Programmheft - Heilbronner Sinfonie Orchester

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WEIHNACHTSKONZERT
Mitwirkende:
Aurelius Sängerknaben Calw
Leitung: Bernhard Kugler
19:30 Uhr Sonntag, 14. Dezember 2014
Theodor-Heuss-Saal
Konzert - und Kongresszentrum Harmonie . Heilbronn
Dirigent: Peter Braschkat
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PROGRAMM
14. Dezember 2014
Otto Nicolai
(1810 – 1849)
Weihnachts-Ouvertüre
über den Choral „Vom Himmel hoch, da komm’ ich her“
für Orchester mit Chor ad libitum
Adagio – Allegro
Antonio Vivaldi
(1678 – 1741)
Aus dem Gloria D-Dur RV 589
Nr. 1: Gloria in excelsis
Nr. 2: Et in terra pax
W. A. Mozart
(1756 – 1791)
Ave verum corpus KV 618, Motette
Adagio
J. S. Bach
(1685 – 1750)
Aus dem Weihnachtsoratorium BWV 248
Nr. 10: Sinfonia. Andantino
G. A. Homilius
(1714 – 1785)
Aus dem Weihnachtsoratorium
„Die Freude der Hirten über die Geburt Jesu“ HoWV I, 1
Nr. 1: Coro „Gott, Dich rühmen unsre Lieder“. Allegretto
Josef Rheinberger
(1839 – 1901)
Aus der Weihnachtskantate „Der Stern von Bethlehem“ op. 164
Nr. 1: Erwartung. Molto moderato
PAUSE ...............................................................................................................
Georges Bizet
(1838 – 1875)
Aus der „L’Arlésienne-Suite“ Nr. 1
Nr. 1: Prélude. Allegro deciso (Tempo di marcia)
Peter Tschaikowski
(1840 – 1893)
Aus der Schauspielmusik zu „Snegurotschka“ („Schneeflöckchen“) op. 12
Nr. 1: Einleitung. Moderato assai
Nr. 13: Tanz der Akrobaten. Allegro giusto
Trad.
(Russland)
Bajuschki
(Arr.: Bernhard Kugler)
G. F. Händel
(1685 – 1759)
Aus dem Oratorium „Judas Maccabaeus“
„Tochter Zion, freue Dich“
(Arr.: Bernhard Kugler)
J. S. Bach
(1685 – 1750)
Aus dem Weihnachtsoratorium BWV 248
Choral Nr. 9 „Ach mein herzliebes Jesulein“
Choral Nr. 17 „Schaut hin, dort liegt im finstern Stall“
Choral Nr. 23 „Wir singen dir in deinem Heer“
Engelbert Humperdinck Aus der Oper „Hänsel und Gretel“
Abendsegen und Traumpantomime (2. Bild)
(1854 – 1921)
Trad.
(Thüringen / Sizilien)
Süßer die Glocken nie klingen / O du fröhliche
(Arr.: Bernhard Kugler)
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Aurelius Sängerknaben Calw
© Kristina Popov
MITWIRKENDE
Die Aurelius Sängerknaben Calw, im Jahre 1983 von Hans-Jörg
Kalmbach gegründet, stehen seit 2008 unter der künstlerischen
Leitung von Bernhard Kugler. Das Repertoire des Chors umfasst neben
A-cappella-Werken aller Epochen auch große Werke mit Orchesterbegleitung und Oratorien.
Der Chor arbeitete mit namhaften Orchestern wie den Wiener
Philharmonikern, dem Chicago Symphony Orchestra, dem Radiosinfonieorchester Stuttgart des SWR, den Bamberger Symphonikern
und der Staatskapelle Berlin zusammen und konzertierte
unter bekannten Dirigenten wie Claudio Abbado, Pierre Boulez,
Daniel Barenboim, Herbert Blomstedt, Michael Gielen, Krzysztof
Penderecki und Helmuth Rilling.
