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Hessischer Rundfunk
hr-iNFO
Redaktion: Dr. Karl-Heinz Wellmann
Wissenswert
Blick ins All mit Sehhilfe:
25 Jahre Hubble-Weltraumteleskop
von
Dirk Wagner
Sprecher: Dr. Karl-Heinz Wellmann, Dirk Wagner
Sendung: 19.04.15, hr-iNFO
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Audio: Wissenswert-Thema
Anmod.
Seit Jahrhunderten blickt der Mensch mit Fernrohren in den
Nachthimmel und im Laufe der Zeit sind diese Gerätschaften immer
größer und vor allem immer leistungsfähiger geworden. Eines aber
macht den Astronomen bis heute zu schaffen, und das ist die Lufthülle
unserer Erde. Vor allem Wolken stören die Himmelsbeobachtung, aber
auch das Flirren der unruhigen Lufthülle, in der wir leben, stört jede die
Beobachtung. Daher war die Idee naheliegend, diese Probleme mit
einem Teleskop im Weltraum zu umgehen. Vor 25 Jahren war es so
weit – und dieses High-Tech-Fernrohr funktioniert noch immer. Mein
Name ist khw.
Akzent
Mod.
Versuche mit Fernrohren auf Höhenforschungsraketen und auf
Satelliten wurden zu Beginn der Raumfahrt immer wieder einmal
durchgeführt. Aber erst am 24. April 1990 wurde die Epoche der
Himmelsbeobachtung aus dem Weltraum heraus eingeläutet – mit dem
„Hubble“-Weltraumteleskop. Das dachte man zumindest. Denn schon
kurz nach dem Start von „Hubble“ zeigte sich: Ein Defekt trübte die
Sicht in die Ferne. Heute, 25 Jahre danach, erweist sich „Hubble“
dennoch als Erfolgsgeschichte. Wie es trotz der Linsentrübung dazu
kam, berichtet Dirk Wagner im Gespräch unter anderem mit einem der
Astronauten, die „Hubble“ im Weltall repariert haben.
Beitrag Hubble
16'
Akzent
Mod.
So weit also der Rückblick meines Kollegen Dirk Wagner auf das
Hubble-Weltraumteleskop. Es folgt ein Blick nach vorn, aber gleichfalls
Richtung Weltraum, wenngleich nicht in ganz so weite Fernen wie das
mit dem Hubble-Teleskop möglich geworden ist. Der Blick richtet sich in
ein Gebiet jenseits der beiden äußeren Planeten Uranus und Neptun.
Dort soll nämlich im Juli eines der letzten Geheimnisse unseres
Sonnensystems enthüllt werden. Denn im Juli fliegt zum ersten Mal in
der Geschichte der Raumfahrt eine Raumsonde an dem Zwergplaneten
Pluto vorbei. Pluto steht dabei für eine ganze Familie von ähnlichen
Himmelskörpern, die den Forschen noch viele Rätsel aufgeben. Im Jahr
2006 hat die NASA deshalb die Raumsonde „New Horizons“ – zu
Deutsch „Neue Horizonte“ – gestartet. Vollgepackt mit Instrumenten
und Kameras. Hören Sie noch einmal Dirk Wagner, diesmal mit einer
Vorschau auf eine Raumfahrt-Mission, deren Höhepunkt viele
Wissenschaftler mit Spannung erwarten.
Beitrag New Horizons
4:30
Akzent
Mod.
Ein Beitrag war das von Dirk Wagner. In 85 Tagen also wird die
Raumsonde den geringsten Abstand zu Pluto haben, in annähernd 107
Millionen Kilometern Entfernung von ihrer Startrampe. Auf den InternetSeiten der John Hopkins-Universität gibt es eine ganze Reihe von
Hintergrundinformationen, auf denen unter anderem auch genau erklärt
wird, warum ein Vorbeiflug an Pluto von so großer wissenschaftlicher
Bedeutung ist. Die Seiten sind mit den gängigen Suchmaschinen
auffindbar, wenn man "New Horizons" als Suchbegriff eingibt.
