E10 Magnetisierung Physikalische Grundlagen Magnetische Felder haben keine Quellen, vergleichbar mit denen elektrischer Felder, deren Quellen die elektrischen Ladungen sind. Vielmehr werden Magnetfelder durch elektrische Ströme erzeugt. Das Durchflutungsgesetz drückt diese Eigenschaft des Magnetfeldes mathematisch aus. ò B dr = m 0I m 0 = 4p × 10 -7 (1) Vs ist die magnetische Feldkonstante. Am Der Ring im Integral in (1) bedeutet, dass auf einem in sich geschlossenen Integrationsweg, der den Strom I umschließt, das Vektorprodukt aus B und dr zu bilden und aufzusummieren ist. Im Folgenden soll das Durchflutungsgesetz zur Berechnung des Magnetfeldes B0 einer Torusspule ohne Kern benutzt werden. R I Abb. 1 Torusspule mit N Windungen Wegen der Symmetrie der Spule ist das Magnetfeld rotationssymmetrisch, d.h. bei festem Abstand R konstant. Wird der Integrationsweg kreisförmig um den Mittelpunkt der Spule gelegt, verlaufen darüber hinaus B und dr parallel zueinander, so dass die Vektoren in (1) durch ihre Beträge ersetzt werden können und 2p R B 0 = m 0NI (2) für den Fall folgt, dass der Integrationsweg innerhalb der Windungen der Spule verläuft. Wird der Integrationsweg innerhalb oder außerhalb der Spule gelegt, ist der die umschlossene Fläche durchströmende Gesamtstrom Null (Letzteres, weil der durch jede Windung fließende Strom zum einen positive, zum anderen negative Richtung aufweist und sich so aufhebt), so dass kein Magnetfeld außerhalb der Windungen der Spule existieren kann. E10, 5/03, S.1 Werden Stoffe in Magnetfelder gebracht, wechselwirken die vorhandenen oder auch die im Magnetfeld entstehenden magnetischen Momente mit dem äußeren Magnetfeld. Die magnetischen Momente werden durch mikroskopische Kreisströme (z.B. Elektronen in der Elektronenhülle der Atome) verursacht. Im Innern der Stoffe kompensieren sich die magnetischen Wirkungen der Kreisströme beispielsweise benachbarter Atome, so dass nur die an der Oberfläche des Stoffes unkompensierten mikroskopischen Kreisströme einen Beitrag zum Magnetfeld liefern. Das Magnetfeld der Oberflächenströme verändert das ursprünglich vorhandene Feld B 0 sowohl im als auch außerhalb des Stoffes. Dieses Verhalten kann auch durch die Magnetisierung M des Materials beschrieben werden. Bringt man in die oben beschriebene Torusspule einen geschlossenen Ringkern, wird das anfänglich vorhandene Magnetfeld B 0 um die Magnetisierung erhöht. B = B 0 + m 0M (3) Üblicherweise wird die erst im Magnetfeld entstehende Magnetisierung als proportional zum ursprünglich vorhandenen Magnetfeld B 0 betrachtet m 0 M = cB 0 , (4) B = (c + 1)B 0 = m r B 0 (5) so dass gilt. Der Proportionalitätsfaktor c ist die magnetische Suszeptibilität. Ebenfalls findet auch die relative Permeabilität mr Verwendung. Die Magnetisierbarkeit der verschiedenen Stoffe hängt von deren atomarem Aufbau ab. Paramagnetische Stoffe bestehen aus Atomen bei denen die vorhandenen magnetischen Bahn- und/oder Spinmomente der Hüllenelektronen im Atom nicht kompensiert sind. Durch die Wärmebewegung der Atome sind die einzelnen magnetischen Momente (Dipole) jedoch regellos verteilt, so dass eine makroskopische Magnetisierung durch Ausrichtung der Dipole erst im äußeren Magnetfeld erfolgen kann. Die Suszeptibilität ist schwach positiv. Bei ferromagnetischen Stoffen sind die, wie bei paramagnetischen Stoffen vorhandenen, magnetischen Momente unterhalb der so genannten Curie-Temperatur über größere Bereiche (Weißsche Bezirke) geordnet. Die