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mit Solisten, Musikern des Staatsorchesters Stuttgart und dem
Philharmonischen Chor Heilbronn
Konzert- und Kongresshalle Harmonie Heilbronn
Beginn: 19.00 Uhr
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MITWIRKENDE
Künstlerischer Leiter der Aurelius Sängerknaben Calw
Bernhard Kugler
Nach Studium der Medizin in Ulm und Tübingen schloss Bernhard Kugler
ein Kirchenmusikstudium an der Musikhochschule Stuttgart an, das er 1991
mit der A-Prüfung abschloss. Weiterführende Studien und Hospitationen in
Chor- und Orchesterleitung (u.a. bei Eric Ericson, Sergiu Celibidache, Volker
Hempfling) sowie Meisterkurse für Orgelliteraturspiel und Improvisation
(u.a. bei Marie-Claire Alain, Peter Planyawsky) ergänzten seine Ausbildung.
Von 1992 bis 1999 war Bernhard Kugler als Kantor an der St. Johanneskirche
in Tübingen tätig, danach bis 2007 als Domkantor in Rottenburg am Neckar
und als künstlerischer Leiter der Rottenburger Domsingknaben.
Bei der Chorolympiade 2000 in Linz erzielte Bernhard Kugler mit den Männerstimmen der Rottenburger Domsingknaben in der Kategorie „Musica
sacra a capella“ eine Bronzemedaille. Im Frühjahr 2008 wurde Bernhard Kugler
als künstlerischer Leiter der Aurelius Sängerknaben nach Calw berufen.
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EINFÜHRUNG
Otto Nicolai
Weihnachtsouvertüre
Otto Nicolai wurde zwar nicht einmal 40 Jahre alt, aber in der vergleichsweise kurzen
Spanne seines Lebens hat er sich gleich auf zweifache Weise unsterblich gemacht:
1842 dirigierte er in Wien eine „Philharmonische Academie“, für die Musiker der
Wiener Hofoper sich zu einem Konzertorchester zusammengeschlossen hatten. Dies
ist die Geburtsstunde der Wiener Philharmoniker, als deren Gründer Nicolai folglich
gelten muss. Zum anderen ist ihm mit seiner Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“ ein absolutes Meisterwerk gelungen. Leider konnte Nicolai den Erfolg dieser
„komisch-fantastischen“ Oper nicht mehr genießen, denn er starb bereits zwei
Monate nach der Berliner Uraufführung an den Folgen eines Schlaganfalls.
Der entscheidende Ort für den musikalischen Werdegang Nicolais war die Stadt Berlin, in die er als 17jähriger
geschickt wurde, um dort Musik zu studieren. Neben
seiner Ausbildung am Königlichen Institut für Kirchenmusik war es besonders seine Mitgliedschaft in der Berliner Sing-Akademie, die den Zwanzigjährigen prägte.
In der Wintersaison 1832/33 zu einer bedeutsamen
Begegnung mit Felix Mendelssohn-Bartholdy, der an
der Sing-Akademie im November seine „Sommernachtstraum“-Ouvertüre aufführte. Der anwesende
Nicolai war beeindruckt, und als er am 13. April 1833
sein erstes eigenes Konzert dirigierte, nahm er diese Ouvertüre ins Programm auf.
Gleichzeitig reifte in ihm der Entschluss, etwas Ähnliches zu komponieren, und da die
Begegnung mit Mendelssohns Musik in die Weihnachtszeit gefallen war, entzündete
sich seine Fantasie an einem Bibelvers, der einen weihnachtlichen Bezug hat: „Das
Volk, so im Finstern wandelt, siehet ein großes Licht“. Diese Verse aus dem Buch
Jesaja werden allgemein als Ankündigung der Geburt Jesu ausgelegt und somit auf
die Weihnachtsgeschichte bezogen. So kam es zu der bemerkenswerten Situation,
dass bei der Uraufführung in der Berliner Garnisonskirche, die am 29. Mai 1833
stattfand, ein Weihnachtslied im Frühling erklang.
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EINFÜHRUNG
Passend zum Wandeln im Finstern beginnt die
Weihnachtsouvertüre in düsterem d-Moll
mit einem vielfältig wiederholten, synkopisch
aufseufzenden Unisonothema der Streicher,
das bald zu einer Fuge ausgebaut wird.
Liegende Akkordflächen im Pianissimo mit
Andeutungen von Trompetenfanfaren leiten
über zu einem Marsch, der schließlich auf
einem Orgelpunkt zur Ruhe kommt – und
dann setzen die hohen Holzbläser mit dem
Luther-Choral „Vom Himmel hoch, da komm
ich her“ ein, der vom gesamten Orchester aufgegriffen und zu einem jubelartigen Thema
umgewandelt wird.
