Kartoffelbau 3-2011

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VErMarKtUNG
Foto: Monkey Business - Fotolia
Konsum- und Kaufverhalten
bei Kartoffeln
Welchen Einfluss hat das Qualitätsurteil des Verbrauchers?
Die alles entscheidende Frage für ein Unternehmen lautet, wie können Produkte erfolgreich am Markt
positioniert werden? Dieser Beitrag folgt der These, dass eine erfolgreiche Vermarktung von Produkten
nur dann erfolgen kann, wenn die Qualitätsanforderungen der Konsumenten berücksichtigt werden.
Dr. Carola Grebitus, Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik, Universität Bonn
V
iele Produkte im Lebensmitteleinzelhandel sind sehr homogen und
unterscheiden sich kaum noch von der
Konkurrenz. Eine Möglichkeit, sich von
Mitbewerbern abzuheben, besteht über
die Qualität der Produkte. Hierbei ist zu
beachten, dass Differenzen eines Produktes in objektiven sowie in subjektiv wahrgenommenen Unterschieden bezüglich
ihrer Charakteristika liegen können.
Die Relevanz dieses Themas liegt im Erkenntnisgewinn bezüglich verbraucherorientierter Forschung und Entwicklung
als auch zielgruppenorientierten Vermarktungsstrategien.
Wahrnehmung von Qualität
Um sich über Produktqualität differenzieren zu können, gilt es zunächst, die Frage zu klären, was unter dem Begriff der
Qualität zu verstehen ist. Hierzu schreibt
Bruhn (2003), dass es keine eindeutige Definition des Qualitätsbegriffes gibt. Qualität ist vielmehr ein komplexes, mehrdimensionales Konstrukt, bei dem es um die
subjektive und individuelle Wahrnehmung
und Beurteilung von Produkten und Leistungen geht (Garvin, 1984; Booth, 1994).
Um einzugrenzen, was Qualität ausmacht,
kann man davon ausgehen, dass die Qua-
lität eines Lebensmittels durch all seine Eigenschaften bestimmt wird.
Das Qualitätsurteil ist abhängig von
den wahrnehmbaren Produktmerkmalen. Hierzu zählen Produkteigenschaften,
die physisch mit dem Produkt verbunden
sind, wie zum Beispiel Farbe, Form oder
Geruch, sowie weiteren Produkteigenschaften wie beispielsweise Verpackung,
Preis oder Marke (Northen, 2000; Olson,
1972). Hierbei bevorzugt der Verbraucher solche Produkteigenschaften, die
mit bereits im Gedächtnis gespeicherten
Merkmalen verbunden sind (KroeberRiel und Weinberg, 2003).
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Anteil der Verzehrshäufigkeit
Täglich
Haupteinkaufsstätten von Kartoffeln
Supermarkt
7
5–6-mal die Woche
Wochenmarkt
12
3–4-mal die Woche
32
1–2-mal die Woche
28
< 1-mal die Woche
Nie
15
6
2004, n = 260
Weiterhin können Qualitätsmerkmale auch in Such-, Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften eingeteilt werden.
Hierbei sind Sucheigenschaften all diejenigen Merkmale, welche vom Verbraucher bereits vor dem Kauf und Konsum
beurteilt werden können (Nelson, 1974).
Hierzu zählen unter anderem das Aussehen, die Farbe, die Form, die Größe, der
Preis oder die Marke. Erfahrungseigenschaften sind solche Eigenschaften, die
erst nach dem Kauf und teilweise auch
erst nach dem Verzehr bewertet werden können (Nelson, 1974), wie z. B. der
Geschmack, die Frische oder die Textur
(mehlig versus festkochend) der Kartoffel. Bei Vertrauenseigenschaften handelt
es sich um Produktmerkmale, die vom
Verbraucher weder vor noch nach dem
Kauf und Verzehr beurteilt werden können (Darby und Karni, 1973), wie beispielsweise die Tatsache, ob die gekaufte
Kartoffel gentechnisch verändert wurde oder nicht. Weitere Vertrauenseigenschaften sind der Gesundheitswert, die
Natürlichkeit, die Umweltverträglichkeit
und das angewandte Produktionsverfahren. In diesem Fall müssen Produktsiegel
die Information bereitstellen.
