Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer

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Bibliothek der Geschichtswissenschaft
Herausgegeben von Professor Dr. Erich Brandenburg
Deutsche Kaisergeschichte
in der Zeit der Salier
und Staufer
Hampe
Karl
o. Professor in Heidelberg
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1909
Verlag von Quelle
& Meyer
in
Leipzig
Alle Rechte vorbehalten
Druck von C. G. Naumann, Leip2ig.
Meiner Frau Lotte
gewidmet
Vorwort
Dies Buch möchte nicht nur beleliren, sondern aucli anregen,
auch gern gelesen sein. Ich versuchte,
viel unnützen Ballast, der in den landläufigen Lehrbüchern mitgeschleppt wird, über Bord zu werfen, um dafür dem Wesentlichen
und Lebensvollen, soweit das auf beschränktem Räume möglich ist,
Sollte mir das einigermaßen gezu seinem Recht zu \'erhelfen.
lungen sein, so würde ich mich über einzelne Irrtümer und Versehen, die gewiß nicht fehlen, trösten und wäre für ihre Aufzeigung
Der gewählte Titel soll andeuten, daß hier, wie es im
dankbar.
Plane dieser Sammlung liegt, nicht ein Gesamtbild der deutscheu
Geschichte in der salischen und staufischen Epoche erwartet werden
darf, sondern daß im Mittelpunkt der Darstellung durchaus die
staatliche Entwicklung steht, in der die führenden Persönlichkeiten
ja ganz anders hervortreten, als etwa in der verfassungsrechtlichen
und wirtschaftlichen, deren Schilderung anderen Bändchen vorbehalten ist.
Daß ich diesen Zeitraum zuerst behandelt habe und
nicht etwa das frühere deutsche Mittelalter, das, wie ich hoffe,
folgen soll, beruht auf persönlichen Ursachen.
Die Überweisung
auch der Ottonenzeit, die rein sachlich die natürliche Grundlegung
für die vorliegende Darstellung abgegeben hätte, an das erste
Bändchen erklärt sich lediglich aus Rücksichten einer gleichmäßigeren
Raumverteilung; Bedeutung und Fülle der Ereignisse während der
Hochblüte des deutschen Mittelalters haben ohnehin den zugemessenen Umfang schon etwas auf Kosten der früheren Epoche
überschreiten lassen.
Bei den Literaturangaben habe ich mich
grundsätzlich auf die wertvolleren Schriften beschränkt; für bibliographische Zwecke steht ja neben anderen Hilfsmitteln die Quellenkunde von Dahlmann-Waitz zur Verfügung.
Auch hier galt es
t^ben das Wesentliche herauszuheben.
Nur wo es sich um neuere
Forschungsergebnisse handelt, sind gelegentlich auch minderwichtigere
Aufsätze und Dissertationen zum Beleg angeführt. Die den beiden
Hauptabschnitten vorangeschickten Bemerkungen über die Geschichts<iuellen sollen nur die notdürftigsten Fingerzeige geben, nicht etwa
das Wissenswerte erschöpfen, denn gerade hierfür fehlt es nicht au
l>equemen Handbüchern.
Auf die Andeutung der wiclitigcreu
nicht nur studiert, sondern
VI
Vorwort.
wissenschaftlichen Kontroversen, namentlich soweit sie noch unaus-
getragen sind, glaubte ich besonderen Nachdruck legen zu sollen.
Eine eigene Stellungnahme schien mir da in der Regel anregender,
als ein farbloses Referat der Meinungen daß der angehende Forscher
da nicht allenthalben auf die verba magistri zu schwören hat, verEinige ausführlichere Begründungen vorsteht sich von selbst.
getragener Ansichten gedenke ich nachzuholen.
Und nun verabschiede ich mich von dem Buche wie von
;
einem guten Freunde nach gemeinsamer, vertrauter Wanderfahrt
bei Lehrenden
und wünsche ihm eine wohlwollende Aufnahme
und Lernenden.
Heidelberg, den
lo. Okt.
1908.
K.
Hampe.
Inhaltsverzeichnis
I.
Die Zeit der
Salier.
Seite
Geschichtschreibung
§
Konrad
I.
11.
i
— 1039)
(1039 — 1056)
(1024
5
§
2.
Heinrich
§
§
§
§
3.
30
6.
Das Reich während der Minderjährigkeit Heinrichs lY. (1056 1065)
Die Anfänge Heinrichs IV. und Gregors VII. (1065
1075) ...
Der Kampf zwischen Heinrich IV. und Gregor VII. (1075 1085)
Die Fortsetzung des Kampfes bis zum Tode Heinrichs IV. (1085
7.
bis 1106)
Heinrich V. und das Ende des Investiturstreits (1106
60
§
4.
5.
III.
17
—
—
—
— 1125) ...
37
48
72
IL Die Zeit der Staufer.
Geschichtschreibung
8.
—
bis
84
89
—
Lothar von Supplinburg (1125
1137)
1152)
§ 9. Konrad III. (1138
1157)
§ IG. Die Anfänge Friedrichs I. (1152
§ II. Reaktionäre Politik unter dem Einflüsse Rcinalds von Dassel
§
103
I15
—
1167)
(i
157
—
—
Weitere Kämpfe bis zur Beendigung des Schismas (1168
1177) •
1190) .
§ 13. Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedrichs I. (1178
§ 14. Heinrich VI. (1190 1197)
I2i6) . .
§ 15. Innozenz IH. und die deutschen Thronwirren (1198
§ 16. Das Emporsteigen Friedrichs IL bis zum Frieden von Ceperano (1230)
§ 17. Friedrich IL auf der Höhe seiner Macht (1230
1239)
§ 18. Der Entscheidungskarapf zwischen Kaisertum und Papsttum (1239
§ 12.
—
—
—
bis
1250)
....
125
14"
156
172
183
201
220
238
Sachregister
258
Verzeichnis einiger umfassenderer Werke.
Quellen:
Monumenta Germaniae
historica, Abteilung Scriptores (=: M. G.SS.),
wenigen Lücken sämtliche darstellenden deutschen Geschichtsquellen
den behandelten Zeitraum enthaltend, die daher hier aufzusuchen sind,
wenn keine andere Ausgabe vermerkt ist.
mit
für
Scriptores rerum Germanicarum (SS. r. G.), einzelne Schriftsteller
aus M. G. SS. in zum Teil erheblich verbesserten Schulausgaben. Wo diese statt
der Folioausgabe zu benutzen sind, sind
sie
unten vermerkt.
2. Aufl. 1S84SI, einzclae
Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit,
Schriftsteller in deutscher Übersetzung.
Verzeichnis einiger umfassenderer Werke.
VIII
Monumcnta Gcrmaniac
historica, Abteilung Lcgcs, liier vor allem
Constitutioncs et acta publica impcratorum et regum I,
wichtig:
Weiland 1893/96 (=M. G. Const.), die Gesetze und Staatsverträge
der deutschen Herrscher für die Zeit von 911
1272 enthaltend.
Jaff6, Bibliotheca rcruin Gcrmanicarum I^VI i864flF.
Daiilmann-Waitz, Quellenkunde der deutschen Geschichte 7. Aufl. hrsg. v.
Brandenburg 1906; Ergänzungsbd. 1907.
Potthast, Bibliotheca historica medii aevi 2 Bde. 2. Aufl. 1896, zum Aufsuchen der darstellenden GeschichtsqucUen.
Watten bach, Deutschlands Gcschichtsquellen im Mittelalter bis z. Mitte d.
13. Jahrh. II 6. Aufl. 1894 und die größtenteils darauf beruhenden, aber
fortgeführten W'crkchen von Vildhaut, Handbuch der Quellenkunde z.
deutsch. Gesch. I, 2. Aufl. 1906 (zur Einführung wohl zu empfehlen) und
Jacob, (^uellenk. d. d. Gesch. (Sammlung Göschen, ganz knapp) I 1906.
Vgl. auch die betr. Abschnitte bei Gicsebrecht u. beiGundlach, HeldenDagegen ist der betr.
lieder der deutschen Kaiserzeit II 1896, III 1899.
.\bschnitt in Meisters Grundriß der Gcschichtswiss. I 1906 von Jansen
ziemlich unbrauchbar.
Für Italien vgl. Balzani, Lc cronache Italianc
II hrsg. V.
—
medio evo,
nel
2.
1900.
Aufl.
Bearbeitungen:
Ranke, Weltgeschichte VII, VIII 1886/87.
Lindner, Weltgeschichte seit der Völkerwanderung II,
Jahrbücher der deutschen Geschichte (bis 1250)
III
1902/03.
durch die Hist»
K. Akad. d. Wiss. zu München 1862 ff. Die Teile sind
unten zu den einzelnen Abschnitten aufgeführt; noch nicht bearbeitet die
50.
Jahre in6
90, 1233
25, 1158
Gicsebrecht, Geschichte der deutschen Kaiserzeit II V (bis 1181); da»
Werk erschien seit 1855, später in neuen Auflagen; Bd. VI 1895 von
Kommission
b.
d.
—
Simson
hrsg.
—
—
fortgesetzt (bis
1
—
190).
Nitzsch, Geschichte des deutschen Volkes
frieden, hrsg. V. Matthäi II, III 2. Aufl.
Lamprecht, Deutsche
Geschichte
II,
bis
zum Augsburger
Religions-
1892.
III 3. Aufl.
1904 06.
Gerdes, Geschichte
des deutschen Volkes u. seiner Kultur i. Mittelalter II
1898, III demnächst erscheinend.
Hauck, Kirchengcschichtc Deutschlands III 3. u. 4. Aufl. 1906, IV 1903.
Richter-Kohl, Annalen der deutschen Geschichte im Mittelalter usw. III,.
I,
2
1890/98
(bis 1137).
Gcbhardt, Handbuch der deutschen Geschichte I 3. Aufl.
Waitz, Deutsche Verfassungsgeschichte, namentl. V u. VI
hier
Bd. IV, V.
Geschichte
Davidsohn,
Aufl.
—
1893/96.
—
IV 1868 74.
zur Reichs- u. Rechtsgeschichte Italiens I
Geschichte der Stadt Rom i. Mittelalter 5. Aufl. 19035.,
Ficker, Forschungen
Gregorovius,
1906.
2.
v.
Florenz
I,
II,
i,
2.
1896
— 1908.
I.
Die Zeit der
Salier.
Die 6eschlehtsehr«ibunf , noch ausschließlich lateinisch und in den
HSnden der Mönche und Weltgeistlichen, wächst beständig an Umfang, an
Weite des Gesichtskreises, an geistiger und sprachlicher Gewandtheit. ZuWipo's Leben
nächst bleibt auch die Ruhe der vorigen Epoche bewahrt.
Kaiser Konrads IL (SS. r. G. ed. II) ist für diesen Herrscher die wertvollste Quelle, gut unterrichtet, wenn auch nicht ohne höfische Rücksichten,
warm, lebendig, künstlerisch, nicht frei von Rhetorik. Daneben kommt für
die ersten Salier die reich entwickelte Annalistik in Betracht, meist von
unbekannten, wechselnden Verfassern, mit späteren Fortsetzungen, mehrfach
in ihrer ursprünglichen Gestalt verloren und nur aus jüngeren Ableitimgen lu
erschließen; so die vielumstrittenen Schwäbischen Reichsannalen imd
die neuerdings in ihrer Existenz auch wieder bezweifelten gröfierenHildesheimer Annalen (bis 1043; Auszug daraus bis 1040 die Ann. Hild., SS.
r. G.), Tor allem aber die größeren Altaicher Annalen (Niederaltaich in
Bayern) bis 1073, die, von Giesebrecht aus Ableitungen hergestellt, dann in
Abschrift Aventins wieder aufgefunden, für die Jahrzehnte von 1041 ab reiche,
verläßliche Nachrichten bieten (SS. r. G. ed. II).
Die ähnlich von SchefferBoichorst hergestellten Paderborner Annalen (Ausg. 1870) reichen *bis
in die Stauferzeit, bis
Über
diese,
1144 (1189).
wesentlich der Stoffmitteilung dienende,
annalistische
Form
erhebt sich die Chronik Hermanns des Lahmen von Reichenau bis
1054, neben der kurzen, mit ihr auf dieselbe Quelle zurückgehenden schwäbischen Weltchronik die erste erhaltene bis auf Christi Geburt zurückgehende Weltchronik dieser Epoche, durch Genauigkeit und Auswahl bemerkenswert und von 1040 ab auch eine zuverlässige zeitgenössische Quelle.
Die Ruhe dieser älteren salischen Reichsgeschichtschreibung wird unterbrochen durch die leidenschaftliche Bewegung des Investiturstreits, der auf
lange jede gerechte Würdigung der Zeitereignisse ausschließt, die meisten
Geschichtswerke zu Parteischriften macht und ihren Quellenwert mindert, aber
auch die Geister aufpeitscht, den Blick weitet, das Urteil schärft, die Individualität der Verfasser stärker hervortreten und überdies die literarische Produktion
mächtig anschwellen läßt. Die oft wiederholte Meinung von den verheerenden
Wirkungen des Kampfes für die deutsche Geschichtschreibung dürfte daher
mindestens einseitig sein. Wird der Wahrheitsinn zunächst von Leidenschaft
getrübt, und die Feststellung des Tatbestandes der modernen Forschung erschwert, so sieht man die Dinge dafür nun von ganz verschiedenen Seiten
und wird in Denken und Fühlen der Zeit viel tiefer als früher eingeführt.
Schon der Schüler und Fortsetzer der Chronik Hermanns von Reichenau
Bert hold bis 1074 vermag in den letzten Jahren die ruhige, reichsfreundliche
Stimmung nicht zu bewahren; von 1075 80 wird der Ton derart feindselig
gegen Heinrich IV., daß man einen anderen Annalisten als Verfasser annimmt. Von demselben Ausgangspunkt (Hermann und Berthold) aus ersählt
—
Rampe,
Deutsche Kaiseri^eschichte.
I
I.
2
Die Zeit der
Salier.
Bernold, Mönch in St. Blasien, der sich auch ala Publizist betätigte, die
Ereignisse von 1074
iioo weiter, ganz im päpstlichen Sinn, aber wenigstens
ohne absichtliche Entstellungen, als ein höchst bedeutsamer Berichterstatter.
—
Neben
gegen Heinrich IV.
der Sachsenkrieg
von dem Magdeburger Domgeistlichen Bruno, bis Weihn. 108 1 (SS. r. G.
ed. II), mai31os einseitig und gehässig, aber nicht nur für die Stimmung im
sächsischen Lager, sondern durch die zahlreichen Aktenstücke auch objektiv
tritt
die
süd westdeutsch-kirchliche
die sächsisch-partikularistische.
Ihr
Opposition
Hauptwerk
ist
sehr wertvoll.
Mitten zwischen diesen beiden Oppositionszentren steht der Gegend
und Richtung nach der Mönch Lambert v. Hersfeld mit seinem Hauptwerk, den Annalen v. Hersfeld, bis 1077 (SS. r. G. Lamperti opera), der
in mancher Hinsicht schriftstellerisch glänzendsten Leistung der Zeit, für die
—
wichtigen Jahre 1073
77 in dem breiten Fluß der Erzählung unübertroffen.
Da er sich weder mit den kirchlichen, noch den sächsischen Forderungen
ganz identifiziert, ist seine einseitige Parteinahme lange verkannt, und sein
Bericht neueren Darstellungen zugrunde gelegt worden. Ranke setzte zuerst
mit schärferer Kritik ein (Abh. Berl. Ak. 1854), andere folgten bis zu den
einigermaßen abschließenden Untersuchungen von Holder-Egger (Neues Arch.
19 u. Ausgabe). Gewiß ist nicht alles Lüge und boshafte Verunglimpfung,
was dieser dafür hält, sondern vieles erklärt sich aus Voreingenommenheit und
Parteiklatsch, verbohrter Phantasie und romanhafter Fabuliersucht; immerhin
bleibt ein ungewöhnlich geringes Maß von historischem Wahrheitsinn und
moralischer Zuverlässigkeit, so daß das glänzende Werk, das durch reichen
Stoff und Darstellungskunst nach wie vor einen hervorragenden Platz einnimmt,
als Quelle doch nur mit äußerster Vorsicht zu benutzen ist.
Die aus dem kaiserlichen Lager stammenden Geschichtsdarstellungen
weniger zahlreich und umfassend; manches wird von kirchlicher Seite
damals oder später vernichtet sein. Außer den willkommenen, aber nicht eben
reichen Augsburger Annalen, bis 1104, führt uns in Heinrichs IV. Anfänge der Sang vom Sachsenkrieg, eine dichterische Schilderung der
sächsischen Ereignisse von 1073
75 (SS.r. G.) von unbekanntem, trotz mancher
sin^
—
Hypothesen nicht ermittelten Verfasser, anschaulich, lebendig und trotz der
künstlerischen Form in den Kern der Dinge dringend. Heinrichs spätere Zeit
tritt vorwiegend hervor in dem Leben Heinrichs IV. (SS. r. G. ed. III),
als dessen anonymen Verfasser man wohl mit einiger Wahrscheinlichkeit Bischof
Erlung von Würzburg bezeichnen darf (vgl. Neues Arch. 26 u. 31). Es ist ein
schönes biographisches Denkmal, errichtet von einem treuen und kenntnisreichen Anhänger, voll wichtiger Aufschlüsse und treffenden Urteils, immerhin
mehr
ein leidenschaftlicher, rhetorisch gefärbter Nachruf, als eine ausführliche
Erzählung oder ruhige Würdigung.
Das Werkchen steht an der Spitze der zeitgenössischen Lebensbeschreibungen. Heinrichs Hauptgegner Gregor VII. hat keine ganz beErst 1128 beschrieb der Chorherr Paul v.
friedigende Biographie erhalten.
Bernried (a. Stamberger See) sein Leben, mit guter Methode, aber ohne
höheren historischen Gesichtspunkt. Auch die älteren geistlichen Biographien
der Salierzeit verlieren sich meist zu sehr im Legendarischen, so das Leben
des Erzbischofs Anno v. Köln (t 1075) von einem Siegburger Mönch Anf.
d. 12. Jahrh. verfaßt, mehr als Vorlage des deutschen Annoliedes, denn als
historische Quelle beachtenswert; so auch die Lebensbeschreibungen der Äbte
Richard v. St. Vannes und Wilhelm v. Hirschau, etwas reicher die
des Staatsmannes Abt Popp ov. S table (11048). Noch in die letzte Ottonenzeit greifen zurück die tüchtigen Biographien des Bischofs Meinwerk v.
Geschichtschrcibung.
*
Paderborn (t 1036), erst nach Mitte des 12. Jahrh. im Kloster Abdinghof
mit Humor und Anmut aufgezeichnet, und des Bischofs Godehard v. Hildesheim (t 1038) von dem Domherrn Wolfhere, während die ersten Kampfzeiten den Hintergrund abgeben für die in ihrer schlichten, getreuen Erzählungsweise ungemein reizvolle von dem Abte Nortbert v. Iburg verfaßte Biographie des Bischofs Benno v. Osnabrück, der zwischen Kaisertum und Papsttum klug seine Stellung zu nehmen verstand. Bisher durch
Interpolationen aus dem Ende des 17. Jahrh. verfälscht, wurde sie erst
190a von Breßlau in ihrer Urgestalt wieder aufgefunden und herausgegeben
(SS.
r.
G.).
Weitaus die bedeutendste Biographie eines geistlichen Herrn aber, die
des Erzbischofs Adalbert v. Bremen (f 1072), der Natur liebevoll nachgemalt
mit allem Licht und allem Schatten, findet sich, eingefügt in einen größeren
Rahmen, in der Geschichte der Hamburger Kirche bis 1072 (SS. r.
G. ed. II), die wir dem angestrengten Fleiße, dem umfassenden Wissen und
der feinen Kunst des Bremer Domherrn Adam verdanken. Die Persönlichkeit und ihre Schicksale entwachsen hier der eingehend geschilderten Entwicklung der hamburgisch -bremischen Kirche, und indem schließlich das
ganze weite nordische Betätigungsfeld Adalberts geographisch, ethnographisch
historisch umschrieben wird, ist Meister Adam zu einem Tacitus für die
und
baltischen
Lande geworden.
Mit seinem Werke ist schon die bedeutendste Bistumsgeschichte
genannt; auch in andern spiegeln sich trotz der regionalen Beschränkung die
großen Weltereignisse wieder, so in der von Cambrai bis 1044, Lütt ich
bis 1048 und Trier bis iioi (alle drei mit wertvollen späteren Fortsetzungen),
oder, geht man noch eine Stufe weiter hinab, auch in der lebensvollen
Klostergeschichte von St. Trond (n. w. v. Lüttich) bis 1108 (mit Fortsetzungen bis Mitte des 14. Jahrh.) oder einer guten Fortsetzung der alten
Klosterchronik von St. Gallen 1072 1133.
—
Nach der andern
wird der Rahmen der Reichsgeschichte überschritten in den großen Weltchroniken, deren steigende Vollendung in der
letzten Salicrzeit das beste Merkzeichen für die Weitung des Blickes darstellt.
Die Chronik des Marianus Scotus bis 1082, eines irischen Mönches in
Fulda und Mainz, übertrifft die ältere Hermanns v. Reichenau nur erst durch
die Genauigkeit der chronologischen Feststellungen; die viel reichere Chronik
des Franzosen Hugo v. Flavigny bis 1102 vermag doch den gewaltigen
Seite
noch nicht eigentlich übersichtlich zu beherrschen.
Eben in dieser
Hinsicht bezeichnet die Chronik des tüchtigen, für die kaiserliche Sache auch
in Streitschriften auftretenden Sigebert v. Gembloux (i. Belgien) bis
(mit vielen Fortsetzungen) einen erheblichen Fortschritt, vor allem aber die
meisterhaft durchgearbeitete und geordnete Chronik des Priors Frutolf v.
Michelsberg bei Bamberg bis iioi, dessen Verfasserschaft erst durch die
neueren Untersuchungen Brcsslaus erkannt worden ist (Neues Arch. 21),
während dem Abte Ekkehard v. Aura nur noch das Verdienst bleibt,
Frutolfs Chronik viermal umgearbeitet und fortgeführt zu haben. Eben diese
Fortsetzungen aber bilden für die Regierung Heinrichs V., von dessen Parteinahme Ekkehard sich erst in der letzten Bearbeitung entfernt, die wichtigste
Quelle; denn von der offiziellen Historiographie des Schotten David, den
dieser Kaiser auf seinem Römerzuge mitnahm, haben wir leider nur aus einigen
dürftigen Zitaten Kenntnis.
Stoff
im
Von den Geschichtswerken der Nachbarvölker
grundlegende
Dagegen
böhmische Chronik
liefern natürlich die-
des
Prager Dekans
italienischen Quellen
sei
hier
Cosmas
für die
nur die
genannt.
Geschichte der
A.
I.
Die Zeit der
Salier.
Salier reiche Ausbeute, ^enn es auch an umfassenden reichsgeschichtlichen
Werken fehlt Die Parteileidenschaft ist hier fast noch wilder, als in Deutschland.
Die für die kaiserliche Sache eintretenden Werke des Kardinals Beno
und des Bischofs Benzo
v. Alba sind lügenhafte Schmähschriften gegen
Die wichtige Erzbistumsgeschichte von Mailand ist
Ton Erzbischof Arnulf bis 1077 mit maßhaltender Wahrheitsliebe, von
dem Priester Landulf bis 1085 dagegen mit blinder Parteilichkeit beschrieben.
Auf der Gegenseite steht insbesondere Bischof Bonizo v. Sutri (f 1089)
mit seinem der Gräfin Mathilde v. Tuszien überreichten Buch an denFreund,
in dem er Gregors Recht durch einen zwar wegen der starken Voreingenommenheit nur mit großer Vorsicht zu benutzenden, aber gerade für die Zeiten
Heinrichs III. doch nicht zu entbehrenden kirchenpolitischen Rückblick zu
erweisen sucht. Für die Gräfin Mathilde (f 1115) und ganz in ihrem Sinne
schrieb auch der Priester Donizo, Mönch in Canossa, in einem bildergeschmückten Codex ihre Lebensgeschichte in Versen, beachtenswert namentNoch viele unbedeutendere Schriften
lich für den Vorgang von Canossa.
liefern Einzelstoff zur Geschichte des großen Streites.
Nicht unberührt davon, aber mehr in sich geschlossen und auf dem sicheren Grunde reicher
Urkundenschätze aufgebaut sind die wissenschaftlich unendlich viel höher
stehenden Geschichten der beiden großen Reichsabteien: Farfa bis 1125 von
Gregor v. Catina und Montecassino bis 1075 von Leo v. Ostia; die
Fortsetzung der letzteren bis 11 39 durch den Diakon Petrus aus dem
Hause der Grafen v. Tuskulum ist freilich durch Unzuverlässigkeit und Fälschungen arg entstellt.
Über das auch für die Reichsgeschichte wichtige
Emporkommen der süditalischen Normannen endlich unterrichtet neben
andern insbesondere die nur in einer altfranzösischen Übersetzung überlieferte
Chronik des Mönches Amatus v. Montecassino (f iioi).
die Gregorianer.
Neben die darstellenden Geschichtswerke tritt in der Salierzeit eine
neue Literaturgattung in den Streitschriften, die alle wichtigen Fragen des
kirchenpolitischen Kampfes, Priesterehe, Simonie, Investitur, die päpstliche
Machtvollkommenheit, das Verhältnis zwischen geistlicher und weltlicher Gewsdt usw., aus beiden Lagern heraus behandeln, von Geistlichen aller beteiligten Länder zunächst für Geistliche bestimmt, teilweise aber doch auch
schon auf indirektes Hinüberwirken in die Laienkreise, auf Gewinnung der
öffentlichen Meinung berechnet, zur Schärfung der Geister nicht wenig beitragend, aber auch die ausgleichende Lösung vorbereitend. Eine nahezu vollständige Sammlung liegt vor in den in die M. G. aufgenommenen Libelli
de lite imperatorum et pontificum I III 18912.; vgl. Mirbt, Die
Publizistik im Zeitalter Gregors VII. 1894 und die betr. Abschnitte in den
Jahrbüchern Meyers v. Knonau.
—
Was
Urkunden
so sind diejenigen der deutschen Kaiser,
noch aussteht, leider noch völlig zerstreut und z. T. schlecht gedruckt, und auch die Regestenübersicht bei
Stumpf, Die Reichskanzler vornehmlich des 10., 11. und 12. Jahrh. 1865 ff.
Bd. II, an die man sich, da die Neubearbeitung der Böhmerschen Regesta
Imperii für diesen Abschnitt noch nicht vorliegt, zu halten hat, ist stark veraltet.
Für die Papsturkunden sind zunächst immer zu Rate zu ziehen die
die
betrifft,
da die Diplomataausgabe der M. G.
Regesta pontificum Romanorum von
Jaff6 -Wattenbach
I.
II bis
1198
seitdem freilich durch die Forschungen Kehrs um zahlUnschätzbar für die geschichtliche Erkenntnis
reiche Stücke vermehrt sind.
des Investiturstreites ist die Erhaltung einer von Gregor VII. selbst veranlaßten, mehr als 350 Stücke enthaltenden Auswahl aus seinem Register, von
Jaff6 Bibl. II als Gregorii VII. Registrum herausgegeben; keine Quelle
3.
Aufl.
1888,
die
§
I.
Konrad
IT.
(1024
— 1039).
<
so tiefe Einblicke wie diese in das diplomatische Getriebe der
Kampfzeit.
In viele der genannten Geschichtswerke sind zerstreute Briefe eingefugt.
Sorgfältiger gepflegt wird die Brief kunst erst seit dem Ende des il. Jahrb.
Von da ab beginnen die wichtigen Sammlungen von unverändert aufgenommenen
oder mehr oder weniger zu Formeln verarbeiteten Briefinustem, sogleich für
den Ausgang der Salier die höchst wertvolle, in der kaiserlichen Kanzlei eine
Zeitlang eifrig benutzte Sammlung des Bamberger Geistlichen Ulrich,
der sog. Codex Udalrici bis 1125, mit Zusätzen bis I134, gedruckt in
Jaffas Bibl. V.
erö£Eaet
Von neueren Darstellungen der Salierzeit sei hier aufier den vom
genannten umfassenden Werken noch das fleißige, aber in der politischen
Auffassung nicht gerade tief dringende Werk von Manitius, Deutsche Ge*
schichte unter den sächs. und sal. Kaisem 1889 genannt.
Die wichtigeren
Monographien sind an ihrem Ort verzeichnet.
§
1.
Konpad H. (1024—1039).
Als das karolingische Weltreich schon ein Menschenalter nach
Tode
war
ob gegenüber
Verschiedenheiten
und provinziellen Sonderentwicklungen auch nur die Teilgebiete
sich in ihrem Bestände würden behaupten können.
Durch den
Vorsprung nationaler Geschlossenheit brachten es zuerst die östlichen Reichslande zur endgültigen Ablösung aus der karolingischen
Monarchie vind zur Errichtung eines selbständigen und einheitlichen
deutschen Königtums (911).
Aber der Zusammenhalt der auseinanderstrebenden Stämme ward dauernd doch erst gewährleistet,
als Otto d, Gr. an dem festgefügten Bau der deutschen Kirche
Karls
dynastischen
auseinanderfiel,
es sehr zweifelhaft,
Erbteilungsansprüchen,
volklichen
Gegengewicht vmd Stütze fand und deren Abhängigkeit von seinem
Willen auch nach außen hin durch die Beherrschung des Papsttums, zu der die Eroberung Italiens führte, sicherstellte.
In den
schweren Zeitläuften unter Otto III. bestand dieses Regierungssystem seine Belastungsprobe; nur dem staatlichen Sinne des deutschen Episkopats war es zu danken, daß das Reich in allem Zersich wenigstens ein starkes Fundament bewahrte, auf dem dann
Heinrich II. den Wiederaufbau ganz im Geiste Ottos d. Gr. durchführen konnte.
fall
Als jetzt mit
seinem Tode (1024)
das
Haus der Ottonen
ohne daß die Nachfolgeverhältnisse anderweit geregelt
gewesen wären, lag trotzdem jeder Gedanke an ein Auseinanderfallen des Reiches völlig fem. Das nie ganz erloschene Wahlrecht
ausstarb,
wieder in volle Geltung, aber der Erbanspruch des letztregierenden Hauses hatte so tief Wurzel gefaßt, daß ernstlich nur
zwei Anverwandte weiblicher Linie, die beiden fränkischen Konrade,
trat
6
!•
Die Zeit der
Salier.
Urenkel Herzog Konrads des Roten von Lothringen und einer
Tochter Ottos d. Gr., als Kandidaten in Betracht kamen^). Das
Herzogtum Kämthen war
verloren gegangen;
in
dieser Linie unter
dem
Anteil
dem
letzten Kaiser
an dem fränkischen Hausbesitz
ältere Konrad^) durch den frühen Tod seines Vaters stark
zu kurz gekommen, aber das Erstgeburtsrecht gab ihm den Vorzug.
Maßgebend für die Parteibildung war die Stellung zu den
großen kirchenpolitischen Fragen.
Eine starke rechtsrheinische
Partei, namentlich die Bischöfe mit Aribo von Mainz an der
Spitze, entschied sich für den älteren Konrad, weil sie von ihm
keine Fortführung der kirchlichen Reform Heinrichs H. erwartete.
Eine Minderheit: die lothringischen Herzoge mit dem Erzbischof
Pilgrim von Köln setzten als Anhänger der Reform ihre Hoffnung
auf den jüngeren Vetter.
Über die eigentliche Wahlhandlung auf einer Grenzebene
zwischen den Gebieten von Mainz imd Worms^) hat man sich
früher nach dem durch Uhlands dichterische Umschreibung volkstümlich gewordenen Bericht des Augenzeugen*) Wipo falsche Vorstellungen gemacht; denn er zeigt mehr rhetorischen Aufputz, als
bis zum Kern der Dinge dringendes Verständnis.
Nicht um ein
Aussieben nach dem Grade der Tüchtigkeit und eine Volksentscheidung zwischen den beiden Auserwählten handelte es sich,
nur noch darum, die nordwestdeutsche Minderheit für den älteren
Konrad zu gewinnen. Wenigstens mit dem Gegenkandidaten selbst
gelang das noch vor der Wahl, mit dem Haupte seiner Partei,
dem Kölner Erzbischof, bald nach der Krönung; als auch die
Sachsen dem Stammesfremden, an den nun das Königtum überging,
gegen Bestätigung ihres alten Rechtes huldigten, war die Aner-
war der
*)
Das Verwandtschaftsverhältnis ergibt folgender Stammbaum:
Liutgard
Konrad d. Rote
—
Otto Herz.
(t
Heinrich
vor 1000)
Konrad
(II.) d.
Bruno
(Papst Gregor
Ä.
v.
Kämthen
(t
V.)
1004)
loii)
Wilhelm
Kämthen)
(Bisch, v. Straßb.)
(Herz. v. Worms).
Konrad
(f
(Herz. v.
Konrad
d. J.
Grundlegend und bisher kaum in irgend einem wesentlichen Punkte
überholt sind die Jahrbücher des deutschen Reiches unter Konrad II. von
H. Bresslau. 2 Bde. 1879, 1884. Alle seitherigen Darstellungen beruhen
Von Bresslau ist auch schon bald die Ausgabe der Urkunden in den
darauf.
')
M. G. zu erwarten.
") Das rechtsrheinische Kamba gegenüber Oppenheim ist nur als LagerDie Wahlebene ist wohl auf
platz des schwäbischen Stammes zu erweisen.
dem linken Ufer zu suchen, vielleicht bei Lörzweiler, nach Vermutung von
Schädel, Mainzer Schulprogr. 1896.
*) Lindners Bezweiflung ist gegenstandslos.
.
§
I.
Konrad Ö. (1024— 1039).
^
kennung von nahezu ganz Deutschland mühelos genug erreicht
etwas später gaben auch die Lothringer ihren Widerstand auf.
Konrad war damals ein hochgewachsener, stattlicher Mann
Familieneigenschaften, Jugendschicksale vmd pervon 34 Jahren.
sönliche Anlagen hatten so vollkommen einheitlich in dieselbe
Richtimg gewirkt, daß die geschlossenste und willenskräftigste HerrscherWeit
natur des gesamten deutschen Mittelalters in ihm erstand.
mehr als die Ottonen und der Durchschnitt der Staufer neigte
das salische^) Haus zu schroffer, rücksichtsloser Tat. Konrad selbst
hatte als Waise früh und herb erfahren, wie das Recht des Minderjährigen von Verwandtschaft und Kaiser hintangesetzt ward. Bischof
Burchard von Worms, bekannt durch seine Kanonensammlimg und
die
Aufzeichnung seines Hofrechtes,
hatte
sich
seiner Erziehvmg
der nicht
nicht der
Ganz als ein vollsaftiger Laie mit schwertliterarischen Bildung.
kimdiger Faust, nüchternem Hellsinn vmd gesundem Kraftgefühl
war er emporgewachsen und fand sich nim erstaimlich schnell in
den weltumspannenden Aufgaben des deutschen Kaisertums zurecht
Jene selbstsicheren, pflichterfüllten Worte, die er gleich auf
angenommen; aber
einmal
für seinen Beruf
als kleinerer Herr,
im Besitz von Grafenrechten war, bedurfte
er
seinem Krönimgszuge zu den Fürsten seiner Umgebvmg sprach,
abhalten wollten, in diesem Augenblicke auf die Klagen
eines Bauern, einer Witwe und einer Waise zu hören, waren ein
Regierungsprogramm: Gerechtigkeit für jeden, ohne Rücksicht imd
Verzug!
So ward er zum Pfleger des Friedens, zum Schützer der
Schwachen, zum unbeugsamen Wahrer des Rechts, der an dem
Verkauf von Knechten des Bistums Verden, „als wären sie vemunftloses Vieh", Anstoß nahm und den räuberischen Grafen Thasselgard anherrschte: „Ist das der Löwe, der die Herde Italiens verschlimgen hat? Beim heiligen Kreuz des Herrn, dieser Löwe soll
nicht femer von meinem Brode zehren" und ihn wie einen geScharfgeschliffene, bilderreiche
meinen Verbrecher hängen ließ.
Aussprüche und beziehungsvolle Symbole, oft nicht ohne einen
grimmigen Humor, wie sie das altdeutsche Recht liebte, waren
ganz dazu angetan, ihn volkstümlich zu machen. Welcher Eindruck im Heere, wenn er etwa den Ravennaten befahl, einem
namenlosen Krieger, dem sie bei ihrem Aufstande das Bein abgehauen, die Lederstiefel, mit Münzen gefüllt, vor das Bett zu
stellen!
Es war wohl die höchste Auszeichnung für einen deutschen
Herrscher, daß man ihn Karl dem Großen verglich und das
als sie ihn
Sprichwort prägte:
erst
„An Konrads
Sattel
hangen Karls Bügel".
Über den Namen, der im Anfang des 12. Jahrh. vereinxdt, hiufiger
im 14. Jahrh. vorkommt, vgl. Bresslau II, 519.
•)
8
I.
Aber das Recht, das
für sich und
Wucht auch
sichtslos
Die Zeit der
Salier.
er andern schützte,
sein
Königtum
in
durchgreifend, jeden Widerstand
nahm
er mit gleicher
Anspruch,
erstickend
stets
und
rück-
da,
wo
dem Ansehen
des Herrscherwillens ernstliche Gefahr drohte, von
überwältigender Leidenschaft.
Wie jäh zerreißt jene Schilderung
des Bamberger Reichstages von 1035, die uns zufällig in einem
Briefe der Lorscher Sammlung^) erhalten ist, den Schleier, den die
geistliche Berichterstattung sonst über die Wirklichkeit der Dinge
gebreitet hat!
Als Konrad dort den alten Gegner seines Hauses,
Herzog Adalbert von Kämthen, den er des Hochverrats bezichtigte,
vom Fürstengerichte entsetzt wissen wollte, und an dem unverhofften Widerspruche seines eigenen Sohnes Heinrich das langvorbereitete Vorgehen zu scheitern drohte, da schwoll dem Kaiser
die Leidenschaft so allgewaltig in der Kehle, daß er besinnungslos
zu Boden stürzte.
Dann, nachdem er zu sich gekommen, scheute
der Stolze selbst nicht den Fußfall vor dem eignen Sohne, wies,
als er so dessen Herz bezwungen, dem Bischof von Freising, der
jenen angestiftet, unter Schmähungen die Tür und wußte zu guter
Letzt doch seinen Willen durchzusetzen.
So bewegte sich diese ungestüme Rechtswahrung vielfach noch
in absolutistischeren Formen, als etwa später xmter dem ähnlich
gerichteten Barbarossa; aber hier wie dort wirkte sie in gleicher
Weise zum Segen des Staates. Und wie für das wichtige Richteramt, so befähigte Konrads umsichtige, zugreifende Art ihn auch
hervorragendem Maße zum Staatsmann und Feldherm. Wenn
beim Aufstand in Ravenna unmittelbar aus dem Schlafgemach
in das Waffengetümmel sprang, wenn er bei noch größerer Bedrängnis in Parma in rascher Eingebung die Stadt anzuzünden befahl, um seinen draußen lagernden Truppen ein Notsignal zu
geben, so kennzeichnen solche Einzelzüge besser als alles andere
In beständiger Beseine schnelle und wirksame Entschlußkraft.
wegung, ja, wo es darauf ankam, in rasender Eile, tauchte er an
allen Enden seiner weitgedehnten Reiche auf, um allenthalben bei
der Ordnung der Angelegenheiten das ausschlaggebende Gewicht
seiner starken Persönlichkeit in die Wagschale zu werfen.
In der innerdeutschen Politik ist Konrad konservativer geDas Verhältnis des
wesen, als man wohl angenommen hat.
Ottonischen Königtums zur deutschen Kirche wurde von ihm nicht
wesentlich verschoben, nur daß er ihr kühler, ohne jeden Anflug
in
er
von mystischer
Religiosität, ähnlich wie der erste der sächsischen
Herrscher gegenüberstand und
*)
Inhaltsangabe derselben:
sie
noch
Neues Archiv
selbstherrlicher
3,
321
ff.
nach dem
§
I.
Konrad
II.
(1034
— 1039).
n
Gesichtspunkte seiner politischen Machtinteressen behandelte.
Die
Ausnutzung der straff festgehaltenen Ernennungen von
Bischöfen und Reichsäbten begann bereits als Simonie bei den
finanzielle
Cluniazensem Anstoß zu erregen. Die eigenmächtigen Eingriffe in
das Kirchengut zur Lehensausstattvmg von weltlichen Großen begegneten massenhafter als bisher.
Wichtige kirchliche Maßnahmen
wvu-den durch die einfache Willenserklärung des Herrschers entschieden, ohne daß er für das innere Leben der Kirche bestimmte
Ziele verfolgt oder auch nvu: tieferes Verständnis gezeigt hätte.
Der
Zug in seinem Verhalten gegenüber den
Machtfaktoren des Reiches war die Anerkennung der
Lehenserblichkeit in männlicher Linie.
Die Erblichkeitsidee hatte
bei seiner eigenen Thron erhebung entscheidend mitgewirkt;
so
sicherte er nach dem Vorbilde der Ottonen seinem Sohne Heinrich
schon früh die Nachfolge durch Königswahl und Krönung (1028)*).
Er selbst hatte es einstmals bitter empfunden, daß das Erbrecht seines Hauses auf das Herzogtum Kämthen beiseite geschoben ward. So achtete er auch als König die Rechte der
Herzoge.
Es ist nicht richtig, daß er danach getrachtet habe,
ihre Gewalt überhaupt zu beseitigen und eine unmittelbare kaiserliche Herrschaft an die Stelle zu setzen*). Sonst hätte er schwerlich nach dem Sturze Adalberts Kämthen seinem Vetter, dem
jüngeren Konrad überlassen (1036) und Lothringen durch Vereinigung seiner Hälften gestärkt (1033).
Die Übertragung des
durch den söhnelosen Tod des Lützelburger Herzogs erledigten
Bayern an seinen Sohn Heinrich (1027), durch die er für sein
Haus überhaupt erst ein Herzogtum gewann, war begreiflich genug,
zudem ganz in der Bahn des Rechtes imd der ottonischen Politik.
Als dann unerwartet die schwäbische Linie des babenbergischen
Hauses mit den beiden Stiefsöhnen des Kaisers aus der früheren
Ehe seiner Gemahlin Gisela ausstarb (1038), war als deren Sohn
Heinrich HL der nächstberechtigte Erbe, für dessen wohl begründete
Ansprüche dann bald nach dem Tode des Vaters auch Kämthen
frei ward (1039).
Diese gewaltige Ausdehnung der Herrschaft des
kaiserlichen Hauses über ganz Süddeutschland entsprang also uncharakteristische
weltlichen
den Rechtsverhältnissen, nicht einer den Laienfürsten planPolitik, und diese xvTißten den strengen Rechtsstandpunkt des Kaisers zu würdigen und ließen sich dafür denn
auch die scharfe Betonung ihrer Beamteneigenschaft gefallen.
mittelbar
voll
feindseligen
^) Daß er nicht, wie Giesebrecht meinte, über die Ottonen hinaus nach
einer rollen Erbmonarchie gestrebt hat, betont Brcsslau mit Recht
*) Diese
Annahme Giesebrechts ist ron Waitz, Verüassungsgesch. und
vor allem von Brcsslau nachdrücklich widerlegt.
lO
I.
Die Zeit der
Salier.
Seiner eignen Vergangenheit nach aber fühlte sich Konrad am
meisten hingezogen zu den kleineren Grafen imd Herren, ehrte er
doch einen ihm befreundeten Grafensohn, der in Rom getötet
wurde, dadurch, daß er seine Leiche neben dem Sarkophage Kaiser
Und indem er nvm für diese Vasallen
Ottos II. beisetzen ließ.
den
gleichen, aber hier
noch keineswegs anerkannten Grundsatz der
gewann er an diesem Stande, auf dem
Lehenserblichkeit aussprach,
ja die kriegerische Kraft des Reiches vor allem beruhte, eine über-
aus wertvolle Stütze für das Königtum.
Das wurde alsbald von praktischer Bedeutung in den wiederEmpörungen (1025
1030) seines Stiefsohnes Ernst IL von
—
holten
Schwaben.
Dieser Familienzwist war ohne alle grundsätzliche Be-
Die Sage hat später Ernst mit Liudolf, dem Sohne
Ottos d. Gr., verschmolzen, aber ihm fehlte der politische Zug, der
jenem auch nach Abstrich kleindeutscher Übertreibungen verbleibt.
deutung.
In dem Unvermögen, seine Privatinteressen hinter die der Allgemeinheit zurückzustellen, erinnert er vielmehr an Joharm Parricida,
dem er auch in Eigensinn, Trotz und Erregbarkeit ähnelt, ohne
Das treibende
sich freilich zu so verworfener Tat zu verirren.
Motiv des unreifen, auch durch die mehrfach bewiesene Großmut
Konrads nicht bezwungenen Jünglings war wohl die Durchkreuzung
Ansprüche auf Burgund durch den höheren
Staatsgedanken des Kaisers. Tragisch und anteilerregend ward sein
seiner privatrechtlichen
Geschick
erst,
als
§r
sich
seiner
herzoglichen
Pflicht
zur
Voll-
streckung der Reichsacht an seinen im Widerstände verharrenden Genossen entschlug und lieber in unerschütterter Freundestreue den ge-
meinsamen Untergang erwählte (1030). Der Kaiser aber sah nach dem
wiederholten Treubruch in ihm nur noch den Empörer gegen die
Staatsgewalt xmd sprach bei der Nachricht von seinem frühen, erbenlosen Tode das bittere Wort: „Bissige Hunde haben selten Junge."
Wenn aber diese Empörungen trotz auswärtiger Verbindungen sich
deutschen Gefahr auswuchsen, so lag
das nicht zum wenigsten an der Stellungnahme der schwäbischen
Grafen und Herren, die ihrem herzoglichen Lehensherm die Heeresfolge gegen den Kaiser als den höchsten Schützer ihres Rechtes
nie zu einer ernstlicheren
weigerten.
Schuf Konrad hier durch seine kluge Haltung der Krone schon
neue Stütze, so klangen leiser, aber immerhin vernehmlich
in seiner Politik Motive der Zukunft an.
Zu der für die späteren
Salier so charakteristischen Begünstigung der neuen städtischen Entwicklvmg finden sich schon bei ihm bemerkenswerte Ansätze, und
das Vorbild seines Erziehers, des Bischofs Burchard von Worms
war es vielleicht, das ihn auf die Bedeutung des Ministerialen-
jetzt eine
§
I.
Konrad
II.
(1024
— 1039).
H
Wissen wir auch nur von der trefflichen Besetzung
die er gleich nach seiner Krönung vornahm, so
wird er weiterhin schwerlich an der sonstigen Reichsdienstmannschaft
achtlos vorbeigegangen sein^), um so weniger, als er ihrer zur VerDenn die
waltung des wachsenden Reichsgutes dringend bedurfte.
Die kühle Haltung Konrads der
Zeit der Verluste war vorbei.
Kirche gegenüber fand in einer auffälligen Abnahme der Schenkungen
von Reichsgut an sie ihren bezeichnenden Ausdruck. Nur für zwei
bedeutendere Stiftungen, die dem Ruhme seines Hauses dienen
sollten, stellte er die Mittel bereit, für das noch als Ruine durch
Standes hinwies.
seiner Hofämter,
seine gewaltigen Verhältnisse eindrucksvolle salische Familienkloster
Limburg a. Haardt und für die Grabeskirche der deutschen Könige,
den nach großartigem Entwürfe von ihm begründeten Speyrer Dom.
Im übrigen wußte er durch Rückgewinnungen und Neuerwerbungen
in allen Herzogtümern das Reichsgut ansehnlich zu mehren und
so auch nach dieser Seite hin die Machtgrundlage des deutschen
Königtums auszudehnen.
Die im Innern gesammelte Kraft wirkte alsbald nach außen.
Auf dem von seinem Vorgänger in vieljährigen Mühen neu gefestigten Grunde hob Konrad das Kaiserreich wieder zu stolzem
Ansehen ringsum bei den Völkern. Nach zwei Seiten hin glaubte
er den Frieden durch kluges Entgegenkommen sichern zu sollen.
An Ungarn wurde nach einem unglücklichen Feldzuge in einem
von dem Thronfolger Heinrich abgeschlossenen Vertrage (1031)
ein Grenzstreif zwischen Donau, Fischa und Leitha abgetreten. Mit
dem gewaltigen Herrscher des Nordens Kanud dem Großen, der
zu seinem dänischen und englischen Reiche Non\'egen (1028) und
Schottland (1031) gewann und seinen Einfluß auch auf die südschloß Konrad engste Freundschaft,
Kanuds Tochter seinem Sohne verband und die deutschen
Ostseeküste ausdehnte,
liche
indem
er
Gebietsansprüche auf die Eidergrenze beschränkte.^) Hätte er voraussehen können, daß die dänische Großmachtstellung bald nach
dem unverhofften Tode Kanuds (1035) zusammenbrechen >\'ürde,
so hätte er sich vielleicht spröder gezeigt.
Indes auch so war der
auf Kosten schwer durchzuführender Ansprüche gesicherte Friede
in der Folgezeit von hoher Bedeutung für das Vordringen deutschen
Einflusses in Mission und Handelsverkehr.
die
*) In dieser Einschränkung wird wohl die Auffassung von Nitzsch,
Bresslau in ihrer Bestimmtheit und allgemeinen Fassung ablehnt, festgehalten
werden dürfen.
^ So wird man nach den Ausführungen von Steenstnip (Danmarks
zu Königs Geburtstag, Kopenh. 1900) wohl
von der Abtretung einer damals wirklich noch im
deutschen Besitz befindlichen Mark zwischen Eider und Schlei zu prcchen.
Sydgraense
etc.,
Einlad.-schrift
richtiger sagen müssen, als
12
I.
Die Zeit der
Salier.
In Ost und West aber hatte Konrad um so glänzendere Erzu verzeichnen. In Polen kam ihm dabei das Glück zu Hilfe.
An dem Genie Boleslaws des Kühnen, der Polen zum mächtigen,
selbständigen Königreich emporgehoben hatte, wäre wohl auch er
wie sein Vorgänger gescheitert.
Da führte der Tod des Gegners
(1025) innere Wirren herauf, durch deren kluge Ausnutzung es
dem Kaiser gelang, mit den beiden Lausitzen die alte Reichsgrenze
zurückzugewinnen (1031) und sogar unter Beseitigung der neuen
Königswürde die Lehensabhängigkeit herzustellen (1033). Auch
Böhmen gegenüber ward trotz mancher Schwankungen die Oberhoheit behauptet, und die Liutizen wurden aus Verbündeten wieder
zu Unterworfenen (1036).
Wurden so im Osten die Verluste der letzten Zeiten wieder
eingebracht, so gelang im Westen eine Gebietserwerbung, die geradezu den Charakter des Gesamtreiches abwandelte. Nach hundertjähriger Dauer endete 1032 das von Basel bis Nizza ausgedehnte
Königreich Burgund als selbständiger Staat mit dem kinderlosen
Tode Rudolfs III. Lange vorher hatte die Frage seiner Zukunft
folge
Welt
die
beschäftigt.
Konrad IL
erntete hier nur,
was
sein
Vor-
gänger durch Verträge vorbereitet hatte. Aber wenn Heinrich IL
als der nächste Verwandte Rudolfs unzweifelhaft die begründetsten
Ansprüche hatte geltend machen können, so war es doch selbst
nach erlangter Zustimmung Rudolfs (1027) sehr fraglich, ob Konrad,
der privatrechtlich hinter andern Bewerbern zurückstand, seine neue
staatsrechliche Auffassung, nach der er als Nachfolger in alle Ansprüche des Vorgängers eingetreten sei, zur Anerkennung bringen
würde.
Der eine jener Bewerber, Ernst von Schwaben, war indes
zur Zeit der Entscheidung bereits verstorben, der andere, Graf Odo
von Champagne, mußte seinen kriegerischen Widerstand vor der
Übermacht des Kaisers bald genug aufgeben (1034).
Was bedeutete diese Angliederung eines dritten Reiches für
das Imperium? Eine wirkliche Herrschaftserweiterung allerdings nur
in den Landen, in welchen allein das schwache Königtum Rudolfs
noch Geltung gehabt hatte, in den wenigstens teilweise germanischen
ein Zuwachs, der
Gebieten der heutigen französischen Schweiz,
—
im
wirtschaftlichen, wie nationalen Interesse imbedingt erfreulich war.
Politisch aber
war auch die lockere Angliederung der übrigen halbReich wertvoll genug. Denn sie be-
selbständigen Teile an das
deutete nach dieser Seite eine
Eindämmung der Machtentwickelung
Italien, wohin vorher und wieder
der burgundischen Reichsoberherrschaft im dreizehnten Jahrhundert französische Eroberungsgelüste zielten, und also
eine Befestigimg des italischen Besitzes, für die auch die Gewinnung
Frankreichs, seine Absperrung
seit
dem
Verfall
von
§
I.
Konntd
II.
(1034— 1039).
Ij
Die mitteleuropäische
der westlichen Alpenpässe belangreich war.
Länder\'erbindung, die auf zwei weitere Jahrhunderte den Deutschen
die Führerstellung in Europa sicherte, wurde erst jetzt vollendet
In kultvu-eller Hinsicht endlich war es von hoher, aber freilich auch
zweischneidiger Bedeutung, daß die politische Angliederung dieser
Haupt^^•irkungstätten der kirchlichen Reformpartei deren Einfluß
auf das Reich ungemein verstärken mußte.
Für die Gefahren, die da in einer allerdings noch fernen
Zukunft der Staatsgewalt drohten, war Konrad blind, und diese
Verkennung bildete den einzigen schwachen Punkt seiner Politik.
Er kannte seine fast schrankenlose Macht über die Kirche und
imterschätzte daher die Kraft ideeller Strömungen.
Indem er auf
der einen Seite den Dingen achtlos ihren Lauf ließ und dem
weiteren Vordringen der Reformer im Reiche nicht entgegentrat,
duldete er auf der andern Seite, insbesondere in Rom die schandbarsten Mißstände, weil sich von solchem Hintergrunde das kaiserliche Ansehen nur um so glänzender abhob.
So wuchs das Mißverhältnis zwischen Forderungen und Wirklichkeit zu bedenklicher
Spannimg.
Das Papsttvun aus dem Hause der Grafen von Tuskulum war
nach einer zeitweiligen Hebung durch den Reformeinfluß Heinrichs II.
imd die staatsmännische Energie Benedikts VIII. mit beider Tode
(1024) in Nichtigkeit imd Verworfenheit zurückgesunken. Von der
Begründung des mittelalterlich-deutschen Kaisertums durch Otto d. Gr.
bis zu seinem Untergang hat die päpstliche Würde niemals so tief
an Einfluß und Geltung gestanden, wie damals. Johann XIX.,
ebenso ungeistlich wie sein Bruder Benedikt, aber ohne dessen
Bedeutung, übertrug Konrad auf dessen erstem Romzuge (1027)
die Kaiserkrone, tun hinfort neben ihm, der selbst die \v'ichtigsten
kirchlichen Entscheidungen des Papstes mit vollendeter Rücksichtslosigkeit umstieß, eine Rolle kläglichster Ohnmacht zu spielen. Nach
ihm (t 1033) zog dann der noch unmündige, aber früh verdorbene
Knabe Benedikt IX. das Papsttum völlig in den Lasterpfuhl wie
zu den schlimmsten Zeiten unter Johann XII. hinab. Dem Kaiser
war auch das willkommen. Wie er in die Rechtsverhältnisse der
Stadt
Rom
selbstherrlich eingriff, so ließ er
den päpstlichen
Statisten,
ganz wie einen seiner Beamten, an seinen Hof kommen, sobald er
seines Namens etwa zur Ordnung der lombardischen Angelegenheiten bedurfte.
ihm
Deim
in Italien weitaus
die dortigen sozialen Streitigkeiten
am
machten
meisten zu schaffen.
Ganz wie in Deutschland knüpfte Konrad auch hier zunächst
an die Überlieferungen der Politik Heinrichs II. an, wenn er auch
nicht wie dieser an eine besondere italische Königswahl dachte, sondern
—
Die
I.
14
weit schärfer das durch
2eit der Salier.
den Regierungswechsel keinen Augenblick
erloschene Herrschaftsrecht des Reiches in jener Antwort an die
Pavesen betonte: „Wenn der König gestorben ist, so ist doch das
Reich geblieben, wie das Schiff bleibt, dessen Steuermann zu Grunde
geht." Die Bischofspartei mit dem getreuen Leo von Vercelli (f 1026)
an der Spitze hatte unter Heinrich die sichere Basis der deutschen
Herrschaft abgegeben; an ihrer Haltung scheiterte auch jetzt die
von den weltlichen Großen aufgestellte italische Thronkandidatur
eines Sohnes des Herzogs Wilhelm V. von Aquitanien, sie vornehmlich trug das erste Romfahrtuntemehmen Konrads (1026
z'j).
Aber die Anwendung derselben Grundsätze wie in Deutschland führte den Kaiser hier nach kurzer Zeit zu einer viel handgreiflicheren Abkehr von der Politik seines Vorgängers.
Einmal
wußte er, wie dort die Herzöge, so hier die Markgrafen bald mit
seiner Herrschaft zu versöhnen und durch Familienverbindungen
enger an Deutschland zu ketten.^)
Dann aber brachte ihn die in
Übereinstimmung mit seinem deutschen Vorgehen auch hier ergriffene
Parteinahme für die kleineren Lehensträger bei den scharf imd
eigenartig zugespitzten ständischen Verhältnissen der Lombardei,
die durch die persönliche Machtpolitik des stolzen und herrischen
Erzbischofs Aribert von Mailand noch ihre besondere Färbung erzuletzt gar in einen offenen Konflikt mit den Bischöfen.
Die städtische Entwicklung Norditaliens war der deutschen
Autonomistische Erhebungen der Bürgerschaften
weit vorausgeeilt.
gegen die mit den früheren Grafenrechten und der gesamten
Regelung des Verkehrswesens betrauten bischöflichen Stadtherren,
hielten,
wie sie in Deutschland erst gegen Ende des Jahrhunderts einsetzten,
Eine Ausnahme machte
kannte man hier schon seit Jahrzehnten.
Solange hier noch ein weltindes die mächtigste Stadt Mailand.
licher Vertreter des Kaisers die Grafenrechte wahrnahm, gingen
im Gegensatze zu ihm Erzbischof und Bürgerschaft einträchtig zusammen. Dadurch gestärkt, konnte Aribert gegenüber den kleineren
Lehensträgem, den Valvassoren, wie sie hier im Unterschied zu
den mit Grafschaften und Grafenrechten belehnten Fürsten oder
Kapitänen bezeichnet zu werden pflegten, um so eigenmächtiger verzur Einziehung ihrer Lehen,
wenig wie in Deutschland bis dahin
grundsätzlich anerkannt war.
Darüber kam es zum Aufruhr der
Valvassoren und zu ihrer Vertreibung aus Mailand (1035), und
fahren;
deren
er
nutzte jede Gelegenheit
Erblichkeit
hier so
') Folgenreich
waren namentlich die Verbindung des Hauses Este mit
den süddeutschen Weifen und die Vermählung des Markgrafen Bonifaz von
Canossa mit Beatrix, der Tochter des verstorbenen Herzogs Friedrich von
Oberlothringen.
§
I.
Konrad
II.
(1024
— 1039).
I^
da die gleiche Rechtsnnsicherheit ihre Standesgenossen auch sonst
bedrohte, so dehnte sich der Kampf alsbald über die gesamte
Lombardei aus, während sich die Bischöfe mit einem Teil der
Laienfürsten zusammenschlössen. i) Als dann die kriegerische Kraft
der Valvassoren noch in demselben Jahre ihre Überlegenheit im
Felde bewies, wandten sich zuerst die geschlagenen Bischöfe, dann
auch die Sieger um Vermittlung an den Kaiser, der ihnen mit dem
stolzen Worte: „Wenn Italien hungert nach dem Gesetze, so will
ich es damit sättigen" seinen Entschluß zur zweiten Romfahrt (1036
bis 38) ankündigte.
Mochte
er seine Entscheidung zunächst offen lassen, so führte
Eingreifen den Kaiser seinen deutschen Gnmdentsprechend bald genug mit Notwendigkeit auf die Seite
Er forderte Abstellung ihrer Bedrückungen und
der Valvassoren.
lud Aribert vor seinen Richterstuhl nach Pavia (1037). Aber jener
verweigerte trotzig den Gehorsam; da nahm der Kaiser den Hoch-
das
persönliche
sätzen
als er in Mönchtracht nach Mailand entim vollen Einklang mit der Bürgerschaft zur
Wehr setzte, schritt Konrad zu seiner gewaltsamen Unterwerfung.
Die Belagenmg führte freilich zunächst nicht zum Ziel imd ward
Aber
in Rücksicht auf die beginnende Sommerhitze abgebrochen.
verräter
wischte
in Haft,
imd
imd
sich dort
der Kaiser jene bedeutsame Verfügung 2), welche
auch der kleineren Lehen im Mannesstamme,
wie er sie in Deutschland als Recht anerkannte, für Italien in der
Form eines schriftlichen Gesetzes verkündete und gegen widerrecht-
tags zuvor erließ
die Erblichkeit
aller,
Die beLehensentziehungen weitere Sichenmgen brachte.
Anhängerschaft sämtlicher Valvassoren war ihm nach diesem
Schritte gewiß, während auch die Mehrheit der weltlichen Fürsten
liche
geisterte
auf seiner Seite stand.
Die weiteren Maßnahmen des Kaisers zeugten denn auch von
Es war ein
seiner unbedingten Überlegenheit.
schlechthin unerhörter Vorgang, der allen kirchlichen Rechtsvorstellvmgen der Zeit ins Gesicht schlug, daß er es wagte, den widerspänstigen Erzbischof einfach von sich aus ohne alle Mitwirkvmg
von Papst und Synode abzusetzen und ihm einen Nachfolger zu
Als er dann einer weitverzweigten Verschwörung auf
ernennen.
die Spur kam (1038), die, von Aribert ausgehend, ihre Mitwisser
in den Kreisen des lombardischen Episkopats fand, aber auch
Konrads Gegner, den Grafen Odo von Champagne, ins Einvernehmen gezogen hatte vmd auf eine allgemeine Erhebvmg gegen
dem Bewußtsein
') Es ist eine gewaltsame Betrachtungsweise, wenn Lamprecht in dieser
Spaltung den Gegensatz zwischen Naturalwirtschaft und Geldwirtschafl sehen will.
^ „Constitutio de feudis" v. 28. Mai 1037, M. G. Const. I 90.
I-
l6
Die Zeit der
Salier.
da
griff der Kaiser mit furchtder schuldigen Bischöfe über
die Alpen in die Verbannung und ließ über Aribert durch den
allzeit gehorsamen Papst die Exkommunikation verkünden (1038),
die deutsche Herrschaft hinzielte,
Strenge durch,
barer
während
ein Einfall
schickte
Odos
in
drei
Lothringen von den dortigen Großen
glücklich zurückgeschlagen wurde.
So ließ sich nicht daran zweifeln, daß Konrad genügende
Machtmittel zu Gebote standen, um seiner italienischen Politik, die
nachgerade zu einer vollen Umkehrung der Parteiverhältnisse geführt hatte, auf die Dauer den vollen Sieg zu verschaffen.
Abgesehen yon den starken Mauern Mailands, konnte Aribert seine
Hoffnung nur noch auf den Thronfolger Heinrich richten, der aus
seiner Unzufriedenheit über die unkanonische Behandlung eines
hohen Kirchenfürsten kein Hehl machte. Einstweilen wurde indes
ein weiteres Vorgehen gegen Mailand aufgeschoben, weil die süditalischen Verhältnisse ein Eingreifen des Kaisers wünschenswert machten.
Konrad strebte hier nicht nach Gebietserweiterung. Vielmehr
und fand er freundliche Beziehungen zum griechischen
suchte
das eben damals einen frischen Trieb seiner gealterten
Kraft spürte und Italien gefährlich geworden wäre, hätte es nicht
Reiche,
durch den
Kampf gegen die
Was dem deutschen
sizilischen
Araber eine Ablenkung
Kaiser hier im Süden oblag, war
im Wesentlichen die Sicherung des Grenzgürtels langobardischer
Fürstentümer durch Beseitigung ihrer Reibungen und Behauptung
der deutschen Oberhoheit. Wie das im einzelnen gelang, ist ohne
erheblicheres Allgemeininteresse. Wichtig für die Zukunft dagegen
wurde es, daß die normannischen Abenteurer, die seit zwei Jahrzehnten in diesen süditalischen Kämpfen bald hier, bald dort verwendet wurden, es damals unter ebenso geschickter, wie skrupelerfahren.
Ausnutzung der Rivalitäten von Capua, Neapel und Salemo
Terra di Lavoro zu einem kleinen eigenen Territorium
brachten, auf dem ihr Führer Rainulf die Burg Aversa erbaute
Diese Grafschaft bestätigte ihm jetzt auch der Kaiser als
(1030).
Er konnte nicht
ein Lehen des Fürsten von Salemo (1038).
ahnen, daß aus diesem bescheidenen Keim in wenigen Jahrzehnten
der starke Normannenstaat erwachsen sollte, der bereits gegen
seinen Enkel dem feindseligen Papsttum mächtigen Rückhalt bot.
Von Süditalien aus wäre Konrad wohl zu neuem Angriff
gegen Mailand geschritten, hätte nicht die sommerliche Hitze, der
er diesmal nicht auszuweichen vermocht hatte, auf dem Rückmarsch in seinem Heere eine verlustreiche Seuche erzeugt, die für
den Augenblick jede weitere Unternehmung ausschloß. Indem er
daher die Achtsvollstreckung an dem Mailänder Erzbischof den
loser
in
der
§ 2. Heinrich
italienischen
Laienfürsten
m.
übertrug,
(1039
— 1056).
wandte
er
ly
selbst
sich
nach
Deutschland zurück. Auch er trug den Todeskeim bereits in sich;
an einem schweren Gichtleiden ist er schon im folgenden Frühling
allzu früh für das Reich,
noch nicht fünfzigjährig gestorben,
das er in verhältnismäßig kurzer Regierung zu so gewaltiger Machtvielleicht nicht ganz ohne
fülle erhoben hatte, imd das er nun
seinem zwar hochbegabten, aber von Grund aus anders
Sorge
—
—
—
gerichteten
Sohne
§ 2.
hinterließ.
Heinpich
HL (1089—1056).
Unter dem erst zweiundzwanzigjährigen, aber in Politik imd
Kriegführung frühzeitig eingeweihten neuen Herrscher schien die
Aufwärtsbewegung des deutschen Kaisertums zunächst einen stetigen
Gleich die ersten Jahre brachten bedeutFortgang zu nehmen.
same Erfolge im Osten. Es gelang, die slawischen Großmachtpläne
des Böhmenherzogs Bretislaw zu zerstören, seine Abhängigkeit von
Deutschland neu zu festigen rmd die Reichsgrenze in Mähren vorzuschieben (1041). Ungarn gegenüber aber brachte Heinrich nicht
nur den jüngsten Verlust an Grenzgebiet reichlich wieder ein (1043),
sondern er
griff
auch bei erneuter Unzuverlässigkeit seines Königs
Heer und ersetzte ihn diu-ch einen vom
deutschen Kaiser abhängigen, tributzahlenden Vasallen (1044/45).
Diese bedeutende Machtausdehnung gegen Osten und die schrankenlose Verfügung über das Papsttum in den folgenden Jahren
haben Heinrichs III. Regierung als den Gipfelpunkt deutscher
Kaisermacht erscheinen lassen. Entsprach diesem Ausgreifen auch
War Heinrich ein ebendie höchste Spannung innerer Kraft?
Die
bürtiger, wohl gar überlegener Nachfolger seines Vaters?
zeitgenössischen Quellen lassen uns hier bedenklich im Stich, und
die Urteile neuerer Forscher stehen in schroffem Widerspruch miteinander.
Den einen ist er der mächtigste deutsche Herrscher
deutschen
seit Karl d. Gr.^), den anderen der Verderber des
Königtums.')
Äußeriich ein Ebenbild des Vaters, wich Heinrich in seiner
geistigen Richtung von dessen gesund-kräftiger, lebensprühender
Laiennatur auf das Bestimmteste ab.
Von bischöflichen Erziehern
kräftig durch, schlug dessen
*) Vgl.
etwa Haucks in den Kern dringende, aber rom politischen
Standpunkte aus doch viel zu günstige Beurteilung.
») So
etwa W. Schultze in Gebhardts Handbuch. Eine mittlere Linie
halten inne Giescbrecht, Ranke und Stcindorff, dessen Jahrbücher der deutsch.
Gesch. unter H. III., 3 Bde. 1874/81 für alle Einzelheiten die zuverlfissigste
Auskunft bieten, aber eine tiefere Auffassung vermissen lassen.
Hampe,
Deutsche Kaisergescbicht«.
2
l8
I.
Die Zeit der
Salier.
Liebe zu den Büchern und Verständnis für Musik
war er früh und völlig in den Bannkreis
der kirchlichen Kultur und christlichen Sittenlehre getreten.
Seine
ernste und schwere Natur handelte nicht aus glücklichem Gefühl,
sondern stets aus streng gemessenem Pflichtbewußtsein. Die Erhabenheit seiner priestergleichen Würde hob ihn zugleich und
lastete auf ihm.
Er spannte all' seine Kräfte an und tat sich
doch kaum je genug. Und wie er selbst nur den Antrieben seines
Pflichtbewußtseins folgte, so setzte er nach der Weise der Idealisten
das Gleiche bei allen Menschen voraus und vertraute weniger auf
den Zwang der Macht und die Lockungen des Eigennutzes, als auf
den sittlichen Aufschwung,
Wie kennzeichnend sind dafür die Friedensbestrebvmgen seiner
ersten Jahre!
In Westeiuopa war es die Kirche, die dem überhandnehmenden Fehdewesen Einhalt zu gebieten suchte. Der von
ihr verkündete Gottesfrieden, der sich von Aquitanien (1040) über
Burgund und Frankreich ausbreitete, setzte außer den hohen Festzeiten für die Passionstage jeder Woche von Mittwoch Abend bis
feingebildet, mit
und Architektur
Montag
erfüllt,
früh kriegerische Gewalttätigkeiten unter kirchliche Strafen. i)
Aufgabe der Friedenswahrung ganz persönaber die Halbheit genügte ihm nicht.
Er wollte das Ideal auf die Erde herabzwingen. Gelang es, die
Massen zu seiner eigenen hohen Auffassung fortzureißen, so gab
es keine Friedenstörung mehr.
Deshalb ging er selbst mit dem
Beispiel voran.
Wenn er während der Konstanzer Synode von
1043 von der Kanzel aus ergreifende Friedensmahnungen an die
Heinrich
lich
ergriff
und mit
diese
voller Inbrunst,
Menge richtete, so vergab er zuerst allen seinen Schuldnern. Bei
der großen Dank- und Bußhandlung nach dem Ungamsiege von
1044 warf er sich als erster barfuß und im härenen Büßerkleide
vor dem mitgeführten Splitter des heiligen Kreuzes auf die Knie,
und wieder folgte eine allgemeine Vergebung. Solche Handlungen
blieben nicht vereinzelt; sie machten im Augenblick starken Eindruck und regten zur Nacheiferung an. Doch wie wenig dauernder Verlaß war auf solche flutenden und ebbenden Gefühlswallungen
der Menge! In Heinrichs späteren Jahren tobten die Fehden wieder
zahlreich in Deutschland.
Diese achtungswerten, jedoch ihr Ziel verfehlenden Friedensbestrebungen sind nun aber charakteristisch für die Persönlichkeit
und Politik des Königs überhaupt. Wie er noch kurz vor seinem
Ende bei einem rein politischen Zwist mit dem Könige von Frankim Zweikampf
reich
*)
Vgl.
sein
Leben
für
das
Reich in die Schanze
Kluckhohn, Gesch. des Gottesfriedens 1857.
§
3.
Heinrich IH. (1039
— 1056).
jg
schlagen wollte, so hat er sich durch die Ehrenhaftigkeit seines
gesamten Wandels, die hohe Richtung seines Geistes und die gewissenhafte Verfolgung seiner idealen Ziele den Anspruch auf unDas Gefühl seines Rechtes gab ihm
bedingte Achtung en^'orben.
auch eine gewisse Zähigkeit und Selbständigkeit; er ist seiner Natur
Aber vertragen sich die Grundsätze christnie untreu geworden.
licher Sittenlehre in dem Maße, wie Heinrich sie übte, noch mit
Durch edelden Forderungen einer erfolgreichen Staatskunst?
mütiges Verzeihen hoffte er so oft seine Gegner zu entwaffnen
imd gab doch nur nutzlos seine Machtmittel aus der Hand. Dazu
die einseitige Starrheit und freudWesens seiner Beliebtheit hindernd in
Seine zweite Gemahlin Agnes von Poitou, die Tochter
traten der schwerflüssige Ernst,
lose Verschlossenheit seines
den Weg.
Wilhelms V. von Aquitanien, bestärkte ihn nur in dieser Richtimg.
Wenn er bei der Vermählung mit ihr (1043) die fahrenden Spielleute, damals nicht imwesentliche Träger der öffentlichen Meinung,
von Hofe wies, so steigerte das gewiß nicht seine Popularität. Je
länger, desto mehr klagte man im Volke über die Unnahbarkeit
Vielleicht haben auch
des Königs und mangelnden Rechtschutz.
die häufigen Krankheiten in seiner zweiten R^erungshälfte seine
Kräfte geschwächt, wie sie ihm zum Verhängnis des Reiches ein
Ende bereitet haben.
Eine Natur wie die Heinrichs III. mußte den kirchlichen
Reformbestrebungen gegenüber eine ganz andere Haltung einnehmen,
als sein Vater.
Jenes Mißverhältnis zwischen den kanonischen
Forderungen und der Wirklichkeit, das Konrad II. geduldet, ja
ausgebeutet hatte, war seiner kirchlichen Gesinnung, seiner Gewissenhaftigkeit unerträglich.
Nur in Reinheit konnte die Kirche
ihre hohen Aufgaben als treue Gehilfin des Staates erfüllen! Auch
hier ging Heinrich persönlich voran. Mit dem ernstlichen Verzicht
auf die Simonie gab er ansehnliche Reichseinnahmen preis.
In
völliger Umkehrung der väterlichen Politik stellte er sofort den
Kampf gegen den unkanonisch abgesetzten Aribert von Mailand
Damit wollte er
ein und erkannte ihn als Erzbischof wieder an.
keineswegs auf seine oberherrlichen Rechte den Bischöfen und
Reichsäbten gegenüber verzichten.
Im Gegenteil, gerade ihre, die
geistliche Befähigung sorgsam berücksichtigende Einsetzung, bei der
er zuerst neben dem Hirtenstabe auch den Ring, das Symbol der
Vermählung mit der Kirche, anwandte, bot ihm die sicherste Handhabe zur Durchführung der Reformen, wie er auch sonst seine
oberherrlichen Befugnisse durch Berufung und Leitung von Synoden, durch eine Fülle kirchlicher Entscheidungen zu dem gleichen
Zwecke geltend machte.
vorzeitiges
-
20
!•
I^ic Zeit
der Salier.
Noch kam es ihm selbst wohl kaum zum Bewußtsein, in
welchem inneren Widerspruche diese seine ganze Rechtsstellung zu
den letzten Forderungen kirchlicher Freiheit stand; und doch
drangen aus den Reihen der Reformer gelegentlich schon vernehmliche Äußerungen an sein Ohr, die eine Trennung von Geistlichem
und Weltlichem begehrten. „Dem Papste sind wir Gehorsam, Euch
Treue schuldig; Euch haben wir über das Weltliche, jenem über
das Geistliche Rechenschaft zu geben", mit diesen Worten bestritt
Bischof Wazo von Lüttich dem Könige das Recht, einen italienischen Erzbischof nach dem Spruche einer deutschen Synode abzusetzen, und wahrte es ausdrücklich dem Papste (1046).
Ein
andres Mal trat in einer stolzen Antwort desselben Bischofs an
den König die hierarchische Überhebung schon deutlich genug zu
Tage: „Zwischen der priesterlichen Weihe und derjenigen, die Ihr
empfangen habt, besteht ein großer Unterschied; die unsrige ist
lebenspendend, die eurige hat den Tod im Gefolge, und je größer
der Vorzug ist, den das Leben vor dem Tode hat, umso höher
ist unsere Weihe erhaben über der eurigen."
In demselben Jahre weigerte sich der neuerwählte Erzbischof
Halinard von Lyon als Mönch, dem Könige den Treueid zu leisten.
Lockerte dieser, als er nachgab, nicht schon das Band der Beamtenabhängigkeit? Es war der große Lebensirrtum Heinrichs III., daß er
glaubte, die Kirche im Sinne der Reformpartei umgestalten und doch
die alte Herrschaft über sie behaupten zu können. Noch verhängnisvoller trat dieser Irrtum in seinem Verhältnis zum Papsttum hervor.
In Rom herrschten seit 1044 die wirrsten Zustände, i) Der
Streit der Adelsparteien hatte zu einem Schisma geführt.
Der
junge, sittenlose Tuskulaner Benedikt IX. war von den Creszentiem verjagt; aber rückkehrend, behauptete er sich gegen den Gegen
papst Silvester III., der sich in sein Bistum Sabina zurückzog. Die
Vorgänge verdarben Benedikt trotzdem die Lust am Amte, er verkaufte es für tausend Pfund Silber an seinen Taufpaten, der sich
nun Gregor VI. nannte. Es war das ein frommer und unbescholtener Mann, der indes die heimliche Simonie nicht scheute, um
die Reformpartei, die ihn unterstützte, erst einmal an das Ruder
Im allgemeinen wußte er sich durchzusetzen. Hatte
zu bringen.
auch der Gegenpapst Silvester kaiun ausdrücklich verzichtet, so
kann man zum mindesten von einem dreiköpfigen Papsttum doch
nicht reden, und Gregor VI. hätte mit Unterstützung des deutschen
Königs unzweifelhaft die allgemeine Anerkennung erlangt.
*)
(1907).
Vgl.
für
das
Folgende Hedwig Kromayer,
Hist.
Vierteljahrschr.
10
§
2,
Heinrich III. (1039
— 1056).
21
Aber Heinrich, der 1046 seinen ersten Romzug antrat und
eine Reformsynode abhielt, wollte die Kaiserkrone nur
aus reinen Händen nehmen und konnte die Kirchenreform nur
Sobald
mit einem vollkommen einwandfreien Papste durchführen.
sich daher die simonistische Schuld Gregors, der mit dem Könige
in Piacenza zusammentraf, herausstellte, war Heinrich entschlossen,
Er lud ihn und seinen Gegner Silvester
ihn fallen zu lassen.
vor die Synode von Sutri (20. Dez. 1046). Dort wurden beide
Gregor wanderte nach Köln in
Päpste für abgesetzt erklärt, i)
die Verbannung, begleitet von seinem Kaplan Hildebrand, dessen
in Pavia
bedeutsamer
Name
hier
zum
ersteimial in der Geschichte auftaucht.
Drei Tage später ward dann auf einer Synode in Rom auch Benedikt, der durch den vmzulässigen Verkauf allein noch nicht
seines Amtes verlustig gehen konnte, abgesetzt, und durch Heinrich
der deutsche Bischof Suidger von Bamberg als KUemens II. auf
den
päpstlichen
Heinrich
die
Stuhl
Würde auch
lichen
gehoben.
Kaiserkrone.
Aus
Wenn ihm
seinen Händen empfing
damals außer der kaiser-
die eines römischen Patriziers übertragen wurde,
so war das zwar nvu: jener uralte Titel,
den schon die Karolinger
geführt hatten, nicht die Bezeichnung eines besonderen städtischen
die Erinnerung der jüngeren Zeiten wies doch vornehmlich auf jene römischen Adligen, einen Alberich und Creszen-
Amtes 2), aber
tius,
hin,
die als Patrizier die Stadt beherrscht
und
die
erste ent-
scheidende Stimme bei der Papstwahl gehabt hatten; dasselbe Recht
An die Stelle der
verband sich auch mit Heinrichs Patriziertitel.
blos tatsächlichen Beherrschung des Papsttums in den letzten Zeiten
trat somit der volle Einfluß auf die Besetzung des heiligen Stuhles,
wie ihn die Ottonen geübt hatten, nicht mehr und nicht weniger!
Ganz wie in den Tagen Ottos d. Gr. konnte das Papsttum nvur
dadurch, daß es aus dem römischen Parteigewirr heraus unter die
Fittiche des Kaisertums trat, zu sittlicher Höhe vmd imiversaler
Bedeutung emporsteigen. Damit schien die kaiserliche Oberherr-
schaft aufs neue dauernd befestigt.
Aber die Idee des Papsttums widerstrebte solcher Abhängigund je reiner sie gerade infolge der Kircheiu-eform in die Erscheinung trat, desto stärker wuchs der Drang nach Befreiung. Es
ist
nicht richtig, daß erst Heinrichs Tod die Machtverschiebung
zwischen Kaisertum und Papsttum bewirkt habe; schon zu seinen
keit,
')
die
ist
Die Angabe späterer Quellen, daß bei Gregor VI.
kanonischen Forderungen
die
Form der
in Rücksicht auf
Selbstabsetzung angewandt sei,
sehr zweifelhaft.
')
Das war
Könige, 1888.
die .\nnahme L.
v.
Heinemann's, Der Patriziat der deutschen
22
!•
Lebzeiten
hat
sie
IJie Zeit der Salier.
langsam angebahnt, und er
sich
selbst hat sie
Verkennung schlummernder Gefahren. Solche Verkennung mochte begreiflich sein im
Rückblick auf die Schwäche des tuskulanischen Papsttums und bei
der Einmütigkeit des gegenwärtigen Zusammenwirkens; ein verhänggefördert durch unbedachte Zugeständnisse, in
nisvoller Irrtum blieb sie gleichwohl.
Die kurzen Pontifikate der beiden ersten deutschen Päpste,
einsetzte, sind bemerkenswert durch den deutschen
die Heinrich
Einfluß,
der sich
nun
allenthalben in
Rom,
insbesondere in der
Dann aber begann
der kühne Aufstieg des Papsttums mit Leo IX. (1048
54). Man
kann sagen, daß er
weim auch stets in freundschaftlichster
päpstlichen Kanzlei, bessernd geltend machte.
—
—
Übereinstimmung mit
seinem
Vetter
kaiserlichen
—
doch recht
Fundament für diesen Aufstieg bereitet hat.
Bischof Bruno von Toul war eine glänzende Erscheinung,
liebenswürdig und gewinnend, von packender Redegabe, hinreißendem Schwung und unermüdlicher Spaimkraft.
Schon in seiner
lothringischen Heimat hatte er an den kirchlichen Reformbestrebungen eifrigen Anteil genommen; jetzt standen sie im Mittelpunkt
seines päpstlichen Wirkens.
Durch einen feinen Zug betonte er
gleich im Beginn die Selbständigkeit seines Amtes.
Nicht der
kaiserlichen Ernennung, sondern der nachträglichen Wahl durch die
eigentlich das
Römer
wollte er seine
Würde
verdanken.