Ausrichtung der einzelnen Weißschen Bezirke ist ohne Magnetfeld jedoch nicht korreliert. Bei Einwirkung eines schwachen äußeren Magnetfeldes finden reversible Verschiebungen der Grenzen zwischen den Weißschen Bezirken statt, so dass die zufällig in Magnetfeldrichtung orientierten Bezirke vergrößert, die anderen verkleinert werden. Wird die Magnetfeldstärke weiter erhöht, kann die Magnetisierungsrichtung in einzelnen Bezirken umklappen. Schließlich können sich bei noch größeren Magnetfeldstärken die magnetischen Momente der Atome in den noch E10, 5/03, S.2 nicht ausgerichteten Bezirken in Richtung des äußeren Feldes drehen. Eine weitere Erhöhung der Magnetisierung ist nicht möglich. Bei Verringerung der Magnetfeldstärke bleibt eine Restmagnetisierung (Remanenz) vorhanden, weil eine gewisse Anzahl Weißscher Bezirke trotz ausgeschaltetem Magnetfeld ihre Orientierung behält. Diese kann erst beim Umpolen des Magnetfeldes bei der Koerzitivfeldstärke oder durch Erwärmung des Stoffes bis oberhalb der Curie-Temperatur beseitigt werden. Die Suszeptibilität ferromagnetischer Stoffe ist sehr groß. Magnetisierung M Remanenz Neukurve Koerzitivfeldstärke Magnetfeld B0 Abb. 2 Magnetisierung eines ferromagnetischen Stoffes Allen Stoffen gemeinsam ist, dass durch das äußere Magnetfeld zusätzliche magnetische Dipole induziert werden, was zu einer Schwächung des Magnetfeldes führt. Dieses, als diamagnetisch bezeichnetes Verhalten, wird jedoch meist vom paramagnetischen Verhalten überlagert. Die Suszeptibilität solcher Stoffe ist schwach negativ; beim idealen Diamagneten (Supraleiter) gerade minus eins. Bei Anwesenheit von Materie müssen im Durchflutungsgesetz (1) prinzipiell auch die im äußeren Magnetfeld entstehenden Oberflächenströme mit berücksichtigt werden, was entsprechend (3) mittels der Magnetisierung erfolgt ò (B - m 0 M)dr = m 0I (6) Wird der Integrationsweg wieder innerhalb des Kerns gewählt, folgt für das Magnetfeld im Kern B= m 0NI + m 0M . 2pR (7) E10, 5/03, S.3 Zur Messung des Magnetfeldes im Kern der Torusspule ist dieser an einer Stelle um die Spaltbreite d unterbrochen. Bei der Ausführung der Integration von (6) muss dann berücksichtigt werden, dass zwar das Magnetfeld im gesamten Innenraum der Spule konstant ist (wegen dessen Quellenfreiheit), die Magnetisierung jedoch nur im Kern vorhanden ist. Es folgt (2pR - d)( B - m 0 M) + d × B = m 0NI , (8) woraus die Magnetisierung bei bekannter Geometrie der Spule und bekannter Stromstärke sowie bekanntem Magnetfeld berechnet werden kann. Versuchsvorbereitung - Berechnen Sie das Magnetfeld eines geraden stromdurchflossenen Drahtes mit Hilfe des Durchflutungsgesetzes! - Wie können Magnetfelder gemessen werden? - Halleffekt - Verhalten von B und H an Grenzflächen - Entmagnetisierungsfaktor - magnetischer Widerstand Aufgaben - Entmagnetisieren Sie den Kern der zu verwendenden Torusspule. Dazu wird die Spule mit Wechselspannung betrieben, deren Spannung langsam auf Null verringert wird. - Messen Sie das Magnetfeld im Spalt der Torusspule in Abhängigkeit der Stromstärke! - Berechnen Sie die entsprechende Magnetisierung mittels (8) und zeichnen Sie die Neukurve und die gesamte Hysteresekurve für das Material der Kerns der Spule. Berechnen Sie aus den Messwerten für die Neukurve die Suszeptibilität (4) und stellen diese grafisch dar. - Ermitteln Sie den Fehler der Messung der Suszeptibilität an einem Messpunkt (Fehlerabschätzung und Fehlerfortpflanzung)! E10, 5/03, S.4