Konsum und Kaufverhalten
von Kartoffeln
Ergebnisse einer Verbraucherbefragung aus dem Jahr 2004 in Kiel, Schleswig-Holstein, im Rahmen eines Projektseminars der CAU Kiel unter 260 Befragten zeigen, dass 7 % täglich Kartoffeln
verzehren und 12 % 5–6-mal pro Woche
Kartoffeln essen. Die Mehrheit der Konsumenten verzehrt 3–4-mal pro Woche
Kartoffeln (32 %), gefolgt von 28 %, die
1–2-mal pro Woche Kartoffeln zu sich
nehmen. Ein Anteil von 15 % isst seltener
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34
Discounter
23
Ab Hof
Bioladen
10
5
Fachgeschäft 2
2004, n = 260
als 1-mal pro Woche Kartoffeln und 6 %
essen nie Kartoffeln. Um den Marktanteil zu erhöhen, erscheint es sinnvoll, sich
auf die Käufer, die 1–2-mal pro Woche
oder seltener Kartoffeln verzehren, zu
konzentrieren. Hierfür kann beispielsweise untersucht werden, wie diese Käufer charakterisiert sind, um sie dann mit
gezielten Vermarktungsstrategien anzusprechen.
Ein Merkmal der Käufer ist unter anderem die Haupteinkaufsstätte von Kartoffeln. Hier zeigen die Ergebnisse, dass
46 % der Kunden Kartoffeln im Supermarkt beziehen, gefolgt von 34 % die auf
dem Wochenmarkt den direkten Kontakt
mit dem Produzenten schätzen und dort
ihre Kartoffeln kaufen. Etwa ein Viertel
der Verbraucher kauft Kartoffeln beim
Discounter und 10 % beziehen ihre Kartoffeln direkt ab Hof. Nur 5 % kaufen ihre
Kartoffeln überwiegend im Bioladen. Ein
weiteres Käufercharakteristikum ist die
Präferenz der Angebotsform. Hier zeigt
sich, dass vor allem die losen Kartoffeln
bzw. das Selbst-Abwiegen bevorzugt wird
(Note 2,1 auf einer Skala von 1 = sehr gut
bis 5 = sehr schlecht), dicht gefolgt von
der Kartoffel im Netz (Note 2,2). Weniger beliebt ist die Papiertüte (Note 2,7).
Dies kann damit begründet werden, dass
der Verbraucher die Kartoffel in der Tüte nicht sehen kann und folglich Schadstellen nicht ausschließen kann. Dies
scheint die „Natürlichkeit“ der Papierverpackung in den Schatten zu stellen,
die sonst für Verbraucher häufig an erster
Stelle steht. Dieses Argument tritt allerdings beim Plastikbeutel zutage, der mit
einer Note von 3,7 am schlechtesten abschneidet. Hier kann die Kartoffel zwar
vor dem Kauf begutachtet werden, allerdings scheint das Plastik der natürlichen
Kartoffel zu widersprechen, und Käufer
bewerten dies eher negativ.
Qualitätsurteil
bezüglich Kartoffeln
In derselben Verbraucherbefragung
wurde weiterhin ein Wortassoziationstest durchgeführt (freies Assoziieren
nach Vorgabe eines Schlüsselreizes). Der
Schlüsselreiz lautete: „Was geht Ihnen so
durch den Kopf, wenn Sie an die Qualität
von Kartoffeln denken?“. Die Assoziationen konnten in negativ, positiv und neutral eingeteilt werden. Wobei die Äußerungen überwiegend positiv waren. Zu
den negativen Assoziationen zählen beispielsweise: schlechter gewordene Qualität, zu viel Kunstdünger, mühseliges Zubereiten, schälen, schlechte Lagerung,
Dickmacher, Unsicherheit, Skandale,
Schadstoffe im Boden, „Nicht so schnell
keimen (eingepudert)“. Positiv bewertet
wurde die Kartoffel als Grundnahrungsmittel sowie ihr guter Geschmack. Sie ist
beliebt, gesund, eine gute Beilage, enthält
Stärke und Kohlenhydrate.
Verschiedene Kartoffelsorten wurden
direkt durch die Befragten genannt.
Hier zeigt sich, dass die Nennungen
eher selten sind, aber durchaus im Gedächtnis der Verbraucher gespeichert
werden. Daraus wäre abzuleiten, dass
diese Sortennamen häufiger im Rahmen
der Vermarktung verwendet werden sollten. Nur dann kann der Name langfristig
im Gedächtnis verankert und auch positiv belegt werden und bei zukünftigen
Käufen kaufentscheidend sein.
Kaufentscheidung bei Kartoffeln
Weiterhin wurde untersucht, welche
Eigenschaften beim Kauf von Kartof-
VErMarKtUNG
feln eine Rolle spielen (siehe Abbildung).
Hierbei zeigte sich, dass vor allem Geschmack (83 %), Frische (77 %), Aussehen (75 %) und Preis (61 %) herangezogen werden, um sich für eine bestimmte
Kartoffel zu entscheiden. Auch die Herkunft (62 %) ist wichtig. Weniger wichtig ist den Kunden das Verpackungsdesign (15 %). Allerdings spielt die Verpackungsgröße (45 %) durchaus eine Rolle
(Yue, Grebitus, Bruhn und Jensen, 2010).
