ („Erleuchtungswesen“), der aus Mitleid mit den Wesen freiwillig im Diesseits bleibt, um zu helfen. Dass Bodhisattvas dem Heilssucher unheilsames Karma aus dem Weg räumen, war mit der alten Lehre unvereinbar, wonach das Karma immer seinen Urheber trifft und Erlösungshilfe durch andere nicht möglich ist. Der historische Buddha wird jetzt abqualifiziert und als Scheinleib eines transzen- Das andere, spätere Denksystem ist die Bewusstseinslehre (Yogacara): Waren die Anhänger der Weisheitslehre mehr intellektuell auf eine Analyse der Objekte aus, um deren Leerheit nachzuweisen, wenden sich die Yogacarins meditativ nach innen. Nicht die Leerheit, sondern das Denken wird als das Absolute angesehen. In tiefster innerer Ruhe stellen sie fest, dass es gar keine äußeren Objekte gibt, vielmehr sind alle Dinge und Gedanken ausschließlich Geist. Die Vielfalt äußerer Dinge ist bloße Vorstellung, nichts als Idee. Die höchste Einsicht ist erreicht, wenn alles als reine Halluzination gesehen wird: Die Welt (und somit auch das Leiden) ist nichts als ein Traum und auch der Träumer ist nur geträumt. - 13 - majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 3. Das Tantrayana Das Tantrayana will die Leidensbefreiung durch die Macht des Wortes und die Vorstellungskraft des Geistes verwirklichen. Die Anfänge des Tantra („Gewebe“) gehen in die früheste Zeit der Menschheitsgeschichte zurück, wo Ackerbau treibende Gemeinschaften von Magie und Zauberei erfüllt waren, Menschenopfer darbrachten, eine Muttergottheit anbeteten und Fruchtbarkeitsriten ausübten. Der Aufnahme hieraus hervorgegangener Gedanken in den Buddhismus im 6. Jhd.n.Chr. liegt wieder ein Paradigmenwechsel zugrunde: Der Buddhismus befindet sich in einer Defensive gegenüber dem wieder vordringenden Hinduismus. Von den Randgebieten seiner Verbreitung (Bengalen) dringen esoterisch-okkulte Praktiken vor, welche auf die breite Masse stärkere Anziehung ausüben als akademisch-intellektuelle Spitzfindigkeiten. Nachdem schon mit der Yogacara-Lehre - offensichtlich bis heute - alle intellektuellen Möglichkeiten des Buddhismus ausgereift waren, ist das Tantrayana die letzte schöpferische Leistung des indischbuddhistischen Denkens und bewirkte die 3. Drehung des Rades der Lehre. Das Vajrayana („Diamantfahrzeug“) beinhaltet eine um 750 n.Chr. erfolgte Systematisierung früherer Lehren. Sein erotischer Mystizismus und die Betonung des weiblichen Prinzips deuten auf die dravidische Schicht der indischen Kultur hin, in der der Kult der Dorfgöttin die matriarchalische Tradition der Muttergöttin besser erhalten hatte als in der vedischen Religion. Anders als der bisherige, für jeden Interessenten offene Buddhismus unterscheidet das Tantra streng zwischen Eingeweihten und Nichteingeweihten. Entsprechend wird scharf zwischen esoterischer und exoterischer Lehre getrennt. Nicht aus Büchern, sondern nur von einem persönlichen Guru kann man die Rituale und Formen der Anbetung lernen. Das sind hauptsächlich Rezitation von Zaubersprüchen und Mantras, rituelle Tänze und Handbewegungen sowie die Selbstidentifizierung mit Gottheiten durch ein System von Meditationen. Denn jede Magie geht davon aus, dass man mit Hilfe von Identifikation an der magischen Kraft einer Gottheit teilnehmen kann. Zie1 all dieser sakralen Übungen ist es, sich den kosmischen Kräften anzugleichen und sie für das buddhistische Endziel der Selbstauslöschung nutzbar zu machen. 4. Weitere Entwicklungen außerhalb Indiens Die durch die Andrehung des Rades der Lehre geschaffene 1. Periode des Buddhismus konzentrierte sich auf psychologische Fragen, auf die Erlösung durch Selbstdisziplin. Die zweite Drehung schuf das Mahayana mit seinen ontologischen, d.h. majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 - 14 - auf das Wesen der Wirklichkeit bezogenen Fragen. Die dritte und letzte Drehung durch das Tantrayana hatte kosmische Fragen zum Gegenstand und führte die Mittel der magischen Tradition ein. Zeitlich parallel zum Tantrayana entwickelten sich a) der Meditationsbuddhismus und b) der Glaubensbuddhismus, ohne dass jeweils von einer weiteren Drehung des Rades der Lehre gesprochen wird. a) Die chinesische Ch‘an - Sekte (Sanskrit dhyana = Meditation) baute auf der Metaphysik des Mahayana auf und passte sie den chinesischen Bedingungen an. Die Lehre wurde um 1200 nach Japan gebracht und dort als „Zen“ bezeichnet. Dem damaligen Zeitgeist entsprechend war auch der Ch’an- Buddhismus - wie das Tantra - gegen den traditionellen Buddhismus gerichtet, wobei er streng eine Vereinfachung und Verinnerlichung verfolgte. Er leugnet, ja verachtet geradezu die Autorität aller Schriften, da die letzte Wahrheit sowieso nicht mitteilbar sei. Er ist jeder metaphysischen Spekulation gegenüber feindlich eingestellt, dem Theoretisieren abgeneigt und möchte vernunftgemäßes Denken möglichst ausschalten. Gegenüber dem durch Lesen oder durch wissenschaftliche Betätigung erworbenen Wissen hat das intuitive Wissen einen hö- heren Rang. Hierzu verhilft ausschließlich die Meditation. b) Der seit dem 4. Jhd. in China heimische Kult des Amitabha - dieser ist von den vier den Himmelsrichtungen zugeordneten Buddhas der des Westens - verspricht Erlösung durch vorherige Wiedergeburt in einem Zwischenparadies (sukhavati). Ist man erst einmal dort, kann man ungestört und in Muße die zur Erlösung benötigten Qualitäten entwickeln. Der Glaube - dieses Wort ist aber im Sinn von „liebender Hingabe“ zu verstehen - ist die Kerntugend, die unfehlbar zur Wiedergeburt im Buddhaparadies führt. Das gilt nach späterer Ansicht unterschiedslos für alle Menschen, gleich ob klug oder dumm, moralisch oder unmoralisch - dank Amitabhas Gnade. Erstmals herrscht also die Vorstellung, dass Moral gegenüber dem Glauben bedeutungslos sei. Jetzt ist auch für die große Masse des Volkes, die sich nicht wie die Elite religiöser Aristokraten aus der Welt zurückziehen kann, ein trotz Alltagsmühsal beschreitbarer Heilsweg zur Erlösung gegeben - eine geradezu demokratische Tendenz. Lilienhof - Laienkloster Achtsamkeit, Sitz- und Gehmeditation, Qi-Gong, Vorträge, Schulungen, Retreats.... Spirituelle Leitung: Anagarika Vupasama (Hanna Woitzik) Mehr Infos: http://www.lilien-hof.de 05025/2041500 E-Mail: [email protected] - 15 - majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 Grenzsteine von Axel Rodeck Im letzten „Mittleren Weg“ (Heft 2/2016) hatten wir davon berichtet, wie Tief im Süden des Staates Thailand mit Buddhaparks oder Buddhastatuen offensichtlich Grenzmarkierungen geschaffen werden sollen. Das gilt insbesondere dort, wo Vermischungen von Moslems und Thais erfolgen und es um den Religionsfrieden der verschiedenen Bevölkerungsteile geht. Wir hatten von einer 45 m hohen marmornen Buddhafigur berichtet, die bei der (ebenfalls zahlreiche Tempel besitzenden) Gemeinde Chalong errichtet worden ist. Es ist kaum zu glauben, dass sich das Staatsgebiet Thailands vom tiefen Süden mit seiner muslimischen Umgebung über mehr als 1.000 km Luftlinie nach Norden erstreckt. Hier bedrohen keine muslimischen Nachbarn mehr den Buddhismus, sondern auf der anderen Seite des Flusses Mekong, in Laos, leben Menschen, die sich trotz jahrelanger kommunistischer Diktatur zum Buddhismus bekennen. Gleichwohl ist offenbar auch hier eine thailändische Tendenz ersichtlich, den eigenen politischen und kulturellen Einflußbereich durch religiös verbrämte Grenzbauten zu dokumentieren. majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 - 16 - Stupa in der Strommitte Richten wir daher einmal unsere Aufmerksamkeit auf die kleine Stadt Nong Khai. Sie liegt idyllisch am Strom Mekong, der hier majestätisch vorbeifließt. Gehen (oder fahren) wir auf gut ausgebauter Promenade nach Osten und beobachten wir die Mitte des Stromes, so erkennen wir einen seltsamen kleinen Felsen, der genau in der Srommitte (also an der Grenzlinie zu Laos) herausragt und bunt geschmückt ist. Schweift unser Blick dann zurück auf das Flußufer, so erkennen wir, direkt am Ufer, einen hübschen buddhistischen Tempel (s. Bilder). Was ist denn da los? Die seltsame Felsnadel in der Strommitte – bei Hochwasser nicht mehr erkennbar – nennt sich Phrathat Klang Nam. „Phrathat“ bedeutet „Stupa“ und dieser enthielt angebliche Reliqien Buddhas, die einer alten Legende zufolge dort lagerten. Wieso die Anlage unterging, ist nicht bekannt. Jedenfalls hat eine UnterwasserExpedition ergeben, dass der Stupa eine 17,2 m betragende Breite und eine Höhe von 28,5 m hatte. Es wird geschätzt, dass das Konstrukt vor ungefähr 500 Jahren gebaut worden war. Dass am thailändischen Ufer ein hübscher Tempel in Höhe des untergegangenen Gebildes steht, wird den Wanderer erfreuen. Wenn die Buddhisten am Mekong schon vor 500 Jahren von Unterwanderungsbefürchtungen befallen gewesen sein sollten, so war ein in der Strommitte plazierter Stupa sicherlich ein eindrucksvolles, aber auch durch Natur- kräfte gefährdetes Grenzzeichen. Nachdem jetzt gar eine gewaltige „Brücke der Freundschaft“ täglich vielen Menschen den Zugang zum Nachbarland ermöglicht, dürften hier Grenzmarkierungen ihre Bedeutung verloren haben. Allerdings lassen die mörderischen Bombenattentate der letzten Zeit Zweifel aufkommen, ob in diesem als friedlich angesehenen „Buddhaland“ wenigstens die Grundsätze menschlichen Zusammenlebens gewahrt bleiben. Foto: Tempel am Ufer Die Sorge um den Nachwuchs – ein Hindernis auf dem spirituellen Weg? von Ulrich Beck Die Frage, ob im weltlichen Leben als Hausmann oder Hausfrau, als Vater oder Mutter mit den gleichzeitigen mannigfaltigen Aufgaben, die eine Familie mit sich bringt, und ob ein spiritueller Weg mit dem Ziel der befreienden Einsicht möglich ist, hat bereits die Menschen vor langer Zeit beschäftigt. Schon in der Brihadayanaka Upanishad wird die Frage gestellt: „Was machen wir mit dem Nachwuchs, wenn wir dieses Sein (oder Dasein) bekommen haben, diese Welt, um in ihr zu leben?