Was
er für die Bischöfe
auch für das Papsttum gelten, der WahlhandIvmg maß er statt der rein formalen Bedeutvmg wieder einen tatsächlichen Inhalt bei.i)
Es war eine erste leise Andeutung der
künftigen Loslösung, und es stand ganz damit im Einklang, daß
aus den päpstlichen Urkunden hinfort die Datierung nach KaiserHeinrich achtete des nicht weiter.
jahren schwand.
Zu der Selbständigkeit des Papsttums trat die Universalität.
Für die erweiterten Aufgaben schuf Leo das Kardinalskolleg um.
Zu den Geistlichen Roms und den Bischöfen des Patrimonituns
erstrebte,
das
sollte
traten jetzt zuerst hervorragende Ausländer,
namentlich Lothringer
und Franzosen, reformeifrig, frei von den Einflüssen des römischen
Adels und kundig der transalpinischen Verhältnisse.
So tauchten
mm
als Ratgeber des Papstes die großen
nachfolgenden Kämpfen eine bedeutende
Lothringer Friedrich, Humbert und Hugo
Deutschland nach Italien zurückgekehrte
als Subdiakon einen hervorragenden Anteil
lichen Finanzwesens gewann.
*)
Haucks Anzweiflung
Gestalten auf, die in den
Rolle gespielt haben, die
Candidus, sowie der aus
Mönch Hildebrand, der
an der Leitung des päpst-
dieses Vorgangs scheint mir nicht überzeugend.
§ 2. Heinrich HI. (1039
— 1056).
23
Mit solchen Hilfskräften und der lebhaften Unterstützung des
nun eine eifrige, fast stürmische Reformtätigkeit, die,
Tage Heinrichs II. anknüpfend, eine Durchführung
der Beschlüsse gegen Simonie und Priesterehe und eine allgemeine
Säuberung der Geistlichkeit zum Ziele hatte. Der Papst beschränkte
sich nicht auf Italien; sechsmal während der kvirzen Jahre seines
Pontifikats hat er die Alpen überstiegen; aller Orten sammelte er
den Klerus vun sich zu Synoden oder eindrucksvollen Kirchenfesten, er selbst in beständiger Bewegung und in alle kirchlichen
Kaisers begann
an die
letzten
Verhältnisse
straff
eingreifend,
anziehend, von
die Abhängigkeitsbande
dem an weitgehende
der Metropoliten
Selbständigkeit
gewöhnten
deutschen und französischen Episkopat daher nicht ohne Mißtrauen
betrachtet, aber vom Mönchtum und den Volksmassen umjubelt. So
dem Papsttum allenthalben vmwägbare Werte und legte den
Grund zu einem wahrhaft allgemeinen und tätigen Kirchenregiment
Aber neben den geistlich-universalen Bestrebimgen eines Silvester II. nahm Leo IX. doch auch die weltlich-nationalen Ziele
schuf er
eines Benedikt VIII.
in
Süditalien wieder
stand offenbar der Gedanke,
auf.
daß nur eigne
Im
Hintergrunde
staatliche
Macht dem
Die auftauchende Erinnerung an die konstantinische Schenkung war ein Merkzeichen
solcher Bestrebimgen. Sie führten Leo zum Kampfe mit den südPapsttvmi
die
Selbständigkeit
gewährleiste.
Normannen. Diese hatten imter der Oberlehnsherrschaft
des Fürsten von Salemo von ihrer Grafschaft Aversa aus Apulien
erobert Die Tage des Griechentums in jenen Gegenden waren gezählt.
Heinrich HL hatte auf seinem Romzuge in diese verwickelten Verhältnisse nur vorübergehend eingegriffen, und es fragte sich, ob die
immittelbare Unterordnung der normannischen Herrschaften unter das
Reich, die er zu Ungunsten von Salemo verfügte, ersprießlich war,
denn aus der Feme waren diese imruhigen und ehrgeizigen Abenteurer doch nicht im Zaum zu halten. Schon begann Robert Guiscard die Erobemng von Kalabrien.
Dem Papste war die fortschreitende Vernichtung des Griechentums an sich willkommen genug, denn damit mußten der römischen
Kirche hier neue Provinzen zuwachsen.
Aber mit der kirchlichen
versuchte er die politische Ausdehnung zu verbinden, und dieser
setzten sich die Normannen bei aller Ergebenheit rücksichtslos entDer Streit entbraimte um Benevent. Diese Stadt huldigte,
gegen.
um sich vor den Bedrückungen der Normannen zu schützen, dem
Die ganze
Papste (105 1), der die Gelegenheit begierig ergriff.
italischen
Selbständigkeit seiner Politik neben der kaiserlichen trat darin her-
daß er den Versuch machte, diesen Reichsbesitz im Zusammenwirken mit den Griechen für das Papsttum zu erobern. Als indes
vor,
24
!•
das päpstliche Heer vor
I^ic Zeit
der Salier.
dem Kampfe
auseinanderlief (1052), war
an den Kaiser nach Deutschland zu
ihrer persönlichen Abmachungen war merkwürdig genug. Anstatt dem Papste wegen der eigenmächtigen Verletzung von Reichsrechten zu zürnen, zeigte sich Heinrich zur Förderung seiner Pläne bereit. Gegen deutsch-kirchliche Zugeständnisse,
insbesondere Verzicht auf die direkte päpstliche Hoheit über Bamberg und Fulda, trat er ihm Benevent ab und rüstete zu dessen
Sicherung ein Reichsheer.
So völlig fem lag ihm der Gedanke,
die Politik der Kurie könne sich auch einmal feindlich gegen das
Kaisertum wenden. Erst die entschiedene Opposition der deutschen
Bischöfe mit Gebhard von Eichstätt an der Spitze, die, an sich
schon mißtrauisch gegen Leos hierarchisches Walten, einer Verwenwendung von Reichsmitteln für fremde Zwecke widerstrebten, bestimmte den Kaiser, den größten Teil seiner Truppen zurückzurufen.
Aber Leo hielt sich für stark genug, auch mit seinen eignen
Mannschaften zum Angriff zu schreiten. Das Ergebnis war die
Leo doch gezwungen,
wenden. Das Ergebnis
sich
völlige Niederlage bei Civitate (1053).
Der Papst selbst geriet in
normannische Haft imd sah sich gezwungen, seine süditalischen Pläne
fallen zu lassen.
Als Schwerkranker in Freiheit gesetzt, starb er
alsbald in Rom (1054).
Der erste Versuch zur Aufrichtung einer
päpstlichen Herrschaft über Süditalien war gescheitert, trotzdem
richtunggebend.
Vor der Schlacht hatten die Normannen
Papste das Anerbieten gemacht, alle eroberten kirchlichen Be-
blieb er
dem
sitzungen von ihm gegen Tribut zu Lehen zu nehmen.
In allzugroßem Kraftgefühl hat Leo das damals abgelehnt. Aber diesem
Vorschlage gehörte die Zukunft; so sollte das Papsttum doch, wenn
auch in andrer Form, im Süden eine Stütze für seine Selbständigkeit gewinnen.
Noch war indes an Unabhängigkeit vom Kaisertum nicht zu
denken. Der Begünstigung Heinrichs hatte Leo IX. doch in erster
Linie seine Erfolge verdankt, und er hatte dafür mit kirchlichen
Mitteln die kaiserliche Politik mannigfach unterstützt. Das vielleicht
allzu rasche Selbständigkeitstreben des Papsttums erfuhr sogar zunächst einen gelinden Rückschlag, denn Heinrich erhob nach längerer
Vakanz gerade den Führer der deutschen Bischofsopposition, Gebhard von Eichstätt, als Viktor IL (1055
nicht
57) zum Papste,
zur Zufriedenheit der Hauptratgeber Leos. Indessen, mochte Gebhard glauben, sich nur so eine Stellung in Rom schaffen zu können,
oder hielt er eine Befestigung den Normannen gegenüber für nötig,
er machte eine umfassende Herstellung aller entfremdeten Besitzungen
des h. Petrus geradezu zur Bedingung der Übernahme des Papst-
—
—
—
tums und hat
in
den nächsten Jahren
eifrig
dafür gewirkt.
Wenn
§
er überdies die
von
Fermo
Ämter
mit
Heinrich HT. (1039
2.
eines
seiner
— 1056).
25
Herzogs von Spoleto und Markgrafen
kirchlichen
Würde
vereinigte
und so
in
bedeutende Machtstellung einnahm, so war das
allerdings ein rein persönlicher Vertrauensposten im Dienste des
Kaisers, jedoch für zukünftige Ansprüche vielleicht nicht ganz imbeMittelitalien
eine
denklich.
Immerhin zeigten diese letzten Vorgänge, daß Heinrich die
Zügel noch in der Hand hatte.
Die Reichskirche hielt er nach
wie vor in straffer Abhängigkeit, durch das Einsetzimgsrecht
vermochte er in kurzen Zwischenräumen stets seinen Einfluß auf
das Papsttum zu erneuern.
So lange er lebte, drohte von dieser
Seite kaum eine unmittelbare Gefahr.
Aber er hat das Papstttmi
doch zur Macht gehoben; noch N^-uchs es ihm nicht über den Kopf,
aber doch bis zur Schulterhöhe, imd einen kindlichen Nachfolger
mußte es bereits überragen. Allzusehr durchdrungen von der Harmonie zwischen Kaisertum und Papsttiun imd allzu zukunftsicher,
hat Heinrich HI. in seiner Kirchenpolitik doch ein gefährliches
Spiel gespielt. Durch seinen unzeitigen Tod ging es zvun Verhängnis
Deutschlands verloren!
Auch für seine sonstige innere Politik bildete das Verhältnis
zur Kirche den Angelpunkt.
Die Vergabimgen an sie waren nach
dem Stillstande unter Konrad H. aufs neue im Wachsen; die deutschen
Bischöfe waren wieder die hauptsächlichen Vertrauensmänner imd
Verwaltungsbeamten der Regierung. Wie, wenn die Reformer einmal diese Doppelstellung als unkanonisch verwerfen würden? War
alsdann für andre Stützen der Reichsverwaltung gesorgt ? Man kann
kaum sagen, daß Heinrich die väterliche Politik nach dieser Richtung hin sorgsam weiter gepflegt habe.
Das Emporsteigen des
Ministerialenstandes und das Aufblühen der westdeutschen Städte
setzte sich zwar ohne viel Zutun von oben fort. Auf die Mehrung
des unmittelbaren königlichen Besitzes aber verwendete Heinrich
bei weitem nicht die stete Sorgfalt des Vaters.
Durch den Verzicht auf die simonistischen Abgaben der Geistlichen sah er sich
gezwungen, die weltlichen Reichsbeamten und Lehensträger bei ihrer
Einsetzung zu ähnlichen Zahlungen heranzuziehen, die ihm dann
wohl den Vorwurf der Habsucht eintrugen. Überhaupt war das
ganze kirchenfreundliche Regiment wenig nach dem Sinne des Laienadels, den sich Konrad H. diesseits und jenseits der Alpen eng zu
verbinden gesucht hatte.
Die Unzufriedenheit dieser Kreise wuchs
in allen Teilen des Reiches.
Im Anfang war nun freilich Heinrichs Machtstellung überwältigend.
Aber die drei heimgefallenen
Herzogtümer Bayern, Schwaben und Kämthen gab er noch in den
vierziger Jahren aus der Hand. Bei dem weitausgedehnten Pflichten-
26
!•
Die Zeit der
Salier.
mochte ja eine unmittelbare Beherrschung dieser
Herzogtümer, namentlich der von den Ungarn bedrohten: Bayern
imd Kämthen, in der Tat schwer durchführbar sein, aber die stammfremden Männer, die Heinrich auswählte, um durch sie den unruhigen einheimischen Adel im Zaum zu halten, enviesen sich nicht
durchgängig als zuverlässig.
So ward Heinrichs Geschick dadurch
fast zu einem tragischen, daß er bei allem Friedenstreben in immer
neue innere Kämpfe verwickelt ward.
Ihre Hauptstätten fand die wachsende Unzufriedenheit in den
beiden Herzogtümern, die dem Kaiser noch am selbständigsten
Dort ward sie
gegenüberstanden, in Sachsen und Lothringen.
bedeutsam erst für die Zukunft, hier bereits gefährlich in der
kreis des Kaisers
Gegenwart.
Zu Sachsen hatte Heinrich besonders nahe Beziehimgen. Hat
er auch nicht, wie Nitzsch meinte, den ernstlichen Plan verfolgt,
Goslar zu seiner festen Residenz zu machen, so hat er doch den
Bau der neuen Pfalz begonnen und mit Vorliebe dort geweilt.
Schon dieses Streben, auf Grund der alten ottonischen Besitzungen
die Stellung des salischen Hauses in jenen durch die beginnende
Ausbeutung der Harzer Silberschätze an Wert steigenden mitteldeutschen Landschaften zu befestigen, mußte den sächsischen Adel
mit Mißtrauen erfüllen.
Ein weiteres Moment des Zwiespalts ergaben die nahen Beziehungen des Kaisers zu Erzbischof Adalbert
von Bremen.
Kaum eine andre Persönlichkeit jener Zeit steht so lebendig
vor uns, wie der thüringische Grafensohn, der 1045 (1043?) von
Heinrich auf den Bremer Erzstuhl gehoben ward, denn die feine
Feder Meister Adams i) hat ihn uns am Leben erhalten, diesen
schönen, reichbegabten, zum Fürsten geborenen Mann mit seinem
kühnen, hochfliegenden Geist, voll Hingabe an die große Sache,
die er erwählt, und doch von ungemessenem Ehrgeiz und reizbarem
zugleich und weltfreudig, großzügig und eitel.
der Bremer Kirche sein ganzes reiches Erbgut von zweitausend Bauernhöfen schenkte, wie er die päpstliche Würde, die ihm
der Kaiser anbot (1046), ausschlug, weil er von seinem Erzbistum
eine bessere Meinung hegte, so hat er sein Leben lang mit allen
Kräften an der Erhöhung der hamburgisch-bremischen Kirche geStolze,
Wie
phantastisch
er
ihres geistlichen Einflusses und an dem
Macht, energisch vmd unermüdlich, aber
arbeitet,
an der Erweiterung
Ausbau
ihrer
weltlichen
Von Neueren vgl. über Adalbert: Dehio, Gesch. des
*) Vgl.
S. 30.
Erzb. Hamburg-Bremen I (1877), jetzt im einzelnen zu übertreffen; R. Müller,
Stader Progr. 1885, Haucks Darstellung u. v. Schubert, Kirchengesch. Schleswig-Holsteins I (1907), 81 ff.
§
2.
Heinrich in. (1039
— 1056).
27
auch sprunghaft und gewaltsam, mit Überspannung der Kräfte und
darum auf die Dauer nicht ohne Rückschläge und Mißerfolge.
Die Geschichte der deutschen Beziehungen zum Norden ist
mit der überragenden Figur Adalberts auf das engste verknüpft.
Die alten Missionsbestrebvmgen in dieser Richtimg nahm er in
Umfange und mit dem lebhaftesten Schwünge auf. Der
große Erfolg ward in dem nahen, weitausgedehnten Wendenstaate des Christ gewordenen Abotritenfürsten Gottschalk errungen;
die dort neugegründeten Bistümer Mecklenburg imd Ratzeburg
wurden der bremischen Metropolitangewalt unterstellt.
Von da
strahlte die Wirkung weiter in die benachbarten Wendenlande.
Auch in den nordgermanischen Reichen, insbesondere in Dänemark, schien sich der bremischen Kirche bei dem Zerfall der Großmacht Kanuds eine bedeutende Aussicht zu bieten; aber die festere
nationale Geschlossenheit der Staaten drängte hier nach kirchlicher
Selbständigkeit.
Aus dem Wunsche, dieses unaufhaltbare Streben
mit den kirchlichen Hoheitsansprüchen Bremens zu vereinigen, er>*aichs in Adalbert der Plan, ein nordisches Patriarchat zu begründen,
das sich als eine hierarchisch übergeordnete Gewalt über die nordischen Landeskirchen erheben und dem bremischen Inhaber die
Möglichkeit gewähren sollte, selbst Erzbischöfen zu gebieten.
die Notwendigkeit dieser Rangerhöhung nach den kanonischen Vorschriften Pseudoisidors darzutun, vermehrte Adalbert die Zahl der
bremischen Suffraganbistümer über die wirklichen Bedürfnisse hinaus
auf zwölf.
In Rom hatte er mit seinem Plane indes nur einen
halben Erfolg. Man schätzte seine Missionsleitung und Organisationskraft hoch, lieh ihm die nötige Rückendeckung \md kargte nicht
mit Ehrenvorrechten, wie dem Titel eines Legaten, ja eines päpstlichen Vikars.
Aber eine dauernde, nicht nur auf persönlicher
Verleihung, sondern auf eigenem Rechte beruhende Mittelsgewalt
zwischen Rom und den nordischen Kirchen hier neu zu schaffen,
würde doch der ganzen absolutistischen Richtung der päpstlichen
Politik allzusehr widersprochen haben. So blieb der Plan unausgeführt
Indes die immer weiter ausgreifende Wirksamkeit Adalberts
wurde dadurch kaum eingeengt. Weit über Skandinavien hinaus,
bis nach Finnland, den Orkneyinseln, Island und Grönland zogen
die bremischen Missionare und schufen kirchliche Organisationen
unter bremischer Oberleitimg.
breitestem
erste
Um
Diese reiche Wirksamkeit im Auslande bedingte eine starke
Machtgrundlage daheim.
Adalbert beschränkte sich da nicht nur
auf die En^'eiterung und straffe Vereinigung des Kirchengutes der
bremischen Diözesen in seiner Hand, sondern er suchte möglichst
viele Grafschaften seines Sprenels an sich zu bringen, um so eine
28
!•
I^ie Zeit der Salier.
sie in
kleinerem
Umfange etwa der Bischof von Würzburg im Laufe der
Wie sehr aber lief ein solches Streben den
lich erlangt hat.
Zeit wirk-
ähnliche, herzoggleiche Stellung einzunehmen,
wie
Interessen
des sächsischen Laienadels, insbesondere der billungischen HerzogsUnd bei der einflußreichen Vertrauenstellung,
familie entgegen!
die Adalbert beim Kaiser einnahm, richtete sich die Unzufriedenheit
nun auch gegen Heinrich. Schon als dieser 1047 den Erzbischof
auf seinem Gute
Lesum
bei
Bremen
Opfer eines Attentats geworden,
Bruder des sächsischen Herzogs!
Mißstimmung, die seitdem im
besuchte,
—
wäre er
fast
das
und der Verbrecher war ein
Das war ein Merkzeichen der
Stillen
weiterfraß,
aber zu
einem
offnen Ausbruch hier vorerst noch nicht führte.
Dagegen hatte der Kaiser nahezu während seiner ganzen
Regierung fast ununterbrochen mit dem Herzog Gottfried von Oberlothringen zu kämpfen,
dem
er
das
vom
Vater besessene Nieder-
lothringen verweigert hatte (1044). Die Grenzlage des Herzogtums,
für den Kaiser um so unbequemer, als ihn die seit 1046 wieder
ausgebrochenen ungarischen Kämpfe in die entgegengesetzte Richtung
wiesen, die offene Hülfe des nie bezwungenen Flandern, die heimliche Gunst des französischen Königs, der nur vorübergehend umgestimmt wurde, der Mangel einer Reichsflotte, den man einmal
(1049) S^^ durch die Hülfe des Auslandes, dänische und englische
zu ersetzen versuchte, alles das machte diese fortgesetzten
Erhebungen für Heinrich höchst unangenehm. Statt den unversöhnlichen Gegner zu vernichten, nahm er mehrfach seine Unterneue
werfung an, um ihn nach kurzer Zeit zu begnadigen und
Enttäuschungen zu erleben.
Geradezu bedrohlich für das Reich ward dann die Vermählung
Gottfrieds mit der Witwe des Markgrafen Bonifaz von Tuszien
Schiffe,
—
(1054), die durch die weitverbreiteten Eigengüter und Lehen ihres
Hauses Canossa und das auf sie übergegangene tuszische Reichs-
Gemahls eine bedeutende Machtstellung in MittelDiese von der Kurie vielleicht insgeheim
geförderte Verbindung zwang den Kaiser zu seinem zweiten Romzuge (1055). Sein entschlossenes Vorgehen blieb nicht ohne Erfolg.
Durch Begünstigung der Städte gewann er kräftigen Rückhalt, Beatrix
und ihre Tochter Mathilde gerieten in seine Haft. Aber Gottfried
selbst hatte sich schon vorher nach Deutschland geworfen, und der
dort aufs neue entfachte Aufstand erwuchs noch einmal zu einer
ernsten Gefahr durch die Verbindung mit der süddeutschen Op-
amt
und
ihres ersten
Norditalien einnahm.
position.
Die von Heinrich selbst eingesetzten Herzöge Konrad von
Bayern und Weif HL. von Kämthen hatten sich als durchaus un-
§
zuverlässig enÄiesen.
2.
Heinrich HI. (1039
— 1056).
20
Möglichen^'eise waren es die engen Beziehungen
des Kaisers ziun bayrischen Episkopat, die Herzog Konrad schon
Er ward abgesetzt und
1052 zur Empörung getrieben hatten.
flüchtete nach Ungarn, um von dort aus den Kampf fortzuführen.
Wie wenig hatte doch hier im Südosten die scheinbar so
glänzende Machtausdehnung des Reiches lun die Mitte der vierziger
Jahre in Wirklichkeit bedeutet! Schon 1046 war König Peter, der
Schützling und Vasall Heinrichs, durch eine deutschfeindliche Reaktion gestürzt worden, und mit dem Nachfolger Andreas begann
Als schon ein für das
bald \v-ieder der alte Grenzkrieg (1050).
Reich günstiger Friede in Aussicht stand (1053), entfachte der
flüchtige Bayemherzog die Kriegsgluten aufs neue, in denen nun
die ganzen Errungenschaften aus den ersten Jahren von Heinrichs
Regierung zu Asche verbrannten.
Der Herzog selbst aber zettelte während des Kaisers Romzug
eine weitverzweigte Verschwörung an, die Heinrich Thron imd Leben
Die
kosten und ihn selbst auf dessen Platz heben sollte (1055).
Kunde davon zwang den Kaiser zu sofortiger Rückkehr, vmd ntm
Der unvermutete Tod der
lächelte ihm noch einmal das Glück.
beiden Hauptverschworenen Weif und Konrad vernichtete die
Auch Gottfried von Lothringen
Machenschaften seiner Feinde.
unterwarf sich, und trotz allem, was geschehen, begnadigte ihn
Heinrich und entließ auch seine Gemahlin aus der Haft.
Gegen
ein Treueversprechen, das nach den bisherigen Erfahnmgen im
Ernstfälle federleicht wog, erkannte er jetzt die bedenkliche lothringisch-tuszische Verbindung an. War es eine Vorahnimg des Todes,
Entgegenkommens nahelegte P^)
von durchgreifender Strenge
nur neue Unruhen befürchten ließ? Im Gnmde war doch auch
die
War
ihm
die
NotA^'endigkeit
eines
es ein Gefühl der Schwäche, das
der ureigensten Natur Heinrichs
Lebensanschauung.
Feindlichen Trotz zu
brechen, aber dann durch überreiche Gnade die Herzen zu gewinnen, das war hier, wie so oft, sein menschlich großes, aber
staatsmännisch überaus bedenkliches Bestreben.
So war er, obwohl er manchem sich zu seinen Ungunsten
entwickelt zu haben schien, doch wohl derselbe geblieben, der er
im Anfang gewesen war; aber das Reich war nicht mehr ganz das
dieser Entschluß nur ein Ausfluß
und
seiner
Die
christlichen
Beschaffenheit unsrer Quellen läflt hier, wie auch sonst in
Regierung, so manches dunkel. Daß die Entscheidung tu den
letxtwilligen Verfügungen des Kaisers gehörte, möchte ich um deswillen nicht
annehmen, weil die Begnadigung Gottfrieds noch am Rhein erfolgt su sein
scheint, und die Entlassung seiner Gemahlin doch wohl im Zusammenhang
*)
Heinrichs
mit ihr stand.
30
I.
gleiche,
hatten
Die Zeit der
Salier.
Wohl
wie er es von seinem Vater übernommen hatte.
gerade die letzten Jahre bewiesen, daß der Kaiser noch
Gewalten gewachsen war, und von einer ernstnoch nicht reden.
Aber nicht zum wenigsten durch die Fehler seiner Politik waren
alle jene Gewalten emporgekommen, deren furchtbarer Zusammenschluß seinem Nachfolger Verderben bringen sollte: die Opposition
des sächsischen und süddeutschen Laienadels, die lothringisch-tviszische Verbindung, das zur Selbständigkeit schreitende Papsttum,
allen gegensätzlichen
lichen Erschütterung seiner Machtstellung ließ sich
Normannen.
Mißstimmung und Unfriede waren im Reiche weitverbreitet,
als Heinrich, der noch nicht das vierzigste Jahr vollendet hatte, in
seiner Pfalz Bodfeld im Harz auf den Tod erkrankte. Mit schwerer
Sorge gedachte er da der Nachfolge seines erst sechsjährigen Söhnchens. Schon hatten diesen die Fürsten zum König gewählt (1053),
aber, wie uns berichtet wird, ihren künftigen Gehorsam von der
die süditalischen
Voraussetzung eines gerechten Regiments abhängig gemacht. Eben
man einem Konrad II. gegenüber schwerlich
gewagt haben würde, ein Moment der Unsicherheit enthielt, verpflichtete Heinrich auf seinem Sterbebett die gerade anwesenden
Fürsten durch eine Wiederholung der Wahlhandlung aufs neue. Dem
Papste Viktor II., der als Bischof von Eichstätt daran teilnahm,
empfahl der Kaiser seinen Knaben zum besonderen Schutze. Noch
einmal verzieh er allen seinen Feinden und erbat ihre Vergebung
für seine Schuld. Dann trat der Tod ein (5. Okt. 1056). Deutschland stand an einem Wendepunkt seiner Geschicke.
weil diese Klausel, die
§ 8.
Das Reich während der Minderjährigkeit
Heinrichs IV. (1066—1065).
Nach dem bald
Viktor
II.
erfolgenden
(1057) sah sich Agnes,
Tode des päpstlichen
die Witwe Heinrichs
Regentin vor eine ihre Kraft weit übCTSteigende Aufgabe
Ängstlich
und
unsicher,
ohne
politisches
Urteil,
Beraters
III.,
als
gestellt.
persönlichen
An-
schwaches Weib,
hat sie durch ihr energieloses Walten künftiges Unheil vorbereiten
helfen. Die Männer, die sie in Süddeutschland zu Herzogen erhob,
der Burgunder Rudolf von Rheinfelden in Schwaben, der Sachse
Otto von Nordheim in Bayern der Schwabe Berthold von Zähringen
in Kämthen, sollten sich bald genug als die gefährlichsten Gegner
Die Günstlingswirtschaft am Hofe, die Fürder Krone erweisen.
sorge für die Reichsklöster, die Mißerfolge der großen Politik steigerten
trieben folgend,
voll
kirchlicher Ergebenheit,
ein
§
3-
die
Das Reich während der Minderjährigkeit Heinrichs IV. (1056
Unzufriedenheit
führten zu
dem
der
— 1065).
^i
und weltlichen Großen und
von Kaiserswerth (1062), der mit der
geistlichen
Staatsstreich
Person des königlichen Knaben zugleich das Reichsregiment in die
Hand der Fürsten gab und die Kaiserin veranlaßte, sich in das
langersehnte Kloster zurückzuziehen.
Ein Jahr lang war nun Erzbischof Anno von Köln tatsächlich
alleiniger Regent, der Hauptrivale Adalberts von Bremen, stolz und
herrisch
xn-ie
dieser,
ebenso
auf
die
Erhöhung
seiner Kirche
seines persönlichen Einflusses bedacht, z-wischen Reichsregierung
und
und
Kurie eine selbständige Mittelstellung erstrebend, die unhaltbar war,
im ganzen doch enger, kurzsichtiger, phantasieloser, als Adalbert,
der schon durch seine weltfrohere glanzvollere Lebenshaltung den
jungen König mehr für sich einzunehmen wußte, und daher bald
Als dann Anno
(1063) mit dem Kölner um die Macht rang.
durch den kirchenpolitischen Streit nach Italien geführt wurde ( 1 064),
und der mündig gewordene König (1065) sich noch enger an den
Bremer Erzbischof anschloß, begann für Adalbert die kurze Glanzzeit
seines ausschließlichen Einflusses auf die deutsche Regierung.
er sich nun, wie die sächsische Parteilegende will, Heinrichs
Daß
Gunst
indem er dessen schlechten Neigungen frönte, ist
ebenso unrichtig, wie die auf Nitzsch zurückgehende Meinung
neuerer Forscher, Adalbert habe wieder einen großen nationalen
gesichert habe,
Zug
in die Reichspolitik gebracht
lichen Stärkung der
Krone
und
planvoll
eines glücklichen Feldzuges gegen
an
einer wirtschaft-
den Ruhm
Ungarn davon, der den deutschen
gearbeitet.*)
Wohl
trug er
Einfluß auf das Nachbarreich vorübergehend herstellte (1063), wohl
sein persönlicher Nutzen mit dem der Krone, die ihm in Sachsen
lief
umfangreiche Rechte imd Besitzungen zugestand, eine weite Strecke
zusammen, wohl förderten seine eben damals großartig betriebenen
Patriarchatspläne die Beziehungen des Reiches zu den nordischen
Ländern.
Aber als das Interesse des Königtums einen Romzug
zur Erwerbung der Kaiserkrone erheischte (1065), widerriet Adalbert,
im wesentlichen doch wohl aus Eifersucht gegen Anno, den Erzkanzler für Italien, und der Versuch einer Aufteilung der wohlhabenden Reichsabteien unter die Bischöfe, unter denen er sich
selbst ganz besonders bedachte, hätte bei völliger Durchführung geradezu den Hauptlebensnerv der Reichsgewalt unterbunden. Ebendiesen
Plan nutzte die über die Bevorzugung eines Einzelnen mißvergnügte
Fürstenaristokratie zum Sturze Adalberts; auf dem Tage von Tribur
(1066) ward Heinrich gezwungen, seinen Ratgeber schimpflich zu
entlassen, und nun erhoben sich dessen Gegner in Sachsen und
*)
Vgl.
Meyer
v.
Knonau Jahrb.
I,
695
ft
I.
32
Die Zeit der
Salier.
wußten das Gebiet der bremischen Kirche auf kaum ein Drittel
Der heidnisch-slawische Rückschlag
aber, der nun bei den Abotriten und andern rechtselbischen Slawenseines Urafangs zu beschränken.
erfolgte, brachte dem Reiche wie dem Christentum die
schwersten Schädigungen.
Nach innen und außen erinnerten so die Zustände an die
Was aber den Vergleich sehr zu
Zeiten der Kindheit Ottos III.
stämmen
Ungunsten des jungen Heinrich IV. entschied, war die inzwischen
dem Jahrzehnt seit
reißende Fortschritte gemacht hatte.
Viktors II. hatte sich die Reformpartei mit
vollzogene Machtbefreiung des Papsttums, die in
dem Tode
Heinrichs
Nach dem Tode
III.
dem
Lothringer Stefan IX. (1057
sein
Bruder
—
58) zuerst in den Sattel gesetzt;
Herzog Gottfried von Lothringen sollte durch seine
mittelitalische
Machtstellung dem Papsttum die Selbständigkeit
gewährleisten. Indes bei seiner kurzen Dauer kam diesem Pontifikat
nur programmatische Bedeutung zu. Dann vermochten die Reformer
gegen einen Vorstoß des römischen Adels ihre Herrschaft nur durch
erneute Anlehnung an die Reichsregierung zu sichern, indem sie
die Zustimmung der Kaiserin für ihren Kandidaten einholten. Der
Name Nikolaus IL, den er sich gab, war mit seiner Erinnerung
an den großen Papst des neunten Jahrhunderts ein Programm, und
die kurzen drei Jahre dieses Pontifikats sind nun allerdings durch
Zielsetzung, Festigung und Rüstung für die Geschichte des Papsttums hochbedeutsam geworden.
In seine Anfänge fällt die Schrift des Kardinals Humbert
„Gegen die Simonisten", in der die letzten Ziele der kirchlichen
Reformpartei zuerst unverhüllt ausgesprochen wurden, wohl die
hervorragendste publizistische Leistung der ganzen Zeit.^)
Da ward nicht nur die Simonie als Ketzerei und jede Weihenspende
durch Simonisten als ungültig erklärt, sondern vor allem der Begriff der
Simonie ausgedehnt auf die Erteilung eines kirchlichen Amtes durch Laien
oder an Laien.
So sollte das gesamte Kirchengut herausgehoben werden
aus der Verfügungsgewalt der weltlichen Grundherren, eine völlige Umkehrung
des bisherigen Rechtszustandes, die am empfindlichsten die deutsche ReichsOffen wurde ausgesprochen, die Schändung der junggewalt treffen mußte.
fräulichen Reinheit der Kirche durch die Einmischung der Laien habe mit
den Ottonen begonnen, die Investitur von Geistlichen durch Laienhand mit
den kirchlichen Symbolen Ring und Stab sei verwerflich und nichtig, wie
Nur ein Konsensrecht bei
viel mehr jetzt gar durch die Hand einer Frau!
den Bischofswahlen wurde der weltlichen Gewalt zugestanden, jeder weitere
Anspruch zurückgewiesen; nicht mehr Reform, sondern Befreiung der Kirche
ward die Losung, und zu ihrer Durchführung wurde bereits die Revolutionierung der Volksmassen gegen die Fürsten ins Auge gefaßt. Da aber eine
völlige Trennung von Geistlichem und Weltlichem bei dem Ineinandergreifen
J)
Vgl.
M. G. LibeUi de
lite
I,
155.
§
3-
Das Reich während der Minderjährigkeit Heinrich» IV. (1056
— 1065).
^^
beider Kreise aussichtslos erschien, so führte eine wahre Befreiung der Kirche
Das Priestertum ward
lu ihrer Überordnung über die weltlichen Gewalten.
der leitenden Seele, das Königtum dem gehorchenden Körper verglichen. So
gelangte man gleich im Anfemge in der Verfolgung der kirchlichen Freiheit
xur kirchlichen Herrschaft.
Noch mochten sich die maßvolleren Reformer, wie der zum
Kardinal erhobene Petrus Damiani^), keineswegs zu so weitgehenden,
den Frieden der Welt bedrohenden Schlußfolgerungen bekeimen;
aber die radikalere Gruppe, die sich nun ganz auf den Boden
dieses mit eindringlicher Schärfe entwickelten
wann
die Führung, allen voran der
der römischen
Programms
vom Subdiakon
stellte,
ge-
ztmi Archidiakon
Kirche emporsteigende Hildebrand.
Das
„scharf-
Auge" des Papstes nannten ihn wohl die Freimde; „er
fütterte seinen Nikolavis im Lateran wie einen Esel im Stalle"
meinte ein Gegner. Von nun ab hielt er imimterbrochen das
R^;iment der Kurie in Händen bis zu seinem eignen Pontifikat.
Gleich die Lateransynode von 1059 zeigte in ihren Reformbeschlüssen den Einfluß von Humberts Schrift; vor allem aber
suchte sie das Papsttmn vor weiteren Störungen zu sichern imd der
Reformpartei dauernd zu erhalten diu-ch eine Neuordnimg der
Denn indem der Kandidatenvorschlag künftig den
Papstwahl.*)
sichtige
K«u:dinalbischöfen,
')
Annahme oder Ver^iverfung dem gesamten Kardinals-
Seine Schriften
die kirchliche
und
Briefe
gehören zu den wichtigsten Quellen
Reformbeweg^g vor dem
Investiturstreit, vgl.
Opera
filr
ed. Caje-
tanus 1743 u. Libelli de lite I.
*) Die Verfälschungen des ursprünglichen Textes während des folgenden
Kampfes in beiden Lagern haben der Forschung über das Papst wahldekret
Nikolaus IL schwierige Aufgaben gestellt und eine reiche Kontroversliteratur
Die älteren Abhandlungen 6nden sich aufgezählt imd beurteilt
hervorgerufen.
in der Schrift von Scheffer-Boichorst, Die Neuordnung der Papstwahl durch
Nikolaus IL (1879), die einen vorläufigen Abachlufi brachte und noch
Die sog. „päpstjetzt die sicherste Grundlage für weitere Arbeit bleibt.
liche" Fassung des Dekrets mit dem allgemeinen Vorbehalt des kaiserlichen
Rechts wurde von ihm mit hoher Wahrscheinlichkeit als die dem ursprünglichen Text im wesentlichen entsprechende nachgewiesen, während die sog.
, kaiserliche" Fassung, die dem Kaiser einen Anteil an der Wahl selbst zugesteht, als eine spätere Fälschung aus dem Kreise der Anhänger des Gegenpapstes Wibert um 1080 erscheint, andererseits freilich auch eine Verfälschung
Über einzelne Streitpunkte, wie die
aus dem Lager Gregors VII. nicht fehlt.
von Panzer, v. Heinemann, K. Müller u. a. angenommene Abänderung des
Dekrets im Jahre 1060, setzen sich die Meinungsverschiedenheiten bis in die
Gegenwart fort; vgL darüber Meyer v. Knonau I, 6782., Hauck III 3. 4 S. 683.
Neuerdings sucht v. Pflugk-Harttung (Mitt. des Inst. f. öst. Gesch. 27, 1906)
auch die weitgehende Verunechtung der sog. „päpstlichen" Fassung nachzuweisen und meint aus den zeitgenössischen Berichten schließen zu können,
dafl in dem ursprünglichen Texte das kaiserliche Recht als Gegengewicht
gegen den Einflufi des römischen Adels stark betont gewesen sei; doch dürfte
er mit seinen
Hampe,
Ausfuhnmgen schwerlich allgemeinere Zustimmung
Deutsch« KaiacrgMchicht«.
finden.
S
!•
'lA
Die Zeit der
Salier.
koll^ zustehen sollte, während dem übrigen Klerus und Volk von
Rom nur ein rein formelles Zustimmungsrecht blieb, sollte der Eindes römischen Adels auf die Wahl ein für allemal beseitigt
werden. Das war neben der Legalisienmg gewisser Unregelmäßigkeiten bei der Erhebimg des g^enwärtigen Papstes offenbar der
Hauptzweck der neuen Ordnvmg. Aber daneben war sie doch eine
einseitige Abänderung des noch von Heinrich III. energisch betonten
imd geübten kaiserlichen Rechtes bei der Papstwahl, das in der
vorliegenden Fassung des Dekrets nur in ganz unbestimmter Form
Noch
als persönliches Vorrecht Heinrichs IV. vorbehalten wurde.
suchte man den offenen Bruch mit der Reichsregierung zu vermeiden, wenn sie sich mit einer wenig greifbaren Phrase abspeisen
Darüber freilich konnte man sich einer Täuschung nicht
ließ.
hingeben, daß die erstrebte Befreiung der Kirche sich ohne einen
Kampf mit dieser Macht nicht verwirklichen ließ. So sah man sich
frühzeitig nach Bundesgenossen um.
In Mittelitalien bot die Machtstellung des Herzogs Gottfried
von Lothringen, dem Nikolaus II. nicht zum wenigsten seine Erhebung verdankte, den natürlichen Rückhalt. Süditalien gegenüber
auf Antrieb Hildebrands eine bedeutsame
aber vollzog sich
Schwenkung der päpstlichen Politik. Noch der letzte der deutschen
Päpste Stefan IX. hatte wie Leo IX. an eine Machtstärkung der
Kurie durch feindliche Niederwerfung der Normannen gedacht.
Jetzt sah man die Unmöglichkeit ein und erreichte Ähnliches durch
Beide Normannenführer wurden in
friedliches Übereinkommen.
ihren teilweise auf Kosten der Kirche erweiterten Gebieten anerkannt, Richard von Aversa als Fürst von Capua, Robert Guiskard,
der rücksichtslose Eroberer imd listenreiche Unterhändler, als Herzog
von Apulien, Kalabrien imd dem noch erst zu gewinnenden
aber zugleich wurde die durch keinen Rechtstitel zu
Sizilien;
stützende, vielmehr wohlb^;ründete ReichsansprQche verletzende
Lehenshoheit des Papsttums über diesen ganzen Kreis von Landschaften errichtet, Zinszahlung imd Waffenhilfe ihm zugesichert
Diente das normannische Schwert vorderhand gegen den
(1059).
römischen Adel, so konnte es dereinst auch Schutz gegen das Reich
fluß
mm
Und schon hatte die Kurie auch in Oberitalien wertvolle
In Mailand hatten sich seit den
Bimdesgenossenschaft gefunden.
Tagen Konrads IL die sozialen Parteien gewandelt; damals Spaltungen zwischen den Adelsklassen und noch ein Zusaixmaengehen
zwischen Erzbischof imd Bürgertum, jetzt die unteren Volksschichten
emporstrebend und in feindlichem G^ensatz zu den durch Inter-
bieten.
essengleichheit, Verwandtschaft und Lebenshaltung eng verbundenen
beiden Ständen des hohen Klerus und Gesamtadels. Mit dieser
§
3-
Das Reich während der Minderjährigkeit Heinrichs IV. (1056— 1065). ^ e
Bewegung verbanden
demokratischen
sich
im Todesjahre Hein-
richs III. kirchliche Reformbestrebimgen, die, von leidenschaftlichen
Agitatoren geleitet und die soziale Begehrlichkeit ausbeutend, sich
gegen die
in
dem
verweltlichten
lombardischen Klerus ganz be-
sonders verbreiteten Mißstände der Priesterehe und Simonie wandten.
Diese Mailänder Pataria*) verkörperte so zuerst jenen Gedanken
einer Massenrevolutionierung, dem Kardinal Hvunbert wenig später
in seiner Schrift
Ausdruck gab.
Aufreizende Reden, die das
Meß-
opfer beweibter Priester als Himdemist, ihre Kirchen als Viehställe
bezeichneten, führten zu Störungen der Gottesdienste, Mißhandlungen
der Priester, endlich zu offenem Aufruhr. Beide Parteien wandten
Da war es wieder Hildebrand, der schon zur
sich nach Rom.
Zeit Stefans IX. die Bedeuümg der Pataria für das Papsttum erkannte und bald die engste Verbindung zwischen beiden herstellte.
Sie machte sich für die Kurie sofort belohnt, denn unter dem Drucke
dieses Bündnisses leistete der schwache Mailänder Erzbischof Wido
Papste einen Gehorsamseid und nahm aus seiner Hand das
dvuch das Symbol des Ringes noch einmal in Empfang, dadxurch deutlich bekimdend, daß seine frühere simonistische Einsetztmg
durch den Kaiser für nichts gelten sollte. Auch hier stießen die
Ansprüche der vordringenden Reformpartei mit denen des Reiches
jetzt
dem
Amt
feindlich
So
zusammen.
verfügte das Papsttxun über Bimdesgenossen in allen Teilen
Italiens, als der Kampf mm doch vmerwartet schnell ziun Ausbruch
kam; denn die Verletzungen des kaiserlichen Rechtes betreffs der
Papstwahl, in Süditalien und der Lombardei waren selbst für die
Schon
damalige Schwäche der deutschen Regienmg unerträglich.
in den letzten Zeiten Nikolaus II. kam es zu einem Abbruch der
diplomatischen Beziehungen imd dann auf einer deutschen Synode
zu einer scharfen Verurteilimg des Papstes und seiner Neuenmgen.
Aber ZielbewußtSein Tod (1061) führte zum offenen Schisma.
Sofort setzte
heit xmd Tatkraft waren nur bei den Reformern.
Hildebrand mit normannischer Hilfe den entschlossensten Begünstiger
der Pataria, Bischof Anselm von Lucca, als Papst Alexander II.
Erst einen Monat später ließ
(1061
73) auf den Stuhl Petri.
sich die Regierung von den italienischen Reformfeinden, dem
römischen Adel \md den lombardischen Bischöfen, ins Schlepptau
nehmen und stimmte auf dem Tage von Basel halb wider Willen
der Erhebvmg des Bischofs Cadalus von Parma zum Gegenpapst
Honorius II. zu, ohne indes für seine Durchsetzimg die mindeste
—
') Der Name
ist höchstwahrscheinlich abztileiten von dem nach dem
Trödelmarkt genannten Mailänder Stadtquartier, das der Partei die Hauptsahl
der Anhänger stellte.
3*
L
ß6
^ic Zeit der
Salier.
Kraftanstrengung zu wagen.
Welches Wirrsal unheilvoller WiderDas Kaisertum, das die Papstkirche erneuert hatte,
schwenkte nun plötzlich um. An der Seite der Reformfeinde sollte
den Kampf eine Regentin führen, die zum Zeichen ihrer völligen
Hingabe an die Ideale der Reformer ebendamals den Nonnenschleier nahm. Die deutschen Bischöfe, die durch das Streben der
Kiuie, zunächst einmal die Metropoliten durch Gehorsamseid und
persönliche Pallieneinholimg zu päpstlichen Werkzeugen herabzusprüche!
drücken, wohl hätten stutzig werden können, standen lau abseits
oder erkannten wohl gar den Reformpapst an. Je nach den augenblicklichen Einflüssen wechselten Überstürzung vmd Zaghaftigkeit in
den Maßnahmen der Regierung.
So war der Kampf immöglich zu
führen.
Diese imhaltbaren Verhältnisse waren es, die mit anderen zusanmien den Staatsstreich von Kaiserswerth veranlaßten. Der dadurch hervorgerufene Regierungswechsel brachte eine völlig veränderte Stellungnahme im kirchenpolitischen Streit. Die deutschen
Fürsten, die nun mit Anno von Köln an der Spitze die Leitimg
der Geschäfte übernahmen, fühlten sich dem Gegenpapst gegenüber
zu nichts verpflichtet und waren innerlich wohl von vornherein zur
Anerkennung Alexanders II. entschlossen; wenn nur ihr fürstliches
Ansehen gewahrt wurde, so kümmerte sie eine Preisgabe kaiserlicher
Rechte wenig. Auf der Augsburger Synode von 1062 setzten sie
Anstatt die
ihre Auffassung gegenüber der lombardischen durch.
Rechtmäßigkeit der ohne kaiserliche Mitwirkung vollzogenen Wahl
Alexanders zu bestreiten, beschloß man, seine Anerkennung von einer
Untersuchung über den gegen ihn erhobenen Vorwurf der Simonie
abhängig zu machen, der sich bald als gegenstandslos herausstellte
Die fortdauernden Kämpfe der beiden Päpste um Rom
(1063).
machten dann ein erneutes Eingreifen der deutschen Regierung
nötig.
Auf der Synode von Mantua (1064) mochte sich Anno
mit dem deutschen Episkopat in der Vorstellung gefallen, das entscheidende Wort in dem Schisma zu sprechen, in Wirklichkeit war
Alexander, der den Vorsitz führte, von vornherein seiner Sache
sicher, und das Reformpapsttum ging durch die stillschweigende
Beseitigung des kaiserlichen Mitwirkungsrechtes bei der Papstwahl
neugestärkt, auch der deutschen Kirche gegenüber, aus dem Streite
hervor.
die Hoffnungen der lombardischen Gegner
der gebannte Cadalus sich wenigstens in seinem
Bistum Parma behauptete. Trotz seiner Ji^end hätte der mündig
gewordene Heinrich IV. in dem Spiel der Parteien Italiens wohl
seine Stellung nehmen und vielleicht die Kaiserkrone erlangen
Immerhin lebten
weiter,
so
lange
§
Dm
3-
Reich während der Minderjährigkeit Heinrichs IV. (1056
— 1065).
77
können, aber die beabsichtigte Romfahrt ward erstmals, wie wir
schon sahen, durch die Eifersucht Adalberts gegen Anno hinter-
Dann, als man bei erneuter Bedrohimg dvu-ch die
Kampanien vordringenden Normannen Richards von Capua an
der Kurie selbst den Zug zeitweilig wünschte, war es Herzog Gottfried
trieben (1065).
in
von Lothringen, der, besorgt um seinen Einfluß in Italien, das
Unternehmen vereitelte (1066 67). Alsbald stellte Hildebrand,
dem jede Einmischung der Reichsregierung vmlieb war, das frühere
Verhältnis zu den Normannen her, und diese beschränkten sich
nun auf die Ausdehmmg nach Süden, wo 1072 mit der Einnahme
von Palermo durch Herzog Robert imd seinen Bruder Graf Roger
die Eroberung Siziliens entschieden wvirde.
In demselben Jahre sank mit dem Tode des Cadalus der
Es war das erste Mal, daß ein
letzte Rest des Schismas dahin.
von der kaiserlichen Regienmg aufgestellter Papst nicht zum Sieg
Von nvm ab sollte das nie mehr geschehen. Das allein
gelangte.
zeigt die Wendimg, die sich in dem Verhältnis von Elaisertiun imd
Papsttmn vollzogen hatte. Für die deutsche Geschichte aber war
dies Jahrzehnt nach Heinrichs III. Tode, diese Kette von Unsicher-
—
Zerfahrenheit und Fürsteneigennutz, eine der schmachvollsten
Episoden. Die Stellung des jimgen Königs war dadurch von vornselbständigen Anteil an
herein miheüvoll geschwächt, als er
der Regienmg zu nehmen begann.
heit,
mm
§ 4.
Die Anfänge Heinrichs IV.
und Gregors VIL
(1066—1075).
Heinrich IV. und Gr^or VII. treten hinfort in den Mittelpimkt
der Ereignisse, beide von zeitgenössischen Gegnern imd Nachwelt vervmglimpft und verkannt; Heinrichs problematische Natur freilich ungleich stärker
imd
länger als die Bronzefigm: des Papstes. Ein wider-
fast noch schlimmer als die Caesarenschilderungen Suetons, überliefern uns die g^nerischen Quellen *): Heinrich ein abscheuerregendes Gemisch von Wollust und Grausamkeit,
eine Art Ritter Blaubart oder gar verloren in widernatürliche Laster,
über solchen Gelüsten und Launen seine Herrscherpflichten vernachlässigend, jedes Recht brechend, ein andrer Nebukadnezarl
So lebte sein Andenken Jahrhunderte lang fort, und als endlich die
protestantischen Historiker der Reformationszeit auch günstigere
Urteile der Zeitgenossen zu Worte kommen ließen und Heinrich
liches Zerrbild
»)
des Kaisers,
Vgl. Richter,
Ann. Hl,
2, 52ifi.
I.
38
als einen
Die Zeit der
Salier.
Vorkämpfer wider die Hierarchie auf den Schild hoben,
wissenschaftlichen Begründung doch wieder allzuviel
da war der
Erst die Quellenkritik des 19. JahrParteiinteresse beigemischt.
hunderts schuf den Boden für eine wirklich historische- AuffasAber noch heute haben sich die Meinimgen nicht völlig
sung.^)
geklärt.
Heinrich war eine hochgewachsene, einnehmende Erscheinung,
aber nicht von zuverlässiger Gesundheit. Über seine ungewöhnlich
hohe Begabung und seinen natürlichen Scharfblick herrscht nur
eine Stimme bei Freimd imd Feind. Unter der Leitung geistlicher
Fürsten aufgewachsen, hatte er sich eine gute literarische Bildung
erworben: Lateinkenntnisse, Freude an Lektüre und wissenschaftAber
lichen Erörterungen, Verständnis für Musik und Baukunst.
solche Neigungen berührten nicht sein innerstes Wesen; der kirchlich-ethischen Grundrichtung des Vaters stand er fem, viel näher
verwandt der Laiennatur Konrads IL Dem auf den Knaben geübten Zwange setzte sich der Jüngling mit um so selbstherrlicherem
Trotze entgegen, die erlangte Freiheit in sittlicher Ungebundenheit
mißbrauchend, ohne indes, wie es scheint, die Grenzen zu überschreiten, in denen sich damals das Leben der adligen Jugend
Daß er zeitweilig seine junge Ehe mit
durchschnittlich bewegte.')
Bertha von Turin, deren Verlobter er mit fünf, deren Gatte er
mit fünfzehn Jahren geworden, zu zersprengen strebte (1069) und
nicht
erst vor dem Widerspruche des Papstes zurückwich, wird
zum wenigsten das Gerede auf sein sittliches Verhalten gelenkt
haben.
Ein hochgespannter Herrscherstolz, oft verletzend und zum
Widerstand herausfordernd, aber auch trotz Canossa verbunden mit
einem lebhaften Gefühl für die Würde des Reiches, war das weitere
*)
Bahnbrechend war
Rankes
Lambertkritik
(vgl. S. 2).
Floto
(Kaiser
—
IV. U.S.Zeitalter 2 Bde. 1855
56) gab zuerst eine warraempfundene, aber
im politischen Urteil noch nicht ausgereifte Darstellung auch Giese brecht»
umfassendere, philologisch tüchtigere Behandlung blieb noch zu sehr im Banne
der Überlieferung. Tiefer suchte Nitzsch in die Ursachen der Geschehnisse
einzudringen, trotz mancher Verfehlungen und konstruktiven Gewaltsamkeiten
gerade für diese Epoche anregend und bedeutend. Treten in der großartigen
Darstellung von Rankes Weltgesch. die persönlichen Züge zurück, so bringt
H.
;
Hauck
auch hier selbständige und feinsinnige Beobachtungen, während sich
gewaltigen und für jede Weiterarbeit unentbehrlichen Stoffsammlung
Meyers v. Knonau (Jahrb. d. d. Reiches unter H. IV., Bd. i 5, 1890— 1904)
kaum Ansätze zu einer zusammenfassenden Beurteilung Heinrichs und seiner
in
der
—
Politik finden.
darüber
*) Alle
hinausgehenden Anschuldigungen der Gegner sind vielelende Verläumdungen zu betrachten und können zum Teil in ihrer
legendanschen Weiterbildung verfolgt werden.
mehr
als
§ 4. Die Aniange Heinrichs IV. und Gregors
VXL (1065
— 1075).
xg
Ergebnis dieser Eändheit voller Scheinmacht und Demütigungen,
und nach solchen Disharmonien der Jugendzeit hat das wildbewegte
spätere Leben seine leidenschaftliche Natur nie zu iimerer Ausgeglichenheit gelangen lassen; maßloser Überschwang imd hoffnungsmiteinander, aber stets erfolgte neues
Mit dem Einsatz seiner ganzen Persönlichkeit, mit
kri^erischer Unermüdlichkeit imd der oft bewährten Gabe, nach
Niederlagen eine fast verlorene Sache herzustellen, mit einer klug
berechnenden, hinterhältigen, meist glänzend erfolgreichen Diplomatie hat er, von vornherein in überaus schwieriger Lage und
leere Verzagtheit wechselten
Emporraffen.
wiederholt von
den entsetzlichsten Schicksalsschlägen heimgesucht,
den gewaltigen Kampf seines Lebens durchgefochten, allmählich
durch Züge von Milde und Großmut, durch seine friedenfördemde
Tätigkeit imd sozialausgleichende Barmherzigkeit die Liebe breiter
Schichten seines Volkes erringend,
in so mancher Hinsicht von
unverkennbarer Ähnlichkeit mit der reicheren imd machtvolleren
Natur Kaiser Friedrichs IL
—
Heinrich begann, so hat
man
Nitzsch oft nachgesprochen, in
seiner ersten Regierungsepoche als ein die Verfassung umstürzender
Revolutionär,
um
später als ihr letzter Verteidiger zu enden;
entspricht diese zugespitzte Formulierung
doch
kaum
der geschichtlichen
Wahrheit.
Temperament, Macht und Taktik waren bei dem „wie
ein mutiges Schlachtroß" vorwärtsstürmenden Jüngling gewiß verschieden von dem in die Verteidigung zurückgeworfenen, früh
alternden Manne, aber das Ziel war hier wie dort das gleiche: Erhaltung und Stärkung der Königsmacht E)s galt die Einbußen an
Rechten und Ansehen wieder einzubringen, die das deutsche
während der Minderjährigkeitsregierung erlitten hatte.
Diese Politik lenkte ganz zu Konrad IL zurück, sie beabsichtigte
schwerlich die ottonische Verfassung einem Absolutismus zu Liebe
umzustoßen, sie war reaktionär, nicht revolutionär.
Mit Hilfe der
Fürsten aber, denen die Entwicklung der letzten Jahrzehnte wesentKch zugute gekommen war, koimte sie natürlich nicht durchgeführt
werden.
Einzig Adalbert von Bremen, der ja unter den Fürsten
stets eine Sonderstellung eingenommen, trat jetzt noch einmal kurz
vor seinem Tode (t 1072) am Hofe bedeutsam hervor; neben ihm
aber gewannen Ministerialen in steigendem Maße Einfluß auf den
König.
Unter den Fürsten der mächtigste war damals Otto von Nordheim, der mit ausgedehnten sächsischen Eigengütem und Lehen das
ihm von Agnes verliehene Herzogtum Bayern verband, zugleich staatsmännisch und strategisch der fähigste Kopf in Deutschland. Diesen
für die Ausdehnungspolitik des Königs besonders gefährlichen MachtBesitz,
Königtum
40
I.
Die Zeit der
Salier.
man durch eine Hochverratsanklage zu vernichten.
Als Otto, offenbar unschuldig, sich dvurch Meidung des gerichtlichen
Zweikampfes formell ins Unrecht setzte, wußte Heinrich, der in
die Intrigue persönlich vielleicht nicht eingeweiht war, diese Lage
geschickt zu seinem Stiu^ze auszunutzen und trotz heftiger Gegenhaber suchte
wehr und der Verbindimg mit Magnus, dem Sohne des Sachsenherzogs Ordulf, seine Unterwerfung zu erzwingen (1071).
Otto
büßte dabei umfangreiche Güter in Sachsen imd sein Herzogtum
Bayern ein, das vom König alsbald an Weif IV., den Begründer
der jüngeren, von dem Italiener Azzo IL von Este abstammenden,
mit der älteren nur durch weibliche Verwandtschaft verknüpften
Weifenlinie, verliehen wurde.
Der Sturz Ottos von Nordheim war der erste Schritt zu einer
Ausdehnung des auf die alten ottonischen Hausgüter zurückgehenden Königsbesitzes in Sachsen. Weitere Maßnahmen schlössen sich
zu einem förmlichen System zusammen. Heinrichs Ziel war, durch
Ausbreitung und Abrundung des Domanialbesitzes zwischen Harz
und Thüringerwald dem Königtmn eine starke wirtschaftliche Grundlage zu verschaffen, die es der Fürstenwillkür tmabhängiger gegenübergestellt haben würde imd für Deutschland eine Bedeutung
hätte gewinnen können, wie später für Frankreich die Isle de
France.
Die Art, wie er dies Ziel zu erreichen suchte, erinnert
lebhaft an die Restitutionspolitik des in ähnlicher Lage befindlichen
jimgen Friedrich IL in Sizilien.
Es war ein Kampf gegen die
Usurpationen der letzten Zeit, durchgeführt mit allen Rechtsmitteln,
mit Nichtbeachtvmg des dem sächsischen Stamme seit Heinrich IL
zugestandenen Sonderrechts, welches u. a. durch das den Sachsen
fremde Inquisitionsverfahren des Königsgerichts mit seinem vom
Richter geleiteten, Eideshelfer und Zweikampf ausschließenden
Zeugenbeweis dvurchbrochen wiu-de. Ein umfassender Bmgenbau,
zu dem die Anwohner herangezogen wvurden, vmd starke Besatzungen meist schwäbischer Dienstmannen sollten die neuen, dvurch
Konfiskationen von Gütern aufständischer Großen vermehrten
Ein großer und
kühner Plan,
Gebietserwerbimgen sichern.
dessen überstürzte und gewaltsame Durchführung indes lebhaften
Indem Güter und Mannen, die
Widerstand wecken mußte!
dmrch Usurpation frei geworden waren, in die Abhängigkeit
zurückversetzt wurden, schien allen Sachsen Knechtschaft zu
drohen, ihr Sonderrecht war verletzt, nach dem Tode des Herzogs
Ordulf (1072) gar ihre politische Stammesselbständigkeit bedroht,
der König zögerte, seinen Nachfolger Magnus aus der Haft
zu entlassen, in die er dvu-ch seine Unterstützung Ottos von
Nordheim geraten war. Der allgemeine Unwille führte zu dem
als
§ 4- Die Anfange Heinrichs IV. und Gregors VII. (1065
— 1075).
.
j
Sachsenaufstand von 1073, dessen Seele bald Otto von
Nordheim wurde.
Auf der Harzburg völlig überrascht und nur mit genauer Not
von da entflohen, geriet Heinrich durch den Abfall auch der
Thüringer und die Hilfsverweigerung der Fürsten, von denen die
großen
weltlichen durch die ganze Richtung seiner Politik, die geistlichen
auch durch gesteigerte finanzielle Anforderungen des Reiches und
Wiederaufnahme der einträglichen Simonie verstimmt waren, in eine
äußerst mißliche Lage und sah sich gezwimgen, den Rebellen einstweilen entgegenzukommen. Eine ähnliche Anklage, wie er sie selbst
g^en Otto von Nordheim ausgenutzt hatte, bedrohte jetzt das
königliche Ansehen,
offenbar eine Intrigue seiner Gegner, um
die süddeutschen Herzöge, auf die er Mordanschläge gerichtet haben
sollte, ihm noch gründlicher zu entfremden.
Aus diesem Tiefstände
seiner Macht hob ihn, als er sich zvmi Rhein wandte, zuerst die
Anhänglichkeit der Wormser Bürgerschaft wieder empor, die ihren
—
Bischof verjagte vmd Heinrich jetzt mit Jubel in
Mauern aufnahm. Hier und kurz darauf in Köln, also in den
kulüirell und namentlich im Handelsverkehr am weitesten fortgeschrittenen Gebieten des Mittel- und Niederrheins, zeigen sich sokönigsfeindlichen
ihre
mit die ersten Spuren des Emanzipationskampfes der jungen städtischen Bürgerschaft gegen die Herrschaft der Bischöfe, Spuren, wie
sie in Italien schon über ein halbes Jahrhvmdert weiter zurück-
Man
Bedeutung dieser noch keinesnicht überschätzen; nur in
Worms wvu-de sie für die Reichsgewalt nutzbar, während in Köln
Erzbischof Aimo den Aufstand grausam erstickte. Es lagen in ihr
noch weniger Gegenwartswerte, als Zukunftsmöglichkeiten: das freundreichen.
w^
darf
allgemeineren
die
politische
Volksbewegung
Königtimi imd Bürgertum, wie es nun
Zug von Heinrichs Regierung wurde, konnte
vielleicht für die deutsche Monarchie dereinst von ähnlicher Wichtigkeit werden, wie für die französischen Capetinger.
Schon jetzt
aber mußte die vmerwartete Hilfe dieser revolutionären Kräfte den
Mut Heinrichs beleben xmd auf den deutschen Episkopat einen
Druck im Sinne der Annäherung an den König avisüben. Der im
Wahnsinn erfolgende Tod seines Anklägers mußte weiterhin als ein
Gottesurteil zugimsten Heinrichs erscheinen. So war der Friede von
Gerstxmgen (a. d. Werra), den die geistlichen Fürsten vermittelten
liche
Verhältnis
zwischen
ein charakteristischer
(1074), nicht schlechthin eine Niederlage des Königs, wie
etwa Giesebrecht aufgefaßt hat, sondern ein Kompromiß, das
Besitzstand der Krone in Sachsen nicht schmälerte, aber den
bellen Straflosigkeit, Wahrung ihres Rechts und Schleifung
neuen Burgen zusicherte.
ihn
den
Reder
^2
!•
Eben
unerträglich.
diese
Die Zeit der
Salier.
Zugeständnisse waren indes
für
Heinrichs Stolz
Als die erbitterten sächsischen Bauern bei der Nieder-
legung der Harzburg Frevel gegen die Kirche und die Gräber
von Verwandten des Königs begingen, erklärte er den Frieden für
gebrochen und wußte in überaus geschickter Weise gegen die
Sachsen Stimmung zu machen und eine Anzahl der Fürsten durch
Verhandlungen für sich zu gewinnen, so daß er im folgenden
Jahre (1075) mit überlegenem Heere die Feinde bei Homburg a.
d. Unstrut, nicht weit von Langensalza, aufs Haupt schlug vmd
bald darauf zu völliger Unterwerfung zwang.
Heinrich hatte erreicht, was er gewollt: die sächsischen Großen
in seiner Haft, ihre Güter jetzt niur umsomehr für die Krone eingezogen, der Wiederaufbau der Burgen sofort begonnen!
Die erstrebte wirtschaftliche Grundlage schien dem Königtum gesichert;
schon befestigte sich die Dynastie, indem die Fürsten zur Königswahl von Heinrichs einjährigem Söhnchen Konrad verpflichtet wurden.
Aber die zur dauernden Sicherung der neuen Verhältnisse erforderliche Ruhe blieb versagt.
Das Anwachsen der Sondergewalten im
Reiche war ja nur ein Teil der Erbschaft gewesen, die Heinrich
bei seiner 'Volljährigkeit übernommen hatte; daneben stand drohend
die errungene Selbständigkeit des Papsttums und das Anschwellen
der kirchlichen Reformbewegung, welcher der König bislang nicht
die genügende Beachtung geschenkt hatte.
Jetzt kam es zmn
Zusammenstoß mit diesen Mächten.
Noch auf der Synode von Mantua (1064) hatten sich die
deutschen Bischöfe mit Anno von Köln an der Spitze geschmeichelt,
die Entscheidung über das Papsttum in der Hand zu haben. Gleich
der damals von ihnen anerkannte Papst Alexander II. riß sie gründlich aus dieser Täuschung, indem er mit allen Mitteln daran arbeitete,
die Selbständigkeit der deutschen Kirche zu brechen. Heinrich IV.
bot damals den stolzen Erzbischöfen, die sich in Rom wie Schuljungen zu verantworten hatten, vielleicht in einer gewissen Schadenfreude, keinen Rückhalt, doch half er damit nur die Macht der
Krone unterhöhlen. Und schon trat die Kurie mit dem königlichen
Hofe in der Frage der Bischofsemennungen in Konkurrenz, namentlich in dem wichtigen Mailand, und sprach wegen der aufs neue
geübten Simonie über Ratgeber des Königs, dessen Person man
noch schonte, den Barm aus (1073). Ein Konflikt lag in der Luft,
die Tonart wurde schärfer.
Mit Petrus Damiani war eben damals
(1072) der Hauptvertreter der maßvollen, kaiserfreundlichen Reformrichtung gestorben; der wahre Leiter der päpstlichen Politik war
schon geraume Zeit der Kardinal Hildebrand, den Alexander IL
nach Damianis Ausspruch zu seinem Gott erkor. Ebendieser wiuxie
§
einen
4«
Die Anfange Heinrichs IV. und Gregors VIL (1065
Tag nach Alexanders Tode (1073)
— 1075).
ax
in tumultuarischer, völlig
Weise als Gregor VII. zum Papst erhoben i).
Auch Gregor VII. ist erst spät in seiner wahren Bedeutimg
ungesetzlicher
Den Zeitgenossen vielfach unheimlich, später lange
erkannt').
Jahrhunderte als selbstsüchtiger Kirchentyrann schlechthin beurteilt,
hat er erst in neuerer Zeit eine ruhigere Würdigung gefunden, die
freilich noch immer einigermaßen von konfessioneller VoreingenommenIn seiner kleinen Gestalt mit den bleichen und
heit getrübt ist 3).
häßlichen Gesichtszügen lebte eine Feuerseele, ein durchdringender
Geist, dem sich die wirren Erscheinungen der Außenwelt mühelos
zum klaren, wohlabgerundeten System zusammenschlössen, ohne daß
daneben ein Zug zum Phantastischen gefehlt hätte, eine Gemütskraft, weit entfernt von jeglicher Ruhe der Betrachtung, aber erfüllt
von mystischen Antrieben und dem Bewußtsein einer unmittelbaren
vor allem aber ein alles
Beziehung zu überirdischen Mächten,
meisternder, stahlharter Wille, verbunden mit einem dämonischstürmischen Temperamente, das „rauh wie der Nordwind" seine
Umgebung anfuhr und dem Papste von Damiani die Bezeichnung
Diese gewaltige Persönlichkeit hatte sich
„heiliger Satan" eintrug.
nim mit allen ihren Kräften derart in den Dienst einer einzigen
großen Idee gestellt, daß sie gleichsam niur noch als deren Verkörperung erschien. Diese Idee war die Verwirklichung des Gottesreiches hienieden unter Leitung des Papstes als des Vertreters der
von Christus eingesetzten apostolischen Gewalt, der die Brücke
bildete zwischen Diesseits und Jenseits, imd dem daher die uneingeschränkte Verfügung über alles Geistliche und Weltliche auf Erden
Vorstellungen und Handlungen Gregors waren
zustehen mußte.
durch die ausschließliche Hingabe an diese Idee völlig bestimmt,
—
für das,
was
ihr widerstrebte,
fehlte
ihm
alles Verständnis.
Selb-
*) Ober
eine falschende Darstellung des Wahlvorgangs im päpstlichen
Register vgl. Richter, Ann. III, 2, 105; Meyer v. Knonau II, 205.
») Vgl. Giesebrecht III, io86ff., .Meyer v. Knonau IV, 531 ff.
) Seine großartige kirchliche ReformtStigkeit ist luerst von dem Protestanten Job. Voigt (Hildebrand als Papst G. VII. u. s. ZeiUlter 1815;
2. Aufl. 1846) mit einer Wärme gewürdigt, die dem Verf. den Ruf eines verkappten Katholiken eintrug. In ähnlicher Richtung bewegt sich das neuere
Werk vonDelarc (S. Gr6g. VII. et la reforme de l'feglise au Xle si^cle, 3 Bde.
1889/90), während Gfrörer (P. Gr. VIL u. s. Zeitalter, 7 Bde. 1859-61)
mit noch stärkerer Tendenz das Verhältnis des Papstes sum Staat sum Mittelarte na
punkt seiner weitausholenden Darstellung machte. Das Buch von
(G. VII., sein Leben u. Wirken, 2 Bde. 1894) erstrebt in Einxeluntersuchungen
eine unparteiischere kritische Grundlegung.
Die bedeutendste Charakteristik
verdanken wirHauck, der indes seine politische Begabung u. weit historische
GröÜe doch wohl lu niedrig wertet. Eine befriedigende Gesamtbiographie
fehlt
Zu den seitgenöss. Quellen vgL oben S. u. 4.
M
I.
44
Die Zeit der
Salier.
Ständige Persönlichkeiten mit eigenen Zielen verachtete er; alle entgegenstehenden Rechte der Staaten brachen sich an der „Gerechtsame des heiligen Petrus". Der Widerstand der Welt hätte ihn
nie belehrt oder bekehrt, machte ihn vielmehr nur einsam und
mißtrauisch.
idealistische
Begreiflich genug, daß sich für diese leidenschaftliche,
Kampfnatur die moralischen Maßstäbe verschoben: der
Gegner war der Verworfene,
welche die höchste Idee förderten,
wenn wir sie heute
anders beurteilen. Die hastige Gier, mit der Gregor nach Rechtstiteln für die Herrschaftsansprüche der Kirche griff, verrückte absichtlich oder unabsichtlich die natürlichen Zusammenhänge und führte zu
erstaxmlichen Entstellungen der Wahrheit *) nur wird man die GemütsMittel,
erschienen unwillkürlich als billigenswert, auch
;
verfassung mittelalterlicher Geistlicher, die so oft zur Erhöhvmg ihrer
Eörche selbst zu Fälschungen griffen, stets auch zum Verständnis
Gregors berücksichtigen müssen.
Das kirchenpolitische System, das er entwickelte, war in seinen
einzelnen Gedanken durchaus nicht neu, lebte er doch selbst in der
Vorstellung, nur das alte Recht zu erneuern; aber indem er an
Augustin, an Pseudoisidor und Papst Nikolaus I. anknüpfte, steigerte
er doch allenthalben die Ansprüche durch zuspitzende Formulierung
vmd den geschlossenen Bau des Ganzen. Hätte Gregor dies System
nur theoretisch entwickelt, so würde ihm eine Stelle unter den
Förderern des Kirchenrechts, aber nicht imter den weltgeschichtDazu war nötig, daß er wenigstens
lichen Größen zukommen.
einen Teil seiner Gedanken in die Tat umsetzte und für den Rest
eine Propaganda von solcher Wucht und Nachhaltigkeit machte,
daß sie niemals wieder vergessen werden koimten. Das war nun
-wirklich das Werk seines Lebens. Wenn Hauck ihm staatsmännische
Größe abspricht, weil ihm das Gefühl für das Mögliche gefehlt
habe, so wollte Gregor allerdings mehr sein, als ein mit den gegebenen Möglichkeiten rechnender Staatsmann, vielmehr ein großer
Daß ein so vunfassendes
Reformator, ein Umgestalter der Welt.
Ideal nicht sogleich, daß es in vollem Umfange überhaupt niemals
verwirklicht werden konnte, kann wohl gegen die Realpolitik, aber
Zwei besonders lehrreiche
Fälle derart hat Scheflfer-Boichorst (Ges.
das klarste Licht gerückt: das behauptete Eigentumsrecht der römischen Kirche an Sachsen, weil dort unter Karl d. Gr. «wei
Kirchen dem h. Petrus geweiht waren, und die Inanspruchnahme eines Zinses
von ganz Frankreich wegen einer angeblichen Stiftung Karls für eine fränkische
^)
Schriften
I,
107 ff.) in
Schule in Rom! In welcher Welt der Träume und Fiktionen Gregor lebte,
und wie gewaltsam oft die Umbildung des kanonischen Rechtes durch ihn
und seine Anhänger erfolgte, läßt sich bei aller Vorsicht gegen die feindselige
Tendenz doch auch den Ausführungen Döllingers (Das Papsttum, neubearb. v.
Friedrich, 1892, S. 40 ff.) entnehmen.
§
4.
Die Anfinge Heinrichs lY. und Gregore VII. (1065
— 1075)."
a^
doch kaum gegen die Größe des Mannes sprechen, der seine gewaltigen Kräfte dafür einsetzte, vind
wenn man
sein Pontifikat eine
„Kette von Niederlagen" nennt, so sollte man einerseits die voraufgehenden Erfolge des Papsttums in Betracht ziehen, an denen
bereits Hildebrand ein bedeutsamer Anteil zukommt, und andererseits erwägen, daß die Wirkung solcher „Durchbruchsmenschen", wie
Gregor war und sein wollte, nicht mit ihrem Leben abgeschlossen
ist, sondern oft erst mit ihrem Tode in vervielfältigter Stärke beginnt.
So dürfte es bei dem Urteile Rankes bleiben, der Gregor
„vielleicht die größte kirchenpolitische Erscheiniuig" neimt, „die
jemals vorgekommen ist".
Übrigens fehlt es bei aller Leidenschaft des Vorwärtsstürmens
keineswegs an Zügen kalter Berechnung, feinster Ausnutzimg der
Parteigegensätze in den einzelnen Staaten ;md opportimistischer Behandlung der Angelegenheiten, wie sie etwa in dem ganz verschiedenen Verhalten England und dem deutschen Reiche gegenüber zutage tritt.
Auch ergingen die großen Maßrxahmen der
gregorianischen Politik zwar Schlag auf Schlag, aber nicht eigentlich
willkürlich imd spnmghaft.
Auf die Befreixmg und Erstarkung des
Papsttums erfolgte zunächst der Versuch, den Klerus durch Verwirklichung des Zölibats vmd Verbot der Simonie aus den Banden
der Weltlichkeit zu lösen.
Erst als die Durchführung im Rahmen
der bisherigen Verbände sich als uimiöglich herausstellte, schritt
Gregor zur Niederreißung der alten Kirchen verfassimg, indem er
die Rechte von Metropoliten imd Provinzialsynoden beiseite schob,
die Bischöfe zu unbedingt abhängigen Dienern des Papstes herab-
zudrücken und über
strebte.
Eben
sie
hinweg direkt
die Absicht aber,
in die
Diözesen einzugreifen
Einfluß auf die Einsetzung der
Bischöfe zu gewinnen und zugleich das Kirchengut von den Eigentumsansprüchen der Laien zu befreien, führte zvun Verbot der
Laieninvestitur, das nun der Anlaß zu dem großen Kampf mit den
staatlichen Gewalten, insbesondere mit dem Kaisertum wurde,
der Anlaß, denn die eigentlichen Gründe lagen tiefer, der „Investiturstreit" wuchs zu einem Kampf um die Weltherrschaft.
Der
absolute Leiter der Kirche strebte nun ganz offen nach der Obergewalt über die weltlichen Reiche, die ihm ihrem Wesen nach nur
als Äußerungen des widergöttlichen Prinzips galten und ihre Berechtigung nur durch Unterordnung imter die Lehensgewalt der
Kirche erhielten. Es ist bekarmt, wie er solche Hoheitsrechte den
süditalischen Normannen, dem deutschen Gegenkönigtum, Dänemark,
Rußland, Dalmatien, der Provence gegenüber zur Anerkennung
brachte, wie er ähnliche Ansprüche auf England, Spanien, Ungarn,
Böhmen, Sachsen, Sardinien, Corsica, Teile Mittelitaliens und in der
—
46
I.
Die Zeit der
Salier.
der Zinsforderung auch auf Frankreich imd
wie er Europa bereits als eine Einheit unter der
kirchlichen Spitze ansah imd von einer großen, gemeinsamen Unternehmung xmter päpstlicher Führung gegen den Orient träumte, die
bald genug in dem ersten Kreuzzuge zur Wirklichkeit wurde. Die
Leitsätze, die sich unter der Überschrift „Dictatus papae" in Gregors
Register finden, rühren wohl nicht von ihm selbst, dürfen aber als
Programm der gregorianischen Partei imzweifelhaft gelten i), Darin
gemäßigteren
Polen erhob,
Form
wird das Recht, den Kaiser abzusetzen und selbst kaiserliche Insignien zu tragen, ausdrücklich für den Papst in Anspruch genommen.
Je mehr das Kaisertum nach seiner Idee und seiner Ableitung aus
dem Römerreiche mit dem Papsttima als friedenverbürgende Vormacht Europas konkurrierte, und je enger das Band zwischen ihm
und der deutschen Kirche geschlungen war, desto heftiger mußte
der Zusammenstoß zwischen Papsttum und Reichsgewalt werden.
Eine Weile liefen die Wege Heinrichs und Gregors noch
Wie der König mit seinen
nebeneinander, ohne sich zu kreuzen.
deutschen Angelegenheiten vollauf beschäftigt war, so hatte auch
der Papst in Italien mit der Unbotmäßigkeit des Normannenherzogs
—
Robert Guiskard, mit der Unsicherheit der römischen Zustände,
mit der Gegnerschaft der reformfeindlichen lombardischen Bischöfe
zu schaffen. Inzwischen begann er mit der Verwirklichung der
schon so oft erhobenen kirchlichen Forderungen des Priesterzölibats
und des Simonieverbotes in Deutschland Ernst zu machen. Dabei
stieß er indes auf den passiven Widerstand der deutschen Bischöfe,
die ihrerseits angesichts der Erbitterung der beweibten Kleriker die
Unmöglichkeit einer rzischen Durchfühnmg einsahen und überdies
durch mannigfache Eingriffe des Papstes in ihre Rechte gereizt
Gregor aber hielt sich an die Bischöfe, die ebendamals
waren.
Unterinfolge der deutschen Gegensätze einer nachdrücklichen
stützung des königlichen Hofes entbehrten,
Strafen gegen
sie
vor.
Das
Liemar von Bremen schrieb
gefährliche Mensch maßt sich
steigerte
die
und ging mit scharfen
Entrüstung.
Erzbischof
über den Papst: „Dieser
an, Bischöfen zu befehlen wie seinen
vertraulich
Gutsverwaltem; wenn sie nicht alles tun, was er will, so müssen
sie entweder nach Rom kommen oder sie werden ohne Urteil susDieser Gegensatz vor allem trieb den deutschen Epispendiert."
kopat wieder auf die Seite Heinrichs, mit dem Gregor damals indes
noch in freundlichem Briefwechsel stand.
*)
Kvlot in seiner Greifewalder Diss. 1907 leitet die wesentlichsten Beaus Deusdedit, Bonizo und Anselm v. Lucca her und läßt die Yer-
standteile
fasserixage offen.
§
4«
Die Anfange Heinrichs IV. und Gregors VII. (1065
— 1075).
An
Wichtige Entscheidungen brachte die römische Fastensynode
Da die geordneten Gewalten der Kirche bei der Durchführung der Reformen versagten, so griff Gregor zu einer Revolutionierung der Laienmassen gegen die simonistischen und verheirateten Priester, indem er den kirchlichen Streik gegen sie allen
Gläubigen zur Pflicht machte: ein verhängnisvoller Schritt, der die
Verhetzung mitten ins Volk warf, der nun auch in Deutschland
ähnliche Szenen der Mißhandlung von Priestern und Verhöhnung
ihrer Sakramente hervorrief, wie man sie schon in dem patare-
von 1075.
nischen Mailand kannte, und der im Gnmde doch dem AutoritätsSigebert
prinzip der katholischen Kirche schnurstracks zuwiderlief.
von Gembloux hat uns geschildert, wie die erregte Erörterung über
die höchsten Fragen nun selbst bis in die Werkstätten der HandEben der Angliedewerker und Spinnstuben der Frauen drang.
rung von Laienbrüdem, die für die Wanderpredigt freier beweglich
waren, als Mönche, verdankte etwas später im Schwarzwald imd
den angrenzenden südwestdeutschen Landschaften die Hirschauer
Klosterbewegung, welche unter Leitung des Abtes Wilhelm (1069
bis 91) im cluniazensischen Geiste auf Verschärfung der Ordensr^el und imbedingte Unterordnung xmter Rom das Hauptgewicht
l^e, den größten Teil ihrer agitatorischen Erfolge.
Der andere noch weit bedeutsamere Beschluß, den die Synode
auf Gregors Antrieb faßte, war das Verbot der Laieninvestitur. Es
sollte nach den damaligen Absichten des Papstes wohl weniger
eine Feindseligkeit gegen die Krone, als vielmehr einen Schlag
g^en die Unabhängigkeit des Episkopates von der Kurie darstellen.
Indem man den päpstlichen Einfluß auf die Besetzung der hohen
Prälaturen an die Stelle des kaiserlichen setzte, sollte sich die Umwandlimg der Bischöfe zu abhängigen Dienern des Papstes vollenden. Aber freilich, die ganze deutsche Geschichte seit den Tagen
Ottos des Großen zeigt, daß ein solcher Eingriff nicht viel weniger
bedeutete, als einen Versuch, die Reichsgewalt an der Wurzel abzusägen. Dem König die Besetzung der Bistümer und Reichsabteien
aus der Hand zu nehmen, hieß ihm jeden Einfluß auf die Ander wichtigsten Reichsbeamten rauben; die Inanspruchdes Reichskirchengutes ausschließlich als Eigentum der Kirche
aber stellte geradezu die Unterhaltsmittel der Zentralgewalt in Frage.
Jeder deutsche Herrscher, der noch an die Zukunft seines Reiches
glaubte und sich dafür verantwortlich fühlte, mußte diesen Beschluß
stellung
nahme
auf Leben imd Tod betrachten.