Und wenn wir Sie neugierig gemacht haben auf weitere Beiträge der
Reihe Wissenswert, dann schauen Sie einfach mal auf den Webseiten
des Hessischen Rundfunks in unser Podcast-Angebot, genauer: auf hrinforadio.de, und dort unter der Rubrik Wissenswert. Mein Name ist
khw.
Seite 1
HUB 01 STS-
Atmo/Musik aus STS-31 Funkverkehr (Auftakt) „Shout“ von Otis Day
31 Wakeup
and the Knights, darüber:
Sprecher
Im April 1990 ist die Stimmung bei den Astronauten an Bord der
Raumfähre „Discovery“ exzellent. Zu Beginn des neuen
Arbeitstages werden die Astronauten von der Bodenmannschaft mit
Musik geweckt. Es gab ja auch etwas zu feiern: Am Tag davor hatte
die Mannschaft einen der wichtigsten Satelliten überhaupt im All
ausgesetzt: Das „Hubble“-Teleskop. Ein Gemeinschaftsprojekt der
NASA und der europäischen Raumfahrtbehörde ESA. Es ist so groß
wie ein Schulbus, es hat eine Masse von rund zwölf Tonnen – und
es kreist nun in rund 600 Kilometern Höhe um die Erde. Die GutenMorgen-Grüße aus der Bodenstation muten geradezu euphorisch
an.
HUB 02 STS-
O-Ton STS-31-Funkverkehr:
31 Grüße
“Good morning Discovery! I guess you are awake after that song.
There are a lot of happy people down here. We saw a good deploy
yesterday and Hubble had a good night while you were asleep”.
Sprecher
„Hier unten gibt es eine Menge glücklicher Leute! „Hubble“ hatte
eine gute Nacht, während ihr geschlafen habt“.
Zu diesem Zeitpunkt konnte niemand ahnen, dass der NASA
gerade wegen „Hubble“ ein wahrer Albtraum bevorstand. Als das
Teleskop aber später die ersten Aufnahmen per Funk zur Erde
übertragen hatte, da war den Wissenschaftlern schnell klar: Es
stimmt etwas nicht! „Hubble“ konnte einfach keine scharfen Bilder
liefern. Als hätte jemand den Fokus falsch eingestellt. Der
Schweizer Astronaut Claude Nicollier bereitete sich damals gerade
auf seine ersten Flug in den Weltraum vor. Das Projekt „Hubble“
hatte ihn schon immer begeistert. Denn er war eigentlich
Astrophysiker und freute sich auf die Bilder aus dem All. Nun aber
bekam er Zweifel.
HUB 03
O-Ton Claude Nicollier 0`29“:
Nicollier 1
„Es war natürlich tragisch, wirklich tragisch. Am Anfang konnte man
(es) nicht glauben. Man hat gesagt: Ja, die werden schon einen
Weg finden, um ein korrektes Bild zu bekommen. Aber nach Tagen
hat man gesehen: Nein, trotz aller Justierungen, die vom Boden aus
möglich waren, mit Kommandos vom Boden, war es nicht möglich.
Es war eine enorm große Enttäuschung. Diese
Entdeckungsmaschine…, man erwartete so viel von Hubble. Das
war wirklich eine Tragödie“.
Sprecher
Zwei Monate nach dem Start musste die NASA eingestehen, dass
„Hubble“ einen Defekt hatte. Der Haupt-Spiegel des Teleskops, der
das Licht von Sternen und Galaxien bündeln sollte, war bei der
Herstellung falsch geschliffen worden. Ein winziger Fehler von
zweieinhalb Mikrometern, weniger als die Dicke eines menschlichen
Haares. Aber diese geringe Abweichung genügte, um das Teleskop
weitgehend unbrauchbar zu machen. Vor dem Start hatte das
niemand bemerkt. Denn das Messgerät, mit dem der Spiegel
überprüft wurde und mit dem man den Fehler hätte entdecken
können, war falsch eingestellt worden.
Seite 1
HUB 04
O-Ton Intro Musik Tagesschau:
Tagesschau 1
„Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau“
Sprecher
In den Medien, auch in Deutschland, machte damals ein Begriff die
Runde: „Hubble-Trouble“.