“ (Zitiert aus „Indian Philosophy von S. Radhakrishnan, eigene Übersetzung aus dem Englischen). Eine Antwort auf diese Frage ist seltsamerweise nicht zu finden. Hart anmutende Worte sind im buddhistischen Khaggavisana Sutta (Kuddaka Nikaya) zu finden, in dem Familienleben und soziale Kontakte strikt abgelehnt oder sogar verworfen werden: - 17 - majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 „Wer ein Sozialleben führt, dem erwachsen Zuneigungen, und diesen folgt der Schmerz (oder das Leiden). (Eigene Übersetzung des englischen Zitats). Besser ist das Verhalten des Nashorns, welches einsam einher wandelt. Eine weitere Botschaft des Buddha lautet nach Vivekananda, der den Buddha sehr verehrte (in „The Great Teachers of the World, eigene Übersetzung aus dem Englischen) Merzt Selbstsucht aus und all das, was euch süchtig macht. Habt weder Frau, Kind noch Familie. Seid nicht von der Welt; werdet vollständig selbstlos.“ Ein weltlicher Mensch hegt die Ansicht, dass er selbstlos wird, aber wenn er das Gesicht seiner Frau betrachtet, macht ihn dies selbstsüchtig. Die Mutter glaubt, dass sie vollständig selbstlos wird, aber sie betrachtet ihr Baby, und es entsteht sofort Selbstsucht. So verhält es sich mit allem in der Welt. Glücklicherweise gibt es aber auch friedfertig lautende Stimmen hinsichtlich Familie mit Kindern, wie es in dem Buch von Fritz Schäfer „Der Buddha sprach nicht nur für Mönche und Nonnen“ zu finden ist. Hier heißt es auf Seite 24: Den Menschen in der Häuslichkeit hat der Erwachte den „Mittleren Weg“ in einer ihrer Gangart angepassten Form gezeigt. Ein Risiko wäre „Nachfolge auf Probe“ nur, wenn man dazu Asket oder Halbasket werden oder endgültige Veränderungen in der Lebensführung vornehmen müsste, die einem hinterher leidtäten. Aber das Buch soll ja gerade zeigen, dass man das nicht muss: Wir alle wissen, dass der Buddha Frau, Kind, Eltern und ein luxuriöses Leben im Palast aufgab, um den Weg zur Befreiung zu finden. Gewisse Menschen verübeln ihm dies, wie ich gelegentlich in Gesprächen mit Nichtbuddhisten erfahren konnte. In christlichem Kontext muss auf das Matthäus Evangelium 10, 34 hingewiesen werden, wo Jesus mit kriegerisch anmutenden Sätzen gehört wird: „Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien.“ Das heißt, dass der Sohn Christus nachfolgt, und der Vater „in der Finsternis der Lüge“ verharrt. Es wäre aber auch der umgekehrte Weg möglich, wobei der Vater den Sohn verlässt, um sich einem spirituellen Lehrer anzuschließen. „Jene Welt“ (falls es sie gibt) ist aber in der Lehre des Erwachten nicht Endziel, sondern Werkplatz und Reifungsstätte für die hier und jetzt einzuleitende Entwicklung zur absoluten Freiheit. majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 - 18 - So kann man in der Häuslichkeit In hellem inn`rem Frieden leben In dieser Welt den andern lieb sein In jener frei von Kummer werden. Was sagt uns Zen Meister Dogen: Übende des Weges! Seid in verschiedenen Bereichen sorgsam darauf bedacht, die weltliche Gesinnung abzulegen. Gebt die Welt auf, gebt die Familie auf und gebt euch selbst auf, mit Leib und Seele. Bedenkt dies wohl. Selbst unter denjenigen, die sich von der Welt zurückziehen und abgeschieden in den Bergen und Wäldern leben, sorge sich einige um ihre Familienmitglieder oder um ihre Verwandte oder darum, dass ihre alte Familie aussterben könnte. (Zitat aus Shobogenzo Zuimonko I, 21) Abschließend soll noch eine gelungene spirituelle Zusammenarbeit zwischen zwei Familienmitgliedern, nämlich zwischen Vater und Tochter, erwähnt werden. Die Rede ist von P`ang Yün, japanisch Ho Un, auch Ho Koji, meist als der „Laie Páng“ erwähnt. Er wurde sich eines Tages der Nichtigkeit von Buchwissen und weltlicher Güter bewusst und begab sich gemeinsam mit seiner hochbegabten Tochter gemeinsam in die Hauslosigkeit. Vater und Tochter waren einander eine wertvolle Stütze auf dem spirituellen Weg, den beide wahrscheinlich „zu Ende gehen konnten“, wenn man so sagen darf. Können wir uns ein Leben in den oben zitierten Formen vorstellen oder es gar wünschen? Wohl kaum! Zeigt uns nicht das gesamte Verhalten von Pflanzen und Tieren, dass das Leben auf Nahrungsbeschaffung und vor allem Fortpflanzung ausgerichtet ist? Beim Beobachten der Vögel wiederholt sich alljährlich das gleiche Schauspiel: Mühevoller Nestbau, konzentriertes Brüten (menschliche Deutung), woran sich wohl beide Partner beteiligen. Dann erfolgt für mich unsichtbar das Schlüpfen aus dem Ei (dem Auge nicht zugänglich), wunderbarerweise zur Zeit der Reife, und schon bald ist ein erstes Piepen zu vernehmen. Danach kommt für die Eltern eine harte Zeit mit Futterbeschaffung rund um die Uhr. Der gefräßige Nachwuchs will versorgt sein, bis zu dem Zeitpunkt, an welchem sich die Jungen selbst versorgen können, d.h. wenn sie flügge geworden sind. Mit errungener Selbstständigkeit der Jungen scheint sich die feste „Familienstruktur“ aufgelöst zu haben, das Nest bleibt leer, und Eltern und Kinder leben fortan ihr eigenes Leben. Ganz ähnlich sieht es auch bei höheren Säugetieren aus. Wie verhalten wir Menschen uns? Neugeborene und Kleinkinder erfahren meist die notwendige Fürsorge, die allerdings häufig übertrieben erscheint. Glücklicherweise wird den meisten ein Schulbesuch ermöglicht (zumindest in den sogenannten zivilisierten Ländern) und anschließend eine Berufsausbildung die sehr