Immer wieder wird die Choralmelodie aufgegriffen und zu immer neuem Glanz gebracht,
bis auf dem Höhepunkt ein Chor mit dem
letzten Vers des Liedes einfällt: „Lob, Ehr sei
Gott in höchsten Thron, / Der uns schenkt
seinen ein’gen Sohn. / Des freuen sich der
Engel Schar / Und singen uns solch neues
Jahr.“
Bei der Uraufführung war dieser Choralvers noch vierstimmig gesetzt,
aber bereits bei der zweiten Aufführung, die im Dezember 1833 in Leipzig
stattfand, hatte Nicolai „zur Erzielung einer viel stärkeren Wirkung“ diesen
Chorsatz gestrichen und durch das einstimmige Singen der Choralmelodie
ersetzt. Einzig das abschließende dreifache „Amen“ blieb vierstimmig ausgesetzt.
Zu Lebzeiten Nicolais erlebte die Weihnachtsouvertüre nur noch eine weitere Aufführung im Jahre 1834, dann geriet sie in Vergessenheit und wurde erst Anfang des
20. Jahrhunderts wieder entdeckt und schließlich als Partitur veröffentlicht. Seither
erfreut sie sich in Weihnachtskonzerten einer ständig wachsenden Beliebtheit und ist
bestens geeignet, unseren festlichen Abend zu eröffnen.
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EINFÜHRUNG
Antonio Vivaldi
Gloria
Wenn der Name Antonio Vivaldi fällt, denkt
man natürlich in erster Linie an seine berühmten Violinkonzerte, unter denen es
besonders die „Vier Jahreszeiten“ zu einer
Beliebtheit ohnegleichen gebracht haben.
Die meisten seiner Concerti schrieb Vivaldi
für das Orchester des „Ospedale della
Pietà“, eines venezianischen Heimes für
Waisenmädchen, das offensichtlich musikalisch hochbegabte Zöglinge beherbergte.
Dass Vivaldi diesen Posten bekam, hängt mit
seinem „Hauptberuf“ zusammen: Er war
nämlich bereits 1703, also als 25-Jähriger,
zum Priester geweiht worden und übte eine
Stelle als Kaplan an der Kirche S. Maria della
Pietà aus, zu der das Waisenhaus gehörte.
So verwundert es nicht, dass Vivaldi auch
zahlreiche geistliche Werke komponierte,
die lange im Schatten seiner Instrumentalkompositionen standen.
Eine Ausnahme bildet das „Gloria“ RV 589, das wohl um 1713 entstanden ist und
sich rasch einer großen Popularität erfreute. Auf unserem Programm stehen heute die
ersten beiden Sätze dieser Vertonung des „Gloria“-Messteils, und schon der Eingangssatz „Gloria in excelsis Deo“, „Ehre sei Gott in der Höhe“, zeigt eine Besonderheit
Vivaldis: Es gelingt ihm, aus ganz simplen, beinahe banalen Motiven eine ungeheure
Energie zu entwickeln, die das Stoffliche schnell vergessen lässt. Im zweiten Satz,
„Et in terra pax hominibus bonae voluntatis“ („Und auf Erden Friede den Menschen,
die guten Willens sind“), verblüffen die harmonischen Kühnheiten, mit denen Vivaldi
immer neue Zieltonarten ansteuert.
