Borderline Persönlichkeitsstörungen Sonnenberg Klinik 26.09.2013 Was ist Persönlichkeit ? • Temperament: genetisch und konstitutionell bedingte Dispositionen für Reaktionen vor allem im affektiven Bereich • Charakter: Verhaltensmanifestation der Ich- Identität als Ausdruck einer Integration von Selbst und Objektbilder mit einem Gefühl von Kohärenz und Fähigkeiten • Über-Ich: Bewertungsmaßstab der Persönlichkeit Persönlichkeitsstil • Gewissenhaft, sorgfältig • Ehrgeizig, selbstbewusst • Expressiv, emotional • Wachsam, misstrauisch • Sprunghaft, spontan • Anhänglich, loyal • Zurückhaltend, einsam • Selbstkritisch, vorsichtig Persönlichkeitsstörung • Zwanghaft, anankastisch • Narzisstisch • Histrionisch • Paranoid • • • • Borderline Abhängig Schizoid Ängstlich, selbstunsicher Persönlichkeitsstörungen – Definition nach ICD 10 Tief verwurzelte, anhaltende Verhaltensmuster, die sich in starren Reaktionen auf unterschiedliche persönliche und soziale Lebenslagen zeigen. Sie äußern sich in deutlichen Veränderungen der Wahrnehmung, des Denkens, Fühlens und den Beziehungen zu anderen Menschen. Die Verhaltensmuster sind meistens sehr stabil. Sie gehen mit einem unterschiedlichen Ausmaß persönlichen Leidens und gestörter sozialer Funktionsfähigkeit einher. • Unausgeglichenheit in Einstellungen und Verhalten in mehreren Bereichen: Affektivität, Antrieb, Impulskontrolle, Wahrnehmung, Denken, Beziehungen, Kognition, Bedürfnisbefriedigung • Andauernde und gleichförmige, nicht episodische Symptomatik • Beginn in Kindheit oder Jugend, dauernde Manifestation im Erwachsenenalter • Meist verbunden mit Einschränkungen der beruflichen oder sozialen Leistungsfähigkeit Persönlichkeitsstörungen – allgemeine Aspekte • Die Betroffenen leiden nicht nur an umschriebenen Symptomen, als auch an einem allgemeinen Gefühl der Unzufriedenheit, des Unglücks und der Unfähigkeit zu befriedigenden Erlebnissen • Insbesondere in sozialen Beziehungen bestehen vielfältige Konflikte • Wichtig: die Störung ist bei den Persönlichkeitsstörungen oft ich-synton (Unterscheidung zwischen Zwangssymptomen und Zwangscharakter) • Ältere Begriffe: Charakterneurose, Psychopathie, abnorme Persönlichkeit Persönlichkeitsstörungen – ICD 10 (F 60) • • • • • • • • • • • F 60.0 paranoide Persönlichkeitsstörung F 60.1 schizoide Persönlichkeitsstörung F 60.2 dissoziale Persönlichkeitsstörung F 60.3 emotional instabile Persönlichkeitsstörung F60.30 impulsiver Typ F60.31 Borderline Typus F 60.4 histrionische Persönlichkeitsstörung F 60.5 anankastische Persönlichkeitsstörung F 60.6 ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung F 60.7 abhängige Persönlichkeitsstörung F 60.8 sonstige näher bezeichnete Persönlichkeitsstörung Protektive Faktoren • Dauerhaft gute Beziehung zu mindestens einer primären Bezugsperson • Aufwachsen in Grossfamilie • Gutes Ersatzmilieu nach frühem Mutterverlust • Überdurchschnittliche Intelligenz • Robustes, aktives und kontaktfreudiges Temperament • Sicheres Bindungsverhalten • Soziale Förderung • Verlässlich unterstützende Bezugspersonen im Erwachsenenalter Emotional instabile Persönlichkeitsstörung (F60.3) • Tendenz impulsiv zu handeln, ohne Berücksichtigung von Konsequenzen • Wechselnde, instabile Stimmungen • Geringe Fähigkeit voraus zu planen Borderline-Typ (F60.31) • Unklarheit bezüglich des eigenen Selbstbildes, Ziele und innerer Präferenzen • Chronisches Gefühl innerer Leere • Neigung zu intensiven aber unbeständigen Beziehungen mit emotionalen Krisen, Suiziddrohungen und selbstschädigenden Handlungen Wodurch gibt sich eine Borderline-Störung zu erkennen – oder das Problem der Diagnostik ? „In Wahrheit ist die Diagnose „Borderline“ trotz aller wackeren Versuche zur Definition und dynamischen Beschreibung zu einer Omnibus- und PapierkorbKategorie geworden, in die alles Schwierige geworfen wird und mit deren Hilfe das eigene Versagen erklärt … werden können.“ Leon Wurmser, 1994 O. F. Kernberg Strukturniveau Abwehr mecha- Realitätsprüfung nismen Neurotische PO Borderline PO Psychotische PO + + + (-) - Identitätsintegration - diffusion - Abwehrmechanismen, die auf ein geringes/niederes Strukturniveau hinweisen • • • • • Leugnung Spaltung Projektion primitive Idealisierung und Entwertung Projektive Identifizierung Borderline-Persönlichkeitsstörung (F60.3) Symptomatik • • • • • • • • • • • • • • Chronische, frei flottierende Angst Zwangssymptome Selbstverletzendes Verhalten Konversionssymptome Dissoziative Störungen (Multiple Persönlichkeit ?) Depressionen Multivariante Sexualität Psychosomatische Symptome Psychotische Episoden Verlust der Impulskontrolle Störungen der Affektkontrolle Drogenmissbrauch Suizidalität Borderline-Persönlichkeitsstörung Therapie I • Im Vordergrund steht ein psychotherapeutischer Zugang • Die Vielzahl der „am Markt“ befindlichen Therapieverfahren mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten macht auf die Schwierigkeiten in der Behandlung dieser Patientengruppe aufmerksam • Der häufig agierende Umgang mit der Thematik der Suizidalität führt einerseits zu häufigen ( auch psychiatrischen) Krankenhausaufenthalten, andererseits zu wiederholten Unterbrechungen der ambulanten Psychotherapie • Auch der Stellenwert stationärer Behandlungssegmente ist umstritten • Psychopharmaka kommen nicht grundsätzlich sondern nur symptomorientiert zum Einsatz Therapie II Verschiedene Formen „spezifischer“ therapeutischer Zugänge: • • • • • • Psychoanalytisch-interaktionelle Therapie Strukturbezogene Psychotherapie DBT TFP MBT Schematherapie