aufwendig und mit hohen Kosten verbunden sein kann. Aber danach ist noch kein Ende in Sicht… Wie sieht aber der Alltag aus, wenn die Kinder das Elternhaus noch nicht verlassen haben? Alle Gedanken kreisen um sie, besonders natürlich diejenigen der Mütter, die keiner beruflichen Tätigkeit nachgehen. „Was kann ich ihnen heute für ein Essen bereiten. Monika ist doch viel zu dünn, Alexander eher das Gegenteil. Was kann bei der Mathematik Arbeit herausgekommen sein, wer holt die Kinder heute Abend vom Fußball ab… So scheint es endlos weiterzugehen. Treffe ich einen oder eine Bekannte auf der Straße und erkundige ich mich höflich nach deren oder dessen Befinden so heißt es ganz oft: „Katharina fährt morgen nach England, Werner ist gesundheitlich nicht auf der Höhe. Der Arzt gab den und jenen Rat… Selten erfolgt die Antwort: „Mir geht es gut, dann kommt meist ein „Aber“, welches das Befinden der Kinder betrifft. Ein „Mittlere Weg“ ist nicht in Sicht, die Eltern reiben sich buchstäblich auf. Wir sehen also sehr kontrovers scheinende Berichte und Äußerungen. Sicher ist wohl die Tatsache, dass der Buddha auch Hausleuten die Möglichkeit einräumte, den Weg - 19 - majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 zu gehen, den er mit unendlicher Mühe immer wieder jenen aufzeigte, die willens waren, ihn zu gehen. Unsere oft übertrieben erscheinende Sorge um den Nachwuchs ist wohl dann ein wesentliches spirituelles Hindernis, wenn die Kriterien des Mittleren Weges nicht eingehalten werden. Aber was ist übertrieben? Dies muss ein jeder für sich selbst entscheiden. Der Buddha Weg ist für alle zugänglich, „deren Augen noch nicht allzu stark mit Staub“ bedeckt sind. Seien wir hinreichend motiviert, ihn zu entfernen, soweit uns dies möglich ist. Die Hilfe eines geeigneten Lehrers ist hierfür von größter Wichtigkeit. Fazit: Kinder und Familie sind nach Worten des Buddha kein Hindernis auf dem buddhistischen Weg, wobei er möglicherweise länger wird als bei asketisch Lebenden. Wesentlich ist, wie man mit dem Nachwuchs umgeht. Wie immer, muss der Mittlere Weg eingeschlagen werden, d.h. zwanghafte Anhaftung ist unbedingt zu vermeiden. Übertriebene Sorge kann durchaus ein wesentliches Hindernis auf dem Weg darstellen, besonders dann wenn dieser nicht mit der nötigen Bemühung, Sorgfalt und Achtsamkeit verfolgt wird. Vielleicht sollte man Kinder ähnlich wie den eigenen Körper betrachten im Sinne von: Das bin ich nicht, das gehört mir nicht, das ist nicht mein Selbst. Die spirituelle Übung kann sogar für den Nachwuchs hilfreich sein, wenn Gleichmut, liebevolle Güte, Geduld und Toleranz, kurz die zehn Paramitas beispielhaft vorgelebt werden. Der Dank der Kinder könnte dann darin bestehen, dass auch sie sich majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 - 20 - schon frühzeitig oder auch erst in späteren Lebensabschnitten auf einen spirituellen Pfad begeben, vorzugsweise natürlich auf den buddhistischen. Lassen wir abschließend noch einen europäischen Philosophen, Michel de Montaigne (1533-1592) zu Worte kommen, der zwar kein Buddhist war und vermutlich auch niemals mit den Lehren in Kontakt gekommen war, der aber neben seinem aktiven Leben in der Öffentlichkeit (er war lange Zeit Bürgermeister von Bordeaux), auch ein Leben in der Abgeschiedenheit zu schätzen wusste, welche ihm Zeit zu philosophischen und religiösen Überlegungen geboten hat. In seinem Buch „Montaigne über sich selbst, Essais und Reisetagebuch ist folgende Aussage zu lesen: „Es ist ganz recht, dass man Frau und Kinder und Güter und besonders Gesundheit hat, so es möglich ist; aber man soll sich nicht so daran hängen, dass man sein Glück darauf baut. Und man soll sich ein Hinterstübchen vorbehalten, das ganz unser eigen ist, in dem wir unsere wahre Freiheit, Zurückgezogenheit und Einsamkeit pflegen können. Später heißt es dann: „Gesundheit, Ruhe und Leben gibt man für den Ruhm hin, diese wertloseste aller Münzen.“ Dieses Hinterstübchen könnte für weltlich lebende Buddhisten regelmäßige Meditation in den eigenen vier Wänden oder in Gemeinschaft mit anderen sein. Vielleicht wird hierdurch eines Tages die entscheidende Einsicht trotz des fortgeführten Lebens in der Häuslichkeit mit den bekannten Risiken, welche im wesentlichen in den überreichlich angebotenen sinnlichen Reizen zu suchen sind. Hellmuth Hecker: Blüte und Verfall im Hinayana- und im Mahayana-Buddhismus Buchbesprechung von Wilfred Hartig Dieses Buch von Hellmuth Hecker (Jg. 1923) ist m.E. ein wahrer Volltreffer! Und wieso das? Weil es uns endlich die konstruktive Grundlage für einen groß angelegten inner-buddhistischen Dialog über Sinn und Ziel der wahren Buddha-Lehre anbietet. Es geht dabei um das rechte Verständnis der ursprünglichen Buddha-Lehre. Denn diese ist ja im Grunde selbst eine Lehre des Verstehens (Hermeneutik), nicht eines weltverliebten, weltvernarrten, wie unsere Welt-Zivilisation es uns vorexerziert, sondern eines weltüberwindenden Verstehens. Heckers Werk selber ist streng gegliedert in vier Abschnitte: I. Allgemeines: Kurze Geschichte der Buddha-Lehre, ihr Aufstieg und