HUB 05
O-Ton aus Tagesschau vom 28.6.1990 / 0`39“:
Tagesschau 2
„Das Weltraumteleskop Hubble hat einen weiteren Defekt. Durch
einen Fehler im Präzisionsspiegel sind die Bilder aus dem All
unscharf.“ / „Dabei wollte die NASA mit Hubble den Horizont des
Weltalls weit hinaus schieben und Galaxien fotografieren, die sieben
Mal weiter entfernt sind als jene, die man vom Boden aus sehen
kann. Von solch hochfliegenden Träumen aber keine Spur. Nur
Trouble mit Hubble. Damit Hubble nicht als Milliarden-Schrott im
Orbit kreist, soll das halbblinde Riesenauge in drei Jahren eine Brille
bekommen. Dazu aber muss man Hubble erst auf die Erde
zurückholen oder im Weltraum reparieren. Bei bisher 2,5 Milliarden
Dollar Kosten spielt das auch keine Rolle mehr“.
Sprecher
Für den Astronauten Claude Nicollier spielte das sehr wohl eine
Rolle. Nun zahlte es sich aus, dass er bei jeder Gelegenheit
Interesse an dem Weltraumteleskop gezeigt hatte. Die NASA wählte
ihn als einen von zwei europäischen Astronauten für eine
Rettungsmission aus. Die Mannschaft sollte „Hubble“ in der
Erdumlaufbahn reparieren.
HUB 06
O-Ton Claude Nicollier 0`30“:
Nicollier 2
„Für mich war das eine Traum-Mission, absolute Traum-Mission.
Das ist ein Teleskop. Und ich bin Astrophysiker und Astronaut! Und
für einen Astronauten, der Astrophysiker war oder ist…die
Gelegenheit, den ersten Besuch von Hubble durchzuführen,
zusammen mit sechs anderen Besatzungsmitgliedern, um zu
probieren, das Teleskop zu retten - das war für mich eine absolute
Traum-Mission. Man wusste, das würde eine schwierige Mission
Seite 2
sein. Insbesondere bei der ersten musste man alles herausfinden,
wie man das machen kann“.
HUB 07 STS-
Startatmo STS-61:
61 Start
„We have a go for main engine start…5…4…3…2...and we have
liftoff of the Space Shuttle Endeavor on an ambitious mission to
service the Hubble Space Telescope…”
Sprecher
Im Dezember 1993 startet Claude Nicollier mit der Raumfähre
„Endeavour“ zum Rendezvous mit „Hubble“. Und obwohl sich damit
für ihn ein Traum erfüllt, spürt er auch, wie viel bei diesem Flug auf
dem Spiel steht.
HUB 08
O-Ton Claude Nicollier 0`19“:
Nicollier 3
„Es war großer Druck, ja. Absolut keine Zweifel. Man hatte das
Gefühl, die NASA konnte nicht einen Misserfolg akzeptieren für
diese Mission. Man musste Erfolg haben. Mindestens eine große
Erfolgsrate, sagen wir 90 Prozent oder mehr. Und insbesondere die
optische Korrektur, das musste klappen“.
Sprecher
Gleich zu Beginn der Mission kommt für Nicollier der große
Moment. Er soll das Teleskop mit dem Roboter-Arm des Space
Shuttles greifen und im Laderaum verankern. Dafür hat er nur wenig
Zeit. Das Manöver muss kurz vor Sonnenuntergang abgeschlossen
sein. Als Nicollier den Roboterarm mit einem Joystick behutsam auf
das empfindliche Teleskop zubewegt, macht eine Fernsehkamera
Probleme. Die soll Nicollier eigentlich beim Zielen helfen, aber die
automatische Belichtung spielt verrückt.