Gr^^or
noch den offenen Bruch hinausschieben zu
können und zeigte sich in vertraulichen Eröffnungen an Heinrich
zu einem Entgegenkommen in der Form bereit; noch sprach er
als eine Kriegserklärung
selbst glaubte anfangs
48
!•
dem Könige
I^ic Zeit
der Salier.
seinen Glückwunsch zu
dem eben
damals erfochtenen
Sachsensiege aus.
diese Niederwerfung seiner deutschen G^ner
Machtgefühl Heinrichs, der sich überdies durch die erneute Bannung von fünf seiner vertrauten Räte gereizt fühlen mußte,
auch dem Papste gegenüber. Er machte nicht im geringsten Miene,
das Investiturverbot zu beachten, im Gegenteil, jetzt, wo er die
Hände frei hatte, griff er sogar wieder in die Bistumsbesetzungen
Italiens ein und wußte in Mailand, wo die mit der Kurie verbündete Pataria in erneuten Kämpfen zurückgedrängt war, einen Erzbischof gegen den Willen des Papstes zur Anerkennung zu bringen.
Darauf wies Gregor in einem scharfen Schreiben von Ende 1075
bei fernerem Ungehorsam des Königs drohend auf den Stiu-z Sauls
hin imd ließ durch die Überbringer mündlich schneidende Worte
über die sittlichen Verfehlungen Heinrichs hinzufügen und Bann
und Absetzung in Aussicht stellen. Es war ein Ultimatum, da*
den offenen Kampf unvermeidlich machte.
Aber gerade
steigerte das
§
Der Kampf zwischen Heinrich
(1076—1086).
5.
Wenn
IV.
und Gregor
VII.
von Gregors Vorgehen vielleicht ein Fehler
Krone und Episkopat des Reiches eng zusammentrieb,
so hat Heinrich nun allerdings, indem er sich auf der Reichssynode
von Worms Qan. 1076) völlig ungerüstet in den aufgedrungenen
Kampf hineinstürzte, seine Sache noch viel verhängnisvoller gedie Schärfe
war, weil sie
Schuld daran waren seine Unterschätzung der päpstlichen
cluniazensischen Geisterbeherrschung, die ansteckende
Erbitterung der deutschen Bischöfe, die Verkennung der Stimmung
in der Stadt Rom imd die frechen Verläumdungen, welche der einst
mit Gregor befreundete, jetzt aber von ihm abtrünnige Kardinal Hugo
Candidus auf der Synode gegen das sittliche Verhalten des Papstes,
der mit der Gräfin Mathilde von Tuszien in geheimer Buhlschaft
lebe, vorbrachte.
So ließ man sich gleich zu dem Äußersten fortreißen, der Absetzung Gregors, der infolge seiner unregelmäßigen
Erhebung in Wahrheit niemals Papst gewesen sei.^)
schädigt.
Macht und der
Man wird R. Friedrich, Studien z. Wormser Synode (Greifewalder
daß der Bruch nicht durch blinde
1905) ohne weiteres zugeben,
Leidenschaft Heinrichs hervorgerufen wurde, daß er selbst der Angegriffene
war. Gleichwohl hätte eine kluge, die Weltlage richtig beurteilende Diplomatie
m. E. danach trachten müssen, die äußersten Maßnahmen Gregors hinauszuzögern
und derweil sich auf den unvermeidlichen Kampf ganz anders vorzubereiten.
*)
Diss.
§
Der Kampf zwischen Heinrich
5-
IV.
und Gregor
VII. (1075
— 1085).
4g
Neben dem Absagebriefe der deutschen Bischöfe, denen sich bald die
ging ein Schreiben Heinrichs *) nach Rom an
lombardischen anschlössen
„Hildebrand, nicht mehr den Papst, sondern den falschen Mönch", welches
ihm die Mißhandlungen der Bischöfe, das Buhlen um die Gunst des Pöbels,
die anmaßende Drohung gegen das Königtum vorhielt und wirkungsvoll endigte:
durch das Urteil aller unserer Bischöfe und das unsrige ver„Du also,
dammt, steige herab, verlasse den angemaßten apostolischen Sitz. Ein anderer
besteige den Thron des sei. Petrus, der nicht unter der Hülle heiliger Satzung
Gewalttat üben, sondern die unverfälschte Lehre des sei. Petrus lehren möge.
Denn wir, Heinrich, König von Gottes Gnaden, mit allen unseren Bischöfen
sagen dir: steige herab, steige herab!"
,
—
Wenn frühere deutsche Herrscher einen Papst entsetzten, hatten
mit Heeresgewalt in Italien gestanden und das Heft in der
Hand gehabt. Welche Verblendung, wenn Heinrich jetzt glaubte,
das seitdem machtvoll erwachsene Papsttum mit einem Stück Per-
sie
gament entwurzeln zu können!
Gregor beantwortete den Schlag von Worms
sofort mit
dem
In der feierlichen Form eines Gebetes an
den Apostelfürsten Petrus') verkündete er auf der römischen
Fastensynode von 1076 über Heinrich den Barm, widersagte ihm
die Leitvmg des Reiches und entband seine Untertanen vom Eid
„Und so fessle ich ihn," endigte er, „im Vertrauen
der Treue.
auf Dich, damit die Völker es erfahren und erproben, daß du
Petrus bist, imd auf deinem Felsen der Sohn des lebendigen Gottes
seine Kirche erbaut hat, imd die Pforten der Hölle nichts gegen
sie vermögen."
Trotz allem, was das Vorgehen Gregors aus der allgemeinen
Lage heraus begreiflich machte, blieb diese Absetzimg des für die
Kaiserkrone bestimmten deutschen Herrschers,
denn das war
es, nicht nur eine zeitweilige Suspension, wie man wohl gemeint
hat,')
und seine Ausstoßung aus der Kirche ein schlechthin
unerhörter, welterschüttemder Akt.
War das bisherige Verhältnis
zwischen Kaisertima und Papsttmn völlig auf den Kopf gestellt?
Welche der beiden Mächte würde den Sieg behaupten?
Nur zu bald trat die Hohlheit von Heinrichs Machtstellung
zutage.
Bei der Erschütterung von außen brachen die kaum geheilten inneren Wunden Deutschlands w^ieder auf.
Die Sachsen
sannen auf neue Empörung, die Laienfürsten suchten den Konflikt
für ihre Sonderinteressen auszubeuten, die Bischöfe wurden von
stärksten Gegenschlage.
—
—
M. G. Const.
HO. Die vorwiegende Meinung der neueren
Forscher,
zu Ostern von Utrecht aus abgesandt,
teile ich nicht (so auch R. Friedrich a. a. O.), halte vielmehr die in das
Manifest an die Römer aufgenommene Fassung (Bruno, De hello Sax. c. 67)
nur für eine kürzere freie Umarbeitung.
*)
diese
sog.
I,
schärfere Fassung
sei
erst
Bibl. II, 224.
*)
Jaff6,
*)
So Ranke.
Hainpe, Deutfche
KaisergMchichte.
4
^O
!• I^>c
Zeit der Salier.
Gregor durch ein geschickt abgestuftes System von Strenge und
Milde gespalten, die Volksmassen aber waren allenthalben im
Reiche von den kirchlichen Vorstellungen doch so tief ergriffen,
daß der Bann, welcher einen völligen Ausschluß aus der kirchlichen, damals also menschlichen Gesellschaft bedeutete und für
jeden, der mit dem Ausgestoßenen verkehrte, die gleiche Exkommunikation nach sich zog, je länger, desto mehr ein vollkommen lähmendes Hemmnis für jede Art von Regierungstätigkeit
des Königs wurde.
Mochte er daher auch anfangs noch unveränderlich an seinem Standpunkte festhalten und auf die Kunde
aus Rom Bann mit Bann erwidern, mochte er unter Berufung auf
die beiden Christus dargebotenen Schwerter im Lukasevangelium
die Gleichordnvmg der königlichen und priesterlichen Gewalt betonen,
seine Sache war doch bereits im Abflauen, als nun um
die Mitte des Jahres im Norden rmd Süden des Reiches der
öffentliche Abfall begann. Die sächsischen Großen, als Geiseln der
Obhut einzelner Fürsten anvertraut, wiu-den von diesen aus der
Haft entlassen, eilten in die Heimat und riefen das Volk zu den
Waffen.
Nach einigem Zögern übte auch Otto von Nordheim,
den Heinrich nach dem Sachsensiege durch Zugeständnisse gewonnen und ganz in sein Vertrauen gezogen hatte, Verrat und
trat an die Spitze der Aufständischen.
Die sächsische Opposition
schloß sich mit der süddeutschen der Herzoge zusammen; auf
einem Tage in Tribur sollte im Oktober gemeinsam eine Entscheidung über die Sache des Reiches getroffen werden.
Der entstellende Bericht Lamberts von Hersfeld über diese
Versammlung ist erst durch die neuere Forschung gereinigt worden.
Heimich selbst lagerte mit Truppenmacht am linken Rheinufer
bei Oppenheim, noch keineswegs zur Nachgiebigkeit geneigt, bis
sich die Vorgänge auf dem Lügenfelde bei Kolmar zu wiederholen
schienen, und imter der Einwirkimg von päpstlichen Legaten der
Übergang seiner Leute ins Lager der Gegner begann. Da mußte
er sich zu einem Ausgleich bequemen, der ihm demütigende Bedingimgen auferlegte. Den Fürsten mußte er die Entlassung seiner
Ratgeber, die Preisgabe der getreuen Wormser Bürger und die
vorläufige Enthaltung von den Regierungsgeschäften zugestehen, an
den Papst aber ein Entschuldigungsschreiben richten, welches das
Eingeständnis seiner Verfehlung und das Versprechen von Genugtuung und Gehorsam enthielt. Vielleicht hat Heinrich den Text
dann doch selbstbewußter gestaltet, als seiner Abmachung mit den
Fürsten entsprach. i)
Würde schon das dafür sprechen, daß er
—
^) Die Ansichten der Forscher über den auf uns gekommenen Wortlaut
des Schreibens (M. G. Const. I, 114) gehen freilich weit auseinander.
Auch
§
Der Kampt rwischen Heinrich
5-
seine Sache
noch nicht
gewiß
wie
nicht,
man
Beschlüsse verpflichtet,
und
einseitig
IV.
und Gregor
als verzweifelt
VII. (1075
— 1085).
c
j
ansah, so hat er sich ganz
annahm, auf die noch weitergehenden
welche die ihm feindlichen Fürsten vielmehr
früher
vertraulich
faßten,
ehe
sie
in
Tribur auseinander-
gingen: nämlich die Bestimmimg, daß Heinrich seiner
gehen
lustig
Banne
Krone verwenn er sich binnen Jahr vmd Tag nicht vom
habe, und die Einladung an den Papst, zu einem
solle,
gelöst
großen Reichstage in Augsburg im Anfang des nächsten Jahres i)
persönlich zu erscheinen, xmi über den Streit zwischen König vmd
Eine Zustimmvmg zu diesen BeFürsten das Urteil zu sprechen.
schlüssen wäre einem Verzicht Heinrichs auf seine königliche
Vielmehr hoffte er damals noch, in
Würde gleichgekommen.
direkten Verhandlungen mit dem Papste zu einer Verständigung
Indes Gregor glaubte jetzt den Sieg in der Hand
zu gelangen.
Als Schiedsrichter über die deutschen Parteien imd in
zu haben.
der Lage, beide gegeneinander auszuspielen, hätte er sich schwerlich mehr mit dem Investiturverzicht begnügt, sondern hätte die
In der gehobensten
Lehensabhängigkeit des Reiches gefordert.
Stimmvmg brach er von Rom nach Norden auf. Aus der Erkenntnis, daß seine Vereinigvmg mit der deutschen Opp>osition den
Zusammenbruch des salischen Königtums bedeutet haben würde,
entsprang dann der plötzliche und alle Welt überraschende Entschluß
Heinrichs, persönlich dem Papste nach Italien entgegenzueilen.
Diese Winterfahrt über den Mont Cenis mit seiner Gemahlin
imd dem zweijährigen Söhnchen, mit einem beschränkten Gefolge
von Räten imd Bediensteten ist schon von den Zeitgenossen, namentlich wieder Lambert von Hersfeld, romanhaft ausgeschmückt, und
auch die weiteren Vorgänge sind in ihrem historischen Kern imter
der Fülle phantasievoller imd tendenziöser Entstellungen nicht leicht
herauszuerkennen.
Der Papst, dem die über die unerwartete
Wendung der Dinge bestürzten deutschen Fürsten das versprochene
Geleit nicht gesandt hatten, zog sich auf die Kunde von der Ankimft des Königs in der Lombardei erschreckt auf die im Besitze
der Gräfin Mathilde befindliche Feste Canossa zurücL
Heinrich
aber enttäuschte die kriegerischen Hoffnungen seiner lombardischen
Anhänger und erschien friedlich vor der Burg.*)
der Aufierung v. D. Schäfer (Hist. Zeitschr. 96) kann ich mich nicht anschlieflen.
R. Friedrich, D. Wirkungen der Wormser Synode usw. (Hamb. Progr. 1908)
hält gleich mir den ganxen Text für echt
Seine sonstige Au£fas8ung teile
ich nicht.
Der Tennin war anfangi der 6. Jan., dann der 2. Feb. 1077.
Die weltberühmte Canossaszene ist sowohl ihrem Verlauie, als ihrer
Benrteüung nach in neuerer Zeit bedeutsamen Wandlungen der Auffminig
*)
*)
4*
52
I.
Die Zeit der
Salier,
Der steile Canossafelsen mit seiner damals uneinnehmbaren,
aber räumlich beschränkten Burganlage erhebt sich etwa fünfzig Meter
hoch aus dem von Giesbachschluchten zerrissenen, unwirtlichen
Plateau des zur Poebene abfallenden Apennin. Wahrscheinlich an
seinem Fuße hat Heinrich mit wenigen Begleitern drei Tage lang
geweilt und sich in der kirchlichen Büßertracht, mit nackten Füßen
und härenem Gewände, trotz strenger Winterkälte wiederholt vor
dem Burgtor einlaßheischend gezeigt. Ein zeitweiliges Bußestehen
wird sich kaum in Abrede stellen lassen,*) aber daß der König
drei Tage imd Nächte ohne Unterbrechung auf Eis und Schnee
gestanden habe, ist eine schon von den Zeitgenossen vorgenommene
Vielmehr verging
Übertreibung, die bis in unsere Tage fortwirkt.
zum mindesten ein Teil der Zeit unter Verhandlungen Heinrichs
mit dem Papste durch Mittelspersonen, wie seinen Taufpaten Abt
Hugo von Cluny und seine Verwandte Gräfin Mathilde. Dieser
gelang es denn auch endlich, wohl am 28. Januar 1077, vom
In Bußtracht vor Gregor erPapste die Zulassung zu erwirken.*)
scheinend, verpflichtete sich Heiruich durch den Eid der anwesenden Reichsfürsten, in seinem Streite mit den deutschen Gegnern innerhalb einer zu bestimmenden Frist die Vermittlung oder den Schiedspruch des Papstes anzuerkennen vmd dessen Reise nach Deutschland weder selbst, noch durch seine Anhänger zu gefährden. Darauf
vollzog Gregor die Lösung vom Banne und erteilte dem König
das Abendmahl, das er indes nicht wie Lambert von Hersfeld
unterworfen gewesen. Grundlegend für die Erkenntnis des äußeren Hergangs
waren die Untersuchungen von Holder-Egger (Neues Arch. 19), die von
Meyer v. Knonau, Deutsche Zeitschr. f. Gesch. 11, Otto, Mitt. d. Inst. £,
Haller, Neue Jahrb. f. d. klass. Altertum usw. 1906 in
Ost. Gesch. (18),
Als die sichersten Quellen haben
einzelnen Punkten weitergeführt wurden.
der eigene, immerhin tendenziös färbende Bericht Gregors an die deutschen
Fürsten (Jaff6, Bibl. II, 256) und das urkundliche Versprechen Heinrichs (M.
G. Const. I, 115) zu gelten. Daneben kommt vor allem der spätere Donizo
(vgl. oben S. 4) wegen seiner Lokalkenntnis in Betracht.
^) Ausschlaggebend namentlich die meist übersehene Stelle Donizo II, 6755.
*) Die entscheidende Zusammenkunft zwischen
Heinrich und Mathilde
fand nach Donizo in einer Kapelle des heiligen Nikolaus statt, über deren
Lage die Forscher neuerdings streiten. Nach meiner Kenntnis der Örtlichkeit
muß ich ihre Verlegung in die Burg selbst, wo nur die Kapelle des Apolloniusklosters in Betracht kommt, völlig ablehnen.
Am Fuße des Felsens könnte
sie gelegen haben; da aber eine Nikolauskapelle in der Burg Montegiovanni
(Montezane) bei dem nördlich gelegenen Bianello existiert hat, so scheint mir
die darauf gerichtete Vermutung von Campanini (Canossa, Guida storica illustrata
1894 S. 91 ff.) durch die Bemerkungen Bresslaus (N. Arch. 33, 531),
daß jene Nikolauskapelle nicht vor 1285 nachweisbar ist, noch keineswegs
Heinrich müßte dann, verzweifelt, schon im Begriff gewesen sein,
abgetan.
rex
recedere
nach Norden abzuziehen, wie Donizo andeutet („Cumque
Nicholai"),
vellet cappellam sancti petit
—
—
—
§
5-
Der Kampf zwischen Heinrich IV. und Gregor
VII. (1075
— 1085).
^3
glauben machen will, zu einem Gottesgericht gestaltete. Die Frage
des Investiturverbotes scheint bei dieser ersten Zusammenkvmit
nicht erörtert zu sein, doch fand sechs Tage später noch eine
zweite in Bianello statt, bei der man für weitere Verhandlungen
Auf dem Wege dorthin
ein Konzil in Mantua in Aussicht nahm.
ward Gregor durch die Feindseligkeiten der lombardischen Bischöfe
zur Umkehr bewogen.
Heinrich wandte sich um Ostern nach
Deutschland zurück.
fSSSls
So der äußere Verlauf. Was aber bedeutete Canossa? Nach
der älteren Auffassung einen uneingeschränkten Triumph des Papsttvmis, nach der neueren einen politischen Sieg des Königs. Man hat
sich nach beiden Seiten hin vor Übertreibungen zu hüten i) und
die Dinge nicht nach dem modernen Empfinden zu beurteilen.
Der kirchliche Bußakt hatte für die Zeitgenossen nicht ganz das
Demütigende 2), das er für uns hätte, imd andererseits wäre es verkehrt, den Vorgang, bei dem starke Gemütserschütterungen hüben
und drüben mitwirkten, ausschließlich als ein politisches Rechenkimststück hinzustellen. In Gregor trug nach dreitägigem, schwerem
Kampfe der Priester, der dem bußfertigen Christen die Absolution
nicht verweigern koimte, schließlich den Sieg davon, aber freilich
erst, nachdem der Politiker sich hinreichend gesichert zu haben
glaubte.
Er gestand nichts weiter zu, als die Wiederaufnahme in
den Schoß der Kirche, nicht eine volle Wiedereinsetzung in das
Königtum 8).
Die Sache des Reiches sollte, wie er sofort den
deutschen Fürsten schrieb, durchaus in der Schwebe bleiben, sein
Ziel war nach wie vor das Schiedsgericht über die Parteien in
Deutschland mit der stets offen gehaltenen Möglichkeit, sich je
nach dem Maße der Zugeständnisse auf diese oder jene Seite
zu stellen und die Bedingungen, die er Heinrich auferlegte, sollten
dies Ziel sichern. Aber der Reise nach Deutschland, an der Gregor
noch im Mai festhielt, türmten sich immer neue Hemmnisse entgegen, bis ihn im Sommer die Kunde von Unruhen in Rom einstweilen dorthin zurückrief.
Die Politik seiner nächsten Jahre blieb
gleichwohl von demselben Ziele beherrscht.
Auf der andern Seite war es Heinrich, der die Absolution
stürmisch begehrte, schwerlich ohne jegliche Einwirkvmg des religiösen
Momentes, in der Hauptsache aber doch, weil ihm der Bann die
*)
Die lächerlichen neueren Versuche, den Vorgang ru einem glänzenden
Triumph Heinrichs aufzubauschen, verdienen keine wissenschaftliche Beachtung.
immerhin Richter, Ann. III, 2, 613.
gegenteiligen Meinung der meisten neueren Forscher vermag ich
mich nicht anzuschließen, wenn auch eine gewisse Zweideutigkeit Gregors in
den nächsten Jahren zuzugeben iat.
')
Vgl.
')
Der
,
'
\
1
I.
54
Die Zeit der
Salier.
Glieder zusammenschnürte, imd er erst einmal Luft haben mußte,
um sich wieder regen zu können. Dafür war ihm schließlich kein
Preis zu hoch, selbst nicht die unerhört
demütigende Anerkennung
eines päpstlichen Schiedsgerichtes in innerpolitischen Angelegenheiten
des deutschen Reiches. Er mochte hoffen, daß Gregors Reise doch
noch zu verhindern sei, er mochte einer Entscheidung des Papstes
jedenfalls gegegenüber von vornherein stille Vorbehalte machen,
wann er durch die Absolution die Freiheit des Handelns zurück,
und er hat sie in den nächsten Jahren benützt, um durch eine
meisterhafte Diplomatie die Kurie mit leeren Hoffnungen hinzuhalten und die Vereinigung seiner Gegner auf deutschem Boden
dauernd zu hintertreiben. Indem ihm die Absolution die Möglichkeit zu dieser Diplomatie bot, gewährte ihm Canossa einen nicht
—
zu leugnenden taktischen Vorteil.
Erhebt man indes den Blick von der momentanen politischen
Lage zu dem großen Entwicklungsgange des Verhältnisses von
Staat und Kirche und vergleicht die Rolle des deutschen Kaisertums in Sutri mit dem Tage von Canossa, so liegt freilich die abschüssige Bahn, auf der sich die Reichsgewalt während des letzten
Menschenalters bewegt hatte, klar genug vor Augen: damals noch der
Schiedsrichter Europas, jetzt sich beugend unter das päpstliche Schiedsgericht, damals die Päpste durch den Machtspruch des Kaisers
abgesetzt, jetzt durch das Nachsuchen der Absolution das Bannrecht des Papstes gegenüber einem deutschen Könige, dem Abweichung vom Glauben gar nicht vorzuwerfen war, anerkannt!
Der Schritt Heinrichs mochte unter den verzweifelten Verhältnissen
klug sein, er mochte eine Wendung zum Besseren anbahnen, aber
er war doch das Siegel auf die Entwicklung der letzten Jahrzehnte,
die das Verhältnis von Kaisertum und Papsttum von Grund aus
Das allgemeine Urteil begreift politische Niederwenn sie in einem sinnfälligen Vorgang in die Erscheinung
und übersieht die Reihe der Fehler, die zu ihnen hingeleitet
gewandelt hatte.
lagen
treten,
erst,
In diesem Sinne, als das letzte Glied einer solchen Kette,
Name Canossa auch fernerhin das Symbol der Kapitulation staatlicher Macht vor kirchlichen Herrschaftsansprüchen
bleiben, das er durch Bismarck in der ganzen Welt geworden ist
Gregors Vorgehen weckte bei der deutschen Opposition lebhafte Verstimmung; die Lösung vom Banne entzog ihr zugleich
Rechtsboden und Agitationsmittel. Aber man mußte jetzt auf der
betretenen Bahn fortschreiten, auch ohne den Papst. In dem alten
fränkischen Wahlort Forchheim erhob man noch im März des Jahres
nicht etwa den fähigen, aber gerade durch seine Bedeutung den
Fürsten unbequemen Otto von Nordheim, sondern den schwäbischen
hat.
darf uns der
—
§
5-
Der Kampf zwischea Heinrich
IV.
und Gregor VDL (1075
— 1085).
55
Herzog Rudolf von Rheinfelden, einen Schwager Heinrichs, zvim
Es war ein erster Sieg des freien Wahkechtes über
Gegenkönig.
Erblichkeit und Legitimität. Wenn auch Gregor sich im Augenblick
zurückhielt und seinen Legaten in Forchheim eine neutrale Haltung
gebot, so war dieser Sieg doch nur möglich geworden dvu"ch das
Zusammenwirken von Partikularismus und Papsttum, und diesen
beiden Mächten hatte das neue Königtmn die Kosten zu zahlen:
den Fürsten durch Verzicht avif jede Erblichkeit der Krone, der
Und
Kurie durch das Zugeständnis der freien Bischofswahlen, i)
auch darüber hinaus erklärte sich Rudolf dem Papste gegenüber zu
j^lichem Gehorsam bereit So drohte dem Reiche bereits damals
Aber
ein Schattenkönigtum ähnlich dem eines Adolf von Nassau.
noch besaß das legitime Herrscherhaus überiegene Kräfte. Mit der
Rückkehr Heinrichs nach Deutschland imd der dort von ihm ausgesprochenen Absetzung der süddeutschen Herzöge begann der
offene Bürgerkrieg.
Es gut hier nicht, allen kriegerischen und diplomatischen
Schwankungen desselben zu folgen, sondern nur das Wesentlichste
herauszuheben. Der eigentliche Herd des Widerstandes blieb Sachsen,
wohin sich auch der Gegenkönig wandte. Überaus hart umstritten
und furchtbar verwüstet ward Schwaben. Es war das Herzogtiun
Rudolfs, der diese Würde bald seinem Sohne Berthold überließ;
Hauptbesitzungen der beiden andern abgesetzten
des Zähringers Berthold von
Kämthen, dort war das Wirkungsgebiet der Hirschauer Mönche.
Aber auch Gut und Anhang des Königs waren da beträchtlich,
und Heinrich schuf sich nun einen getreuen Anwalt in dem Grafen
Friedrich von Büren, dem er das Herzogtmn Schwaben übertrug
und sein Töchterchen Agnes verlobte (1079). Es war gleichsam
ein Symbol für das Emporstreben des neuen Geschlechtes, daß es
seinen Sitz von dem engen, kleinen „Wäscherschlößchen" Büren,
das heute die vunliegenden Gehöfte kaum überragt, hinaufveri^e
auf den stolzen Gipfel des Hohenstaufen; im Kampf für das legitime
Königshaus gegen Partikularismus vmd Papsttiun betraten die Staufer
zuerst den Schauplatz der Geschichte.
Das natürliche Streben
der Aufständischen in Sachsen und Schwaben ging dahin, sich die
Hand zu reichen. Indem Heinrich zwischen sie trat, fielen die
Hauptschläge bald in der Main- und Neckargegend, bald weiter
nördlich in Thüringen; aber sie brachten niemals Entscheidung, und
wichtiger, als einige Schlappen, die er im offenen Felde erlitt, war.
dort
lagen
Herzöge,
die
des
bayrischen Weif vmd
—
^)
Der
Zweifel
wt kaum berechtigt.
Neuerer,
zuletzt
Haucks,
an dieser Nachricht Bruno«
^6
!• I>ie
Zeit der Salier.
daß dem König die Hauptsache die Trennung der Gegner dauernd
So war seine Sache in den folgenden drei Jahren in ent:
gelang.
schiedenem Aufsteigen.
Geradezu glänzend aber waren seine diplomatischen Erfolge.
Man kann es kaum anders bezeichnen: während dreier Jahre ist
es ihm durch eine unvergleichliche Kunst, die offen mit allen Mitteln
der Hinhaltung, Verstellung vmd Bestechung arbeitete, gelungen,
einen Gegner wie Gregor VII. regelrecht an der Nase hermnzuführen.
Das wurde erleichtert dadurch, daß der Papst die Aussichten des Gegenkönigs von vornherein nicht mit Unrecht gering
anschlug und daher eine Verständigung mit dem Salier gegen
entsprechende Zugeständnisse bevorzugt hätte, daß er überdies
während der ganzen Zeit wie hypnotisiert nur auf das eine Ziel
des Schiedsgerichtes über die Parteien stierte, das ja in der Tat
dem Papsttiun den höchsten Trimnph eingebracht haben würde,
imd daß er aus diesem Grunde den abermaligen völligen Bruch
mit Heinrich, der das päpstliche Schiedsgericht mit Worten stets
anerkannte und es in die Wege leiten zu wollen schien, wieder
imd wieder hinausschob. Darob gereizte Klagen der sächsischen
Opposition, die hier weit klarer sah als der Papst, Scheinfriedensverhandlungen ohne Ergebnis, Zenvürfnisse zwischen Rudolf und
den Sachsen, Festigung der königlichen Partei, wachsende Zuversicht
Heinrichs, der am Ende gar einen päpstlichen Unterhändler in
seinen heimlichen Dienst zu ziehen wußte und im Beginn des
Jahres 1080 vom Papste voll Übermut die Bannimg Rudolfs imter
Drohung mit der Aufstellung eines Gegenpapstes gefordert haben solU
Gregor mußte sich entschließen, mit seiner völlig verfehlten
Auf der Fastensynode von 1080 verZauderpolitik zu brechen.
kündete er zum zweiten Male in der Form eines Gebetes an die
beiden Apostelfürsten den Bann über Heinrich. In den leidenschaftlich erregten Darlegungen klang der Zorn über die eigne
Niederlage nach. Konnte die Oberhoheit der Kurie nicht in jenem
Schiedsgerichte zum Ausdruck kommen, so sollte nun der Gegner
der päpstlichen Weltherrschaftstendenzen, die hier ganz unverhohlen
ausgesprochen und in dem großen programmatischen Schreiben an
Bischof Hermann von Metz (1081) noch eingehender begründet
wxurden, zerschmettert werden. In prophetischem Tone sagte er am
Ostermontag von der Kanzel der Peterskirche herab Heinrichs Untergang in einer ganz nahen Frist voraus und bat, ihm, dem Papste,
künftighin nicht mehr zu glauben, wenn sich das nicht bewahrheiten
sollte, so tief war er durchdnmgen von der Gewißheit eines unmittelbaren
Einschreitens
der Apostel
für
ihre
Kirche.
—
Der
endgültigen Abkehr von Heinrich entsprach die Anerkennimg Rudolfs
§
5.
Der Kampf i wischen Heinrich
IV.
und Gregor
VII. (1075
— 1085).
cy
König von Deutschland, von dem der Lehensleid, falls nicht
mehr geleistet, doch jedenfalls erwartet wurde.
Alles hing davon ab, ob dieser zweite Bann noch denselben
Eindruck machen würde, wie der erste. Abgesehen von der abstiunpfenden Wirkung jeder Wiederholung imd der Enttäuschung
der friedebedürftigen Massen über diese neue Kriegserklärung kam
als
wirklich
Haltung des deutschen Episkopates, ein
Fastensynode in Betracht, der die letzten
Absichten der Kurie in der Frage der Bistumsbesetzung mit vollkommener Deutlichkeit enthüllte. Papst oder Metropolit sollten die
Vornahme jeder Wahl durch einen Visitator anordnen, ihre Zustimmung dazu erteilen, bei einem unrechtmäßigen Verlaufe aber
das Wahlrecht durch „Devolution" dauernd an sich nehmen. Bedenkt man, daß die Kurie schon seit einiger Zeit bestrebt war, die
Erzbischöfe durch die Verpflichtung sofortiger Pallieneinholung sowie durch besondere Gehorsamseide eng an sich zu ketten, so wollte
die Erwähnung des Metropoliten nicht viel heißen, und der Beschluß
besagte nicht weniger, als daß das Papsttum sich mit der kaum
geforderten freien kanonischen Wahl nicht mehr begnügen, sondern
seinen maßgebenden Einfluß an die Stelle des königlichen setzen
wollte. Das blieb in der Tat das Programm der Kvuie, bis Innozenz III.
es verwirklichte; schon Gregor aber setzte es im Machtgebiete des
Gegenkönigs Rudolf in Kraft, Das mußte die deutschen Bischöfe
Vor die Frage gestellt, ob sie deutsche Reichsstutzig machen.
fürsten oder Diener des Papstes sein wollten, entschied sich die
Mehrheit doch für das erste und scharte sich in dem neuen Kampfe
da,
namentlich
für
weiterer Beschluß
die
der
lun König Heinrich.
Auf
sie gestützt, tat dieser jetzt
dem man 1076 bei dem allgemeinen Abfall
kommen war: auf der Synode von Brixen (1080)
zu
den
nicht
Schritte
mehr ge-
erfolgte nicht niu:
und Bannimg Gregors, sondern auch die
Aufstellung eines Gegenpapstes. Stimmung und Einzelvorgänge erinnerten an Worms. Jener Elardinal Hugo Candidus war abermals
zugegen und betrieb die Verhetzung mit noch viel abgeschmackteren
die erneute Absetzimg
Verläumdungen, die in der Anklage gipfelten, Hildebrand habe seine
vier Vorgänger durch Gift aus dem Wege räumen lassen.
Noch
war man auf beiden Seiten nicht imstande, einen Kampf auf Leben
und Tod ohne persönliche Verunglimpfung des Gegners zu führen.
Auch der neue Gegenpapst Erzbischof Wibert von Ravenna, ein
Mann von unbescholtenem Wandel, der, die alte Rivalität Ravennas
mit der Feindschaft der lombardischen Bischöfe gegen Rom in seiner
Person vereinend, seine Rolle zwei Jahrzehnte lang mit ungemeiner
Klugheit und Tatkraft durchgeführt hat, wurde von Gregor bald
genug als Verbrecher gekennzeichnet. So ging
ein völliger
mm
I.
58
Die Zeit der
Salier.
Riß durch die deutsche Welt. „O beklagenswertes Antlitz des
Reiches," schrieb damals der Augsburger Annalist, „wie man bei
einem gewissen Komiker (Plautus) liest: „„Alle sind wir gedoppelt"",
so sind die Päpste gedoppelt, die Bischöfe gedoppelt, die Könige
gedoppelt, die Herzoge gedoppelt."
Als
Heinrich sich nach
neuem Heere
in
Thüringen
Deutschland
bis zur Elster
zurückwandte imd mit
vorrückte,
lächelte
ihm
einmal auch das sonst so neidische Glück.
Er selbst erlitt zwar
abermals eine Niederlage, aber sein Gegner Rudolf erlag seinen
Kampfeswunden (1080). So eigenartig ging Gregors Prophezeihung
in Erfüllung, und daß dem Rebellen, der seinem König den Treueid gebrochen hatte, gerade die rechte Schwurhand abgehauen war,
verstärkte noch den Eindruck eines Gottesgerichtes. Heinrichs Herrschaft
in Deutschland war, wenn auch eine Verständigung mit den Gegnern
nicht erreicht wurde, vorderhamd so wenig mehr gefährdet, daß er
sich gegen seinen Hauptfeind, den Papst, wenden konnte. Diesmal
sollte dem Absetzungsbeschluß die bewaffnete Vollstreckimg folgenGregors Lage war wenig beneidenswert. Zwar hatte er gleich
bei dem erneuten Bruche mit dem Kaiser sich eines kraftvollen
Helfers in Süditalien zu versichern gesucht, indem er die eigenmächtigen, auch die päpstlichen Rechtsansprüche einschränkenden
Gebietserweiterungen des Herzogs Robert Guiscard anerkannt und
dafür von jenem den Lehenseid genommen hatte, aber der trotzige
Vasall war doch allzusehr mit seinen eignen Eroberungsplänen, die
ihn ebendamals gegen Byzanz nach Griechenland hinüberführten,
beschäftigt, als daß vorerst auf seine tatkräftige Unterstützung zu
rechnen gewesen wäre.
In der Lombardei war auf die Erhebung Wiberts zum Gegenpapst ein neuer Aufschwung der Anhänger Heinrichs gefolgt Unbedingt konnte sich Gregor nur auf
seine allzeit getreue Helferin die Gräfin Mathilde verlassen. Eben
hatte sie ihre Ergebenheit aufs neue glänzend bewährt, indem sie
die gewaltige Masse ihrer Eigengüter, die sich, abgesehen von den
—
lothringischen Besitzungen, in Streulage von
dem
östlichen
Ober-
xmd der Romagna über die Landschaften an der Nordseite
des Apennin nach Lucca und weiter südlich bis nach Siena imd
Perugia erstreckten, und die in der Reichsgeschichte des folgenden
italien
Jahrhunderts eine so bedeutsame Rolle spielen sollten, der römischen Kirche zu Obereigentum vermacht und als freiverfügbares
Lehen zurückerhalten hatte, i) Unermüdlich und opferbereit hat sie
*) Diese frühe Schenkung ist gegen Giesebrechts Zweifel von ScheiSerBoichorst, Gesammelte Schriften I S. SjS. gesichert. Über Mathilde und die
weitere Geschichte ihres Gutes unterrichtet am besten das Buch Ton Otctmann, Gräfin Mathilde von Tuszien, 1895.
§
5-
D«
Kampf iwischen Heinrich
IV.
und Gregor VIL (1075
— 1085).
^g
den Widerstand g^en Heinrich organisiert; aber der
verfallen,
in der Lombardei geschlagen, in Tuszien
durch die städtefreundliche Politik des Königs eingeengt, ward sie
in die Verteidigung zurückgeworfen und konnte den Marsch des
Königs auf Rom nicht hindern. So lag Gregors Heil einzig in der
Zuverlässigkeit der Römer.
Viermal ist Heinrich in den folgenden vier Jahren (1081
84)
vor die Mauern der ewigen Stadt gezogen imd hat sie berannt,
stets beim Beginn der heißen Jahreszeit die Belagerung mit seinen
Deutschen abbrechend und dann die weitere Beobachtung Roms
dem Gegenpapst mit den italischen Truppen überlassend. Nachdem 1083 auf dem rechten Tiberufer die Leostadt mit der Peterskirche erstürmt war, während Gregor sich in der Engelsburg behauptete, ward gegen Ende des Jahres noch ein letzter VerstänEine aus beiden Lagern zu beschickende
digvmgsversuch gewagt
römische Synode sollte den Streit entscheiden; aber von vornherein wenig aussichtsvoll, scheiterte das Unternehmen an dem erwachenden Mißtrauen des Königs, der nun das versprochene Geleit aufGregors
hob und die Reise der Prälaten nach Rom hinderte.
auch
jetzt
Reichsacht
—
Mindestforderung für die verlangte Kaiserkrönung blieb eine öffentDazu verstand sich der im vollen
Heinrichs.
Die Gegensätze
Siege begriffene Herrscher nicht noch einmal.
waren imversöhnlich. Und nun wuchs die Friedenspartei in der
Stadt Selbst im Klerus bis tief hinein in das Kardinalskollegium
Im Frühjahr 1084 kormte Heinrich triumbegann der Abfall.
phierend seinen Einzug auch in das linksseitige Rom halten. Dort
bestätigte eine vom König berufene Synode die Absetzimg Gregors
und die Wahl Wiberts, der die Weihe empfing und sich nvm
Klemens HL nannte, mit unverkennbarer Beziehung auf die Synode
von Sutri, auf der ein andrer Gregor einem kaiserlichen Klemens
Heinrich ließ sich und seiner Gemahlin
hatte weichen müssen.
Bertha von seinem Papste die Kaiserkrone aufs Haupt setzen.
Er stand am Ziel seiner Wünsche, und allzu wesentlich änderte sich seine Lage auch nicht, als er sich kurz darauf vor dem
gewaltigen Heere, das Robert Guiscard nun endlich zum Entsatz
des noch immer in der Engelsburg ausharrenden Papstes herbeiDenn die entsetzliche
führte, nach Norden zurückziehen mußte.
Plünderung, welche von Seiten der Normannen über die Stadt erging und sie recht eigentlich erst zur Ruine machte, weckte einea
derartigen Groll der Bürger auch gegen Gregor, daß ein ferneres
Verweilen in Rom ohne den Schutz der normannischen Schwerter
für ihn zur Unmöglichkeit wurde, imd der Gegenpapst dort wieder
liche Bußleistung
für einige Zeit seinen Sitz aufschlagen konnte»
6o
ist
!•
der Salier.
I^'c Zeit
Gregor folgte seinem Befreier nach dem Süden, mid in Salemo
durch die Aufregimgen und Entbehrungen der letzten Jahre
er,
offenbar körperlich gebrochen,
am
Mai 1085
gestorben. Seine
aber er endete im
deutlichen, niederdrückenden Gefühl des Unterliegens. Seine letzten
Worte versteht man in ihrer bitteren Schärfe erst ganz, wenn man
sie neben die zugrunde liegende Bibelstelle hält.
Da heißt es von
dem erhofften Messias: „Du liebest Gerechtigkeit und hassest gottloses Wesen; darum hat dich Gott, dein Gott, gesalbet mit Freudenöl mehr denn deine Gesellen," So sagte Gregor mit starker
Selbstgerechtigkeit, der gar nicht der Gedanke auftauchte, ob nicht
etwa auch eigne Fehler die Niederlage verschuldet hätten: „Ich
25.
geistige Energie blieb bis zuletzt imgeschwächt,
habe die Gerechtigkeit geliebt und gottloses Wesen gehaßt", und
dann mit umso schneidenderem Gegensatze: „darum sterbe ich in
der Verbannvmg".
Gregor VII. hat dem Papsttum entschiedener als alle seine
Vorgänger, selbst Nikolaus I., die Richtung auf Weltherrschaft aufgeprägt, er hat die Romanisienmg der katholischen Kirche zwar
nicht eingeleitet, aber vollendet, d. h. die Lösung von der deutschen
Herrschaft und dem deutschen Einfluß, die Basierung hauptsächlich auf die romanischen Länder und die Durchführung des dem
romanischen Geiste entsprechenden imd aus ihm geborenen cluniazensischen Subordinationssystems in der ganzen Kirche mit dem
päpstlichen Absolutismus an der Spitze.
Indem er diese von ihm
gewiß nicht erzeugten Ideen mit einem Nachdruck vertrat, daß sie
Jahrhunderte hindurch fortwirken mußten, hat er die weltgeschichtliche Entwicklimg so entscheidend beeinflußt, daß der, welcher
sich über die von der Reformationszeit her in die Gegenwart hineinragenden Konfessionsgegensätze zu erheben vermag, ihm vmbedenklich den Anspruch auf historische Größe zugestehen wird.
§
6.
Die Fortsetzung: des Kampfes bis
Heinrichs IV.
zum Tode
(1085—1106).
Gregors Hinscheiden bedeutete einen tiefen Einschnitt in dem
großen Kampfe.
Unter seinem Nachfolger, dem milden Abte
Desiderius von Montecassino, der sich, in Anlehnung an den letzten
kaiserfreundlichen Papst,
Viktor III. nannte,
schien
ein Ausgleich
Aber er beherrschte nicht die Lage, fühlte sich
mehr als Abt, denn als Papst, war kränklich und starb bereits 1087.
Mit der Wahl Urbans IL im folgenden Jahre begann die zweite
Phase des Kampfes. Wir haben nachzuholen, wie sich die Dinge
nicht immöglich.
in Deutschland bis dahin gestaltet hatten.
§
6.
Die Fortsetzung des Kampfes
bis
rum Tode Heinrichs
IV. (1085
—
1
106).
5l
Schwankungen und Bemühungen war 1081
Gegenkönigtum zustande gekommen. Der Lützelburger
Hermann, Graf von Salm, war der Erkorene; „ein Ungeachteter,
welchem die Ehre des Königreichs nicht zugedacht war", so nannte
ihn ein Publizist nach dem Worte Daniels, König „Knoblauch",
Es war der Fluch der Aristokratenso hieß er im Volksmvmde.
wahl, daß man auch jetzt an dem Fähigen und Mächtigen, der
Erst nach langen
ein neues
sich vielleicht durchgesetzt hätte, vorbeiging, weil
man
ihn fürchtete.
Otto von Nordheim erklärte sich nach einem Augenblick verstimmten
Schwankens schließlich doch für den neuen König imd führte ihm
die Sachsen zu; doch starb er schon 1083, imd seitdem sank
Hermanns Machtstellung noch mehr zvun bloßen Schattenkönigtum
Gregor, der für den neuen Herrscher die Formel eines
herab.
Lehenseides nach Deutschland gesandt hatte, war mit der getroffenen
einverstanden gewesen, und es ist vielleicht nicht
Schuld seiner eingeschränkten Lage in Rom und
unserer für diese Jahre dürftigeren Überlieferung, daß wir von immittelbaren Beziehungen zwischen ihm und Hermann nichts erfahren.
Die Erfolge Heinrichs in Italien und seine Rückkehr nach
Deutschland im Schmucke der Kaiserkrone (1084) förderten dann
noch den an sich schon günstigen Stand seiner Sache, An eine
Beendigung des Bürgerkrieges war gleichwohl noch nicht zu denken.
Aus den wirren Kämpfen der folgenden Jahre heben sich nxu"
wenige Momente von höherer Bedeutung hervor. Wenn Heinrichs
Versuch, zur Deckung seiner italienischen Anleihen nicht nur die
deutschen Fürsten zu Abgaben heranzuziehen, sondern namentlich
Wahl keineswegs
ausschließlich
auch die gesteigerten wirtschaftlichen Kräfte der emporblühenden
Städte auszunutzen, von diesen gewiß nicht mit Wohlgefallen aufgenommen wurde, so gewann er doch alle an der Herstellung friedlicher Zustände interessierten Kreise des Volkes aufs neue durch
sein Eingehen auf die von Westen her vordringende Idee des
Gottesfriedens.
Königtmn
dieser
Noch
unter
kirchlichen
Heinrich
Hilfe
III.
entraten
hatte
zu
das
deutsche
können geglaubt
Seitdem waren bei der steigenden Friedlosigkeit zuerst in Lüttich
mit Zustimmung Heinrichs Ordnungen im Sinne des französischen
Gottesfriedens erlassen (1082), dann waren sie ähnlich für die
ganze Kölner Kirchenprovinz beschlossen (1083), jetzt verkündete
der Kaiser den Gottesfrieden für das ganze Reich (1085). Damit
trug er zur weiteren Beruhigung bei, festigte sein Verhältnis zur
deutschen Kirche und erwarb sich neue Zimeigtmg der Massen.
Von derselben Zeit an begann die Zersetzung des festesten
Heinrich gewann einen Teil der Sachsen
Blockes seiner Feinde.
dvirch Bestätigvmg ihres alten Rechtes (1085). Den unruhigen Ehr-
62
I.
Die Zeit der
Salier.
des Markgrafen Ekbert von Meißen (f 1090) hielt er durch
den Böhmenherzog in Schach und belohnte dessen Treue mit der
Königskrone. Die gregorianischen Bischöfe zur Anerkennung seines
G^enpapstes zu bewegen, gelang zwar nicht; mit der politischen
Anerkennung seines Kaisertums mußte er sich begnügen. Aber
im Wesentlichen konnte die Erhebung der Sachsen als beendet
gelten, als Heinrich 1088 friedlich unter ihnen erschien. Hermann
von Salm hatte sich schon vorher, an seinem Königtum verzweifelnd,
in seine lothringische Heimat zurückgezogen und kam in dem
gleichen Jahre bei der Erstürmung einer Burg ums Leben.
geiz
Inzwischen war der Kampf auch mit geistigen Waffen in steigender
Lebhaftigkeit geitihrt worden, und obwohl wir es mit einer einzigen Ausnahme
ausschließlich mit geistlichen Publizisten zu tun haben, kann man auch auf
diesem Gebiete nicht sagen, daß die kaiserliche Sache irgendwie zurückgestanden
hätte, im Gegenteil, in Deutschland wenigstens sind ihre Vertreter doch eher
Denn dem schroffen
als die vornehmeren und überlegenen zu bezeichnen.
gregorianischen Sachsen Bernhard, dem geschäftigen Schwaben Bernold
V. St. Blasien, dessen publizistische Tätigkeit an seine historiographische
Leistung nicht heranreichte, dem grobklötzigen , fanatischen Manegold t.
Lautenbach, der die staatsumwälzenden Theorien Gregors sich ganz zu eigen
machte und unter dem Einfluß naturrechtlicher Vorstellungen ausführte, das
Volk könne einen pflichtvergessenen Herrscher mit dem gleichen Rechte absetzen, wie man einen Schweinehirten davonjage, der die anvertrauten Schweine
diesen päpstlichen Publizisten stehen auf der Gegenseite
nicht behüte,
mit überlegener Gedankenarbeit und Sachlichkeit gegenüber: der formell
maßvolle, aber inhaltlich durchaus entschiedene Scholastikus Wenrich v.
i d o , später Bischof v. OsnaTrier, der gründliche und tüchtige Kleriker
brück, der insbesondere das päpstliche Bannrecht über den König bestritt,
—
W
allen andern voran der uns unbekannte Hersfelder Mönch'), der in
seinem schon 1084 begonnenen, 1090 im Wesentlichen abgeschlossenen „Buche
über die Erhaltung der Kircheneinheit" das Königtum unmittelbar von Gott
herleitete, der Kirche aber, der Gesamtheit aller Gläubigen, jede irdische Gewalt
Das waren der Zeit vorauseilende Gedanken, die noch von Ulrich
absprach.
von Hütten, der das Büchlein wieder entdeckte, wirksam in den großen Refonnationsstreit geworfen werden konnten.
Anders war das Verhältnis in Italien, wo das geistige Übergewicht bei
den Gregorianem lag. Dort leisteten Bischof Anselm vonLucca und Kardinal
Deusdedit, die nebenher auch als Publizisten hervortraten, die für das Fortwirken der gregorianischen Ideen imvergleichlich wichtige Arbeit der Kodifikation des fortentwickelten und umgestalteten Kirchenrechts, während Bischof
Bonizov. Sutri die kirchengeschichtliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte
Mit ihnen konnten
in die von der Partei gewünschte Beleuchtung rückte.
sich auf der andern Seite der lügenhafte, wenn auch als energischer Verteidiger der kaiserlichen Herrschaft über das Papsttum immerhin beachtenswerte Bischof Benzo v. Alba imd der widerliche Pamphletist Beno, ein von
Gregor abtrünniger Kardinal, an geistiger Bedeutung freilich nicht messen;
doch fehlte es auch hier im Lager des Gegenpapstes nicht an gediegenen,
maßvolleren Streitschriften, wie etwa der des Bischofs Wido v. Ferrara,
imd
spätere Bischof Walram von Naumburg, wie man
^) Wohl nicht der
lange vermutet hat, vgl. Meyer v. Knonau in Festgaben f. Büdinger 1898.
§
6.
Die Fortsetzung des Kampfes
bis
zum Tode Heinrichs
IV. (1085
—
1
106).
63
imd der aus der ravennatischen Rechtsschule hervorgegangene Jurist Petrus
Crassus, der das deutsche Kaisertum mit Sätzen des römischen Privatrecht«
Terteidigte und für die Erblichkeit der Krone eintrat, war als Laie in diesem
ganzen Kreise eine einzigartige Erscheinung.
reihten diese Publizistea vielfach Bibelstelle an Bibclstelle, gaben
statt logischer Beweise; aber die Notwendigkeit,
zwischen widersprechenden Quellenbelegen selbständig Stellung zu nehmen,
erschütterte den Autoritätsglauben und schärfte die Urteilskraft. Manche dieser
Noch
und Spitzfindigkeiten
Bilder
Schriften verrieten doch bereits Spuren der befreienden Wirkung,
gewaltige Ringen, wie jeder frische Kampf der Geister, ausübte.
—
Heinrich IV.
Höhe
seiner
stand
Erfolge.
die die«
damals im besten Mannesalter, auf der
Mit rastloser Tatkraft und erstaunlichem
Geschick hatte er sich aus den widrigsten Verhältnissen emporgerungen zu fast allgemeiner Anerkennung. Aber wieder, wie nach
dem Sachsensiege, versagte ihm das Geschick ruhige Befestigung;
aufs neue riß es ihn in den Strudel des Kampfes imd traf ihn
mm
mit noch viel furchtbareren Schlägen.
Ein überaus gefährlicher Gegner war ihm in dem neuen Papste
Urban II. (1088 99)^) erwachsen, einem Nordfranzosen, der lange
—
Jahre als Mönch in Cluny gelebt hatte, dann von Gregor zmn
Sofort verkündete er der
Kardinalbischof von Ostia erhoben war.
Welt seine völlige Übereinstinmaung mit der Richtimg seines großen
Vorgängers, doch wich er in der Taktik erheblich von ihm ab; geschmeidiger und realpolitischer, ohne Gregors starren Idealismus
ztmächst alle Kräfte auf das nähere Ziel der allseitigen Durchsetztmg seines Papsttxuns sammehid, zu kleineren Zugeständnissen
stets bereit, wenn er damit einen Schritt vorwärts tun konnte, in
den Mitteln noch weit
skrupelloser als jener, hat er es verstanden,
neu zu stützen
Für Heinrich wäre ein Ausgleich mit ihm imter
Preisgabe des Gegenpapstes vielleicht möglich gewesen, indes dazu
wollte xmd konnte er sich nicht verstehen; die Personenfrage war
die päpstliche Macht, der bereits der Einsturz drohte,
und auszubauen.
mit der sachlichen Entscheidimg durch die einmal vollzogene Parteibildung allzu eng verquickt. Aber in kirchlicher Hinbicht erwiesen
nun die folgenden Jahre seine Sache unzweifelhaft als eine verlorene.
In Deutschland lichteten sich die Reihen der wibertistischen Bischöfe,
denen Urban goldene Brücken baute, mehr und mehr; wie schon
vorher in Sachsen, konnte sich Heinrich damit immerhin abfinden,
wofem ihm nur die politische Anerkennung gezollt wurde. Wenn
aber so wenigstens seine weltliche Machtstellung diesseits der
Alpen vorderhand nicht ernstlich zu erschüttern war, ging ihm
*)
Eine umfiusendere Würdigung seines Lebens imd «einer PersönlichDie neuere Biographie von Paulot (1903) ist historisch un-
keit fehlt völlig.
brauchbar.
64
nun
I.
Die Zeit der
die Herrschaft über Italien in
Salier.
den neunziger Jahren
fast völlig
verloren.
Um
die in letzter Zeit arg vernachlässigten Beziehungen zur
deutschen Opposition wieder fester zu knüpfen und ihr neue Kraft
zu verleihen, hatte Urban 1089 eine ähnliche Kombination, wie sie
schon Heinrich III. nach Italien getrieben hatte, zustande gebracht,
indem er die unnatürliche und rein politische Vermählung des siebzehnjährigen gleichnamigen Sohnes des Herzogs Weif mit der über
vierzig Jahre alten Mathilde von Tuszien vermittelte, eine Verbindung, die, von der einen Seite nur in Erbschaftshoffnung eingegangen, von der andern als ein weiteres Opfer an die Kirche
betrachtet und kamn von aussichtsvoller Dauer, zunächst doch
einen für Heinrich überaus bedrohlichen, nahezu geschlossenen Zug
feindlichen Gebietes von Süddeutschland bis Tuszien herstellte, der
um jeden Preis zersprengt werden mußte. So begannen neue, erbitterte Kämpfe in Italien (seit 1090), die für den Kaiser anfangs
durchaus erfolgreich waren. Schon Wcir der Papst aus Rom abermals zu den Normannen vertrieben, die süddeutschen Gegner ziun
Frieden geneigt, Mathilde beinahe von den eigenen Vasallen ziun
Nachgeben gezwimgen, als nach einer unbedeutenden Niederlage
der Kaiserlichen vor Canossa zunächst eine in ihren Ursachen nicht
ganz aufgeklärte Stockung der Unternehmungen eintrat (1092), dann
aber die Heinrichs Ejräfte zeitweilig vöUig lähmenden, furchtbaren
Zerwürfnisse in seiner Familie einen gänzlichen Umschwung herbeiführten.
In ihrer Bedrängnis hatte die päpstliche Partei sich nicht davor gescheut, die Netze des Verrates unter seine nächsten AnDer Abfall seines jungen Sohnes Konrad
gehörigen auszuwerfen.
war ihr erster Erfolg. Dieser, schon seit einiger Zeit gekrönter
deutscher König (1087), aber auch jetzt noch nicht zwanzigjährig,
noch ohne ausgeprägte Eigenart, nur mit stark hervortretenden Zügen
kirchlicher Hingebung, sagte sich auf die Einflüsterungen päpstlicher
Parteigänger, unter denen die Gräfin Mathilde an erster Stelle genannt wird, von seinem Vater los und ließ sich in Mailand noch
Die Absicht war also, unter dem Auseiimial zvun König krönen.
hängeschild seines Namens Italien vom Reiche loszureißen, imd in
der Tat erfolgte nun ein neuer Aufschwung der Pataria, ein erster
Lombardenbund in engster Fühlung mit Weif und Mathilde schnitt
dem Kaiser die letzten Alpenverbindungen mit Deutschland ab und
Später trat Konrad auch
sperrte ihm jeden Tnippennachschub.
mit dem Papste in direkte Verbindung; bei einer persönlichen Zusammenkimft mit ihm in Cremona (1095) tat er ihm Marschalldienste imd leistete ihm einen Sicherheitseid, der ihn, wenn auch
§
6.
Die Fortsetzung des Kampfes
nicht in aller
Form zum
bis
zum Tode Heinrichs
Vasallen
IV. (1085
—
1
106).
65
machte, so doch tatsächlich in
von der Kurie brachte, Avie
ähnliches Abhängigkeitsverhältnis
ein
Dafür stellte ihm Urban bei entsprechenden Zugeständnissen in der Investiturfrage die Kaiserkrone in Aussicht und suchte seine Stellung durch Vermählung mit der Tochter
des mächtigen Normannengrafen Roger von Sizilien und Kalabrien
zu festigen. Das Ziel, dem Gregor so lange vergeblich nachgestrebt
hatte, die Beugung des salischen Herrscherhauses in die Abhängigdie Normannenherzöge.
des römischen Stuhles, schien so Urban mit leichter Mühe
durch eine Hintertür erreicht zu haben.
Dazu kam noch ein weiteres Zer^^-ürfnis im Schöße von Heinrichs
Seine zweite Gemahlin Praxedis oder Eupraxia,
Familie (1094).
Tochter des russischen Großfürsten von Kiew, die er zwei Jahre
nach Berthas Tode (1087) geheiratet hatte, ward wegen Ehebruchs
gefangen gesetzt, entkam mit Hilfe der Päpstlichen und stellte sich
ihnen mit den widerlichsten verleumderischen Anklagen gegen ihren
Gemahl zur Verfügung. Auch diese Waffe erschien ihnen nicht
zu schmutzig, und auf dem unter Leitung Urbans tagenden Konzil
von Piacenza wurden ihre Beschuldigungen ohne Untersuchung als
keit
gerecht anerkannt.
So sehr hatten sich in dem immer wilder und persönlicher
werdenden Kampfe die moralischen Begriffe getrübt! Eine Flut
von Unflat und Verleumdungen, in der Weitererzählung beständig
wachsend und etwa zu dem Aberwitz gesteigert, Heinrich selbst
habe den jungen Konrad zum Ehebruch mit der Stiefmutter zwingen
wollen, wälzte sich, von der Kurie gelenkt oder doch genutzt, wider
den Kaiser heran und drohte seinen Namen zu begraben. Man
versteht, daß er unter der Wucht dieses Schicksals einen Moment
in Ermattung die Waffe sinken ließ, sie vielleicht sogar, wie eine
Nachricht will, auf die Kunde von Konrads Abfall in einem Augenblicke der Verzweiflung gegen sich selbst gewandt hat.
Zugleich
verurteilte ihn die unglückliche Gestaltung der militärischen Lage
zu völliger Untätigkeit; während eines vollen Jahres (1094) erfahren
wir schlechterdings nichts von ihm.
Seine Sache war im Niedergang; er vermochte nichts dagegen zu tun.
Und während er so noch immer in einem Winkel des östlichen
Oberitaliens fast isoliert von den Weltereignissen weilte, beg^rm über
den Süden und Westen Europas der Sturm der ersten Kreuzzugbegeisterung dahinzubrausen.
Es wird stets schwer zu sondern
bleiben, wie sich dabei religiöser Gefühlsüberschwang und politische
Berechnung mischten, und beide von den Handelsinteressen der
italienischen Seestädte getragen wurden.
Urban hatte als Flüchtling
bei den süditalischen Normannen gesehen, zu welchen Ergebnissen
Hampe,
Deutsche Kaisergeicbichte.
C
66
^-
Die Zeit der
Salier.
Vorgehen gegen den Islam führen konnte. Graf
Roger hatte die verlorenen Gebiete Siziliens der römischen Kirche
zurückgewonnen und ward dafür bald (1098) vom Papste mit jenen
bedeutsamen, seine Herrschaft über die neuen Kirchen im Gegensatz zu den sonstigen kurialen Ansprüchen bestätigenden Zugeständnissen belohnt, die später unter dem Namen „Monarchia Sicula"
ein zielbewußtes
zusammengefaßt, die Jahrhunderte hindurch bis zu ihrer endgültigen
in der Geschichte des Landes
Dort hat sich nun
eine so hervorragende Rolle gespielt haben.
in Urbans Kopfe die Idee Gregors VII. zu einem klaren Angriffsplane gegen den Islam im Osten verdichtet, und bei ihm am allerwenigsten darf man daran zweifeln, daß er sich dabei der ge-
Aufhebung durch Papst Pius IX.
waltigen kirchlichen
und
politischen
Vorteile
vollauf
bewußt war,
welche dem Papsttum erwachsen mußten, wenn es die streitbare
romanische Ritterschaft durch den Bann einer großen Idee um sich
zu scharen verstand und in der Leitung einer allgemeineuropäischen
Angelegenheit in die Rolle des Kaisertums eintrat. Der Aufschwung
der päpstlichen Sache hatte Urban schon 1093 nach Rom zurückVon da reiste er in den folgenden Jahren wie in einem
geführt.
Siegeszuge, dessen Hauptetappen die großen, losunggebenden Synoden
von Piacenza und Clermont (1095) waren, durch Italien, Burgund
und Frankreich, imd als er dann, vom Strome der Begeisterung
getragen, nach Rom zurückkehrte (1096), war die Stellung des
gregorianischen Papsttums in Europa über jeden Zweifel hinaus gesichert, imd das Gegenpapsttum verlor nun auch in Italien allmählich
allen Boden unter den Füßen. Sein völliges Erlöschen sollte Urban
nicht mehr erleben (f 1099), aber auf seinen Nachfolger, den an
geistiger Energie und diplomatischem Geschick weit hinter ihm zu11 18), fiel nun der Glanz der
rückstehenden Paschalis IL (1099
großen Erfolge im Orient und hob sein Ansehen derart, daß das
Gegenpapsttum nach dem Ableben Klemens' III. (iioo) gänzlich
zusammenbrach, imd auch der Tod König Konrads (noi) den
Verlust Italiens für das Reich nicht mehr rückgängig machen konnte.
Für eine Schilderung des ersten Kreuzzuges selbst bietet die
deutsche Geschichte keinen Raum; nur obenhin ward das Reich
von der großen Bewegung berührt. Auf den Durchzug der ersten
ungeordneten Bauemmassen von Westen her nach Ungarn, die von
den friedebedürftigen Deutschen nur mit Mißtrauen betrachtet
wurden, folgten neue Scharen, die gleich in den Rheinlanden den
Kampf gegen die Ungläubigen eröffneten, indem sie allenthalben
in den Städten die entsetzlichsten Judenmetzeleien heraufführten.
Allein in Mainz wurden über tausend Juden hingeschlachtet, was
der Erzbischof Ruthard trotz des Empfangs von Schutzgeldem
—
§
6.
Die Fortsetxung des Kampfes
schließlich nicht zu
bis
zum Tode Heinrichs IV. (1085
verhindern wußte.
—
1
106).
67
Hier setzte später (1098)
eine strenge Untersuchung Kaiser Heinrichs zugunsten der Beraubten
und zum Glaubenswechsel Gezwxmgenen ein, die ihn mit dem Erz-
Endlich schloß der Durchzug
verfeinden sollte.
geordneten Marsche der Lothringer, des einzigen, halbromanischen Stammes der Deutschen, der an der Kreuzfahrt teilbischof unheilvoll
mit
dem
nahm, unter der Führung des niederlothringischen Herzogs Gottfried
von Bouillon.
Insofern kam nun die große Bewegung der Sache Heinrichs
doch auch wieder zugute, als sie die kirchlichen Kräfte vorderhand
ablenkte und das allgemeine Interesse vom Kampfe mit dem salischen
Die imheilvolle Verbindung der süddeutschen
Kaisertum abzog.
Opposition mit Italien, die vor allem die Notlage des Kaisers vervu^acht hatte, löste sich, als die in ihren Erbschaftshoffnungen getäuschten Weifen die Trennung jener imnatürlichen Ehe mit der
Gräfin Mathilde vollzogen (1095), und in seiner Verstimmung darüber der alte Weif sich gegen Anerkennung seiner bayrischen Herzogswürde mit Heinrich aussöhnte (1096). Dadurch erst wurden
diesem die Alpen zur Rückkehr nach Deutschland (1097) geöffnet,
imd es gelang ihm nun, auch in Schwaben einen befriedigenden
Ausgleich herbeizuführen, durch welchen der nach dem Aussterben
des Hauses Rheinfelden gegen den Staufer aufgestellte Gegenherzog
Berthold IL von Zähringen mit dem Reichslehen Zürich und dem
wurde (1098). Durch die Köm'gswahl seines
zweiten Sohnes Heinrich, den der Vater durch die moralische Bindung eines Treueides von den Bahnen Konrads fernzuhalten hoffte,
Herzogstitel abgefunden
demselben Jahre die salische Dynastie neu befestigt, und
nun die Verhältnisse zusehends besserten, und eine
nennenswerte Gegnerschaft diesseits der Alpen kaum noch vorhanden war, konnte Heinrich zu der gleichen Zeit, in der sich
durch Erlöschen des Schismas der kirchliche Sieg des Papsttums
vollendete (iioo), wenigstens in Deutschland von einer völligen
politischen Anerkennung sprechen, ohne daß er den Rechten des
Gern hätte er darüber
Königtimis das mindeste vergeben hätte.
hinaus den Frieden mit der Kirche hergestellt, indes sein Anerbieten,
nach dem Vorgange mehrerer süddeutscher Fürsten ( 1 1 o i ) unter
der Bedingung einer vorherigen Bannlösung selbst die Buße einer
Kreuzfahrt auf sich zu nehmen, wurde von Paschalis IL abgelehnt,
wie es derm die eigentliche Streitfrage nur zu vungehen versuchte.
Wichtig aber für Deutschland waren die Maßregeln, die auf dem
Mainzer Reichstage von 1 1 03 schon zur Vorbereitvmg dieser geplanten Kreuzfahrt getroffen waren, die Verkündigung einer Amnestie
wurde
indem
in
sich
imd der Erlaß
eines allgemeinen Reichsfriedens, der sich
nun
5*
nicht
68
I-
I^ic Zeit der Salier.
damit begnügte, gewisse Zeiten im
Fehdelust der kriegerischen Mannschaften sicherzustellen, sondern vier volle Jahre umfassen sollte, der ferner neue
Strafrechtsbestimmungen festsetzte und als Hüter des Friedens nicht
mehr die kirchlichen Organe bestellte, sondern die Territorialgewalten,
die den Reichsfrieden freilich nun auch mit manchen Abweichungen
mehr, wie der Gottesfrieden,
Jahre
vor
der
und Dauer annahmen imd durchführten. Auch so blieben
Wirkungen namentlich für die Erwerbstände der Bauern und
Bürger segensreich genug, während der durch den inneren Krieg
mächtig angeschwollene kriegerische Adel nicht ohne Unwillen seine
Nahrungsquellen: Raub und Plünderung verstopft sah.
Zum dritten Male hatte sich Heinrich mit wiedergewonnener
in Inhalt
die
—
Kraft aus der schlimmsten Notlage zu befriedigenden Verhältnissen
durchgerungen.
Wäre er in diesem Momente gestorben, so hätte
er zuletzt auf ein stürmisches und aufreibendes, aber doch auch
an Erfolgen reiches Leben nicht ganz ohne Genugtuung zurückblicken können.
Indes die schwersten Leiden und Enttäuschungen
waren dem frühgealterten Manne, der sich der Mitte der fünfziger
Jahre näherte, noch für den Schluß seines Lebens vorbehalten.
Der Abfall seines Sohnes Heinrich wird in seinen tieferen
Gründen vielleicht niemals völlig einwandfrei aufgehellt werden,
doch stimmen die neueren Forscher in ihren Annahmen darüber
einigermaßen überein. i)
Danach beobachtete der scharfblickende und kaltrechnende junge
König die Friedenspolitik seines Vaters, die ihm den kriegerischen
Adel entfremdete, ohne die ersehnte Versöhnung mit der Kirche
zu bringen, nicht ohne die Besorgnis, eine neue Erhebung möchte
dem Vater und zugleich auch ihm selbst die Krone kosten, und
daher machte er den moralisch vermessenen, aber politisch doch
milder zu beurteilenden Versuch, selbst an die Spitze der Unzufriedenen zu treten, als Feind seines Vaters mühelos, auch ohne
prinzipielle
Zugeständnisse,
imd so durch
die
die Verbindung
Sanktion
der Kirche
zu erlangen
von Legitimität und Kirchlichkeit
seine Herrschaft auf Kosten des Vaters für die Zukunft zu sichern.
*) Indem man das Motiv der Verfuhrung (so Floto u. Heyck,
Gesch.
der Herzöge v. Zähringen 1891) als unverträglich mit der frühreifen, eigenwilligen Natur des jungen Mannes ablehnte und das eines vorzeitigen Ehrgeizes (so etwa Giesebrecht) nicht ausreichend fand, indem Nitzsch' Darlegung
der ständischen und wirtschaftlichen Gegensätze jener Tage mehr die Stimmung
der Umgebung charakterisierte, als die persönlichen Motive erklärte, hat man
sich im wesentlichen auf die übrigens auch mit den zeitgenössischen Quellen
am besten übereinstimmende Ansicht geeinigt, die am eindrucksvollsten Ranke
in seiner Weltgeschichte vorgetragen hat (ähnlich etwa Meyer v. Knonau,
Richter, W. Schultze in Gebhardts Handbuch).
§6. Die ForUetmng des Kampfes
bis
rum Tode Heinrich!
IV. (1085
— 1106).
69
Immerhin hätte er, wenn er sich wirklich in solchen Gedankengängen bewegte, die Gefahr, die der Krone drohte, doch wohl
überschätzt; denn nichts berechtigt uns zu der Annahme, daß
Heinrich IV. ihr nicht Stand gehalten haben würde, wenn nur
Ich möchte daher das AllgemeinVater und Sohn einig blieben.
mensclüiche des Konflikts schärfer hervorheben. Reibungen ergeben
sich nur zu natürlich, wo Vater und Sohn gewissermaßen in einem
Unternehmen tätig sind, und werden solche Gegensätze in einer
Zeit sittlicher Verwilderung nicht mehr überbrückt durch Ehrfurcht,
König Heinrich aber war aufgeso entsteht der offene Bruch.
wachsen in einer Zerrüttung der moralischen Begriffe und Auflösung der Familienbande ohne Gleichen, in Verhältnissen, die geeignet waren, in ihm frühzeitig Argwohn, Verschlagenheit, Selbstsucht zu entwickeln, aber nicht Treue und Edelmut.
Diese nach
schrankenloser Selbständigkeit strebende Natur hatte nun der mißtrauisch gewordene Vater durch einen Treueid an sich zu ketten
versucht, der, von dem Sohne als Demütigung empfunden, nur zu
Wirkung hervorrufen konnte, zimial
den Eidbruch gegen
Verdienst hinstellten. Jene oben geschilderten
leicht das Gegenteil der gewollten
wenn
kirchliche Einflüsterungen hinzutraten, die
den Gebannten
Besorgnisse
als ein
vmd
die Einwirkimgen mißvergnügter Adliger
führten
ihn weiter..
Nach wie vor
der gealterte Kaiser, wenn auch maßvoller
fest, die deutsche Kirche in Abhängigkeit, den Laienadel im Zaum zu halten und gegen beide die emporstrebenden Kräfte von Bürgertum und Ministerialität auszuspielen, i)
Eben die Begünstigung von Angehörigen dieser beiden Stände, die
in einem an sich keineswegs bedeutenden Einzelvorgang zu Tage
trat, gab den unmittelbaren Anlaß zum Abfall seines Sohnes.
Bei einem Aufenthalte des kaiserlichen Hofes in Regensburg
kam es 1 1 04 zu einer Auflehnung von Ministerialen und Bürgern
gegen den Grafen Sigihard von Burghausen, der dabei ums Leben
kam.
Hier zuerst zeigte sich eine entgegengesetzte Stellungnahme
des Kaisers und seines Sohnes; während dieser für den Grafen
eingetreten war, tat der Vater nichts zu seiner Rettung und ließ die
Täter straffrei.
Darob Entrüstung des bayrischen Adels und Verstimmung des jungen Königs, der bald darauf heimlich vom Hofe
entwich und mit jenen Unzufriedenen die Fahne des Aufmhrs gegen
den Vater erhob.
Auf die Kunde davon hat der Kaiser die
als
hielt
früher an seiner Politik
*) W. Schultzes Meinung, die Reichsministerialität habe sich jetxt gegen
Heinrich als den Verteidiger der alten Verfassung gewandt, die er früher umzustürzen versucht habe, ist die noch einseitigere und irrigere Zuspitzung einer
Konstruktion von Nitzsch; vgl. oben S. 39.
I.
70
Die Zeit der
Salier.
Truppen, die er mit sich führte, entlassen er mußte Atem schöpfen,
ehe er die Hand zum vernichtenden Schlage gegen seine eigne
Dynastie erheben mochte, und aller Welt sollte es offenkundig
werden, daß nicht er es war, der den Kampf wollte.
Dadurch aber gewann der Aufstand Luft zur Ausbreitung
Ohne daß er jemals Miene gemacht hätte, auf die Laien(1105).
investitur zu verzichten, fand König Heinrich sofort die Unterstützung
des Papstes, der ihn von der Sünde des Eidbruches gegen den
Vater freisprach und segnete. Und nun ergriffen die gregorianischen
Bischöfe Deutschlands, namentlich Sachsens, begierig die Gelegenheit,
sich aus der unbehaglichen Lage der Unterordnung imter einen
gebannten Kaiser zu befreien. Persönliche Motive, wie bei dem
Erzbischof Ruthard von Mainz, kamen hinzu, in Sachsen und
Süddeutschland erwachten alte Feindschaften, ein unglücklicher
Zufall wollte, daß eben damals der schwäbische Herzog Friedrich
;
starb.
Endlich
Felde, aber als
suchte
Heiruich IV. die Entscheidung im offenen
kampfbereit gegeneinanderstanden,
am Regen die Heere
es, die Hauptstützen des Kaisers, die Österreicher und Böhmen,
von ihm abzuziehen, so daß ihm nichts übrig blieb, als ein fluchtEin
ähnlicher Rückzug an den Rhein. Der König folgte eilends.
großer Reichstag in Mainz sollte über die Thronfrage entscheiden.
gelang
Da
ein persönliches Erscheinen des Kaisers, der sein gutes Recht
dem Anhang, den er noch immer unter den
Fürsten besaß, und seiner Beliebtheit bei den Mainzer Bürgern bedenklich gewesen wäre, zog ihm der König nordwärts entgegen.
Auf einer Zusammenkunft bei Koblenz erfolgte nun jene empörende
Überlistung des Vaters durch den Sohn, der sich in Eiden und
Liebesbeteuerungen überbot und als seinen einzigen, heißen Wunsch
die Aussöhnung des Kaisers mit der Kirche bezeichnete. Avif dem
gemeinsamen Zug nach Mainz wußte er den Vater mit der gleichen
List um das starke Geleit seiner Kriegsmannen zu bringen; schon
halb mit Gewalt führte er ihn dann die Nahe aufwärts nach der
verteidigen wollte, bei
Burg Böckelheim, damit er dort über Weihnachten verweile, während
er selbst in Mainz die kaiserliche Sache getreulich wie seine eigne
Als das Burgtor sich schloß, war Heinrich IV. der
führen wolle.
Gefangene seines Sohnes. Es war die teuflischste Tat der ganzen
deutschen Geschichte!
An die Überlistung schloß sich die Vergewaltigung. Der
Kaiser hoffte noch immer auf den hinreißenden Eindruck seiner
Darlegungen, weim er nur auf dem gegen Ende des Jahres zusammentretenden Reichstage in Mainz persönlich aufzutreten verdas zu erreichen, gab er selbst Weisung zur Ausmöchte.
Um
§
6.
Die Fortsetzung des Kampfes
bis
rum Tode Heinrichs
— 1106).
Aber man betrog ihn auch
der Reichsinsignien.
lieferung
IV. (1085
y
i
jetzt;
nur die Anhänger des Königs, die allerdings die Mehrheit ausmachten, kamen nach dem nahen Ingelheim, wohin man den Kaiser
geschafft hatte, und dort folgten weitere entsetzliche Szenen.
Boden liegend, erflehte der gealterte Herrscher vergebens die Recht-
Am
Wie einst Ludwig der Fromme, ward
im Beisein des Sohnes und päpstlicher Legaten gezwungen, ein
lächerliches Sündenbekenntnis abzvüesen, das vmter seinen Vergehen
selbst die Anbetung von Götzen aufzählte xmd bestimmt war, ihn
Endlich erpreßte man von ihm „vi et
moralisch zu vernichten.
fertigung vor allen Fürsten.
er
arte",
v.-ie
er selbst schreibt,
—
—
zum
wir dürfen übersetzen: „mit groß'
unter direkter Bedrohung mit
Abdankimg, die schon in der Übersendimg der Reichsinsignien gesehen wurde, sondern auch den VerWährend er
zicht auf seine sämtlichen Besitzungen im Reiche.
dann in der Haft zurückblieb, vollzog man in Mainz die Krönung
Heinrichs V. nicht ohne bestätigende Mitwirkung der päpstlichen
Macht und
viel List"
dem Tode
Teil
nicht nur die
Legaten und einschränkenden Vorbehalt der Fürsten.
Aber
Frage
zum
wurde dem neuen Hen scher noch einmal in
Der Kaiser entkam aus Ingelheim und entfaltete
Male seine seltene Kunst, eine Sache, die unrettbar
die ICrone
gestellt.
letzten
Von Köln, wo er zu Schiff gelandet,
nach Lüttich, unterwegs durch eine barfuß zurückgelegte Pilgerfahrt nach Aachen seinen kirchlichen Eifer beweisend.
verloren schien, herzustellen.
wandte
er sich
Und dort in Niederlothringen gelang es ihm in der Tat, eine Partei
zusammenzubringen und Truppen zu werben. Schreiben mit rührenden Darstellungen der letzten Vorgänge ergingen an den König
von Frankreich und an Abt Hugo von Cluny, der noch einmal die
Aussöhnung mit der Kurie in die Hand nehmen solle, aber auch
jetzt noch „vorbehaltlich unsrer Ehre".
Als Heinrich V. eilig gegen Niederlothringen vordrang, erlitt er eine
Schlappe, mußte zurückweichen, verlor Zeit und Kraft an einer vergeblichen Belagerung des kaisertreuen Köln, rückte nach erfolglosen
Verhandlungen aufs neue dem Vater entgegen, eine Entscheidung
im offnen Felde stand unmittelbar bevor,
da ist Heinrich IV,
in Lüttich nach kurzer Krankheit allen weiteren Kämpfen durch den
Tod entrückt worden. Noch sterbend sandte er Schwert und Ring
dem Sohne, erbat für seine Anhänger Verzeihung und für sich selbst
einen Platz im Dome zu Speyer.
Der ist dann freilich erst nach
unduldsamen Aussperrungen dem gebannten Toten, dem aber in
der rührenden Liebe der Bürger von Lüttich und Speyer reichster
Ersatz ward, zuteil geworden, als auch der Sohn in neuen Kampf
—
mit der Kurie geraten war.
72
!•
Sieht
T)ie Zeit der Salier.
man von den Regungen
des
Mitgefühls
ab,
die
dies
Menschenleben unwillkürlich auslöst, und fragt nur
nach dem, was er für Deutschland erstrebt und geleistet hat, so
wird ihm doch auch da das historische Urteil die Anerkennung
nicht versagen, daß er unermüdlich mit dem ganzen Einsatz seiner
Person für die Rechte des Königtums und die Ehre des Reiches
gekämpft hat. Der Kirche gegenüber blieb er zwar nicht Sieger,
aber er ist auch nicht völlig unterlegen; er hat die Welthenschaftsansprüche des Papsttums erfolgreich zurückgewiesen, das Investiturrecht noch unversehrt in die Hände des Sohnes gelegt, durch seinen
zähen Widerstand die Starrheit der kirchlichen Forderungen doch
bereits gemildert, so daß sein Nachfolger einen leichteren Stand
hatte, und hat so schließlich nicht am wenigsten dazu beigetragen,
daß der deutsche Episkopat noch ein volles Jahrhundert, wenn
auch mit zeitweiligen Schwankungen, unter dem Einfluß der Krone
blieb, und das ottonische Regierungsystem in diesem Punkte zwar
abgewandelt, aber noch nicht gänzlich aufgegeben zu werden
schicksalvolle
brauchte.
Auf der andern Seite hat er das deutsche Königsrecht ebenso
zäh den partikularen Mächten gegenüber verteidigt, ist allerdings
durch das Eingreifen der Kirche an einem weiteren Ausbau gehindert
und in dem langen Bürgerkriege gewiß zu mancher Preisgabe von
Reichsbesitz, zu manchem Zugeständnis an die Selbständigkeit der
Fürsten gezwungen worden; aber auch da hat er den Boden
doch nicht verlassen, auf dem in besseren Zeiten eine Rückbildung
der königlichen Rechte erfolgen konnte, und auf welchem Wege
etwa künftig eine neue Machtsteigerung möglich war, dafür hat er
die Richtung gewiesen durch seine Begünstigung von Ministerialität
und Bürgertum, aufstrebenden Ständen, mit denen indes eine
größere Aktion schon damals gegen das Fürstentum schwerlich
hätte geführt werden können.
So dürfen wir Heinrich IV. zwar nicht nach seinen Erfolgen,
wohl aber nach Talent und Streben den bedeutendsten deutschen
Herrschern an die Seite stellen.
§
7.
Heinrich V. und das Ende des Investiturstreits.
(1106—1125).
Gegen Papsttum und Fürstentum hatte Heinrich IV. in einem
Königtum verteidigt. Mit beiden Mächten
Der Streit
verbündet, hatte zuletzt der Sohn den Vater gestürzt.
Aber sobald Heinrich V. nun
konnte damit beendet scheinen.
dreißigjährigen Kriege sein
§
7-
Heinrich V. und das Ende des Investiturstreits. (iio6
— 1125).
73
Herrscher war, trat zutage, daß er im Grunde für dasselbe
wie der alte Kaiser. Der Friede mit beiden Mächten
konnte daher nicht dauern.^)
Auf kirchlichem Gebiete hatte der König zwar die Reste des
Schismas in Deutschland beseitigt, aber ganz im Einverständnis mit
dem Episkopat auch nicht die geringste Bereitwilligkeit gezeigt, auf
das wichtige Investiturrecht zu verzichten. Hatte Paschalis 11. sich
anfänglich darüber getäuscht, so brachten die nächsten Jahre völlige
alleiniger
Ziel kämpfte,
Klarheit über den ungelösten prinzipiellen Gegensatz: von Seiten
des Papstes wiederholte scharfe Erneuerungen des Investiturverbotes,
von Seiten Heinrichs unerschütterliches Festhalten an dem ererbten
kaiserlichen Recht.