Die Ergebnisse einer ökonometrischen
Schätzung zeigen, dass Verbraucher, denen das Aussehen besonders wichtig ist,
beim Kauf von Kartoffeln eher konventionelle Kartoffeln als Biokartoffeln bevorzugen. Das Gegenteil ist der Fall, wenn es
um die Bedeutung von Lebensmittelsicherheit geht. Verbraucher, die besonders
auf die Sicherheit ihrer Lebensmittel achten, ziehen Biokartoffeln anstatt konventionell angebauter Kartoffeln vor. Auch
Käufer, die auf Herkunft und Inhaltsstoffe achten, verzehren eher Biokartoffeln
als konventionelle Kartoffeln. Dies gilt
aber nicht, wenn Sortenvielfalt ein wichtiges Einkaufskriterium ist. Falls Kunden besonderen Wert auf Nährwertangaben und Verpackungsdesign legen, werden sie eher konventionelle Kartoffeln als
Biokartoffeln verzehren. Sollten Gütesiegel ein Merkmal sein, um die Kaufentscheidung zu treffen, so sinkt die Wahrscheinlichkeit des Kartoffelkonsums allgemein. Haushalte mit Kindern und einem höheren Bildungsniveau haben eine
höhere Wahrscheinlichkeit, Biokartoffeln zu verzehren als solche ohne Kinder
und mit niedrigerem Bildungsstatus. Allerdings sinkt mit zunehmender Haushaltsgröße die Bereitschaft, Biokartoffeln
zu konsumieren. Dies kann damit erklärt
werden, dass Biokartoffeln als gesünder
(für Kinder) angesehen werden, aber ab
einer bestimmten Haushaltsgröße das
Budget nicht mehr ausreicht, die höheren
Preise für Biokartoffeln zu decken. Weiterhin zeigt die Analyse, dass mit steigendem Alter eher konventionelle Kartoffeln
gegessen werden (Yue, Grebitus, Bruhn
und Jensen, 2010).
Nicht signifikant und somit bislang ohne Einfluss auf die Kaufentscheidung sind
der Geschmack, die Frische, der Preis, der
Gesundheitsfaktor, die Verpackungsgröße, die Marke, der Service, das Einkommen und das Geschlecht des Käufers.
Hierin bestehen folglich Chancen für zukünftige Vermarktung. Wenn auf diese
Faktoren verstärkt Wert gelegt wird bei
der Bewerbung von Kartoffeln, könnten
so Marktanteile gesteigert werden (Yue,
Grebitus, Bruhn und Jensen, 2010).
Wichtig beim Kartoffelkauf
Geschmack
82 %
Frische
78 %
Aussehen
77 %
Preis
64 %
Herkunft
60 %
Gesundheit
50 %
Verpackungsgröße
46 %
Sortenvielfalt
30 %
Gütesiegel
29 %
Nährwertangabe
27 %
Marke
25 %
Lebensmittelsicherheit
21 %
Inhaltsstoffe
19 %
Service
Verpackungsdesign
17 %
13 %
2004, n = 260
Fazit
Das verbraucherorientierte Qualitätsverständnis ist gekennzeichnet durch Dynamik, Komplexität und Heterogenität
(Grebitus, 2008). Produkteigenschaften
wie Geschmack und Frische dominieren
das Qualitätsurteil bezüglich Qualität von
Kartoffeln. Bei Kartoffeln dient das Aussehen als Indikator für die Beurteilung
der Erfahrungseigenschaft Geschmack,
bei der Bewertung von Vertrauenseigenschaften (Dünger, Herkunft) werden Qualitätsindikatoren wie vom Bauern und
Gütesiegel genutzt (Bruhn und Grebitus,
2007). Diese Zusammenhänge können einen Beitrag zur Gestaltung von qualitätsbezogenen Marketingmaßnahmen leisten. Generell kann eine steigende Bedeutung von Vertrauenseigenschaften, wie
Gentechnik etc., beim Lebensmittelein-
kauf festgestellt werden. Um Vertrauenseigenschaften zu kommunizieren, müssen sie durch Qualitätsindikatoren wahrnehmbar und glaubhaft sein. Weitere
Kennzeichen gewinnen umso mehr an
Bedeutung, je weniger die Produkte selbst
ihre Qualität kommunizieren, z. B. Glaubwürdigkeit und Vertrauen gegenüber dem
Unternehmen. Allerdings dürfen die Erfahrungseigenschaften den Vertrauenseigenschaften nicht widersprechen.
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n KONTAKT n n n
Dr. Carola Grebitus
Institut für lebensmittel- und ressourcenökonomik landwirtschaftliche Fakultät,
rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität
Bonn
[email protected]
– Lüftungstechnik
– Kältetechnik
– Kisten
Alleringersleber Weg 3b · 39343 Ostingersleben
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