Stellenwert der laparoskopischen Fundoplicatio

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M E D I Z I N
EDITORIAL
Stellenwert
der laparoskopischen
Fundoplicatio
Karl-Hermann Fuchs
D
ie laparoskopische Technik zur operativen Behandlung der gastroösophagealen
Refluxkrankheit hat die konventionelle,
offene Verfahrensweise als Standardtechnik in vielen Zentren fast vollständig ersetzt (1,
5, 6). Darüber hinaus hat in den letzten fünf Jahren
die Anzahl der operierten Patienten deutlich zugenommen. Eine kritische Überprüfung dieser Entwicklung und Reflexion über Ursachen und potentielle Folgen dieser Verschiebung erscheint notwendig. Den Patienten mit gastroösophagealer Refluxkrankheit stehen gegenwärtig sehr potente
Medikamente zur Verfügung, um die Säuresekretion des Magens und damit die Säurebelastung der
Speiseröhre zu reduzieren. Trotzdem ist die minimal invasive chirurgische Therapie für viele Patienten, Hausärzte und Gastroenterologen zu einer akzeptablen Behandlungsalternative geworden. Für
diesen Trend lassen sich drei Ursachen anführen.
Gründe für eine chirurgische Therapie
Der erste Aspekt liegt in der multifaktoriellen
Pathophysiologie der gastroösophagealen Refluxkrankheit begründet (2, 5). Es handelt sich um eine gutartige Funktionsstörung, bei der die sogenannte mechanische Inkompetenz der Antirefluxbarriere und eine abnormale Häufigkeit der transienten Sphinkterrelaxation die bedeutendsten
Funktionsabnormalitäten darstellen. Beides läßt
sich mit Hilfe einer Fundoplicatio korrigieren. Gegenwärtig wird beim Barrett-Ösophagus als mögliche Ursachenbeteiligung gemischter Säure- und
Duodenalsaftreflux diskutiert. Galle und Pankreassaft sind Komponenten, die durch Protonenpumpeninhibitoren nicht vollständig aus der Speiseröhre zu verbannen sind. Der zweite Grund ist
die natürliche Verlaufsform der gastroösophagealen Refluxkrankheit. Bei der großen Mehrheit der
A-2466 (46) Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 40, 2. Oktober 1998
Refluxkranken tritt die Erkrankung in Episoden
auf, die bestens mit Protonenpumpeninhibitoren
behandelt werden können. Eine kleine Gruppe,
etwa 10 bis 20 Prozent der Refluxkranken, leidet
an einer progressiven Verlaufsform mit unbehandelt zunehmender Symptomatik, Ösophagitis und
der Entwicklung von Komplikationen (7). Es ist
nachgewiesen, daß die Patienten mit progressiver
Verlaufsform häufiger mehrere Funktionsdefekte
wie totaler Sphinkterverlust, Peristaltikstörungen
und assoziierte gastrale Funktionsstörungen aufweisen (5). Bei diesen Patienten ist der Säurereflux auch häufiger mit Gallereflux assoziiert. Inwieweit dies letztlich zum Zylinderepithelersatz
der Speiseröhrenschleimhaut mit intestinaler Metaplasie (Barrett-Ösophagus) führt und für die
Metaplasie-Dysplasie-Karzinom-Sequenz verantwortlich gemacht werden kann, wird gegenwärtig
allseits untersucht (4, 8). Die wenigen Patienten
mit progressiver Verlaufsform der Erkrankung,
auch solche mit duodenogastroösophagealem Reflux, stellen potentielle Kandidaten für die chirurgische Therapie dar.
Ein dritter Grund sind nicht säureassoziierte
Symptome, die trotz optimaler Protonenpumpeninhibitorentherapie die Patienten belasten, wie
beispielsweise Regurgitation von Speisen und Magensaft, Druckgefühl durch eine assoziierte große
Hernie, eine Aspirationsproblematik und Speiseunverträglichkeiten. Diese können die Lebensqualität der Patienten stark beeinträchtigen.