Ohne daß man
in fortgesetzten
Verhandlungen
der Verständigung näher gekommen wäre brach der König 1 1 1 o
mit der gesamten Streitmacht des geeinten Deutschlands zu der in
Da ihm bei
Aussicht gestellten Kaiserkrönung nach Italien auf.
seinen noch immer freundlichen Beziehungen zur Kurie kein nennenswerter Widerstand entgegentrat, wurde der Verlust des Landes fast
mühelos wiedereingebracht. Die furchtbare Zwangslage, in die sich
der Papst angesichts der gewaltigen Kriegsmacht versetzt sah, mehr
aber noch Geistesrichtimg und Charakter Paschalis II. erklären den
Zurückmerkwürdigen, radikalen Lösungsversuch vom Februar
,
im.
bebend vor den Schrecken eines neuen Riesenkampfes, ohne tieferen
Einblick in die geschichtlichen Wirklichkeiten und politischen Möglichkeiten, im Sinne etwa eines Petrus Damiani mehr erfüllt von dem
mönchischen Ideal einer Entweltlichung der Kirche, als von den
gregorianischen Herrschaftsgedanken, machte er einen ehrlichen Versuch, dem Kaiser zu geben, was des Kaisers war, einen Versuch,
der indes den Logiker mehr ehrte als den Staatsmann, und dessen
Durchführung eine ganz andere Willensstärke bei dem Oberhaupt
Die
der Kirche vorausgesetzt hätte, als sie Paschalis eigen war.
Reichsgewalt klammerte sich an die Investitur, weil nur sie ihr
Gab jetzt die
Obereigentumsrecht am Reichskirchengut verbürgte.
deutsche Kirche dem Reiche alle Besitzungen und Rechte zurück,
von ihm seit den Tagen Karls d. Gr. erhalten hatte, vmd
beschränkte sich künftig für ihren Unterhalt auf Zehnten und Privatschenkungen, so konnte dem Kaisertum der Verzicht auf die InDas war
vestitur mit dem kirchlichen Amte nicht schwer fallen.
die sie
der Hauptinhalt der Abmachungen, die damals auf Paschalis' Vorund Kaiser getroffen imd in zwei Urkunden
schlag zwischen Papst
*)
tiefer
d.
d.
Das Material
für
—
1106
11 16 ist ungemein fleißig, ohne
zusammengetragen von Meyer v. Knonau, Jahrb.
u. H. V. Bd. VI (1907).
die Jahre
dringende Auffassung,
Reiches unter H. IV.
I.
74
niedergelegt wurden. i)
Die Zeit der
Salier.
Nach Verlesung
dieser Aktenstücke in der
Peterskirche sollte die Kaiserkrönung vollzogen werden.
Dieser Vertrag hat von jeher das allgemeinste Staunen herGlaubte man wirklich an seine Durchführbarkeit oder
walteten andere Absichten vor?
Bei dem Papste wird man trotz
vorgerufen.
des mißtrauischen
Urteils
keiten,
derm
Heinrichs
V.
xmbedingt Gutgläubigkeit
Er übersah nicht etwa
voraussetzen müssen.
völlig die Schwierig-
er verpflichtete sich, die widerstrebenden Bischöfe nötigen-
durch Bann zum Gehorsam zu zwingen, aber von der elemenWucht des Widerstandes der gesamten gregorianischen Partei
Der
machte er sich auch nicht entfernt richtige Vorstellungen.
nüchterne Realpolitiker Heinrich V. dagegen war schwerlich in
falls
taren
solcher Täuschung befangen.
Abgesehen von den kirchlich Extremen mußte er die schärfste Opposition von Seiten der deutschen
Fürsten erwarten, von den geistlichen, denn ihnen drohte Verlust
der Regalien, die bisher als Zubehör ihres Amtes galten und ihre
Stellung begründeten; aber auch von einem Teile
der weltlichen Fürsten, denen die wirtschaftliche und politische
Stärkung der Krone und die Unsicherheit über die Zukunft ihrer
In
eigenen Lehen aus dem Reichskirchengut Besorgnis einflößte.
richtiger Einschätzung dieser Schwierigkeiten machte Heinrich die
Zustimmung nicht nur der Gesamtkirche, sondern auch der Reichsfürsten zur Bedingung des Vertrages.
Es wäre aber verkehrt, aus
reichsfürstliche
er habe im sicheren Bewußtvon vornherein ein unehrliches Spiel mit
dieser Erkenntnis folgern zu wollen,
sein der Unausführbarkeit
dem
Papste getrieben,
um
ihn „mit
dem
deutschen Episkopat im-
heilbar zu verfeinden", 2) oder wie die Motivierungen neuerer Darsteller sonst lauten.
so überaus
bracht hätte,
für den deutschen König
daß eine Ablehnung ihn in den Ruf ge-
Das Anerbieten war
vorteilhaft,
den Frieden schlechterdings nicht zu wollen.
Wenn
er aber zu Beginn der Krönungsfeier die öffentliche Erklärung ab-
daß er den Kirchen den Genuß der Regalien nicht zu entziehen
gedenke, so wollte er damit nicht das Odium des Vertrags auf den
Papst wälzen, wie man wohl gemeint hat, sondern seiner Durchführung den Weg ebnen, indem er zu verstehen gab, die augenblicklichen Besitzer sollten, wenn auch nicht mehr kraft eines Rechtsgab,
im Genüsse der Reder Tat dem ganzen Plan ein
gut Teil des Abenteuerlichen und Revolutionären abgestreift; nicht
mehr eine Umwälzung der Besitzverhältnisse hatten die deutschen
titels,
galien
so doch durch königliche Gunst ruhig
bleiben.
Damit wurde
in
Die sonstigen
*) Die entscheidenden Aktenstücke M. G. Const. I, 137 ff.
Berichte über den Vorgang zusammengestellt von Meyer von Knonau VI, 3693.
*) W. Schnitze in Gebhardts Handbuch.
§
7-
Heinrich V. und das Ende des Investiturstreits. (1106
— 1125).
7^
Fürsten zu befürchten, nur das Eigentum des Königs am Reichskirchengute sollte in der unzweideutigsten Weise zur Anerkennung
gebracht werden.
Trotzdem erhob
sich
freilich
am
12.
kirche ein Sturm des Unwillens, als nach
Februar in der Peters-
dem
kaiserlichen Bericht
auf die Investitur die päpstliche Preisgabe der Regalien verkündet
wurde.
Nur zu bald zeigte es sich, wie wenig der schwache
Lage war. Da hat der durch äußere Angriffe
der Römer auf die Peterskirche mißtrauisch gewordene König, der
schon dereinst seinem Vater gegenüber genugsam bewiesen hatte,
daß er für Regungen der Pietät unzugänglich war, den Papst, als
er sich weigerte, ihm das preisgegebene Investiturrecht zmückzugeben und die Kaiserkrönung zu vollziehen, samt dreizehn KardiPaschalis Herr der
nälen gefangen
genommen imd durch
das tobende
Rom
nach
dem
sicheren Alba geführt.
Die weiteren Verhandlungen mit dem Gefangenen verglich
Heinrich selbst zj-nisch dem Ringen des Patriarchen Jakob mit
dem Engel des Herrn: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich
denn".
Schon im April erfüllte der Papst, um seine Freiheit
wiederzuerlangen, im Vertrage von Ponte
Mammolo
alle
Forderungen
des Königs: die unbeschränkte Investitur als kaiserliches Vorrecht,
die Kaiserkrönung und die Zusage völliger Amnestie wegen der
letzten Vorgänge, insbesondere das eidliche Versprechen, niemals
den Bann über Heinrich zu verhängen. Wer mit Hauck den Abschluß dieses Vertrages als einen der größten politischen Fehler
Heinrichs betrachtet, da Paschalis angesichts des kirchlichen Widerstandes gar nicht in der Lage gewesen sei, ihn durchzuführen, dem
dürfte es doch schwer fallen, anzugeben, wie er denn anders hätte
handeln sollen.
Etwa dem Papste durch dauernde Haft die propagandistische Kraft des Märtyrertums verleihen und der allge-
Man
meinen Empörung darüber Zeit lassen zur Organisation?
übersieht nur zu leicht, daß das Papsttum mindestens seit der
Kirchenreform kein gewöhnlicher politischer Gegner vmd durch Gewalt allein niemals zu bezwingen war. Heinrich hat vielmehr auch
hier gezeigt, daß er seinen Vorteil in vollem Umfange wahrzunehmen verstand. Was er erreichte, war das Höchste, das seit
der Mitte des elften Jahrhunderts jemals ein deutscher Herrscher
dem Papsttum gegenüber durchgesetzt hat. Er erlangte den Vollzug der Kaiserkrönung; er hat die Form der Zusicherungen so
klug auf die ängstliche Natur des Papstes berechnet, daß dieser
erst allmählich dahin gebracht werden konnte, den Vertrag unumwunden als erzwungen zu kassieren (1116) und sich stets gescheut
Er hat endlich
^t, gegen seinen Eid den Kaiser zu bannen.
76
I^i« Zeit
I-
der Salier.
durch die hier erpreßte Anerkennung des kaiserlichen Investiturrechts
der folgenden Widerrufe doch erheblich zur Schwächung der
Gegenpartei beigetragen.
Die Durchführung des Privilegs freilich erwies sich bald ge-
trotz
nug
als
in Italien
völlig
unmöglich.
und noch mehr
Weniger zunächst
in
Deutschland, als
von Seiten der
in Frankreich entlud sich
dem Haupte des
mancher sophistischen Vorbehalte
und Halbheiten einen Schritt nach dem andern zurücktun mußte,
wenn er nicht Gehorsamsaufkündigimg und Absetzung heraufbeschwören wollte. Auf den beiden Synoden im Lateran und in
Vienne (1112) wurde das päpstliche Privileg als ein „pravilegium",
statt eines Gnadenbriefes ein Schandbrief, für null und nichtig erklärt, und gegen den einen Verzicht darauf natürlich verweigernden
Kaiser der Bann geschleudert, ohne daß Paschalis indes ihn selbst
verkündet und die persönlichen Beziehungen abgebrochen hätte. So
begann der Investiturstreit nach kurzer Unterbrechung von neuem.
Für Heinrich wurde er erst dadurch gefahrvoll, daß sich mit dieser
Gregorianer
ein
Unwetter der Entrüstung über
„ketzerischen" Papstes, der trotz
kirchlichen Gegnerschaft
abermals
wie
unter
seinem
Vater,
eine
deutsche Fürstenopposition zusammenschloß.
SchwerDiese ist nicht aus einheitlicher Wurzel erwachsen.
lich läßt sie sich auf die einfache Formel von Nitzsch bringen, der
meint, eine planmäßige Wiederaufnahme der väterlichen Städtebegünstigung und Territorialpolitik mit Verlegung des Schwerpunktes
vom Harz nach der oberrheinischen Tiefebene habe die feindliche
Verbindung der Fürsten als Gegenschlag hervorgerufen, wenn auch
Heinrichs V. große Privilegien für Speyer und Worms (iiii
14)
in der Entwicklung der deutschen Stadtfreiheit epochemachend geworden sind, und das oberrheinische Königsgut unzweifelhaft mit
—
Hilfe der schwäbischen Reichsministerialen kräftig ausgebaut und
durch einen Kranz von Burgen gesichert wurde. Auch sonst suchte
Heinrich die Lücken, welche der jahrzehntelange Kampf in den
königlichen Besitz gerissen hatte, nach Möglichkeit auszufüllen und
war karg mit neuen Vergabungen.
Die Habsucht, die ihm die
Chronisten vorwarfen, war unter dem politischen Gesichtspunkte
nur ein Lob, wie dieser moralisch so minderwertige Herrscher überhaupt eine Fülle bedeutender Regenteneigenschaften: Machtsinn,
Überlegung, Kühnheit und Willenskraft besaß.
Indes die rücksichtslose Härte, mit der er allenthalben durch Gütereinziehung und
Gefangennahme seinem Vorteil nachging, seine ganze rechnerische,
verschlagene, unzuverlässige, unedle Natur erweckten ihm ringsum
Feindschaften, die unabhängig voneinander erwuchsen, aber leicht
den Zusammenschluß fanden. Rein persönliche Entzweiungen, wie
1
§
7-
Heinrich V. und das Ende des Investiturstreits. (llo6
— 1125).
77
dem
wesensverw'andten Erzbischof Adalbert \on Mainz, der
Kanzler der vertrauteste Mitwisser imd Förderer seiner
geheimsten Pläne gewesen war, dann aber als Kirchenfürst
ein
unter der Maske kirchlicher BeVorläufer des Thomas Becket
strebungen seinen eigenen ehrgeizigen Wünschen nachjagte und vom
Kaiser Jahre hindurch im Kerker gehalten wurde, vermehrten die
Zahl der Gegner. Auf einem besonderen Brette endlich stand, wie
in den Tagen Heinrichs IV., der vmgebrochene sächsische Stammesdie mit
früher als
—
—
noch um so gefährlicher, als nach dem Zusammenbruch der bremischen Macht und dem Aussterben des billungischen Hauses ( 1 1 06) der neue Herzog Lothar von Supplinburg, der
mit seinen Erbgütern in der Gegend von Helmstädt durch Familienverbindungen die ausgedehnten billungischen nordheimschen imd
braunschweigischen Besitzvmgen verband, die Gesamtkraft des Stammes
viel wuchtiger verkörperte, als es bisher möglich gewesen war.
Er
wiu-de Heinrichs mächtigster und zähester Gegner.
Diese inneren
Kämpfe im einzelnen zu verfolgen, lohnt sich kaum.
Ein unglücklicher Umstand für den Kaiser war immerhin, daß er, der
öfter kränkelte, ohne kriegerische Neigung und Feldhermgabe war
und die Führung daher gelegentlich anderen überließ. Bedenklich
wurde seine Lage erst, als die Kaiserlichen kurz nacheinander
(Ende 11 14 und Anfang 11 15) am Rhein und in Sachsen Niederlagen erlitten, eine Erhebung der Mainzer die Entlassimg ihres Erzbischofs erwirkte ( 1 1 1 5), imd die kirchlichen Einwirkungen nun auch
an Boden gewannen und die Mehrheit der Bischöfe zum Abfall
veranlaßten.
Trotzdem hat Heinrich es gewagt, gerade in diesem
Momente den deutschen Boden zu verlassen, weil ihn eine wichpartikularismus, jetzt
,
Entscheidung nach Italien rief.
Nach dem eben erfolgten Tode der Gräfin Mathilde (11 15)
galt es nicht nur ihre Reichslehen einzuziehen, sondern auch auf
ihre gewaltig ausgedehnten Eigengüter die Hand zu legen.
Denn
deren 1102 noch einmal wiederholte Schenkung zu Obereigentum
an die römische Kirche hatte eine freie Verfügung Mathildens darüber
keineswegs ausgeschlossen, und auf Grund einer vermutlich im
getroffenen geheimen Vereinbarung trat Heinrich jetzt als
Jahre
Privaterbe der Gräfin auf. Ohne Heeresmacht eilte er nach Italien
1 1
6) und indem er in kluger Freigebigkeit durch umfassende
(
Verleihungen Adlige und Städte ringsum zu Mitgenießem machte,
gelang es ihm in der Tat, seine Ansprüche zur Geltung zu bringen
und so die Macht des Reiches in Ober- und Mittelitalien bedeutend
zu verstärken. Unter dem Eindruck dieser Erfolge vermochte sich
Paschalis in dem aufständischen Rom nicht zu halten und floh zu
den Normannen, Heinrich aber ließ sich und seine junge Gemahlin
tige
im
78
I.
Mathilde,
die
Die Zeit der
Salier.
Tochter König Heinrichs
Peterskirche mit
dem
Nach dem Tode
kaiserlichen
I.
von England,
in
der
Diadem schmücken (1117).
Paschalis' II.
( 1 1 1
8) verschärften
sich trotz
der maßvollen Gesinnung des zum Nachfolger erwählten Gelasius II.
Denn der Kaiser erhob
(11 18
19) die Gegensätze noch mehr.
—
nach erneuter Ablehnung seiner Forderungen den portugisischen Erzbischof Burdinus von Braga zum Gegenpapst,
ein aussichtsloser Versuch zur Wiederbelebung des allgemein verhaßten
Schismas, der denn auch schon nach drei Jahren mit der Gefangennahme des Burdinus scheiterte.
Und auf der anderen
Seite war Gelasius, der sich bald aus dem Streit der römischen
Adelsfaktionen heraus nach Südfrankreich, dem Hauptlager der
Gregorianer, rettete, durch keinen Eid mehr wie sein Vorgänger
gehemmt, in aller Form den Bann über den Kaiser auszusprechen.
Ohne daß sich ein Ende absehen ließ, setzte sich diesseits
und jenseits der Alpen trotz wachsender Kampfesmüdigkeit der
jetzt
—
Streit fort.
Als dann nach Gelasius' frühem
Tode der extreme Südfranzose
Guido von Vienne als Kalixt II. zum Papst erwählt
wurde, schien eine Versöhnung noch mehr in die Feme gerückt.
Aber dem hohen burgundischen Adel entsprossen, verwandt mit
Saliern und Capetingem, weit entfernt von der mönchischen Enge
seiner Vorgänger, vielmehr von staatsmännischem Geiste erfüllt,
schätzte Kalixt das Friedensbedürfnis der durch den langen Kampf
zerrütteten Kirche sehr hoch ein und begann ernstlich nach einem
mit den kanonischen Forderungen verträglichen Ausgleich zu streben.
Der Kaiser aber, der aufs neue mit den deutschen Fürsten Fühlung
gewonnen hatte, trug deren Friedenswünschen gern Rechnung, wenn
nur die Reichsehre gewahrt blieb. Und der Weg, auf dem dies
ehrliche Streben von beiden Seiten sich begegnen konnte, war nun
schon seit einer Reihe von Jahren durch Publizisten beider Parteien
klar vorgezeichnet.
Italienische Schriftsteller und noch mehr vielErzbischof
Franzosen mit ihrer Gabe logischer Präzision, wie etwa Ivo
Problem begrifflich
geklärt, die geistliche und weltliche Seite der Investitvu, Übertragung
des kirchlichen Amtes und Belehnung mit den Regalien scharf von»
einander geschieden imd eine deutlichere äußerliche Sonderung angebahnt, indem Ring und Stab für die kirchliche Einweisung vorbehalten, für die weltliche Investitur aber das Symbol des Szepters
vorgeschlagen wurde.
Heinrich selbst hatte schon früh (1109) in
seinen Verhandlungen mit der Kvuie derartige Gedankengänge aufhatte zu
genommen, und auch der Lösungsversuch von
weiteren Erörterungen in gleicher Richtung angeregt. Jetzt traten
leicht
von
Chartres, hatten durch ihre Denkarbeit das
im
§
7-
Heinrich V, und das
Ende des
Investiturstreits.
(1106— 1125).
yg
den Mittelpunkt der Verhaxidlungen zwischen Kaiser und
Allen Schwankungen derselben zu folgen, ist hier nicht der
Ort Das wesentlichste war, daß an der Kurie die unbeugsamen
Gregorianer, die noch 1 1 1 9 den fast vollzogenen Ausgleich wieder
umstießen, allmählich zurücktraten, und daß die deutschen Laienfürsten sich für den Reichsfrieden (11 19 u. 1121) wie für den
sie
in
Papst
Frieden einsetzten, dabei aber im wohlverstandenen
eignen Interesse das Verbot der Laieninvestitur in seiner schroffen
Form bekämpften. So hielt sich der Ausgleich, der endlich 1122
in Verhandlungen zwischen päpstlichen Legaten, dem Kaiser imd
kirchlichen
den deutschen Fürsten
einer mittleren Linie.
in
Worms
erzielt
wurde, in der Tat auf
^)
gab die rein kirchliche Investitur mit Ring und Stab dauernd
noch 11 19 verweigerte Zugeständnis der Regalieninvestitur mit dem Szepter, damit also die Anerkennung seines Obereigentums
am Reichskirchengute. Von erheblicher Bedeutung war die Reihenfolge von
Ging die Investitur vorauf, so
Regalieninvestitur und kirchlicher Weihe.
entschied der Kaiser über die Rechtmäßigkeit der Wahl und konnte unter
Umständen durch Regalienverweigerung auch die kirchliche Weihe verhindern,
während er sich im umgekehrten Falle vor eine vollzogene Tatsache gestellt
sah, die er ohne einen Bruch mit den kirchlichen Gewalten nicht mißachten
Man kam hier zu einer verschiedenen Behandlung der Reichsteile.
konnte.
In Deutschland sollte die Investitur der Weihe voraufgehen, in Italien und
Burgund aber, wo für das Reich weit geringere Hoheitsrechte in Frage kamen,
Der Kirchenerst in den sechs Monaten nach der Weihe eingeholt werden.
staat blieb zu Gunsten der päpstlichen Machtbefugnis von den Verfugungen
des Konkordats überhaupt ausgeschlossen.
Je mehr nun aber mit dem Wegfall der vollen kirchlich-weltlichen
Investitur die unbeschränkte Einsetzung der Bischöfe und Reichsäbte dem
deutschen Herrscher entzogen wurde, um so mehr mußte die Frage der Bischofaund Abtswahlen in den Mittelpunkt der Erörterungen und Verhandlungen treten.
Von kirchlicher Seite wurde hier, wenn man auch von den extremen gregorianbchen Forderungen von 1080 einstweilen Abstand nahm, die volle DurchHeinrich
preis, erhielt aber dafür das
*) Die beiden Aktenstücke des Wormser Konkordates finden sich gedruckt
M. G. Const I, 159 ff. Die päpstliche Urkunde ist nur in Abschriften erhalten, die kaiserliche in der sehr einfachen und formlosen Originalausfertigung
vgl. Faksimile und Erörterungen von Sickcl u. Bresslau in Mitt d. Instit f.
Zur Auslegung des Konkordats besteht eine reiche Literatur,
Ost. Gesch. 6.
aus der sich die Schriften von Bemheim (Z. Gesch. des W. K. 1878 u. weitere
Abhandlungen) als die bestbewährten herausheben. Die Erklärung Wolfimm»
(Fricdr. I. u. d. W. K. 1883) hat in einigen Punkten keine allgemeine Anerkennung finden können. Die Titel der ungemein zahlreichen Abhandlungen,
auch über Auffassung und Anwendung des Konkordats in der folgenden Zeit,
sind am vollständigsten in der Schrift von D. Schäfer, Zur Beurteilung des
W. K., Abh. der Berl. Akad. 1905 zusammengetragen. Gegen Schäfers eigene
Auffassung von der ganz vorübergehenden Dauer und geringen Bedeutung des
in
—
Konkordats hat sich indes mit Recht der lebhafteste Widerspruch erhoben,
etwa Hauck, Kirchengesch. III 3.4 S. 10475., Bemheim, Das W. K. und
seine Vorurkunden 1906; Rudorff, Zur Erklärung des W. K. 1906.
vgl.
8o
!•
I^i* Zeit der Salier.
führung der kanonischen Wahl durch Klerus und Volk mit AusschlieOung jedes
fremden Einflusses erstrebt, während es für den deutschen König eine Lebensfrage war, bei der Erhebung dieser wichtigen Reichsbeamten das entscheidende
An diesem Gegensatt der
Gewicht in die Wagschale werfen zu können.
Interessen wäre der Ausgleich fast noch einmal gescheitert; aber schliei31ich
kamen die Vertreter der Kirche um des Friedens willen auch hier einen
Dem König wurde die Gegenwart bei den Wahlen zuSchritt entgegen.
gestanden, und das Recht eingeräumt, bei Zwiespältigkeit der Wähler nach
dem Rate von Erzbischof und Bischöfen der betrefifenden Kirchenprovinz zu
Gunsten der besserbefugten Partei zu entscheiden. Widersprach das letztere
durchaus den Forderungen von 1080, so war mit der Möglichkeit persönlicher
Anwesenheit des Königs tatsächlich ein Tor für seinen Einfluß auf die Wähler
geöffnet, wenn er ihn auch nach dem Wortlaut der päpstlichen Urkunde eben
nur bei deren Uneinigkeit geltend machen sollte.
Die Betrachtung des Inhalts zeigt, daß das Wormser Konkordat den
Charakter des Kompromisses an der Stirn trägt, und man versteht ohne weiteres,
daß die strengen Gregorianer über seinen Abschluß äußerst verstimmt waren.
Das volle Urteil über seine Bedeutung aber hängt wesentlich mit ab von der
Frage, ob es nur ein vorübergehender Waffenstillstand oder ein dauernder
Friede sein sollte.
Eine Meinungsverschiedenheit darüber konnte damals wie
heute wohl bestehen, denn von den beiden Urkunden ist diejenige des Papstes
formell nur für Heinrich V. persönlich ausgestellt, und in Rom behauptete
man etwas später auch inhaltlich die rein persönliche Dauer der kirchlichen
Zugeständnisse.
Von den neueren Forschem hat vor allem D. Schäfer die
Die dadurch angeregte geRichtigkeit dieser Ansicht zu beweisen versucht.
nauere Prüfung der Quellenberichte und insbesondere der Vorurkunden hat
indes zu dem gegenteiligen Ergebnis geführt. Trotz ihrer persönlichen Fassung
sollte die päpstliche Urkunde mit der kaiserlichen zusammen nach der Absicht
der Aussteller und dem Urteil der Zeitgenossen eine dauernde Rechtsgrundlage
bilden, und als solche wurde sie, wenn auch unter schweren Bedenken, mit
jener zusammen von dem Laterankonzil von 1123 zum Kirchengesetz erhoben,
wie das Zugeständnis des Kaisers durch Zustimmung der Fürsten Reichsgesetz
wurde. Indem man von beiden Seiten weitergehende Wünsche zurückstellte,
fand man schließlich einen gemeinsamen Boden für ein vorläufiges friedliches
An ewige Dauer haben die Vertragschließenden dabei
Zusammenleben.
Die
vielleicht noch weniger gedacht, als gewöhnlich bei Staatsverträgen.
Kirche behielt sich im Stillen vor, auf die unveräußerlichen kanonischen
Forderungen zur geeigneten Stunde später zurückzukommen; die Reichsgewalt
empfand bald genug bitter die Schmälerung ihrer Einwirkung auf die BeDie mehrfach nicht allzu klare Fassung der
setzung der geistlichen Ämter.
Konkordatsurkunden begünstigte auf beiden Seiten das Streben, den Einfluß
über den vereinbarten Rechtsboden hinaus vorzuschieben, und der Erfolg dabei
hing ab von den jeweiligen Machtverhältnissen. War nach Heinrichs V. Tode
zunächst die Kirqhe in der Überlegenheit, so begann später unter Barbarossa
Als eine gewisse Rechtsgrundlage für die
ein neues Vordripgen des Reiches.
beiderseitigen Beziehungen darf das Wormser Konkordat gleichwohl für die
folgende Zeit gelten nur hat man bei der damaligen Mündlichkeit der deutsqhen
Rechtsentwicklung von jedem Gedanken an buchstabengetreue Befolgxmg oder
auch nur Kenntnis des Textes schon nach kurzer Zeit ganz abzusehen.
;
So war der lange Streit dank der Zähigkeit und diplomatischen
Kunst Heinrichs V. und dem Eingreifen der deutschen Fürsten
schließlich mit einem Erfolge der kaiserlichen Sache beendet worden.
§
7«
Heinrich V. und das Ende des Investiturstreits (1106
— 1125).
81
Die weitausgreifenden Wünsche Gregors VII.:
Lehenshoheit über
deutschen Episkopats und
freie Verfügung über das gesamte Kirchengut hatten sich nicht erGleichwohl war
reichen lassen und blieben ein Ziel der Zukunft.
die Machtentfaltung der römischen Kirche während des Kampfes,
die Entwicklung
ihre stets wachsende Beherrschmig der Geister,
des Papsttums zum maßgebenden Faktor in der Gesamtkirche vmd
zur unabhängigen Weltmacht und Führerstellung in Europa mit
das Kaisertum,
Händen zu
volle Abhängigkeit
greifen.
Mit
dem
des
Verlauf im Ganzen durfte
man
also
Das ottonische Regienmgauf dieser Seite wohl zufrieden sein.
Mit der Beherrsystem war in wesentlichen Punkten erschüttert.
schung des Papsttums war es aus, und die Abhängigkeit des deutschen
Episkopats war hinfort nur bei äußerster Kraftanstrengung der Krone
und in beständigen Reibvmgen mit der Kurie aufrecht zu erhalten.
Aber auch der andre Teil des ottonischen Systems, die Niederhaltung des Laienfürstentums durch die Kirche, hatte in den langen
Bürgerkriegen einen heftigen Schlag erlitten, tmd mit Recht haben
Ranke und Andre betont, daß das deutsche Fürstentum aus dem
davontrug. Es war an Besitz und Rechten
Mitwirkung an der Reichsregierung, die in der Königswahl ihren höchsten Ausdruck fand, war bedeutender geworden,
zuletzt hatte es sich geradezu als eine Vertretung der Reichsrechte
dargestellt.
Indem jetzt die Abhängigkeit der geistlichen Fürsten
von einem Emennungsrecht der Krone fortfiel, und das Verhältnis
Kampfe den Löwenanteil
erstarkt, seine
sich
mehr und mehr dem
rein lehensrechtlichen annäherte,
schwand
zwischen geistlicher und weltlicher Aristokratie
dahin, und die Gleichartigkeit der Interessen mußte sie beide allmählich zu einem der Krone mit ganz andrer Wucht geschlossen
In Italien
gegenüberstehenden Territorialfürstentum verschmelzen.
andrerseits, wo die weitergehende Loslösung des Episkopats von der
Krone die Bischöfe des Hauptrückhalts bei der Verteidigvmg des
der alte Gegensatz
—
Reichskirchenguts beraubte, zogen die Städte den Hauptgewinn aus
dem
Konkordate, indem sie sich in der Folgezeit fast allentheilben
Besitz der Regalien zu setzen wußten; das Ringen Barbarossas mit seinen lombardischen Gegnern war daher in gewissem
Sinne eine Wiederaufnahme des alten Investiturstreites, nur daß das
Kampf Objekt nicht mehr gegen die Ansprüche der Kirche, sondern
die der Städte zu verteidigen war.
Künftig galt es, im deutschen Reiche in anderer Weise und
mit vielfach anderen Mitteln zu regieren. Daß aber diese Möglichkeit blieb, und daß sich das Königtum sogar bald wieder zu
neuer Kraft erheben konnte, verdankte man neben der unbeugsamen Zähigkeit Heinrichs IV. doch auch der Klugheit seines
in
den
Hampe
,
Deutsche KaiiergMchicbte.
6
82
I.
Die Zeit der
Salier.
Sohnes, der in schwieriger Lage für die Krone
rettete,
was noch zu
retten war.
Wer weiß, was ihm bei längerem Leben noch gelungen sein
würde; seinen Fähigkeiten nach wäre er wohl der Mann gewesen,
die gebliebenen Kräfte des Königtums zusammenzufassen imd zu
mehren, wie er denn etwa die einzige wichtige Zentralbehörde, die
Reichskanzlei, zu einer Einheit für alle drei Teile des Imperiums
umgestaltete. Indes die kurze Spanne Zeit, die ihm noch vergönnt
war, ließ es sonst nur zu bedeutsamen Ansätzen kommen, denen
Wir hören von dem Plane einer
das Vollbringen versagt blieb.
Steuerverfassung nach englisch-normannischem Vorbild. Die durch
seine Gemahlin vermittelten englischen Beziehungen wurden auch
für die äußere Politik wichtig imd verwickelten Heinrich in westUnser Blick darf wohl einen Augenblick bei der
liche Kämpfe.
überraschenden Aussicht verweilen, daß Mathilde, wenn sie dem
Kaiser eine Nachkommenschaft geboren hätte, auf diese auch ihr
englisches Erbrecht übertragen und so eine Vereinigung Englands
mit dem Imperivun in ähnlicher Weise in den Bereich der Möglichkeit gerückt hätte, wie sie tatsächlich später durch ihre zweite
Ehe mit dem Grafen Gottfried von Anjou als Stamramutter der
Plantagenets den Grvmd zu der Verbindung von halb Frankreich
Eben diese Kinderlosigkeit des
mit ihrer Heimatinsel gelegt hat.
kränklichen Kaisers war für das Reich ein böses Verhängnis, das
den Neid wachruft gegen die kinderreicheren Capetinger. Wenn
irgendwann, so waren jetzt, unmittelbar nach dem Friedenschluß,
ein ruhiges Einleben in die neuen Verhältnisse und ein langsamer
Wiederaufbau der Macht notwendig; nun drohte schon nach
wenigen Jahren ein Dynastiewechsel mit seinen kaum vermeidlichen Störungen der Ordnung imd Schwankungen der Politik.
Heinrich selbst betrachtete seine Neffen, die staufischen Brüder
Friedrich und Konrad, als die natürlichen Erben seiner Herrschaft,
wie des salischen Besitzes.
Aber ob auch die Fürsten ihr neugekräftigtes Wahlrecht in diesem Sinne gebrauchen würden, stand
doch dahin. Als Heinrich 1125 mit 44 Jahren an einem Krebsleiden starb, stand er eben vor neuen Kämpfen mit Lothar von
Sachsen, Adalbert von Mainz und anderen alten Gegnern.
Man
wird kaum sagen dürfen, daß es ihm bei längerem Leben nicht
hätte gelingen können,
diesen Widerstand endgültig niederzuwerfen, und daß er daher in der innerdeutschen Politik gescheitert
wäre.
Aber nun er vor der Zeit von der Bühne abberufen
wurde, ließ er tmüberbrückbare Gegensätze hinter sich ziuück,
die durch die wiederauflebenden kirchlichen Streitfragen noch verschärft wurden.
—
§
7-
Heinrich Y. und das Ende des Investiturstreito (1106
— 1125).
83
So erlosch das salische Haus nach fast genau einem Jahrhundert, nachdem es Deutschland vier bedeutende HerrscherindiWar auch im Kampfe gegen Kirche
vidualitäten geschenkt hatte.
imd Fürstentum die Königsmacht unter ihnen empfindlich geschwächt
worden, so war dies Ergebnis doch mehr durch die Notwendigkeit
der Gesamtentwicklung und die Einwirkung besonderer, verhängnisvoller Momente bedingt, als
abgesehen von Heinrichs III.
durch Untüchtigkeit
Kirchenpolitik und Heinrichs IV. Jugend
oder Mißgriffe. Vielmehr darf man wohl behaupten, daß kaum
eine andere Dynastie des gesamten Mittelalters an echter Herrschbegabung mit den Saliern zu wetteifern vermag. Auch war das
Reich trotz der jahrzehntelangen, zerrüttenden Kämpfe imd des
Rückgangs der Zentralgewalt von einem Verfall seiner Kräfte weit
—
—
Politisch war es trotz allem noch immer die ausschlagentfernt.
gebende Macht Europas, seine kriegerische ICraft war imgebrochen,
in wirtschaftlicher Hinsicht hatte es geradezu einen ungeheuren
Aufschwung genommen. Auf geistigem Gebiete endlich wird man
zwar nicht von einer „salischen" Kultur in demselben Sinne reden
können, wie man von einer ottonischen imd staufischen spricht,
hervorragende Leistungen wurden fast nur auf dem Gebiete der
Geschichtschreibung und dem der Baukunst erzielt, und bald genug
fehlte es für große Kulturtaten an der nötigen Sammlung.
Aber
für das geistige Reifwerden der Nation wird man die Bedeutimg
der salischen Epoche gleichwohl sehr hoch einschätzen; die Laienkultur der Stauferzeit wäre ohne diese vorbereitende Entwicklung
undenkbar.
—
6*
II.
Die Zeit der Staufer.
Die Geschichtseh rcibung bewegt sich
bis in die Zeiten Barbarossas hin-
wohl das reiche,
ruhige Bildungsleben mancher altberühmten Klöster gelähmt, aber dafür in
neuen Kreisen historisches Interesse geweckt, und die geistige Aufrüttelung,
die er brachte, macht sich für den Quellenwert der Geschichtswerke vorteilIm
haft erst jetzt geltend, nachdem die Kampfesleidenschaft verflogen ist.
Absterben ist freilich der Zweig der geistlichen Biographie, der nur noch
bis etwas über die Mitte des 12. Jahrh. reicher entwickelt ist, später gani
vereinzelte Blüten treibt; die besseren Werke sind unten an ihrem Orte vermerkt.
Im übrigen aber schwillt der Umfang der Geschichtschreibung noch
erheblich an, und sie bewahrt sich fast während der ganzen Epoche durch
den welfisch-staufischen Gegensatz den Vorzug des doppelten Zentrums, der
uns vor einseitiger Auffassung schützt. Das eine dieser Zentren, Sachsen,
tritt mit Lothar vorübergehend an die Spitze des Reiches; hier und in den
angrenzenden Gebieten entfaltet sich namentlich eine reiche Annalistik.
Wieder wie in der Salierzeit sind einige wertvolle Originalwerke verloren und
nur aus iüngeren Ableitungen bekannt, so Annalen aus Nienburg a./S.
(bis 1139 nachweisbar) und aus Rosenfeld (Harsefeld b. Stade), in Ilsenburg
Die in diese Epoche hineinreichenden Pader(a. Harz) fortgeführt, bis 1164.
borner Annalen sind schon S. i genannt. Eben in der Benutzung solcher
verlorenen Quellen liegt die Bedeutung des sog. sächsischen Annalisten
Tritt hier überall ein warmer Anteil an Kaiser Lothar zutage, so
bis II 39.
berichten Erfurter Annalen bis 1137 über ihn so eingehend, daß sie geradezu als die Lotharischen bezeichnet werden (SS. r. G. Mon. Erphesf.).
Durch die von Lothar geknüpften Familienbande vereinigt sich das sächsische mit dem weifischen Interesse. Über das Emporkommen des Weifenhauses kann uns natürlich nur eine schwäbische Quelle Auskunft geben, die
Weingartener Weifengeschichte bis 1167, fortgesetzt bis 1208. Dann
aber sichert die eigenartig machtvolle Stellung Heinrichs d. L. der sächsischen
Historiographie ihre Sonderentwicklung. Zwei Werke sind es, in denen das
Augenmerk vor allem auf die Christianisierung und Kolonisation in den angrenzenden Slawenlanden gerichtet wird: die bis 1171 reichende Slawenchronik
Helmolds, des biedern Pfarrers in dem holsteinischen Bosau, und die umfassendere, außer der nordalbingischen auch die gesamte Reichsgeschichte bis
1209 in den Kreis ihrer Betrachtung ziehende und auch dafür höchst wertvolle
Slawenchronik Arnolds von Lübeck, Abtes vom dortigen Johannisstift.
Über Heinrich d. L. berichten eingehend und warm auch diejenigen Annalisten, die
nach seinem Sturze die Schwenkung ins kaiserliche Lager vollzogen haben,
so die kompilatorischen Annalen v. Magdeburg bis 11 88, die mit ihnen
in naher Beziehung stehenden Annalen v. Kloster Pegau (b. Merseburg),
ein entschieden in au&teigender Linie.
Der
Investiturstreit hat
—
die
und
von 1176
die
— 1190
Annalen
v.
selbständig
Kloster
und wertvoll sind (mit
Pöhldc
(a.
im 13. Jahrh.),
Bis zu Heinrichs
Forts,
Harz) bis 1182.
II.
Geschichtschreibung.
85
die weifisch gefärbte Chronik des Propstes Gerhard r.
Wolfenbüttel).
Für den neuen Kampf des Weifen Otto IV.
gegen die Staufer findet man wertvolle ältere Berichte in späteren thüringischen Geschichtswerken, nämlich für die Zeit bis 1208 in der Erfurter
St. Peters Chronik, einer bedeutenden Kompilation, die um 1276 entstand
und bis weit in das 14. Jahrh. fortgeführt wurde, und für die Jahre 1209
bis 1215 in der ähnlich gearteten Chronik v, Reinhardsbrunn (b. Gotha),
die im ganzen bis 1338 reicht. Beide sind für die gesamte ausgehende StauferÜber ihre Struktur im einzelnen unterrichtet
leit von hoher Bedeutung.
Mehr
Holder-Egger in M. G. SS.
u. SS. r. G. Mon. Erphesfurtensia.
lokalen Charakter trägt die Chronik des Klosters auf dem Lauterberg
Eine von einem norddeutschen Geist(od. Petersberg) b. Halle bis 1225.
lichen verfaßte „sächsische Weltchronik", in verschiedenen Versionen,
deren letzte bis 1248 reicht, und mit mehreren, auch süddeutschen Fortsetzungen ist namentlich durch den Gebrauch niederdeutscher Prosa beachtenswert; eine etwa hundert Jahre ältere sächsische Kaiserchronik ist ver-
Tode (1195)
Steterburg
reicht
(b.
XXX
loren, aber eine süddeutsche, ebenfalls auf weifischem
Boden
in
Regensburg
entstandene Kaiserchronik in deutschen Versen bis 11 46 erhalten, verfaßt
wahrscheinlich von dem „Pfaffen Konrad", dem Dichter des Rolandsliedes.
Als den letzten Ausläufer der sächsischen Annalistik kann man die kompilatorische Chronik des Magisters Albert v. Stade bis 1256 betrachten,
vielfach unzuverlässig und fabelnd, aber für die Zeit Friedrichs II. trotzdem
wertvoll.
Wendet man sich zu dem andern stau fischen Zentrum der Historiographie, nach Süd- und Westdeutschland, so wird man mit dem Bischof Otto
v. Freising sogleich auf den Gipfel der mittelalterlichen deutschen Geschicht-
im
schreibung geführt. Nicht vor
als Sohn des Markgrafen Leopold v.
Österreich und Agnes, der Tochter Heinrichs IV., geboren, 1133 Zisterziensermönch, kurze Zeit auch Abt in Morimond, dann zu seinem Bistum berufen,
II 58 gestorben, war Otto als philosophisch durchgebildeter Gelehrter, ruhiger
Beobachter, praktisch an der Zeitgeschichte beteiligter Reichsbischof und
nächster Verwandter der Staufer in seltenem Maße zur Geschichtschreibung
befähigt.
In seiner „Buch von den zwei Reichen" (dem himmlischen und
irdischen) betitelten Chronik bis 1146 (2. Redaktion 1156) wußte er unter
dem Einfluß augustinischer Ideen von dem Wachstum des Gottesreiches auf
Erden den zuletzt von Frutolf-Ekkehard gesammelten Weltgeschichtstoff philosophisch zu durchdringen, freilich durch das Mißverhältnis zwischen kirchlicher und staatlicher Gewalt unter Konrad III. von dem düstersten Pessimismus und dem Glauben an ein nahes Weltende erfüllt, dessen Hereinbrechen
im letzten Buche geschildert wird (neue Ausgabe für die SS. r. G. in Vorbereitung).
Eine völlig andre, hoffnungsfreudige Stimmung beherrscht Ottos
zweites Werk, die Taten Kaiser Friedrichs, zu dem Kaiser und Reichskanzlei Material beisteuerten (SS. r. G. ed. II).
Von der Vorgeschichte des
staufischen Geschlechts ausgehend, hat er noch das zweite Buch bis 1156
vollendet und für ein drittes Vorarbeiten hinterlassen: bei aller selbstverständlichen Parteinahme für Friedrich, gelegentlichen Versehen und ungeschickt
Ihr ist die
eingefügten philosophischen Exkursen eine erstklassige Leistung!
von seinem Kaplan, dem Notar Rahewin verfaßte Fortsetzung bis I160 (mit
kurzem Anhang bis 1 1 70) nahezu ebenbürtig, in der Formgebung durch stärkere
Plünderung antiker Autoren unechter, aber durch schärfere juristische Kenntnis
und vermehrte Einreihung vollständiger Aktenstücke ausgezeichnet. Die Chronik
dagegen ist erst in den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrh. bis 1209 fortgeführt
von dem Mönche Otto v. St. Blasien, lebhaft und warm, durchaus verdienstvoll, aber an Kenntnis und Genauigkeit mit Rahewin nicht entfernt ver-
n. Die Zeit der SUufer.
86
gleichbar.
Eher schon vermag diesen Vergleich
die Kölner
(mit selbständigen
auszuhalten
Königschronik, von einem unbekannten Kölner Domherrn
Nachrichten seit I144) zuerst 1175 verfaßt, dann von wechselnden, kaiserlich
gesinnten Autoren fortgeführt bis 1238 und 1249 (SS. r. G.). Die Bedeutung
der ersten deutschen Handelsstadt und ihre namentlich seit Reinald v. Dassel
bestehende enge Verknüpfung mit der großen Politik geben der Chronik, wie
schon ihr Name sagt, das Gepräge einer Reichsgeschichte von durchgängig
hohem Werte. In den Erzeugnissen Lothringens überwiegt sonst der lokale
und territoriale Charakter, so in den verschiedenen, mehrfach fortgesetzten
Bistumsgeschichten von Trier, Verdun usw., den wirtschaftsgeschichtLütticher Annalen (1194 1230) des Mönches Reiner
oder der durch verfassungsrechtliche Kenntnisse hervorragenden Chronik
des Hennegaus von dem Kanzler Gislebert v. Mons bis 1195 (neue
lich schätzenswerten
—
Ausg. von Vanderkindere 1904).
Wenden wir uns nach dem Elsaß, so sind in Straßburg wertvolle
Reichsannalen geschrieben, die leider verloren, aber von 1015 1200 in
den sog. Marbacher Annalen benutzt sind. Diese bis z. J. 631 zurückgreifende Kompilation ist von einem Mönche der Marbacher (b. Kolmar)
Augustinerkongregation im Kloster St. Odilien bis z. J. 12 12 geführt und im
Kloster Neuburg b. Hagenau durch eine die Jahre 12 13
38 umfassende Fortsetzung erweitert worden (vgl. Bloch, Die elsässischen Annalen der Stauferzeit 1908, und seine Ausg. SS. r. G.).
In Schwaben hat Propst Burchard
V. Ursperg eine anfangs ebenfalls kompilatorische, aber seit Ende des 12. Jahrh.
selbständige, vortrefflich unterrichtende Chronik mit scharfer staufischer
Parteinahme bis 1229 gefuhrt. Auch Böhmen, das ja in staufischer Zeit in
immer engere Verbindung mit dem Reiche tritt, liefert uns noch eine wertvolle Quelle für Barbarossas 2. u. 4. Romzug in einer Fortsetzung der Chronik des Cosmas, den von I140 bis 1167 reichenden Annalen des Prager
Domherrn Vinzenz, der als Begleiter seines Bischofs Daäiel in Italien die
dortigen Vorgänge aus eigner Anschauung lebendig und ausfuhrlich schildert.
—
—
v. Mühlhausen (i. Böhmen) hat das Werk bis 1198 fortFriedrichs ruhmvolle Taten haben endlich auch dichterische Lobredner gefunden; so verfaßte der spätere Mönch Günther v. Pairis (i. Oberelsaß) II 86 das früher in seiner Echtheit irrtümlich angezweifelte Heldengedicht Ligurinus, das wegen seiner Abhängigkeit von Otto v. FreisingRahewin weniger historisch, als dichterisch beachtenswert ist, während umgekehrt die versifizierten Geschichtswerke des kaiserlichen Kaplans und Notars
Gottfried v. Viterbo (v. deutscher Abkunft), namentlich seine Taten
Friedrichs bis Ii8i, poetisch ganz versagen, aber uns manche gute Nachricht übermitteln.
Ähnliche auf italienischem Boden erwachsene Dichtungen können
wir daran anschließen: das wahrscheinlich von einem Bergamasken mit
guten Kenntnissen und historischer Treue verfaßte Epos „Die Taten Friedrichs I. in Italien" (hrsg. von Monaci in Fonti p. la storia d'Italia I) und
in Süditalien das eigenartige, mit vielen historisch bemerkenswerten Abbildungen geschmückte Gedicht des Magisters Peter v. Eboli (b. Salemo),
dessen erstes Buch den Krieg Heinrichs VI. gegen Tancred von Sizilien behandelt (Ausg. v. Winkelmann 1874; jetzt mit d. Abbildungen in der Neuausg.
des Muratori und hrsg. v. Siragusa, Rom 1907).
Eine viel reichere geschichtliche Ausbeute gewähren natürlich die italienischen Prosawerke, Erzeugnisse des erwachten städtischen Selbstbewußtseins und meist schon von Laien geschrieben. Über Friedrichs I. italienische Politik seit 1160 sind sie naturgemäß die ergiebigsten Quellen. Zu
den wichtigsten gehören die Geschichte des reichstreuen L o d i , die der
Abt Gerlach
geführt.
—
n. Geschichtschreibung.
kaiserliche Pfalzrichter
— 67
Otto
und
sein
Sohn
3y
Acerbus Morena
fUr die
mit bemerkenswerter Gabe der Persönlichkeitschilderung
verfaßten (Forts, bis 1168) und die in Mailand von einem unbekannten, nach
gerechtem Urteil strebenden Laien geschriebenen Taten Kaiser Friedrichs
in der Lombardei 1154
77 (SS. r. G.), die später (um 1230) der Placentiner
Notar Johannes Codagnellus mit leidenschaftlicher guelfischer Parteinahme
umarbeitete.
Derselbe verfaßte auch kaiserfeindliche, inhaltreiche Annalen
von Piacenza bis 1235 (SS. r. G.), und von diesem Grunde vor allem ausgehend, hat ein andrer Placentiner Bürger die Annalen mit ausgesprochen
ghibellinischer Färbung fortgeführt bis 1284, für den Ausgang der S taufer
eine Quelle ersten Ranges (weder die Ausg. M. G. SS. XVIII, noch die von
Huillard-Br6holles 1856 ist ganz genügend).
Eine noch großartigere offiziell
städtische Annalis tik hat Genua erzeugt, wo zuerst Cafaro die Jahre
1163 beschrieb, dann wechselnde, von der Stadt beauftragte Verfasser
1099
das Werk bis 1294 fortführten (Ausg. v. Belgrano in Fonti p. la storia d'Italia XI).
Damit kann sich die Geschichtschreibung der Konkurrentin Pisa nicht messen,
höchstens Tür die ältere Zeit bis 1175, bis wohin die Annalen desBernardo
Marangone reichen. Es ist indes nicht möglich, hier die sich immer reicher
entwickelnden Annalen der italienischen Städte, die fast alle für die Geschichte
der späteren Staufer mehr oder weniger Stoff bieten, durch das 13. Jahrb.
auch nur in ihren wichtigeren Erzeugnissen zu verfolgen. Verbindet auch die
Persönlichkeit Friedrichs II. noch die Reiche, so löst sich die Entwicklung
Italiens doch mehr und mehr von der deutschen.
Besonders inhaltreich ist
die Chronistik von Parma (namentlich die größeren Annalen v. 1165
1335)
und die von Padua (Chronik des Rolandin 1200 1260 und Annalen r.
Aber auch aus fast jeder anderen bedeutenderen
S. Giustina 1207
1270).
Stadt sind zum mindesten kurze Annalen überliefert. Umfassendere Weltchroniken schrieben Bischof Sicard v. Cremona bis 1212 (fortges. bis
121S) und Albert Milioli, Notar r. Reggio, in seinem Zeitbuche bis
1286 (fortges. bis 1290), auf dem sich die hier nur noch zum Teil in Betracht
kommende Chronik des Minoriten Salimbenev. Adam aus Parma bis 1287 aufbaut, vielleicht das farbenreichste und lebensprühendste Geschichtswerk des ge-
1153
Jahre
—
—
—
—
—
samten Mittelalters (diese drei Chroniken jetzt ausschließlich in den neuen Ausgaben
Holder-Eggers M. G. SS. XXXI, XXXII zu benutzen).
Von den historischen
Quellen des Königreichs Sizilien sei hier wegen ihrer nahen Beziehung zur
Reichsgeschichte nur die Chronik des Notars Richard v. S. Germano
hervorgehoben, zu deren in den M. G. allein gedruckter, umfassenderer und
jüngerer Redaktion von 11 89
1243 durch den Fund Gaudenzi's eine ältere
ausführlichere Redaktion für die Jahre 1208
26 hinzugetreten ist (Societa
Napoletana di storia patria, Monum. storici, ser. I. Cronache 1888).
Mit dieser reichen historiographischen Entwicklung Italiens vermag die
—
—
—
deutsche im 13. Jahrh. nicht mehr Schritt zu halten. Die auf scholastische
Philosophie und Jurisprudenz gerichteten Neigungen der Zeit, die Unruhe
der Geister, die wachsende Anteilnahme der Laien, die in Deutschland an
Bildung derjenigen der Romanen nicht gewachsen sind, damit zusammenhängend die Popularisierung des historischen Stoffes und seine vor allem
durch die Bettelmönche alsbald vollzogene Zurichtung für die Zwecke der
Predigt und Diskussion, alles das ist einer nach der Wahrheit der Dinge
strebenden Geschichtschreibung wenig förderlich.
Unterhai tungsbücber, wie
die Otto IV. nach 12 14 überreichten „kaiserlichen Mußestunden" des Gervasius V. Tilbury (Leibniz, SS. rer. Brunsvic. I. II) und die novellistischen
Wundererzählungcn des Caesarius v. Heisterbach (Dialogus Miraculorum
hrsg. V.Strange 185 1; Miraculorum libri VIII hrsg. v. Meister 1901) sind jetzt
mehr nach dem Geschmacke der Zeit. Auch umfassende, aber ganz unkritische
n. Die
88
Zeit der Staufer.
Kompilationen wie die der Franzosen Alberich v. Troisfontaines (im
v. Chälons-sur-Marne) bis 1141 und des Vinzenz v. Beauvais bis
1350 fallen noch in das Ende unserer Epoche, Diese ganze Zeitstimmung
bleibt gewiß nicht ohne Wirkung.
Aber wenn in Italien, wenn in den westeuropäischen Staaten auch jetzt Bedeutendes geleistet wird, so ist der Hauptgrund für dies Versagen in Deutschland anderwärts zu suchen; es hängt auf
das engste zusammen mit seinem ganzen Entwicklungsgange. In den dreißiger
Jahren weilt zuletzt ein Kaiser auf deutschem Boden, von da ab verschiebt
sich endgültig der Schauplatz der großen Ereignisse nach dem Süden; in den
dreißiger Jahren auch wird die Auflösung des Reiches in Territorien besiegelt,
was Wunder, wenn eben damals die älteren, oben angeführten Quellen reichsgeschichtlichen Charakters versiegen, und neue Chroniken dieser Art nicht
mehr in Angriff genommen werden
Sucht man für die vierziger Jahre nach
einem monumentalen Werke über den Riesenkampf, der damals zwischen Kaiser
und Papst ausgefochten wurde, so muß man sich, abgesehen von Italien, an
das Ausland wenden und etwa die größereChronik des englischen Mönches
Matthaeus v. Paris bis 1259 (hrsg. v. Luard in 7 Bden. der Rerum Brit.
Script., Auszüge auch M. G. SS. XXVIII) zu Rate ziehen, der nicht immer
zuverlässig und gegen die Kurie stark parteiisch, aber doch in großem Zuge
diese Ereignisse im Anschluß an die ältere Chronik des Roger v. Wendower
(bis 1235) schildert.
Das Urkundenmaterial schwillt immer stärker an. Für die Herausgabe
der Kaiserurkunden aber ist, mit Ausnahme derjenigen Friedrichs IL, nicht
viel besser gesorgt, als in der Salierzeit; denn die Diplomataausgabe der
M. G. fehlt auch hier, und wenigstens bis zum J. 1197 hat man sich auch
für die Urkundenübersicht noch an Stumpf (s. S. 4) zu halten; dann freilich setzt die ganz hervorragende Neubearbeitung von Böhmers Regesta
Imperii Abt. V (1198 1272) durch Ficker u. Winkelmann (1881 1901)
ein.
Im Anschluß daran sind zahlreiche, bis dahin ungedruckte Kaiserurkunden
und andre wichtige Aktenstücke der Zeit veröffentlicht in Winkelmanns
Acta imperii inedita saec. XIII. 2 Bde. 1880/85, durch die Böhmers Acta
imperii selecta 1870 ergänzt werden. Für die Papsturkunden bis 1198
sind wie bisher Jaff6 und Kehr zu vergleichen (s. S. 4).
Von da ab aber
beginnt mit den ganz oder doch größtenteils erhaltenen Papstregistem der
.Sprengel
•
.''
—
—
Strom der Überlieferung immer gewaltiger anzuschwellen. Potthasts Regesta Pontificum Romanorum 1198 1304 2 Bde. 1874 können daher
nur noch zur allerersten Orientierung dienen; für die Reichsgeschichte voll-
—
ständigere Übersicht in Reg. Imp. V. Für die Registerpublikationen vgl. unten
die Anmerkungen zu den einzelnen Päpsten.
Von 1216 ab sind daraus alle
wesentlichen, auf die Reichsgeschichte bezüglichen Stücke gedruckt in den
M. G. Epistolae
hrsg. V.
s.
regestis pontificum Romano rum selectae,
Das reiche, ganz zerstreute Ma94.
Privaturkunden ist in den einschlägigen Urkunden-
XIII.
Rodenberg
e
3 Bde. 1883
—
—
an Fürsten- u.
büchem und Regestenpublikationen aufzusuchen (die wichtigsten bei Dahlm.Waitz verzeichnet).
Die Briefe werden in der Stauferzeit für die Erkenntnis der intimeren
diplomatischen Vorgänge und des Seelenlebens geradezu Hauptquelle. Um so
bedauerlicher, daß nahezu alle jene wichtigen Sammlungen, die unten an ihrem
Ort vermerkt sind, bestenfalls in ganz ungenügenden Ausgaben vorliegen, und
allenthalben noch wertvolles handschriftliches Material der Veröffentlichung
terial
harrt.
Daß
verlieren,
v. d.
die kirchenpolitischen Streitschriften zwar ihre frühere Bedeutung
aber nicht ganz versiegen, und die Spruchdichtung eines Walter
Vogelweide, Freidank oder
der
Troubadours,
sowie die Lieder
§ 8.
Lothar von Supplinburg (1125—1137).
89
der Vaganten für die Erkenntnis der öffentlichen Meinung eine wichtige historische Quelle bilden, braucht hier nur angedeutet zu werden.
Was die neueren Darstellungen betrifft, so hat Raumers Geschichte
der Hohenstaufen 6 Bde. 5. Aufl. 1878, abgesehen etwa von der kultur-
Sammlung am Schluß,
Auch Cherriers Histoire de
nur noch historiographisches Interdes papes et des empereurs de
Neueren Datums
la maison de Souabe 3 Bde. 2. Aufl. 1858/59 ist veraltet.
Deutsche Geschichte i. Zeitalter der Hohenstaufen
ist Jastrow-Winters
als Zusammenfassung nicht ohne Verdienst, aber höheren
I. II 1897. 1901,
Ansprüchen ebensowenig genügend, wie Loserths hier für den Abschnitt
V. H97
1250 in Betracht kommende Geschichte des späteren Mittelalters 1903. Umfassendere Werke sind im Eingang, Monographien unten an
ihrem Orte vermerkt.
geschichtlichen
jetzt
esse.
la lutte
—
§
8.
Über
Lothar von Supplinburg (1125—1187).
die Mainzer Königswahl des Jahres
1125 liegt uns der
Augenzeugen vor^), wie über die Erhebung des ersten salischen Herrschers. Ein Vergleich zeigt den Wandel
der Zeiten. Damals lenkte die anscheinend völlig freie Wahl zurück
zum legitimen Erbrecht; jetzt galt der Anspruch von Heinrichs V.
staufischem Neffen Herzog Friedrich von Schwaben den auf ihre
erstarkte Selbständigkeit und ihr freies Wahlrecht pochenden deutschen Fürsten fast schon als Hinderungsgrund. Zu den verfassungs-
ausführliche Bericht eines
rechtlichen
traten
kirchenpolitische Bedenken.
Wer
mit
dem
Erz-
von Mainz die Halbheit des Wormser Konkordats
und mm gar die Art seiner Handhabung durch den verstorbenen
Kaiser verdammte, konnte von dem Erben und Förderer seiner
einem
Politik nicht viel Gutes en^'arten und mußte sich nach
andern Anwärter umsehen. Da empfahl sich in jeder Hinsicht
Herzog Lothar von Sachsen, mächtig genug, um sich durchzusetzen,
bischof Adalbert
aber durch Alter tmd Söhnelosigkeit dem Fürstenwahlrecht ungefährlich, durch seine Feindschaft mit Heinrich V. und streng kirchliche Gesinnimg erprobt.
Seine Wahl hat Adalbert in der Tat
durch überaus geschickte, aber völlig gewissenlose Leitung der Ver-
sammlung durchzusetzen verstanden. Die verfängliche Frage an
Herzog Friedrich, von dem die Auslieferung der Reichsinsignien
vorher schlau erlangt war, ob er wie die übrigen Bewerber neben
dem fürstlichen Wahlrecht einen Erbanspruch nicht anerkenne, und
ausweichende Antwort, die jener darauf nur geben konnte,
Eine geheime
verdarben die staufischen Aussichten gründlich.
Abmachung mit dem Bayemherzog, dessen Sohne Heinrich dem
die
der Wahl Lothars, M. G. SS. XII, 509 ff. von einem un») Errählung
genannten Geistlichen der Salzburger Kirchenprovinz, der für den Bischof
von Regensburg besonderes Interesse bekundet.
n. Die
go
Zeit der Staufer.
durch die damals wohl schon versprochene, zwei Jahre
Vermählung mit Lothars einziger Tochter Gertrud
die nächste Stelle am Throne zugesichert wurde, entschied vollends
zu Gunsten des Sachsen. Selbst der Staufer erkannte ihn nach
kurzem Zögern widerwillig an.
Der Grvmdsatz der freien Wahl
Stolzen
später vollzogene
hatte gesiegt.
Hat Lothar auch in kirchlicher Hinsicht bindende Zusagen
g^eben, welche die Emmgenschaften des letzten Saliers zxmichte
machten? Man hat das vielfach geglaubt, denn am Schlüsse des
genannten Wahlberichts findet sich eine Zusammenstellung von
scharf formulierten Forderungen der Art.i) Indessen hat man darin
doch nur ein Programm der extrem kirchlichen Partei zu erblicken,
die eignen Zusicherxmgen Lothars gingen gewiß weder so weit, noch
lauteten sie so bestimmt. Auch ohne das boten Vergangenheit und
Gesinnimg des Mannes Gewähr genug. Seine Erhebung vollzog sich
ganz unter kirchlichem Einfluß, imter Mitwirkung der
beiden päpstlichen Legaten, die bei der Wahl zugegen waren. Und
der neue Herrscher vergalt das sogleich durch verständnisvolles Entgegenkommen gegenüber den Wünschen der hohen Geistlichkeit 2)
und dem Papste, dessen Bestätigung er einholte.
Lothar war mit seinen etwa sechzig Jahren nach den Vorstellungen jener jugendlichen Zeit schon ein hochbetagter Greis.
Ein langes, tatenreiches Leben lag hinter ihm, voll rühriger Amtswaltvmg, harter Kriegsmühen imd erfolgreichen Machtstrebens.
In
freilich
^) Die Gegenwart des Königs bei den Wahlen der Bischöfe und Reichsäbte und jegliche Beeinflussung sollte untersagt sein, seine Investitur erst der
kirchlichen Weihe folgen, das konkordatmäßige Recht des Königs bei zwiespältigen Wahlen damit stillschweigend beseitigt, endlich die treueidlich beschworenen Verpflichtungen der Geistlichen vieldeutig auf die „standesgemäßen**
beschränkt werden. Über Auffassung und Bedeutung dieser Sätze besteht eine
überaus reiche Literatur, über die man sich am bequemsten in der oben
Man hat die
S. 79 angeführten Abhandlung von D. Schäfer unterrichtet.
Stelle als eine spätere Interpolation (Volkmar) oder als Fälschung (Schneiderreit) oder als bloß subjektive Meinungsäußerung des Verfassers der Narratio
(Waitz) aufgefaßt; man hat sie andererseits tatsächlich als eine Art Wahlkapitulation Lothars angesehen, die aber durch direkte Verbindung mit dem
Papst außer Kraft gesetzt (Bernheim) oder durch den Widerspruch der weltlichen Fürsten in der Durchführung behindert sei (Witte).
Im ganzen hat
sich die Ansicht von Bemhardi und Giesebrecht durchgesetzt, nach der es
Die
sich nur um eine Art Resolution der extrem-kirchlichen Partei handelt.
kirchenpolitische Praxis Lothars hat mit jenen Forderungen sich jedenfalls
nicht gedeckt.
Sehr verwirrend sind in diesem Punkte die Aufstellungen von
Hauck,
vgl.
')
Hist. Zeitschr. 93, 398 fif.
er auf die den Geistlichen anstößige Mannschaftsleistung ver-
Wenn
so hatte die Lehensemeuerung auch der geistlichen Fürsten beim
Thronwechsel sich damals vielleicht noch nicht ganz fest eingebürgert; doch
erließ er vereinzelt auch den Treueid.
zichtete ,
§ 8.
Sachsen rühmte
Lothar von Supplinburg (1125
man
geraden, soldatischen
seine
Sinn.
Gerechtigkeit
Noch
— 1137).
und
erinnerten
Ol
Tapferkeit,
wohl
seinen
gelegentliche
Jähzomausbrüche an die rauheren Stürme der Jugend, vun alsbald
wieder der milderen Ausgeglichenheit und Konfliktscheu des bedächLothar erhob
tigen und umsichtigen Alters Platz zu machen.
und kräftigste aus der Mittelmäßigdamaligen deutschen Laienfürsten, aber an Größe gebrach
es auch ihm, und es ist nicht nur ein Mangel unserer Quellen,
wenn sie uns Züge persönlicher Eigenart kaum von ihm zu berichten
sich vielleicht als der tüchtigste
keit der
wissen.
nur die sächsisch-partikularistischen Chroniken seiner
haben seiner Herrschertätigkeit hohes Lob gespendet, auch
ein Otto von Freising rühmt von ihm: wäre er nicht durch den
Tod abberufen, so würde er durch seine Kraft und sein Mühen
die Krone wieder zu ihrem ehemaligen Ansehen erhoben haben.
In scharfem Gegensatze dazu überwiegt in den neueren Darstellungen
Nicht
Zeit
eine
sehr ungünstige Beurteilung,
Schwächen
die hinsichtlich
der unleugbaren
im übrigen
seiner Kirchenpolitik nicht ganz unbegründet,
Man wird stets im
aber durchaus einseitig und ungerecht ist.^)
Auge zu behalten haben, daß Lothar seinen Ursprung weder verPartikularismus und Kirche hatten
leugnen konnte, noch wollte.
ihm zum Königtum verholfen. Auf sein sächsisches Herzogtvun
und im Kampfe gegen die Zentralgewalt emporgestiegen,
dachte er nicht an die Bestrebvmgen eines selbstherrlichen KönigPersönlich ganz
tums, wie sie noch Heinrich V. versucht hatte.
erfüllt von kirchlicher Ergebenheit und von seiner einflußreichen
Gemahlin Richenza, die oft fast als Mitregentin erschien, in dieser
Richtung nur bestärkt, durch sein eignes Interesse nicht nur in
seinen Anfängen, sondern auch weiterhin, namentlich im Kampf mit
gestützt
dem
staufischen Gegenkönigtum, auf das engste mit der Barche ver-
knüpft, wollte er nicht
neuen
Streit
mit
ihr,
sondern gegenseitige
fried-
liche Förderung. Trotz aller Zugeständnisse, die schwächlich erschienen
und zum guten
Teil auch waren, war seine Politik offenbar doch
Er machte den bemerkenswerten Versuch, ob sich
nicht bei voller Anerkennung der bisherigen partikularistischen und
nicht
ziellos.
kirchlichen Entwicklung
etwa in ähnlicher Weise, wie er selbst zu
*) Bernhardi, Jahrb. d. d. Gesch.:
Lothar v. Supplinburg 1879, das im
allgemeinen tüchtige Hauptwerk über den Kaiser, hält sich im Urteil noch
auf einer gewissen Mittellinie ungerecht behandeln ihn dagegen Jastrow-Winter
und Hauck, dessen hier völlig verfehlte Darstellung ich Hist. Zeitschr. 93,
393 flF. eingehend geprüft habe. Giesebrecht schlieflt sich der zeitgenössischen
Auffassung enger an; günstiger lautet auch mit andrer Begründung das Urteil
Ähnlich D. Schäfer, Worms. Konk. S. 37.
in Richters Ann. UL
;
n. Die
92
einer starken
Zeit der Staufer.
Herzogsmacht gekommen war, ein kräftiges Königtum
lasse.
Bei den Hemmnissen seiner ersten
seiner gesamten Regierungszeit konnte er
Schritte nicht hinauskommen, er rechnete
und behaupten
Jahre und der Kürze
da über vorbereitende
schaffen
auf Fortführung durch seinen Schwiegersohn, aber die Art, wie er
bereits den Ausbau von dessen Machtstellung in Angriff genommen
etwa
hatte, erinnert an die Ziele späterer deutscher Herrscher,
des in einigen Zügen ähnlichen, an Bildung, Schlauheit und diplo-
—
— an
freilich unendlich überlegenen Karl IV.,
das Streben auf, dem Wege der Hausmacht wieder zu einem starken
Königtum zu kommen.
Lothars Haltung der Kirche gegenüber aber wird ganz erst
verständlich, wenn man sich die Stärke und Richtung des kirchlichen Geistes jener Zeit vergegenwärtigt, der die besten Kräfte
Europas aufsog und über alle Spaltung des Papsttums hinaus einen
matischem Geschick
unwiderstehlichen Druck auf die Gemüter der Gläubigen ausübte.
Die Partei der harten, herrschaftsfreudigen und kampfliebenden
Gregorianer, zu denen man einen Adalbert von Mainz zählen
In dem langen Streite wirtgeschwächt und gemütlich verödet, bedurfte die Kirche
nach beiden Seiten hin einer Erneuerung. Die kam ihr abermals
von Frankreich, und wieder das Mönchtum war Träger der Bewegung.
Die Jahrhundertwende war eine Epoche neuer Ordensgün düngen gewesen, die erst jetzt ihre Kraft recht entfalteten.
Schon 1086 hatte der Domherr Bruno von Köln den KarthäuserBedeutsamer wurde 1098 die Gründung des
orden gestiftet.
Klosters Citeaux bei Dijon durch Robert von Molemes, einen
Adligen der Champagne, der Ausgangspunkt für den Zisterzienserorden, der freilich erst seit dem Eintritt Bernhards von Clairvaux
konnte,
war damals im Absterben.
schaftlich
(11 13) seinen gewaltigen Aufschwung nahm und sich als eine
machtvolle Kongregation über die meisten Länder Europas erstreckte.
Bernhard selbst^), der ihn von Clairvaux aus leitete, gab nicht nur
dem Orden sein Gepräge prunkloser Frömmigkeit und harter Arbeit,
sondern wies auch dem ganzen Zeitalter, das sich vom Ausgang
der Salier bis zu den Anfängen Barbarossas erstreckte, recht eigentBei allem selbstverständlichen Festhalten der
lich die Richtung.
gregorianischen Errungenschaften wünschte er kein weiteres Fortschreiten auf dieser Bahn, die immer mehr zur Verweltlichung
führte, sondern eine Erhebung der Kirche hoch empor über alles
') Seine von mehreren Ordensbrüdern verfaßte zeitgenössische Biographie
Von höchster Wichtigkeit für
Bernardi Opera ed. Mabillon II (1690).
die gesamte Zeitgeschichte seine (etwa 500) Briefe, von denen eine kritische
Ausgabe fehlt (am vollständigsten bei Migne, Fatrol. lat. 182).
vgl.
Lothar von Supplinburg (1125
§ 8.
— 1137).
qx
Irdische durch freie Entfaltung der ihr eigentümlichen Kräfte lebendigen, herz empfundenen Glaubens, tiefer mystischer
Versenkung und
bergeversetzender Heilswirkung, bei den Auserwählten gesteigert bis
zu persönlicher Wundergabe. Aus der Wurzel seiner eignen starken
Veranlagung nicht ziun wenigsten envuchs ihm dies Ideal, denn
mit warmen imd feinen Gemütskräften, die in künstlerischer Form
zutage traten, verband er eine unerhörte, aus tiefster Überzeugung
und
Selbstsicherheit
geborene,
redung, die Glauben weckte
leidenschaftliche
und Willen
Wucht der Über-
lenkte,
Heilungen wirkte
und Entschlüsse umstieß, wohin er kam. In Clairvaux liefen die
Fäden der Welt zusammen, Bernhard erteilte Königen Rat imd
Weisung und bestimmte dem Papsttum den Weg, voll Selbstgefühl,
wie
es
so
bei
und
unduldsam
allseitiger
nicht
Schätzung notwendig erwachsen mußte,
ohne
Schrifstellereitelkeit
und
Künstler-
aber machtvoll imd erfolgreich, von der Zeitströmung getragen, jahrzehntelang der ungekrönte Herrscher von
Europa.
Was der Zisterzienserorden durch religiöse Emeuenmg und
empfindlichkeit,
zusammenfassende Organisation für die Benediktinerklöster bedeutete,
das schuf unter französischem Einfluß ein Deutscher für die regulierten Augustiner Chorherrenstifter durch Gründung des Prämonstratenserordens.
Norbert^), der Grafensohn aus Xanten, folgte
dem Vorbilde Bernhards, persönlich härter und schroffer als jener,
trotz aller Askese von weltmännischer Gewandtheit und Verwaltungsgabe, aristokratisch, wie auch stets seine Schöpfung blieb, die
von dem Kloster Premontre im Bistum Laon (1120) ausgehend,
demselben Jahre die päpstliche Bestätigung erhielt, in dem Norbert
unter dem Einfluß der Kurie von Lothar zum Erzbischof von
Magdeburg erhoben ward (1126). Dadurch gerade sollte der Orden
neben dem der Zisterzienser seine besondere Bedeutvmg für die
in
der ostelbischen Slawenlande erhalten.
Norbert
besaß für diese Aufgabe nicht genug entsagende Hin-
Christianisierung
selbst freilich
gebung, umso besser verstand er es, auf den König und die Reichsregierung bis zu seinem Tode (1134) den nachhaltigsten Einfluß
zu üben.
Stärker als in ihm kam der pietistisch-mystische Zug der
bemhardinischen Richtung zum Ausdruck in dem kirchlich fast
noch strengeren, persönlich milderen Erzbischof Konrad von Salz-
burg*)
')
und
Vgl.
in
seine
dem von ihm
in
eingesetzten
Propste
Gerhoh von
zwei Fassungen vorliegende leitgenössische Biographie
M. G. SS. XII.
*) Das Bruchstück einer
verüaflten Biographic M. G. SS.
bis
XL
11 38 reichenden,
zwischen I170
u.
1177
n. Die
94
Zeit der Staufer.
—
Reichersberg (1093
1169)1), der damals seine reiche und tiefgehende publizistische Tätigkeit begann, voll mönchischen Eifers,
aber auch voll scharfer und eigenständiger Kritik an der verweltlichten Papstkirche.
Gegen den mächtigen Strom dieser ganzen Bewegung anzuschwimmen, wurde für den Einzelnen von Jahr zu Jahr untunlicher;
aber mit ihr war für den Staat ein friedliches Auskommen auch
immerhin eher möglich, als mit den alten, stürmischen Gregorianem.
So begreift es sich, daß Lothar, der überdies der Richtimg persönauf sie die weitestgehende Rücksicht genommen
ihr als Machtfaktor das Papsttum zeitweilig
lich
zugetan war,
hat,
und daß neben
fast zurücktrat.
—
neue sächsische Königtum, die BeDurch die schicksalsschwere Verbindung mit den Weifen erstreckte es seinen Einfluß
bereits auf Bayern und die schwäbischen Besitzungen jenes Hauses.
Selbständig in Deutschland Fuß zu fassen versuchte es durch seine
Maßnahmen gegen die Staufer. Ihnen als den Privaterben der
Salier konnte deren Hausgut nicht bestritten werden, aber was
sich daneben noch offenkimdig als Reichsbesitz dartvm ließ, wie
etwa die Stadt Nürnberg, das sprach alsbald ein Fürstengericht
in Regensburg (Nov. 1125) dem neuen Herrscher als RechtsnachBeide Bestandteile waren indes in den dafolger der Salier zu.
maligen Vorstellungen und der damaligen Verwaltimg nicht streng
Die Staufer betrachteten die Forderung auf Herausgeschieden.
gabe jenes Reichsgutes als einen Eingriff in ihre Rechte, und die
Erfolge ihres bewaffneten Widerstandes, der außer ihrem eigenen
schwäbisch-fränkischen Machtbezirk auch in Österreich, Niederlothringen und bei einer Anzahl von Reichsstädten Anklang fand,
ermutigten sie bald zur förmlichen Aufstellung eines Gegenkönigs
in der Person Konrads III., der den fränkischen Herzogtitel führte
und noch nicht, wie sein älterer Bruder Friedrich dem neuen Herrn
Auch im nächsten Jahre behauptete
gehuldigt hatte (Ende 1127).
sich dieser trotz päpstlicher Bannung so glücklich, daß er eine Abschwenkung nach Italien wagen konnte. Dort zog er eine ZeitZvmächst
galt es,
für das
deutulig eines gesamtdeutschen zu erlangen.
Mailands mit der römischen Kurie Gewinn
die italienische Königskrone, aber
sein eigentliches Ziel, auch für das reiche mathildische Gut entgegen
den Ansprüchen des Papsttums das Erbe Heinrichs V. anzutreten,
vermochte er mit seinen geringen Mitteln nicht zu erreichen, die
lang aus
dem
Streite
und empfing vom Erzbischof
^) Eine Auswahl seiner für die Beziehungen von Staat
bedeutsamen Schriften M. G. Libelli de lite IIL
u.
Kirche höchst
§ 8.
Lothar von Supplinburg (1125
— 1137).
05
Aussöhnung Mailands mit Rom entzog ihm vollends den Boden.
Das ganze Unternehmen erwies sich als ein Mißgriff, denn als er
1 130 mit leeren Händen nach Deutschland zurückkehrte, fand er die
gespaltene staufische Macht auch dort bedenklich im Rückgang und
in ihren Kemlanden bedroht. Schon war an ein Durchdringen des
Gegenkönigtums nicht entfernt mehr zu denken, als eine andre
große Spaltimg, die seit kurzem die Welt bewegte, diese innerdeutschen Gegensätze völlig in den Hintergrund treten ließ.
Aus dem Widerstreit römischer Adelsfaktionen war 1130 eine
päpstliche Doppel wähl erwachsen, i) Um einem Siege der Pierleoni
zuvorzukommen, hatten die Frangipani vmter Fühnmg des Kanzlers
Hairaerich in überhastetem imd völlig rechtlosem Verfahren Innozenz II. erhoben, dem dann das Haupt der Gegenpartei Peter
Wahl entgegenwiude.
Machte der eine die Priorität für sich geltend, so
Europa hatte zu entscheiden. Da
der andere das bessere Recht.
war es von maßgebender Bedeutung, daß der minder hervorragende
Pierleoni als Anaklet II, in formell unanfechtbarer
gestellt
der vor seinem mächtigeren Gegner aus Rom imd
weichen mußte, Innozenz, ein Mann von ehrenhafter Mittelmäßigkeit, vielleicht eben deswegen die Hilfe Bernhards von Clairvaux und des französischen Mönchtums gewann, dem er sich mit
feinem Instinkt in die Arme warf. Das bedeutete die Anerkennimg
Frankreichs und bestimmte die Entscheidung Lothars, der nun von
den beiden Parteien umworben wurde. Ein kraftvolles vmd eigenständiges Königtum wie das der Salier hätte diese vorteilhafte Lage
gründlich zugunsten
der deutschen Herrscherrechte ausgenutzt.
Lothar, behindert durch die staufische Gegnerschaft und gebunden
durch Rücksichten und Gefühlswerte, faßte die Entscheidung wesentlich als bedrückende Gewissenssache und war schließlich froh, die
Verantwortung auf eine deutsche Synode abwälzen zu können. Unter
den geistlichen Fürsten des Reiches fehlten solche nicht ganz, die
von der Überlegenheit der Sache Anaklets überzeugt waren, aber
unter Führung Norberts entschied die Mehrheit im Sinne Bernhards.
Lothar folgte und zog dann auch England nach sich.
Die große
Gelegenheit war versäumt, und aus seiner Entscheidung ergaben
sich für den deutschen König neue Pflichten.
Man erwartete von
ihm die Rückführung seines Papstes nach Rom imd die dauernde
Sicherung der „von jüdischer Wut bedrängten Kirche".
Denn Anaklet, eine gebietende, geistig hochstehende Persönlichkeit, der die Gegner mit Unrecht eine Fülle von Makel anzuhängen suchten, war in der Tat
und darin liegt nicht zum
von beiden,
Italien
—
*)
Vgl. Mühlbacher,
Die
streitige
Papstwahl de«
J.
1130.
1876.
II-
q6
Die Zeit der
Staufer.
—
wenigsten das Geheimnis seines Mißerfolges
von jüdischer Abkunft und schon deshalb den Bernhardinern als Papst zuwider.
Seine italienische Machtstellung aber war nicht so leicht zu erschüttern, denn er behauptete sich in Rom, hatte die Mailänder
Kirche durch kluge Zugeständnisse gewonnen und fand seinen
kräftigsten Rückhalt an Roger II. von Sizilien, i)
—
In ihm (iioi
1154) war den süditalischen Normannen der erste geniale
Staatsmann erstanden, zugleich der erste modemer anmutende Herrscher des
Mittelalters überhaupt,
ein kluger, ränkevoller Nützlichkeitsrechner,
voll
statistischer, nationalökonomischer, geographischer Interessen, der seine wilden
Leidenschaften in den Dienst seiner politischen Pläne zu zwingen wußte. Von
der Grundlage der Insel Sizilien ausgehend, die sein Vater Roger I. als Lehensmann Robert Guiscards erobert hatte, selbst ohne Feldherrngabe und solaber voll listenreicher Kombinationsgabe
glücklicher
datische Neigungen
Trefifsicherheit und diplomatischer Kunst, hatte er in vielfachen, rastlosen
Kämpfen die kleineren normannischen und langobardischen Staatsgebilde des
süditalischen Festlands der kräftigeren insularen Einheit anzugliedern verstanden, unter Verletzung der lehnsrechtlichen Ansprüche von Reich und
Papsttum, Schritt für Schritt seine Grenzen gegen Norden bedrohlich vorschiebend.
Vor allem aber gelang es seinem Verwaltungsgenie, diese buntbevölkerten und auseinanderstrebenden Gebietsfetzen wirklich zu einer festen
Reichseinheit zusammenzuschweißen. Seine „Assisen des Königreichs Sizilien"
sind Jahrhunderte lang ganz in den Hintergrund gedrängt worden durch das
umfassendere, aber wesentlich auf ihnen beruhende Gesetzeswerk seines Enkels
Kaiser Friedrich IL, bis sie endlich wieder an den gebührenden Platz geSie sind buntscheckig, wie die ganze Mischkultur dieses
rückt wurden.
Reiches, zusammengesetzt aus verschiedenen nationalen Elementen, wie die unter
Roger in Palermo erbaute Palastkapelle aus Stilarten, aber das eben gab ihnen
die Wirkungskraft, daß die einzelnen Volksstämme das Beste ihrer eigenen Ordnungen in ihnen wiederfanden. Normannisch war das Gebiet des Lehenswesens,
aber auch insgesamt die leichte Anpassung, geschickte Handhabung und kluge
Weiterbildung; altrömisch und byzantinisch die straffe Beamtenorganisation
mit dem starken und geheiligten monarchischen Haupt; arabisch und jüdisch
das gesamte Finanzwesen, insbesondere die Steuer- und Zollpolitik, die die
reichen Schätze des Landes für die Krone flüssig machte und ihren großen
Diese unerschöptlichen
Unternehmungen erst den rechten Rückhalt gab.