HUB 09
O-Ton Claude Nicollier 0`28“:
Nicollier 3
„Und dann plötzlich, das Bild ist sehr hell geworden, dann sehr
dunkel, sehr hell, sehr dunkel. Genau zu der Zeit (als) ich das
Teleskop greifen musste. Wir hatten trainiert für viele Fehler und
Probleme, aber für diesen nicht. Ich muss sagen, ich war schockiert
Seite 3
und es war unangenehm. Aber es hat geklappt. Bei einer Zeit… ich
habe gesagt „Okay, I can go and get it – Ich kann… das Teleskop
greifen“. Man wollte absolut beim ersten Versuch Erfolg haben. Es
hat geklappt – bei Sonnenuntergang (lacht)“.
HUB 10 STS-
O-Ton Funkverkehr STS-61:
61 Funk
„Houston, Endeavour has a firm handshake with Mr. Hubbles
telescope“ & Applaus
Sprecher
In den Tagen danach steigen Nicolliers Kollegen zu mehreren
Außenbordeinsätzen aus dem Shuttle aus. Sie verpassen „Hubble“
neue Solarzellen, tauschen defekte Teile aus. Vor allem aber
montieren sie ein Gerät namens „Costar“, eine Art „Brille“: Speziell
geschliffene Spiegel, die den optischen Fehler korrigieren sollen.
Am Ende retten die Astronauten damit nicht nur das WeltraumTeleskop, sondern auch das Ansehen der NASA. Erst jetzt legt sich
allmählich die Anspannung.
HUB 11
O-Ton Claude Nicollier 0`35“:
Nicollier 5
„Wir waren müde. Es war eine große Herausforderung, diese
Mission. Rendezvous in zwei Tagen. Dann diese kleinen Probleme
mit Greifen und Installieren im Frachtraum. Dann fünf
Weltraumspaziergänge. Das ist viel Stress und - a lot of pressure viel Druck. Ich muss sagen, wir waren müde, aber so zufrieden. So
eine Zufriedenheit für gut gemachte Arbeit habe ich fast nie in
meinem Leben gehabt. Die Stimmung da oben, das war so gut, so
positiv. Das war unter den besten Momenten in meinem Leben,
würde ich sagen“.
Musikakzent
HUB 12 STS-
Atmo Landung STS-61:
61 Landung
„…and touchdown…Endeavour rolling out…on runway 33…“
Seite 4
Sprecher
Als die „Endeavour“ wieder auf der Erde landet und die Mission
damit erfolgreich abgeschlossen wird, ist das auch für die
Physikerin Stella Seitz ein entscheidender Moment. Sie hat gerade
ihre Diplomarbeit an der Universität in München geschrieben und ist
fasziniert von der Astronomie. Erst Recht von den Möglichkeiten
des Hubble-Teleskops nach der erfolgreichen Reparatur.
HUB 13 Seitz
O-Ton Stella Seitz 0`40“:
1
„Also natürlich verfolgt man solche Missionen immer. Man will ja
wissen, ob es gut geht und auch, ob die neuen Instrumente
tatsächlich funktionieren, die man da hoch bringt. Aber ich könnte
mir vorstellen, wenn Hubble jetzt ein normaler Satellit gewesen
wäre, der ohne so eine Option auf menschliche Wartung fliegt, und
dann passiert so ein Fehler, dass man dann wahrscheinlich ganz
furchtbar frustriert gewesen wäre. Und dass das vielleicht auch die
Entwicklung gehemmt hätte. So kann man ja zeigen, dass man mit
Engagement und weiterer Arbeit eben noch zum Happy End
kommen kann. Die Bilder sind letztlich so scharf geworden, wie wir
sie brauchen. Das finde ich das Tolle, dass das geklappt hat“.