Untergang in Indien, 46 S. II. Der Theravada : Kritische Sichtung des Pali-Kanons und seiner Kommentar-Literatur, 34 S. III. Vergleichende Gegenüberstellung von Hinayana und Mahayana, 40 S. IV. Kritische Würdigung des Mahayana, seiner vielfältigen Sekten und Splittergruppen, 77 S. Besonders eindrucksvoll an dieser Arbeit und kostbar wie eine wahre Perle erscheint dem Wahrheitssucher das 26seitige Kapitel „Buddhisten im Gespräch“ (aus Teil III) zwischen einem Hinayanisten und einem Mahayanisten. In diesem Klärungsgespräch schenkt man einander nichts, es wird endlich einmal Klartext geredet und beide Seiten müssen allerlei Federn lassen. Sehr hilfreich in diesem Zusammenhang findet der Kenner auch die hochinteressanten Auflistungen von Stark- und Schwachpunkten beider Richtungen. - 21 - majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 Fernerhin als sehr wahrheitsfördernd registriert der aufmerksame Leser die Vielzahl ausgesuchter Original-Zitate und Übersetzungen (ca.300), die Hecker zur Stützung seiner Thesen aufbietet. Was anderswo als Mangel gilt, beweist sich hier als Stärke. Denn diese Zitate und Texte be- und erleuchten die Wahrheit seiner Aussagen noch intensiver! So erweist sich denn Heckers Werk als ein Vorhaben, das in einer derart konsequenten und geschlossenen Form m.W. noch nie vorgelegt wurde: Ein großer Schritt vorwärts zu einem Gewinn bringenden inner-buddhistischen Dialog, z.B. zwischen Theravada und Ch’an/Zen. Daher könnten wir als Motto über einen künftigen Gedankenaustausch zwischen beiden Strömungen den versöhnlichen Spruch des gebürtigen Hannoveraners F.W. Schlegel (1772 – 1829), Großkritiker und Mitbegründer der philosophischen deutschen Romantik setzen:“Es gibt Missverständnisse, die das höchste Einverständnis nur bestätigen.“ Der mexikanische Fischer Aus dem Buch „Die Kuh, die weinte“, Lotos Verlag von Ajahn Brahm Genehmigung zur Veröffentlichung im „Mittleren Weg“ durch den Autor am 26. Okt 2014 in Hamburg Hellmuth Hecker: Blüte und Verfall im Hinayanaund im Mahayana-Buddhismus, Verlag Beyerlein & Steinschulte, Stammbach 2016, ISBN 978-3931085-99-4, 220 Seiten. Foto: Hellmuth Hecker (Zum Rezensenten: Willfred Hartig (Jg. 1933) gehört mit über 65 Jahren Lehrzugehörigkeit (1950 – 2015 ff) ähnlich wie H. Hecker zum buddhistischen „Urgestein“. Er war zusammen mit ihm und Helmut Klar 1990 in Heidelberg Mitbegründer der „Akademie für buddhistische Grundlagenforschung“) Tipp: Immer auf dem Laufenden sein: Der Theravāda-Newsletter von theravadanetz. de dient zur Information über aktuelle Entwicklungen im Theravāda-Buddhismus. Zur kostenfreien Anmeldung: http://www.theravadanetz.de/newsletter.php majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 - 22 - Buchcover: Die Kuh, die weinte von Ajahn Brahm im Lotos Verlag In einem ruhigen mexikanischen Fischerdorf beobachtete ein amerikanischer Urlauber, wie ein einheimischer Fischer mit seinem Bötchen anlegte und den Fang des Morgens auslud. Der Amerikaner, ein erfolgreicher Professor für Betriebswirtschaft an einer renommierten Handelshochschule, konnte der Versuchung nicht widerstehen, dem Mexikaner einen kostenlosen Rat zu erteilen. Er sprach ihn an und fragte ihn, warum er schon so früh am Tag mit der Arbeit aufhöre. „Ich habe genug Fisch gefangen, um meine Familie zu ernähren und etwas davon zu verkaufen“, erläuterte der Mexikaner freundlich. „Jetzt möchte ich mit meiner Frau zu Mittag essen und nach der Siesta mit meinen Kindern spielen. Am Abend werde ich dann auf einen Drink in die Cantina gehen und dort mit meinen Freunden Musik machen. Das reicht mir, Señor.“ Der BWL-Professor wies den Mexikaner darauf hin, dass er mehr Geld verdienen könne: “Wenn sie bis zum späten Nachmittag fischen, fangen Sie doppelt so viel, - 23 - majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 können mehr verkaufen und von dem Erlös in sechs oder neun Monaten ein größeres Boot kaufen und Mitarbeiter anheuern. Damit fangen Sie dann vier Mal so viel. Damit können Sie ein zweites Boot kaufen. Wenn Sie dieses Programm weiterverfolgen, könnten Sie in sechs, sieben Jahren stolzer Besitzer einer erfolgreichen Fischereiflotte sein.“ Er führte weiter aus, wie der Mann sein Hauptquartier nach Mexico City oder sogar nach Los Angeles verlegen und später mit seinem Unternehmen an die Börse gehen könnte, was ihn schlussendlich zum Multimillionär machen würde. Der mexikanische Fischer hörte sich interessiert an, was dieser berühmte amerikanische Professor zu sagen hatte und fragte schließlich: „Aber Señor Professor, was sollte ich mit so vielen Millionen anfan- gen?“ „Sie könnten sich ein hübsches Haus in einem malerischen Fischerdorf wie diesem kaufen und morgens mit einem kleinen Bötchen zu Fischen hinausfahren. Jeden Tag könnten Sie gemütlich mit Ihrer Frau zu Mittag essen, nach der Siesta mit Ihren Kindern spielen und abends mit Ihren Freunden in der Cantina Tequila trinken. Mit einem solchen Vermögen könnten Sie sich zur Ruhe setzten und dem Leben die schönen Seiten abgewinnen.“ Frühjahrstreffen der Theravada-AG in Hannover von Michael Funk Vom 1.