Mittel, dazu eine treffliche Heeresorganisation mit Verwendung arabischer
Söldner und starken Festungsbauten, die Schöpfung einer schlagfertigen Flotte
und endlich die unvergleichliche geographische Lage Siziliens machten Rogers
Reich alsbald zur gefiirchtetsten Macht des Mittelmeerbeckens, gehaßt von
Pisanem, Genuesen und Venezianern, deren Handel es schädigte, befehdet von
dem griechischen Kaiser, dessen Botmäßigkeit es ja zum großen Teil erst abgerungen war, mißtrauisch beobachtet von dem Papsttum, dem es Rückendeckung bieten, aber auch Vernichtung drohen konnte, und dem es alle
Schon Honorius II. hatte
eignen Herrschaftspläne hier im Süden zerstörte.
den aussichtslosen Kampf gegen Roger aufgegeben und ihn mit dem Herzogtum Apulien belehnt (1128). Durch noch größere Zugeständnisse gewann
jetzt Anaklet seine Hülfe, indem er das um Capua, Neapel und Benevent erweiterte Gesamtgebiet Rogers als ein päpstliches Lehen zum Königreich er,
')
Vergl. über ihn Caspar,
,
Roger
II,
1904.
§ 8.
Lothar von Supplinburg (1125
— 1137).
97
kraftvollen, jeglichen Fremdkörper im Staate ausschließenden
Krongewalt weitgehende Rechte über die junge sizilische Kirche einräumte,
die übrigens an die älteren Verfügungen Urbans IL anknüpften (1130).
hob und der
Die von Lothar verlangte Rückführung Innozenz' II. nach Rom
konnte ihn also in die gefährlichsten Kämpfe mit Anaklets Freimd
und Lehensmann verwickeln. Waren dafür nicht auch Zugeständeiner Zusammenkunft in Lüttich (1131),
Bedenken trug, durch die Marschalldienste,
die er Innozenz leistete, die Überordnung des Papsttums symbolisch zum Ausdruck zu bringen, sprach er in der Tat das Ver-
nisse
zu fordern?
bei der
Lothzir
Bei
kein
langen nach einer Wiederherstellung des alten Investiturrechtes aus.
Er hatte bisher den redlichsten Willen bekundet, bei den Bistumsbesetzimgen den Bedenken der Kirchlichen entgegenzukommen, und
hatte betreffs der königlichen Gegenwart und seiner Entscheidungs-
Wahlen nicht einmal den vollen Umfang
der ihm konkordatmäßig verbliebenen Rechte zur Geltung gebracht
Die Einengung des königlichen Machtkreises, die darin lag, empfand
Allein
er jetzt, wo er selbst an der Herrschaft war, doch bitter.
wie hätte die Kirche den mühsam errungenen Teilerfolg leichthin
preisgeben sollen Hätte selbst Innozenz gewollt, man hätte ihm widerbefugnis bei zwiespältigen
!
standen, wie einst
dem
seiner eigenen Bischöfe
Papst Paschalis IL Vor dem Widerspruche
xmd der Wucht von Bernhards Beredsamkeit
wich Lothar denn auch sogleich zurück.
Wenn
man, wie
er,
die
Möglichkeit eines Konfliktes von vornherein ausschloß, so ließ sich
in diesen Fragen schlechterdings nichts erreiche», und er mußte es
sich
auch widerwillig gefallen
lassen,
wenn man
sich rücksichtslose
Rechte erlaubte, wie das bald
genug bei der Besetzung des Trierer (i 131) und Regensburger (i 132)
Stuhles geschah, wo beide Male die Erwählten die Weihe vor der
königlichen Investitur empfingen.
Eingriffe
in
seine
unzweifelhaften
Immerhin lag der von ihm erhoffte Romzug, der ihm die
Kaiserkrone bringen sollte, doch auch in seinem eigenen Interesse,
und die Art der Ausführung (1132/33) bewies, daß er keineswegs
gewillt war, niu- die fremden Kastanien aus dem Feuer zu holen.
solange die staufischen
Denn der Kräfteeinsatz war gering,
Gegner aufrecht standen, durfte er Deutschland nicht von Truppen
entblößen; kümmerlich genug denn auch die Art, wie er sich an
den feindlichen Städten vorbeiwand! Aber bedächtig behielt er
—
das Reichsinteresse im Auge und ließ sich nicht in Abenteuer
locken. Die Kaiserkrönung, die seine Überlegenheit gegenüber den
Staufem besiegelte, ward ausnahmsweise im Lateran vollzogen, weil
die Peterskirche mit dem größten Teile der Stadt im Besitze AnaIhn daraus zu vertreiben und seinen Papst in Rom
klets verblieb.
Hamp«,
Dautiche KaisergeKhichte«
9
n. Die
g8
Zeit der Staufer.
machte Lothar kerne Anstrengung. Dagegen kam
nach der Krönung noch einmal auf jene Lütticher Forderung des alten Investiturrechts zurück, um vor dem scharfen Widersicherzustellen,
er kurz
spruche Norberts abermals zurückzuweichen. Doch erzielte er hier
einen bescheidenen Erfolg, indem er vom Papste
Bestätigung des durch
freilich ziemlich unklar gefaßte
eine
das Konkordat geschaffenen Rechtszustandes imd eine avisdrückliche
Erklärung gegen die letzthin vorgekommenen Mißachtvmgen der
wenigstens
—
—
königlichen Investitur erlangte, i)
In dem Bestreben, das
der Staufer fallen zu lassen,
begegneten sich Kurie imd Kaiser. Dem Papste aber mangdte
die Macht zur Behauptung, Lothar ein Rechtstitel zur Besitznahme.
Da erkannte er das Eigentmnsrecht der Kxuie an und nahm
Ein formell bedenklicher Vorgang!
das Gut von ihr zu Lehen.
Zwar leistete Lothar weder Treueid, noch Mannschaft, sondern
wurde gegen Zinsverpflichtung nur mit dem kirchlichen Symbol
des Ringes investiert. Aber wie leicht konnte dieser genaue Rechtsstandpunkt verdunkelt werden, und der Kaiser als Mann des Papstes,
das Imperium als abhängig von der Kurie im Sinne der Wünsche
Gregors VII. erscheinen! Tatsächlich hat diese Verschiebung bald
nach Lothars Tode Gestalt gewonnen in einem Gemälde des LaWertvoller war ein andrer Gewinn.
mathildische
Gut
nicht in die
Hände
der Kaiser knieend aus den Händen Innozenz;' II.
die Umschrift geradezu als
Bild, das später die Entrüstung Barbarossas erregte, zeigte nur zu deutlich, wie gefährlich
Lothars kurzsichtiges Entgegenkommen in den Formen äußerer ErAber andrerseits
gebenheit für die Zukvmft des Kaisertiuns war.
war der sachliche Vorteil, den ihm jene Übertragimg bot, doch
unleugbar, imd man erkennt die .Ziele von Lothars kluger Hausmachtpolitik avis dem Umstände, daß er alsbald auch seinem
Schwiegersohne Heinrich dem Stolzen, der in die volle Lehensmannschaft zur Kurie trat, die Nutznießung jener Güter sicherte.
Die mitteleuropäische Weltstellung des weifischen Hauses von
Sachsen über Süddeutschland bis nach Mittelitalien hin wvurde so
terans, auf
dem
Krone entgegennaihm, während ihn
Mann des Papstes bezeichnete. Das
die
begründet.
*) Die Urk. Innozenz' II. v. 8. Juni 1133
(M. G. Const. I, 168), tctetümmelt und vieldeutig wie sie ist, hat auch andre Auslegungen erfahren;
Bemhardi, noch mehr Hauck sehen in ihr eine Abschwächung des Wormser
Konkordats, Schäfer, der den Fortbestand des Konkordats leugnet, nur da«
Verbot einer Regaliennutzung ohne Investitur. Ich möchte nur zugeben, daö
die mangelnde Präzision des Ausdrucks die Möglichkeit einer Ausbeutung im
Interesse der Kurie offen liei.
§
Lothar von Supplinburg (1125
8.
— 1137).
qq
dem Gewinn
des Romzuges, wenn er
immerhin zufrieden sein. Auch so
viel war nur erreicht, weil eben damals innere Wirren Rogers Kraft
nach außen lähmten; diese augenblickliche Not aber zu einem An-
Lothar konnte also mit
ihn mit
griff
dem
Einsatz verglich,
auszunutzen, lehnte der Kaiser trotz dringender Bitten seines
Papstes ab.
Indem
Innozenz' Lage bei
Enttäuscht,
sah
er
Romzug
sich
er
über die Alpen zurückwandte, wurde
neuem
sich
Erstarken Rogers bald genug unhaltbar.
gezwvmgen, nach Pisa zu flüchten; ihm
den erhofften Vorteil gebracht Noch vor
seinem Abschluß ergab sich die Notwendigkeit eines neuen, mit
umfassenderen Machtmitteln auszuführenden Unternehmens.
Dafür galt es in den nächsten Jahren durch friedenfördemde
Bernhard selbst war es, der in die
Hilfe den Boden zu bereiten.
Ausgleichsverhandlungen zwischen Lothar und seinen deutschen
Gegnern vermittelnd eingriff. Nacheinander unterwarfen sich die
beiden staufischen Brüder, die sich nicht lange mehr hätten behaupten können, und erlangten gegen Anerkennung des Kaisers
volle Begnadigung (1135).
Auch sonst dankte Lothar der Kirche
mancherlei Unterstützung nach innen imd außen.
Es waren jene glücklichen Friedensjahre, deren die Chronisten
in den bald hereinbrechenden Wirren mit sehnsüchtigem Lobe geauch unter dem Gesichtspunkte der deutschen Zukimft
dachten,
gewiß nicht mit Unrecht! Denn in einer Zeit, in der die wirtschaftlichen Kräfte des Reiches aus den verhältnismäßig schon
übervölkerten niederländischen und rheinischen Gebieten ostwärts
zu fluten begannen, in der kirchliche imd kriegerische Elemente in
gleicher Weise dort ein Betätigimgsfeld ersehnten, konnte es von
höchster Bedeutung werden, daß das Königtvun Lothars infolge
der Lage seines Stammesherzogtums gewissermaßen einen Frontwechsel von Südwest nach Nordost vollzog und an die einstmals
allzu jäh abgerissenen Überlieferungen Ottos d. Gr. wieder anknüpfte.
Während die Gebiete längs der französischen Grenze in
der Sorge des Herrschers zurücktraten, kannte er sich, belehrt durch
die Erfahrungen eines langen Menschenalters, in allen Verhältnissen,
die Sachsen berührten, vortrefflich aus. Die Übertragung der brandenburgischen Nordmark an den Askanier Albrecht von Ballenstädt
(1134), die Vereinigxmg der Lausitz mit der schon früher (1123)
verliehenen Mark Meißen unter Konrad von Wettin (1136), die
Verpflanzung der Schauenburger (Adolf I. 11 10 bis c. 1128,
Adolf IL c. II 28
1164) von der Weser in die Grafschaften
hatte der
nicht
—
—
Holstein
\md Stormam
zeigten,
daß
er hier
den rechten
Mann an
zu setzen wußte, imd wiesen den großen GeUnmittelbarer
schlechtem der Zukunft ihre historischen Aufgaben.
die
rechte
Stelle
lOO
II'
I^Jc Zeit
der Staufer.
noch wird die Erinnerung an den großen Sachsenkaiser wachgerufen»
wenn Lothar auch während der Krönungsfeierlichkeiten in Rom
diese östlichen Verhältnisse im Auge behielt, indem damals (1133)
nur dem Bremer Erzbischof seine Hoheitsrechte über die
nordischen Reiche entgegen den Ansprüchen des neuen schwedischen
Erzbistums Lund vom Papste bestätigt wurden, sondern auch der
Versuch gemacht ward, die seit den Tagen Ottos HI. preisgegebenen
Metropolitanrechte über die polnische Kirche für Norbert als Erznicht
bischof von
Magdeburg
Solche Versuche mußten
nationalen Widerstände
scheitern.
Praktisch wertvoller waren die Missionsbestrebungen;
auch hier zeigte der Kaiser wohlwollendes Verständnis, und es gereicht ihm zum Verdienst, daß er sowohl das menschenfreundliche
Werk des aufopferungsvollen und gesundsinnigen Bischofs Otto von
Bamberg^) bei den Pommern mit seiner Teilnahme förderte, als
auch die auf das östliche Holstein gerichtete Wirksamkeit des
Priesters Vicelin^) in ihren vorbereitenden Anfängen tatkräftig unterstützte.
Er selbst mochte bedauern, daß ihm die Pflichten seines
wiederherzustellen.
freilich hier
wie dort bald genug an
kaiserlichen
Amtes
nicht
dem
noch mehr Muße
für diese
Dinge
ließen.
durch einzelne Eingriffe, wurden sie ja gefördert
durch die Steigerung des Ansehens, die Lothar dem Reiche in dem
ganzen weiteren Umkreise des Ostens imd Nordens gewann. Hatte
er gegen Böhmen im Anfang seiner Regierung eine schwere Niederlage erlitten (1126), so stellte sich doch bald das alte Abhängigkeitsverhältnis des Herzogs in besonders freundschaftlichen Formen
her.
Der dänische König, der sich aus längeren Thronwirren
emporrang, huldigte dem deutschen Kaiser (1135).
Lothar vermittelte in einem Kriege zwischen Ungarn und Polen und hatte
auf dem Merseburger Tage von 1 1 3 5 den Triumph, daß der lange
widerspänstige polnische Herzog ihm zum 'Zeichen seiner Abhängigkeit beim KLirchgang persönlich das Schwert vortrug, den seit zwölf
Jahren rückständigen Tribut nachzahlte und die Belehnung mit
Aber
reicher, als
Pommern imd Rügen von ihm empfing. Man karm doch sagen,
daß Lothar hier in den nordöstlichen Gebieten bereits eine Rolle
hat, wie sie ein Menschenalter später sein Enkel
Heinrich der Löwe dauernder, wuchtiger und getragen von einer
kräftiger flutenden Germanisationsbewegung durchführen sollte.
Aber wie kurz währte diese Zeit fruchtbarer Ruhe für Deutschland!
Eben in Merseburg drängten alle Gegner König Rogers:
vorgezeichnet
*)
Vergl.
neben andern Aufeeichnungen die beiden bald nach Mitte de»
Biographien der Michelsberger Mönche Ebo und Herbord,
12. Jh. verfaßten
Jaff6, Bibl. Y.
*)
Seine Biographie
ist
enthalten in Helmolda Slawenchronik.
§
8.
Lothar von Supplinburg (1125
— 1137).
lOI
der griechische Kaiser, Venedig, süditalische Flüchtlinge, vor allem
Innozenz II. und seine Parteigänger den Kaiser unwiderstehlich zu
einem neuen Romzuge (1136/37). Die gefestigte Einheit Deutschlands, die in der starken Truppenzahl ihren Ausdruck fand, die
eifrige Propaganda der Kirche, die vorbereitenden Erfolge Bernhards,
der Mailand für Iimozenz gewonnen imd die Seehilfe von Pisa und
gesichert hatte, gaben dem Unternehmen, das sich diesmal
Genua
ausgesprochenermaßen gegen Innozenz' Hauptgegner Roger von
Als wirkSizilien richtete, von vornherein ein machtvolles Ansehen.
licher Herrscher durchzog der Kaiser Norditalien vom Fuße der
Westalpen bis nach Ravenna, jeden Widerstand niederwerfend, auch
In zwei Heersäulen rückte
die Gesetzgebung wieder aufnehmend.
man dann südwärts: Lothar mit der Masse der Truppen die Ostküste entlang, Heinrich der Stolze an der Spitze einer Abteilung
gemeinsam mit dem Papste westlich durch Tuszien. So drang man
von zwei Seiten her in das süditalische Reich, vereinigte sich in
Bari vmd eroberte in raschem Ansturm den größten Teil Apuliens
Bis soweit war der Feldzug tadellos
bis hin nach Tarent {1137).
Roger hatte den übermächtigen Andurchgeführt, aber was nun?
griff wie das Anschwellen eines Gießbachs, dem bald Dürre folgen
in kluger Überwindung einen Teil seines
Gegen Anerkennung seines Königstitels hätte er
sich immerhin wohl zur Preisgabe Anaklets bereitfinden lassen. Aber
Innozenz bestimmte den Kaiser zur Ablehnung seiner FriedensDa setzte der
anerbietimgen und drängte vorwärts nach Süden.
mußte, betrachtet vmd
Reiches geopfert.
Heimatsdrang der deutschen Truppen, die in der apulischen Julimochten imd sich drohend gegen
Papst und Kardinäle erhoben, eine unüberwindliche Schranke. Eine
dauernde Besetzimg des eroberten Gebiets war ja ohnehin imdurchführbar; so tat man das allein Mögliche: man griff zu der alten
SpaltvmgspKjlitik und belehnte Rogers Gegner Rainulf von Alife mit
dem Herzogtum Apulien, in der Hoffnung, daß er sich aus eigner
ICraft würde behaupten können.
Dabei stießen aber die HoheitsLothar, der urkundansprüche von Kaiser imd Papst zusammen.
liche Belege für das Recht des Reiches im Augenblick nicht zur
Hand hatte, gab trotz seiner überlegenen Stellung noch einmal nach
und verstand sich zu einem schwächlichen Kompromiß, durch das
hier für die Zukunft verhängnisvoll unklare Rechtsverhältnisse geschaffen wurden: Papst und Kaiser faßten die Herzogsfahne an
Schaft und Spitze und überreichten sie so als gemeinsame Lehenshitze eine Katastrophe befürchten
herren an Rainulf.
In einem anderen Konfliktsfalle, bei dem es sich um die Besetzung der alten Reichsabtei Montecassino handelte, setzte indes
II-
I02
Die Zeit der Staufer.
nachdem er sich eine ganze Nacht hindurch aus den vorUrkvmden von seinem Rechte überzeugt hatte, dxirch die
nachdrückliche Androhung eines Bruches seinen Willen durch. Und
Lothar,
gelegten
überhaupt gewinnt man aus dieser letzten Zeit den bestimmten
Eindruck, daß die Linien der kaiserlichen und päpstlichen Politik
Der Kaiser, der bei dem Anauseinanderzuweichen begannen.
schwellen seiner Macht in den letzten Jahren auch der deutschen
Kirche gegenüber seinen konkordatmäßigen Einfluß stärker als früher
zur Geltung gebracht hatte, mußte bei aller Milde durch die stete
rechtsverletzende Begehrlichkeit der Kurie verstimmt werden; der
Papst andererseits begann zu fürchten, daß jene Macht bald in den
rücksichtsloseren Händen Heinrichs des Stolzen, mit dem er letzthin
schon mehrfach schroff zusammengestoßen war, erdrückt werden
möchte. Überdies waren dort auch diesmal seine Wünsche keineswegs befriedigt, als Lothar sich mit seinem Heere nordwärts wandte.
Innozenz sah sich fast ausschließlich auf das Ansehen und die
Redekunst Bernhards angewiesen und war gezwungen, dem wieder
vordringenden Roger, der damit in Lothars Rolle einrückte, das
Amt eines Schiedsrichters zwischen ihm und seinem Gegner anzutragen.
Erst der Tod Anaklets (1138) verschaffte ihm endgültig Luft.
Damals weilte Lothar schon nicht mehr unter den Lebendem
Gefühl seines nahenden Todes hatte der mehr als Siebzigjährige
den Rückmarsch beschleunigt; er starb, kurz nachdem er den deutschen Boden betreten hatte.
Wenn eine aufsteigende Machtentwicklimg das Kennzeichen politischer Erfolge ist, so war Lothars
Regierung
werm nicht glänzend
so doch keinesfalls ganz
Im
—
—
war wesentlich vorbereitender Art. Noch
vor kurzem hatte er Heinrich den Stolzen mit der Markgrafschaft
Tuszien belehnt; jetzt bestimmte er ihm Sachsen und bezeichnete
ihn sterbend durch Übergabe der Reichsinsignien als den erwünschten
Thronfolger. Welch' gewaltigen Gebietsumfang „von Meer zu Meer,
von Dänemark bis Sizilien" vereinigte dieser damit unmittelbar unter
sich! Wie würde die Geschichtschreibung Lothar als vorbereitenden
Gründer der Dynastie preisen, wenn statt der Staufer die Weifen
sich auf dem Throne behauptet hätten! Daß dies Ziel durch listige
Machenschaft und bösen Zufall vereitelt wurde, vernichtete, wenigstens
zum guten Teil, Lothars Lebenswerk und stürzte das Reich in Verwirrvmg und Ohnmacht.
unglücklich.
Aber
sie
:
§9. Konrad HI. (1138
§
9.
— 1152).
jOt
Konrad m. (1138—1152).
Das deutsche Geschlecht, dessen weltgeschichtliche Aufgabe
vornehmlich die Bekämpfung hierarchischer Ansprüche werden sollte,
kam auf den Thron im Dienste der Kirche. Es war der Dank der
Kurie für Lothars nachsichtige Schwäche, daß sie in rücksichtsloser
Wahrnehmung ihres Vorteils noch in seinen letzten Tagen insgeheim
ihre Vorbereitungen traf, um das Königtum seines Schwiegersohnes
zu vereiteln. Ihr Werkzeug war der klügste imd energischste unter
den damaligen Kirchenfürsten Deutschlands, Erzbischof Albero von
Vakanz von Mainz imd Köln
übernahm imd sie in der imerhörtesten
Weise mißbrauchte. Die jelzt von ihm ausgeführte Erhebimg des
früheren Gegenkönigs Konrad III. (März 1138) erinnerte an die des
Papstes selbst; sie war eine Überrumpelimg vor der festgesetzten Zeit,
ohne alles Recht, von einer kleinen Minderheit der Fürsten vollzogen.
Wenn dieser „Pfaffenkönig" und „Sonderherrscher" gleichwohl überraschend schnell an Boden gewarm, so weisen eben diese Chronistenbezeichnungen auf die beiden Mächte, die ihn trugen; Kirche und
Fürstentum, die Lothar erhoben hatten, wandten sich von seinem kraftTrier*), der bei der augenblicklichen
die Leitung der Wahlgeschäfte
voll erstarkten
Hause,
als die
Person des Vertreters, die rücksichtslos
durchgreifende Herrschematur Heinrichs des Stolzen, ihnen keine Gewähr für die Fortführvmg der bisherigen Politik zu bieten schien.
Bald mußte der Weife seine Kronhoffnimgen ziuückstellen; wurde
ihm nur der volle Umfang seiner Rechte anerkaimt, so blieb er trotzdem der tatsächliche Herrscher im Reiche. Eben das aber machte
Konrad jene Anerkennimg unmöglich. Nach kurzem Hinhalten, das
die Auslieferung der Reichsinsignien erzielte, weigerte er die Belehnung
mit Sachsen, ächtete den Ungehorsamen, der die Huldigung unterund vergab zuerst Sachsen an den Markgrafen Albrecht den Bären,
der als Schwiegersohn des letzten Billungers Ansprüche darauf erhob,
dann (1139) Bayern an seinen eigenen Stiefbruder, den Babenberger
Markgrafen Leopold von Österreich.
Aber das waren Ansprüche,
die erst im Kampf durchzusetzen waren.
Denn nun spaltete sich
Deutschland in zwei feindliche Heerlager, der unheilvolle Streit
zwischen Staufem und Weifen nahm seinen Anfang.
Es war zunächst ein von den mittelstarken Fürsten unterstützter
Kampf der Kirche g^en eine kräftige deutsche Königsgewalt
Denn was war Konrad') für sich allein, er, der als der jüngere
ließ,
') Seine zeitgenössische Biographie Ton dem Trierer Scholastiker BaldeM. G. SS. VIII.
*) Ober ihn ausführlich und gründlich: Bemhardi, Jahrb. der d. Gesch.
Konrad UI. 2 Bde. 1883.
ricli
I04
II.
Die Zeit der
Staufer.
der staufischen Brüder nicht einmal über das schwäbische Herzogtum verfügte? Persönliche Bedeutung trat bei ihm nicht ergänzend
in die Machtlücke. Schon als Gegenkönig hatte er mehr Lebhaftigkeit als Geschicklichkeit gezeigt.
Jetzt stand er in der Vollkraft
seiner Jahre, eine schöne, ritterliche Erscheinung, ein wackerer Kriegsmann, der nicht nur die Gefahr suchte und wuchtige Schwabenstreiche auszuteilen wußte, sondern auch Anstrengvmgen und Entbehrungen mit den Seinen teilte, von gewinnender Liebenswürdigkeit
und natürlichem Frohsinn, wenn er etwa an lustiger Tafel sich in
seiner laienhaften Art in die gelehrte Unterhaltung seiner Hofgeistlichen mischte und lachend den Philosophen ihr heiteres Leben
neidete, da sie mit solcher Leichtigkeit das Unmögliche als möglich
darzutun verstünden. Trotz solcher menschlich anziehenden Eigenschaften sind indes Zeitgenossen und spätere Forscher in ihrem
Urteil über den Staatsmann völlig einmütig; er hat nicht einen
Nicht an Beweglichkeit
einzigen ernsthaften Lobredner gefunden.
er hätte sonst nicht
und Unternehmungsgeist fehlte es ihm,
zweimal unter den schwierigsten Umständen die Bürde der Krone
wohl aber an abschätzender Überlegimg,
auf sich genommen,
—
—
Umsicht und folgerichtiger Stetigkeit.
Von dem
kirchlichen Zuge der Zeit mit Tausenden und Abertausenden ergriffen und vom Gefühl seiner Sündhaftigkeit durchdrungen, wie
ein Briefwechsel mit der geistlichen Seherin Hildegart von Bingen
beweist, erregbar und leichtgläubig, der Beredsamkeit eines Bernhard
von Clairvaux ebenso hilflos preisgegeben wie dem Eindruck einer
Mondfinsternis, ließ er sich leicht zu unbedachten Unternehmungen
fortreißen, um unter neuen Einwirkungen zu schwanken imd eigne
Entscheidungen zu widerrufen, so daß wohl seine nächsten VerSo blieb seine Retrauten über seine Unzuverlässigkeit klagten.
gienmg ohne allen Aufbau, jeder Erfolg erstickte in dem Mißverhältnis zwischen Wollen und Können; am Ende stand Konrad fast
genau da, wo er begonnen hatte. Aber eine Flut von Unheil war
über das Reich dahingebraust, das königliche Ansehn war tief gesunken, und wenn gerade dies Elend nicht zum wenigsten den
Rückschlag beschleunigt hat, so erfolgte doch der Wandel der
öffentlichen Meinung, der sich zuletzt vollzog, und der das bedeutsamste Ergebnis seiner Regierung bildete, im wesentlichen ohne
Konrads Verdienst.
Es wäre wohl die Frage gewesen, ob er sich in seinem Königtum auch nur behauptet hätte, wäre nicht Heinrich der Stolze
gleich im Beginn des Kampfes durch einen vorzeitigen Tod hinweggerafft worden (1139); denn es spricht für die Stärke der
gegnerischen Partei, daß sie trotz dieses bösen Unfalls Sachsen für
vorbereitender
§ 9«
Konrad
m.
(1138— 1152).
105
geinen zehnjährigen Sohn Heinrich den Löwen unbedingt zu behaupten vermochte, während allerdings Bayern, wo sein Bruder
Weif (VI.) den Kampf leitete, hart umstritten blieb i). Auch als
nach Leopolds von Österreich Tode sein Bruder Heinrich sich durch
die Vermählung mit Heinrichs des Stolzen Witwe Gertrud (1142)
Bayern sicherte, war die Versöhnung nicht von Dauer. Denn da
Gertrud schon im nächsten Jahre starb, erneuerte Heinrich der
Löwe seine bayrischen Ansprüche, die Weif überhaupt nicht hatte
fallen lassen.
So nahmen die Kämpfe bald ihren Fortgang.
Und
die
bei dieser
Lähmung
Fehden im Reiche,
der Königsgewalt tobten allenthalben
ein furchtbarer Zustand der Rechtsunsicher-
trat ein.
Bald zeigten sich die Wirkvmgen nach außen: in
Ost imd Nord ging das von Lothar behauptete Ansehn verloren,
während im Westen das französische Königtvmi seit der Vermählung
Ludwigs Vn. mit der aquitanischen Erbin Eleonore (1137) seinen
Kronbesitz bis zu den Pyrenäen ausdehnte.
In Italien gelang es
Konrad zwar, nach Heinrichs des Stolzen Tod von den Vasallen
der mathildischen Güter, die in der immittelbaren Unterordnung
heit
unter den König ihren Vorteil erblickten, die Anerkeimimg seines
Erbrechts zu erlangen, so daß aus der Besitzfolge dreier deutscher
Herrscher allmählich ein Rechtsanspruch des Reiches als solchen
Aber Ansprüche waren im
anderen Zeiten fruchtbringend doch
nur bei persönlicher Wahrnähme.
Durch Konrads Abwesenheit
zerfiel das Gut mehr und mehr und diente benachbarten Lokalgewalten zur Bereicherung. Und das nicht allein! Diese herrscherlosen anderthalb Jahrzehnte seit Lothars Tode, die zusammenfielen
mit dem mächtigen Emporblühen der ober- und mittelitalischen
Städte, wurden für die Reichsrechte überhaupt verhängnisvoll; eins
nach dem andern ward angeeignet oder geriet in Vergessenheit,
Man entwöhnte sich jedes Zwanges imd dehnte sich in der Freiheit, der nur die Mitbewerbimg des Nachbarn Schranken setzte.
Vom Süden her aber lastete die Machtstellung Rogers, der durch
den Tod seines Gegners Rainulf vollends Oberwasser bekam, auf
auf diese Gebiete erwachsen mußte.
Mittelalter
noch mehr
als
in
und Rom.
Es war doch eine arge Selbsttäuschimg Innozenz' IL, daß er
im Vollgefühl der wiedererrungenen kirchlichen Einheit noch einmal
Reichsitalien
') Konnds Sieg über Weh vor Weinsberg und die daran anschliefiende
Einnahme der Burg (1140) haften im Gedächtnis durch die Erzählung von
Entgegen früheren Anzweiflungen (vgl. namentlich
den „getreuen Weibern."
Bemheim, Hist Taschenbuch 6. Folge Bd. 3 und öfter) möchte man nach
den Ausführungen von Weller, Würt. Vierteljahrsh. N. F. Bd. 12 (1903) siun
mindesten an einen historischen Kern glauben.
n. Die Zeit der
Io6
in die
Bahn
Staufer.
südlicher Eroberungspolitik zurücklenkte.
Er
scheiterte
wie Leo IX. und Honorius II. Geschlagen und gefangen, mußte
er im Vertrage von Migniano (i 139) alle vom Gegenpapst bewilligten Forderungen Rogers erfüllen, wobei er dessen Königtum,
um nur nicht eine Schöpfung Anaklets gutheißen zu müssen, schon
Die völlige Mißauf seinen päpstlichen Vorgänger zurückführte.
achtimg der süditalischen Reichsansprüche hätte den Papst wohl
schon damals in Gegensatz zum deutschen König bringen können,
aber noch war das Einverständnis mit Roger nur ein erzwungenes.
Indem dieser Herrscher nun seinen Staat zu dem feingestalteten
und festgeschlossenen Gefüge mnschuf, das jedem Drucke seiner
Hand gehorchte, das eine Sonderstellung der Geistlichkeit neben
dem straff abhängigen Beamtentum nicht duldete, indem er auch
jetzt
noch die nördlichen Grenzen nicht ängstlich achtete, blieb er
ohne das Gegengewicht des Kaisertums eine
das Papsttum
stete Bedrohung.
für
Und
machten alsbald die römischen Zustände ein
Konrads höchst wünschenswert. Noch in den letzten
Tagen Innozenz' II. (f 1143) ergriff die Bewegung auf bürgerliche
Selbstbestimmung, die sich aus den lombardischen Städten auch
nach Mittelitalien verpflanzte, Rom imd vermengte sich hier mit
den herrschenden Adelsgegensätzen und den nie ganz geschwundenen
aber jetzt mit frischer Kraft auftauchenden Eriimerungen an die
alte Größe.
Ein Senat als Organ des Volkswillens, mit einem
Pierleoni an der Spitze, verlangte vom Papst den Verzicht auf die
weltliche Herrschaft über Rom, genau wie die lombardischen Städter
von ihren Bischöfen. In den Wirren, die daraus entstanden, ward
überdies
Eingreifen
gar
einer
der
folgenden
Päpste
durch
einen
Steinwurf
getötet
1145), der unter dem Papstgewand die ZisterÄienserkutte trug, ein ergebener Schüler Bernhards, dessen Einfluß
dadvu-ch noch höher stieg, sah sich nach vergeblichem AusgleichsVersuche gezwungen, die Stadt nordwärts zu verlassen (März 1146).
Er erhoffte damals einen Romzug Konrads; aber gewaltige Ereignisse traten dazwischen.
Nichts wäre verkehrter, als angesichts der lokalen Widerwärtigkeiten von einer allgemeinen Schwäche des Papsttums zu reden.
Nie war sein Einfluss nördlich der Alpen beherrschender, tiefer in
alle Verhältnisse eingreifend! Eben damals sind auch seine Machtansprüche theoretisch zusammengefaßt; was einst bei Pseudoisidor
als Forderung aufgetreten war, erhielt jetzt im Dekret Gratians,
dem Grundstock des großen kanonischen Rechtsbuches, seine gültige
Formulierung.
Und solche Ansprüche wurden getragen von der
mächtigen kirchlichen Strömimg, die trotz vereinzelter Gegenwirkungen
Eugen
III.
(seit
§9- Konrad
III.
(1138
— 1152).
107
noch ungebrochen^) die Geister beherrschte. Selbst die Kreise, die
mit Bitterkeit bemerkten, wie das Anwachsen der Kirche dem
deutschen Kaisertum alles Mark aussauge, betrachteten diese Entwicklung doch als ein von der Vorsehung gewolltes Verhängnis.
Ein Stiefbruder Konrads, der Bischof Otto von Freising, hat solchen
Auffassungen in seiner Chronik den bezeichnendsten Ausdruck gegeben. Jener Traumkoloß Nebukadnezars, den Daniel deutet als
die Folge der vier großen Weltreiche, ruht auf Füßen von Eisen
und Ton. Sie sind die letzte, die römisch-deutsche Monarchie.
nicht von MenschenEin Stein aber, der herabgerissen wird
zertrümmert sie und wächst dann zu einem großen Berg,
,
hand
Das ist die Papstkirche! Durch der
der die ganze Welt erfüllt.
Kaiser Freigebigkeit zur Macht gehoben, hat sie mit Gregor VII.
den Wettkampf begonnen, mit dem Wormser Konkordate den Sieg
Seitdem dehnt sie sich über die ganze Erde. Wird sie
errungen.
—
—
endlich das ersehnte Gottesreich verwirklichen?
und bedarf
Ist die Zeit
erfüllt,
etwa nur noch einer letzten, begeisterten KraftanOtto
strengung, um ihr die Völker der Ungläubigen zuzuführen?
von Freising sprach nvir aus, was aller Herzen bewegte. Nur aus
diesem Zustande hochgradiger religiöser Spannung heraus begreift
man die fabelhaften Erfolge der nim einsetzenden neuen Kreuzzugsbewegung. Die Kunde von der Eirmahme Edessas durch den
Reichsverweser von Mossul Emadeddin Zenki (i 144) gab doch nur
den Anstoß, im Hintergrunde stand die Erhöhung des Kreuzes
über den gesamten Erdkreis, und wie sollte nicht Gott selbst die
Seinen zu solchem Ziele leiten?
Als Eugen III. nach
Die Bewegung wuchs lawinenartig.
dem Vorbilde Urbans an die Nation des ersten Kreuzzuges,
die Franzosen, seinen Hilferuf ergehen ließ, ahnte er wohl noch
Da war es bedeutsam,
nicht, welche Wirkungen er erzielen sollte.
daß der junge Ludwig VII. selbst in Gewissensnot über grausamen
Kirchenfrevel sich zur Fahrt bereit erklärte und Nacheiferung weckte;
noch viel folgenschwerer indes, daß Bernhard von Clairvaux in
päpstlichem Auftrage die Agitation übernahm und durch seine
zündende Beredsamkeit, durch die Heilwirkungen, die der Menge
seine göttliche Sendung bestätigten, Triumphe feierte, die ihn über
Auf
sich selbst hinaushoben vmd die Zuhörer willenlos fortrissen.
dem Hoftage von Vezelay (Ostern 1146) mußte er sein Gewand
zerschneiden, weil die Zahl der Kreuze dem stürmischen Begehren
nicht genügte. Alle Geister vraren nur noch auf das eine Ziel ge-
^)
vgl.
es
Die gegenteilige Ansicht von Hauck kann ich nicht
Hist, Ztschr. 93, S. 408.
fttr
richtig halten,
n. Die
I08
Zeit der Staufer,
von Freising, „trat fast im ganzen
daß es nicht nur für Frevel galt,
Krieg anzufangen, sondern sogar, öffentlich Waffen zu tragen."
Schon flutete der Strom über die deutschen Grenzen. Hier
wandte man sich zimächst gegen die Ungläubigen in der Nähe, es
kam zu massenhaften Judenmorden, bis Bernhard selbst erschien
richtet.
„Plötzlich",
sagt Otto
Abendlande eine solche
ein,
Stille
und Einhalt gebot. In einen schweren Pflichtenkampf stürzte er
dann den staufischen König. Alle Vemunftgründe sprachen gegen
dessen Teilnahme; denn wollte er wirklich die tmausgeglichenen
Gegensätze Deutschlands hinter sich lassen, so riefen ihn gebieterisch
nach Italien die Not des Papstes, die Kaiserkrone, der Verfall der
Reichsrechte
was galten
und
die Übergriffe Rogers.
in diesen
Tagen
So lehnte
er ab.
die Gebote der Vernunft?
Aber
Kvurz nach
dem
Weihnachtsfest in Speyer erlag Konrad unter Thränen einem
rednerischen Ansturm Bernhards, der den Lauen drohend
an die Schrecken des Todes und den Richterstuhl Christi mahnte
xmd dann seine Umstimmung als das Wunder der Wunder pries.
letzten
Vergeblich suchte der Papst im eignen Interesse das Gelübde rück-
gängig zu
nicht
machen.
mehr
mm
auch in Deutschland
Die Bewegung war
Ein allgemeiner Landfriede dehnte sich
aufzuhalten.
über das Reich, Heinrich der Löwe versprach seine bayrischen Ansprüche einstweilen zurückzustellen, und wenigstens einen bedeutsamen Erfolg brachte das Unternehmen dem staufischen Hause:
Konrads zehnjähriger Sohn Heinrich ward zum Könige gewählt
imd gekrönt, um. unter Leitung des Erzbischofs Heinrich von Mainz
Also ein
den Vater während seiner Abwesenheit zu vertreten.
erster Schritt, imi die seit den Saliern unterbrochene Erbfolge herzustellen!
Seitdem mußte die Kreuzfahrt noch öfter als Hebel
für
den gleichen Zweck dienen.
Die Ereignisse des zweiten Kreuzzuges
selbst
können hier nur
kurz gestreift werden.^) Bezeichnend für die allgemeinen Ziele der
Bewegung imd die übergroße Zahl der Teilnehmer, aber auch für
den geringen Zusammenhalt des damaligen Reiches war, daß mit
Konrad eigentlich nur die Süddeutschen zogen. Die sächsischen
Großen unternahmen auf eigne Faust, wenn auch mit kirchlicher
Billigung, einen Kreuzzug in die ihrem Interessenkreise näherliegenden Wendenlande (1147), freilich nur, um hier die mühsam errungenen Erfolge der friedlichen Mission imsanft zu stören und
alsbald statt der geplanten Ausrottung der Heiden deren Scheintaufe
imd Tributzahlimg vorzuziehen. Flandrer und Lothringer aber fuhren
^)
Für die Einzelheiten
und Röhricht.
vgl.
namentlich
die
Forschungen von Kugler
§9. Konrad in. (1138— 1152).
IO9
mit Engländern und Normannen über See tmd errangen imterwegs,
sie dem König von Portugal zur Eroberung des mohammedanischen Lissabon verhalfen (i 147), den einzigen großen Erfolg
des gesamten Kreuzzuguntemehmens. Andre Lothringer zogen mit
dem französischen Heere, das den Massen Konrads HL diurch
Ungarn in das griechische Reich folgte.
Dort kam dem deutschen Könige seine Verschwägerung und
Freundschaft mit dem ritterlichen und mitemehmimgslustigen Kaiser
Manuel zu statten, mit dem ihn überdies die gleiche Feindschaft
gegen Roger von Sizilien politisch eng verknüpfte. Manuels durch
indem
eignes Interesse
geförderter guter Wille,
die der abendländischen noch
immer
seine reichen Mittel
und
weit überlegene byzantinische
Technik brachten die imzweifelhaft auf viele Zehntausende zu
schätzenden deutschen Kreuzfahrer ohne Störung hinüber nach
Von da aus riet er zu dem weiteren, aber sichereren
Nicaea.
Küstenwege. Indes der Drang vorwärts entschied für den näheren
Marsch durch das Innere, der ein festgeschlossenes, berittenes imd
verproviantiertes Heer in der Tat in etwa drei Wochen nach Ikonivun hätte führen können. Koruad suchte daher die ungeordneten,
mittellosen Massen mit einer kleineren Truppenabteilung unter
Bischof Otto von Freising die Küste entlang zu schicken; aber nur
wenige gehorchten, die meisten ließen sich in der Furcht, preisgegeben zu werden, von dem Hauptheere nicht abschütteln. Es
gehörte schon der volle Glaube an die unmittelbare Leitimg Gottes
dazu, imi ohne genaue Kenntnis des Weges und mit gänzlich unzureichenden Lebensmitteln den Marsch trotzdem zu wagen. Nach
zehn Tagen sah man sich in dem öden, von den Feinden überdies
noch verwüsteten Lande am Ende des Unterhaltes, von den mit
Schmähimgen überhäuften griechischen Führern verlassen, von behenden türkischen Reiterscharen auf allen Seiten angegriffen. Sofern noch Rettimg möglich war, lag sie in schleunigster Umkehr,
zumal eine schreckenerregende Sonnenfinsternis Gottes Zorn zu verraten schien.
Der Rückzug gestaltete sich dann durch Himger,
Krankheit imd Feindesnot zu einer furchtbaren Katastrophe, aus
der Konrad, der Gefahren, Mühen und Entbehnmgen in der aufopferndsten Weise mit den Seinen teilte, nur einen kümmerlichen
Heeresrest nach Nicaea zurückbrachte. Im Anschluß an die französischen Kreuzfahrer, die er dort antraf, marschierte er mit einem
seiner Leute dann noch eine Strecke weit auf dem Küsten-
Teil
wege, mn sich von Ephesus aus in völliger Erschöpfung nach
Konstantinopel in die sorgsame Pfl^e Manuels zu begebea
Kurz zuvor war auch die Abteilung Ottos von
(Januar 1148).
Freising, die voa dort das Mäandertal aufwärts gezogen war, im
HO
n. Die
Zeit der Staufer.
Innern bei Laodicea von den Ungläubigen überfallen und zu völliger
Auflösung gebracht worden. An derselben Stelle erlitten auch die
Franzosen furchtbare Verluste. Nur dadurch, daB Ludwig mit den
zahlungsfähigen Rittern schließlich griechische Schiffe besti^ und
die mittellosen Massen dem Verderben preisgab, gelangte er sicher
Dorthin kam auf einer Flotte Kaiser Manuels
ins heilige Land.
auch Konrad IIL, und indem sich nun von allen Seiten die zersprengten und gesonderten Züge der Kreuzfahrer zusammenfanden,
wäre mit der trotz allem ansehnlichen Streitmacht wohl noch etwas
Aber die Begeisterung war
Erkleckliches auszurichten gewesen.
geschwunden, ein sicheres Ziel fehlte, seitdem Zenkis Sohn Nureddin Edessa dem Erdboden gleichgemacht hatte (Ende 1146),
und
andrerseits
von einer augenblicklichen Bedrohung der übrigen
Kreuzfahrerstaaten doch nicht mehr die Rede sein konnte; ja, man
hatte gar bald das Gefühl, daß man den Lateinern jetzt nur lästig
war.
Als an ihrer lässigen und zweideutigen Haltung Unter-
nehmungen gegen Damaskus und Askalon, die nur noch dem
Wunsche, etwas getan zu haben, entsprangen, scheiterten, beschloß
man die Rückkehr nach Europa. Nach unsagbaren Verlusten an
Leben, Gesimdheit imd Gut endete so die große Bewegimg in
zorniger Verstimmung und gehässigen Anschuldigungen.
Nicht vmzutreffend hat Nitzsch die Katastrophe des zweiten
Kreuzzuges mit dem Untergange der großen russischen Armee
Napoleons I. verglichen. Wie damals das aufs äußerste überspannte
napoleonische Weltherrschaftstreben den entscheidenden Stoß erhielt, der die französische Gloire vernichtete und ein Zeitalter nationaler Gegenwirkungen hervorrief, so versank in Kleinasien xmd
Syrien der leidenschaftliche Glaube an das Hereinbrechen des
Gottesreiches unter päpstlicher Oberleitung; der Blick ftir die Schäden
des kirchlichen Regiments ward geschärft, imd weltliche Strömimgen
bekamen auf ein halbes Jahrhundert das Oberwasser.
Die Möglichkeit eines solchen Umschlags begriff Bernhard
sofort; nicht als ob er am Ziele selbst irre geworden wäre, auch
Moses hatte ja
sein Versprechen,
Land zu
führen,
um
ihrer
können!
Aber
er
forderte
Sünden
in
die
Blinder
Israels
ins gelobte
mehr selbst erfüllen
seinem Buche „über die Bewillen nicht
dem
Papste widmete, eine umfassende Reifiigung
wenn
Er blieb dabei freilich ganz im Rahmen
der Kirche.
nicht gregorianischer, so doch streng hierarchischer Gesinnung: durch
innere Heiligung sollte sich das Papsttum nur um so sicherer über
trachtimg", das er
die Reiche
Stimmen
—
der Welt erheben!
Schon aber wurden auch andre
welche die Überhebung der Kirche über den Staat
laut,
mit Bitterkeit tadelten und den
Kampf gegen
die überhand
nehmende
§9- Konrad IIL (1138— 1152).
und Geldsucht in Rom mit
Damals mochte zuerst die
gelivuns der Mark Silber" von Mund zu
Stellvertreter in Rom den mittellosen
du verdammt seist mit deiner Armut!
dir, du wirst nicht- eingehen zu deines
III
Rücksichtslosigkeit
Juristerei
schroffer
aufnahmen.
grimmige Satire des „Evan-
Mund
gehen, in der Christi
Bittsteller
anherrscht:
„Daß
Wahrlich, wahrlich, ich sage
Herrn Freude, bis du nicht
Die Forderung einer
letzten Heller hergegeben hast".
Rückkehr der Geistlichen zur apostolischen Armut lag in der Luft,
und sie fand einen ersten bedeutenden Verfechter in Arnold von
deinen
Bresda.^)
In den lombardischen Städten hatte sich der religiöse Radikalismus der
die mit der zunehmenden Verweltlichung der Kirche notwendig in
die Opposition geriet, schon längst vermählt mit der bürgerlichen Demokratie.
Zu beiden Elementen trat bei Arnold während seiner Studienzeit in Paris der
zu vorurteilsEinflufi der rationalistischen Theologie Peter Abälards, die
Nach Brescia zurückgekehrt, emfreierem, folgerichtigem Denken anleitete.
pfing er die Priesterweihe und ward Chorherr, bald Vorsteher des dortigen
Wie er, sittenemst und willensstark, an seinen eigenen
Augustinerkonvents.
Wandel voll strenger Kasteiungen die höchsten Anforderungen stellte, so
geifielte er scharf und mit packender Redegabe die Verweltlichung und sittAls der Bischof von
liche Verwilderung der zeitgenössischen Geistlichkeit.
Brescia auf dem Laterankonzil von 1139 von Innozenz II. die Verbannung
dea unbequemen Tadlers aus Italien zu erwirken wußte, wandte er sich aufe
neue zu seinem Lehrer Abälard und geriet nun an dessen Seite in scharfen
Gegensatz zu dem allmächtigen Bernhard von Clairvaux, der das Gefährliche
der neuen Theologie und ihres lombardischen Schildträgers mit feiner Witterung
spürte und überdies, persönlich gereizt, seiner Empfindlichkeit die Zügel
Nach der billigen Verdammung von Abälards Lehre auf der
schiefien ließ.
Synode von Sens (1141), wußte er vom Papste die Verurteilung seiner beiden
Gegner zu lebenslänglicher Einsperrung ins Kloster zu erwirken und hat
schließlich Arnold, der nach Abälards Tode (1142) seine Angri£fe nur noch
verschärfte, mit Hülfe des Königs aus Frankreich ausweisen lassen.
Auch aus
Zürich vertrieb ihn Bernhards Einfluß.
Dann aber waren es persönliche
Beziehungen zu einem Kardinal, die Arnold schließlich nach Rom führten und
ihm die Verzeihung Papst Eugens III. erwirkten. Dort lebte er die nächsten
Jahre unter schweren Bußübungen in den Katakomben, bis ihn die hochgehenden Wogen der stadtrömischen Bewegung ergriffen und mitten in das
politische Getriebe hineinwarfen. Nun dehnte sich der kleine Kreis asketischer
Anhänger, der „Lombarden", die ihn umgaben, rasch zu der gewaltigen,
tobenden Volksversammlung, die Arnold unter den ehrwürdigen Ruinen des
Kapitols gleich einem antiken Volkstribun und in Wahrheit ergriffen von den
£rinner\ingcn an die alte römische Größe, mit seinem Wort lenkte, gegen
die Herrschsucht des Papstes und die Habgier der Kardinäle entflammte imd
als die Quelle des Kaisertums pries.
Ohne ein bestimmtes Amt stand er im
Mittelpunkt dieser aus Kirchenreform, städtischer Demokratie und hochpolitischen Utopien gemischten Bewegung, wie später Huß in Prag oder Savonarol«
Pataria,
*) Die Grundlinien seines Lebens sind zuerst gezogen von Giesebrecht
«einem Vortrag »Über A. v. B.* S. B. der Mttnch. Ak. 1873. Weitere
Ausfühningen von Brcyer, Hist. Taschenb. 1889 und Hausrath 1891,
in
n. Die
112
Zeit der Staufer.
in Florenz.
Welchen Eindruck mußten hier die Kreuzzugsnachrichten hervorrufen!
Schon war selbst die niedere Geistlichkeit Roms gewonnen, als
III. gegen Arnold, dem eine Abweichung im Glauben kaum vorzuwerfen
war, als Schismatiker den Bann schleuderte und die ihm anhangenden Kleriker
mit Absetzung bedrohte (1148), Jedoch der Senat schützte seinen Propheten,
und der Papst mühte sich trotz einer erneuten Annäherung an den sizilischen
König vergebens, das widerspänstige Rom zu bezwingen.
Eugen
So standen die Dinge, als Konrad nach einem längeren Aiifvon seiner Kreuzfahrt zurückkehrend, in
Aquileja landete (Mai 1149).
Die Römer haben damals imd
öfter gehofft, ihn für ihre Sache gegen den Papst zu gewiimen.
enthalt in Konstantinopel
Schwungvolle Schreiben des Senats, die sich gelegentlich gar zu
metrischer Form erhoben, erfüllt von dem Geiste Arnolds, luden
ihn in die ewige Stadt. Jener seit den Tagen Gregors VII. eingerissene imselige Zustand, daß die Pfaffen in der einen Hand den
Kelch, in der anderen das Schwert führten, solle ein Ende haben;
das römische Volk selbst biete ihm die Kaiserkrone, welche ihm
die durch keine geistliche Gewalt gebrochene Machtfülle Konstantins
und Justinians erneuern solle! So verlockend das Ziel sein mochte,
und so viel Richtiges die geschichtliche Betrachtungsweise enthielt,
über die nun einmal bestehenden Machtverhältnisse glitten die Anerbietungen mit so ahniuigsloser Gutgläubigkeit hinweg, daß es
Konrad nicht zu verargen war, weim er ihre Annahme in keine
ernstere Erwägung zog. Aber auch dem Papst vermochte er keine
Hülfe zu bringen, und die römischen Zustände verharrten trotz
eines vorübergehenden Ausgleichsversuches in einer für den Papst
unerträglichen Spannung.
Die großen Weltverhältnisse aber wurden damals nicht diuch
diese Dinge bestimmt, sondern durch den sizilisch-griechischen
Gegensatz.
Roger, der einzige der europäischen Machthaber, der
in diesen Zeiten religiöser Err^ung keinen Augenblick die Gebote
politischer Klugheit außer Acht ließ, hatte die Behindervmgen Kaiser
Manuels selbstsüchtig ausgenutzt zu einem Angriff auf das griechische Reich.
Kaum war die Kreuzfahrt beendet, so warben die
beiden Gegner Bundesgenossen. Konrads Interessen berührten sich
in diesem Punkte eng mit denen Manuels, imd für manchen Freundschaftsdienst
war
er
ihm persönlich sehr
verpflichtet.
Daß
er sich
aber unmittelbar nach der Kreuzzugskatastrophe, wo es doch galt,
das nahezu auf den Nullpunkt gesunkene königliche Ansehen mühsam wieder aufzurichten, mit seinen kümmerlichen Mitteln zu einem
Angriffsbündnis gegen Roger bereit finden ließ und sich in Italien
sofort in den neuen Krieg stürzen wollte, war doch unüberlegt genug
und erweckt den Eindruck, daß er damals stark im Schlepptau von
Manuels Politik segelte. Zur Ausführvmg kam das Unternehmen
§9- Konrad
Denn auch Roger
jedoch nicht
fahrern,
die
m.
er
bei
sich
(1138
— 115a).
II3
hatte mit rückkehrenden Kreuz-
bewirtete,
Bündnisse abgeschlossen:
mit
und dem Herzog Weif, der in Süddeutschland sogleich eine neue Erhebimg vorbereitete. Jetzt ließ
der schlaue Normanne die Gegenmine springen imd zwang den
dem
französischen Könige
Staufer zu schleuniger Heimkehr.
Die auswärtige Politik der letzten Jahre Koiuads, stark beeinvon dem wesentlich formal begabten, aber ängstlichen, eitlen
und charakterlosen Abt Wibald von Stablo ^), gedrückt durch längeres
Siechtiun des seit dem Kreuzzuge in seiner Kraft gebrochenen
flußt
Königs, eingeschnürt durch völlige Mittellosigkeit, die gelegentlich
gar den Gesandtschaftsverkehr hemmte, zeigt ein Bild kläglicher
Ohrunacht Die oft geplante und verschobene, endlich bestimmt
festgesetzte Romfahrt kam doch nicht mehr zur Ausführung.
Im Innern gelang es zwar, den unruhigen Weif zu schlagen
und durch überaus gnadenvolle, von dem jungen Schwabenherzog
Friedrich vermittelte Anerbietungen zum Frieden zu bewegen (i 150);
aber bald brach die Feindschaft mit Heinrich dem Löwen, der seine
bayrischen Ansprüche erneuerte, abermals zu hellen Flammen aus,
und in offnem Trotze gegen den König vermochte sich der selbstbewußte Weife zu behaupten. Der gesamte Norden des Reiches
begann sich überhaupt den Einflüssen der Zentralgewalt mehr und
mehr zu entziehen und seine eignen Wege zu gehen, vmd die Erfolge der sächsischen Territorialpolitik bildeten weitaus den gesundesten und erfreulichsten Teil der deutschen Gesamtentwicklung
An der Stelle der friedlichen Heidenmission, deren
jener Tage.
Ergebnisse durch den törichten Wendenkreuzzug naliezu vernichtet
trat hier in den nordöstlichen Grenzgebieten jetzt die Arbeit
von Pflug und Schwert Graf Adolf II. von Schauenburg war der
wurden,
erste Fürst, der westdeutsche Kolonisten, wie sie bis dahin in
den
und Eibgebieten
mit ihrer überiegenen Ackerbautechnik
Bodenmeliorationen durchgeführt hatten, über die Reichsgrenze in
die verwüsteten Wendenlande Ostholsteins rief (seit 1143). Schon
begann, teilweis im Wettbewerb mit ihm, Heinrich der Löwe sein
von der Reichsgewalt so gut wie unabhängiges ostelbisches Slawen-
Weser-
reich auszubauen, in welchem das durch keine kirchlichen Rücksichten beirrte weltliche Machtinteresse des Fürsten die Metropolitanrechte des Bremer Erzbischofs unsanft bei Seite schob imd die
Inhaber der neugegründeten oder hei^gestellten Bistümer ebenso
Beamten des Herrschers betrachtete, wie in dem sizilischen
als
•)
ist die
Das Konzeptbuch
seiner Briefe, Ton
wichtigste Quelle zur Erkenntnis
Hanpe,
Deutsche Kaiser^Mchichte.
1146 ab erhalten
^er deutschen
(Jaff6,
Bibl. I)
Politik jener Zeit
8
IL Die
114
Zeit der Staufer.
Noch in den letzten Jahren Konrads schuf
auch der Markgraf Albrecht der Bär^) für die entgangene
sächsische Herzogswürde östlichen Ersatz, indem er das brandenbtugische Erbe des ihm befreundeten christlichen Hevellerfürsten
Pribislaw antrat (1150), um nun auch in diesen für Deutschlands
Zukimft so bedeutsamen Landen mit der Kraft derber Bauemfäuste
Staate König Rogers.
sich
das Germanisationswerk einzuleiten.
An dem allen hatte das Königtum keinerlei Anteil, imd von
dem Zuge weltfreudiger und zugreifender, in gewissem Sinne antikirchlicher Realpolitik, der hier zu Tage trat, gewahrte man sonst
im deutschen Reiche erst schwache Spuren, fast nur sehnsüchtiges
Wünschen und Hoffen, das des rechten Führers harrte. Bitter
waren auch hier in den Zeiten des Kreuzzugs, da Eugen III. in
Trier als der eigentliche Herrscher Deutschlands Hof hielt (Winter
1147 48), die imaufhörlichen und verletzenden Eingriffe des
kurialen Regiments empfunden worden; war doch der Reichsverweser und vornehmste Erzbischof Heinrich von Mainz zusammen
mit dem von Köln ohne weiteres suspendiert worden, als er dem
päpstlichen Rufe zum Konzil nach Rheims wegen dringender Geschäfte nicht entsprochen hatte! Wurden auch in diesen und ähnlichen Fällen durch rechtzeitiges, reuiges Nachgeben ernstere Folgen
vermieden, so blieb doch eine tiefe Mißstimmung bei den Betroffenen
zurück, und der Boden ward so allmählich bereitet für einen erneuten Zusammenschluß von Krone und Episkopat im Sinne der
alten Verfassimg.
Auch Konrad III., der in den reichskirchlichen
Rechts- und Machtfragen durchgängig ein noch schwächlicheres
Entgegenkommen gezeigt hatte, als selbst sein Vorgänger, hatte
jetzt doch, namentlich unter dem Eindruck der so ganz anders
gearteten Verhältnisse von Byzanz, wenigstens Anwandlungen, in
denen es ihn gelüstete, wider den päpstlichen Stachel zu locken»
Aber er vermochte seine Vergangenheit nicht mehr abzuschütteln j
er fühlte sich überdies krank und schwach und war tief gebeugt
durch den vorzeitigen Tod seines hoffnungsvollen Sohnes, des
jungen Königs Heinrich (1150); der einzige Erfolg seiner Regierung,
die Sicherung der Kxone für sein Haus, ward dadurch zunichte I
Konrad trug den Namen seines Ahnherrn, des ersten Saliers;
aber seine Art imd seine Schicksale erinnern nicht an ihn, sondern
an das verzweifelte imd völlig erfolglose Ringen des ebenso ritterlichen und liebenswürdigen Konrad I., und wie dieser vollbrachte
auch er die einzige große Tat, für die ihm die Dankbarkeit Deutsch-
—
t,
^) Vgl. über ihn O. v. Heinemann, A. d. B. 1864 und Krabbo, Forsch.
brand. u. preuß. Gesch. 19, 37ifi«
§ lo. Die Anfiinge Friedrichs
(1152
I.
— 1157).
II5
dem Sterbebette. Es mochte ihm schwer genug
werden, als er sein siebenjähriges Söhnchen Friedrich tiberging imd
seinen schon gereiften imd bewährten Neffen Friedrich von Schwaben
durch Übersendung der Reichsinsignien als den erwünschten NachDarin lag Rettung, falls die Wahl der Fürsten
folger bezeichnete.
mit seinem Wimsche ziisammentraf; denn für die beiden großen
Aufgaben, die des neuen Herrschers harrten: die Beseitigung des
staufisch-welfischen Zwiespalts in Deutschland imd die Zurückdrängung der päpstlich-kirchlichen Übermacht in Europa war kaum
lands gebührt, auf
eine geeignetere Persönlichkeit denkbar als Friedrich Barbarossa.
§ 10.
Die Anfängre Friedrichs
I.
(1152—1157).
Weniger die Richtimg und Ergebnisse von Friedrichs nicht
eben schöpferischer Politik haben ihm im Andenken des deutschen
Volkes einen Platz gleich hinter Karl d. Gr. verschafft, als seine
heldenhafte Persönlichkeit, der vollkonmienste Ausdruck
des deutschen Rittertums in seiner höchsten Blüte.
Eben das
Typische seines Wesens, das die höchsten weltlichen Zeitideale verkörperte, bedeutete nicht etwa Schwäche, sondern durch Verminderung der Reibungen eine Verstärkimg der Wirkungskraft.
Auch
starke,
Kämpfe haben
innere
und
diese
Wucht kaum
je gemindert.
Selbstsicher
Leben bis an die Schwelle der dreißig
durchgestürmt, frühzeitig gereift und fertig.
Schon in der äußeren
Erscheinung, der mittelgroßen, ebenmäßigen Figur, der modischen
Tracht des rötlichblonden Haares und Bartes, der stetigen Heiterkeit seines Gesichtsausdrucks, entsprach er mehr dem neuen Rittertatenfroh hatte er sein
der ungeschlachten Kraftgestalt altgermanischer Recken.
in Bildung und Wesen!
Ohne Anwartschaft auf den
Thron unliterarisch erzogen, so daß er beim Verkehr mit Fremden
stets des Dolmetschers bedurfte, hatte er doch für deutsche Dichtung, Geschichtschreibung und Baukunst förderndes Interesse, gewann, durch Personengedächtnis und natürliche Redegabe unterstützt, leicht die Herzen, beherrschte völlig die höfischen Formen
und hielt vor allem streng die Krone der Zucht, die vielgepriesene
ideal,
als
Noch mehr
inne. Weim er im Kriege, der „lustigen Jagd", diese Grenze
unser Gefühl gelegentlich überschritten zu haben scheint, am
Feldstreit selbst eine wilde Freude zeigte, einen leichten Kampf
gegen Mittelitaliener eüimal verächtlich Knabenspiel, nicht Männer-
„mäze"
für
Niederzwingung von Rebellen auch grausame Mittel,
wie vor Crema die Anheftung der Gefangenen an die Belagerungswerkzeuge zu deren Schutz, nicht verschmähte, so dachten die ritter-
arbeit naimte, zur
8*
1
1
n. Die
Ö
liehen Zeitgenossen
Zeit der Staufer*
da doch anders.
Und
so
lichkeit,
die
daß
er etwa
beim Brande eines Belagerungswerkes
selbst
oder bei Eilmärschen seine Mahlzeit im
sondern auch trefflicher Heeresorganisator und
Löscharbeit
Sattel
war nicht nur
und zäher Unermüd-
Friedrich
persönlich von zugreifender Unerschrockenheit
leitete
einnahm,
kühner, umsichtiger Feldherr.
Im Mittelpunkt seines Vorstellungskreises aber stand die Idee
der Gerechtigkeit, der Leitstern seines Handelns, die Hauptquelle
seiner furchtgebietenden Stellung
heit.
und
seiner volkstümlichen Beliebt-
Als Richter kannte er kein Ansehen der Person
und keine
am
Krönungs-
verwandtschaftliche Rücksicht; selbst eine Begnadigung
ihm als eine Verdunkelung der Gerechtigkeit. Fest
das Recht fußend, hat er alle großen Erfolge seiner Politik
errungen; denn was er andern zubilligte, nahm er auch für sich
und das Königtum voll in Anspruch. Kein noch so alter Rechtstitel, den er nicht hervorgeholt und unbekümmert um jeden Widerstand verfochten hätte, s^e doch ein Vertrauter von ihm, er habe
Wie mußte
nicht völlig gelernt, auch seine Feinde zu lieben.
solcher Rechtskampf der deutschen Kronmacht zustatten kommen!
Und auch in der europäischen Politik verlieh ihm dies Rechtsgefühl eine ungebrochene Frische und Schwungkraft. Über alle Rückschläge hinweg, nicht ohne überraschende Schwenkungen, aber stets
großzügig und rastlos, hat er in langer Regierung sein politisches
Ansehen, je ausschließlicher er selbst den Ton angab, um so mehr
zu steigern verstanden, bis der greise Held von der vollen Höhe
plötzlich entrückt ward, und der Glanz seines Andenkens nun die
trüberen Tage seiner Regierung völlig überflutete, i)
Die Einmütigkeit seiner Wahl (4. März 1152) erklärte sich
dadurch, daß er, der von Konrad III. designierte Staufer, zugleich
durch seine Mutter, die Schwester Heinrichs des Stolzen, nächster
Anverwandter des Weifenhauses war und die babenbergische Politik
seines Vorgängers keineswegs gebilligt hatte.
So verband er in der
Tat wie ein „Eckstein" die auseinanderstrebenden Wände des Reiches
tage erschien
auf
und bot
Darauf
allein
ist
den ersehnten friedlichen Ausgleich.
den ersten Jahren sein heißestes Bemühen
In diesem Entgegenkommen gegen bisher be-
Aussicht auf
denn auch
gerichtet gewesen.
in
') Für eine abschließende Geschichte Fs. I. fehlen noch die Vorarbeiten,
die Neubearbeitung der Böhmerschen Regesten, die ScheEFer-Boichorst unfertig
hinterließ, und die Ausgabe der Urkunden.
Von den Darstellungen ist die
von Prutz (3 Bde. 187 1 74) kaum noch zu brauchen, weitaus am besten die
—
von Giesebrecht im
u. 6. Bde., die in manchen, aber nicht erheblichen
58 überholt ist durch die StoffzusammenEinzelheiten für die Jahre 1152
fassung von Simonsfeld, Jahrb. d. d. Reiches imter Friedr. I. 1908.
5.
—
§ lo. Die AoBinge Friedrichs
I.
(1152
— 1157).
117
Laiengewalten gemahnen seine Anfänge an die
dieser in Bayern geradezu eine landesherrliche
Gewalt hatte dulden müssen, so gestand Friedrich seinem Vetter
Heinrich dem Löwen jetzt seine weitgehenden Hoheitsansprüche
über seine transalbingischen Slawenlande samt der Bischofsinvestitur
zu imd erkannte insbesondere auch sein Recht auf das bayrische
Herzogtmn an (1154). In mühevollen weiteren Unterhandlungen
mit dem dadm-ch hart betroffenen Babenberger Heinrich hat er
d?nn endlich einen beiderseits befriedigenden Ausgleich erzielt
kämpfte starke
Heinrichs
Wie
I.
(1156). Durch gänzliche Abtrennung von Österreich wurde Bayern
abermals verkleinert und dadurch vollends zu einem iimerdeutschen
Trotz dieser Einbuße blieb die nvm vom Reiche anTerritorium.
erkannte Machtstellimg des Weifen gewaltig genug imd für die
Krone in der Folgezeit nin- dadurch erträglich, daß Kaiser und
Wege nach Südwest imd Nordost
daher eine Weile freundvetterlich fördern
konnten, Heinrich dinch Teilnahme an den Romzügen, Friedrich
durch gelegentlichen Druck auf die geistlichen imd weltlichen Großen
Sachsens, von denen Albrecht der Bär sich eben damals in dem
neuerworbenen Slawengebiet seiner Maik Brandenburg eine landesHerzog bald
einschlugen
völlig
xmd
Stellung
herrliche
getrennte
sich
ähnlich
schuf,
derjenigen
Heinrichs
d.
L.
in
Transalbingien.
Auch
Bayern galt es die andern Bewerber vmi das HerzogHerzog Weif VI. war schon früher (1152) dadurch gewonnen, daß Friedrich ihm, anknüpfend an die von Lothar
begründeten italienischen Ansprüche des Weifenhauses, Tuszien,
Spoleto und das mathildische Gut zugestanden hatte. Der Babenberger Heinrich wurde erst jetzt nach längerem Streben zufriedengestellt, indem ihm für das neugeschaffene Herzogtum Österreich
ganz einzigartige Vergünstigungen verbrieft wurden, die auch hier,
wie auf dem gesamten östlichen Kolonialboden des Reiches die
tum
in
abzufinden.
Entwicklung zur Landesherrschaft beförderten.^)
Der dynastische Anspruch auf das Herzogtum wurde
in weitestem
durch Mitbelehnung von Heinrichs Gemahlin, weibliche
Erbfolge und Verfdgungsrecht bei erbenlosem Tode; die herzogliche Regierungsgewalt gestärkt durch den Ausschluß jedes fremden Gerichts; endlich die Abhängigkeit vom Reiche gelockert durch Beschränkung der Leistungen: der
kriegerischen Beihilfe auf die Österreich benachbarten Gebiete und der HoftagspBicht auf die Tage in Bayern.
Die verfassungsgeschichtlich so überatu
')
Umfange
sichergestellt
wichtige Urkunde Friedrich«
v.
17. Sept.
I156,
das sog, „Privilegium minus**
M. G. Const I, 220 und bei Erben. Seine Echtheit ist dargetan durch
die Untersuchungen von Wattenbach, Ficker u. Huber.
Der Versuch von
Erben, D. Privilegium F. I. t d. Herz. Ost (1903), spätere Interpolationen
Herzog Friedrichs d. Streitbaren aus der Zeit von 1243/44 in der Urkunde
nachzuweisen, hat nur zu noch sicherer Erkenntnis ihrer völligen Echtheit ge-
vgl.
1
1
n. Die
8
Zeit der Staufer.
Die Krone hatte nach beiden Seiten Opfer gebracht, um den
Die Anfänge Friedrichs
von heute auf morgen
Es galt durch kluge
Schwäche in Macht verwandeln können!
Rücksichtnahme auf die Fürsten, auf deren Wunsch er etwa Heerfahrten gegen Ungarn und Burgund aufgab, erst einmal Boden zu
gewinnen. Und schon machten sich die errungene Einheit vmd
kräftigere Leitung nach außen geltend; im Norden und Osten gewann das Reich seine vorherrschende Stellung zurück. Polen wurde
in rascher Heerfahrt zu vorübergehender Unterwerfung gezwungen
(1157), Pommern ihm abgewandt und Schlesien an deutschfreundliche Fürsten gebracht.
An dem abermals und nun dauernd zur
Königswürde (1158) erhobenen Böhmenherrscher gewann Friedrich
einen treuen Mitarbeiter und zu seinem zweiten Römerzuge selbst
von Ungarn kriegerische Beihilfe.
Aber auch im Innern Deutschlands war das Königttmi Barbaersehnten Frieden im Reiche herzustellen.
waren mühselig genug. Wie hätte sich
rossas trotz
ziller
anfänglichen Vorsicht des Auftretens entfernt nicht
jener „Schemen", als den von Sybel es dargestellt hat.
Noch bestand eine Fülle königlicher Rechte, die den Träger der Krone,
wenn
er sie zu nutzen verstand, den Fürsten gegenüber hoch hinaushob über die Stellung eines „ersten unter gleichen". Und Friedrich
war der Mann, sie wahrzunehmen! Als ein lunsichtiger Haushalter
begann er sogleich den unmittelbaren Kronbesitz zu sammeln und
nach allen Seiten auszudehnen. Von dem Kern seiner schwäbischen
Hausgüter aus reichte nordöstlich bald eine nahezu geschlossene
Kette königlicher Besitzungen über Nürnberg und Eger bis ins
Vogtland.
Westlich schuf Friedrich zwischen
dem
mittelrheinischen
und der burgenbeherrschten oberrheinischen Tiefebene
der staufischen Macht einen neuen Stützpvmkt, indem er die Rheinpfalz seinem Stiefbruder Konrad übertrug (1156). Und vom Elsaß
griff er noch weiter nach dem Südwesten aus; denn nach Scheidung
seiner ersten kinderlosen Ehe vermählte er sich 1156 mit der Erbin
der Grafschaft Hochburgimd, Beatrix, die mm die Stammmutter
aller späteren Staufer wurde.
Der immittelbare Besitz, den sie ihm
zubrachte, war höchst bedeutend, und daran anknüpfend, wußte
Friedrich, der den Einfluß des burgundischen Rektors Berthold von
Reichsbesitz
Zähringen ostwärts auf die schweizerischen Gebiete abzulenken verstand, hier
nun allenthalben
alte Reichsrechte, die ein volles Jahr-
fuhrt Zur Orientierung vgl. Simonsield, Jahrb. F. I., S. 468 flf., 709 fif. Das früher
fiir
echt gehaltene „Privilegium maius" mit noch viel reicheren, aber stark
anachronistischen, erst durch die Goldene Bulle von 1356 erklärlichen Zugeständnissen hat sich als Fälschung Herzog RudolfJs IV. von 1358/59 herausgestellt.
§ lo. Die Anfange Friedrichs
I.
(1152
— 1157).
ng
hundert geruht hatten, wahrzimehmen.
So erwarb er Burgund
dem Reiche gewissermaßen zum zweiten Male. Lockend öfftiete
sich ihm von dort ein neuer Alpenweg nach Oberitalien, imd die
Zahl der kriegerischen Kräfte, die dem Herrscher namentlich in den
ebenso verwaltimgskundigen, wie kampfesfrohen Reichsministerialen
zur Verfügimg stand, schwoll erheblich an durch den Zuwachs der
Tausende von neuen burgundischen Vasallen seiner Gemahlin.
Aber das deutsche Königtum war ja damals noch keineswegs
ausschließlich angewiesen auf seine tmmittelbare Hausmacht; noch
hatte es die in alle Territorien eingreifenden Regalien nicht gnmdsätzlich
aus der Hand gegeben, es gehörte nur zvmi Rechte die Persönlichkeit!
Wie verständnisvoll und energisch Friedrich auch hier seine Königspflicht erfüllte, bewies schon in diesen Jahren die Befreiung der
Mainschiffahrt von unrechtmäßigen Zöllen (i 1 55). *) Auch das Königsgericht wmrde durch seine strenge und gerechte Handhabimg wieder
zu einer geachteten und gefürchteten Macht im Reiche; selbst die
angesehensten Fürsten bekamen es zu fühlen, daß eine Verletzung
der Reichskriegspflicht ebenso unnachsichtig bestraft wurde, wie der
Friedensbruch.
An die Bestrebungen Heinrichs IV. anknüpfend,
hatte Friedrich, wie es scheint*), schon bald nach seiner Erhebvmg
ein allgemeines Landfriedensgesetz erfassen, welches die Normen
aufstellte, die freilich erst durch einzelne beschworene Provinzialfrieden tatsächlich Geltung erlangten, aber immerhin den Keim einer
neuen Reichsgesetzgebimg bildeten. Die Wirkung solcher Bestrebungen,
gesteigert durch den Ausgleich mit den Weifen, war bald genug zu
spüren; nach allem Elend der letzten Zeiten konnte ein Annalist
schon ziun Jahre 1157 vermerken: „Fülle des Friedens".
Das bedeutsamste Moment für die Neukräftigimg des deutschen Königtums war indes, daß es gelang, die alte, von Otto
d. Gr. gelegte, aber schon halb zerstörte Regierungsgrundlage zimi
großen Teile wiederherzustellen: die enge Verbindung von Krone
und Episkopat.') Friedrichs Rechtssinn begegnete sich hier mit der
Zeitströmung.
Die Worte, die ihm ein späterer Chronist in den
Mund legt: den Zugeständnissen der früheren Kaiser bezüglich der
Bischofseinsetzungen werde er Rechnung tragen, da sie es so gewollt hätten; den Rechtsbestand aber, den er noch vorgefunden,
^) Für die energische Wahrnähme der Regalien durch Friedrich vgl. im
übrigen R. Scholx, Beitr. x. Gesch. d. HoheiUrechte d. deuUchen Könige c
1S96.
Zeit d. ersten Staufer.
») Vgl. über die Streitfrage Simonsfeld, Jahrb. S. 59 ff., 6745.
^ Über Friedrichs Stellung zur deutschen Kirche vgl. das gründliche,
aber in einigen AufHassungen etwas su künstliche Buch von Wolfram, F. I.
u. d. Wormser Konkordat 1883.
Dazu Hauck, F. Barb. als Kirchenpolitiker,
Lps. Rektoratsredc 1898; D. Schäfer, Z. Bciurt. des Worms. Konk. S. 6off.
^
120
^'c Zeit der
Staufer.
^), könnte er immerhin gesprochen haben.
Dieser Rechtsbestand war nach deutscher Art nirgends ausdrücklich aufgezeichnet; er war das Gewohnheitsrecht, das in einigen
wichtigen Streitpunkten durch die Abmachungen des Wormser Kon-
halte er mit Zähigkeit fest
kordats 2)
abgewandelt worden war.
hatte es die Neigung,
Wie
Gewohnheitsrecht
alles
dem Drucke von Macht und
Persönlichkeit
nachzugeben. War in den letzten Jahrzehnten das deutsche Königtum der weichende Teil gewesen, so wurde
diese Bewegung
unter Friedrich rückläufig.
Er nutzte jede der Krone noch verbliebene Handhabe, tun
ihr tatsächlich den maßgebenden Einfluß auf die Besetzung der
Bischofsstühle zurückzugewinnen. Hatten die beiden letzten Herrscher
auf die kirchlichen Bedenken gegen die dvurch die königliche Gegenwart hervorgerufene Beeinträchtigimg der Wahlfreiheit Rücksicht
genommen
über das Konkordat hinaus, so wußte Friedrich
meist schon bei der Aufstellimg des Bewerbers seinen Willen nachdrücklich zur Geltung zu bringen. Kam es gleichwohl zur Doppelwahl, so pflegte er rücksichtslos und nicht immer im Einklang mit
dem Geiste des Konkordats einzugreifen und seinem Kandidaten
dm-ch eine Neuwahl die Anerkennung zu verschaffen. So trug er
gleich im Beginn mit der Einsetzung des Erzbischofs Wichmann
von Magdeburg einen eindrucksvollen Erfolg über die widerstrebende
Kurie davon (1153). Bald tat er noch einen Schritt weiter und
ließ sich von den Fürsten für solche Fälle den Anspruch bestätigen,
mit Übergehung beider Bewerber von sich aus einen beliebigen
mm
—
Dritten einzusetzen (das sog. Devolutionsrecht).
Den
in letzter Zeit
Bestrebungen der Kurie, ihren Einfluß an die
Stelle des königlichen zu setzen, trat er erfolgreich entgegen, indem
er den weltlichen Mitgliedern der Wahlkörper die Stimmberechtigung
wahrte') imd Appellationen nach Rom hemmte.
Streng hielt er
darauf, daß erst die königliche Investitur den Erwählten in den
Genuß der Regalien setze, und daß sie der Weihe voranzugehen
habe.*) Den Mißbräuchen, die sich in dieser Hinsicht in der Salzburger Kirchenprovinz imter Duldung der Krone eingeschlichea
zutage getretenen
V. Lübeck III, 18 mit Bezug auf das Spolienrecht.
weil noch die ganze Rechtsentwicklung mündlich war, kannten
schon nach einer Generation nicht einmal Nächstbeteiligte, wie Bischof Otto
V. Freising, mehr den genauen Inhalt des Konkordats.
•) Über
die gegenteiligen Bestrebungen der Kurie vgl. v. Below, D.
*)
Arnold
')
Eben
Entstehung
Wahlrechts der Domkapitel 1883.
Friedrich diese Reihenfolge entgegen den Konkordatsbestimmungen
auch für Italien und Burgund durchzusetzen versucht habe, wie Wolfram a.
schwerlich richtig,
a. O. und Zeitschr. f. Kirchengesch. 8 meint,
ist doch
wenn er auch während des Kirchenstreits die Investitur gelegentlich not*)
d. ausschließl.
Daß
§ lo. Die Anfange Friedrich»
I.
(1152— 1157).
121
hatten, trat er sofort mit aller Schärfe entgegen; der Bischof Hartwich von Regensburg wußte (1155) ein Lied davon zu singen.
Wie
Friedrich
die Bischöfe
betrachtete, so zog er die
in
erster Linie als
Reichsfordenmgen
Reichsbeamte
kräftig an.
Unnach-
man
das unter seinen Vorgängern
gewohnt gewesen war, nutzte er das Regalien- und Spolienrecht^),
ohne daß zimächst Klagen darüber verlautet wären. Vielmehr vollzog sich die Umgestaltung des hohen Klerus ganz in Friedrichs
Sinne und merkwürdig schnell. Der Tod Bernhards von Clairvaux
(1153) bedeutete den endgültigen Abschluß der durch ihn gekennStatt von Pietisten seiner Richtung wuj-den
zeichneten Epoche.
sichtiger
und
regelmäßiger,
als
nun eingenommen von weltlichgesinnten,
Verwaltungsmännem, geschäftskundigen Politikern imd
Diplomaten, die womöglich aus der königlichen Kanzlei hervorgegangen waren und sich mehrfach sogar im Felde als treffliche
Heerführer bewährten.
Der religiöse Geist und die Hingabe an
die kirchlichen Ideale waren nicht mehr ausschlaggebend für die
Auswahl. Männer wie der Propst Gerhoh von Reichersberg vereinsamten mehr imd mehr im höheren deutschen Klerus, aber auch
jene ängstlichen imd schwankenden Vermittlungsnaturen wie Wibald
In ihrer
von Stablo (t 1158) gerieten bald ins Hintertreffen.
Selbständigkeit von den absolutistischen Bestrebungen der Kurie
weit mehr bedroht, als von dem deutschen Königtxmfi, scharten
sich die Bischöfe freudig um den jungen Herrscher, dessen selbsteine stolze Reihe
bewußte Kraft ihnen den Rücken steifte,
die deutschen Bischofssitze
praktischen
—
hochgemuter, weltfreudiger, feingebildeter, tatenlustiger, vaterlandsliebender Männer!
Auch manchem jener maßvollen älteren Prälaten, die geteilt und sorgenvoll die Konflikte der letzten schweren
doch das Herz auf unter dem
Otto von Freising, der noch vor
kurzem den Trübsinn seiner eignen Seelenstimmung in der Weltgeschichte widergespiegelt fand, pries nun in seinen „Taten Friedrichs" (1157/58) den Friedenspender, der nach finsterer, regnerischer Nacht die Frische eines heiteren Morgens wieder heraufZeiten durchkämpft
frischen
hatten,
ging
Hauche der neuen Zeit
geführt habe.
gedrungen ohne vorhergegangene Weihe erteilt hat, vgL die Götting. Dissertation
Ton Reese 1885; Bresalau, Aufgaben mittelalt Quellenforschung, Straflb. Rekt.rede 1904, S. 29.
*) D. h. die Einziehung der Bistumscinkiinfte während einer Vakanz und
dea beweglichen Nachlasses eines verstorbenen Bischofs für das Reich: beides
Übertragung von Bräuchen des Eigenkirchenrechts auf das Rcichskirchengut,
auch das letztere zum mindesten keine völlige Neuerung Friedrichs, wie man
wohl gemeint hat, sondern in den Anfiingen viel weiter, sicher in das II. Jahrh.,
surttckreichend. Für das Nähere ist auf die Verfiassungsgeschichte zu verweiacQ.