Sprecher
Und so kann Stella Seitz direkt von den Daten profitieren, die das
reparierte Hubble-Teleskop zur Erde sendet. 1997 schreibt sie ihre
Doktorarbeit über Gravitationslinsen. Das sind massive Objekte im
Universum, die man selbst gar nicht sieht, die aber das Licht der
dahinter liegenden Sterne oder Galaxien ablenken. Das sieht dann
aus, als würde man durch eine riesige Linse schauen. Dadurch
entstehen zwei Effekte: Zum einen wirken solche Gravitationslinsen
wie ein Teleskop und erlauben einen tieferen Blick ins All. Zum
anderen gibt es auch optische Täuschungen: Galaxien werden
scheinbar in die Länge gezogen oder mehrfach abgebildet. Solche
Bilder untersucht Stella Seitz:
HUB 14 Seitz
O-Ton Stella Seitz 0`16“
2
„Hauptverursacher für diese Lichtablenkungen ist tatsächlich die
Seite 5
Dunkle Materie im Universum, die man eben – weil sie nicht
wechselwirkt mit Licht – nicht sehen. Und wir benutzen das, um auf
diese Art und Weise die Eigenschaften und die Verteilung der
Dunklen Materie rauszubekommen.“
Sprecher
Damit ist die Physikerin einem rätselhaften Phänomen auf der Spur:
Man vermutet, dass ein Großteil des Universums aus Dunkler
Materie besteht. Und obwohl sie unsichtbar bleibt, kann man doch
ihre Auswirkungen sehen. Dunkle Materie lenkt mit ihrer starken
Anziehungskraft das Licht von Sternen und Galaxien ab. So
entsteht der Gravitationslinsen-Effekt.
HUB 15 Seitz
O-Ton Seitz 0`34“
3
„Und wir in der Astrophysik benutzen diesen Effekt und versuchen
die Eigenschaften von lichtablenkenden Objekten zu untersuchen.
Wie wenn Ihnen ein Optiker eine Brille aufsetzt. Und er sagt: Ich
sage Ihnen nichts über die Brille, und Sie erzählen mir, was Sie
sehen. Was Sie scharf oder unscharf sehen oder wie oft Sie
irgendetwas sehen. Und dann müssten Sie herausfinden, wie die
Brille geschliffen ist. So machen wir das in der Astrophysik. Das
heißt, wie versuchen herauszufinden, wie die Materie-Eigenschaften
sein müssen, damit wir die Mehrfachbilder oder
Gravitationslinseneffekte beobachten können, die wir beobachten“.
Sprecher
Gravitationslinsen wurden zwar schon vor dem Start des „Hubble“Teleskops entdeckt. Aber erst mit seiner Hilfe können die
Wissenschaftler dieses Phänomen in allen Details untersuchen.
HUB 16 Seitz
O-Ton Stella Seitz 0`45“:
4
„Der Grund ist, dass das Hubble Space Telescope so weit weg ist
von unserer Erde, dass wir da keine Atmosphäre mehr haben. Und
auf die Art und Weise werden die Galaxienbilder nicht so
verschwommen dargestellt. Wir haben eben eine sehr, sehr gute
räumliche Auflösung. Die ist wirklich elementar dafür, dass wir
Seite 6
zeigen können, welche Galaxien - diese mehrfach abgebildeten
Galaxien - zueinander gehören. Und die ist auch elementar dafür,
dass man die überhaupt sieht. Also Hubble hat einen ganz
wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass man mit dem
Gravitationslinsen-Effekt tatsächlich lernt, wie die Dunkle Materie in
Zentren von Galaxienhaufen verteilt ist. Und es gibt kein anderes
Instrument, das nur annähernd einen gleich guten Beitrag zu dieser
Fragestellung erbracht hat“.
Sprecher
Gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern hat Stella Seitz 25
Galaxienhaufen untersucht und dort nach Gravitationslinsen
gefahndet. Es war ein groß angelegtes Projekt, an dem mehr als 40
Forscher beteiligt waren. Das sorgt für eine gewisse Konkurrenz, ist
aber notwendig. Denn Zeit für Beobachtungen mit dem „Hubble“Teleskop zu bekommen, ist gar nicht so einfach.
HUB 17 Seitz
O-Ton Seitz 0`27“
5
„Auf keinen Fall. Also es gibt typische Überzeichnungsraten von
ungefähr zehn zu eins. Das heißt: Zehn Leute beantragen eine
bestimmte Zeit und einer bekommt sie. Das heißt, man braucht
wirklich eine sehr, sehr gute Begründung. Eine wesentliche
Begründung ist, zu zeigen, dass man die gleiche Fragestellung mit
Instrumenten vom Boden gar nicht beantworten kann. Das ist erst
einmal der Zugang, um überhaupt in die nähere Auswahl zu
kommen“.