-3. April 2016 trafen sich wieder 18 Aktive der Theravada Arbeitsgemeinschaft im gastfreundlichen Wat Dhammavihara Hannover. Das Treffen stand unter dem Thema „Bedingte Entstehung – Paticcasamuppada“. „Aber Señor Professor, genau das tue ich ja jetzt schon!“ Warum glauben wir, dass wir schwer arbeiten und reich werden müssen, ehe wir zufrieden sind? Dalai Lama besucht Berner Haus der Religionen Der Dalai Lama erweist Bern die Ehre: Am 12. Oktober wird der 81-Jährige das Haus der Religionen in Bern besuchen. Im Neubau am Europaplatz sind die acht grössten Weltreligionen unter einem Dach vereint. Nach einem gemeinsamem Essen mit Vertretungen der anderen Religionen und einem Rundgang durch die verschiedenen Sakralräume steht ein interreligiöser Dialog auf dem Programm, wie die Stadt Bern und das Haus der Religionen am Mittwoch mitteilten. Ein offizieller Empfang mit Stadtpräsident Alexander Tschäppät zeichnet sich gemäss Regula Buchmüller, Abteilungsleiterin Aussenbeziehungen und Statistik der Stadt Bern, nicht ab. Sie gehe aber davon aus, dass es zu einem Treffen „in irgendeiner Form“ kommen werde. Auszug aus: http://www.20min.ch/schweiz/bern/story/Dalai-Lama-besucht-Berner-Haus-der-Religionen-18086276 majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 - 24 - Die Entstehung in Abhängigkeit ist ein zentrales Thema der Lehre des Erwachten und ist an vielen Stellen des Palikanons erläutert. Bedingtes Entstehen wird im Westen sehr oft missverstanden, worauf bereits der Ehrw. Nyanatiloka hingewiesen hatte. Alle Phänomene dieser Welt entstehen in Abhängigkeit. Ayya Agganyani erläuterte das Thema zunächst am Beispiel der 12 Glieder des Bedingten Entstehens, verteilt auf mehrere Leben. In Abhängigkeit von Ursachen aus der Vergangenheit (Unwis- senheit, Karmaformationen) entstehen Wirkungen in der Gegenwart (Bewusstsein, Geist und Körper, 6 Sinnesgrundlagen, Kontakt, Gefühl), durch Geistestrübungen entstehen neue Ursachen in der Gegenwart (Begehren, Anhaften), die Wirkungen in der Zukunft zeigen (Werden, Geburt, Tod). Bedingtes Entstehen kann verschieden interpretiert werden: Über drei Leben zur Erklärung des Wi e d e rg e burtskreislaufs (Samsara), in einem Leben und – nach eingeschränkten Gesichtspunkten – in einem Moment. Bestimmte Aspekte des Bedingten Entstehens erleben wir täglich, aber schenken dem leider kaum Beachtung. In Abhängigkeit von Kontakt entstehen Gefühle, bei falscher (unweiser) Betrachtung entsteht daraus Begehren und daraus dann Anhaften. Durch weise Erkenntnis des Gefühls und Loslassen können Begehren und Anhaften geschwächt bzw. verhindert und aus dem Kreislauf des Bedingten Entstehens ausgestiegen werden. Mogok Sayadaw hat - 25 - majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 gezeigt, dass Bedingtes Entstehen als zentrale Methode in die Vipassana-Meditation integriert werden kann. Durch diese Praxis werden gleichzeitig wirkungsvoll falsche Ansichten – Persönlichkeitsglaube und Hängen an Ritualen – und Zweifel überwunden. Das nennt man den Stromeintritt, von dem an es keinen Rückschritt mehr gibt. Raimar Koloska ergänzte die Ausführungen durch Erläuterung der Bewusstseinseindrücke (phassa), die bedingt durch Objekte entstehen. Das Zusammentreffen von Objekt, Sinnesgrundlage und Bewusstsein ist zunächst karmisch neutral, durch Reak- tion darauf (Bewertung) entstehen daraus Begehren und Anhaften (Karma), durch einen nicht reaktiven Geist mit Loslassen und Weisheit entstehen heilsame Zustände, die den Weg zum Nibbana öffnen. Raimar stellte anschließend die neue Theravada-Webseite vor, die auf moderne Anforderungen optimiert wurde, so dass z.B. auch Smartphones darauf gut lesbar zugreifen können. Ein neues Buchprojekt, eine Übersetzung aus dem Englischen wurde beschlossen, über das an späterer Stelle mehr berichtet wird. Termin und Ort der nächsten Zusammenkunft stehen leider noch nicht fest. Vortragsabend und Meditationstag mit Ayya Mudita verweilen. Für die persönliche Versorgung bitte eine Kleinigkeit zum Essen mitbringen. Teilnahme auf Spendenbasis. Vita: Sr. Mudita, geb. 1962 in der DDR, ist seit 2000 buddhistische Nonne in der Theravada Tradition. Acht Jahre verbrachte sie in Klöstern in Bayern. Für die Vertiefung von Studium und Meditation praktizierte sie u.a. in Sri Lanka, Indien und Taiwan und trainierte von 2010 bis 2013 hauptsächlich in Thailand. Seit 2015 lebt sie wieder fest in Deutschland und leitet den Sarana Dhamma Treffpunkt in Bad Pyrmont. Internet: www.sarana-dhamma-treff.de E-Mail: [email protected] Auch das noch... Nachrichten aus den Religionen und ihrem Umfeld im Buddhistischen Bund in Hannover Riesige Siedlungsreste bei Angkor Wat entdeckt ~ Wochenendveranstaltung ~ Die Tempel von Angkor Wat gelten als das größte religiöse Bauwerk der Welt – jetzt haben Archäologen festgestellt, dass die Ausmaße der Tempelanlagen im Dschungel von Kambodscha noch größer sind als bisher angenommen. Entdeckt wurden Siedlungsreste, so groß wie die heutige Hauptstadt Phnom Penh. Womöglich müsse ein Teil der KhmerGeschichte neu geschrieben werden. Freitag, 16.12.2016 