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EINFÜHRUNG
Wolfgang Amadeus Mozart
Ave Verum Corpus
Wolfgang Amadeus Mozarts Motette „Ave
Verum Corpus“ KV 618 ist ein trotz seiner Kürze
von gerade einmal drei Minuten ungeheuer
berühmtes Stück Kirchenmusik, in dem sich
Mozarts Genie auf unvergleichliche Weise artikuliert hat. Wie Vivaldis „Gloria“ hat auch
diese Komposition keinen Zusammenhang mit
Weihnachten, es entstand vielmehr zum Fronleichnamsfest 1791. Mozart schrieb zu dieser
Zeit, ein halbes Jahr vor seinem Tod, an seinem
Requiem und der „Zauberflöte“. Seine Frau
Constanze erwartete im Frühsommer 1791 ihre
sechste Niederkunft. Um sich zu schonen, war
sie zur Kur in Baden bei Wien und wohnte dort
bei dem befreundeten Chorleiter des Badener Kirchenchors, Anton Stoll, dem Mozart
diese Motette als Dank für die erwiesene Gastfreundschaft schenkte. Die 46 Takte
für Chor, Streicher und Orgel, die Mozart hier schrieb, sind von einer harmonischen
und satztechnischen Dichte, die ihresgleichen sucht – und dabei von einer klassischen
Eleganz und perfekten Formbeherrschung getragen, die dieses Kleinod auch in
Mozarts Werkverzeichnis als einzigartiges Juwel leuchten lassen.
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EINFÜHRUNG
Johann Sebastian Bach
Weihnachtsoratorium
Im Gegensatz zur Mozart-Motette gehört Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium BWV 248 zu Weihnachten; es ist das mit Abstand populärste und beliebteste Werk, das überhaupt jemals für dieses Fest komponiert wurde. Es handelt sich
dabei nicht um ein einziges Werk, sondern um die Zusammenfassung von sechs Kantaten, die Bach in den Jahren 1734/35 für die Weihnachtsfestzeit geschrieben und im
jeweiligen Gottesdienst der Leipziger Nikolai- und der Thomaskirche aufgeführt hat.
Der Bauplan der sechs Kantaten ist recht
ähnlich: Sie beginnen mit einem festlichen Eingangschor, dann wechseln sich
Rezitative, Arien und schlichte Choräle
ab. Ein kunstvoller, oft figurierter Schlusschoral beschließt die jeweilige Kantate.
Allerdings gibt es Ausnahmen: Die zweite
Kantate, die zum zweiten Weihnachtsfeiertag 1735 komponiert wurde, beginnt
mit einem Instrumentalsatz, der berühmten „Sinfonia“.
Der wesentliche Inhalt dieser zweiten
Kantate ist die Begegnung der Hirten und
der Engel auf dem Felde vor Bethlehem,
und genau das wird in diesem Eröffnungssatz geschildert. Bach stellt zwei Themen
einander gegenüber: Ein schwebendes, schwingendes Siciliano in Flöten
und Streichern, das die Erscheinung der Engel versinnbildlicht, und ein behaglich-ruhiges Hirtenthema, das dem Schalmeienklang der Holzblasinstrumente zugeordnet ist. Beide Themen umspielen und umschlingen einander.
Es ist atemberaubend, wie Bach in vollendeter musikalischer Schönheit das
Bild der auf- und abschwebenden, vom Bild der Verkündigung gleichsam
berauschten Engel und der andächtig emporschauenden Hirten malt.
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EINFÜHRUNG
In der zweiten Programmhälfte hören Sie drei Choräle aus den ersten beiden Kantaten.
Der Choral Nr. 9 „Ach mein herzliebstes Jesulein“ ist der Schlusschoral der ersten
Kantate („am 1. Weihnachtstag“) und, wie die meisten Schlusschoräle, nicht als schlichter Choralsatz gesetzt, sondern mit Zwischenabschnitten geschmückt, in denen die konzertierenden Instrumente der Kantate nochmals zu hören sind. In der ersten Kantate
sind das die drei Trompeten und die Pauken, die als Symbole von Herrschaft und Macht
die eigentliche Rolle des neugeborenen „herzliebsten Jesulein“ kommentieren.
Bei dem Choral handelt es sich
um den 13. Vers des LutherChorals „Vom Himmel hoch, da
komm ich her“, der schon Otto
Nicolai zu seiner Weihnachtsouvertüre inspiriert hat. Dieses
Lied liefert auch die Melodie
zum Choral Nr. 17, „Schaut
hin, dort liegt im finstern
Stall“, der im Zentrum der
2. Kantate steht. Der Text
stammt aus der 8. Strophe des
Paul-Gerhardt-Liedes „Schaut,
schaut, was ist für Wunder dar“
und ist als schlichter vierstimmiger Satz vertont.