^- ^ic
122
Zeit ^C' Staufer.
Konnte dieser Friede der Kurie gegenüber von Dauer sein?
Eine Weile ward er noch durch die Gemeinsamkeit der italienischen
Eugen III. sah sich nach wie vor
Interessen aufrecht erhalten.
auf die deutsche Hilfe gegen die aufständischen Römer und feindFriedrich war umso mehr bereit,
lichen Normannen angewiesen.
sie zu leisten, als er nach der Kaiserkrone verlangte.
Sie aus den
Händen der römischen Revolutionäre zu nehmen, die ihm dies
Anerbieten in stolz-überlegenem Tone machten, daran dachte er
nicht entfernt; er hielt hier wie stets an dem historischen Rechte
fest und konnte die Krönung ja auch vom Papst als Gegengabe
erwarten.
Kurie und Königtum waren endlich gleichmäßig daran
interessiert, eine erneute Festsetzimg der Griechen in Italien unter
dem ehrgeizigen Kaiser Manuel zu verhindern. Diese beiderseitigen
Wünsche fanden ihren Ausdruck in dem Konstanzer Vertrage von
Ein baldiger Romzug sollte dem Papste Sicherheit gegen
1153.
seine römischen und normannischen Feinde, dem deutschen König
die Kaiserkrone und die geistliche Hilfe der Kvuie gegen alle
Reichsfeinde bringen.
Eugen III. erlebte das Unternehmen nicht
mehr (t 1153), aber auch seine Nachfolger hielten an dem Vertrage fest
Friedrichs erster Romzug (1154/55) nahm noch keinen glänzenden Verlauf luid konnte in Zielen imd Ergebnissen wohl an
die erste Romfahrt Lothars erinnern.
Bei den damals noch unausgeglichenen deutschen Gegensätzen bestand das kriegerische Auf-
gebot nur aus 1800 Rittern.
Gleichwohl verriet das Auftreten des
Königs ein lange nicht mehr gekaimtes, stolzes Selbstbewußtsein.
In der Lombardei klangen bereits vernehmlich die Motive des
künftigen großen Dramas an: das an Lothar anknüpfende Lehensgesetz mit seiner gegen die städtischen Aneignungen gerichteten
rückwirkenden Kraft, feindliche Reibvmgen mit dem trotzigen Mailand, die zur Belagerung und Zerstönmg seiner Bundesgenossin
Tortona, ziun schützenden Eintreten für seine vergewaltigten kleinen
Nachbarn führten, endlich in Bologna die freundschaftliche Anknüpfung mit den gelehrten Vertretern des zu neuem Leben erweckten römischen Rechts.
Noch fehlte zur Durchführung des
bereits klar erkennbaren Programms die Macht. Auch Rom gegenüber war es sehr zweifelhaft, ob man mit den unzulänglichen Streitkräften auch nur den zur Krönung nötigen Eintritt erzwungen
haben würde, wenn nicht kvuz vorher ein Umschwung zugunsten
der Kurie erfolgt wäre.
Der Wechsel der Zeitströmung ergriff auch das Papsttum
und führte tatkräftige Politiker an die Spitze der Kirche. Hadrian IV. (11 54
59), bis heute der einzige Engländer auf dem
—
§ lo. Die Anfange Friedrichs
I.
(1152
— 1157).
123
päpstlichen Stuhle, war eine energische Persönlichkeit, aus tiefstem
Elend durch eigne Kraft emporgesti^en bis zum Kardinalat, dann
erfolgreich
bemüht
um
die selbständige Gestaltung der norwegischen
Kirche, als Papst gegenüber
dem Aufschwung
der weltlichen Mächte
überzeugt von der Notwendigkeit eines Zurücklenkens in die gre-
Bahnen, zu schrofferen Maßnahmen imd schärferer
Tonart geneigt, werm auch durch Widerstände im Kardinalskolleg
Hinter ihm stand, wie Hildebrand hinter Aleöfter gehemmt. 1)
xander II., als sein Hauptberater der Kardinal Roland, aus Siena
gorianischen
von hervorragender Begabung und Bildung, eine Zeitlang
hochgeschätzter Lehrer des Kirchenrechts in Bologna, jetzt als päpstlicher Kanzler mit allen Geschäften vertraut, feurig und schcU^, von
raschem Entschlüsse und nachhaltiger Kraft, der Führer der vor-
gebürtig,
wärtsdrängenden Kardinalspartei.
Ihr gelang alsbald
ein
erster
bedeutender Erfolg: durch das
der auf die Pilgerscharen angewiesenen Stadt gegenüber
noch nie angewandte Mittel des Interdikts erzwang Hadrian von
den Römern die Ausweisung Arnolds von Bresda (Anf. 1155),
seines Hauptgegners. Volle Einmütigkeit zwischen Kvirie vmd Rom
war gleichwohl nicht zu erzielen, und vom Süden her schien die
äußerste,
Gefahr noch zu wachsen, als nach dem Tode Rogers II. (1154)
Sohn Wilhelm I. ob der Verweigerung des Königstitels den
Friedrichs Eingreifen blieb
Krieg gegen den Kirchenstaat begann.
Als er sich jetzt Mittelitalien zuwandte,
also dringend notwendig.
zeigte er dem Papste zunächst seinen guten Willen zur Durchführung des Konstanzer Vertrages, indem er den an die tuszische
Grenze geflüchteten Arnold gefangen nehmen und dem päpstZur Hinrichtvmg
lichen Präfekten von Rom überantworten ließ.
durch den Strang verurteilt, erlitt der kühne Gegner des verweltlichten Papsttums standhaft den Märtyrertod und sicherte nicht
zum wenigsten eben dadurch seinen Ideen weitere Wirkungssein
kraft
Führte nun dieser erste wertvolle Dienst, den Friedrich dem
Papste geleistet hatte, zu ferneren herzlichen Beziehimgen? Es ist
unmöglich, das tiefe Mißtrauen zu verkennen, das bei der ersten
und drüben obwaltete.
schon gleich im Beginn angedeutet hatte, als Friedrich
sich mit der bloßen Wahlanzeige an den Papst begnügte und daim
doch die unerbetene Approbation erhielt, das wiederholte sich jetzt
in schrofferen Formen, als der König den ihm unwürdig erscheinenpersönlichen Zusammenkunft in Sutri hüben
Was
sich
*)
Haucks Versuch, ihn
als
schwankenden, widerspruchsvollen Schwichlin|:
vgL Hist. Zeitschr. 93, 413.
hinzustellen, erscheint mir recht unzutreffend,
IL Die
124
Zeit der Staufcr.
Stallmeisterdienst des Steigbügelhaltens \md Roßführens^) dem
Papste weigerte und erst nachgab, als die älteren Reichsfürsten das
Gleichwohl wurde die Kaiserkrönung
als Herkommen bezeugten.
in der Leostadt glücklich vollzogen (1155); das eigentliche Rom
aber behaupteten die von Friedrich schroff abgewiesenen Römer in
umso heftiger entbrennender Feindseligkeit. Nim geschah das Unerwartete: ohne auch nur einen ernstlichen Versuch zur Durchführung des Konstanzer Vertrages zu machen, obschon die inneren
Wirren Siziliens wohl zu einem Angriff hätten locken können, führte
Friedrich gegen seinen eigenen Wunsch auf das dringende Verlangen der Fürsten und drohende Mahnungen der italischen Sommerhitze sein Heer nach Deutschland zurück. Damals rettete ihn beim
Diu-chzug durch die Veroneser Klause die Tapferkeit des Pfalzgrafen
Otto von Witteisbach aus gefährlicher Lage.
Rein sachlich waren für Friedrich die Ergebnisse der Romfahrt: der Gewinn der Kaiserkrone vmd eine gründliche Kenntnisnahme der ober- und mittelitalischen Verhältnisse, mit dem bescheidenen Einsatz verglichen, noch immer zufriedenstellend; weniger
unter dem Gesichtspunkte seines Ansehns, am wenigsten, soweit
Konnte man es ihr
sein Verhältnis zur Kurie in Betracht kam.
den
verdenken,
wenn
sie in tiefer
Verstimmung nun
mehr und mehr
ihrerseits
den Kon-
üeß? Zunächst versuchte
sie noch, die durch eine schwere Erkrankung des Herrschers überaus mißlichen Zustände Siziliens im Zusammenwirken mit den
Dann aber, als WilGriechen zu eigner Eroberung auszunutzen.
helm I. gesundete und erstarkte, vollzog Hadrian, nur von einer
Minorität der Kardinäle unterstützt, mit dem Vertrage von Benevent
(1156) entschlossen die große Schwenkvmg der päpstlichen Politik,
stanzer Vertrag
fallen
Er erkannte Wilhelm als seinen zinszahlenden Lehensmann im vollen
Besitz seiner Königswürde und seines Reiches an, das er gegen
jedermann zu verteidigen versprach, vmd gestand ihm im wesentKchen auch die schon von Roger beanspruchten Rechte über die
sizilische Kirche, namentlich den maßgebenden Einfluß auf die EinDies einseitige, unter Nichtachtung aller
Reichsansprüche auf Unteritalien geschlossene Abkommen stand zu
dem Konstanzer Vertrag, auch wenn er es nicht ausdrücklich verGleichwohl war es
bot, imzweifelhaft im schroffsten Widerspruch.
müßig, über Treubruch zu klagen. Staatsverträge werden nicht auf
Ewigkeit geschlossen! Die Voraussetzung, in dem neuen deutschen
König, wie in seinen Vorgängern, ein gefügiges Werkzeug der kxirialen
setzung der Bischöfe zu.
mit der „konstantinischen Schenkung" wurde
*) In Übereinstimmung
der Dienst zuerst von Pippin, dann Ludwig IL, später von Heinrichs IV. Sohn
Konrad und Lothar IIL den Päpsten geleistet.
§11. Reaktionäre Politik unter
Interessen zu
hatte sich
finden,
g^^n
einer Stütze
d. Einfluß
ihn.
Da
Reinolds T.Dassel
nicht erfüllt;
(i
— 1*67).
125
bedurfte
eher
begreiflich,
vom
157
man
war die Schwenkving
Standpunkt der päpstlichen Weltmachtpolitik vielleicht notwendig.
Aber sie bedeutete, darüber konnte kaum ein Zweifel bestehen, den
Bruch mit dem kaiserlichen Hofe. So ward sie auch dort verNoch war
Alsbald setzte eine steigende Spannung ein.
standen.
die Möglichkeit in Rechnung zu ziehen, daß die starke kaiserfreundliche Kardinalspartei imter dem gegenwärtigen oder einem
folgenden Papste die Oberhand gewinnen und einlenken möchte.
Andernfalls war Friedrich zum Widerstände entschlossen; und da
war es von hoher Bedeutung, daß er eben in diesem Augenblicke
einen Helfer fand, der die Kraft
Feindseligkeit
lichen
nötigenfalls
und den Willen
hatte, der päpst-
auch mit wuchtigem Angriff
zu
begegnen.
§
Reaktionäre Politik unter dem Einflüsse
Reinaids von Dassel (1167—1167).
11.
Reinald von Dassel^), als zweitgeborener Sohn aus dem an
der Weser ansässigen Grafengeschlecht früh zum Geistlichen bestimmt, erwarb sich auf den Schulen von Hildesheim und Paris
seine theologisch-philosophische Bildung, wurde als Propst mehrerer
Stifter seiner Heimat in die praktische Verwaltung eingeführt, dann
von Friedrich auf den verantwortungsvollen Posten des Reichskanzlers gehoben (1156). Mit der wachsenden Spannung zur Kurie
trat er jetzt in den Vordergrund der kaiserlichen Politik, als eine
der glänzendsten Erscheinungen der gesamten deutschen Geschichte.
Neben dem schwäbischen Kaiser stand hinfort die kräftiggedrungene
Gestalt des blonden Niedersachsen, heiter imd diesseitsfreudig, umgänglich
und
zugleich
literarisch
und
schroff,
interessiert,
in
zugreifend
den
und freigebig, baulustig
und Dichtungen der
Schriften
Alten ebenso bewandert, wie ergötzt durch die übermütigen Verse
des von ihm geförderten Erzpoeten.
Die reiche Begabung und den ungestümen Tatendrang seiner
tmgebrochenen Kraftnatur stellte er ganz in den Dienst der kaiserIhm, dem klugen imd sprachgewandten Unterlichen Sache.')
Biographic von J. Ficker 1850, seinerzeit eine sehr tüchEine
heute in Auffassung und Einzelheiten zu übertreffen.
Vorarbeit bieten die Regesten der Kölner Erzb. 11 (1901) von Knipping. Eine
neue Biographic steht demnächst von einem meiner Schüler C. Schambach
')
Die
ältere
tige Leistung,
ist
in Aussicht.
*)
Jiätten,
Daß persönlicher Ehrgeiz und Eigennutz diese Hingabe beeinträchtigt
wie noch Ficker annahm, ist schwerlich mehr haltbar.
II' I^>c Zeit
126
der Staufer.
händler, fielen die schwierigsten diplomatischen Missionen lu,
dem
durchgreifenden Organisator die bedeutendsten Verwaltimgsaufgaben; auch als Feldherr hat er sich trotz seiner geistFurcht und Zaudern waren ihm
lichen Würden trefflich bewährt.
fremd; die Gefahr reizte ihn zu oft verblüffender Kühnheit.
Mit nur zehn Rittern hat er einmal eine Schar von etwa dreiimisichtigen,
hundert Raveimaten überrumpelt vmd gefangen genommen, im entscheidenden Augenblicke griff er wohl persönlich in den Kampf
ein.
Kein Rückschlag vermochte ihn zu beugen, „von Tag zu
Tage", sagt ein Chronist, „wuchs er über sich selbst hinaus", bis
er aus leuchtender Höhe durch den Tod entrafft ward.
Eben dies plötzliche Hinschwinden, das ihm die Enttäuschung
des Abstiegs ersparte, kann uns leicht zu einem allzu günstigen
Urteil über ihn verleiten, i)
Daß sein Gesamteinfluß auf Friedrichs
gewesen wäre, läßt sich doch nicht sagen.
wird sich wohl nie mit Sicherheit feststellen lassen, wie
stark dieser Einfluß gewesen ist, wie weit Reinald über die Stellung
eines ausführenden Organs zum tatsächlichen Leiter der Politik
emporwuchs. Schwerlich hat sich ein Herrscher wie Friedrich, wenn
er auch seinem Kanzler gern einen freimütigen Ton gestattete, von
ihm in der Weise vergewaltigen lassen, wie das kirchliche Gegner
Volle Übereinstimmung
wiederholt zu verkünden für gut hielten.
in der politischen Gesamtrichtung wird unbedingt vorauszusetzen
sein.
An radikale Utopien, wie die kirchliche Losreißung Deutschlands von Rom hat Reinald sicher nicht gedacht. 2) Wie Friedrich,
wollte er die noch verbliebenen Rechtstitel und Machtmittel des
deutschen Königtums so kräftig anspannen, daß ihm womögüch die
Stellung der Ottonen und ersten Salier zurückgewonnen würde,
insbesondere durch eine Neukräftigung der deutschen Reichskirche,
durch tatsächliche Beherrschung Italiens und politischen Druck auf
Politik schlechthin günstig
Freilich
Immerhin hat sein stürmisches Temperament den
das Papsttmn.
Kaiser auf diesem Wege sicher weiter fortgerissen, als jener selbst
gegangen sein würde, weiter, als eine vorsichtige Abschätzvmg der
entgegenstehenden Hemmnisse erlaubt hätte. In seiner schrofferen
Art hat er dann die eingeschlagene Richtimg mit gewaltsameren
Mitteln verfolgt imd in seinem schrankenlosen Optimismus einen
hochmütig-rücksichtsloseren
Ton
angeschlagen, als taktisch nützlich
Und als
lieb sein mochte.
war imd seinem Herrn im einzelnen
So etwa neuerdings Hauck.
Diese noch von Ficker geteilte Annahme stützte sich auf Briefe, die
den Plan erörtern, den Erzbischof Hillin von Trier als deutschen Papst aufaustellen, die aber von Jafif6, Arch. f. öst. Gesch. 14 seitdem als Stilübungen
*)
^)
erwiesen sind.
§11. Reaktionäre
Politik unter d. Einflufl Reinaids r. Dassel (115 7
— 1167).
127
die Gegenwirkung immer mächtiger anschwoll, das gregorianische
Papsttxmi in der Verteidigung seiner Unabhängigkeit an der natio-
nalen Empfindlichkeit Westeuropas und dem Freiheitsdrang der
lombardischen Städte die kräftigsten Stützen fand, hat er Friedrich,
der ohne ihn in seiner maßvolleren Weise vielleicht eingelenkt
haben würde, mit seinem zähen, niederdeutschen Starrsinn bis an
Niemand weiß,
festzuhalten verstanden.
der erfindungsreiche Geist des Kanzlers noch
ersonnen hätte, um aus der bedenklichen Lage, die dvirch die
römische Katastrophe von 1167 plötzlich enthüllt wurde, herauszukommen; aber die Erbschaft, die er seinem kaiserlichen Herrn
hinterließ, war nicht beneidenswert. Bei dem allen ist freilich scharf
zu betonen, daß Reinaids Politik ebensowohl Abwehr wie Angriff
sein
Ende
welch' neue
in
der
Bahn
Mittel
war, daß zwei Offensiven aufeinander stießen.
Schon im Jahre 1157 kam
es
sancjon zu einem hitzigen Vorgefecht, i)
auf dem Reichstage zu BeErzbischof Eskil von Lvmd,
der sich in Rom imter Verletztmg der älteren bremischen Ansprüche
den Primat über Dänemark und Schweden hatte übertragen lassen,
war bei seiner Rückkehr auf burg\mdischem Reichsgebiet von ÜbelIn einem Beschwerdetätern überfallen und gefangen gehalten.
schreiben Hadrians, das dem Kaiser in Besan9on von zwei päpstlichen Kardinallegaten, danmter Roland, überreicht wurde, war die
Wendimg
gebraucht, der Papst bereue trotzdem die Übertragung
der Kaiserkrone an Friedrich nicht und würde sich sogar freuen,
wenn er ihm noch größere Benefizien verliehen hätte. Man kannte
bei Hofe zur Genüge die seit Gregor VII. auf Lehenshoheit über
das Kaisertum gerichteten Weltherrschaftswünsche der Kurie, wie
sie auch in jenem Lateranbilde ihren Ausdruck fanden, das Kaiser
Die Gespanntheit
Lothar als Lehnsmann des Papstes darstellte.
der Lage und das selbstbewiißte Auftreten der Legaten schienen
keinen Zweifel daran zu lassen, daß die Zweideutigkeit des Ausdrucks „Benefizien" beabsichtigt war.
So verdeutschte ihn der
Kanzler Reinald nicht mit dem harmlosen Worte „Wohltaten",
sondern mit dem inhaltschweren Begriff „Lehen" imd erregte dadurch auf dem Reichstage einen Sturm nationaler Entrüstvmg, in
dem
nur das Eingreifen des Kaisers das Leben der Legaten schützte.')
Anstatt Reinaids Übersetzung sofort als
irrtümlich zxuUckzuweisen,
machte der Papst den Versuch, die deutschen Bischöfe
in
dem
be-
*) Vgl.
ftlr
das folgende die in einigen Punkten tu überholende Studie
von Ribbeck, F. I. u. d. röm. Kurie 1157 59 (1881).
nehmen auch Nituch und Lamprecht an, Reinald habe
*) Mit Ficker
durch entstellende Auslegung diesen Streit vom Zaun gebrochen, während
etwa Reuter (s. S. 136) und Hauck der Kurie die ofEne Absicht des Bruches su-
—
128
II- I>»«
Zeit der SUufer.
ginnenden Streite auf seine Seite zu ziehen. Aber schon zeigten
sich die Folgen der von Friedrich in Angriff genommenen natio-
Umwandlung des Episkopats; seine klugen Maßnahmen, die
eine finanzielle Ausbeutung der deutschen Kirche durch die Legaten
hinderten und Appellationen nach Rom an die bischöfliche Zunalen
knüpften, verstärkten
lassung
Schliff
und Wucht Reinaids
diese
Geist
Stimmung.
Meisterhafte,
in
und Feuerseele verratende Mani-
feste Friedrichs wiesen die päpstlichen
Anmaßungen
schroff zurück.
„An der
Spitze des Erdkreises", so heißt es in dem einen'), „hat Gott
durch das Reich die Kirche erhöht; an der Spitze des Erdkreises sucht jetzt
die Kirche, nicht aus Gott, wie wir glauben, das Reich zu zerstören.
Mit
einem Gemälde begann es, Schriftzüge traten zura Gemälde, jetzt erstrebt man
gar urkundliche Festsetzung. Das ertragen, das leiden wir nicht; eher legen
wir die Krone nieder, als daß wir die Krone des Reiches zugleich mit unsrer
Person so in den Staub ziehen lassen. Was gemalt ist, möge ausgelöscht,
was geschrieben, getilgt werden, auf daß nicht zwischen Königtum und Priestertum ewige Denkmale der Feindschaft bestehen bleiben."
Die volle Zustimmung der deutschen Bischöfe zu solchen
Sätzen zeigte der Kurie, daß der Ausgangspunkt des Kampfes imglücklich gewählt war.
Hadrian sah sich gezwungen, öl auf die
Wogen zu gießen, indem er jetzt endlich den Worten seines ersten
Schreibens eine harmlose Avisdeutung gab.
Mit dieser diplomatischen Niederlage der Kurie ward der offne Bruch noch einmal
hinausgezögert.
Aber der Vorgang hatte nur die Gegensätze im
Kardinalskollegium verschärft, die Zuversicht am kaiserlichen Hofe
gehoben. Und zu den vorhandenen Zwistigkeiten traten jetzt neue,
als der Kaiser entscheidend in die Verhältnisse der Lombardei
eingriff.
Dies Eingreifen
Reichsgeschichte
ist
für
den weiteren Verlauf der gesamten
von höchster Bedeutung ge-
unter den Staufem
worden.
Ist hier auch nicht der Ort, die verfassungsrechtlichen
Fragen im einzelnen zu erörtern, so gilt es doch die großen
Probleme scharf ins Auge zu fassen, welche die seit einem Jahrhundert vollzogene Entwicklung der oberitalischen Städte dem
deutschen Herrscher darbot. Friedrich hatte sie auf seinem ersten
Romzuge niu- eben streifen können, aber die Notwendigkeit einer
umfassenden Ordnung eingesehen.
Den nächsten Anlaß lu der neuen Unternehmung bot der
ungebrochene Trotz des mächtigen Mailand, das, aller kaiserlichen
Man wird vielmehr mit Prutz, Ribbeck und Simonsfeld einen verdeckten Vorstoß des Papstes und eine beabsichtigte Zweideutigkeit anzunehmen haben, die, wenn man sie hätte durchgehen lassen, fiir später einen
.schreiben.
-wertvollen Präzedenzfall geschaffen hätte.
*)
Rahewin, Gesta Frid. lU,
17.
§
1 1.
Reaktionäre Politik unter d. Einfluß Reinaids
Mahnungen
v.
Dassel
(i
157
—
1
167).
ungeachtet, fortfuhr, seine wirtschaftliche, politische
1
20
und
zu einer unerhörten Vergewaltigung der
schwächeren Nachbarstädte zu mißbrauchen, ihren Handelswettbewerb zu vernichten, das eigne Gebiet vorzuschieben. In offner
Auflehnung gegen den Kaiser war das von ihm zerstörte Tortona
sofort nach seinem Abzüge wieder aufgebaut worden (i 155). Diese
lastende Vormachtstellung Mailands zu brechen, war ein Gebot
militärische Überlegenheit
Gerechtigkeit und eine Vorbedingung für jegliche
Neuordnung der lombardischen Rechtsverhältnisse. Seitdem der
Vertrag von Benevent ein Unternehmen gegen Sizilien völlig untunlich gemacht hatte, wurde Mailand das Hauptziel der neuen
Romfahrt (11 58 62). Pfalzgraf Otto von Witteisbach und der
ausgleichender
—
der dadurch von vornherein als das treibende
Element in Friedrichs Italienpolitik erschien, eilten nach Art der
alten Königsboten dem Zuge voraus und bereiteten ihm durch
kluge und kühne Maßnahmen allenthalben den Boden.
Diesmal rückte der Kaiser mit einem starken Aufgebot von
mehr als zehntausend Rittern, das sich durch lombardischen Zuzug
noch erheblich verstärkte, geradeswegs auf Mailand los. Schon
nach wenig Wochen hatte er den stolzen Triumph, die Konsuln
der Stadt barfuß und die Schwerter um den HaJs gebunden vor
Die starken Mauern hätten noch lange
sich erscheinen zu sehen.
Widerstand geleistet, aber Hunger und Krankheit mahnten zur
Übergabe, solange sie noch unter leidlichen Bedingungen zu erreichen war.
In der Tat schien der Vertrag einen befriedigenden
Ausgleich zu bedeuten, da er dem Kaiser die wesentlichsten Hoheitsrechte, der Stadt ein gewisses Maß von Selbstverwaltung, selbst die
freie Konsulnwahl zusicherte. Später freilich ergab sich, daß Friedrich
Mailand war so
diese Bedingungen nur als vorläufig betrachtete.
auf den Stand der andern lombardischen Städte herabgedrückt, und
das Haupthemmnis für eine allgemeine, durchgreifende Regelung
der Verhältnisse beseitigt.
An sie ging Friedrich nun mit seiner
ganzen Gründlichkeit und seinem strengen Rechtssinn heran.')
Es galt zunächst, die Summe dieser Reichsrechte, der ReReichskanzler
selbst,
festzustellen.
Da kamen etwa in Betracht die Einsetzung
der höchsten Beamten und der Bau kaiserlicher Pfalzen, die oberste
•Gerichtsbarkeit und ein Anteil an Strafgeldern und Gütereinziehungen,
außerordentliche Steuern und Leistungen für die Romfahrlen, und
vor allem der ganze Umfang jener gerade für die hochentwickelten
galien,
der Städteverf. v. Italien 1847, mannigfach
Reichs- u. Rechlsgesch. Italiens Bd. i u. 2.
Giescbrccht auch die Dissertationen von Arras
•) Vgl.
C. Hegel, Gesch.
-überholt durch Fickers Forsch,
Fär die Kinzcllieitcn außer
<i882) und Suhle (1S93).
Hümpe
,
t.
Deutiche KaiieiiK' schichte.
q
n. Die Zeit der
130
Staufer.
Lombardei so überaus wichtigen Rechte,
mit der Straßenhoheit und Verkehrsaufsicht in Verbindung
standen, wie das Markt-, Zoll-, Münz- und Geleitrecht. Der weitaus größte Teil dieser Rechte war ja seit unvordenklichen Zeiten
nicht mehr in unmittelbarer Verwaltung des Reiches, sondern ausgeliehen an Bischöfe und weltliche Feudalherren. Indem dann der
Wirtschaftsverhältnisse der
die
Ausgang des Investiturstreites die italienischen Bischöfe zwar unabhängiger von der Krone machte, aber damit auch ihres Rückhalts
beraubte, indem Jahrzehnte lang, insbesondere unter Konrad III.,
jedes Eingreifen des Königtxmis in die italienischen Verhältnisse
aufhörte, wurden die aufblühenden Städte, die nun fast allenthalben
gegen die bischöflichen Stadtherren ihre Autonomie unter selbstgewählten Konsuln erkämpft hatten, in weitem Umfang auch die
Erben jener Regalien, nicht kraft rechtlicher Verleihung, sondern
durch rechtlose Aneignung. Insofern also der Investiturstreit nicht
zum wenigsten um den Einfluß auf Besitz und Rechte der Reichskirchen geführt worden war, blieb der Gegenstand in den folgenden
Kämpfen der gleiche; nur die Besitzer hatten gewechselt.
Aber wie jetzt im einzelnen den Bestand dieser Regalien ergründen? Die alten Privilegien waren großenteils zugrunde gegangen, neue nicht verliehen, alle Verhältnisse tiefgreifend verändert.
Man bedurfte der Aufstellung fester Normen, und diese Aufgabe
vor allem wurde den auf den Reichstag von Roncaglia^) geladenen
vier berühmten bolognesischen Rechtsgelehrten übertragen, die nun
mit 28 städtischen Richtern zu einer Kommission zusammentraten.
So konnte man hier zum ersten Male handgreiflich den Einfluß
des wiedererwachten römischen Rechts auf die praktische Politik
wahrnehmen.') Es ist eine feine Bemerkung Rankes, daß „die
spekulative Entwicklung der Theologie, indem sie sich dem Papst-
tum
entgegensetzte,
eine politische
Wirkung zugunsten der
lichen Freiheit hatte, die juristische Wissenschaft dagegen die
öffent-
Macht
des Kaisertvuns in seinem Gegensatz gegen Papsttum und Bürgertum begünstigte". In der Tat lernte man in dem großen Rechtsbuche Justinians den Begriff einer durch keine geistliche NebenDie neueren Forschungen scheinen doch zu ergeben, daß dies Ronwie man früher annahm, am rechten Poufer, östl. von Piacenza,.
zu suchen ist, sondern nordwestl. von Piacenza, nördl. vom Po. So im Anschluß an die Untersuchungen von Agnelli namentlich Güterbock, Quell, u.
Vergl. auch die Berliner Diss. von
Forsch, aus ital. Arch. etc. 9, 197 ff.
Fliedner 1906. Widersprechend Simonsfeld S. 202, 249. Vielleicht aber bezog^
sich der Name auf die ganze Gegend nördl. und südl. vom Po, aufwärts und
abwärts von Piacenza; vergl. Holder-Egger, Neues Arch. 32, 527.
') Vergl. die trotz einiger Überschätzung lehrreichen Zusammenstellungen
in der Hallenser Diss. von Pomtow 1885.
*)
caglia nicht,
§ II. Reaktionixe Politik unter d. Einflufi Reiiulds T.Dassel
(i
157
— *^67).
i?i
gewalt eingeschränkten, absoluten und geheiligten Majestät kennen,
dem germanischen Königtum fremd
war. Friedrich I. konnte
ganzen Vergangenheit und Rechtsanschauung kaum
anders, als ihn für seine Person abzulehnen.
Wenn Rahewin ihn
in Roncaglia sagen läßt:
wie er
nach
seiner
„Obwohl wir den
ein gesetzliches
königlichen
Namen
Regiment fuhren, das
tragen, so wollen wir doch lieber
auf Erhaltung der Freiheit und des
wie man es als die Art eines Königs
Rechtes eines jeden gerichtet ist, als,
bezeichnet, alles ungestraft zu tun, durch Ungebundenheit übermütig zu werden
und die Pflicht des Regierens in Stolz und Herrschbegier zu verwandeln",
SO traf das trotz der sallustischen Phrasen doch wohl den Kern
Und trotzdem ist es nur zu begreiflich, daß
seiner Auffassung.
jene der Kronmacht so förderlichen römischen Vorstelltmgen auf
den Kaiser und seine Umgebung ihren Eindruck nicht verfehlten,
daß sie zunächst in äußeren Formen ihren Niederschlag fanden
und allmählich doch unwiderstehlich zu einer Steigerung des kaiserlichen Ansehens und Selbstbewußtseins, zu einer Verschärfvmg der
einer Entnationalisienmg des Herrimperialistischen Bestrebvmgen
schertums und einer Verschiebung des politischen Schwerpunktes im
Reiche führen mußten, i) Man kann die Wirkungen solcher imwägbaren Momente nicht mit Händen greifen, aber wie sollten die
besonderen Ansprüche auf Rom als alten Sitz des Kaisertums, die
aus der Wiedererweckung spätantiker Vorstelltmgen ganz natürlich
erwuchsen, nicht das Verhältnis zum Papsttum verbittern, wie sollten
jene neu erwachenden imiversalen Herrschaftstendenzen nicht auf
die Beziehungen zu den Königen Europas wirken, wie sollten Anschauungen, die eine Auflehnung gegen die Majestät als das
schwerste Verbrechen brandmarkten und selbst kaiserliche Zusicherungen für rücknehmbar erklärten, wenn es das Wohl des Staates
erfordere, vne sollten sie nicht den Elampf gegen die Lombarden
,
verschärfen ?
Ähnlich
Ergebnis
liegt die
Sache bei den roncalischen Beschlüssen, die
Konmiissionsberatimgen waren (Nov. 1158).
Man hat die römisch-rechtlichen Einflüsse darauf übertrieben. Im
Gnmde waren alle jene Regalien, die nun vmter Zustimmung der
lombardischen Großen tmd städtischen Konsuln dem Kaiser zugesprochen wurden, zweifellos niu- die hergestellten Rechte der
das
jener
die von da ab sich vollziehende Umwandlung des durch das
*) Über
deutsche Königtum charakterisierten Staatsbegrifis in den römisch-kaiserlichen
ergl. neuerdings die sehr lehrreiche Studie von Krammer, D. Reichsgedanke
des stauf. Kaiserhauses 1908, wo ra. E. indes der Gegensatz zwischen den
beiden Auffassungen allzu scharf zugespitzt, und das Vorbild, das auch in dieser
Hinsicht Karl d. Gr. und Otto I. mit ihren Nachfolgern boten, zu sehr außer
.^cht gelassen wird.
9*
132
II.
Die Zeit der SUufer.
früheren fränkischen und deutschen Herrscher. Ganz spurlos ist die
römischrechtliche Auffassung der bolognesischen Juristen an dem Werke
gleichwohl nicht geblieben. Wichtiger als die Begründung einiger nebensächlicheren Einnahmequellen oder ein gelegentliches Zitat aus
dem
Corpus juris war der über dem Ganzen schwebende Grundsatz,
daß Staatseigentum nicht durch Verjährung abhanden kommen
Und indem nun für das praktische Verfahren als Regel
könne.
aufgestellt wurde, die ganze namhaft gemachte ungeheure Summe
von Rechten für die Krone wahrzunehmen, falls nicht Privilegien
über ihre Verleihung vorgewiesen würden, ward dieser gesamte
rein tatsächliche Regalienbesitz den Städten entzogen, und Bahn
geschaffen für eine völlige Neugestaltung der kaiserlichen Herrschaft
in
Oberitalien,
die
freilich
nicht
ohne
erbitterten
Widerstand der
Betroffenen durchzuführen war.
Um
was handelte
schlechthin um
Mittelalter und Neuzeit,
kann. Diese Auffassung
es
sich
bei
diesen
Kämpfen der Folgezeit?
Gewifl
den Gegensatz zwischen Feudalismus und Bürgertum,
wie man noch heute in populären Darstellungen lesen
wäre nur stichhaltig, wenn Friedrich die eingezogenen
Rechtstitel wieder wie einst zu Lehen ausgetan hätte.
Das aber war Ausnahme, nicht Regel! Hatten die früheren Lehnsträger sie nicht zu behaupten
rermocht, so wären sie auch jetzt bald genug wieder in Verlust geraten.
Man mußte sich schon an die kräftigeren jeweiligen Besitzer die Städte,
halten. Bisher hätte sich Friedrich vielleicht damit begnügt, durch Verleihung
der Regalien an sie seine Hoheitsrechte zu wahren und die ordnungsmäUigen
Leistungen an das Reich zu sichern. Die roncalischen Beschlüsse aber führten
darüber hinaus zu dem bedeutsamen Versuche einer unmittelbaren Verwaltung
durch Reichsbeamte. Der Kaiser begnügte sich nun nicht mehr mit der Investitur der freigewählten Konsuln, sondern setzte von sich aus je einen oder
mehrere, zunächst einheimische, dann auch deutsche Podestas ein, die auf Zeit
und als absetzbare Behörden angestellt, die Regalien nicht als Lehnsbesitz,
sondern von Amts wegen für das Reich wahrnehmen sollten. Friedrich mochte
immerhin auch hier nur die Herstellung des Vergangenen im Auge haben,
das Reich Karls d. Gr. hatte ja in der Tat schon ein derartiges zentralisiertes
Beamtentum gekannt,
aber ebensowohl wie auf die Vergangenheit wies
doch der Versuch auf den modernen Beamtenstaat der Zukunft, der bestimmt
war, das mittelalterliche I.,ehnswesen zu überwinden.
Reaktion und Fortnicht
,
—
—
schritt reichten sich
Auch der
hier die
Händel
Gegensatz, etwa die Beschirmung der italischen
Freiheit gegen den barbarischen Unterdrücker, von der im modernen Italien
so viel geredet worden ist, hat in Wahrheit noch keine erheblichere Rolle
in diesem Ringen gespielt.
Das lombardische Volk hat Barbarossa lauter zugejubelt, die italienischen Dichter haben ihn begeisterter gepriesen, als seine
deutschen Landsleute.
Ein einheimischer Monarch mit ähnlichen Zielen einheitlicher Herrschaft hätte genau denselben hartnäckigen Widerstand gefunden,
denn entscheidend für die Beurteilung war nicht ein nationales Gemeingefühl,
das zum mindesten in politischer Färbung noch nicht vorhanden war, sondern
Selbständigkeit und Blüte des eignen Gemeinwesens, und die konkurrierenden
Nachbarstädte wurden schon damals weit ingrimmiger gehafit, als der Kaiser
und seine deutschen Ministerialen.
nationale
§ II. Reaktionäre Politik unter
d. Einflufi
Reinaids
Dassel (1157
t.
— 1167).
j^^
Statt des nationalen haben neuere Historiker wie Nitzsch und Lamprecht
wirtschaftlichen Gegensalz in den Vordergrund gestellt; die bäuer-
wohl den
liche Naturalwirtschaft der Deutschen sei hier dem höheren geldwirtschaftlichen Verkchrsleben der lombardischen Städte brutal entgegengetreten, um
Auch dieser Ansicht
es womöglich auf die niedere Stufe herabzudrücken.
schwerlich beipflichten
zum mindesten in solcher Zuspitzung
wird man
—
—
Gewiß bot dies lombardische I eben einem deutschen Beobachter
können.
genug fremdartige Erscheinungen, wie man etwa aus der berühmten Schilderung Ottos von Freising ersieht, und bei den deutschen Edelleuten und
Ministerialen, die hier plötzlich mit der Verwaltung betraut wurden, wird es
an Unverständnis so manchem verwickeiteren Wirtschaftsvorgange gegenüber
nicht gefehlt haben. Für das piemontesische Gebiet, wo freilich das städtische
Leben viel weniger entwickelt war, ist es auch richtig, daß mit Erfolg dahin
gestrebt wurde, den unmittelbaren Besitz an großen Reichsdomänen, der hier
an die burgundischen Güter des Kaisers anschloß, zielbewußt auszubauen und
nach deutscher Art zu verwalten.') Mehr aber läßt sich nicht behaupten.
Denn wenn Friedrich schließlich in der Tat den Versuch gemacht hat, das
städtische Leben Mailands zu vernichten, so war das eine rein politische
Maßnahme, mit der er sich zwar gegen den heiligen Geist der geschichtlichen
Entwicklung versündigte, zu der ihm aber niemand anders das Vorbild gegeben hatte, als die Mailänder selbst. Und für die übrige Lombardei kann
von einer Unterbindung des geldwirtschaftlichen Verkehrs, der ja im eigensten
Interesse des Fiskus lag, nicht von fem die Rede sein, hat doch Friedrich,
wie wir jetzt wissen, sogar den bedeutsamen Plan eine Zeitlang mit Erfolg
dturchgefiihrt, in der Form von hochwertigen kaiserlichen Denaren eine Einheitsmünze für ganz Reichsitalien zu schaffen*),
zugleich ein Merkzeichen
—
seiner zentralistischen Tendenzen!
Und das bleibt nun doch der Kernpunkt der großen Gegensätze: hier
eine starke monarchische Staatsgewalt, die bereits mit dem Feudalismus zu
brechen begann und die kommunale Selbständigkeit dieser städtischen Gemein-
wesen erst recht als eine Behinderung seiner Bewegungsfreiheit,
und Einnahmen betrachtete,
dort kraftvolle Bürgerschaften,
—
seiner Rechte
in
staatlosen
Zuständen durch Selbsthilfe groß geworden, stolz auf die in inneren Kämpfen
errungene Autonomie und die alten Rechlsforderungen der Reichsgewalt als
neue, unerhörte Zumutungen empfindend.
Gerade dadurch, daß das formale
Recht ganz und gar auf seilen des Kaiser:> lag, während die Städte für ihre
Sache zum mindesten ein gut Teil historischen Rechts in Anspruch nehmen
konnten, wurde ein maßvoller Ausgleich der Gegensätze erschwert.
Man
versteht es,
daß nach der Ansicht Friedrichs die ronca-
Nonnen trotz des vorläufigen Sonderabkommens auch
Mailand Anwendung zu finden hatten, aber ebensowohl, daß
lischen
Mailänder, deren Konsuln in Roncaglia
darin
zur
eine
Wehr
die
zugestimmt hatten,
freilich
Vertragsbrüchige Überrumpelimg
setzten
auf
erblickten,
und Bimdesgenossen fanden,
die
sich
erneut
ebensowenig
auf die freie Konsulnwahl verzichten wollten.
Bei der Ausübvmg
seiner Hoheitsrechte ward es überdies ftir den Kaiser alsbald ganz
')
v.
Vgl. Matthaei,
Die lombardische Politik Kaiser
Alessandria, Progr. Grofliichterf.
*)
Vgl. Bresslau,
I
denari
tateraat. di Scienze storiche,
1889.
imperiali di Federico
Roma
F.
u. d.
Gründung
Atti del
Congresso
L
i
1904, Vol.
VL
L
134
II.
Die Zeit der S taufer.
unmöglich, sich von den Parteibestrebungen und Sonderinteressen
zu erhalten; Maßnahmen zugunsten der einen weckten den
Widerstand der andern. Als er die neuen Mauern des kleinen Crema
im Interesse des ihm befreundeten Cremona, das dem Kaiser dafür
eine hohe Summe zahlte, niederzulegen befahl, widersetzten sich die
Cremasken und ertrugen mit Heldenmut eine siebenmonatliche Belagerung, die insbesondere durch die Anwendung der neuen Angriffs- und Verteidigungstechnik ungeheures Aufsehen erregte.
Erst
der Verrat des leitenden Ingenieurs überlieferte dem Kaiser die
Und
Stadt, die er dem Erdboden gleichmachte (Jan. 1160).
während sich in diesen gleich nach der feierlichen Friedensverkündigung von Roncaglia wieder ausgebrochenen Kämpfen die Gegensätze hier immer mehr verschärften, hatte sich inzwischen auch die
Kluft zwischen Papsttum und Kaisertum unüberbrückbar erweitert.
Die Durchführung der roncalischen Beschlüsse berührte doch
auch die Interessen der Kirche auf das allererheblichste. Die Errungenschaften des Investiturstreites drohten damit zum großen Teil
verloren zu gehen. Soweit die italienischen Bischöfe noch im Besitz der Regalien waren, wurde auch ihnen gegenüber das Abhängigkeitsverhältnis durch Forderung des Mannschaftseides, Beanspruchung bedeutender Reichsleistungen, sogar Verfügungen über
das Kirchengut und Einmischung in die Wahlen straff angezogen.
Es bedurfte wahrlich keiner Prophetengabe, um eine baldige Ausdehnung der unmittelbaren Herrschaftsbestrebungen des Kaisers auf
Mittelitalien vorauszusehen.
blieb dann die Bewegungsfreiheit
Konnte sie auch nur hoffen, ihre in jahrhunderteder Kurie?
langen Mühen errungene Landesherrschaft im Kirchenstaate, wo
ihrer Meinvmg nach alle obrigkeitliche Gewalt und alle Regalien
dem hl. Petrus gehörten, unangetastet zu bewahren? Sprach
Friedrich nicht schon jetzt ganz unverhohlen aus, daß er den auf
gewisse Unterhaltsforderungen bei der Krönungsfahrt beschränkten
Oberhoheitsansprüchen des Kaisertums auf die Stadt Rom wieder
völlig frei
Wo
einen volleren Inhalt zu geben gedenke, als er auf die Beschwerde
des Papstes antwortete: „Da ich durch göttliche Anordnung römischer
Kaiser genannt werde und bin, so würde ich doch nur den Schein
der Herrschaft heucheln und einen leeren Namen ohne sachliche
Bedeutung führen, wenn die Hoheit über die Stadt Rom unserer
Hand entwunden würde"? Wurden solche Absichten ausgeführt, so
sank der Papst in die Stellvmg eines bloßen Reichsbischofs herab.
Eine schwüle Gewitterstimmung lastete in den letzten Tagen
Hadrians IV. auf den Beziehungen zwischen Papsttum und Kaisertum.
Wie „dräuende Speere", sagt ein Zeitgenosse, trafen die
Die kaiserscharfen Worte von hüben und drüben aufeinander.
§
1 1.
Reaktionäre Politik unter
d. Einfluß
Reinaids
v.
Dassel (i 157
—
1
167).
13 e
bisher der päpstlichen an diplomatischem Geschick
zumeist nicht gewachsen, war ihr jetzt unter Reinaids von Dassel
Eben
geistvoller und schneidiger Leitung mindestens ebenbürtig.
liehe Kanzlei,
in dieser Zeit (1159) durch die Gunst seines kaiserlichen Herrn
auf den zweithöchsten Erzstuhl des deutschen Reiches, den Kölner,
erhoben, ohne einstweilen die Weihen zu erhalten, wurde er nicht,
wie in ähnlicher Lage wenige Jahre später Thomas von Canterbury,
vom
hierarchischen Geiste ergriffen, sondern bewahrte, der bisherigen
Richtung getreu,
auf Kanzlei und
und
als
Erzkanzler für Italien maßgebenden Einfluß
Politik Friedrichs.
Man
spürt ihn aus der stolzen
schroffen Art, mit der Formfehler der Kurie dadurch erwidert
daß nun
den Schreiben an Hadrian der kaiserliche
Du an Stelle des höflichen
Die ganze Lage gemahnte lebhaft an die letzten Zeiten
Ihr trat.
Auch jetzt trat die Kurie imter Ablehnung
Papst Alexanders II.
eines vom Kaiser angebotenen Schiedsgerichts mit den Reichsfeinden,
dem Könige von Sizilien und den lombardischen Rebellen, in die
engste Verbindung und nahm die Baimimg des Kaisers in Aussicht,
während Friedrich mit der Bürgerschaft Roms Fühlung suchte. So
standen die Dinge bereits auf des Messers Schneide, als Hadrian
wurden,
Name
vor
dem
in
päpstlichen, das einfache
plötzlich starb (Sept
11 59).
Unter den obwaltenden Verhältnissen und bei der schroffen
Spaltung im KardinalskoUeg war an eine einmütige oder auch nur
geordnete Papstwahl nicht zu denken.
Für die Mehrheit stand die
Erhebung des Kanzlers Roland von vornherein fest Sie bedeutete
den offenen Bruch mit dem Kaisertum. Ebendeshalb suchte man ihr
von jener Seite entgegenzuarbeiten, denn einen unzweifelhaften Reichsfeind auf dem Stuhle Petri meinte man nicht ruhig hinnehmen zu
Friedrichs Abgesandter Otto von Witteisbach stand doch
dürfen.
wohl insgeheim hinter der kaiserfreundlichen Kardinalsminderheit,
die nun in tiunultuarischem Verfahren einen der ihrigen, Oktavian
als Viktor IV. zum Papst erhob, während die Gegner darauf in
gesetzlicherem, wenn auch keineswegs unanfechtbarem Vorgehen die
Wahl Rolands als Alexanders III. vollzogen. Die Namen scheinen
anzudeuten, daß man in der Tat in die Zeiten vor dem Ausbruch
des Investituistreits zurückdachte.
Dem Kaiser wäre die einhellige Wahl eines maßvolleren, farbloseren Papstes weitaus das Erwünschteste gewesen ein Vorschlag in
diesem Sinne wurde indes von den Alexandrinern abgelehnt Da
nim eine friedliche Verständigung mit Roland unmöglich erschien,
so war einer geschlossen feindseligen Papstkirche das Schisma immer
noch vorzuziehen. Aber es durfte nicht lange währen, sollte es
nicht für die kaiseriiche Politik ernste Gefahren heraufbeschwöreiv
;
II- I>ie Zeit
136
der Staufer.
Daher suchte
Friedrich sogleich unter scheinbar möglichster Wahrung
der Unparteilichkeit eine europäische Entscheidung durch ein allgemeines Konzil herbeizuführen, das er nach dem Vorbilde der früheren
römischen und fränkisch-deutschen Kaiser als Schirmvogt der Kirche
nach Pavia berief (1160). Obwohl aber die meisten europäischen
Staaten dorthin ihre Abgesandten schickten, so konnte die Versammlung mit ihrem Übergewicht von Reichsbischöfen doch schwerlich als eine unparteiische Vertretung der Gesamtkirche betrachtet
werden.
Es war vorauszusehen, daß sie sich entweder für Viktor
entscheiden oder beide Päpste für unrechtmäßig erklären würde.
Alexander III. aber war klug genug, sie nicht anzuerkennen, da er
als Papst keinen irdischen Richter über sich habe.
Das Konzil,
vor dem seine Reichsfeindschaft durch aufgefangene Briefe an die
Mailänder erwiesen wurde, entschied sich nun zwar für die Bannung
Alexanders und die Anerkennung Viktors, aber es befestigte dadurch
doch nur das Schisma, denn die zu erwartende Antwort Alexanders
war die Bannung des Gegenpapstes, des Kaisers und seiner Haupt-
Ein achtzehnjähriger Kampf war damit eröffnet.
Alexander III. i) hat ihn bei aller Schärfe und Kühnheit mit
kluger Besonnenheit und ausharrender Geduld geführt, mehr noch
ratgeber.
mit kirchlichen, als kriegerischen Mitteln, trotz aller Leidenschaft im
doch mit würdevollem Anstand und einem Mindestmaß
persönlicher Verdächtigungen, wie sie völlig in diesen mittelalter-
ganzen
lichen
Kämpfen
ja nie fehlen konnten.
und dem
lichen Stürmer Gregor VII.
nimmt
Zwischen dem leidenschaftRechner Innozenz III.
politischen
er in jeder Hinsicht die Mitte ein.
Seine weltgeschichtliche
Jahrhundert errungene Weltstellung
der römischen Kirche unter den schwierigsten Verhältnissen zu behaupten, gewissermaßen die Feuerprobe auf die politische Souveränität des Papsttums zu bestehen.
Er hat sie bestanden unter
Sorgen, Mühen und Gefahren, aber mit unerschütterlichem Mute,
steigendem Ansehen und schließlichem Erfolg!
Seine Hauptstütze dabei war die Eifersucht der emopäischen
Nationen auf die wachsende Macht des Kaisers. Wie tief griff
jetzt allenthalben das Papsttum in die Geschicke der Völker ein!
Seine erneute Abhängigkeit vom Imperium mußte auch sie mittel-
Aufgabe war, die
in
dem
letzten
zeitgenössische,
des Kardinal(Duchesne, Liber
pontificalis II, 351 ff. u. von neueren Darstellungen die trotz mancher Verkehrtheiten und heute veralteter Abschnitte noch immer bedeutende Gesamtwürdigung von H. Reuter, Gesch. A. III. und der Kirche seiner Zeit, 3 Bde.
1860—64. Gegen die ungünstigere Beurteilung A.s durch Hauck vgl. Hist.
Zeitachr. 93, 415.
^)
Vgl.
die
priesters Boso, der die Arbeit
stark
parteiische Biographie
am Papstbuch wieder aufnahm
—
{ II. Reaktionäre Politik unter
d. Einflufl
Reinalds V.Dassel (i 157
'^^^7)-
137
dem kaiserlichen Einfluß unterwerfen. Der Engländer Johann
von Salisbury •) sprach daher vielen aus dem Herzen, wenn er schalt:
„Wer hat denn die Deutschen zu Richtern der Nationen bestellt?
Wer hat diesen plumpen und wilden Menschen das Recht gegeben,
nach Willkür einen Herrn über die Häupter der Menschenkinder
zu setzen?" In der Tat erkannten außer Sizilien, Ungarn, Spanien,
Norwegen, Irland und dem Orient auf der Synode von Toulouse
{1160) auch Frankreich und England Alexander III. als rechtmäßigen Papst an, ein Erfolg, der für diesen umso willkommener
sein mußte, als seine Aussichten im Reichsgebiet, dem sich in dieser
Sache die Nebenländer Böhmen und Dänemark anschlössen, nicht
bar
günstig waren.
Denn
der deutsche Episkopat scharte sich unter
treu um. den Kaiser und erklärte sich
entweder offen für Viktor IV. oder nahm doch, mit alleiniger
Ausnahme von Salzburg eine zuwartende Haltung ein. In Reichsitalien
aber ging den Alexandrinern alsbald ihr Hauptbollwerk
Führung Reinalds von Dassel
verloren.
Der mit wachsendem Ingrimm und steigender Grausamkeit
wiederaufgenommene Krieg gegen Mailand führte endlich ohne
eigentliche Belagerung diu-ch Vernichtung der Ernten und Unterbindvmg aller Zufuhr zum Ziel. Das verhungernde Volk erzwang
die Übergabe auf Gnade oder Ungnade (März 1162).
Friedrichs
Majestätsgefühl, die politische Absicht der Schreckenswirkung und nicht zum wenigsten der unersättliche Rachedurst der
Nachbarn verbanden sich nun zu dem erbarmungslosen Strafgericht,
das über die Stadt erging.
Sie sollte nicht nur Befestigung und
Selbständigkeit, sondern geradezu ihr Dasein verlieren, „damit ihr
in Zukunft keine Gelegenheit zum Aufstand geboten würde". Nachdem das gewaltige Zerstörungswerk durch die Nachbarn selbst vollzogen war, wurden die Bewohner in vier offenen Flecken angesiedelt, zu bäuerlicher Lebensweise herabgedrückt, der kaiserlichen
Domänenverwaltung, die sich von Piemont her über das Mailänder
Gebiet ausdehnte, zu Naturalabgaben und Diensten verpflichtet'),
eine gewaltsame, den natürlichen Bedingungen ebenso wie der
geschichtlichen Entwickelung hohnsprechende Maßregelung, die von
den stolzen Mailändern nur mit Knirschen ertragen wurde und auf
die Dauer schwerlich haltbar war.
Einstweilen aber lief nun der
Schrecken dem Heere des Kaisers voraus und warf ihm den Rest
seiner lombardischen Gegner vor die Füße.
Indem Friedrich an
beleidigtes
—
Seine Briefe und Schriften sind eine wichtige Quelle fiir diese Zeit;
ed. Gilcs 1848.
*) Daß
sie ihre persönliche Freiheit behielten, hat Tschirch in einen
Brandenburger Progr. 1885 gegen Ficker mit guten GiUnden dargetan.
')
Tgl.
Opera
^'
1^8
den
roncalischen
Werk
umso
I>ie Zeit
Beschlüssen
der SUufer.
durchaus
festhielt,
meinte er das
doch durch eine unterschiedliche Behandlung der Städte
sicherer zu befestigen: die Getreuen wurden durch das Zugeständnis der freien Wahl ihrer vom Kaiser zu belehnenden Konsuln und zeitweilige Verleihung der Regalien gegen Zahlung einer
jährlichen Abschlagsumme belohnt, die Widerstrebenden durch das
Regiment eines vom Kaiser emarmten, meist deutschen Podestä.
mit amtsweiser Verwaltung der Regalien im Zaum gehalten.
jetzt
Von
über die Niederwerfung seiner trotzigen
Macht, namentlich finanziell, in der Tat außerordentlich gehoben, verkündete Friedrich nun, daß er „zu neuen
Unternehmungen und einer völligen Wiederherstellung des Reiches
sein Heer und seine siegreichen Adler wenden werde".
Er beabsichtigte eine Ausdehnuing des lombardischen Herrschaftsystema
auf ganz Italien.
In der Romagna gelang ihm das ohne Schwierigkeit, in Tuszien wußte alsbald Reinald von Dassel, der Hauptträger
dieser ganzen Politik, sowohl den wenigen kräftig entwickelten
Städten, als den hier noch in viel höherer Geltung stehenden feudalen Machthabem gegenüber trotz der nominellen Herrschaft Welfs
Ähnliches dvu-chzusetzen.
Eine umfassende Seehilfe von Pisa und
Genua war durch Verträge gesichert. Das von Parteiungen zerrissene Rom und das durch innere Unruhen arg geschwächte
Sizilien waren die weiteren Ziele der kaiserlichen Siegeslaufbahn.
Da brach Friedrich sie im Sommer 1162 plötzlich ab und wandte
Stolz geschwellt
Gegner und
in seiner
nach Frankreich, wo sich ihm die Möglichkeit einer Beendigung
des kirchlichen Schismas zu bieten schien.
Alexander III. hatte sich schon zu Anfang des Jahres, als
auch die letzte sizilische Stütze wankte, den stetig wachsenden,
seine Freiheit bedrohenden Gefahren Italiens, wie einstmals Stefan II.
tmd später Innozenz IV., durch die Flucht nach Frankreich entzogen. Aber dort erwartete ihn neue Bedrängnis; denn die Treue
Ludwigs VII. gegen ihn geriet eben damals bedenklich ins Wanken.
Die Gespanntheit mit England und persönliche Einflüsse rangen dem
König die Zustimmung zu einem bedeutungsvollen Vertrage mit dem
Kaiser ab: beide Herrscher wollten mit den Bischöfen ihrer Reiche
gegen Ende August 1162 an der Saonebrücke von St. Jean de
Losne eine Versammlung zur Lösung des Schismas abhalten. Wenn
einer der Päpste nicht erschien, sollte dadurch seine Sache verwirkt sein, andernfalls die Entscheidimg durch ein Schiedsgericht
Alexanders Sache schien verloren, wenn er seine Teilerfolgen.
nahme verweigerte; trotzdem verharrte er in größter Sorge unerschütteriich auf seinem Standpvmkt, keinen Richter über sich anzuerkennen. Auf kaiserlicher Seite hatte man offenbar damit gerechnet
sich
§
1
1.
Reaktionäre Politik unter
d. Einflufi
Reinaids
r.
Dassel
(i
157
—
1
167).
i
rg
hielt den Übertritt Ludwigs zu Viktor IV. für eine ausgemachte
Der aber begann bereits unter den Einwirkungen der
Sache.
Alexandriner seine Übereilung zu bereuen und suchte sich seinen
Den festgesetzten Termin ließ er
Verpflichtungen zu entziehen.
verstreichen, um dann doch noch einmal mit einem Aufschübe von
imd
Wochen unter Pfandsetzung seiner eignen Person den Vertrag
Aber er benutzte die Frist nur, um seine Lage
zu erneuern.
imter Vermittelung Alexanders durch eine Verbindung mit England
zu festigen und einen Vorwand abzuwarten, der ihn von der Anklage
Den boten ihm wirklich die
des Vertragsbruches befreien würde.
Kaiserlichen, die offenbar alle Hoffnimg auf ihn aufgegeben hatten,
denn um die in großer Zahl erschienenen Reichsbischöfe nicht xmverrichteter Sache nach Hause kehren zu lassen, ließ Friedrich sie auf
einer Synode in dem nahegelegenen Dole, auf der insbesondere Reinald
von Dassel in gereizter und schroffer Sprache jede Einmischung
der westeuropäischen Könige in die Besetzung des römischen Stuhls
als eines dem kaiserlichen Landesherm unterstehenden Reichsbistums verbeten zu haben scheint, aufs neue die Rechtmäßigkeit
Viktors erhärten und brach auf, ohne den Ablauf jener FristverZwischen seinem Vertreter Reinald vmd
längerung abzuwarten.
König Ludwig kam es dann noch an der Saonebrücke zu einem
An den Tatsachen haben diese imdiplomabittem Wortwechsel.
tischen Schroffheiten der Kaiserlichen wohl nichts mehr geändert,
Aber
sie ermöglichten Ludwig nur, sein Gewissen zu beruhigen.
zur Verbitterung der Stimmung trugen sie rxicht unerheblich bei,
wenn auch ein kriegerischer Ausbruch von beiden Seiten vermieden wurde, und daß die fehlgeschlagene Hoffnung auf Beilegung des Schismas einen höchst imwillkommenen Mißerfolg
bedeutete, konnte durch hochfahrende Reden nicht vertuscht werden.
Es war das erste Anzeichen dafür, daß sich der allzu sehr überspannten Gewaltpolitik Reinaids unüberwindliche Kräfte des Widerdrei
stands entgegensetzten; Friedrich selbst
Jean de Losne habe
er
zuerst
die
soll
geäußert liaben, in
St.
Launen der Fortuna kennen
gelernt
Kein Zweifel, daß eine Fortdauer des Schismas, namentlich
der durch Alexander klug bewirkten tätigen Anteilnahme der
Westmächte, den Kaiserlichen das Kampfesfeld übermäßig erweitem
und die Stoßkraft in Italien schwächen mußte. Friedrich hätte die
Spaltung deshalb gern mit Ehren beendet, selbst mit einem wirklich
Auch
unparteiischen Schiedsgericht hätte er sich jetzt begnügt.
Alexander zeigte sich Verhandlungen stets geneigt und betonte
wiederholt, mit welcher Freude er „einen durch so viele glänzende»Eigenschaften ausgezeichneten, großen und erhabenen Fürsten" wie
seit
1
11.
140
Friedrich
Staufer.
den Schoß der Kirche wieder aufnehmen würde;
von seinem grundsätzlichen Standpunkt aus jedes
in
aber indem
Die Zeit der
er
kam es zu keiner Verständigung. Selbst
Bahn dazu durch den Tod Viktors IV. scheinbar
Schiedsgericht ablehnte,
nicht,
als
die
Diesmal war es offenkundig, wie Reinald
doch schwankenden Herrn die Entscheidung über
den Kopf wegnahm, indem er von den kaiserlichen Kardinälen
sofort die Wahl eines neuen Gegenpapstes Paschalis III. vollziehen
ließ.
Es kann indes kaum zweifelhaft sein, daß er das nicht, wie
man wohl angenommen hat, aus eigensüchtigen Gründen tat, um
nicht das Opfer eines Ausgleichs mit der Kurie zu werden, sondern
daß er in Friedrichs wohlverstandenem Interesse zu handeln meinte
und, wenigstens sofern man das System nicht von Grund aus
wechseln wollte, wohl auch in der Tat handelte, denn eine Vakanz
des Gegenpapsttums mußte dessen bisherige Anhänger Alexander
frei
wurde
seinem
{April 1164).
vielleicht
—
bedingungslos in die Arme treiben und Friedrich eine uneingeDieser hat denn auch den Schritt
schränkte Niederlage bringen.
nachträglich gebilligt.
Aber ein ungünstiges Moment blieb dieser
Papstwechsel immerhin; nicht alle Anhänger Viktors erklärten sich
für seinen Nachfolger.
erwuchs der italienischen Machtstellung des
Von Burgund aus war er im Herbst
1162 auf kurze Zeit nach Deutschland zurückgekehrt, wo es galt,
die aufständischen Mainzer für die schmähliche Ermordung ihres
Erzbischofs Arnold von Selenhofen (tu 60) ^) zu züchtigen und
eine Fürstenverschwörung gegen die wachsende Macht des mit dem
Kaiser damals noch auf das engste verbundenen Heinrich des
Löwen im Keime zu ersticken. Da ein neuer Kriegszug nach
Italien bei den deutschen Fürsten keine Gegenliebe fand, begab sich
Friedrich 1 1 63 ohne Heer nach Italien zurück, um die im vorigen
Jahr abgebrochenen sizilischen Pläne wieder aufzunehmen. Dort
Etwa
gleichzeitig
Kaisers eine
ernste Gefahr.
inzwischen Reinald als sein Bevollmächtigter geschaltet und
das Reichsgebiet trotz der hier vmd da gärenden Unzufriedenheit in
straffer Untertänigkeit gehalten.
Eben durch diese ganze Wiederaufrichtung der kaiserlichen Herrschaft hatte sich schon seit dem
Im Bündnis mit Sizilien
Falle Mailands Venedig bedroht gefühlt.
und dem griechischen Kaiser Manuel, mehrfach Aufenthaltsort alexanhatte
wurde
einem Mittelpunkt reichsim Frühjahr 1 64 durch Bestechung der kaiserlichen Städte Verona, Vicenza
und Padua zu dem Veroneser Bunde, der seine Spitze offen gegen
drinischer Kardinäle,
es seitdem zu
feindlicher Bestrebungen und erweiterte seinen Machtkreis eben
^)
Gleichzeitige Biographie:
Böhmer, Fontes
rer.
Germ. lU.
§
1 1.
Reaktionäre Politik unter d. Einfluß Reinaids
den Kaiser
richtete,
v.
Dassel
(i
157
—
1
167).
141
seinem mit ungenügenden Kräften unternommenen
Angriff erfolgreichen Widerstand
leistete,
die hoffnungsvollen Blicke
Bedrückten in der Lombardei auf sich lenkte und ihnen ein
gefährliches Beispiel der Selbsthilfe durch Zusammenschluß gab.
Alle diese Mißerfolge der letzten Jahre begannen schließlich
den festen Grund zu erschüttern, auf dem Friedrichs Macht ruhte.
Die heimlichen Alexandriner unter den deutschen Bischöfen erhoben
kühner ihr Haupt, ein Teil der Neutralen schloß sich ihnen an.
Friedrich hatte bisher, wo er politischen Gehorsam fand, gern
Der immer weiterdringenden
kirchliche Duldung walten lassen.
Spaltung aber schien jetzt nur durch härteren Druck begegnet
werden zu können. Das geschah unter dem Eindruck einer neuen
politischen Wandlung, die noch einmal die Aussicht bot, das Schisma
im Sinne des Kaisers zu beendigen.
Das normannische Königtum Heinrichs II. von England,
wie das sizilische schon mit
kräftig entwickelt und zentralistisch
einem Fuße außerhalb des mittelalterlichen Lehensstaates, keine
Selbständigkeit, auch keine kirchliche, neben sich duldend, war eben
damals auf das schärfste zusammengestoßen mit den namentlich
auf gerichtlichem Gebiete vordringenden Unabhängigkeitsbestrebungen
Als die Konstitutionen von Clarendon (1164)
der Geistlichen.
solchen Tendenzen scharf entgegentraten, erhob sich der frühere
Kanzler des Königs Thomas Becket, den er zum Erzbischof von
Canterbury gemacht, dagegen als das Haupt der geistlichen OppoBald mußte er vor dem leidenschaftlichen Zorn Heinrichs
sition.
nach Frankreich flüchten, und indem er dort nun den Papst
Alexander für die Aufhebung jener Konstitutionen gewann, erweiterte
sich der englische Kirchenstreit zu einer heftigen Spannung zwischen
König Heinrich imd den Alexandrinern. Diesen Stimmungswechsel
suchte Reinald von Dassel sofort für seine Zwecke auszunützen.
Als Gesandter am englischen Königshofe in Rouen wußte er nicht
nur enge Verbindungen zwischen den Dynastien anzubahnen, sondern auch Heinrich II. für Anerkennung des kaiserlichen Gegenpapstes zu gewinnen.
Das war das glänzende Ergebnis, mit dem er rückkehrend vor
den Würzburger Reichstag (Pfingsten 1165) trat. Was es bedeutete,
karm man ganz nur ermessen, wenn man bedenkt, daß das Königtum der Plantagenet mit seiner Ausdehnung über mehr als die
volle westliche Hälfte Frankreichs unbestritten die zweite Weltmacht des Abendlandes war, daß der unmittelbare Besitz Ludwigs VII.,
damit verglichen, nur ein winziger Fleck war, und auch sein gesamter übriger Lehensbesitz nicht an das Festlandsgebiet seines größten
aller
,
Vasallen, des englischen Königs, heranreichte.
Der Zusammensclüuß
n. Die
142
Englands
mit
widerstehliche
dem Reiche
Zeit der Staufer.
stellte
daher
Macht dar und schien
eine
schlechthin
un-
eine siegreiche Beendigung
Unter dem Eindruck dieses Erfolges
des Schismas zu verbürgen.
wußte Reinald Kaiser und Reichstag in Würzburg zu verhängnisvollen
Beschlüssen fortzureißen, i)
Friedrich,
die erschienenen
englischen
Gesandten und alle geistlichen und weltlichen Fürsten verpflichteten
sich mit den bindendsten Eiden, nie Alexander anzuerkennen, stets an
Paschalis oder einem von dessen Partei gewählten Nachfolger festzuhalten.
Wer von den Großen im Lande nicht binnen sechs
Wochen denselben Eid leisten würde, den sollte als Reichsfeind
Verbannung und Verlust von Amt, Lehen und Eigen treffen. So
sollte die deutsche Kirche von den alexandrinischen oder unsicheren
Elementen gründlich gereinigt, imd durch die Festlegung der politischen Richtung dem Gegner jede Hoffnung auf Verständigung
genommen werden.
In der Tat ging man mit aller Schärfe an die Durchführung;
der erste Erzbischof des Reiches Konrad von Mainz ward
als Alexandriner ersetzt durch Friedrichs Kanzler, den ganz weltund Feldherr hervorragenden
lich gerichteten,
als Staatsmann
Christian von Buch.
Auch sonst wurden die alexandrinischen
Geistlichen, insbesondere Zisterziensermönche, scharenweis aus dem
Reiche getrieben; im Salzburgischen entbrannten heftige Kämpfe,
selbst
den greisen Propst Gerhoh von Reichersberg an der stets erVersöhnimg zwischen geistlicher und weltlicher Gewalt verzweifeln ließen.
Es war doch ein gewalttätiger Gewissenszwang,
der notwendig starken Gegendruck erzeugen mußte. Auch politisch
war diese Beschränkung der eignen Bewegungsfreiheit für alle
Zukimft schwerlich ratsam, vun so weniger, als sich der neue engdie
strebten
lische
Verbündete,
opportunistisch,
trotz
dei auswärtigen Politik stets rücksichtslos
des Schwxirs seiner Gesandten keineswegs in
in
*) Die Verhandlungen
dieses wichtigen Reichstages bieten durch den
Mangel guter Berichterstattung der Forschung ein schwieriges Problem. Zwischen
dem entstellenden Bericht eines ungenannten Alexandriners, dem man früher
zu einseitig folgte, und dem schönfärbenden kaiserlichen Manifest gilt es die
Mitte zu halten, vgl. Watterich, Vitae pontif. II, 547 und Constit. I, 3i4fif.
An Widerstand gegen die Beschlüsse scheint es nicht ganz gefehlt zu haben.
Von einem heftigen Zwiespalt zwischen Reinald und seinem kaiserlichen Herrn
kann aber, selbst wenn man jenen als das treibende Element betrachtet,
schwerlich die Rede sein.
Auch Reinaids Zaudern, die Weihen zu nehmen,
entsprang gewiß nicht einer egoistischen Selbstsicherung für den Fall einer
denn was hätte dieser Mann für sich von
Preisgabe des Gegenpapstes,
sondern dürfte mit dem Besitz seiner drei
Alexander noch erwarten können ?
Dompropsteien in Verbindung stehen, wie Schambach in der oben angekündigten
Arbeit sehr wahrscheinlich macht, indem er nachweist, daß Reinald deren
Verwaltimg imd Einkünfte bisher als Erwählter noch beibehalten hatte.
—
—
§ II. Reaktionäre Politik unter
d. Einflufi Reinaids
T.Dassel
(l
157
— 1167).
1^2
Weise veqDflichtet fühlte und überdies bei dem einmütigen
Widerstand der englischen Geistlichkeit auch gar nicht in der Lage
gewesen wäre, sein Versprechen in vollem Umfange durchzuführen*
So ven^endete er das neue Bündnis wesentlich als Druckmittel bei
seinen weiteren Verhandlungen mit Alexander vmd zeigte sich jederzeit bereit, ihn gegen kirchenpolitische Zugeständnisse aufs neue
anzuerkennen.
gleicher
Den
aber brachten das Zusammengehen Friedrichs
imd die dadurch hervorgerufene Spaltung zwischen
den Westmächten immerhin, daß sie die Unsicherheit der Lage
Alexanders verstärkten und seine ohnehin beabsichtigte Rückkehr
nach Rom beschleunigten (Ende 1165). Hier war er für die Kaiserlichen weit leichter angreifbar, denn die Hoffnungen, die ihn zu
Erfolg
mit England
dem
Entschlüsse getrieben
hatten,
erfüllten
sich
in
keiner Weise.
Er war in der Stadt nahezu eingeschlossen; von Norden her hatte
die kühne Kriegsleitung des Kanzlers Christian den Gegenpapst
nach Viterbo geführt und bedrohte das Patrimoniiun; der sizilische
Rückhalt versagte durch den dortigen Thronwechsel, der mit Wilhelm II. einen noch unter Vormvmdschaft stehenden, zweijährigen
Knaben zum Königtum erhob ( 1 1 66), und die abenteuerlichen, auf
eine Wiedervereinigung
eine
Union der
des
ost-
und weströmischen Reiches und
ELirchen gerichteten Pläne des griechischen Kaisers
Manuel, zu deren Durchführung er mit dem Gewinn Anconas einen
bescheidenen Anfang machte, wurden zwar von der Kvirie in ihrer
Not nicht schroff zurückgewiesen, konnten jedoch nur ein unbestimmtes Gemisch von Hoffnungen und Befürchtungen erregen.
Die ganze Lage mußte Friedrich dazu anreizen, durch einen Vorstoß auf Rom seinen päpstlichen Gegner zur Unterwerfung zu
zwingen.
Eine neue Heerfahrt nach Italien ward beschlossen.
Man war am kaiserlichen Hofe nun wieder in der gehobensten
Stinunung und zweifelte nicht am Erfolge.
Soeben hatte Friedrich
in Aachen mit Zustimmung seines Papstes die feierliche Kanonisation
Karls d. Gr., seines leuchtenden Vorbildes, vollzogen (Ende 1165);
noch galt es in Deutschland allerlei Zwistigkeiten beizulegen, insbesondere wiedenma zu vermitteln zwischen seinem Vetter Heinrich
und dessen sächsischen Gegnern, denen sich diesmal sogar Reinald
von Dassel in Wahrung der westfälischen Interessen seines Kölner
Erzbistums angeschlossen hatte. Noch einmal gelang es dem Kaiser,
zwar nicht einen wirklichen Ausgleich, aber doch die Zusicherung
der Friedenswahrung zu erlangen, indem er, wenn auch ungern,
Dann
beiden Parteien die Teilnahme an der Romfahrt erließ.
rückte er mit trotzdem recht ansehnlichen Heeresmassen zum vierten
Male
in Italien ein (1166).
n. Die
144
Zeit der Staufer.
In der Lombardei hatten Beamtendruck und Abgabenlast die
Gährung erzeugt, aber der Kaiser hielt sich jetzt nicht
damit auf; der Erfolg im Süden mußte auch hier jede Erhebung
im Keim ersticken. Das weitere Vorrücken vollzog sich ähnlich
wie bei Lothars späterem Romzuge in zwei getrennten Heeressäulen.
Wie damals marschierte der Kaiser mit der Hauptmacht von der
Romagna her die Ostküste entlang und nahm nach mehrwöchentlicher Belagerung das zu den Griechen abgefallene Ancona.
Derweil waren die Erzbischöfe Reinald und Christian mit dem Rest
der Ritterschaft und den damals zuerst im kaiserlichen Heer verwendeten brabantischen Söldnern durch Ligurien und Tuszien gezogen,
in das Patrimonium eingedrungen und in einem glänzend durchgeführten Kampfe gegen die weit zahlreicheren Römer bei Tuskulum
Sieger geblieben (Mai 1167).
Alexander sah sich in dem unzuheftigste
verlässigen
Rom
eingeschlossen,
und
Paschalis rief
den Kaiser zum
„Schneiden der Saat, zur Ernte der Trauben" herbei. Gleich vom
Marsche aus führte Friedrich sein Heer zum Sturm gegen die
Mauern, nahm die Leostadt, ließ seinen Papst in der Peterskirche
inthronisieren und empfing mit seiner Gemahlin Beatrix aus seiner
Hand noch einmal die Kaiserkrone (i. Aug. 1167). Schon stand
man unmittelbar vor dem Ziel, da gelang es Alexander, noch kurz
ehe die Tibermündung von pisanischen Galeeren versperrt wurde,
in Pilgertracht auf einem Nachen das Meer zu gewinnen und nach
Benevent zu flüchten.
So ward die Beendigung des Schismas
doch wieder ins Unabsehbare verschoben!
Immerhin, als dem
Kaiser sich nun auch die Tore des eigentlichen Rom öffneten, und
seine Hoheit dort unumschränkt anerkannt wurde, schien er doch
auf einem Gipfelpunkt seiner Erfolge zu stehen, wie nur Heinrich IV.
nach der langersehnten Einnahme der Stadt. Da schleuderte ihn
ein furchtbares Naturereignis, das den Zeitgenossen kaum anders
als ein Strafgericht Gottes für die Verfolgung des rechtmäßigen
Papstes erscheinen konnte, jählings in die Tiefe.
Am Tage nach
der Krönung ergriff nach einem wolkenbruchartigen Regen mit einer
kaum je wiedererlebten Wucht in wenigen Stunden eine tödliche
Seuche, wie die ganze Stadt, so auch das kaiserliche Heer, Hoch
und Niedrig wahllos dahinraffend. Ihr erlagen über zweitausend
Ritter, angesehene Fürsten, wie Konrads III. Sohn Friedrich von
Rotenburg und der junge Weif VII., hervorragende Verwaltungsbeamte
wie die Bischöfe Hermann von Verden und Daniel von Prag, vor allen
andern aber sein größter Staatsmann, der ihn auf diese steile Höhe
und der ihm nun bei dem gefährlichen Abstieg nicht mehr
helfend zur Seite stehen konnte: Reinald von Dassel, wenig über
fünfzig Jahre alt, aus der Vollkraft des Schaffens hinweggerissen!
geführt,
§
1 1.
Reaktionäre Politik unter d. Einflufi Reinaids
So widerstrebend
Mannes mitunter
r.
Dassel
(i
157
—
1
167).
i^.c
Friedrich letzthin der genialen Gewaltpolitik dieses
gefolgt sein mochte, so sehr sein eignes Temperament ihn auf eine maßvollere und vorsichtigere Behandlung der
Dinge wies, die ihm dann auch die späteren großen Erfolge einMannesmut und Schwungkraft, Erfindungsgabe und
tragen sollte,
Organisationstalent des treuen Dieners hatten ihren Eindruck auf
ihn nie verfehlt, und sein Hinscheiden schien eine unausfüllbare Lücke
zu hinterlassen. So hat er noch den Toten mit Ehren überhäuft
und es rühmend gepriesen, wie er, „stets bedacht gewesen sei,
Ehre und Mehrung des Reiches allen eignen Vorteilen voranzustellen
und mit glühender Seele alles zu fördern, was dem kaiserlichen
—
Ruhme
dienstlich sei".
war weder an eine Fortsetzimg des Feldzuges gegen
Alexander und Sizilien, noch an längeres Verweilen auf dem durchseuchten Boden Roms zu denken. Eilends wandte sich der Kaiser
mit den Trümmern seines Heeres nordwärts durch Tuszien und
gelangte nur noch mit Mühe über den Apennin nach Pavia,
Denn in der Lombardei war inzwischen ein völliger Umschwung eingetreten, durch den Eindruck des „römischen Gottesgerichts" mächtig
Als das Erscheinen des
gefördert, aber nicht erst hervoi]gerufen.
Kaisers in der Lombardei statt der erhofften Milderung nur gedoppelte Strenge gebracht hatte, waren im Frühjahr kurz nach
seinem Abmarsch, nicht ohne alexandrinische und venezianische
Einwirkungen, insgeheim vier Städte, darunter das vielbegünstigte,
aber in seinen weiteren Ansprüchen doch enttäuschte Cremona, zu
einem Bunde ^) zusammengetreten, hatten sich mit den Mailändern,
die gegen ein Wiedererstehen ihrer alten drückenden Vorherrschaft
Sicherheit leisteten, in Beziehung gesetzt und bereits in offener
Auflehnung den Aufbau ihrer zerstörten Stadt in Angriff genommen.
Seitdem hatte sich der Bund nicht ohne Zwang auf im ganzen
acht Städte erweitert, deren zusammenhängende Gebiete den Kern
der Lombardei bildeten, und bei dem Veroneser Bunde freudige
Unterstützung gefunden.
Das ausgesprochene Ziel war die Abschüttelung des kaiserlichen Beamtenregiments, Herstellung der freien
Jetzt
und Regaliennutzung. Was der Kaiser der Lombardei anfangs durch Beseitigung der Mailänder Vorherrschaft und
Zügelung der wilden Konkurrenzkämpfe an Segen gebracht hatte,
Selbstverwaltung
künftig durch die Bundesbehörde der Rektoren geleistet
werden, zu der jede Stadt einen ihrer Konsuln entsandte; ihnen
sollte
')
Das urkundliche
Material
fUr
die Entstehung des
Lombardenbundes
l^bt Vignati, Storia diplomatica dclla lega lombarda 1866; dazu vgl. Ficker,
Z. Gesch. des Lombardenbundes, S. B. der Wiener Akad. 1868.
Ilanpe, Deatache
Kaiaergochichtc.
.q
]^6
II-
sollte die Kriegsleitung
Der Bund wax
I^ic Zeit
und
die
der Staufer.
oberste
Gerichtsbarkeit
also eine Schöpfung, die nicht nur auf
blicklichen Zweck, sondern auf die
zustehen.
den augen-
Dauer berechnet war,
ein selb-
ständiges föderatives Staatsgebilde innerhalb des Staates!
Wäre
Friedrich mit ungeschwächtem
Ansehn zurückgekehrt, so
Heer und unvermindertem
Bund wohl
So aber wandte sich alles zum
Schlimmen. Seine verzweifelten Anstrengungen, von dem getreuen
Pavia aus durch rasche Erfolge den bösen Eindruck zu verwischen,
waren fruchtlos.
Schon ergriff der Aufstand auch die westliche
Lombardei und bedrohte durch Sperrung der Alpenpässe seine
Rückzugslinien.
Einen Augenblick schien er wirklich abgeschnitten
und seinen übermächtigen Gegnern preisgegeben. Da gelang noch
in letzter Stunde die Umstimmung des Grafen von Savoyen; durch
sein Gebiet, noch zuletzt in Susa r^t Gefangenschaft und Tod bedroht, flüchtete der Kaiser in Knechtstracht nach Deutschland
(März II 68).
Und nun konnte sich die lombardische Liga, die in ihrem
Zusammenschluß mit dem Veroneser Bunde bald zweiimdzwanzig
Städte umfaßte, in voller Ruhe weiten und festigen.
Mit dem
kaiserlichen Regiment schwand auch die Geltung des Gegenpapstes
dahin.
Die Lombarden traten mit Alexander in die engste Verbindung; als sie damals (1168) zwischen Tortona und Asti ein
neues Gemeinwesen gründeten, das aus einer Zusammenlegung
dörflicher Ortschaften erwachsen, städtisches Leben auch in dieser
westlicheren Landschaft entfalten und zugleich den Zwecken des
hätte
er
diesen feindlichen
noch zu zersprengen vermocht.
Angriffs imd der Abwehr gegenüber dem Reste kaiserlicher Anhänger und dem Gebiete der Reichsdomänen dienen sollte, da
gaben sie ihm zu Ehren des Papstes den Namen Alessandria.*)
Welcher Wandel hatte sich doch in wenigen Monaten vollzogen!