von 19:00 bis 21:00 Uhr Vortrag und Meditation | Güte und Vergebung Die Entwicklung von allumfassender Güte oder Wohlwollen ist eine zentrale Aufgabe buddhistischen Strebens. Vergebung ist ein Aspekt und im Zuge gereifter Praxis wird Güte zum Normalzustand des Herzens. Samstag, 17.12.2016 von 10:00 bis 16:00 Uhr Praxistag | Die erhabene und die unermessliche Herzensbefreiung Die Brahmaviharas - Güte, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut gehören zu den Grundlagen geistiger Befreiung. Beide Aspekte werden mit diversen hinführenden Übungen erläutert und geübt. (Vorkenntnisse sind nicht erforderlich) Es gibt Gelegenheit für Praxisgespräche. Hinweis: Die Pausen werden sehr knapp gehalten und es wird empfohlen für die Dauer des Seminares in den Räumlichkeiten zu majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 - 26 - HAZ 14.06.2016 Buddhistisches Zentrum Maha Vihara Das buddhistische Zentrum „Maha Vihara“ in Schneverdingen unter Leitung von Bhante Punnaratana ist gut angelaufen und bietet vielerlei Veranstaltungen, Zeremonien und Meditationen an. Siehe http://www.buddhistischer-maha-vihara.de Jetzt erreichte uns ein Spendenaufruf für behördlich vorgeschriebene Um-/ Einbauten. Darin heißt es ganz richtig: „Traditionellen Buddhisten ist bekannt, dass es ein „gutes Karma“ ist, Toiletten anzufertigen.“ Alles Weitere: http://www.theravadanetz.de/Spendenaufruf_Mahavihara.pdf Theravadanewsletter (143) vom 12.07.2016 - 27 - majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 Die dritte Erdberührung Die Sangha des buddhistischen Mönchs Thich Nhat Hanh hat geführte Meditationen entwickelt, die Mitgefühl und Weisheit mit einander verbinden, indem ein ganz bewusster Kontakt mit der Erde hergestellt wird. Diese „Berührung der Erde“ kann z.B. in drei Stufen erfolgen. Ich berühre die Erde und lasse die Vorstellung los, dass ich dieser Körper bin und meine Lebenszeit begrenzt ist. Ich erkenne, dass dieser Körper, der aus vier Elementen besteht, nicht wirklich ist, und dass ich nicht durch diesen Körper begrenzt bin. Ich bin ein Teil eines Lebensstroms von spirituellen und leiblichen Vorfahren, die seit Tausenden von Jahren in die Gegenwart fließt und für Tausende von Jahren in die Zukunft fließen wird. Ich bin eins mit meinen Vorfahren, ich bin eins mit allen Menschen und allen Wesen, ob sie nun friedlich und furchtlos oder voller Leid und Angst sind. In diesem Augenblick bin ich überall auf diesem Planeten gegenwärtig; ich bin auch in der Vergangenheit und in der Zukunft gegenwärtig. Die Auflösung dieses Körper berührt mich nicht, genau so, wie das Herabfallen einer Pflaumenblüte nicht das Ende des Pflau- majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 - 28 - D ie 4 edlen Wahrheiten (ariya-sacca) Auszug aus: http://www.palikanon.com/wtb/sacca.html Die Vier Edlen Wahrheiten (ariya-sacca) sind der kürzeste Ausdruck für die gesamten Lehren des Buddhismus, so daß sämtliche in den 3 buddhistischen Sammlungen niedergelegten Lehren in ihnen eingeschlossen sind, nämlich: menbaumes bedeutet. 1. die Wahrheit vom Leiden, (dukkham) Ich sehe mich als Welle auf der Oberfläche des Meeres. Meine Natur ist das Wasser des Meeres. Ich erkenne mich in allen Wellen und ich sehe alle anderen Wellen in mir. Das Erscheinen und Verschwinden der Form der Welle beeinflusst das Meer nicht. Mein Dharmakörper und mein Weisheitsleben sind nicht Geburt und Tod unterworfen. Ich erkenne, dass ich bereits gegenwärtig war, bevor mein Körper sich manifestierte, und dass ich gegenwärtig sein werde, nachdem sich mein Körper aufgelöst hat. Ich erkenne, dass ich selbst in diesem Augenblick woanders existiere als nur in diesem Körper. Siebzig oder achtzig Jahre sind nicht meine Lebenszeit. Meine Lebenszeit, wie auch die Lebenszeit eines Blattes oder eines Buddha, ist unbegrenzt. Ich habe die Vorstellung hinter mir gelassen, dass ich ein Körper bin, der in Raum und Zeit von allen anderen Formen des Lebens getrennt ist. 2. von der Leidensentstehung, (dukkhasamudayo) 3. der Leidenserlöschung, (dukkhanirodho) 4. der zur Leidenserlöschung führenden Achtfachen Pfade, (dukkhanirodhagāminī patipadā) Die Die ers te Wahrheit, kurz gesagt, lehrt, dass alles Dasein elend, unbefriedigend und dem Leiden unterworfen ist. zw eite Wahrheit lehrt, dass das Leiden durch das alles Leiden und alle Wiedergeburt erzeugende Begehren bedingt ist. Die d ritte Wahrheit lehrt, dass durch Erlöschung des Begehrens es notwendigerweise zur Erlöschung der Wiedergeburt und des Leidens kommen muss. Die löschung. viert e Wahrheit vom Achtfachen Pfade gibt die Mittel an zur Erreichung dieser Leidenser- - 29 - majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 Programm und Einladung - Fortsetzung von Seite 3 17.12. Samstag 10 – 16 h Praxistag mit Sr.Mudita | Die erhabene und die unermessliche Herzensbefreiung | Die Brahmaviharas - Güte, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut gehören zu den Grundlagen geistiger Befreiung. Beide Aspekte werden mit diversen hinführenden Übungen erläutert und geübt. Es gibt Gelegenheit für Praxisgespräche. Weiterführende Infos: S. 26,27. 