So ist auch diese Schlichtheit Programm: Der Choral steht im Zentrum der zweiten
Kantate und somit genau in der Mitte der ersten drei Kantaten, der eigentlichen Weihnachtsgeschichte, und damit dient er als Bild für die Schlichtheit, die Gott sich mit
der Menschwerdung in der Finsternis auferlegt hat. Dazu passt auch die harmonische
Ausweichung in die Subdominante C-Dur der eigentlich in G-Dur stehenden Kantate.
Die zweite Kantate wird durch den Choral Nr. 23 „Wir singen dir in deinem
Heer“ abgeschlossen, in dem wieder die Hirteninstrumente (zwei Flöten, zwei
Oboen d’amore und zwei Oboen da caccia) erklingen und der somit eine besonders enge Klammer zu der diese Kantate eröffnenden „Sinfonia“ bildet. Die Textvorlage bildet die 2. Strophe des Paul-Gerhardt-Liedes „Wir singen Dir, Immanuel“,
aber die Melodie ist ein weiteres Mal die des Luther-Chorals.
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EINFÜHRUNG
Gottfried August Homilius
Die Freude der Hirten
Die Beliebtheit des Bachschen Weihnachtsoratoriums ist derart groß, dass es alle anderen vergleichbaren Werke in den Schatten
stellt. Dabei haben auch andere Komponisten
Weihnachtsoratorien komponiert, die wir
heute Abend zumindest auszugsweise vorstellen möchten. Einer davon, Gottfried August
Homilius, war wahrscheinlich während seiner Leipziger Studienzeit Schüler von Johann
Sebastian Bach und bekleidete während seiner letzten dreißig Lebensjahre das Amt des
Kreuzkantors in Dresden. Er hat vorwiegend
Kirchenmusik komponiert, die sich bis ins
19. Jahrhundert größter Beliebtheit erfreute,
dann aber in Vergessenheit geriet und erst in
jüngster Zeit wieder ins Bewusstsein rückte.
Sein Weihnachtsoratorium „Die Freude der Hirten über die Geburt Jesu“ wurde
1777 geschrieben und ist im Umfang nicht mit Bachs Beitrag zu dieser Gattung zu vergleichen. Ihre zehn Nummern dauern insgesamt nur etwa 40 Minuten. Der Eingangschor „Gott, dich rühmen unsre Lieder“ hat nichts von der Opulenz der Bachschen
Eingangschöre. Aber auch Homilius verwendet die traditionellen „Hirteninstrumente“
zur Charakterisierung der Szenerie auf den Feldern vor Bethlehem, und so erklingen
bei ihm zu den Streichern zwei Flöten, zwei Oboen und zwei Fagotte.
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EINFÜHRUNG
Josef Gabriel Rheinberger
Der Stern von Bethlehem
Nochmals knapp 120 Jahre später, im Jahre 1891 schrieb der liechtensteinische
Komponist Josef Gabriel Rheinberger seine Weihnachtskantate „Der Stern von
Bethlehem“, deren Eingangschor unsere erste Konzerthälfte beschließt. Den Text
zu dieser Komposition verfasste Rheinbergers Frau Franziska von Hoffnaaß, genannt „Fanny“, die allerdings vor der Fertigstellung starb. Zwischen verschiedenen
künstlerischen Auffassungen, in denen sich die Kirchenmusik im späten 19. Jahrhundert in Deutschland zu zerreiben drohte, bezog der in München lebende Rheinberger eine ganz eigene Position: Weder katholischer Cäcilianismus noch protestantische Bachkopie sind geeignete Etikettierungen für diese Kantate, die eher
in die Tradition alpenländischer Krippenspiele passt. Die Musik ist plastisch und
bewusst volkstümlich, vieles klingt nach altbekannter Weihnachtsweise. Der
Chorsatz der Nr. 1 („Erwartung“) kehrt identisch in der abschließenden Nr. 9
(„Erfüllung“) wieder und bringt bereits im ersten Satz das Sternenmotiv, das die ganze Komposition durchzieht: „Die Erde schweigt, es leuchten die Sterne, / sie grüßen
klar aus himmlischer Ferne.“ Rheinberger hat die Kantate als eines seiner Hauptwerke bezeichnet, konnte sich aber nie überwinden, eine Aufführung zu initiieren,
da er das Werk stets mit dem Tod seiner geliebten Fanny verband.