Von der ersehnten Beendigung des kirchlichen Schismas
war man jetzt weiter als je entfernt, und der stolze Herrschaftsbau,
den Friedrich mit der Hilfe Reinaids von Dassel in Italien errichtet
hatte, war in den Grundfesten erschüttert.
Es war vorderhand
nicht abzusehen,
wann
die Verhältnisse Deutschlands
ein erneutes Ausgreifen über die
*)
bei der
geüehlt
dem
ELaiser
Alpen gestatten würden.
Vgl. die Berliner Diss. von F. Graf, der bestreitet, daß man schon
Gründung daran gedacht habe, eine Bundesfestung zu schaffen. Ganz
aber haben militärische Zwecke sicherlich nicht.
§
§
12.
12.
—
Weitere Kämpfe bis «ur Beendigung des Schismas (il68
1177).
147
Weitere Kämpfe bis zur BeendiguDg des Schismas
(1168-1177).
Man könnte versucht sein, die Aussichten Friedrichs nach der
römischen Katastrophe und der Erhebung der Lombarden zu vergleichen mit der Lage Heinrichs IV. nach dem Abfall Italiens imter
Führung Urbans IL Hier wie dort hatte es sich entschieden, daß
an eine volle Durchsetzung des schismatischen Papsttiuns nicht wohl
zu denken war. Europäischer Anhang und italienische WiderstandsFriedrich, gebimden durch
kräfte stützten die unabhängige Kurie.
die Würzburger Beschlüsse, dachte damals zwar noch nicht an
Nachgeben, erteilte vielmehr bei einem neuen Wechsel im Gegenpapsttum Kalixt III. sofort seine Anerkennung ( 1 1 68), aber ernsthafte Friedensunterhandlungen mit Alexander III., mochten sie auch
noch scheitern, zeigten doch in den folgenden Jahren Wunsch imd
Möglichkeit eines Ausgleichs. Noch war des Kaisers Machtstellung
südlich und nördlich der Alpen höchst bedeutend und jener HeinIn Italien hatte sich allerdings ein
richs IV. unendlich überlegen.
neuartiger Bund städtischer Selbstherrschaften wie ein Keil zwischen
die Reichsgebiete geschoben und hemmte ihre Verbindung; aber
die kaiserliche Herrschaft in Mittelitalien blieb
sogar bald einen festeren Rechtsgrund,
wann
un erschüttert,
als
sie geder alte Herzog
Weif VI., der durch die römische Seuche seinen einzigen Sohn und
mit ihm das Interesse an seinem italienischen Lehensbesitz verloren
hatte, gegen eine Geldentschädigung zugunsten des Kaisers auf
Tuszien, Spoleto, die mathildischen Güter, Sardinien und Corsica
verzichtete (c. 1 1 74). Ein umfänglicher Teil des engeren Kirchenstaates mit Rom selbst blieb überdies die ganzen folgenden Jahre
hindurch in den Händen der Kaiserlichen.
Auf Deutschland endlich wirkten die letzten Verhältnisse insoweit ungünstig, als sie die Zurückhaltung der deutschen Fürsten
neuen italienischen Unternehmungen gegenüber steigerten. Sonst aber
gelang es Friedrich in der nächsten Zeit, durch eine kluge, zugleich
vorsichtige und zielbewußte Politik seine hier völlig ungeschwächte
Macht noch zu erhöhen. Wenn Heinrich IV. sich dereinst nur
durch Zugeständnisse an die sächsisch-süddeutsche Opposition wieder
wenigstens zum politischen Gebieter Deutschlands gemacht hatte, so
zeigte zwar die Machtstellung Heinrichs des Löwen, daß auch jetzt
noch eine ähnliche Aufgabe der Lösimg harrte. Aber noch hatten
sich die Herrschaftskreiee des Staufers und des Weifen nicht ge-
gerade auf ihrem ungestörten freundschaftlichen Nebeneinander beruhte noch eine Weile das System der innerdeutschen
schnitten,
II'
148
Die Zeit der Stauier.
Ebendamals deckte der Kaiser seinen Vetter mit dem
Bund seiner territorialen Gegner und gebot
Frieden, wußte aber trotz dieser Begünstigung des mächtigsten Herzogs
in seiner vornehmen, klugen und gerechten Art auch die andern
Reichsfürsten um seinen Thron zu scharen und ziemlich mühelos
die Wahl seines zweiten, erst vierjährigen Sohnes Heinrich zum
deutschen König durchzusetzen (1169). Seinem Ältesten Friedrich i)
war kurz vorher das Herzogtum Schwaben zugefallen; hier, wie in
Mittelitalien, hatte die römische Seuche, die den jungen Herzog
Friedrich von Rotenburg, Konrads IH. Sohn, dahinraffte, dem Kaiser
unmittelbaren Gewinn eingetragen.
Und auch sonst wußte dieser
den staufischen Hausbesitz zu wahren, nicht zum wenigsten durch
Übertragung von Kirchenlehen an den König selbst oder seine
Söhne, wie das bis dahin nicht üblich gewesen war.
Politik.
Reichsschilde gegen den
—
Was
aber endlich die damalige Machtstellung Barbarossas in
Deutschland derjenigen Heinrichs IV. so unvergleichlich überlegen
machte, war, daß er auch die Zügel des Kirchenregimentes fest in
der Hand behielt, ja sie noch straffer anzog.
Denn indem er in
Durchführung der Würzburger Beschlüsse allenthalben die Geistlichen zwang, von Schismatikern ihre Weihen zu nehmen, kettete
er sie eng an seine Sache.
Selbst in das Hauptbollwerk der
Alexandriner, die Salzburger Kirchenprovinz, ward Bresche gelegt.
Und an der Spitze des einigen Deutschlands nahm Friedrich auch
dem Ausland gegenüber die Reichsinteressen in Ost und West mit
Erfolg wahr.
Die Ermordung des Erzbischofs Thomas von Canterbvuy (1170), die den Abscheu der Christenheit gegen den mitschuldigen König Heinrich II. wachrief, führte zu einer unerwarteten
Umkehr der politischen Verhältnisse; denn die Beseitigung des Starrkopfs erleichterte trotz allem den Ausgleich zwischen der Kurie und
England.
Indem aber nun die Feindschaft zwischen den beiden
Westmächten bald wieder zu vollem Ausbruch kam (11 73), ersetzte
der Kaiser den Verlust des unzuverlässigen englischen Bundesgenossen durch eine Annäherung an Frankreich, und diese Verbindung zwischen Staufem und Capetingern wurde nun über gelegentliche Schwankungen hinweg bis tief in das folgende Jahrhundert
aufrecht erhalten, während England mit dem Weifenhause schon
dvurch die verwandtschaftlichen Beziehungen verknüpft blieb.
Die sechs Jahre, die Friedrich damals auf deutschem Boden
weilte, waren arm an großen Ereignissen, reich an stillen, nachhaltigen Erfolgen. Konnten dieser gesammelten Kraft, wenn sie zu
Vielleicht machte ihn ein körperliches Gebrechen zur Nachfolgerim Reiche ungeeignet, vergl. Scheffer-Boichorst, Gesammelte Schriften
n, 383
*)
schaft
flf.
§
12.
Weitere Kämpfe bis tnr Beendigimg des Schismas (I168
— 1177).
14g
vernichtenden Schlage ausholte, das Papsttum und
Sie hatten inzwischen
Der Lombardenbund
ihre Stellung behauptet, aber kaum befestigt.
hatte sich zwar noch etwas erweitert, aber auch schon bedenklich
einem
letzten,
seine italischen Bundesgenossen widerstehen?
Venedig, in einen erbitterten Kampf gegen den griechischen Kaiser verwickelt und dadiu-ch zeitweilig gar zu einem Zusammenwirken mit den deutschen Reichstruppen gegen das von den
Griechen besetzte Ancona geführt, stand tatsächlich schon außerhalb
des Bundes; im Schöße der Lombardei selbst erwachten alte Nebenbuhlerschaften, das neuerstarkende Mailand bedrohte die Führerrolle
gelockert.
Cremonas.
Als der Kaiser 1 1 74 zu einem fünften Romzuge aufbrach, war
zwar seine Heeresmacht von etwa 8000 Kriegern nicht etwa glänzend
noch wirkte die Erinnerung an das tückische Klima
zu nennen,
Italiens nach, und den mächtigsten Reichsfürsten Heinrich den
Löwen für die Fahrt zu verpflichten, war leider auch diesmal nicht
gelimgen; aber man dingte nach dem ersten Erfolge auf starken
—
Zuzug in Italien rechnen, und der diplomatischen Kunst Friedrichs
war die Aufgabe gestellt, den Papst von den Lombarden nach
Möglichkeit abzvuriehen.
Die Wucht des deutschen Angriffs, die die westlichen Teile
der Lombardei im Fluge für das Reich zurückgewaim, brach sich
erst an den Wällen vmd Gräben Alessandrias, der wegen ihrer
dörflichen Unfertigkeit wohl verspotteten „Strohstadt", die sich aber
jetzt in sechsmonatlicher, zäher, verlustbringender Verteidigung als
„Eisenstadt" erwies.
Das entschied das Los des Feldzuges, und
mehr: es zeigte Friedrich die Widerstandsfähigkeit seiner Gegner
imd bestimmte ihn zu einer Herabminderung seiner politischen Absichten in der Lombardei. Als daher endlich ein starkes Ersatzheer
der Bündler herarmahte, zog er einen Ausgleich der kriegerischen
Entscheidung vor, und die Lombarden, vor sich den vmbesiegten
Kaiser, hinter sich den von der Romagna her vordringenden Erzbischof von Mainz, voll Mißtrauen gegen ihren eignen Zusammenhalt, kamen trotz augenblicklicher Überlegenheit seinem Wunsche
entgegen.
So entstand der Vertrag von Montebello (1175), der
Form nach eine Unterwerfimg der Lombarden unter die Gnade
des Kaisers, dem Wesen nach eine Einigung auf schiedsgerichtlichen Austrag der gegensätzlichen Forderungen, beiderseitig imter
so bindenden Verpflichtimgen, daß die Abmachung nicht etwa nur
als ein Waffenstillstand, sondern als der Friede selbst betrachtet
werden
durfte.
Denn
die
letzten
nicht
wegzuräumenden
Streit-
punkte sollten durch einen unbedingt bindenden Wahrspruch der
Konsuln Cremonas entschieden werden, das also trotz seiner noch
n. Die Zeit der Staufer.
I^O
fortdauernden Stellung an der Spitze des Bundes wegen seiner letztweiligen vorsichtigen Zurückhaltung von beiden Parteien gewissermaßen als eine neutrale Macht angesehen wurde. Diesen Fest-
setzungen entsprach es, daß Friedrich sogleich einen großen Teil
seines Heeres, namentlich die kostspieligen Söldner, entließ, und daß
auch die städtischen Truppen
sich auflösten.
Bei ehrlichem Einhalten der Vertragsbestimmungen schien nun
in der Tat ein beiderseits annehmbarer Friede möglich. Denn mit
einer jener für seine spätere persönliche Politik so charakteristischen
Schwenkungen verzichtete Friedrich jetzt auf die Durch-
plötzlichen
führung der roncalischen Beschlüsse, d. h, vor allem auf ein über
das Lehenswesen hinausgreifendes direktes Reichsbeamtenregiment
in Oberitalien,
Er gedachte sich bei Anerkennung der Bundesorganisation mit einem Maße kaiserlicher Hoheitsrechte zufriedenzugeben, wie es die früheren deutschen Herrscher vor den großen
Tod besessen hatten. Das Kompromiß,
der Cremoneser Konsuln schließlich aus
den Verhandlungen hervorging, steht den späteren Konstanzer Festsetzungen nicht allzu fem: warum mußten erst neue Kämpfe dahin
führen? Weil Friedrich bei seiner Schwenkung nur den einen
Verlusten
wie
es
in
seit
Heinrichs V.
dem Spruche
Gegner abfinden wollte, um gegen den andern freie Hand zu beDer Kampf gegen Alexander HI., zu dem die Lombarden
sich kirchlich auch künftig bekennen mochten, sollte fortgeführt
halten.
Bundesfestung
die seiner Schutzherrschaft unterstellte
Alessandria als solche nicht anerkannt, ja als städtisches Gemeinwesen aufgelöst werden.
Das aber widersprach der kirchlichen
Überzeugung der Lombarden ebenso wie ihrem Bewußtsein engster
werden;
Interessengemeinschaft mit dem Papste.
Sie haben sogleich durch
einen starken Druck auf den truppenentblößten Kaiser durchgesetzt,
daß auch päpstliche Bevollmächtigte zu den Verhandlungen zugezogen wurden, ohne daß freilich dadurch die Beilegung des Schismas
gefördert worden wäre. Das Ansinnen einer Preisgabe des helden•mütigen Alessandria aber mußte geradezu als eine Schmach für den
Bund empfunden werden. Wenn die Cremoneser Konsuln sich in
beiden Punkten den Wünschen des Kaisers anschh^ssen so hat
es fast den Anschein, als ob sie um kommunaler Sondervorteiie
willen die Interessen des Bundes preisgegeben und den von dieser
So
Seite auf sie gesetzten Erwartungen nicht entsprochen hätten.
brach auf die Verkündigung ihres Spruches hin eine von den
Bischöfen geschürte Volksbewegung in der Lombardei los und
führte zur offenen Verletzung des Vertrages von Montebello i), die
,
^)
F. Güterbock,
des Lombardenbundes,
D. Friede von Montebello und di«? VVeiterentwickelung
Berl. Diss. 1895, ist in einigen Punkten über die
§
13.
Weitere Kämpfe
begreiflich
ist,
bis zur
Beendigung des Schismas (1168
aber doch auch nicht
— 1177).
beschön^ werden
darf.*)
151
Von
welcher Seite die Feindseligkeiten aufs neue eröffnet wurden, ist
Politisch gestaltete sich dadurch die
strittig, aber unwesentlich.
Lage für Friedrich nicht ungünstig, daß das beleidigte Cremona sich
zurückhielt und bald zu ihm hinzuneigen begann; aber militärisch
geriet er durch seine geringe Truppenzahl in bedenkliche Gefahr.
Ein Glück noch, daß ihm der Abfall von Como wichtige Alpenpässe zur Heranziehung deutscher Hilfskräfte öffnete.
In dieser Lage hat sich der Kaiser an Heinrich den Löwen
gewandt Nördlich vom Comersee, bei Chiavenna hat in den ersten
Monaten des Jahres 1 1 76 höchstwahrscheinlich jene denkwürdige
Zusammenkunft stattgefunden, die eine überkritische Forschung
neuerdings aus den Annalen der Geschichte hat streichen wollen,
weil sich in der dürftigen immittelbar gleichzeitigen Chronistik kein
Indessen reichen die etwas späteren Berichte
Beleg dafür findet.
um mit dem Grade relativer Sicherheit, mit dem wir uns bei
der mittelalterlichen Quellenforschung nur zu oft begnügen müssen,
Tatsache, örtlichkeit und das Wesentlichste des Veriaufes festzuWie weit die Reichsheerfahrt von 11 76 als eine bestellen.*)
schworene anzusehen, und Heinrich daher zur Hilfeleistung verpflichtet war, steht dahin'); jedenfalls verboten die politischen
Doch konnten die Notlage des
Machtverhältnisse allen Zwang.
aus,
von Vignati, Ficker und Giesebrecht hinausgekommen.
Bruch schon in der Hereinzichung päpstlicher Unterhändler.
Möglich bleibt immer, daß Friedrich, als er das zugestand, sich im übrigen
und dann bliebe e«
die Unversehrtheit der Vertragsbedingungen vorbehielt
bei Fickers Ansicht, der den Bruch erst nach der Verkündigung des Cremoneser Spruches eintreten läßt.
') Wie das wohl von italienischer Seite versucht ist, vergl. Tononi, Arch.
«tor. lombardo 4.
*) Die
völlige Negation vertreten mit unzureichenden Gründen: Ozlbergcr, Linzer Gymn.-progr. 1859 60, Jastrow- Winter I, 583, Lucas, Berliner
Das
Diss. 1904; etwas zu skeptisch auch noch D. Schäfer, Hist. Ztschr. 76.
Richtige haben Ranke u Giesebrecht.
Hält man sich zunächst an die Annalen V. Paderborn, Gislebert v. Mons und Otto v. S. Blasicn und zieht für
die Ortsbestimmung auch die sonst unzuverlässige Chronik von Ursperg heran,
«o erhält man eine im ganzen zusammenstimmende Überlieferung, die auch
dadurch noch nicht hinfällig wird, daß sie teilweise durch eine gemeinsame
Die Angabe von
sein scheint.
histor sehe Volksdichtung beeinflußt zu
„Partenkirchen" in der Chronik von Lauterberg muß dem gegenüber auf
Verwechselung beruhen, und die weiteren Berichte zeigen zunehmende VerAuch der FuUfall Friedrichs ist nicht
wirrung und le;icndarische Trübung.
als historisch bezeugt anzusehen, wenn derartige Äußerungen der Erregung
dem mittelalterlichen Menschen auch näher lagen als uns.
')
Weiland, Forsch x. deutsch. Gesch. 7 ging in der positiven Behauptung dieser Pflicht zu weit und wollte mit Unrecht auf ihre Verweigerung
iltercD Forschungen
Er
sieht
den
,
•die
spätere Verurteilung rechtlich zurttckfUhrcD.
II.
152
Die Zeit der
Staufer.
Kaisers und die Erinnerung an ihr bisheriges Verhältnis wohl einen
moralischen Druck üben. Indes der Herzog, seit 1 1 6 1 den italienischen Reichsuntemehmungen fem und ganz im Bannkreise seiner
ebenso gesunden, wie rücksichtslosen
sich solchen Affekten unzugänglich
derbzugreifenden Art
territorialen Machtpolitik, zeigte
und verlangte
in seiner nüchternen,
als Preis für seine Hilfe die
Reichsstadt Goslar,
während dem vornehmen, feinfühlig-stolzen Kaiser gerade eine derartige Zahlung mit der Würde des Reiches unvereinbar schien.
Ihre Verhandlung entbehrte vielleicht der leidenschaftlich-dramatischen
Töne und gewiß der billigen Vorausdeutungen, mit denen die geAber noch
schäftige Volksphantasie sie bald darauf ausstattete.
heute, wer vermöchte sich ganz dem Reize einer Ausmalimg jener
in der die hervorragendsten Männer des damaligen Reiches, verschieden in Stellung und Richtung, Vertreter
gewissermaßen der beiden großen Tendenzen, welche die deutsche
Geschichte von den Anfängen bis auf Bismarck bewegt haben, und
die noch heute fortwirken, sich gegenübertraten und ohne Einigung
Man hat die Bedeutung des
verstimmt voneinander schieden.
Moments für die weitere Entwicklung der deutschen Ereignisse überschätzt.
Es war noch nicht der Bruch, nicht einmal die geheime
Absicht dazu, aber doch der erste Keim jenes Mißverhältnisses,
das daim weiter wuchs tmd die Fortsetzung jenes Gleichgewichtsystems in Deutschland im Interesse des Reiches untunlich machte.
Und auch für den Ausgang der lombardischen Kämpfe und
damit des großen kirchenpolitischen Ringens ist dies Hineinwirken
des deutschen Partikularismus möglicherweise von entscheidender
heimlich auf
Bedeutung geworden. Denn die Streitkräfte, die
dem wenig begangenen Lukmanierpasse herbeikamen, waren nicht
erheblich genug, um dem Kaiser das Übergewicht in der Lombardei
Szene zu entziehen,
mm
zu verschaffen, und
als er sie persönlich in
kühnem Zuge
zur Ver-
einigung mit seinen Truppen nach Pavia führen wollte, brach sich
bei Legnano (nw. v. Mailand) die Kraft der deutschen Ritterschaft
an den Schilden und Lanzen des
Mailänder
Fußvolks.
Nur
unter
um
den Fahnenwagen gescharten
bedeutenden Verlusten koimte
Die erste Niederlage im offenen
neue die Widerstandskraft seiner
oberitalischen Gegner, und noch eiimial bot er die Hand zum
Die Bedingungen eines zweiten Cremoneser Spruches,,
Frieden.
mit dem Friedrich sich einverstanden erklärte, gingen in ihren Zugeständnissen an die Lombarden^) sehr erheblich hinaus über dieFriedrich
Felde
*)
sein
verriet
So
Ziel
dem
erreichen.
Kaiser
aufs
in der Beseitigung der kaiserlichen Gerichtshoheit, der
Beschrän-
kung des Fodrums auf den Krönungszug, der Anerkennung Alessandrias
Bundesstadt.
als-
§ 12. Weitere Kämpfe
jenigen
bis rar
Beendigung des Schismas (1168
Sie boten mehr,
des Vorjahres.
erreicht wiirde und hielten nur
als
— 11
77).
153
später in Konstanz
Trennung von der
Sache Alexanders III. aufrecht. Indem die Lombarden sie gleichwohl in Überschätzung ihres Erfolges vmd in Rücksicht auf den
wirklich
der
Papst
auf
Antrieb
selbst
xmi
die Früchte
Mailänder
Bimde nun
ablehnten,
und
brachten
sie
sich
der ausbrechenden
vmd Mailand trat der Zwiespalt im
ihres Sieges^),
G^perschaft zwischen Cremona
die
in
offen zu Tage.
aber trachtete in neuer Schwenkimg nach einem
Sonderabkommen mit Alexander III. und hatte hier Erfolg. Denn
wenn auch der Papst einen endgültigen Friedenschlxiß ohne seine
Bxmdesgenossen ablehnte, so war es Gewinn genug für den Kaiser,
daß die Streitpunkte zwischen Reich und Kirche wenigstens zu
einem provisorischen Ausgleich gebracht wurden in dem Vertrage
von Anagni (November 11 76).*)
Friedrich
Jetzt endlich erklärte sich Friedrich bereit, entgegen seinem Würzburger
Eide den Gegenpapst fallen zu lassen und Alexander III. anzuerkennen; ein
schwerer Entschlufi nach siebzehnjährigem Kampfe, aber nachgerade eine Notwendigkeit.
Ein europäischer Sieg war längst, zumal nach dem Abfall Englands, aussichtslos, die deutsche Kirche zwar noch festgeschlossen, aber isoliert, und selbst die treuesten Berater Friedrichs von dem Wunsche nach Beseitigung der anormalen Verhältnisse beseelt. Die Lage des Papstes andererEin Gregor an seiner Stelle wäre vielleicht unnachseits war gesicherter.
giebig gewesen. Aber Alezander war ein Greis geworden in der Verteidigung
der päpstlichen Freiheit, seine Wirksamkeit im Reiche war weithin lahmDa ergriff er die Gelegengelegt, die Kirche litt in dem endlosen Kampfe.
Die Bannheit, ihn zu enden unter voller Wahrung seines Standpunktes.
lösung und Anerkennung des bekehrten Kaisers verstand sich von selbst.
Schwieriger war die Frage nach der Anerkennung der schismatischen Weihen.
Während der Papst da in dem vorwiegend aleiandrinischen Italien freie Hand
machte er der Gegenpartei in Deutschland die erheblichsten Zugebehielt
ständnisse, die Friedrichs Verbindung mit der deutschen Kirche unerschüttert
Selbst der eifrige Alexandriner Kardinal Konrad von Witteisbach
liefien.
sollte auf Mainz verzichten und mit dem ersten freiwerdenden Erzbistum entHöher waren
schädigt werden, was dann bald in Salzburg möglich wurde.
Alexanders Forderungen in kirchlich - territorialer Beziehung: Preisgabe der
Staatshoheit des Reiches über das römische Patrimonium'), Rückführung des
päpstlichen Besitzes auf den Stand unter Innozenz II. und Anerkennung der
harte Zukirchlichen Ansprüche auf das Eigengut der Grä6n Mathilde,
mutungen, auf die der Kaiser indes um des Friedens willen schließlich
,
einging.
Einer nationalen Überschätzung der Folgen des Sieges für die Lomschon Bertolini entgegengetreten.
Immerhin betont neuerding»
Gttterbock, Ancora Legnano 1901, dafi ihre Lage ohne diesen Sieg bedenklich genug hätte werden können.
*) Das lange verlorene Schriftstück
wurde erst im Winter 1885/86 im
Vatikanischen Archiv in gleichzeitiger Kopie aufgefunden und von P. Kehr,
Neues Arch. 13 mit Erläuterungen veröffentlicht; vergl. M. G. Const. I, 349^
*) Das bedeutete die Rückgabe der römischen Präfektur.
*)
barden
ist
IL Die Zeit der Staufer.
«54
Der
alle kirchenpolitischen Streitpunkte schlichtende, alle
Mög-
von Anagni, der die beiderseitige Diplomatie auf einem Höhepunkte zeigt, war ein Präliminarfriede, der erst in Kraft treten sollte, wenn der Abschluß mit
Sizilien und den Lombarden gelang.^)
Die Schwierigkeiten, die
namentlich in Oberitalien zu erwarten waren, wollte Alexander
persönlich auf einem dort abzuhaltenden Friedenskongreß, der dann
wirklich in Venedig 2) stattfand, beseitigen helfen.
Bald zeigte sich, wie sehr Friedrich seine Lage durch dies
lichkeiten klug überschauende Vertrag
Sonderabkommen mit der Kurie
Mißtrauen trat,
Ihre Klagen
über das einseitige Vorgehen Alexanders erinnern an die der deutschen
Opposition nach Canossa.
In der Tat schnellten die kaiserlichen
Forderungen sofort in die Höhe und blieben nicht einmal mehr
bei den schon in Montebello, geschweige denn nach Legnano,
gebotenen Zugeständnissen stehen. Der Papst hatte jetzt ein Interesse an ihrem Entgegenkommen; versagten sie sich, so traf sie der
Vorwurf, allein noch den kirchlichen Frieden zu hemmen. Als es
trotzdem zu keiner Einigung kam, empfahl der Papst statt des Friedens einen sechsjährigen \Vaffenstillstand. An sich war dieser für
den Kaiser nicht unbedingt ungünstig, denn bis zu seinem Ablauf
konnte er die Spaltungen im Bunde, aus dem jetzt bereits Cremona
und Tortona austraten, erweitem, und bei künftigen Verhandlungen
würde er den von der Kurie völlig getrennten Lombarden gegenüberstehen.
Gleichwohl hat er es ganz persönlich mit ungemeiner
vom
verbessert hatte.
Kaiser geschürt, zwischen Papst und Lombarden.
diplomatischer Kunst
verstanden,
für
diese
vom
Papst beantragte
Abwandlung des Vertrags von Anagni auch seinerseits eine bedeutsame Änderung zu seinen Gunsten durchzusetzen. An die Stelle
genauer Umgrenzung der kirchlichen Territorialansprüche trat die
unbestimmte Erklärung einer gegenseitigen Rückgabe des entwendeten Besitzes.
Rechtsstreitigkeiten darüber sollten durch ein
Da aber
gemischtes Schiedsgericht zum Austrag gebracht werden.
auch dort eine Einigung schwerlich zu erwarten stand, so mußten
die strittigen Objekte in der Hand des jeweiligen Besitzers verbleiben, vor allem das mathildische Gut in der Verwaltung des
griechische Kaiser wird zwar ebenfalls genannt, kommt aber weiter
Betracht; nach dem Tode Manuels (1180) hörten die griechischen
Angriffe und Intriguen in Italien von selbst auf.
*) Die
ältere für den Kaiser allzu ungünstige Auffassung des Friedens
-von Venedig (M. G. Const. I, 360 ff.) ist namentlich durch die Forschungen
Erst die Kenntnis des Vertrags von Anagni ermöglichte
Fickers beseitigt.
<las volle Verständnis jener Friedensabmachungen; daher kommen die älteren
Arbeiten von Peters und Eichner neben den Ausführungen Giesebrechts kaum
*)
kaum
mehr
Der
in
in Betracht.
§
12.
Weitere KSmpfe bis sur Beendigung des Schismas (1168
Außer mit den Lombarden
— 1177).
155
auch mit Sizilien nur
der aber bei fünfzehnjähriger Dauer einem Frieden nahezu gleichkam und dazu diente,
freundliche Beziehungen zwischen dem Imperium und dem Königreiche nach langer Feindschaft einzuleiten.
Das war nun im wesentlichen die Grundlage, auf der nach
mühseligen Verhandlungen, um die sich die deutschen Erzbischöfe
Kaisers.
ein
Waffenstillstand
geschlossen
sollte
werden,
von Mainz und Wichmann von Magdeburg besonders
Sommer 1177 der Friede von Venedig
abgeschlossen wurde.
Eine ewig denkwürdige Szene, als nun der
Christian
verdient gemacht haben, im
Kaiser auf der Galeere
des
Dogen
geschmückten Markusplatzes landete,
in
als
der
Nähe
er zu
dem
des prunkvoll
vor den Por-
talen des Domes errichteten Thron des Papstes hinanstieg, sich
beugte und dem lange befehdeten Gegner die Füße küßte, von
Alexander aber mit dem Friedenskusse aufgehoben wurde.
In
-diesen und anderen Zeremonien jener festlichen Tage lag für
Friedrich an sich gewiß keine persönliche Demütigung, aber sie
"brachten den prinzipiellen Sieg des Papsttums zu sichtbarem AusDie Reaktionspolitik Reinaids von Dassel war endgültig
-druck.
Im Kampfe gegen den Versuch, die Kurie durch eine
gescheitert.
Beeinflussung der Papstwahl in die alte Abhängigkeit vom Kaisertum zurückzuzwingen, hatte die Selbständigkeit der römischen Kirche
die Feuerprobe bestanden. Als Alexander bald nach dem Friedenähnlich wie Kalixt II. nach dem Investiturstreit und
Schluß,
Innozenz IL nach Beendigung des Schismas,
in Rom das dritte
lateranische Konzil (1179) versammelte, eine glänzende Vertretung
der lateinischen Christenheit, da wurden nicht nur die letzten
Trümmer des Schismas aus dem Wege geräumt, und der von den
Stürmen durchschütterte Bau der Kirche neu gefestigt, sondern auch
durch ein Dekret, das die Papstwahl unter Ausschluß aller fremden
Elemente an die Zweidrittelmehrheit der Kardinäle knüpfte, die
Spitze der Kirche in Zukunft vor ähnlichen Gefährdungen nach
—
—
Möglichkeit gesichert.
Aber dieser Sieg des Papsttums war doch nur dadurch errungen,
daß Alexander in kluger Mäßigung die weitergehenden gregorianischen Herrschaftsziele einstweilen völlig zurückgestellt hatte.
Die
Anerkennung der kirchlichen Selbständigkeit durch Friedrich bedeutete
entfernt eine Unterordnung des Imperiums!
Vielmehr
wennschon es auf die Obergewalt verzichten mußte, doch
ebenbürtige Macht aus eignem Rechte neben das Papsttum,
nicht
trat es,
als
und unter dem politischen Gesichtspunkte betrachtet, darf der Friede
von Venedig keineswegs als eine Niederlage des Kaisers gelten.
Die
völlig
unbestrittene
Herrschaft
in
Deutschland
bildete
das
ic6
II" I'J«^ Zeit
Fundament
der Steufer.
Im
burgundischen Reiche, der
damals, nach dem
Frieden, in umfassenderer Weise wieder persönlich die Hoheitsrechte wahrgenommen und sich zum Zeichen seiner Herrschaft in
In Italien hatte es zwar
Arles zum König krönen lassen (1178).
bei dem schon I175 ausgesprochenen Verzicht auf die Durchführung der roncalischen Beschlüsse in der Lombardei, jenem
andern Hauptprogrammpunkte von Reinaids Politik, sein Bewenden
haben müssen, aber die letzten diplomatischen Erfolge des Kaisers
Dem
hatten seine Machtstellung doch auch da wieder gehoben.
sichere
Heimat
seiner
seiner Macht.
Gemahlin
Beatrix,
hat er eben
gespaltenen, dem päpstlichen Einfluß mehr und mehr entLombardenbimde stand er viel sicherer, als noch vor kurzem,
gegenüber, von Sizilien war vorab nichts zu besorgen; in Mittelin sich
rückten
aber war zuletzt der Umfang der kaiserlichen Herrschaft
durchaus behauptet, hier konnten die Tendenzen des uiunittelbaren
Beamtenregiments bald mit völler Energie wieder aufgenommen
werden. Damit aber war die Gefahr eines politisch-militärischen
Druckes auf die Kurie erneuert. Nur durch kaiserliche Truppen
hatte Alexander nach Rom zurückgeführt werden können (1178),
ohne daß er sich doch auf die Dauer zu halten vermochte. Bald
genug kam es zu erneuten Reibungen der kaiserlichen und päpstNoch wahrte Alexander dvirch kluge Zurücklichen Ansprüche.
haltung den Frieden, aber als er 1181 starb, konnte er nicht mit
der gleichen Befriedigung, mit der er auf den domenreichen, aber
ehrenvollen Kampf seines Lebens zurückblickte, auch in die Zukunft
Denn Friedrich Barbarossa war unbestritten der erste
schauen.
Herrscher Europas, und schon hatte mit der Niederwerfung seines
mächtigsten Vasallen in Deutschland die Epoche seiner letzten
großenErfolge begonnen.
italien
§
Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedriehs
13.
I.
(1178—1190).
Die Machtstellung Heiiurichs des Löwen *) wäre schon durch
noch immer kräftigsten, wenn auch
durch Abtrennimgen verkleinerten Herzogtvuns Bayern mit dem in
dem Umfang seiner herzoglichen Gewalt zwar beschränkten, aber
durch die Stärke seines Sondergeistes von je hervorragenden Sachsen
die Verbindung des innerlich
*)
Eine wirklich befriedigende Biographie
fehlt.
Die kurz nacheinander
Werke von Prutz (1865) und Philippson (1867) genügen nicht
Wünschen. Von Spezialarbeiten sind daneben namentlich die von Heigel-
erschienenen
allen
Riezler für Bayern (1867)
und von Weiland
für
Sachsen (1866) heranzuaiehen.
§ 13. Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedrichs
I.
(1178
— 1190).
157
höchst bedeutend gewesen. Kernpunkt, Eigenart und weltgeschichtlichen Wert erhielt sie indes erst dadurch, daß Heinrich es verstanden hatte, die seit einem Menschenalter gegen den slawischen
Osten heranbrausenden Wogen der deutschen Kolonisation in seinen
Der rücksichtslos-stürmischen Tatkraft des
Machtkreis zu leiten.
Löwen, die seinen Namen bei den Abotritenhäuptlingen gefürchteter
machte als den Gottes, war vor allem die Unterwerfung, Germanisierung imd Christianisierung der Wendengebiete des heutigen
Holsteins, Lauenburg und Mecklenburg zu danken, jener Lande,
die schon um das Jahr 11 72, wie Helmold schreibt, gleichsam eine
große Ansiedlung der Sachsen mit Städten und Dörfern und einer
wachsenden Zahl von Kirchen und Geistlichen geworden waren.
Heinrichs Sorge für das Emporkommen des neugegründeten Lübeck,
die Empfehlung seines Marktes in Dänemark, Schweden, Norwegen
und RuJßland, die Privilegierung der Kaufleute von Gotland, die
Befreiung der Ostsee von der wendischen Piraterie, die Einmischung
in die Thronwirren Dänemarks und die Anlehnung von dessen
Königtvun an die Macht des Löwen, alles das scheint bereits vorDas Vorrücken der
auszudeuten auf die Glanztage der Hanse.
Grenze und die erzwungene Achtung des Auslandes kamen auch
dem Reiche zugute. Gleichwohl darf von einer bewußt deutschnationalen Politik Heinrichs ebenso wenig gesprochen werden, wie
etwa von einer solchen des brandenburgisch-preußischen Staates
Denn gerade die neubis hinein in das neunzehnte Jahrhundert,
gewonnenen Slawenlande mit ihrem weiten Umkreis landesherrlicher
Befugnisse, der Verfügung über Rechtsprechung und Besteuerung,
und kirchliche Regalien, mit einer Beamtenverwaltung,
der Kaiser in Ober- imd Mittelitalien aufzurichten versuchte,
taten dem rein egoistischen Machtstreben des Löwen Genüge.
Ähnliche Grundsätze einer neuen Landeshoheit auch in seinen
Bischofstühle
wie
sie
Territorien zur Anwendung zu bringen, konnte nur
auf geringe Hindemisse in Bayern stoßen, wo das Herzogtiun von
alters her im Besitze der meisten Grafschaften war, und keine
nennenswerte Mittelgewalt ihm im Wege stand. Anders in Sachsen,
altdeutschen
wo das beschränkte billungische Grenzherzogtum sich trotz seiner
Verschmelzung mit den lotharianischen Hausgütem nicht entfernt
Hier gab es
mit dem Umfang des alten Stammesgebietes deckte.
in den Markgrafen von Brandenburg und Meißen, in dem Landgrafen von Thüringen, in den Erzbischöfen von Köln, Bremen und
Magdeburg ansehnliche Mächte, die sich dem Vordringen der
landesherrlichen Ansprüche Heinrichs widersetzten und auch den
Schon mehrfach
bedrohten kleineren Herren Rückhalt gewährten.
war es daher in den sechziger und siebziger Jahren zu geheimen
jeS
II.
Die Zeit der
Staufer.
Verschwörungen, offenen Verbindungen und kriegerischen Angriffen
gegen den Löwen gekommen, und wiederholt hatte der Kaiser zu
"Wir sahen schon, wie
dessen Gunsten vermittelnd eingegriffen.
dies freundvetterliche Verhältnis in Chiavenna den ersten Stoß
erhielt.
Heinrich glaubte sich um das Reich und die Bedürfnisse
seiner großen Politik nicht weiter kümmern zu brauchen, und
indem er mit leidenschaftlicher Hast an dem Ausbau seiner deutschen Machtstellung arbeitete und jene mittleren fürstlichen Gewalten,
auf deren Hilfe der Kaiser ebendamals mehr als je angewiesen
war, zurückzudrängen suchte, zog die Gefahr drohend herauf, daß
er das Reich zersprengen und sich für einen großen Teil an dessen
Stelle setzen könne.
Selbst wenn wir vom Standpunkte der modernen nationalen
Betrachtungsweise zugestehen wollten, daß das für die Entwicklung
Deutschlands keineswegs ein Unglück gewesen wäre, würden wir
es begreiflich finden, daß das Oberhaupt des Reiches solchen Bestrebungen entgegentrat.
Aber man wird sich überhaupt hüten
müssen, in dem großen Gegensatze jener Tage den Weifen als den
eigentlich nationalen Helden gegen den universalgerichteten Staufer
auszuspielen und so als einen Unterschied der politischen Überzeugungen hinzustellen, was doch nur ein Ausfluß der verschiedenartigen Stellung war. Wir haben gewiß alle Ursache, anzunehmen,
daß Heinrich, der als Herzog und von der kaiserlichen Macht stets
gedeckt, sich auf die näherliegenden Herrschaftsziele beschränken
konnte, an der Spitze des Reiches durch die sachliche Notwendigkeit ganz ebenso in die Bahnen der imperialen Politik getrieben
wäre, wie ein Otto I., Lothar und Otto IV., imd dann vielleicht
noch gewalttätiger und rücksichtsloser jeden Anspruch verfolgt
Denn vergleicht man die beiden Persönhätte, als sein Gegner.
Hchkeiten, so heben sich gerade in dieser letzten Auseinandersetzung die schwungvolle Größe, vornehme Sachlichkeit und reife
Sicherheit Friedrichs vorteilhaft genug ab von der gewinnsüchtigen,
hochmütigen, leidenschaftlichen Art des Vetters, der durch blinden
Eigenwillen und unbändigen Trotz seinen Sturz nicht zum wenigsten
selbst verschuldet hat.
Denn des Kaisers Vorgehen war langsam
und bedächtig, die Erinnerung an den alten, mühsam von ihm
selbst beigelegten staufisch- weifischen Bruderzwist noch allzu lebhaft, als daß er an eine Erneuerung desselben oder gar an einen
Vemichtungskampf gegen den mächtigen Vetter von vornherein
auch nur hätte denken mögen.
Erst Schritt für Schritt, unter
dem
Antrieb der fürstlichen Gegner Heinrichs und befördert diu-ch
dessen eigenen Starrsinn, ist aus der Erkaltung der Beziehungen
ein Rechtsverfahren und schließlich eine Achtvollstreckung geworden.
§ 13. Die Zeit der letiten großen Erfolge Friedrichs
I.
(1178— 1190).
i^^
Zuerst im Vertrage von Anagni verriet eine für den Herzog
Bestimmung über die Beseitigung des schismatischen
ungünstige
Halberstadt das Nachlassen der früheren RücksichtWenn der
In Sachsen erwuchsen daraus neue Kämpfe.
rückkehrende Kaiser jetzt noch einmal den Waffen der Gegner
Heinrichs Einhalt gebot, so bedeutete das nicht eine erneute Parteinahme für den Vetter, sondern den Entschluß Friedrichs, ihn statt
Bischofs von
nahme.
durch Landfriedensbruch durch ein geordnetes Gerichtsverfahren ^) in
Der Trotz, den der Weife
demselben, als es nun seinen Gang nahm, durch beharrliches Fembleiben entgegensetzte, wird uns in der Tat verständlich nur dadurch,
daß er bei einer Begegnung mit dem Kaiser den veränderten Wind
von oben sogleich spürte und von jenem Rechtsgang nichts Gutes
die Schranken des Rechts zu zwingen.
Reibungsfläche
Vettern.
Der
alte
11 78) erweiterte sich noch
Interessenkreisen der beiden
Eben damals (Ende
für sich erwartete.
die
zwischen
Herzog Weif
den
VI., bei seiner
Verschwendungsucht
ewigen Geldnöten, hatte seine reichen schwäbischen Eigengüter
ursprünglich dem Löwen für eine Summe vermacht, die dieser inJetzt schloß er das Geschäft mit seinem
des nicht auszahlte.
anderen Neffen, dem Kaiser, ab. Ein ruhig xirteilender Politiker
hätte sich mit der Notwendigkeit verhältnismäßig geringer Einbußen
abgefunden; Heinrichs reizbarer Weifenstolz ertrug das nicht, und
in
indem
er die Festigkeit seiner Machtstellung überschätzte, glaubte er
offener Auflehnung gegen die Gerichtsgewalt des Kaisers
behaupten zu können. Das erst führte seinen Stiirz herbei.
Es kommt hier nicht auf die Einzelheiten des Rechtsganges
an, die imsre Quellen ziun Teil im Unklaren lassen.') Die Hilfsverweigerung von Chiavenna konnte keinesfalls als rechtliches Moment
in Betracht kommen, höchstens als politische Ursache mitwirken.')
Zu der Klage der Fürsten auf Landfriedensbruch gesellte sich die
weitere auf Hochverrat, der, wie es scheint, in einer angeblichen
Verbindung mit den Lombarden gesehen wiu-de und durch Zweikampf erwiesen werden sollte. Als sich Heinrich, wie einstmals
Otto von Nordheim, den Ladungen entzog, erfolgte seine Verurteilung
Er ward geächtet
aus dem rein formalen Grunde der Kontumaz.
sich
und
in
all'
seiner
Lehen und Eigengüter
für verlustig erklärt
( 1 1
80).
Die alsbald vorgenommene Neuverfügung führte den großen
•) Neben der angeßihrten Arbeit Ton D. Schäfer kommen nir Vcrtirteüung
Heinrichs neuere Abhandlungen, wie die von Klein und Lucas wenig in BetrachL
Dagegen steht eine eingehende Darlegung r. Güterbock in Aussicht.
*) Näheres bei Schäfer, der mit W'aitz iwei nebencinandcrlaufcnde Proseate
mnterscheidct (Lucas im Anschluß an Ficker kaum mit Recht gar drei).
•) Vgl etwa die GesU Henrici IL (M. G. SS. XXVII).
^
l6o
^ic ^i^ ^^^
Staufer.
zum Abschluß und stärkte das
vor allem auf den Sturz des Weifen
Der Kölner und der Paderbomer Sprengel
hingearbeitet hatte.
wurde von Sachsen abgetrermt und als Herzogtum Westfalen dem
Erzbischof von Köln verliehen, der fortan ein ähnliches geistlichweltliches Doppelregiment führte, wie einst der Bruder Ottos des
Großen, und eine nicht unbedenkliche Machtsteigerung erfuhr. Die
Herzogsgewalt in dem übrigen Sachsen ward, aller neuerlichen Usurpationen entkleidet und dadurch nahezu auf die alten billungischen
Gebiete mit den wendischen Marken beschränkt, dem Askanier
Prozeß der Stammeszerschlagung
Territorialfürstentum,
das ja
Bernhard von Anhalt, dem jüngsten Sohne Albrechts des Bären
Ähnlich verfuhr man mit Bayern. Noch einmal ward
ein neues Herzogtum: Steiermark aus seinem Gebiete herausgehoben und mit dem Rest der treue Helfer des Kaisers Otto von
Witteisbach belohnt, der seine Pfalzgrafschaft einem jüngeren Bruder
abtrat.
Damals gewannen die Witteisbacher die bayrische Herzogsübertragen.
würde.
So hatte man bereits das Fell des Löwen vergeben, ehe man
ihn erlegt hatte. Noch wies er grimmig seine Zähne. Indes Friedrich hatte das Interesse der Fürsten nun doppelt mit dem seinigen
verkettet, und als er selbst mit ihrer Hilfe zur Vollstreckung der
Acht in Sachsen erschien, wirkten der Glanz des kaiserlichen
Namens und
die Abneigung gegen das autokratische Regiment
Heinrichs zusammen, um einen allgemeinen Abfall hervorzvuiifen.
Als auch die englische und dänische Hilfe, auf die er gezählt
haben mochte, versagte, sah sich Heinrich zur Unterwerfung
imter die Gnade des Kaisers gezwungen ( 1 1 8 1 ) , der jedoch den
Spruch des Fürstengerichts nur insofern für den Vetter mildem
konnte, als ihm seine braunschweigisch - lüneburgischen Hausgüter belassen wurden.
Doch ward
er zur
Verbaimung
verpflichtet,
aus der er frühestens in drei Jahren mit kaiserlicher Erlaubnis sollte
zurückkehren dürfen; er wandte sich mit den Seinen an den Hof
seines königlichen Schwiegervaters in die Normandie.
So
trat seine
Erscheinung eine Weile völlig heraus avis den deutschen
Kämpfen, und der alte Einfluß war für immer dahin, nicht zum
Segen der ostelbischen Gebiete. Denn wenn auch das Gesamthaua
der Askanier mit der Verfügung über das Herzogtum, die Mark
Brandenburg und das Erzbistum Bremen eine ansehnliche Stellimg
in Sachsen einnahm, so fehlte in dem Nebeneinander fürstlicher
Gewalten doch der einheitliche, machtvolle Herrscherwille. Konnte
sich Lübeck als Handelsplatz und Auswandererhafen gerade in der
große
Ungebundenheit einer Reichsstadt, die es nun geworden war, kräftig
weiterentwickeln, und kamen die einmal flutenden Wellen der
§ 13- Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedrichs
I.
(1178
— 1190).
j^i
auch jetzt nicht ins Stocken, so ging der
Slawenlande an der Ostsee bald genug
bedenklich zurück, und Dänemark, das die Lehensabhängigkeit dem
Reiche kündigte, trat hier die Herrschaft des Löwen an. Friedrich
war diesen Dingen gegenüber keineswegs gleichgültig, er suchte die
Lehenshoheit über Pommern dem Reiche, freilich ohne dauernden
Erfolg, zu gewinnen, er begünstigte Lübeck; aber im Strome der
großen Weltpolitik konnte er auf die Dauer den fernen Grenzgebieten des Nordostens nicht die gebührende Aufmerksamkeit schenken.
Für ihn selbst aber war der rasche und vollständige Sieg über
den weithin gefürchteten Gegner, mochte er ihn auch mit den
Fürsten teilen, ein bedeutender Erfolg; im Reiche wie im Auslande
schnellte das kaiserliche Ansehen mit einem gewaltigen Ruck in
die Höhe.
Friedenssicherheit und Machtbewußtsein atmeten die
glanzvollen Hoftage der nächsten Jahre, vor allen andern das von
den Dichtem verherrlichte große Mainzer Pfingstfest von 1 1 84 eine
Feier des Herrscherhauses, die Schwertleite der beiden ältesten
Söhne Barbarossas, erhoben zu einem Nationalfest, in der Beherbergung, Verköstigung und Ordnung von mehreren Zehntausenden
der Gäste trotz eines störenden Unfalls eine staunenerregende organisatorische Leistung, eine furchtgebietende Heerschau der deutschen Ritterschaft, und mehr als alles das: die Verkörperung einer
neuanbrechenden, großen Kulturepoche. Der Händedruck, den dort
der Troubadour Herr Guiot von Provins und der deutsche Dichter
Heinrich von Veldeke miteinander austauschten, versinnbildlichte
deutschen
Kolonisation
politische Einfluß
auf
die
:
gleichsam
das
das
Hineinfluten
Reichsgebiet.
Sie
der ritterlichen Kultur Frankreichs in
ein erstes Schönheitsideal des
bedeutete
seit den Tagen des Altertums, ein erstes Erwachen sinnWeltfreude neben den strengen Forderungen christlicher Moral,
Lebens
licher
eine erste Laienbildung.
nischer Kultureinflüsse
Nation.
brachte
Sie
verfeinertes
eine
Formgefühl
der Phantasie.
Sie verband
mit
in
Rittertugend
den Reichtum mohammeda-
der Eigenart
der keltisch-germanischen
Veredlung der Empfindungsweise, ein
Leben und Kunst, eine Bereicherung
und Heldendichtung, Frauendienst und
Minnepoesie waren die vornehmsten Blüten dieser Kultur.
Ihr
Einströmen in Deutschland bedeutete eine Verwälschung der führenden Gesellschaftskreise wie nur je in den Tagen des Rokoko,
aber mit dem grundlegenden Unterschiede, daß hier eine starke,
selbstbewußte Nation, weit davon entfernt, sich an das fremde
Wesen zu verlieren, die neue Bildung auf den kräftigen Stamm
ihrer Eigenart pfropfte und so Blüten trieb, welche die Leistungen
der französischen Meister oft genug in den Schatten stellten. Nicht
gar lange nach dem Mainzer Feste begann Walter von der VogelHampe, Deutsche Kai*et{Mchicbte.
H
^- ^ic
l(f2
weide seine Poetenlaufbahn,
<^^t der Staufer.
formte
sich
das
Nibelungenlied
zu
Wolfram von Eschenbach zum Dichter
und Denker heran. Erst als unter Friedrich IL die politische Vormachtstellung Deutschlands allmählich sank, setzte auch im deutschen
Ritterstande eine kulturelle Erschlaffung ein, begannen Empfindelei,
Schematismus und Frivolität hervorzutreten, und sklavische Nachahmung des fremden Wesens sich breitzumachen. Je kürzer aber
die Dauer der reichen Blüte, desto leuchtender ihr Glanz! Und er
seiner heutigen Gestalt, reifte
ist
es nicht
zum
wenigsten,
der auf die letzten Jahre Barbarossas
Minnesangs Frühling verklärt mit romantischem Schimmer
das greise Haupt des Kaisers, der sich auf jenem „Feste ohne
Gleichen" noch als ein rüstiger Sechziger in das Getümmel des
Riesentumiers stürzte und von den anwesenden Dichtem einem
König Artus, Alexander und Caesar verglichen wurde.
Schon hatte ihm damals die durch den Sturz des Löwen ge-
strahlt.
festigte
deutsche Machtstellung einen weiteren Erfolg in Italien einDie Lombarden mochten, als der sechsjährige Stillstand
getragen.
seinem Ende entgegenging, jetzt erst recht nicht einen neuen
Waffengang wagen. Die eröffneten Unterhandlungen führten zum
Er ist früher
Abschluß des Konstanzer Friedens (Juni 1183).
wohl einem Zusammenbruch der kaiserlichen Herrschaft in Oberitalien gleich erachtet worden,
aber nichts wäre verkehrter als
das.
Denn die Undurchführbarkeit der roncalischen Beschlüsse
hatte sich schon vor der Niederlage von Legna.no herausgestellt
Den damals bereits angebotenen Zugeständnissen gegenüber aber
bedeuteten die Konstanzer Bestimmungen eine erneute Steigerung
der kaiserlichen Rechte, die dem Wachstvun seiner Macht entsprach,
aber daneben doch auch der hier ähnlich wie in Venedig bewährten diplomatischen Kunst Friedrichs verdankt wurde. Noch größer
war natürlich der Abstand des jetzt Erreichten von den Verhältnissen Oberitaliens unter der ohnmächtigen Herrschaft Konrads III.
Es erleichterte die Verständigung imgemein, daß ein Hauptstreitpvmkt durch ein Sonderabkommen vorher aus dem Wege geräumt wurde. Alessandria hielt es für geraten, sich durch Unterwerfung unter die Gnade des Kaisers seine Existenz als Stadt zu
sichern.
Es wurde als solche formell neu begründet, auf den
Namen Caesarea umgetauft und schützte künftig als kaiserliche Feste
das Machtgebiet des Reiches in der westlichen Lombardei: also
vmd sachlicher Erfolg Friedrichs, der seine
Der Konstanzer Friede selbst suchte die Anerkennving des Bundes xmd des gegenwärtigen Besitzstandes zu verbinden mit einer Befestigung imd Nutzbarmachung der kaiserlichen
ein voller moralischer
Stärke
verriet.
Oberhoheit
§ 13. Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedrichs
dem
L
(1178
— 1190).
i^-t
Den Städten überließ er die Regalien innerhalb ihrer Mauern völlig, in
stadtischen Gebiete aber nur dann, wenn sie nicht durch Schiedsgericht
Rechte erwiesen oder statt dessen von den Kommunen durch
Entrichtung einer Pauschsumme abgelöst wurden.
Auch eine erhebliche einmalige Zahlung für den Frieden kam den Finanzen des Reiches
zugute. Die kaiserlichen Hoheitsrechte aber wurden viel weiter ausgedehnt,
als den Lombarden lieb war: die Konsuln ihrer Städte sollten zwar nicht
mehr vom Kaiser als Beamte eingesetzt werden, sondern freigewählte Vertreter sein, aber doch zur Einholung der Investitur vom Kaiser und zur Leistung
des Treueids verpflichtet, wie alle Bürger zur Ablegung eines Untertaneneides;
die kaiserliche Appellationsinstanz blieb für wichtigere Gerichtssachen gewahrt,
nur erleichtert durch Bestellung von Vertretern des Kaisers in den Städten,
die herkömmlichen Leistungen der Heeresverpflegung wurden nicht nur auf
die Krönungsfahrt nach Rom beschränkt, sondern galten far alle Durchzüge
durch die Lombardei.
als
kaiserliche
jährliche
Wohl
und
blieb
ein
Bund
innerhalb des Staates stets bedenklich,
war der Stellimg
der Fürsten in Deutschland vergleichbar. Aber wie hier die kluge
Politik eines
Barbarossa noch Handhaben genug besaß, seinen
Herrscherwillen durchzusetzen, so bewahrte der Konstanzer Friede
der obersten Reichsgewalt in den lombardischen Städten nicht niu:
eine ergiebige Finanzquelle, sondern sicherte ihr auch ein notwendiges Mindestmaß von Hoheitsrechten.
Die heftigen Rivalitäten
innerhalb des Bundes eröffneten überdies einer geschickten Diplomatie
stets Wege genug, um den kaiserlichen Einfluß geltend zu machen.
Endlich lagen zwischen den städtischen Gebieten noch allenthalben
die Selbständigkeit der oberitalischen Städte
imd weltliche Territorien und Fetzen von Reichsdurch das Emporsteigen der Städte nur um so
mehr Anlehnung an die kaiserliche Gewalt suchen mußten, und
es war
ein feiner Erfolg von Friedrichs Politik, daß er die
Lombarden zum. Schutze des zerstreuten Reichsbesitzes, darunter
auch der von der Kurie beanspruchten mathildischen Hausgüter,
verpflichtete.
Zusammen mit dem geschlossenen piemontesischen
Machtgebiet und den Erwerbungen in der Romagna blieb so auch
die unmittelbare Herrschaft des Reiches in Oberitalien noch ansehnlich genug.
Der Friede von Konstanz hat sich in der Tat
als eine annehmbare Ausgleichimg der beiderseitigen Ansprüche
erwiesen und blieb für diese Verhältnisse in den folgenden Jahrzehnten Staatsgrundgesetz. Alles kam freilich für das Reich darauf
an, wie weit es gelang, die verbliebenen Rechte dauernd wahrkleinere geistliche
besitzimgen,
die
mm
zunehmen.
Wesentlich war insbesondere die Behaupttmg des mathildischen
Erbes gegenüber den Ansprüchen der Kvirie.
Friedrichs Entschlossenheit, zum
mindesten die strategisch imd wirtschaftlich
wichtigsten Gebiete desselben festzuhalten, war ebenso vmverkennbar,
we
sein
ernstliches Streben
nach einem Ausgleich.
Sein an
I
II-
54
I^'c Zeit
der Staufer.
sich weitgehendes Angebot, als Ersatz je ein Zehntel der gesamten
italienischen Reichseinkünfte für Papst
und Kardinäle
mußte doch abgelehnt werden, weil
So kam
des Kaisers gemacht hätte.
es
Neue
es
Kurie
sicherzustellen,
zum
Pensionär
zu keiner Verständigung.
der Papst die Henschaft
die
Sollte
tauchten auf.
über die deutsche Kirche auf die Dauer unangetastet
Eben war es zu einer Doppelwahl im Erzbistum Trier
lassen?
gekommen (1183). Der Kaiser hatte, im wesentlichen nach den
Normen des Wormser Konkordats dem Erwählten der einen Partei
die Investitur erteilt, aber der unterlegene Kandidat appellierte an
Andrerseits wünschte Friedrich nach dem Vorbilde
die Kurie.
Karls des Großen und Ottos des Großen seinen Sohn Heinrich
schon zu seinen Lebzeiten zum Kaiser gekrönt zu sehen, um für
den Fall seines Todes jede Störung der Herrschaft zu vermeiden,
und erbat die Einwilligung des Papstes. Aber bedeutete das nicht
fast schon Erblichkeit der Kaisei"würde und für die Kurie noch eine
Steigerung des immer lästiger empfundenen Druckes der imperialen
Streitpunkte
Friedrichs
Macht?
Die beiden Häupter der Christenheit hofften diese und andre
Meinungsverschiedenheiten am leichtesten durch eine persönliche
Aussprache beseitigen zu können, die im Herbst 1 1 84 in Verona
Lucius IH., als Kardinal gelegentlich Vertrauensmann
stattfand.
des Kaisers, blieb ihm auch als Papst (11 81
85) versöhnlich und
—
wohlwollend gesinnt. Aber solche persönlichen Beziehungen konnten
höchstens den Zwist vertagen. Nur auf dem unpolitischen Gebiete
der Ketzerbekämpfung kam es zu einem Zusammenwirken der
Die Gefahr des
kaiserlichen Acht mit dem päpstlichen Banne.
heil. Landes regte zu dem Plane eines neuen Kreuzzuges an, und
der auf englische Vermittlung zurückgehenden Verwendung des
Papstes gestand der Kaiser die Rückkehr Heiruichs des Löwen
nach Deutschland zu. Im übrigen standen die freundlichen Verkehrsformen im Mißverhältnis zu den Ergebnissen der Verhandlungen.
Beklemmung und Mißtrauen, vereinigt mit Kampfesscheu,
Und
ergaben zunächst noch eine hinhaltende Politik der Kurie.
vielleicht erreichte sie noch in Verona die niederschmetternde
Kunde von der am 29. Oktober in Augsburg vollzogenen Verlobung
des deutschen Thronfolgers mit der Erbin des sizilischen Reiches.
Von da ab gab es für das politische Papsttum nur noch die Losung
heimlicher oder offener Feindschaft gegen das Kaisertum.
Es war ein Ereignis von grundlegender Bedeutung für die
weitere Geschichte Europas, aber in seiner Entstehung ist es noch in
fast völliges
Dunkel
gehüllt.
schwächlichen Wilhelm
II.
Parteiintriguen
und
ein
am Hofe
des kinderlosen,
gemeinsamer Gegensatz Deutsch-
§ 13. Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedrichs
I.
(1178— 1190).
165
gegen das griechische Kaisertum scheinen förzu haben, daß des Königs Tante und
dernd
Erbin, Konstanze, die nachgeborene, damals dreißigjährige Tochter
des großen Roger II., dem um elf Jahre jüngeren Heinrich die
Hand reichte. Was bedeutete dieser Bund und die dadurch in
nahe Aussicht gerückte Vereinigung beider Reiche für die deutsche
Man wird unbedenklich der namentlich von Ficker
Geschichte?
energisch verfochtenen Ansicht beipflichten, daß zum mindesten
die tatsächlichen Folgen dieses Hinausgreifens über die jahrhundertelang innegehaltenen Grenzen des Imperiums im höchsten
Grade verhängnisvoll gewesen sind. Der Versuch, so ganz verschieden geartete Länder wie Norddeutschland und Sizilien dauernd
in einer Hand zusammenzufassen, mußte sich früher oder später
lands
und
Siziliens
darauf
eingewirkt
und undurchführbar erweisen. Das Zentnergewicht,
das nun auf die transalpine Wagschale des Reiches gesetzt wurde,
mußte sie zu Ungunsten Deutschlands herabdrücken und zwar zu
einem Zeitpunkte, wo ein energischer und zielbewußter Ausbau der
deutschen Königsmacht notwendig und gerade noch möglich war.
Endlich mußte das Papsttum, seines südlichen Rückhalts beraubt
als unnatürlich
imd
in
Zukimft dort
selbst
in
seinen
oberlehnsherrlichen Rechten
vom Imperium nun rings umklammert und in seiner
freien Bewegung gehemmt, zum Vemichtungskampfe getrieben werden,
gefährdet,
der schließlich die kaiserliche Gewalt entwiu-zelt hat. Indessen wird
man sich hüten müssen, allein hier die Ursachen für eine Entwicklung zu sehen, die in ihrem für Deutschland unheilvollen Verlaufe
doch sehr wesentlich durch eine Reihe schwerer Unglücksfälle mit-
bestimmt worden
Und für den Staatsmann von 1 1 84 konnten
Erwägungen wenig in Betracht kommen. Es bot
ist.
solche historischen
oft gefährdete Südgrenze des Reiches zu
zu erweitem, dem päpstlichen Nebenbuhler seine
Hauptstütze zu entziehen, mit dem Imperium die hervorragenden
Mittel des am straffsten und modernsten organisierten Staates von
Europa zu vereinigen, der durch seine staunenerregende Finanzkraft und seine maritime Bedeutung gerade die am schmerzlichsten
empfundenen Lücken in der Machtstellung des Reiches auszufüllen
geeignet war: und das alles nicht auf dem Wege anfechtbarer Er-
sich Gelegenheit, die so
sichern
und
Den Politiker
unantastbaren Erbrechtes!
der solche Vorteile um unsicherer
Zukunftbefürchtungen willen in den Wind geschlagen hätte! Wahrlich, wenn die imperialen Hoffnungen, die damals stärker als je
am kaiserlichen Hofe genährt wurden, überhaupt in Erfüllung gehen
konnten, so war es auf diesem Wege! Jene Verlobung schien den
Zeitgenossen und war in der Tat der glänzendste Erfolg der Macht-
oberung,
hätte
sondern
man
erst
kraft
finden müssen,
H.
l66
I>ie Zeit der Staufer.
Sie stand denn auch im Hintergunde seines
Kampfes mit der Kurie ^), aber mangels einer
Handhabe wurden geflissentlich andre Streitpunkte in
poIitik Barbarossas.
neuausbrechenden
rechtlichen
den Vordergrund geschoben.
Friedrich
erschien
schon
im Beginn des Konfliktes
als
weit überlegene Teil in der klugen Sicherung seiner Stellung,
der
dem
zähen Festhalten des Rechtsstandpunktes und der unbeirrten Verfolgung seiner Ziele. Um einem erneuten Bunde zwischen Papsttum
und Lombarden die Spitze abzubrechen, wußte er mit überraschender
Schwenkung Mailand und seinen mächtigen Anhang durch Sondervorteile gänzlich auf seine Seite zu ziehen, sie sogar zur Beschirmung
Völlig ausgesöhnt,
des italienischen Reichsbesitzes zu verpflichten.
rechnete die alte Feindin es sich zur hohen Ehre, daß die Vermählung des deutschen Thronfolgers mit der Erbin Siziliens in
Mauern prunkvoll gefeiert, und dabei Heinrich vom Patriarchen
von Aquileia zum König von Italien gekrönt wurde (Jan. 1 1 86).
ihren
man
damit ein in das Gewohnheitsrecht des Mailänder Erznach spätantikem Vorbild Heinrich verliehene
Tites eines Caesar, daß man nötigenfalls auch ohne päpstliche Zustimmung auf dem Wege der kaiserlichen Mitregierung vorzuschreiten
gedachte. Mailänder Erzbischof imd Papst aber waren damals schon
Griff
bischofs, so zeigte der
und
ein
dieselbe Person.
Die
Ende
letzten
Tage Lucius'
III.
gemahnen
in ihrer
Stimmung an
oder Hadrian IV., und wie damals,
so fanden auch jetzt Spannung vmd Kampfesbereitschaft ihren
schärfsten Ausdruck in der Erhebung eines ganz ausgesprochenen
kaiserlichen Gegners auf den Stuhl Petri (Ende 1185). Urban III.
(11 85
1187), ob der früheren Verfolgung seiner Mailänder Familie
von persönlicher Rachsucht gegen Friedrich erfüllt, begabt und hochgebildet, aber leidenschaftlich und skrupellos, begnügte sich bald
nicht mehr mit heimlichen Gegenwirkungen, sondern stürzte sich
blind in den Kampf, indem er in offener Mißachtung der im Einklang mit dem Wormser Konkordat bisher geübten Rechte des
Kaisers den Trierer Gegenkandidaten anerkannte und ohne vorhergehende Regalienbelehnung zum Erzbischof weihte. Zu spät suchte
er dann nach Bundesgenossen. In Italien bot sich einzig Cremona
dar, das durch das Mailänder Bündnis Friedrichs in die schärfste
Oppositionsstellung gedrängt und von der kaiserlichen Acht bedroht
das
eines Alexander II.
—
Aber die geheime Förderung der Kujie
war.
rettete
die
stolze
Darüber unterrichtet am besten das noch heute unübertroffene, auch
nur wenig zu berichtigende Buch von Scheffer-Boichorst,
Vgl. dazu Simsons Darstellung
Kaiser F. I. letzter Streit m. d. Kurie. 1866.
*)
in
Einzelheiten
in Giesebrecht VI.
§ 13. Die Zeit der letxten großen Erfolge Friedrichs
Stadt nicht vor demütigender Unterwerfung.
I.
(1178
— 1190).
167
Dvirch eine furchtbare
Verheerung des Kirchenstaates auf das tiefste verletzt, durch Einschließung seines damaligen Aufenthaltsortes Verona in seinem Einfluß auf Italien völlig lahmgelegt, richtete Urban seine Hoffnvmg
auf Deutschland. Gelang es, die Bande zwischen Friedrich imd der
deutschen Kirche zu zerschneiden, so wankte das Fundament seiner
Machtstellung.
Die Forderungen, die der Papst jetzt erhob, entsprachen zwar durchaus den kanonischen Grundsätzen, aber daß er
eben in diesem Augenblicke mit ihnen hervortrat, verriet deutlich
ihren Kampfzweck.
Er verlangte Beseitigung des königlichen Redie von dem deutschen Episkopate
ganz ungesetzlich beanstandet, aber in ihrer scharfen
Handhabung durch Friedrich doch als eine lästige imd nicht
recht anständige Bedrückung empfunden wurden.
Er wollte femer
die kirchlichen Besitzungen vor den so viel beklagten Übergriffen
der Laiengewalten besser sichern, indem er die Übertragimg von
Kirch envogteien und Kirchenzehnten an sie verbot, denn solche
Verleihungen hatten oft genug zu widerrechtlichen Entfremdungen
geführt. Diese Forderungen, die den kirchenpolitischen Kampf auf
andere Gebiete hinüberzuspielen und unter den deutschen Bischöfen
eine Oppositionspartei gegen den Kaiser zu schaffen suchten, blieben
vielleicht nicht ganz ohne Eindruck.
Eine wirkliche Gefahr aber brachte erst der Abfall des mächtigsten geistlich-weltlichen Reichsfürsten, des Erzbischofs Philipp von
Köln, für den der kirchliche Streit freilich mehr den Vorwand abgab'). Dieser einst so ergebene und einflußreiche Helfer und Ratgeber des Kaisers war seit der bedeutenden Erweiterung seines
Machtkreises durch das westfälische Herzogtum mehr imd mehr
aufgegangen in den Sonderinteressen seines Hochstifts: der Abrundung des Gebietes, der Erweiterung des Lehnshofes, der Förderung des emporstrebenden Kölner Handels. Diese Bestrebungen
galien-
und
zwar nicht
kreuzten
Spolienrechtes^),
als
im Westen ähnliche
staufische
die Konkurrenz königlicher Städte
und
Pläne,
Zollstellen
stießen
rings
auf
und führten zu
persönlichen Reibungen mit König Heinrich. Der Erzbischof suchte
und fand Bundesgenossen. Er knüpfte mit Heinrich dem Löwen
an; von diesem aus leiteten die Fäden nach England und Dänemark; auch Frankreich nahm in den flandrischen Händeln eine feind-
Haltung ein.
Diese Gefahren riefen den Kaiser nach Deutschland zurück;
aber wenn er Besorgnisse wegen der deutschen Kirche hegen
selige
Vgl. oben S. 121.
Über seine Territorial- und Reichspolitik sind die beiden brauchbaren
Arbeiten von H. Hecker (1883) und A. Peters (Marb. Diss. 1899) su vergleichen.
»)
*)
n. Die
l68
Zeit der Staufer.
mochte, so beseitigte sie völlig der glänzende Reichstag von Gelnhausen (1186). Die überwältigende Mehrheit der deutschen Bischöfe,
auch die eifrigsten der ehemaligen Alexandriner, scharte sich mitsamt den weltlichen Fürsten um den greisen Herrscher, billigte seine
von überzeugendem Rechtsgefühl getragenen Darlegungen und mahnte
den Papst durch ein Sendschreiben zum Nachgeben und Frieden.
Je aufrichtiger der kirchliche Sinn der Versammelten, je maßvoller
ihre
Sprache,
desto
vernichtender
die
moralische Niederlage der
Urban III. hat sie nicht lange überlebt; von den widerstreitenden Meinungen der Kardinalsparteien hin- und hergerissen,
persönlich, wie es scheint, zu den schroffsten Maßnahmen, selbst der
Bannung des Kaisers geneigt, ist er kaum ein Jahr nach dem Gelnhausener Tage gestorben (1187).
Mit der Überzeugung der meisten Kardinäle von der Notwendigkeit eines Einlenkens trafen nun die schmerzlichen Nachrichten aus dem heil. Lande zusammen, die den Fall Jerusalems
von Tag zu Tag erwarten ließen und gebieterisch die Eintracht
zwischen den Häuptern der Christenheit forderten. Von den beiden
Kurie!
kaiserfreundlichen Männern, die unter solchen Eindrücken kurz nach-
zu Päpsten erhoben wurden, hat Gregor VIII. (1187)
das Friedenswerk eingeleitet, Klemens III. (11 87
91) es vollendet.
Es bedeutete ein Nachgeben auf der ganzen Linie; insbesondere
wurde die lange verweigerte Kaiserkrönung Heinrichs jetzt in sichere
einander
—
Aussicht gestellt,
und
kommene Neuwahl
in
der Trierer Streitsache durch eine
voll-
angebotener und ihn
zufriedenstellender Ausgleich getroffen, der wenigstens die brennendste
Verletzung des Reichsrechtes durch das Papsttum rückgängig machte.
Und mittlerweile hatte nun auch die immer weitere Kreise
ergreifende
ein
von Friedrich
selbst
Kreuzzugstimmung dem Kölner Erzbischof
allen
Wind
Durch das erneute Zusammengehen
aus den Segeln genommen.
des Kaisers mit Frankreich seines Rückhaltes beraubt, vom sonstigen
Auslande nicht unterstützt, in Deutschland selbst durch geschickte
Schachzüge Friedrichs isoliert, war er ein zu kluger Rechner, um
Löwe, das jetzt
auch gegen ihn eröffnete Rechtsverfahren bis zum Ende zu mißachten. Noch in letzter Stunde sicherte er sich durch Unterwerfung
unter die Gnade des Kaisers seine Stellung; über ungelösten sachlichen Gegensätzen spannte sich scheinbare Freundschaft. Demütigung
und Vergebung wurden erleichtert durch die Kreuzzugbegeisterung,
denn der Ausgleich vollzog sich auf dem „Hoftage Christi" zu Mainz
(Frühjahr 1 1 88), wo Barbarossa und sein Ältester selbst das Kreuz
nahmen und viele der Fürsten und Großen zur Nacheiferung entin leidenschaftlichem Trotz, wie einst Heinrich der
flammten.
§ 13- Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedrichs
Dieser
Entschluß
zur
persönlichen
I.
(l
Leitung
178— 1 190).
des
j6q
gewaltigen
Unternehmens, während Frankreich und England noch durch ihren
Hader gehemmt waren, und das Papsttum in Schwäche zur Seite
stand, entsprang bei Friedrich ebensowohl religiösen Antrieben, als
dem Bewußtsein der aus seiner universalen Stellimg hervorgehenden
Pflichten.
In der Überzeugung, daß er nach einer abermaligen
Verbannung Heinrichs des Löwen das Reich in der energischen
Obhut seines demnächst mit der Kaiserkrone zu schmückenden Sohnes
und Mitregenten beruhigt zurücklassen könne, ja, daß die heilige Fahrt
den Frieden nur noch mehr verbürge, griff er für das Kaisertum
nach höheren Zielen und rückte es wieder an den Platz, von dem
es seit den Tagen Urbans IL verdrängt war, an die leitende Stelle
Wenn es gelang, die
in den gemeineuropäischen Angelegenheiten.
Sehnsucht der Christenheit zu stillen und das heilige Grab noch
einmal den Ungläubigen zu entreißen, wie unermeßlich mußte das
Ansehen des Imperiums steigen! Die kühne Inangriffnahme dieser
Riesenaufgabe durch den von der Last der Jahre ungebeugten
Helden imd ihre großartige Durchführung bis zu dem Augenblick
seines Todes bildeten den letzten seiner Erfolge^),
Wie einst gerade die Spaltungen des Orients die Erfolge der
Kreuzfahrer ermöglicht und den Bestand ihrer staatlichen Gründungen
gewährleistet hatten, so drohte ihnen jetzt die Vereinigung Ägyptens
und Syriens unter dem an Kraft, Schwung und sittlicher Energie
Leichtso unendlich überlegenen Sultan Saladin den Untergang.
fertig herausgefordert,
hatte er die lateinischen Streitkräfte bei Hittin
geschlagen (1187) und einen festen Platz nach dem andern, auch
Der Zweifel, ob nicht auch die letzten SeeJerusalem, erobert.
städte, wie Tyrus, bis zur Ankunft der Kreuzfahrer gefallen sein
würden, wirkte bei Friedrich neben den allzu geringen Beziehungen
Der bedeutende Eindruck der Kreuzfahrt
auf die Zeitgenossen spiegelt
besten unterrichtet darüber Simsen bei
Giesebrecht VI, 313 S.
Außer wertvollen Briefen sind namentlich her\'orzuheben: die Tagcbuchaufzcichnungen des Domdcchanten Tageno von Passau
(aufgenommen in die Chronik des Priesters Magnus von Reichersberg, M. G.
SS. XVII); die Historia de expeditione Friderici impcratoris von einem österreichischen Kleriker (Ansbert?), gedruckt in den Fontes rer. Austriac. I, 5,
aufgenommen in die Annalcn des Gcrlach v. Mühlhausen, vergl. oben S. 86;
Ober die
die Historia Peregrinonim bei Canisius, Lectiones antiquae V, 2.
')
sich in einer reichen Literatur.
Am
verwickelten Beziehungen zwischen diesen drei Quellen hat zuletzt Chroust
(1892) eingehend gehandelt. Daneben ist das etwas später niedergeschriebene
Werk des Griechen Nicetas trotz vieler Irrtümer bemerkenswert (Corp. script.
Die gnmdlegende neuere Darstellung ist die von Riezler
hist. Byz. 1835).
Ergänzungen dazu in der Arbeit von
in Forsch, z. deutsch. Gesch. 10.
Alle Ergebnisse
Fischer (1870) und mehreren Abhandlungen von Röhricht.
—
sind zuletzt zusammengefaßt von Simson.
n> ^>c
I?0
Zeit
^Ici'
SUufer.
des Imperiums zum Seewesen wohl auch auf die Wahl des Landweges ein. Gleichwohl war das ein schwerer Fehler. Man unterschätzte trotz der Erfahrungen des zweiten Klreuzzuges noch immer
die ungeheiu-en Schwierigkeiten dieses Marsches; durch bessere Vorbereitungen glaubte man ihrer leichter Herr werden zu können.
Und in der Tat war die Organisation unvergleichlich umsichtiger
und energischer als in den Tagen Konrads III.: statt schwärmerischer, ungeordneter Massen ein schon durch die hohen Vermögensbedingungen begrenztes, kriegstüchtiges Ritterheer, leichter zu be-
wegen und zu ernähren, von dem besten Geiste beseelt und in
eiserner Zucht gehalten; Durchmarsch und Verpflegung durch Abmachungen mit dem König von Ungarn, dem Großzupan von
Serbien, dem griechischen Kaiser und dem Sultan von Ikonium
scheinbar auf das bündigste sichergestellt; an der Spitze ein als
Feldherr wie Diplomat gleich erprobter, allverehrter Herrscher, der in
nie erlahmender Tatkraft
lich selbst die
und
unerschütterlicher Zuversicht schließ-
gewaltigen Hindemisse zu überwinden verstand, welche
die Vertragsbrüchigkeit der fremden Fürsten heraufbeschwor.
Diese Schwierigkeiten begannen nach dem Durchzuge durch
Ungarn und Serbien, sobald man den Boden des griechischen
Reiches betrat: anfangs mangelnde Verpflegung, Räubereien, Ränke
der Beamten und Reibereien mit der Bevölkerung, dann nach der
mühevollen Balkanübersteigvmg in der reichen Ebene von Philippopel
offene Feindseligkeiten, Gefangennahme von Friedrichs Gesandten,
eine Verbindung des griechischen Kaisers mit Saladin.
In
der Politik des Isaak Angelos mischten sich Kopflosigkeit und Mißtrauen. Wie, wenn Friedrich trotz gegenteiliger Versicherungen sich
als ein Fortsetzer normannischer Eroberungsgelüste entpuppte oder
auch nur dem alten Gedanken Raum gab, dem Kreuzzuge durch
sogar
Einnahme von Konstantinopel
eine sichere Basis zu gewinnen?
damals fernliegen, was wenig später von Heinrich VI.
Hätte
geplant, was im vierten Kreuzzuge verwirklicht wurde?
Isaak Angelos freilich einen Blick in die Seele Friedrichs tim können,
er hätte nichts als das tief eingeprägte Kreuzeszeichen darin erschaut. Nur weil ihm diurch die Feindseligkeit des Griechenkaisers
der Weg zu dem fernen Ziele versperrt wurde, dachte er einen
Atigenblick an die Eroberung von Konstantinopel, um diesen Plan
sofort wieder fallen zu lassen, als Isaak Angelos sich endlich im
Vertrage von Adrianopel (Februar 1190) den maßvollen, aber mit
Stolz imd Zähigkeit festgehaltenen Mindestforderungen Friedrichs
anbequemte. Hieß das nicht eine große Gelegenheit versäumen?^)
die
Warum
')
sollte
Das betont vor allem Ranke
in seiner Weltgeschichte.
§ 13. Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedrichs
Luden
nicht
herrschaft zu errichten,
zvir
(ii
78—1 190).
171
ein, auf den Trümmern des
deutsche Herrschaft oder ZweigHerstellung der einst gespaltenen Ein-
die Verhältnisse
morschen Griechenreiches
I.
dazu
eine
römischen Imperiums und als ein künftiges Bollwerk
Ob freilich das VerEurojjas gegen den andringenden Orient?
waltungsvermögen der damaligen Deutschen einer so unermeßlich
schwierigen Aufgabe auch nur annähernd gewachsen war, ob es
irgend stärkere und dauerndere Gebilde hätte schaffen können, als
die Franzosen in der Staatenwelt des lateinischen Kaisertums, bleibt
mehr als zweifelhaft. Wie immer, Friedrich war kein Alexander;
wir dürfen ihn nicht tadeln, wenn er der Lockvmg widerstand. Er
blieb sich selbst und der Kreuzzugsidee treu!
Die Überfahrt über den Hellespont ward nun mühelos bewerkstelligt, aber beim Marsch durch das unwirtliche Innere Kleinasiens
erlitten die ELreuzfahrer durch die Angriffe der vmbotmäßigen Turkomanen und die Wortbrüchigkeit des Sultans von Ikoniiun noch
Trotzdem blieb die
weit größere Entbehrungen und Verluste.
Spannkraft des geschwächten und erschöpften Heeres vmd seines
Führers stark genug, um die Truppen des Sultans aufs Haupt zu
schlagen, Ikoniiun zu nehmen imd den Frieden zu diktieren. Schon
waren imter neuen Mühen die Gebirge Cilidens überschritten, schon
dehnte sich das christliche Armenien, dessen Fürst Leo II. ebendamals von Friedrich die Königskrone erbat, vor den lechzenden
da
Blicken der Kreuzfahrer und versprach ihre Not zu stillen,
traf sie der härteste von allen Schlägen: ihr kaiserlicher Anführer
wiurde bei einem Bade in den kühlen Fluten des Saleph vom Tode
ereilt (10. Juni 1190).
„Bei dieser Stelle und bei diesem traurigen
Bericht," so heißt es in der Kölner Königschronik, „versagt vmser
Griffel und verstummt unsre Rede."
Das Schicksal des deutschen Kreuzzuges war damit entschieden.
Wohl bewährte sich der tapfere Schwabenherzog Friedrich auf dem
weiteren Marsche als umsichtiger Heerführer, aber die Siegeszuversicht war dahin, und bald sank auch er ins Grab.
Neben den
frischen Heeren der Engländer und Franzosen, die nun zur See
eintrafen, traten die Deutschen ganz in den Hintergrund.
Ebendeshalb berühren ims hier die ferneren Ereignisse des Kreuzzuges
Die Ergebnisse waren ja auch diesmal im Verhältnis
nicht weiter.
zu den Aufwendungen kläglich genug: nur ein schmaler Küstensaum auf dreijährige Frist gesichert, das Hauptziel, die Befreiung
Trotzdem erfolgte kein starker
des heil. Grabes nicht erreicht!
Rückschlag der Völkerstimmung, wie nach dem zweiten Kreuzzuge,
Insbesondere das Ansehen des Imperiums blieb unerschüttert; denn
aus der Bahn seiner Erfolge hatte den kaiserlichen Helden wie
heit
des
—
I
^iß Zeit der
72
Statifcr.
zweiten Moses nur ein unzeitiger
einen
Tod
gerissen,
und
dieser
märchenhaften Feme des Orients, in begeisterter
Hingabe an eine große Idee umgab sein Haupt mit romantischem
Schimmer.