Operationsindikation bei Progression
Eine Operationsindikation ergibt sich bei den
Patienten, die eine progressive Verlaufsform der
Erkrankung haben, einen entsprechenden Leidensdruck aufweisen und mit der konservativen Therapie nicht zufrieden sind. Hierbei ist zu beachten,
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daß bei einer gutartigen Funktionsstörung selten eine dringliche Indikation besteht und die individuelle Situation des Patienten immer mit einbezogen
werden muß (2, 3, 5). Zwei Konsensusprojekte europäischer Chirurgenassoziationen haben ihre Ergebnisse und Empfehlungen bezüglich Indikationsstellung und Operationstechnik definiert und publiziert (3, 5). Hierbei sei besonders darauf hingewiesen, daß Patienten, deren säureassoziierte Symptome wie Sodbrennen oder epigastrische Schmerzen
durch Protonenpumpeninhibitoren nicht zu beeinflussen sind, wahrscheinlich schlechte Kandidaten
für eine chirurgische Therapie darstellen und andere überlagerte Faktoren eine Rolle spielen können.
Zwei Versionen der
Fundoplicatio etabliert
Unter den vielen Varianten der Antirefluxoperationen haben sich in der laparoskopischen Technik zwei Fundoplicatio-Versionen inzwischen weltweit als meist verwendete Verfahren etabliert. Das
ist einerseits die sogenannte „short floppy“-NissenFundoplicatio und andererseits das Toupet-Verfahren als partielle posteriore Fundoplicatio. In
beiden Fällen werden meistens fünf Trokarzugänge benötigt, um diesen Eingriff durchzuführen. Die
Dissektion der anatomischen Strukturen am gastroösophagealen Übergang läßt sich mit dem Vergrößerungseffekt des Kamerasystems hervorragend durchführen. Es ist insbesondere wichtig, die
bekannte Hochdruckzone im distalen Ösophagus
unter Schonung der beiden Vagusstämme vollständig freizupräparieren und dieses distale Segment
der Speiseröhre so weit zu mobilisieren, daß es
locker im Abdominalraum zu liegen kommt. Nach
vollständiger Mobilisierung des Fundus kann dann
eine lockere Umwickelung des distalen Ösophagus
mit dem hinteren und vorderen Funduslappen entweder zur vollständigen oder partiellen Fundoplicatio erfolgen. Vorher sollte der Hiatusschlitz
durch eine posteriore Hiatoplastik, meistens zwei
bis drei nicht resorbierbare Nähte, so weit eingeengt werden, daß zwischen Speiseröhre und
Zwerchfellschenkel nur noch etwa 1 cm Abstand
bleibt. Die Berücksichtigung der ausreichenden
Speiseröhrenmobilisierung, ausreichender Fundusmobilisierung und schonender Dissektion des
gastroösophagealen Überganges einerseits und andererseits die Vermeidung einer Torquierung der
Funduslappen, Spannung beim Zusammenführen
der Fundusanteile zur Fundoplicatio und Wandläsionen sind wichtige Faktoren, um durch eine gute
Operationstechnik postoperative Funktionsstö-
rungen zu verhindern. Der Umstieg zum offenen
Vorgehen ist in erfahrenen Zentren nur noch in etwa fünf Prozent der Fälle notwendig. Die Rezidiveingriffe sind weiterhin eine Domäne der offenen
Chirurgie, obwohl bereits Einzelberichte über laparoskopische Rezidiveingriffe vorliegen. Der Erfolg der chirurgischen Therapie hängt von drei
wichtigen Faktoren ab: erstens von der kritischen
Patientenauswahl, zweitens von der Auswahl des
richtigen chirurgischen Verfahrens, basierend auf
den Ergebnissen der Voruntersuchungen, und drittens von einer optimalen chirurgischen Technik.
Die laparoskopische Fundoplicatio kann bei
entsprechendem Training mit einer Gesamtkomplikationsrate von unter zehn Prozent und einer
guten bis sehr guten Erfolgswahrscheinlichkeit von
90 bis 95 Prozent durchgeführt werden. Das darf
nicht darüber hinwegtäuschen, daß es weiterhin einige wenige Patienten geben wird, die durch die
Operation Nachteile haben, über die alle Patienten
beim Indikations- und Aufklärungsgespräch informiert werden sollten. Die laparoskopische Fundoplicatio ist inzwischen eine gereifte Methode der
operativen Behandlung der gastroösophagealen
Refluxkrankheit, aber die gegenwärtig zunehmende Akzeptanz darf nicht zu einer unkritischen Indikationsausweitung führen.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1998; 95: A-2466–2467
[Heft 40]
Literatur
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Anschrift des Verfassers
Prof. Dr. med. Karl-Hermann Fuchs
Chirurgische Universitätsklinik und Poliklinik
Josef-Schneider-Straße 2 · 97080 Würzburg
Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 40, 2. Oktober 1998 (47) A-2467
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