Sprecher
Mit „Hubble“ wurden einige der wichtigsten Entdeckungen der
Astronomie gemacht. Unter anderem ließ sich die Hubble-Konstante
exakt bestimmen. Sie ist ein Maß für die Ausdehnung des
Weltraums, zum ersten Mal beschrieben vom US-Astronomen
Edwin Hubble, nach dem das Teleskop benannt wurde. Das Alter
des Universums konnte man so auf rund 13,8 Milliarden Jahre
bestimmen. Aber abgesehen von diesen Daten: Das
Weltraumfernrohr habe vor allem auch beeindruckend schöne Bilder
Seite 7
geliefert, meint Stella Seitz. So könne die Öffentlichkeit besser
verstehen, was Astronomen eigentlich erforschen.
Musikakzent
HUB 18 STS-
Start Shuttle-Mission STS-103.
103 Start
“…and liftoff of the Space Shuttle Discovery on a mission to repair
the Hubble Space Telescope…”
Sprecher
Den Astronauten Claude Nicollier lässt „Hubble“ auch nicht los.
Ende 1999 startet er mit dem Space Shuttle „Discovery“ noch
einmal zu dem Teleskop, bei einer weiteren von insgesamt fünf
Wartungsmissionen. Diesmal arbeitet er bei einem
Außenbordeinsatz sogar direkt an „Hubble“.
HUB 19 STS-
Atmo Funkverkehr STS-103
103 Funk
Sprecher
Es war Claude Nicolliers letzter Flug ins All. Danach wurde er
Professor an der Hochschule in Lausanne.
Bei ihm zu Hause aber hängt noch immer ein Bild an der Wand, das
„Hubble“ von einer weit entfernten Region im All aufgenommen hat.
Ein Dankeschön der NASA für seine Arbeit am wahrscheinlich
berühmtesten Fernrohr der Welt.
HUB 20
O-Ton Claude Nicollier 0`41“:
Nicollier 6
„Ich glaube, das ist ein großer Schatz der Weltraumastronomie
schlussendlich. Viele Leute haben zusammengearbeitet, um dieses
Instrument funktionsfähig zu machen. Wir waren nur ein Teil davon,
wir haben das installiert. Wir haben ein wenig Risiko (in Kauf)
genommen, das ist klar.
Sprecher
Aber das Risiko hat sich gelohnt. „Hubble“ soll weiter forschen, so
lange es noch geht - mindestens bis 2020. Das Teleskop kann
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allerdings nicht mehr repariert werden, weil die NASA ihre SpaceShuttles 2011 ausgemustert hat. Wenn irgendwann einmal die
Elektronik an Bord versagt, verwandelt sich das stolze
Forschungsinstrument zwangsläufig in ein Stück Weltraumschrott.
Dennoch wird etwas bleiben. Nicht nur die vielen Bilder, sondern
auch die Brille, die Claude Nicollier und seine Kollegen 1993
montiert hatten. Weil inzwischen alle Messgeräte des Teleskops
von Astronauten ausgetauscht wurden und die neuen Instrumente
jeweils eine eigene Korrektur-Optik haben, wurde die Brille namens
„Costar“ überflüssig – und 2009 wieder zurück zur Erde gebracht.
Heute kann man das Gerät im Luft- und Raumfahrtmuseum in
Washington bewundern. Stiller Zeuge eines Vorhabens, das als
peinlicher Fehlschlag begonnen hatte. Und am Ende doch ein
großer Erfolg für die Wissenschaft wurde.
O-Ton Claude Nicollier
"Das ist nicht nur, finde ich, ein wissenschaftlicher Erfolg, sondern
ein menschlicher Erfolg. Viele Menschen sind an das HubbleProgramm gebunden und haben eine sehr enge Verbindung mit
dem Teleskop. Ich persönlich habe diese Verbindung, das ist klar.
Vielleicht haben Sie das festgestellt“.
Seite 9
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