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EINFÜHRUNG
Georges Bizet
L’Arlésienne
Wie im Falle von Otto Nicolai, der
unsere erste Konzerthälfte eröffnete,
basiert auch die Berühmtheit des Komponisten, der die zweite Hälfte einleitet, auf einem einzigen Werk, und zwar
einer Oper. Im Falle von Georges Bizet
ist das natürlich seine „Carmen“,
deren Erfolg Bizet allerdings nicht mehr
erlebte – auch darin besteht eine Parallele zu Nicolais „lustigen Weibern von
Windsor“.
1872, also drei Jahre vor seinem Tod, erhielt Bizet das
Angebot, für die bevorstehende Premiere von Alphonse
Daudets Tragödie „L’Arlésienne“ im Pariser Théâtre du
Vaudeville eine Bühnenmusik zu komponieren. Obgleich
er sich mit einem Orchester von nur 26 Spielern begnügen
musste, schuf Bizet, schon immer ein glänzender
Orchestrator, eine seiner brillantesten Partituren mit insgesamt 27 mehr oder weniger knapp gefassten Stücken.
Obwohl die Theaterproduktion ein großer Misserfolg
wurde und nach drei Wochen abgesetzt wurde, glaubte
Bizet an die Qualität seiner Bühnenmusik und instrumentierte vier Stücke daraus für großes Orchester – der
Erfolg dieser „L’Arlésienne-Suite“ bestätigte seine Einschätzung aufs Glänzendste. Unser kleiner Ausschnitt
aus der Suite stammt aus dem ersten Satz. Bizet zitiert
hier das alte provençalische Weihnachtslied „Marcho dei
Rei“, das fünf Mal in marschartiger Leichtfüßigkeit und
in jeweils variierter instrumentaler wie harmonischer Einkleidung erklingt.
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EINFÜHRUNG
Peter I. Tschaikowski
Schneeflöckchen
Auch beim folgenden Werk von Peter I. Tschaikowski
handelt es sich um Musik zu einer Schauspielaufführung, und auch dieses Werk stammt aus dem Jahre
1873. Allerdings war die betreffende Aufführung ein
ungleich größeres Spektakel als Bizets Beitrag zum Vaudeville: Wladimir Begitschew, dem Leiter der Moskauer
Kaiserlichen Theater, schwebte eine großdimensionierte
Ergänzung zum Spielplan des Bolschoi-Theaters vor.
Er engagierte dafür den bekannten Dramatiker
Alexander Ostrowsky, der das alte russische Volksmärchen Snegurotschka („Schneeflöckchen“) zum Thema
eines vieraktigen Theaterstücks mit Prolog machte. Das
Angebot, die Zwischenaktmusiken zu schreiben, ging an
Tschaikowski, der begeistert zugriff: Schließlich steckte
er seit geraumer Zeit in einer kreativen Flaute, hatte
keine rechten Pläne für neue Kompositionen und vertrieb sich die Zeit mit dem Einrichten von Klavierauszügen älterer Werke. Mit großem
Enthusiasmus stürzte er sich in das Projekt und vollendete die umfangreiche, 80 Minuten
dauernde Partitur innerhalb von drei Wochen – und das neben seiner 27 Wochenstunden umfassenden Tätigkeit am Konservatorium!
Tschaikowskis Musik wurde überwiegend positiv aufgenommen, und womöglich
hätte der Komponist daraus eine Oper gemacht, wäre ihm Rimsky-Korsakow
damit nicht zuvorgekommen. Dessen „Schneeflöckchen“ wurde 1881 uraufgeführt
und wurde ein Welterfolg. Trotz dieser verpassten Chance verlor Tschaikowski nie die
Zuneigung zu der eigenen Snegurotschka-Vertonung: „Sie ist eines meiner liebsten
Kinder“, schrieb er an seine Mäzenin Nadeschda von Meck. „Ich glaube, die glückliche, frühlingshafte Stimmung, die mich zu der Zeit erfüllte, muss wohl in der Musik
hörbar sein.“ Wir haben für das heutige Konzert die stimmungsvolle „Introduktion“
und den furiosen „Tanz der Gaukler“ ausgewählt.