18.12. So. 15 h Info Nachmittag Buddhismus mit Bernd Weber wie am 25.09. 27.12. bis 01.01.2017 Sesshin zum Jahresende mit Zen-Meisterin Dagmar Doko Waskönig Beitrag 180 €. Zur Frage der Örtlichkeit wird um vorherige Kontaktaufnahme und Anmeldung gebeten unter Tel.: 0511 - 864871 oder Email: [email protected] 30.10. So. 15 h Info Nachmittag Buddhismus mit Bernd Weber wie am 25.09. 04.11. bis 13.11. Schweigeretreat - mit Anagarika Vupasama und Claudius Eßmann im Lilienhof | Schweigeretreat mit Vorträgen, Sitz- und Gehmeditation, Austausch, Spaziergänge im Wald, Ort wie am 04.09. Web: lilien-hof.de 12./13.11. Sa. 10 - 17 h So. 10 - 16 h Gemeinsam ein Wochenende im achtsamen Verweilen verbringen An beiden Tagen werden wir unsere Übungspraxis wie am 10.09. mit Johannes fortsetzen – auch für Neuinteressierte. Teilnahme auf Spendenbasis - bitte rechtzeitig anmelden. 26.11. Samstag 18 - 19:30 h Vortrag von Rajah Wirasekara Die Buddhalehre als Integrationshilfe Das Thema Migration und Integration ist derzeit in aller Munde. Deutschland ist in den letzten vier Jahrzehnten allmählich multireligiös geworden. Über Begriffe wie Willkommenskultur, Grenzkontrollen und Hotspots wird debattiert. Seit 50 Jahren lebt der Referent glücklich in Europa und wird veranschaulichen, wie ihm die aus Sri Lanka mitgebachte Buddhalehre beim Integrationsprozess geholfen hat. Vortrag und Fragerunde. 27.11. So. 15 h Info Nachmittag Buddhismus mit Bernd Weber wie am 25.09. Das Zentrum ist in der Regel nur während der Veranstaltungen besetzt. 02.12. Fr. 19 – 21 h Buddhismus kennenlernen Informationsabend für Interessierte, Ort & Infos wie am 04.09. Außerdem: Sprechzeit jeden Freitag von 17:00 - 18.30 Uhr. 04.12. Sonntag 10:30 - 12:30 h und 14:00 - 17:00 h Das Ich – Sein oder Nicht-Sein – Das ist die Frage Seminar mit Jürgen Manshardt | Veranstalter: Buddhistische Gemeinschaft Chöling e.V. in Zusammenarbeit mit Rigpa - Ort: Pagode Vien Giac, Karlsruher Str. 6, 30519 Hannover Infos: www.choeling.de; Teilnehmergebühr: Spende 10.12. Sa. 10 - 17 h Gemeinsam einen Tag im achtsamen Verweilen verbringen | Meditative Übungen in Stille und Bewegung mit Johannes – wie am 16.01. 16.12. Freitag 19 - 21 h Vortragsabend und Meditation mit Sr. Mudita | Güte und Vergebung Die Entwicklung von allumfassender Güte oder Wohlwollen ist eine zentrale Aufgabe buddhistischen Strebens. Weiterführende Infos: S. 26,27. majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 - 30 - Allen Wesen Glück und Frieden für das Jahr 2017! Soweit nichts anders angegeben finden alle Veranstaltungen im Buddhistischen Zentrum, Drostestr. 8, 30161 Hannover statt. Zur Kostendeckung wird um einen Spendenbeitrag gebeten. Gäste sind willkommen. Außerdem wird dort auf andere Veranstaltungen hingewiesen, die unser Interesse verdienen. Haftungsausschluss: Der Verein übernimmt keine Haftung für eventuell auftretende psychische und/ oder physische Schädigungen, die bei der Teilnahme an den Veranstaltungen auftreten können. - 31 - majjhimâ - patipadâ 3 - 2016 Regelmäßige BBH-Veranstaltungstermine in der Drostestr. 8 Gesprächskreis Buddha-Lehre jeden Dienstag 19.15 - ca. 22.00 Uhr Offener Kreis, auch für Interessierte ohne Vorkenntnisse Meditation (19.25 - 20.00 Uhr), anschließend, ab 20.00 Uhr: Lesung buddhistischerTexte; Gespräche und Diskussion zur buddhistischen Praxis; Buddhismus in der Gegenwart. Meditation und Yoga jeden Donnerstag 19.45 - ca. 22.00 Uhr. Hatha-Yoga nach Shivananda, entspannte Sammlung, Atemberuhigung, Haltung und Stille des Yoga und der Meditation, Gehmeditation. Bitte bequeme Kleidung und nach Bedarf eine Übungsmatte /-decke mitbringen - (Teilnahme auf Spendenbasis / Dana). Neue Teilnehmer/innen sind jederzeit willkommen, jede/r übt in Eigenverantwortung. Info: Sabine Reinsberg, Tel. 0511 - 400 86 36 Vipassana Meditation jeden Donnerstag 18.00 - 19:30 Uhr. Sitzen in Stille, Atembetrachtung, Gehmeditation, Erfahrungsaustausch. Anfängerlinnen sind willkommen, eine Einführung ist möglich. In diesem Fall bitte vorher anmelden unter: 0511 - 348 07 76 (Franz). www.vipassana-hannover.jimdo.com Zen Dôjô Shôbôgendô --> Termine und Örtlichkeit können abweichen. Bitte vor Besuch Spirituelle Leitung: Zen-Meisterin Dagmar Dôkô Waskönig, erkundigen! Info: www.shobogendo.de Zazen: Montag: 20.00 Uhr Mittwoch: 20.00 Uhr Jeden 1. Mittwoch im Monat, 19.00 Uhr: Einführung für Neue Freitag: 19.00 Uhr (unregelmäßig, nach Absprache) Info-Nachmittag Buddhismus jeden letzten Sonntag im Monat, um 15.00 Uhr buddhistische Orientierungshilfe, Dialog und div. Videos Anfragen unter Tel. (0511) 47 14 09 (Bernd Weber) Ansprechpartner/lnnen: Rother Baumert Tel. 0511 - 40 66 88 Email: [email protected] Michael Schmidt Tel. 05722 - 8 17 25 Email: [email protected] Rajah Wirasekara Tel. 05722 - 8 11 52 Email: [email protected] Dagmar Doko Waskönig (Zen) Tel. 0511 - 86 48 71 Email: [email protected] York-Victor Reith Tel. 0511 - 6002306 Email: [email protected] Internet: www.buddha-hannover.de : www.facebook.com/BuddhistischerBundHannover majjhimâ - patipadâ 3 - 2016