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EINFÜHRUNG
Die Weihnachtslieder des heutigen Abends
Bajuschki
Tochter Zion
Süßer die Glocken nie klingen
O du fröhliche
Natürlich kommt unser heutiges Weihnachtskonzertprogramm nicht ohne Weihnachtslieder aus. Im Repertoire der Aurelius-Sängerknaben ist seit vielen Jahren
das russische Bajuschki, das auch als „kaukasisches“
oder „Kosakenwiegenlied“ bekannt ist. „Bajuschki
baju“ ist ein Wort aus der (russischen) Babysprache.
„Baj-baj” bedeutet „schlafen”, und zunächst beginnt
das Lied auch als reines Schlaflied: „Schlaf mein Kind
und halt ein Schläflein, Bajuschki baju, Silbermond
und Wolkenschäflein seh’n vom Himmel zu“. Erst
im zweiten Vers wird der Bezug zum Jesuskind hergestellt: „Schlaf mein Kind, du wirst ein Held sein,
bajuschki baju, wirst der Retter unsrer Welt sein, bajuschki baju“. Das bekannte
Adventslied „Tochter Zion, freue dich“, hat eine etwas komplizierte Geschichte:
Ursprünglich hatte Georg Friedrich Händel die Melodie auf den Text „See, the
Conqu’ring Hero Comes“ für sein Oratorium „Joshua“ geschrieben und später, leicht
umgearbeitet, in der Neufassung seines „Judas Maccabaeus“ verwendet. In seiner jetzigen Form als deutsches Adventslied entstand „Tochter Zion“ aber erst um 1820 in
Erlangen, als der Theologe Friedrich Heinrich Ranke einen neuen Text auf Händels Chorsatz
legte und zwei weitere Strophen beifügte. Durch die Veröffentlichung in der Hamburger
Sammlung „Christliche, liebliche Lieder“ (1826) wurde das Lied dann rasch populär.
Auch die beiden Weihnachtslieder, die unseren Abend beschließen, sind Neutextierungen
älterer Lieder: Den Text zu „Süßer die Glocken nie klingen“ schrieb der deutsche
Theologe und Pädagoge Friedrich Wilhelm Kritzinger auf ein thüringisches Volkslied, und
die Vorlage zu „O du fröhliche“ bildet das sizilianische Marienlied „O Sanctissima“.
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EINFÜHRUNGSVORTRÄGE
18:45 Uhr - 19:15 Uhr
im Theodor-Heuss-Saal der Harmonie
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Andreas Benz oder Lothar Heinle
werden Sie sachverständig mit Erläuterungen und Klangbeispielen in das
Programm einführen.
Wir freuen uns auf Ihr Kommen!
EINFÜHRUNG
Engelbert Humperdinck
Hänsel und Gretel
Und noch ein Werk ist in Weihnachtskonzerten unverzichtbar: Engelbert Humperdincks Märchenoper
„Hänsel und Gretel“ hat zwar keinen direkten Bezug zum Weihnachtsfest, dennoch sind Aufführungen
dieses „Kinderstubenweihfestspiels“, wie Humperdinck seinen größten Erfolg in ironischer Anlehnung
an Richard Wagners „Parsifal“ nannte, besonders in
der Adventszeit Tradition. Auch die Uraufführung fand
zur Weihnachtszeit statt: Richard Strauss dirigierte
das Werk am 23. Dezember 1893 in Weimar am
Hoftheater. Ursprünglich sollte „Hänsel und Gretel“
nur ein kleines Märchenspiel als häusliche Familienaufführung bei Humperdincks Schwester Adelheid
Wette werden, die ihren Bruder gebeten hatte, einige
Verse zu vertonen.
Da die Begeisterung der anwesenden Familienmitglieder
recht groß war, bauten die beiden Geschwister das
Stück zu einem Singspiel aus. Humperdincks Enthusiasmus war aber so groß, dass er gleich eine abendfüllende
Oper daraus machte. Er verwendete einige Volkslieder
und manches, was er neu komponierte, wurde rasch so
populär, dass es inzwischen selbst zur Volksweise wurde,
an vorderster Stelle der wunderbare „Abendsegen“ aus
dem zweiten Akt. Hier beruhigt das Sandmännchen die
beiden verirrten Kinder, die im fremden Wald übernachten
müssen, und vierzehn Engel steigen herab, um ihren
Schlaf zu bewachen.
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INFOS
Liebes Konzertpublikum,
wir wünschen Ihnen noch recht besinnliche Adventstage,
ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Jahr 2015!
Wir freuen uns, dass wir uns am 8. Februar wieder sehen, wenn wir mit
großer Sinfonik in das neue Jahr starten: Jean Sibelius’ 1. Sinfonie ist
eine hörenswerte Entdeckung, und beim bekannten Violinkonzert von
Johannes Brahms haben wir die junge Geigerin Lara Boschkor zu Gast.
Ein großer romantischer Konzertabend wartet auf Sie!
Impressum:
Herausgeber:
Heilbronner Sinfonie Orchester e.V.
Ehrenvorsitzender:
Hans A. Hey
Vorstand:
Harald Friese, 1. Vorsitzender
Kurt Schaber, 2. Vorsitzender
Künstlerischer Leiter:
Professor Peter Braschkat
Geschäftsstelle:
Anne Weidler
Richard-Wagner-Straße 37
74074 Heilbronn
Tel. 07131-205253 . Fax 579157
[email protected]
www.hn-sinfonie.de
Redaktion:
Harald Friese
Hans A. Hey
Anne Weidler
Text:
Harald Friese
Claus Kühner
Gestaltung, Layout und Satz:
kuh vadis! Kommunikationsdesign
Hagelsteinweg 5 . 74388 Talheim
Tel. 07133-2069944 . Fax 2069946
[email protected]
www.kuh-vadis.com
Bildmaterial:
Konzertfotos - Rolf Bodmer
Archiv, Privat
Druck:
Druckerei Otto Welker GmbH
Friedrichstr. 12 . 74172 Neckarsulm
Tel. 07132-3405-0 . Fax 3405-21
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Einzelkartenverkauf:
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Kaiserstraße 17
74072 Heilbronn
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Heilbronner Stimme Kundencenter
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Konzertreihe 2014/2015
WELT DES KLAVIERS
OPPITZ-ZYKLUS
Friedrich Kuhlau
Joachim Raff
Peter I. Tschaikowski
Johannes Brahms
Ouvertüre zu „William Shakespeare“
Prélude zu „Macbeth“
Ouvertüre zu „Romeo und Julia“
Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur op. 83
Gerhard Oppitz . KLAVIER
O NAMENLOSE
FREUDE
Höhepunkte aus deutschen
Opern: Ludwig van Beethoven
„Fidelio“, Carl Maria von
Weber „Freischütz“,
Friedrich von Flotow „Martha“
Miriam Portmann . SOPRAN
Claudius Muth . BASS
Clemens Bieber . TENOR
WEIHNACHTSKONZERT
Mit Werken von Nicolai,
Vivaldi, Mozart, Bach,
Homilius, Rheinberger,
Tschaikowski, Bizet, Händel
und Humperdinck
Aurelius Sängerknaben Calw
Leitung: Bernhard Kugler
JUNGE TALENTE
Jean Sibelius
Johannes Brahms
Sinfonie Nr. 1 e-Moll op. 39
Violinkonzert D-Dur op. 77 Ungarischer Tanz fis-Moll
Lara Boschkor . VIOLINE
HEILBRONNER
KOMPONISTEN
FESTIVAL
Rio Gebhardt
Fritz Werner
Philipp Rypinski
Robert Edler
„Fest der Infantin“, Märchenouvertüre
Suite concertante
Sinfonischer Festprolog
Sonette an Orpheus
Philharmonischer Chor, Heilbronn
Jörge Becker . TROMPETE
Thorsten Büttner . TENOR
Lothar Heinle . SPRECHER
Peter Braschkat / Jörg Faerber /
Ulrich Walddörfer . DIRIGENTEN
RUSSISCHE SEELE
Alexander K. Glasunow
Alexander N. Skrjabin
Peter I. Tschaikowski
Stenka Rasin
Klavierkonzert fis-Moll op. 20
Sinfonie Nr. 4 f-Moll op. 36
Anna Zassimova . KLAVIER
28. September 2014
19. Oktober 2014
14. Dezember 2014
8. Februar 2015
15. März 2015
10. Mai 2015
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