Die Erinnerung an ihn ist im deutschen Volke nie erloschen,
aber die nationalen Regungen, die heute bei dem Klange des
Namens Barbarossa in Schwingung geraten, erklären sich doch nur
durch die späte Verknüpfung seiner Person mit der Sage von dem
Erst
heimlichen und dereinst wiederkehrenden deutschen Kaiser.
durch Rückerts Gedicht (1813) ist er da in der Volksphantasie an
die Stelle seines Enkels Friedrich II. getreten, und ein halbes Jahrhundert der Sehnsucht nach dem neuen deutschen Einheitsreiche
hat die Verbindung seines Namens mit der Kaisersage unlöslich
gemacht.
Noch nach dem glorreichen Wiedererstehen der alten
Reichsherrlichkeit in
neuer Form hat man, wenn auch vergeblich, in Syrien nach seinen Gebeinen gesucht, um sie als ein
vaterländisches Heiligtum auf deutschen Boden zu überführen. i)
Inzwischen hat gelehrte Forschung 2) die alte Sage in ihrer ur-
Tod
selbst in der
sprünglichen Gestalt aus der
modernen Umdichtung
herausgeschält.
die auf einen engen Kreis beschränkte Erkenntnis wird schwer-
Aber
der breiten Volksvorstellung den freien Strom der SagenAuch tut das nicht not, denn die Phantasie hat hier das Vorrecht vor dem Verstände; sie aber hat mit
richtigem Gefühl die vaterländischen Hoffnungen verknüpft nicht
lich
in
bildung zurückdämmen.
mit der Person des halbsizilianischen Enkels, sondern mit der echtdeutschen Heldengestalt Barbarossas.
§
14.
Heinrich VI. (1190—1197).
Seltsam hebt sich
der des Vaters, neben
Jüngling,
')
154
neben
die Persönlichkeit Heinrichs VI.^) ab
dem
dem Helden
Vergl. Scheffer-Boichorsts
von
jugendfrischen Greise der frühgereifte
die Charakterfigur!
Von
Friedrich
kritische Auseinandersetzung, Schriften II,
ff.
*) Ich weise neben den älteren Forschungen von G. Voigt und Riezler,
Bezold und R. Schröder hier nur hin auf die zusammenfassende Darstellung der deutschen Kaisersage von Kampers, Die deutsche Kaiseridee in
Prophetie u. Sage 1896.
^) Die frühere Beurteilung Heinrichs als Tyrannen schlechthin, wie sie
etwa noch bei Gregorovius fortlebt, ist schon durch Abel, König Philipp der
Hohenstaufe (1852) beseitigt.
Toeche, Jahrb. d. d. Gesch.: Kaiser H. VI,
{1867) hat sich dann durch die nahezu vollständige Zusammentragung und
Verwertung des Quellenstoffes und eine schwungvolle Darstellung um die Geschichte Heinrichs große Verdienste erworben, doch genügt der kritische
V.
§
14.
Heinrich VI.
(i
190— 1 197).
17^
große Politik eingeführt und selbständig mit wichtigen
Aufgaben betraut, zum Mitregenten erhoben imd zuletzt als Vertreter im Abendlande zurückgelassen, tritt er uns jetzt mit seinen
25 Jahren als ein völlig Fertiger entgegen. Der magere, schwächüdie Körper, das bleiche, ernste, fast bartlose Antlitz, das ganz
von der mächtigen Stirn beherrscht wird, verrät die Gedankenarbeit
In der Tat
des Staatsmannes, nicht die Faustkraft des Kriegers.
ist von dem reicheren, harmonischeren Wesen des Vaters hier nur
eine Seite in großartiger Steigerung auf Kosten aller anderen Eigenschaften entwickelt: der Sinn für Macht und die Kunst staatsmännischen Handelns. Wenn die kurze Regierungszeit einen vollzeitig in die
gültigen Schluß gestattet,
ist
die Fähigkeit, die politischen Gelegen-
beim Schöpfe zu fassen, die Mittel haarscharf abzumessen,
die größten Wirkungen mit dem geringsten Einsatz zu erreichen,
aber die letzten Ziele nur um so weiter zu stecken, vielleicht niemals einem mittelalterlichen 'deutschen Herrscher in solchem Grade
zu eigen gewesen, wie Heinrich VI., der auch die in gewisser Hinsicht wesensverwandte, aber kleinere und unedlere Natur Heinrichs V.
Ein glühender Ehrgeiz, „das Reich noch
weit hinter sich läßt.
größer vmd mächtiger als unter seinen Vorgängern zu gestalten,"
trieb ihn vorwärts, verscheuchte ihm Ruhe und Genuß, machte ihn
unliebenswürdig, streng und, soweit es seinen Zwecken frommte,
auch rücksichtslos, grausam, für Gefühlswerte unzugänglich. Ohne
den ritterlichen Sinn, das gerechte Maßhalten und die sittliche
Größe des Vaters, von keinem ebenbürtigen Gegner in Schranken
gewiesen, umspannte sein Herrschergeist immer weitere Kreise der
heiten
Weltpolitik, bis ihn ein früher
Der Reichtum der
Tod
sizilischen
aus der
Bahn
Erbschaft war
seiner Erfolge riß.
für
die Staufer,
was der Nibelimgenhort für die alten Sagenhelden; er lockte und
bannte ihr Sinnen und Trachten und ward schließlich zu ihrem
und Deutschlands Verhängnis. Auch die Politik Heinrichs VI. war
in viel höherem Maße, als man früher meinte, von der Rücksicht
auf Gewinnung und Sicherung Siziliens beherrscht, und selbst die
imperialistischen
Bestrebungen
seiner
letzten
Jahre
trugen
einen
starken Einschlag normannisch-sizilischer Tendenzen.
Anforderungen, und die Auffassung ist noch mehr roDie für alle Abschnitte nötige Nachprüfung ist fUr
einzelne bereits geleistet, namentlich durch die scharfsinnigen Untersuchungen
von H. Bloch, Forsch, z. Politik Kaiser H. VI. 1 191— 94 (Berl. Diss. 1892).
Für Einzelheiten brauchbar auch Ottendorffs Bonn. Diss. über die beiden
letzten Normannenkönige 1899 und Is. Caro's Rost. Dis». über H.s Beziehungen
Leider gestattet das verhältnismäßig dürftige Quelienmaterial,
z. Kurie 1903.
namentlich an Urkunden und Briefen, vielfach keine gesicherte Erkenntnis;
doch stehen die Hauptzüge hinlänglich fest.
Unterbau nicht
mantisch
als
allen
realistisch.
Die Zeit der
ly^
Staufer.
Als es nach dem Tode Wilhelms IL von Sizilien (Ende 1189)
den Erbanspruch Konstanzens zu verwirklichen, schloß Heinrich,
der eben mit dem eidbrüchig nach Deutschland zurückgekelurten
Heinrich dem Löwen im Felde lag, mit diesem, statt ihn zu ver-
galt,
nichten,
einen
raschen Frieden
für das sizilische
(Juli
Unternehmen und
für
1190), um sich
den Vollzug der
freie
vom
Hand
Papste
versprochenen Kaiserkrönung zu verschaffen, die noch dringender
wurde, als die Nachricht vom Tode des Vaters aus dem Orient
eintraf.
Aber vor beiden Zielen türmten sich nun die erheblichsten Schwierigkeiten.
Eine sizilische Nationalpartei hatte voll
Abneigung gegen die deutsche Herrschaft einen unehelichen Sproß
des normannischen Königshauses auf den Thron gehoben (Januar
Tancred, eine tüchtige imd gewinnende Persönlichkeit,
II 90).
wenn auch ohne Größe, war der Förderung des Papstes von vornherein gewiß, der jedes Mittel ergreifen mußte, vun sich vor der
drohenden Umstrickung dvurch die staufische Macht zu retten, und
der als Oberlehnsherr ein Mitwirkungsrecht bei der Regelung der
Eine weitere Stütze bot ihm
Thronfolge wenigstens beanspruchte.
ein Bündnis mit Richard Löwenherz, das bei dem Winteraufenthalt
des Kreuzfahrers in Messina ( 1 1 90/9 1 ) nach feindseligen Reibungen
und Erpressungen des englischen Königs zustande kam imd
Durch diesen Rückhalt im
seine Spitze gegen Heinrich richtete.
Süden ermutigt, weigerte sich nun der damals neuerwählte Papst
Coelestin HL (1191
98), das Krönungsversprechen seines VorEr war fast schon ein halbes Jahrhundert
gängers einzulösen.
Kardinal gewesen, ein fünfundachzigj ähriger Greis, heroischer Entschlüsse für die kirchliche Freiheit kamn fähig, von der Überlegenheit der kaiserlichen Macht schmerzlich diurchdrungen, trotzdem das
Ringen gegen sie nie ganz aufgebend, aber im Bewußtsein seiner
Ohnmacht auf passiven Widerstand, hinhaltende Maßregeln, geheime
Charakteristisch,
Zettelungen imd Verschwörungen angewiesen, i)
daß er jetzt, um einen Vorwand für die Verzögerung der Kaiser-
—
krönung zu haben, seine eigne Weihe hinausschob.
Für Heinrich wären ein längerer Aufenthalt oder ein vorsizilischen und deutschen
Indes war er nicht der Marm,
Nicht durch brutale
sich durch Ausflüchte hinhalten zu lassen.
läufiger Verzicht
Gegner
im Hinblick auf seine
gleich bedenklich gewesen.
*) Hauck IV, 680 sucht Coelestin gegen den Vorwurf der Schwäche in
Schutz zunehmen; ähnlich die JenenserDiss. v. Leineweber (1906). Wie viel von
energischeren Maßnahmen der letzten Jahre bereits auf den Einfluß des Kardinals Lothar von Segni (Innozenz III.) ztu-ückzufiihren ist, wird sich schwer
Immerhin war die damalige
ausmachen lassen; wahrscheinlich recht viel.
Lage des Papsttums eine der schwierigsten aller Zeiten.
§ 14.
Heinrich VI. (1190
— 1197).
175
—
Gefangennahme, xvie einst Heinrich V. erreichte er sein Ziel,
sondern dxirch
das hätte nur Gegenwirkungen hervorgerufen,
kluge Verwertung der Schwäche des Gegners. Wie er die römische
Abstammung und Neigung Coelestins, die nachbarlichen Rivalitätskämpfe der Römer ausnutzte, um durch die Preisgabe des kaiserfreundlichen Tuskulum zunächst jene zu gewirmen und dvuch ihren
Druck auf den Papst seinen Zweck, die Kaiserkrönvmg, zu erreichen,
das war ein Meisterstück der politischen Rechenkunst, wie es für
—
Heinrichs Art bezeichnend ist. i)
Als er nun aber zur Eroberung Siziliens schritt, häufte sich
das Mißgeschick und führte zu einer ernstlichen Gefährdvmg seiner
An den Mauern
Neapels brach sich die Wucht des
eine furchtbare Seuche
im Heere warnte noch in letzter Stunde vor der unnatürlichen
Länderverbindung, ergriff auch den Kaiser und zwang ihn zum
Abbruch der Belagerung. Eine falsche Nachricht von seinem Tode
Schon vorher war aus
überlieferte seine Gemahlin den Feinden.
seinem Lager der als Geisel mitgeführte älteste Sohn Heinrichs des
Löwen entflohen, hatte eine Verbindimg mit Tancred angeknüpft,
wie einst zur Zeit Konrads III. Weif mit Roger IL, und suchte nun
den Aufruhr in Deutschland zu entfesseln. Noch hätte der eiligst
heimkehrende Kaiser, der auch jetzt im Hinblick auf Sizilien zu
weitem Entgegenkommen bereit war, wohl den Frieden hergestellt,
hätte nicht eine Untat die Funken zu loderndem Brande geschürt
Heinrich verfolgte auch in der innerdeutschen Kirchenpolitik die
vom Vater vorgezeichnete Richtung, aber seinem Wesen entsprechend
Hatte jener sich bei
in schrofferen und rücksichtsloseren Formen.
bischöflichen Doppelwahlen nur theoretisch ein Devolutionsrecht') zuHerrschaft.
zur See ungenügend unterstützten Angriffs,
Heinrich es jetzt wirklich ztu Anwendimg.
In den Wirren, die daraus in Lüttich entstanden, wurde der päpstliche Gegenkandidat Albert, ein Bruder des Herzogs von Brabant,
von deutschen Rittern ermordet (Ende 1192). Die noch frische
billigen lassen, so brachte
Es wäre endlich an der Zeit, daß die sentimentale Auflassung diese«
von ungenügend eingeweihten zeitgenössischen Chronisten ausgehend, bis in die neuesten Darstellungen hinein findet, schwände. Die Auslieferung von Tuskulum an den Papst zugleich mit den anderen okkupierten
putzen des engeren Kirchenstaates war ja schon im Vertrage Heinrichs mit
Eine Treulosigkeit ist höchstens
der Kurie v. 3. April 1189 vorgesehen.
darin zu erblicken, daß er auf Bitten der Bewohner überhaupt eine Besatzung
in die Stadt legte und dadurch Hoffnungen erweckte, in seinem Sinne aber wohl
nur den Wert dieses Verhandlungsobjektes steigerte. Was war ihm Tuskulum? Um seinetwillen die verbrieften Versprechungen an die Kurie zu brechen
war von Heinrich
und die Verständigung mit ihr auüi Spiel zu setzen
')
Aktes, die sich
,
nicht zu verlangen.
')
Vgl.
oben
S.
I30.
Die Zeit der Staufer.
176
Erinnerung an das Schicksal des Thomas Becket war es vielleicht
zum wenigsten, die den Verdacht der Mitschuld sofort, wenn
auch ungerechtfertigterweise, auf den Kaiser selbst lenkte. Von
der weitverzweigten Vervi^andtschaft des Ermordeten ausgehend, ergriff
Und
der Aufruhr alsbald die gesamten niederrheinischen Gebiete.
nun schlössen sich jene beiden norddeutschen Kreise, deren Rivalität
der Kaisermacht Barbarossas lange zugute gekommen war, die sich
dann beim Abfall des Erzbischofs Philipp von Heinsberg erstmals
berührt hatten, der niederrheinisch-kölnische und der sächsischweifische, zu einer gefährlichen Verbindung zusammen, aus der bald
genug das Gegenkönigtum Ottos IV. erwachsen sollte. Hinter beiden
stand England, das mit Köln durch wirtschaftliche, mit den Weifen
durch verwandtschaftliche Bande verknüpft war. Erwägt man, daß
sich die deutsche Fürsten Verschwörung noch weiter, auch nach
Oberdeutschland erstreckte, daß der englische König mit dem sizilischen Usurpator verbündet war, daß im Hintergrunde der Papst
alle Feinde des Kaisers mehr oder weniger offen unterstützte, so
sah sich Heinrich in der Tat einem internationalen Bunde von
großer Ausdehnung und Bedeutung gegenüber.
Da ermöglichten ihm Glück und diplomatische Meisterschaft,
mit einem lächerlich geringen Kräfteaufwand diesen Bund zu zersprengen. Schon längst war er mit Philipp II. August von Frankreich
übereingekommen, auf Richard Löwenherz, ihren gemeinsamen Feind,
bei seiner Rückkehr aus dem Orient zu fahnden, obwohl er als
nicht
Für den Herzog Leopold
Kreuzfahrer hätte gesichert sein sollen.
von Österreich kam noch persönliche Rache hinzu, als er den
König, der sich in Pilgertracht unerkannt durch das Reich hindurchgefangennahm und dem Kaiser auslieferte.
Wie dieser nun den Glücksfall ausbeutete, wie er durch wiederholte Drohung einer Auslieferung Richards an seinen Todfeind, den
französischen König, schließlich die harten Freiheitsbedingungen in
zähen, mit imzweifelhafter Überlegenheit gefühlten Verhandlungen
erpreßte, das war freilich weder ritterlich, noch vornehm, aber es
brachte ihm Erfolg auf der ganzen Linie. Zunächst durch Richards
Eine die Plane der hohen
Einfluß die Befriedigung Deutschlands!
Politik durchbrechende, rasch vollzogene Liebesheirat zwischen dem
jüngeren Weifen Heinrich und einer Base des Kaisers, dem einzigen
Kinde Konrads, des staufischen Pfalzgrafen bei Rhein, schien überzuschleichen versuchte,
geeignet, die Weifen durch die Anwartschaft auf die Pfalz
dauernd zufriedenzustellen. Weitere Erfolge waren die Preisgabe
Tancreds, die Zahlung einer enormen Lösesumme, die zugleich die
dies
Mittel
für
ein
neues
sizilisches
die Lehenshoheit Heinrichs über
Unternehmen bereitstellte, endlich
den englischen König, ein bedeut-
§ 14.
Heinrich VI.
(i
190— 1 197).
17-r
Einzig das
samer Schritt auf der Bahn der Weltherrschaftspolitik
demütigende Ansinnen, als Vasall dem Kaiser gegen seinen bisherigen Verbündeten Tancred persönlich Heeresfolge zu leisten, hat
Richard standhaft verweigert vmd schließlich durch eine Erhöhung
!
des Lösegeldes abgekauft.
Die Bedingungen beweisen aufs neue, wie ausschließlich noch
immer der Gedanke der Erwerbung Siziliens Heiruichs Politik beWeit gesicherter im Rücken, nach vunfassenderen Zuherrschte.
Abmachungen mit Genua und Pisa auch zur See
1194 seinen zweiten Zug in sein Erbreich an.
Auch dort war ein bedeutsamer Wandel zu seinen Gunsten eingetreten.
Tancred, der inzwischen in beständigen Kämpfen stetige
rüstungen, durch
gefördert,
trat
Fortschritte
er
gemacht, gegen
kirchliche Zugeständnisse
die feierliche Belehnung mit Sizilien erlangt
vom
Papste
und vmter Vermittlung
Coelestins den aussichtslosen Versuch gemacht hatte, durch großmütige Freigabe Konstanzens auch Heinrichs Großmut wachzurufen,
hätte dem neuen Angriff schwerlich zu wderstehen vermocht. Aber
er war schon im Beginn des Jahres plötzlich gestorben, vmd gegen
den an seiner Stelle auf den Thron gehobenen unmündigen Sohn
Wilhelm IH. hatte mm Heiiuich von vornherein gewonnenes Spiel
Noch Ende 1 1 94 zog er triumphierend in Palermo ein. Der junge
König mit seinen Angehörigen wiurde nach anfänglicher Abfindung
infolge einer Verschwörung der Barone in die Verbannung nach
Deutschland geschickt.
Heiruich stand an dem ersehnten Ziel.
Jetzt galt es, das Errungene zu sichern und dauernd mit dem
Imperium zu vereinigen. Dafür war von vornherein von unermeßlicher Bedeutung, daß ihm ebendamals seine bereits vierzigjährige
Gemahlin ihren ersten und einzigen Sohn gebar {26. Dez. 1194),
der, gleichsam als ein Eckstein beide Dynastien imd ruhmreiche
Überlieferungen in seiner Person vereinigend,
Friedrich
Roger
wenn
gelang,
es
herzustellen, so
erhielt^)
eine
mußte
die großen
Er war der geborene Erbe
staatsrechtliche
Namen
Siziliens;
Vereinigung beider Reiche
sich das sizilische Erbrecht auf das römische
König- vmd Kaisertum übertragen. Beides hing unlöslich zusammen.
So entsprang der Plan eines Erbkaisertums') nicht eigentlich den
Bedürfnissen Deutschlands, sondern dem Wunsche einer dauernden
Angliederung Siziliens; seine Durchführung hätte dem Reiche an
Stelle des deutschen endgültig den römisch-imiversellen Charakter
Denkwürdig genug bleibt der Versuch auch so für die
aufgeprägt.
^)
UrsprilQglich
war der Name Konstantin
in Erinnerung an
Konat
d.
Gr. beabflichtiKt.
*) Die grundlegende Arbeit darüber ist die lateinische Bonner Diss. Ton
Ficker 1849, seitdem im einzelnen überholt; vgl. auch Krammer, s. 0. S. 131.
Uampe,
Doutache KaisergMchicbte.
13
lyQ
.
deutsche Geschichte.
Die Zeit der
Staufer.
Fürstlicher Sonderpolitik
und
päpstlichen Ein-
wäre damit für alle Zukunft der
Boden entzogen. Von einem Staatsmanne wie Heinrich dürfen wir
voraussetzen, daß er solche Folgen klug erwog. Aber so despotisch
dachte doch auch er nicht von seiner Machtstellung, daß er eine
derart grundstürzende Verfassungsänderung einfach von sich aus
hätte anordnen können; dazu bedurfte er der Zustimmung der
deutschen Fürsten oder des Papstes. Er hat es mit beiden versucht.
Die Zugeständnisse, die er den Fürsten bot, waren unzuDer Erblichkeit der Krone sollte eine über die direkte
reichend.
männliche Deszendenz hinaus auch auf weibliche Glieder und Seitenlinien ausgedehnte Erblichkeit der weltlichen Reichslehen entsprechen,
aber einzelne Fürsten besaßen derartige Rechte schon durch
Sonderprivilegien, und die andern hofften sie wohl im Laufe der
Entwickelung leichteren Kaufs zu erlangen. Den geistlichen Fürsten
mischungen
in
die Thronfolge
—
wurde die Preisgabe des lästigen Spolienrechts angeboten, aber dies
Recht wurde in kirchlichen Kreisen als ein Mißbrauch empfunden,
dessen Abstellung man ohne so hohen Entgelt glaubte erwarten zu
Für so dürftige Zugeständnisse sollte man also verzichten
dürfen.
auf das wertvollste Recht zur Stärkung der Fürstenmacht, auf alle
eignen Thronhoffnungen, sollte wohl gar zum Range sizilischer
Barone herabsinken und die eignen Mittel und Kräfte im Dienste
sizilischer Unternehmungen vergeuden?
Als er damals
Heinrichs Machtstellung war furchtgebietend.
(1195) die Mark Meißen in Ermangelung eines direkten männlichen
Erben als erledigtes Reichslehen einzog und gegen das geltende Gewohnheitsrecht auch nach Jahr und Tag nicht wieder austat, da
wagte sich kein Widerspruch hervor gegen die neue Übung, die,
folgerichtig weitergehandhabt, nach Art des französischen Königtums,
zu einer gewaltigen dauernden Kräftigimg der deutschen Krone
Auch gegenüber dem Erbkaiserplan trat zuhätte führen müssen.
nächst kein offner Widerstand zu Tage, sondern nach einem schüchternen Verschleppungsversuche gelang es Heinrich, auf einem neuen
Reichstage (1196) unter Druck und Drohungen die Stimmen der
Anwesenden auf das Projekt festzulegen. Aber noch fehlten angesehene Fürsten, wie der neue Kölner Erzbischof Adolf, das Haupt
auch ihr Widerstreben zu brechen,
einer rheinischen Opposition.
Um
neue nach Italien begab, an
Bedingungen das Anzu haben, seinen noch im frühesten Kindesalter
nun Heinrich, der
scheint
sich aufs
den Papst unter ungewöhnlich
sinnen
gestellt
vorteilhaften
stehenden Sohn Friedrich zum Caesar oder Mitkaiser zu krönen, i)
*)
Diese Nachricht der sog.
ungeret")
ist
in
ihrer
Deutung
viel
Marbacher Annalen („et quod in regem
umstritten.
Die Möglichkeit ihrer Aus-
§ 14.
Heinrich VI. (1190
— 1197).
17g
so die höchste kirchliche Autorität dem Köhier Erzbischof
Trotz die imperialistischen Bestrebungen gefördert und ein
Erbrecht für das Kaisertum ohne vorhergehende Fürstenwahl aner-
Wenn
zum
kannt hätte, wer hätte darm in Deutschland noch fem er in der
Aber durch diese Rechnung
Gegnerschaft zu verharren gewagt?
machte die Kurie einen Strich; in dem klaren Bewußtsein der Einbuße, die auch sie durch eine solche Neuordnung erleiden würde,
Dadurch
setzte sie der Forderung eine zähe Weigerung entgegen.
erstarkte dann auch die Opposition in Deutschland, und Heinrich
begnügte sich nun in klugem Einschwenken zunächst mit einem
Erfolge, mit dem er immerhin zufrieden sein konnte.
Durch die Wahl Friedrichs II. zum deutschen Könige schien das,
was er für die Dauer festgesetzt wissen wollte, Vereinigung beider
geringeren
Reiche unter dem staufischen Herrscherhause, wenigstens für die
nächste Generation gesichert zu sein, und der weitergehende Plan,
der jetzt fallen gelassen wurde, konnte zu gelegenerer Zeit wieder
aufgenommen werden.
Aber auch von sizilischer
Seite drohte der Vereinigung ernste
Heinrich war dort der Nationalpartei weit entgegengekommen, indem er die Verwaltung unverändert ließ und die Regentschaft seiner Gemahlin, der Sizilianerin, der Tochter des großen
Gefahr.
Aber eben diese, eine stolze Frau von starkem,
Roger, übertrug.
selbständigem Geiste und leidenschaftlichem Temperament, ganz
i),
erfüllt von den Überlieferungen des normannischen Königtums
nahegestanden zu haben und ist selbst
über den Verdacht der Mitwisserschaft um die letzte große Verschwörung gegen ihren Gemahl nicht ganz erhaben. Sicher ist der
geheime Anteil des Papstes daran. Die Umlage einer hohen Steuer
und der Versuch Heinrichs, nach dem Vorbilde Rogers alle früheren
königlichen Privilegien einer scharfen Revision zu imterziehen, hatten
scheint jener Partei sehr
legung als Krönung zum Mitkaiser suchte ich, im Anschluß an Winkelmann u.
Ich freue mich, dadurch den
Caro, Mitt. d. Inst. f. öst. Gesch. 27 darzutun.
Anstofi zu der sehr beachtenswerten Studie v. Krammer (s. S. 131) gegeben
Seinen mehr nach der Seite von Toeche u. Hauck (römische
zu haben.
Königskrönung) neigenden Darlegungen kann ich mich hier freilich nicht anschließen, vielmehr scheinen mir die sonstigen Ausführungen seines Buches
Kr.s Meinung berührt sich
gerade zugunsten meiner Auffassung zu sprechen.
damit freilich viel näher, als er selbst zugibt; denn ist eine Krönung, durch
den Papst in den üblichen Formen einer Kaiserkrönung vollzogen, die den
Caesartitel gewährt, zur Nachfolge im römischen Imperium berechtigt, eine
künftige Kaiserkrönung überflüssig macht (vgl. Krammer S. 35), überhaupt noch
als eine „Krönung zum römischen König" von einer „Krönung zum Mitkaiser*
zu unterscheiden?
*) Vgl.
über sie neuerdings auch P. Kehr, Quell, u. Forach. aus iL
Arch. i3flF., Soflf.
1
Die Zeit der
jgo
die Unzufriedenheit
mit
der
Staufer.
deutschen Herrschaft
gesteigert.
Es
handelte sich um nichts Geringeres, als eine Art von sizilianischer
Vesper, um die Ermordung des Kaisers und aller Deutschen im
Lande, um die Erhebung eines einheimischen Königs. Da ward
der Plan vorzeitig entdeckt, und die Verschwörer nun mit blutiger
Die Grausamkeit der
niedergeworfen (Mai, Juni 1197).
Strafen hat dem Kaiser viele entrüstete Vorwürfe eingetragen; sie
entsprach immerhin Ort und Zeit und der Furchtbarkeit des Ge-
Strenge
planten.
Indem aber nun
die Nationalpartei völlig
am Boden
lag,
dem
Kaiser nur zu einem neuen
Erfolge verholfen und die Verbindung Siziliens mit dem Reiche neu
Und auf dem Grunde dieser Vereinigung hatte Heinrich
gefestigt.
inzwischen immer sicherer und stolzer die Bahnen der Weltpolitik
hatte die gescheiterte Verschwörung
beschritten.
Dahin sah
er
sich
gewiesen
schon
durch
machtvolle
die
und Ansprüche in
den Zeiten und Kreisen, die für seine Entwickelimg maßgebend
Die Reichsministerialität, verstärkt noch durch den Anfall
waren.
der weifischen Besitzungen Schwabens nach dem Tode Welfs VI.
Steigerung
der
imperialistischen Vorstellungen
1
(
9 1 ) , stand damals auf dem Gipfelpunkt ihrer politischen Bedeutung. Jenseits der Alpen verharrte die Lombardei im wesentlichen auf dem Boden des Konstanzer Friedens, ward aber von
Heinrich durch kluge Ausnutzung der inneren Gegensätze politisch
lahmgelegt. Das übrige Italien schien sich immer entschiedener in
der Richtung immittelbarer kaiserlicher Beamtenverwaltung zu entund deren Organe waren vor allem die überschüssigen
Nirgends aber lebten
Kräfte der deutschen Reichsministerialität.
so weitausgreifende Vorstellungen von den Aufgaben des deutschen
Kaisertmns, wie in diesen Kreisen, in denen sich die Anschauimgen
eines Reinald von Dassel in ungeminderter Kraft erhalten hatten.
Die Weltherrschaft galt hier geradezu 'als der nationale Beruf der
Deutschen, und mit unverhohlener Verachtung blickte man auf die
andern Völker und ihre „armen Könige", die dem Kaiser zu
wickeln,
dienen hatten, i)
Der vornehmste Träger solcher Ideen war Heinrich selbst. Schon
hatte er in der Person Richards Löwenherz den mächtigsten König
Europas in Lehensabhängigkeit gezwungen. Durch die Herrschaft
der Plantagenets über mehr als die Hälfte des heutigen Frankreichs
war England selbst eine Weltmacht. Und Heinrich betrachtete das
Lehensverhältnis nicht nur als bloße Form, sondern beanspruchte
1) Vgl. Burdach, Walter v. d. Vogelweide (1900)
auch die Ausfilbruogen von Krammer.
S.
135
fif.
Dazu
jetzt
§ 14.
Heinrich VI.
(1190— 1197).
181
einen maßgebenden Einfluß auf Richards auswärtige Politik
vmd übte
dadurch einen Druck auch auf die französische ICrone. Das Königreich Burgund im Süden Frankreichs konnte für das Reich durch
Barbarossa als neugefestigt gelten. Gewisse Ansprüche reichten von
dort selbst nach Aragonien, das vorübergehend schon in den Kreis
der Heiratspolitik Friedrichs I. getreten war. Im Norden und Osten
Deutschlands hielt man an den alten Rechten der Lehnshoheit
natürlich
fest,
werm
auch, der allgemeinen südlichen
Tendenz
ent-
sprechend, ohne besonderen Nachdruck und Dänemark gegenüber
auch ohne Glück.
Und mit diesem gewaltigen Umkreis imperialistischer Ansprüche
verbanden sich nun die großen Überlieferungen der normannischen
Sizilien war das Zentrum des Mittelmeers, die
Politik Süditaliens.
Schwelle des Orients. Heinrich erbte hier von Süden her die jähr-
Almohadenherrschers von Nordafrika, nach
bedeutsame Ansprüche und Eroberungstendenzen
gegen das griechische Kaiserreich, die von Robert Guiscard bis auf
Wilhelm II. nie ganz geruht und noch zuletzt zu einer erfolgreichen
Dazu
Heerfahrt gegen die Balkanhalbinsel (1183) geführt hatten.
traten für Heinrich die Erinnerungen an so manche Feindseligkeit
der griechischen Kaiser gegen seinen Vater und neuerdings Erbansprüche seiner eignen Familie. Im Palaste von Palermo hatte
er die einem Sohne Tancreds zur Gattin bestimmte byzantinische
Prinzessin Irene vorgefunden und sie mit seinem Bruder Philipp
vermählt. Ihr Vater Isaak Angelos aber ward durch seinen Bruder
Alexios III. vom Thron gestoßen. Eine Zeitlang trug sich Heinrich
in der Tat mit dem Gedanken einer Eroberung Konstantinopels und
stand nur davon ab, als Alexios sich zu einer demütigenden Tributzahlung herbeiließ. Aber die Tage des griechischen Reiches schienen
Schon suchten ehemalige oströmische
trotzdem gezählt zu sein.
Gebiete Anlehnung an das abendländische Imperium; die Könige
von Armenien und Cypem nahmen von Heinrich ihre Krone zu
Lehen. Schon eröffnete sich die Aussicht auf weitere Erwerbungen
liche Tributzahlung des
dem Osten
hin
in Syrien.
Denn
der Eroberungsplan gegen Konstantinopel war doch nur
zugunsten eines andern großen Unternehmens, das
zurückgestellt
aller Energie betrieben wurde, eines neuen Kreuzzuges,
aber eines Kreuzzuges, der nicht sowohl eine allgemeineuropäische
Schwarmbewegung sein sollte, als vielmehr ein festgefügtes Glied in
Er sollte
der Kette von Heinrichs weltumspannenden Entwürfen.
eimnal den Frieden im Reiche sichern helfen. Heinrich wußte nur
nun mit
zu
gut,
macht
wie ingrimmig die Kurie den Zustand politischer Ohnder in jenen Tagen sogar einmal den Gedanken einer
ertrug,
I^'* Zeit der Staufer.
j82
völligen Säkularisation des Kirchenstaats hat aufkommen lassen i),
wie sie jedes noch so verwerfliche Mittel zu geheimen GegenDer Kreuzzug mußte
wirkungen und Friedenstörungen ergriff.
ihrer Agitation gewisse Schranken setzen. Er stand femer in enger
Beziehung zu dem gleichzeitig betriebenen Erbkaiserplane, dessen
Annahme Heinrich vielleicht zur Voraussetzung einer persönlichen
Teilnahme gemacht hat. Er sollte den Glanz des Kaiserturas
steigern, seine Herrschaft und seinen Einfluß noch weiter ausdehnen.
Die Aussichten im Orient hatten sich durch den Tod Saladins, dem
neue Spaltungen folgten, erheblich gebessert. Der Kaiser selbst
stellte für das Unternehmen eine besoldete Kemtruppe, an die sich
die zahlreich teilnehmenden Fürsten und Großen des Reiches anschlössen.
Je mehr von ihnen außer Landes gingen, desto unbeschränkter konnte sich unterdes der Einfluß des zurückbleibenden
Kaisers, der sich gleichwohl die Leitung des Unternehmens wahrte,
geltend machen.
Diesmal wurde der bequemere und gefahrlosere
Seeweg gewählt. Alles war in Bereitschaft.
September 1197 von Sizilien ab.
Kvu"z darauf
Hoffnungen
ist
Die Flotte
segelte
im
der Herrscher, der ihre Fahrt mit den kühnsten
dem eben die Ernte mühevoller Saaten zu
begleitete,
reifen begann, plötzlich mit zweiunddreißig
Sommers
Jahren
als ein
Opfer des
worden (28. Sept. 1197). Seine
Gebeine ruhen noch heute im Dom von Palermo.
Sein früher, unerwarteter Tod war die furchtbarste Katastrophe
der mittelalterlichen Geschichte Deutschlands. Ein Rückschlag wäre
ja auch ohne das einmal auf die Überspannung der imperialistischen
Tendenzen eingetreten, denn an ein organisches Zusammenwachsen
sizilianischen
aller
dieser
dahingerafft
beherrschten,
verlehnten oder beanspruchten Länder-
Aber solange dieser große
war ja nicht zu denken.
politische Rechner mit seiner kühlen Phantasie an der Spitze stand,
hätte immerhin ein zeitliches Gebilde, wie etwa das Weltreich
Karls V., erstehen können, und wie alsdann dessen ungeheure
Machtmittel zur Stärkung der Monarchie gegenüber Papsttum und
Fürstengewalt verwandt worden wären, das können wir an der
Hand bedeutsamer Ansätze nur ahnen. Freilich nicht das war das
Schlimmste, daß solche Pläne unausgeführt blieben, sondern daß
der Führer eben in dem Augenblicke zu Boden sank, wo er in
unwiderstehlichem Vorsturm die gegnerischen Kräfte ringsum zwar
zurückgeworfen, aber auch zusammengeballt hatte, und der gedoppelte
Widerstand, dessen er selbst Herr geworden wäre, einem unmündigen
Kinde und einem zerrissenen Deutschland gegenüber das Bild nun
mit einem Schlage in sein Widerspiel verkehrte.
massen
^)
Vgl. V.
Heinemann,
Mitt. d. Inst.
f.
öst.
Gesch.
9.
—
§ 15. Innozenz III. und die deutschen Thronwirren. (1198
Kaum
die
jemals, selbst nicht beim
Lage einigermaßen
erinnert,
— 1316).
igj
Ende Heinrichs III., an das
dem Leben eines Mannes
hat an
Schon die zeitgenössischen deutschen
so schlechthin alles gehangen.
Chronisten zeigten das lebendigste Gefühl des unersetzlichen Verlustes
und
die
Ahnung
eines
drohenden Umschwungs.
man
suchte damals, so erzählte
von Bern das deutsche Reich
riesenhafte
Erscheinung auf
sich in Köln, der alte
Voller Sorge
Recke Dietrich
auf; an der Mosel hatte man seine
kohlschwarzem Rosse gesehen.
Er
weissagte künftiges Unheil.
$
15.
Innozenz
Während
und die deutschen Thronwirren.
(1198—1216).
III.
die Verhältnisse
im Reiche zu Spaltung imd Bürgernach dem Tode Heinrichs VI.
krieg führten, bestieg ein Vierteljahr
der
Mann den
Stuhl Petri,
der in der ganzen Reihe der großen
politischen Päpste vielleicht als der herrschbegabteste zu bezeichnen
ist
Das
erst vollendete
den Umschwung.
—
Schon daß man den
37jährigen Lothar von Segni, den jüngsten der Kardinäle, zum
Papst wählte, spricht für seine überragende Bedeutung.
Innozenz III. (1198
1216)^) war von zartem Körperbau und
feinen, schmalen Gesichtszügen, in denen man Klarheit vmd gesammelte Energie erkeimt. Genuß imd Muße waren ihm unbekarmt
Er beschränkte sogleich den Aufwand der päpstlichen Hofhaltung,
ohne indes zu kargen, wo es das Ansehen der Kirche galt. Seine
persönliche Bedürfnislosigkeit weckte wohl Klagen der in Mitleiden*) Hauptquelle
sind seine bewunderungswürdigen Registerbände (hrsg.
von BaJuze (1682) und von Brequigny u. La Porte du Theil (1791); danach,
zusammen mit den sonstigen Schriften des Papstes, bei Migne, Patrol. lat.
Bd. 214—217). Von besonderer Wichtigkeit für die Reichsgeschichte ist das
leider unvollständige „Registrum de negotio imperii". Die „Gesta Innocentii III.
papae" von einem unbekannten Zeitgenossen aus der Umgebung des Papstes sind
ganz tendenziös, aber stofflich sehr wertvoll (Migne 214). Von neueren Darstellungen ist noch immer die einzige vollständige Biographie die von Fr. Hurter
in 4 Bänden, zuerst 1834 ff.
wenn auch unkiinstlerisch, so doch gründlich
und lehrreich, aber von so schrankenloser Bewunderung des Papstes, daß sie
den Übertritt des protestantisch-theologischen Verfassers zur Folge hatte, der
dann als Hofhistoriograph des österreichischen Kaiserhauses endete.
Das
heute veraltete Werk sucht neuerdings A. Luchaire, teilweise mit gutem Erfolg, durch eine Reihe von Monographien über den Papst zu ersetzen: Inno,
cent III: Rome et l'Italie (1904), La Croisade des Albigeois (1905), La Papaut^ et l'Empire (1906); La question d'Orient (1907); Les royaut6s vassales
du Saint-si^ge (1908); dazu eine Anzahl vorbereitender Abhandlungen, aufgezählt Hist. Zeitschr. 94, 474. Von deutschen
III u. d. deutsche Kirche (1882).
J.
Monographien
vgl.
Schwemer,
I^i^ Z^it der Staufer.
184
Umgebung. Die ungeheuren Anstrengungen, die
Körper zumutete, untergruben allmählich seine Gesundheit; wie der Vogel zum Fliegen, so meinte er, sei der Mensch
dazu geschaffen, Mühsal zu ertragen. Und diese stete Rastlosigkeit
Schaft gezogenen
er seinem
eines vemunftbeherrschten Schaffens
ist für ihn so bezeichnend, wie
Gregor VII. die stoßweis hastende, dämonische Leidenschaftlichkeit.
Seine Natur barg nicht unerforschliche Abgründe und überraschte nicht durch Blitze blendender Genialität, aber sie wußte vielleicht ebendeshalb umso besser ihr Lebenswerk vor Klippen und
Schiffbruch zu sichern.
Die scholastische Universitätsbildung seiner Zeit hatte sich
Innozenz in einem seltenen Grade der Vollkommenheit angeeignet.
Eine scharfe Dialektik spricht aus jeder seiner Äußerungen. Als
theologischer Schriftsteller und Redner erscheint er uns zwar ohne
Tiefe und Wärme, aber auf seine Zeitgenossen machte der „Abraham des Glaubens" durch seine Rhetorik doch einen tiefen Ein-
für
druck.
Unübertrefflich
aber war
er
als
Jurist.
Indem
er
einen
großen Teil seines Lebens der persönlichen Rechtsprechung widmete,
wm-de das päpstliche Tribunal unter ihm in Wahrheit zu einem
Richterstuhl für ganz Europa, vor dem man in rechtlichen und
sittlichen Fragen aller Art die vielbewunderten Entscheidungen des
„andern Salomo" erwcirtete.
Für Innozenz selbst waren solche Vergleiche i) kaum zu hoch
gegriffen.
Er war daran gewöhnt,' daß man ihm einen unmittelbaren Verkehr mit Gott zuschrieb. Vom ersten Tage seiner Amtsführung an hatte er sich ganz mit den hohen Vorstellungen erfüllt,
die seit den Zeiten Nikolaus' I. und Gregors VII. mit seiner Würde
verknüpft waren, und fühlte sich als die Verkörperung der hierarchischen Idee. Als Mittler stand er zwischen Gott und Menschen,
„weniger als Gott, mehr als Mensch", nicht mehr ein bloßer
Stellvertreter des Apostels, sondern Christi selbst.
Die Anekdote,
nach der er sich einmal den im Lateran bewahrten ungenähten
Rock des Herrn angelegt habe, um festzustellen, ob jener nicht
kleiner gewesen sei, als er selbst 2), ironisiert die tatsächlichen Ansprüche des Papstes.
Diese aber bezogen sich nicht nur auf das
Mittleramt zwischen Diesseits und Jenseits, sondern im allerweitesten
Umfange auch auf die Herrschaft dieser Welt. Hier trat er ganz
in den Ideenkreis Gregors VII. ein und wußte die Überlegenheit
des Priestertums über das Königtum, die Überordnung des Papstes
über alle Fürsten der Welt in immer neuen Wendungen mit dem
*)
Vgl. Histor. Viertelj. 8,
) Salimbene M.
509 ff.
G. SS. XXXII, 31.
§ IS. Innozenz
III. iind die
deutschen Thronwirren. (1198
— 1216).
185
ganzen Schatz überlieferter Bilder und Vergleiche darzutun, insbesondere die Abhängigkeit des Kaisertums aus seiner angeblichen
Übertragung durch den Papst von den Griechen an die Deutschen
herzuleiten.
Und indem
er sich nun mit allem Ernst an die Durchführung
Ansprüche machte, kamen ihm die Gvmst der allgemeinen
der Z\\'iespalt im Reiche, die Minderjährigkeit des siziLage
lischen Thronfolgers, die deutschfeindliche Strömung in Italien, der
dieser
—
—
französisch-englische Gegensatz
ebensosehr zu statten, vAe seine
hervorragende Begabung für Verwaltung und Finanzen, sein kritischer
Scharfsinn, den er etwa durch die Prüfung verdächtiger Papstvurkunden fast nach den Grundsätzen modemer Forschimg glänzend
bewährte, vor allem andern aber seine meisterhafte Diplomatie.
Wohl hat ihm mancher außer aller Berechnung stehende Glücksfall
die Wege geebnet, aber Innozenz verstand eben ihn zu nutzen,
er wußte auch widrigen Entwicklungen sich geschmeidig anzupassen, stets das letzte Ziel im Auge den Weg dahin ständig zu
wechseln, sich gelegentlich mit geringem Vorteil zu begnügen oder
gar einen Schritt zurückzuweichen, um bald zwei von\'ärts zu tun.
Da hat er stets rücksichtslos und unbekümmert um ängstliche
Moralbedenken seinen Vorteil, den Vorteil von Kirche und Welt,
wie er ihn verstand, wahrzunehmen gewußt, nach echter Diplomatenart die Dinge stets unter dem Gesichtswinkel seiner augenblicklichen Absichten gesehen, beleuchtet und zurechtgerückt. Alles,
was man ihm da vom Standpunkte der Moral aus von^'erfen kann ^),
geht schwerlich hinaus über das Durchschnittsmaß jedes Realpolitikers und fällt hier eben nur bei dem Papste besonders auf.
Daß
aber die höchste religiöse und moralische Autorität auf Erden jetzt
ganz zum Realpolitiker herabsank, der heute guthieß, was er gestern
verworfen, der die kirchlichen Strafmittel zu rein weltlichen Zwecken
anwandte und abnutzte, der es mit der Wahrheit nicht eben
genau nahm und auf seine politische Tätigkeit selbst das Sprüchwort „wer Pech angreift, besudelt sich" bezogen haben soll, das
bedeutete allerdings in der zunehmenden Verweltlichung der Papstkirche einen großen Schritt über Alexander III. hinaus und wurde
vorbildlich für die folgenden Jahrhunderte. Freilich, wie sollte man
die Weltherrschaft erringen ohne die Mittel der Politik ? Innozenz III.,
der sie am gewandtesten von allen Päpsten gehandhabt hat, ist
dem letzten Ziele vielleicht von allen auch am nächsten gekommen.
Zunächst galt es, die Kirche aus der erdrückenden Umklammerung durch das mit Sizilien vereinigte Reich zu befreien und
*)
Sehr scharf namentlich das Urteil von Hauck;
vgl.
dazu Hist. Ztschr.93, 417.
I^i« Zeit der Staufer.
l86
ihre Unabhängigkeit auf eine selbständige Machtgrundlage zu stellen.
der Kurie hatte man schon in den Tagen der Ohnmacht unter Coelestin III. durch eine Sammlung der wirtschaftlichen
und politischen Rechte und Ansprüche des Papsttums die künftige
Erhebung vorbereitet. Man hatte aus den alten Privilegien der
Kaiser jene umfassenden karolingischen Versprechungen hervorgeholt, die da widerspruchsvoll genug neben den späteren beschränkten
und sie ersetzenden Schenkungen standen und daraus für den Ausbau des Kirchenstaats die weitesten Folgerungen gezogen. Wenn
schon ein so maßvoller Verwaltungsmann wie der Kämmerer Cencius in dem großen, 1192 angelegten Zinsbuche der römischen
Kirche bemerkte, zum Patrimonium Petri gehörten eigentlich einige
vollständige Herzogtümer und Markgrafschaften, so formten sich
solche Ansprüche in dem Kopfe eines Innozenz schon damals zum
Programm. Aus der höchsten Bedrängnis erwuchsen, wie um die Mitte
Im Schöße
Gleichwohl
die kühnsten Forderungen.
wenig wahrscheinlich, daß man sie schon dem gewaltigen
Kaiser gegenüber zu erheben wagte, und es darf keineswegs für
sicher gelten, daß Heinrich selbst in seinem Testamente Zugeständnisse gemacht habe, die diesen Wünschen begegneten. Wohl
hat er auf seinem Sterbebette voll Sorge in die Zukunft geschaut
und, wie es scheint, in seinem letzten Willen der Kurie weitgehende
Anerbietungen für die Anerkennung seines Sohnes als Kaiser und
König von Sizilien, also für die Aufrechterhaltung der Union jener
beiden Reiche gemacht; die sizilische Lehensfrage sollte befriedigend
und für den Papst recht vorteilhaft geregelt, das Patrimonium Petri
und die vielumstrittenen mathildischen Eigengüter ihm herausgegeben
werden. Ob aber auch auf den größten Teil Mittelitaliens zu seinen
Gunsten verzichtet werden sollte, scheint mehr als zweifelhaft.^) Mag
indessen das uns überlieferte Bruchstück jenes Testaments echt, gefälscht oder verunechtet sein, eine tatsächliche Wirkung hat es kaum
des
ist
achten Jahrhunderts,
es
*) Wir
haben es hier mit einer der schwierigsten Fragen der mittelalterlichen Geschichtsforschung zu tun, bei deren Lösung mangels ausreichender
Quellen dem subjektiven Gefühl, ein breiter Spielraum bleibt. Sind die An-
gaben der Gesta Innocentii, die allein ein angebliches Bruchstück des Testaments bringen, richtig, so wurde es erst nach der Schlacht bei Monreale
(1200) von den Päpstlichen in dem Gepäck des zum Vollstrecker bestimmten
Markward v. Anweiler erbeutet. Die heute herrschende Meinung hält im
Anschluß an die Ausführungen v. Winkelmann (zuletzt in seinem Philipp S. 483 fif.)
das ganze Fragment für echt. Abgesehen von den obigen Bestimmungen hätte
danach Markward v. Anweiler seine mittelitalischen Gebiete, insbesondere die
Mark Ancona und das den Reichsbesitz in der Romagna umfassende Herzogtum
Ravenna vom Papste zu Lehen nehmen sollen, und in diesem Falle wäre das
Fragment wohl durch eine ähnliche Bestimmung über das Herzogtum Spoleto
zu ergänzen, das die notwendige Verbindung zwischen dem Patrimonium und
§ 15. Innozeni
geübt; denn
als
III.
es
und die deutschen Thronwirren. (1198
dvirch
seltsame
hatten die Ereignisse nach Heinrichs
— 12
16).
187
Fügung spät bekannt wurde,
Tode die Lage bereits völlig
verschoben.
nach seiner Erhebung sicherte Innozenz seine Hoheit
gegen die Ansprüche des Kaisers und des römischen
Volkes.
Dann wußte er die päpstliche Landesherrschaft über das
Patrimonium bis in die strittigen Grenzgebiete Südtusziens hinein
zur Anerkennung zu bringen, und indem er die deutschfeindliche
Bewegung, die als Rückschlag gegen die straffe Fremdherrschaft
Heinrichs bei seinem Tode in allen Teilen der italienischen HalbSofort
über
insel
Rom
Zwecke ausnutzte, gelang es
Mark Ancona an Stelle
Regiment aufzurichten und dvirch
ausbrach, schürte iind für seine
dem Herzogtum
ihm, in
Spoleto und der
der Reichsgewalt das päpstliche
diese Eroberungen, die man geflissentlich als „Rekuperationen"
bezeichnete, den Kirchenstaat durch ganz Mittelitalien hindurch von
einem Meere zum andern zu erweitem. Nicht das Gleiche gelang
in
den
ebenfalls
beanspruchten Gebieten der
ward zwar mit Hilfe der
Romagna und Tus-
Joch der kaiserdoch nicht
in dem Papste einen neuen Herrn über sich setzen, und ebenso
nahm der Lombardenbund wohl eine reichsfeindliche Haltung ein
damals ward der Name „Caesarea" wieder gewandelt in „Alessandoch auch er behauptete seine Selbständigkeit.
dria"
Innozenz hatte inzwischen neue Erfolge in Sizilien errungen.
Dort gewann nach dem Tode Heinrichs die Nationalpartei mit
Das Reich der Norder Kaiserin an der Spitze die Oberhand.
mannen sollte unverändert neu erstehen, die deutsche Fremdherrschaft nur als ein kurzes Zwischenspiel erscheinen. Konstanze löste
die Verbindung mit dem Imperium, wies die Deutschen mit dem
von Heinrich anscheinend zum Regenten bestimmten Markgrafen
Markward von Anweiler aus ihrem Reiche, verzichtete auf das
ziens;
hier
Kvirie das
lichen Herrschaft abgeschüttelt, aber die Städte wollten
—
—
,
Mir scheinen indes die ebenso scharfsinnigen, wie
von Kicker (Wiener S. B. phil.-hist. Kl. 67), der
den Markward betrefifenden Abschnitt als eine Fälschung Markwards selbst
aus dem Anfang des Sommers 1198 wahrscheinlich macht, durch die Einwendungen Winkclmanns keineswegs widerlegt zu sein, und ebensowenig kann
ich Politik und Charakter Heinrichs VI. in diesem Punkte mit der herrschenden
Aber auch nach der andern Seite hin möchte
Meinung in Einklang bringen.
ich vorderhand von der hier ausgesprochenen Ansicht nicht abweichen, nachdem ich die Schrift von Gerlich, D. Testament Heinrichs VI. (1907) gelesen.
der Mark Ancona bildete.
vorsichtigen Erörterungen
—
nachdrücklich die Annahme einer völligen kurialen Fälschung,
auch im Tode uneingeschränkt an seinen Ansprüchen
Obwohl ich im ganzen nicht überzeugt bin, meine ich, dafl
festhalten läßt.
weiterer Diskussion gedie beachtenswerten Ausführungen als Grundlage
G.
verficht
während
er Heinrich
eignet sind.
I^'e Zeit der Staufer.
l88
römische Königtum ihres Sohnes und ließ ihn zum Könige von
Eine solche Trennungspolitik war ganz
Sizilien krönen (1198).
nach dem Herzen des Papstes, aber doch erst, nachdem er der
stolzen Normannentochter ein Konkordat abgerungen hatte, das die
kirchlichen Vorrechte der sizilischen Krone noch über das Maß
der von Tancred gemachten Zugeständnisse hinaus beschränkte und
nur den geringen Rest eines königlichen Konsensrechtes bei den
Bischofswahlen bestehen ließ, stellte Innozenz das alte Lehensvergerade rechtzeitig, um nun nach dem unerhältnis wieder her,
—
Kaiserin (1198) auf ihre Verfügung hin
Oberlehnsherr die Vormundschaft über den jungen Friedrich zu
gewinnen und damit die Bestimmung über die Geschicke Siziliens
Das Land sollte ihm freilich bald
in seine Hand zu bekommen.
Sorge genug bereiten, denn die deutschen Truppenführer, in steter
Verbindung mit der staufischen Reichsregierung, wichen nicht aus
den starken Burgen des Festlandes, und in diesen anarchischen
Tode der
wartet schnellen
als
das Königtum Friedrichs hier
Indes welcher Wandel der politischen
Verhältnisse Italiens hatte sich nun doch in dem einen kxirzen Jahre
vollzogen: von der Allgewalt Kaiser Heinrichs sah man nur noch
zersprengte Trümmer, imd über all' den deutschfeindlichen Lokalmächten ragte das eben noch regungslos eingeschnürte Papsttum
Solcher Umschwung wäre unjetzt frei und beherrschend empor.
Kämpfen und Parteiungen
zeitweilig völlig
schien
zu versinken.
—
möglich gewesen ohne die deutsche Zwietracht.
Die imselige Doppel wähl des Jahres 1198 ist das verhängnisvollste Ereignis der Geschichte Deutschlands im Mittelalter, der
Wendepunkt in der äußeren Machtstellung des Reiches wie in dem
inneren Widerstreit zwischen Krongewalt und Sonderbestrebungen.
Dem apulischen Kinde die Krone zu wahren, erwies sich angeder schon vollzogenen Wahl
nur ein Mann konnte das Reich
Heinrichs VI. zusammenhalten. Im wohlverstandenen Reichsinteresse,
nicht aus selbstsüchtigem Ehrgeiz ließ sich daher Philipp ^), der jüngste
Bruder des verstorbenen Kaisers, zur Annahme der Krone bewegen.^)
der bedrohlichen
sichts
sogleich
als
völlig
Lage
trotz
untunlich;
Aber gegen ihn schlössen sich nun die weifisch-niederrheinischen
Interessen, deren wachsende Annäherung schon seit dem Sturze
Grundlegend über ihn Winkelmann, Jahrb.
*)
Schwaben 1873.
*) Aus dem
es
sich,
künftig
daß
stets
Tendenzen
tonte.
Gesch.:
Philipp v.
imperialistischen Reichsbegriff der letzten Jahrzehnte erklärt
Wahl ursprünglich „zum Kaiser" erfolgte, und Philipp
seine
die
vertrat,
Vgl.
d. d.
das deutsche Königtum verflüchtigenden
während Otto zunächst das engere deutsche Königtum be-
imperialistischen,
Krammer
(s.
S.
131).
§ 15- Innozenz
III.
und die deutschen Thronwirren. (1198— 1216).
Löwen zu beobachten
Heinrichs
des
fürstlichen
Elemente,
die
ein
war,
staufisches
jgg
zusammen, und
Erbkaisertvun
alle
fürchteten,
an.
So kam es vor allem auf Betreiben des Erzvon Köln, der durch die Abwesenheit des Mainzers im
heiligen Lande an Einfluß gewann, zu der Gegenwahl Ottos IV,,
Zu einem Zeitpunkte,
des dritten Sohnes Heinrichs des Löwen.
in dem es mehr denn je der Zusammenfassimg aller Volkskräfte
gegen einen gewaltigen Papst und das ringsum drohende Ausland
gliederten
sich
bischofs Adolf
alte Wvmde Deutschlands, der staufischwieder auf.
Ein verheerender Bürgerkrieg
begann, ohne rasche Entscheidimgen im offnen Felde, mnso langwieriger und
entsittlichender.
Deutschlands größter politischer
Dichter, Walter von der Vogelweide, der damals mit der ganzen
bedurft
hätte,
Wucht
Staufers
brach
die
Gegensatz,
welfische
seiner
leidenschaftlichen
eintrat,
Überzeugung
für
die
glaubte die Vorzeichen des jüngsten
Sache
Gerichts
des
zu
erkennen.
Die Thronbewerber, beide Jünglinge von wenig mehr als
zwanzig Jahren, waren in ihrem Wesen sehr verschieden.
Philipp war als der jüngste von Barbarossas Söhnen ursprüngbestimmt und entsprechend herangebildet,
lich zum Geistlichen
dann aber, als der Tod die Reihen der Staufer lichtete, hatte ihn
Heinrich VI. dem geistlichen Stande entzogen (1193) vmd mit
Tuszien und dem mathildischen Gute (1195), bald darauf mit dem
Herzogtum Schwaben (1196) belehnt. Während der schwierigen
Amtswaltung in Mittelitalien hatte er durch Eingriffe in päpstliches
Gebiet die Anwendung einer allgemeiner gehaltenen Banndrohung
Wenn er aber mit der politischen Richtung
auf sich gezogen.^)
Heinrichs VI. durchaus übereinstimmte, so reichte er doch nicht entfernt an die staatsmännische Größe und durchgreifende Energie des
Was der Vater in seinem Wesen vereinigt hatte,
Bruders heran.
schien getrennt und gesteigert auf diese beiden Söhne gekommen
zu sein. Philipp war ein zartgebauter Jüngling mit blondem Lockenhaar, fein in Aussehen, Umgangsformen vmd Bildung, der liebenswürdigste unter den Staufem und wohl imter allen Herrschern des
deutschen Mittelalters, milde, heiter, leutselig, von makellosem
Wandel, ein „süßer, jvmger Mann", wie ihn Walter nannte. Ihm
-zur Seite, in innigster Gemeinschaft mit ihm die byzantinische
Prinzessin
—
Irene,
die
„Rose ohne Dom, die Taube ohne Galle",
ein Königspaar, wie es sich Deutschland für eine Friedensherr-
schaft nicht edler
und
besser hätte wünschen können.
Den
wilden
') Ober die Streitfrage betr. der Bannung u. Ldaung Philipps vgl. Hauck,
Berichte der Sachs. Ges. d. Wiss., ph.-hist. Kl. 1904 S. 137 ff.
Die Zeit der
IQO
Staufer.
im Anfang, staatsmännisch und
Weise gewachsen; erst durch die bitteren Erfahrungen des folgenden Jahrzehnts ist er gereift und erstarkt, und
diese kräftige Aufwärtsbewegung verhieß immerhin eine gute Zukunft.
Ganz anders sein weifischer Gegner! Otto IV. war als Knabe
seinem Vater in die Verbannung gefolgt imd am normannischenglischen Hofe auferzogen als der besondere Liebling seines Oheims
Richard Löwenherz, der ihn mit der Grafschaft Poitou belehnte.
Blutsverwandtschaft, gleiche Züge des weifischen Familiencharakters
und bewußte Nacheiferung hatten ihn in der Tat seinem königEr war von hohem Wuchs
lichen Oheim sehr ähnlich gemacht.
und gewaltiger Körperkraft, kriegseifrig und abenteuerlustig, tollkühn
und verwegen, wie nur je ein normannischer Ritter, aber auch
hochfahrend, schroff und derb, dabei doch ohne die innere Sicherheit, die die Bildung verleiht, schwankend zwischen Überhebung
und Verzagtheit. Es charakterisiert seine unfeine Habgier, daß man
ihm den Plan zuschrieb, die Bordelle im Reiche zu einer staatlichen Einnahmequelle zu gestalten i.) Ein solcher Mann war nicht
zum klug berechnenden Politiker geboren, ihm fehlte jegliche diplomatische Feinheit. Sein rücksichtsloses Zugreifen mochte gefährlich sein, wenn die Macht hinter ihm stand, aber er wußte sie sich
nicht dauernd zu sichern; er konnte die Schlingen seiner Gegner
wohl durchhauen, aber er besaß nicht die Gewandtheit, sich ihnen
auf die Länge zu entwinden.
Wahl und Klrönung waren bei beiden Königen nicht einwandHatte Philipp weitaus die Mehrheit der Wahlfrei verlaufen.
stimmen und trug er die echten Reichsinsignien so war Otto an
dem rechten Orte Aachen von dem dazu befugten Kölner ErzEs gab keine höhere Instanz als das Schwert.
bischof gekrönt.
Zwischen dem staufischen Süden und dem weifischen Norden
schwankten die Fürsten „dahin, daher," um sich dem zuzuwenden,
der ihnen von den Besitzungen und Rechten der Krone jeweils
am meisten preisgab; Landgraf Hermann von Thüringen verschaffte
Zeitläuften
war
Philipp, wenigstens
kriegerisch in keiner
,
damals durch vollendete politische Grundsatzlosigkeit die Mittel
glänzenden Musenhof auf der Wartburg. Neben den
Lockungen von Geld und Gut wirkte der Einfluß des Auslandes.
Die verwandtschaftlichen Bande und die Handelsbeziehungen Kölns,
seines Hauptstützpunktes, wiesen den Weifen gleichmäßig nach
sich
für
seinen
wo
durch König Richard mit reichen Geldmitteln
so enger schloß sich Philipp an Frankreich
gemeinsamer Abwehr des englisch- weifischen Bimdes.
England, von
unterstützt wurde.
(1198)
^)
zu
Ann.
V.
er
Um
Reinhardsbrunn, M. G. SS.
XXX,
583.
1
§ 15. Innozenz III. und die deutschen Thronwirren. (1198
— 1216).
jgi
Spaltungen steigerten den Einfluß des Papstes.
der Kirche innerlich enger verbunden war, als
sein Gegner, konnte von vornherein kaum ein Zweifel darüber beDenn Philipp vertrat
stehen, auf wessen Seite Innozenz neigte.
Alle
Obschon
diese
Philipp
die staufischen Überlieferungen, die Reichsherrschaft in Mittelitalien,
die Vormundschaft über Friedrich von Sizilien, während Otto, der
der schwächere Teil ganz anders auf die Unterstützung der
Kurie angewiesen war, sogleich zu verstehen gab, er werde die
italienischen Ansprüche des Papstes anerkennen^), und durch den
Verzicht auf das Spolienrecht auch hinsichtlich der deutschen Kirche
Indessen Irmozenz war klug
weitere Nachgiebigkeit erwarten ließ.
genug, seine Entscheidung nicht zu übereilen; denn der Bürgerkrieg
brachte eine erwünschte Schwächung der gefürchteten deutschen
Macht Freilich nur so lange, als der eine Teil nicht unbedingt
Dahin aber schien die Entwicklung der
die Oberhand gewann.
Während Innozenz, wie einst
beiden folgenden Jahre zu führen.
Gregor VII., die Anerkennung seines Schiedsgerichtes von beiden
Thronbewerbern forderte, erließ eine glänzende Versammlung von
fürstHchen Anhängern Philipps, unter denen insbesondere die
Bischöfe in noch ungebrochener Treue gegen das staufische Haus
nahezu vollzählig vertreten waren, einen gehamischten, ganz imd
gar von imperialistischem Geiste erfüllten Protest gegen die Einmischung des Papstes in den deutschen Thronstreit, sowie gegen
seine italienischen Ansprüche und stellte einen Romzug Philipps zur
Einholung der Kaiserkrone in nahe Aussicht. Diese Speyrer Erals
vom 28. Mai 11 99*) reiht sich den Kvmdgebungen von
Besan^on, Würzburg und Gelnhausen würdig an und schließt die
Kette. Von da ab sah Deutschland nichts Ähnliches mehr bis zu
Als dann der ehrwürdige
den Tagen von Rense und Frankfurt.
Erzbischof Konrad von Mainz aus dem Orient zurückkehrte, konnte
sein Vermittlungsversuch für Otto jedenfalls nur ungünstig ausfallen
(1200). Dieser selbst sah sich seit dem Tode Richards Löwenherz
1
99) von England im Stich gelassen, sein Königtum schien sich,
(
wie er selbst schrieb, „in Staub und Asche aufzulösen".
Da endlich trat Innozenz III. in einer berühmt gewordenen
Denkschrift (Deliberatio) mit seiner Entscheidung hervor (Ende 1200).
Indem er mit scheinbarer Unparteilichkeit die Rechte der drei
demx auch Friedrichs II. Anspruch
Thronbewerber erörterte
klärung
—
—
') Durch Krabbo, Neues Arch. 27, 5 15 ff. ist festgestellt, daß 1198 von
Otto zwar Verhandlungen mit dem Papste eingeleitet, aber noch keine eidlichen und urkundlichen Zusicherungen gegeben wurden.
') Dies
Jahresdatum darf jetzt gegenüber früheren Schwankxingen als
sichergestellt gelten.
Die Zeit der
192
—
Staufer.
suchte er mit gewandter Sophistik zu
das politische Interesse des Papsttums
Natürlich entschied er zugunsten Ottos, der
Ausschlag gab.
darauf seine früheren Anerbietungen urkundlich verbriefte
stand noch in Frage
daß
schleiern,
Frieden
(Neuß,
mit
8.
Und
,
allein
Frankreich
nach
dem Wunsche
der
Kiurie
ver-
den
bald
und
gelobte
Juni 1201).
griff der
mm
Papst mit Energie in den Kampf ein,
bannte Philipp und seine Anhänger und suchte seine Stellung durch
eine zielbewußte Agitation zu unterhöhlen. Wie einst Gregor VII.
gegen die reichstreuen Bischöfe, so ging jetzt Innozenz mit klug
berechneter Abstufung von Strafen und Belohnungen, mit jurisdiktionellem Druck, erzwungenen Gehorsamseiden, Vorladungen,
Suspensionen und Bannungen gegen die geistlichen Unterzeichner
der Speyrer Protestation vor. Die einen stürzte er in schwere Gewissensnöte, die andern trieb er zu offnem Abfall oder wohl gar,
wie Philipps eignen Kanzler, zu schmählichem Verrat an der Seite
ihres staufischen Herrn, der in seiner oft an Schwachheit grenzenden Arglosigkeit sich erst allmählich in einen solchen Kampf mit
Indem dann der Papst bei allen
vergifteten Waffen hineinfand.
Neubesetzungen und Doppelwahlen, wie etwa in Mainz nach dem
Tode des Erzbischofs Konrad, rücksichtslos die weifischen Bewerber
zur Geltung brachte, wußte er die Reihen der stauferfreundlichen
Bischöfe noch mehr zu lichten. Diese Säule, auf der das deutsche
Königtum seit den Tagen Ottos des Großen zu allermeist geruht
hatte, geborsten im Investiturstreit, aber von Barbarossa aufs neue
mit eisernem Reif umspannt, brach damals für immer zusammen.
Manches andre kam hinzu, tun die Macht Ottos IV. in den
beiden folgenden Jahren (1202/3) gewaltig anschwellen zu lassen:
der Anschluß auch weltlicher Fürsten, wie des Böhmen imd
Thüringers, ein Abkommen mit dem Dänenkönig, dem Nordalbingien
und Slawien preisgegeben wurden, erneute Unterstützung Englands,
Krieg mit Frankreich verstrickt,
dessen König Johann, abermals
sich mit Otto zu Schutz imd Trutz verbündete.
Indes bald zeigte es sich, daß die großen Erfolge des Weifen
Die allgemeine Erschütterung der
doch mehr scheinbar waren.
Treue entzog auch ihm jeden festen Halt, imd eben seine wachsende
Macht war es, die ihm Gegner schuf und den reißenden Abfall
Der eigne Bruder
erzeugte, der seit dem Jahre 1204 begann.
Pfalzgraf Heinrich wandte sich von ihm, ja selbst der Schöpfer
m
Königtiuns Adolf von Köln, der nicht ohne Grund eine
des alten sächsischen Stammesherzogtums von
dem Weifen befürchtete. Als Philipp nun auch am Niederrhein
vordrang, vollzog der Erzbischof an dem rechten Orte Aachen an
seines
Wiederherstellvmg
§ 15. Innozenz III. und die deutschen Thronwirren. (1198
— 1216.)
103
Krönung (6. Januar 1205). Es war ein unerhörter Eindas Reichsrecht, daß der Papst ihn daraufhin seines geistlich-weltlichen Fürstenamtes entsetzte und ihm einen neuen Erz-
ihm
die
griff in
Aber er vermochte den immer weiter um
von Otto IV. dadurch nicht zu hemmen.
Schon bedrohten staufische Erfolge in Mittelitalien und ein erneutes
Hinübergreifen nach Sizilien ^) die Grundlage der päpstlichen Politik.
Als Otto schließlich mit der Stadt Köln seinen Hauptstützpunkt
verlor (November 1206) und den deutschen Boden verließ, um in
England neue Hilfsgelder flüssig zu machen, hielt es der Papst für
geraten, in letzter Stvmde seine Sache von der verlorenen seines
bischof entgegenstellte.
sich
greifenden Abfall
Schützlings zu
trennen und durch einen Ausgleich mit Philipp für
die Kurie zu retten, was zu retten war.
Diese Schwenkung, in längeren Verhandlungen vorbereitet,
wurde Innozenz durch zwei Umstände erleichtert.
In England
hatte der seit den Tagen Heinrichs II. nie ganz ausgeglichene
Gegensatz zwischen den Kronrechten und den Ansprüchen der
Kirche sich eben infolge einer Doppelwahl in Canterbury (1205) zu
einem schweren kirchenpolitischen Konflikt erweitert, der den weifischen Verbündeten König Johanns mittelbar auch zvun Feinde
des Papstes machte.
In Sizilien mußte der herannahende Termin
der Mündigkeit des jungen Friedrich (26. Dezember 1208) jedes
Vormundschaftsrecht seines Oheims beseitigen und die Trennung
vom Imperimn
Philipp konnte daher in diesem Punkte
Ebenso vermochte Innozenz in den kirchlichen deutschen Streitfragen, wie den Spaltungen in den Erzbistümern Mainz und Köln, gegen geringe tatsächliche Zugeständnisse
seinen grundsätzlichen Standpunkt aufrecht zu erhalten und sogar
in dem deutschen Thronstreit von Philipp eine Anerkennung des
päpstlichen Schiedsgerichts zu erlangen, dessen Entscheidung im
staufischen Sinne jenem nun freilich ebenso wie die Kaiserkrone
in Aussicht gestellt wurde. Gleichwohl blieb der Entschluß für den
Papst schwer genug, denn zäher als in Deutschland verstand der
Staufer in Reichsitalien seine Rechte zu wahren.
Es scheint, daß
hier die Vermählung eines päpstlichen Nepoten mit einer Tochter
Philipps und seine Belehnung mit dem Herzogtum Tuszien ins
Auge gefaßt wurde. Dadurch wäre Rom nach dieser Seite hin
einstweilen vor Übergriffen gesichert worden; aber wie Tuszien dasichern.
leicht Verzicht leisten.
mit natürlich nicht aus
Philipp
dem
Reichsverbande scheiden
sollte,
so hielt
hier überhaupt die kaiserlichen Hoheitsrechte aus der Zeit
*) Über den An^ff des Reichslegaten Lupoid
Sommer 1205 vgl. Hist. Viertelj, 6, 473 ff.
Hampe, Deutsche Kaiaergetchichte.
v.
Worms
auf Sixilien im
..
ir.
194
Die Zeit der Staufer.
Heinrichs VI. in vollem Umfange aufrecht.
Der Verlust der Rekuperationen vor allem war es, der den im Mai 1208 zum Abschluß gebrachten
Abmachungen den Charakter
einer offnen Nieder-
lage der päpstlichen Politik aufprägte!
Da hat eine jener unerwarteten Schicksalswendungen, an denen
der Pontifikat Innozenz' III. so reich ist, ihm diese Niederlage erspart und alles zugunsten der Kurie umgestaltet.
König Philipp,
der sich eben anschickte mit unvergleichlich überlegener Heeresmacht die letzten Reste weifischen Widerstandes in Braunschweig
niederzuwerfen, starb plötzlich in der Bischofspfalz von Bamberg
als das Opfer einer Privatrache unter der Mörderhand des bayrischen
Für DeutschPfalzgrafen Otto von Witteisbach (21. Juni 1208).
land ein neues furchtbares Verhängnis
Eben hatte sich der Staufer
in jahrelangen Mühen den Weg zur Einheitsherrschaft gebahnt, da
schien die unselige Tat das Reich in das Chaos zurückzustürzen.
Indessen die deutschen Fürsten waren des Haders müde.
Schon während der letzten Verhandlungen war der Gedanke aufgetaucht, Otto IV. mit einer Tochter des söhnelosen Königs Philipp
zu verloben und ihn so durch die Aussicht auf die Nachfolge oder
gar auf die römische Königswürde zur Seite eines staufischen
Kaisers zu entschädigen.
so eher erklärten sich jetzt die
Anhänger Philipps mit diesem rettenden Ausweg, der neue Kämpfe
Otto^) trat damit aus der Rolle eines
vermied, einverstanden.
!
Um
Gegenkönigs heraus und vereinigte die beiden feindlichen Häuser
Person ähnlich wie Barbarossa in seinen Anfängen. Und
sofort zeigten sich die Wirkungen dieser Einung in bedeutender
Steigerung des königlichen Ansehens und kräftiger Friedenswahrung.
Nur nach einer Seite hin fühlte sich das neue Gesamtkönigtum auch jetzt noch durch seine Vergangenheit gebunden. Dem
in seiner
Papste,
und erweiterte Otto
März 1209 seine früheren
der ihn freudig anerkannte, erneuerte
sogleich in der Speyrer
Urkunde vom
22.
Zugeständnisse.
Er gab
alle
jene strittigen Gebiete Italiens abermals preis, die Philipp
noch eben für das Reich gerettet hatte, und sicherte dem Papste ausdrücklich zu: den um die Grenzgebiete Südtusziens erweiterten engeren Kirchenstaat,
die Mark Ancona, das Herzogtum Spoleto, die mathildischen Güter, die Grafschaft
Aber er zog auch für
Bertinoro, den Exarchat Ravenna und die Pentapolis.
Deutschland die Folgerungen aus der kirchenpolitischen Entwicklung des
Indem er die Bischofswahlen allein an den Mehrheitsletzten Jahrzehnts.
beschluß des Domkapitels knüpfte und die königliche Gegenwart und Entscheidung zwiespältiger Wahlen, jene noch im Wormser Konkordat anerkannten Kronrechte, stillschweigend fallen ließ, indem er die Appellationen
nach Rom in kirchlichen Angelegenheiten schrankenlos zugestand, indem
^)
Vgl. über ihn
Winkelmann, Jahrb.
d.
deutschen Gesch.: Otto IV. 1878,
§ 15. Innozenz
III.
und
die deutschen Thronwirren. (1198
— 1216).
105
auf Spolien- und Regalienrecht mit ihren fvlr die Krone so wertvollen
Einkünften Verzicht leistete, zerschnitt er die alten Bande zwischen dem
Königtum und der deutschen Kirche und hieß alle Errungenschaften gut, die
Innozenz auf diesem Gebiete in den letzten Jahren für das Papsttum gewonnen
hatte. Durch die Beherrschung der geistlichen Wähler, durch die Prüfung der
vollzogenen Wahlen erlangte die Kurie den entscheidenden Einfluß, sank die
königliche Investitur zu einer machtlosen Form herab.
er
Der so weittragende Versprechungen machte, ward als Herrmehr durch die Not dazu getrieben, schwerlich auch war er so ganz ohne Verständnis für die
Machtinteressen des deutschen Königtums.
Die Vermutung liegt
nahe, daß es eben leere Versprechungen waren, die zu den Akten
scher des geeinten Reiches nicht
gelegt
werden
sollten,
sobald Otto
als
Entgelt dafür die in Aussicht
haben würde.
Noch in demselben
Jahre trat er seine Romfahrt an, und alsbald zeigte es sich, wie
wenig ernst er seine Zusagen nahm.
Er sah die Dinge mit den
gestellte
Kaiserkrone
erlangt
Augen der staufischen Reichsministerialen, die ihn hier berieten;
zu den gewaltigen deutschen Krongutsverlusten noch die reichen
Einkünfte der dem Papste versprochenen italienischen Besitzungen
zu fügen, schien einem Selbstmorde des deutschen Königtums nahezukommen. So verwies Otto die kirchlichen Forderungen auf den
Rechtsweg.
Dem Papste trat er schon bei der ersten Zusammenkunft nicht ohne Schroffheit entgegen:
seinen Versprechungen
mangle die Zustimmung der deutschen Fürsten, und auch sein
Krönungseid, stets ein Mehrer des Reiches sein zu wollen, stünde
ihnen entgegen. Trotzdem ward die Kaiserkrönung noch glücklich
vollzogen (4. Okt. 1209). Sie steigerte Ottos Selbstbewußtsein; auf
seinen Kaisersiegeln sah man Sonne und Mond zur Seite der
thronenden Majestät. Die Mißstimmung der Kurie über die Nichtbeachtung ihrer territorialen Ansprüche war im Wachsen^); Innozenz klagte wohl über Otto mit den Worten der Bibel, es reue
ihn, den Menschen gemacht zu haben.
Aber wenn er sich vor
kurzem mit dem Standpunkte König Philipps abgefunden hatte,
so blieb die Lage für ihn auch jetzt einstweilen wenigstens erträglich.
Da hat eine überraschende Wendung in Ottos Politik den
Bruch mit der Kurie unvermeidlich gemacht. Schon wenige Wochen
nach der Kaiserkrönung ergriff er in Pisa den Gedanken eines Angriffs auf das
Königreich Sizilien (Ende Nov. 1209).
Lockende
Aufforderungen der deutschen Truppenführer, die sich dort noch
') Das
ist
doch nach Ficker, Mitt. d. Inst. f. öst. Gesch. 4, 341 flf.
scharf zu betonen, wenn auch Winkelmann gegenüber der älteren Auflassung
darin durchaus Recht behält, daß erst der Angriff auf Sizilien den Bruch herbeigeführt hat.
Über Chronologie und Auffassung der folgenden Ereignisse vgL
Hampe,
Hist. Yierlelj. 3,
173 ff.
^I«
Iq6
^ic
Zcit^
dci* Staufer.
immer gegen
die schwache Herrschaft des jungen Friedrich benormannische Abenteuerlust, die ihn zur leichten Eroberung gerade dieses Normannenreiches antrieb, Versprechungen
der Pisaner, die auf Kosten ihrer genuesischen Nebenbuhler von
ihm die volle Verkehrsfreiheit an den sizilischen Küsten erhofften,
haupteten,
endlich das Vorbild Kaiser Heinrichs VI., dem er immer eifriger
alles das wirkte zusammen und trieb
nachzustreben begann,
ihn im Widerspruche mit den deutschen Fürsten zu einem Entschlüsse, der aufs neue die verhängnisvollsten Verwicklungen heraufbeschwören mußte. Besprechungen mit den sizilischen Rebellen
nahe der Grenze, diplomatische und kriegerische Vorbereitungen
machten es in den nächsten Monaten offenkundig, daß Otto sich
des Königreichs bemächtigen und so den ganzen Umfang der Herr-
—
Heimichs VI. wiederherstellen
schaft
Der Papst
hatte sich
von Otto gewährleisten
sehrtheit Siziliens
Entsetzen,
wie
Trennung
Kreatur,
seine
Verpflichtungen
wollte.
noch vor der Kaiserkrönung die Unverbrutal
hinwegstürmend,
Siziliens
ersten Augenblick
vom
ab
Reiche,
begriff
er,
lassen.
über
alle
sah er mit
Rücksichten und
Jetzt
das Werk seines Lebens, die
Vom
zu vernichten trachtete.
daß das den offenen Bruch be-
Solange der Kaiser noch in Reichsitalien seine Rüstungen
betrieb, suchte er gemeinsam mit dem Könige von Frankreich,
dem eifrigsten Gegner des Weifen, durch heimliche Agitation xmter
den deutschen Fürsten den Abfall vorzubereiten und eine GegenAls Otto dann im November 1210 wirkpartei zu schaffen. 1)
lich mit starkem Heere die sizilische Grenze überschritt, schleuderte
der Papst gegen ihn den Bann (18. Nov.). Die schwachen Kräfte
deutete.
des Widerstandes, die sich in der Terra di Lavoro regten, suchte
wenn auch nur, um Zeit zu gewinnen.')
er eifrigst anzuspornen,
wie hätte das zerklüftete Königreich der Wucht dieses AnIm folgenden Jahre
die Dauer Trotz bieten sollen?
beugte sich das gesamte Festland bis herab nach Kalabrien dem
Gebote des Kaisers; er gedachte die Meerenge von Messina zu
überschreiten, die Insel schien in seine Hand gegeben, schon soll
im Hafen von Palermo eine Galeere bereit gelegen haben, um den
Denn
griffs
auf
jungen König für den Fall der äußersten Not nach Afrika hinüberzusetzen. Doch da war auch der Gegenplan des Papstes zur Reife
gediehen; er bot
1)
Da
dem
das Registrum
Staufer die
de negotio
Hand
zur Rettimg.
imperii
-)
Vgl. betr. Aversa Hist. Viertelj. 6,
dem 11. Okt. 1209 unMaßnahmen in der nächsten
mit
vollständig abbricht, so sind uns die päpstlichen
Zeit nur vereinzelt bekannt.
479 ff.
§ 15- Innozenz IIT. und die deutschen Thronwirren.
Den
war
vereinten
es inzwischen
Mitteldeutschlands
königs
zu bringen.
zum
die
Abfall
1216).
joy
und
päpstlichen
gelungen,
(1198—
französischen Einwirkungen
bedeutendsten Fürsten Süd- und
und zur Aufstellung
eines Gegenwar kein andrer als Friedrich
sein süditalisches Reich
dahinzu-
Ihr Kandidat
von Sizilien; eben als ihm
schwinden drohte, bot ihm eine deutsche Gesandtschaft die Krone
Innozenz hatte nur schweren Herzens dieser
(Herbst 1211).^)
von Frankreich empfohlenen Kandidatur zugestimmt, denn sie verbürgte eben das, was er vor allem bekämpfte, die Vereinigung
Siziliens mit dem Reiche!
Doch es gab für ihn keine Wahl. Wer
sonst hätte sich dem weifischen Kaiser nur mit einiger Aussicht
auf Erfolg in den Weg stellen sollen?
Für Friedrich aber, so
ohnmächtig er im Augenblick erschien, stritten sein auf Erblichkeit
und Wahl gegründetes Kronrecht, die Überlieferung seines Hauses
vmd der Glanz des staufischen Namens. Er erkannte die päpstliche Lehenshoheit über Sizilien an und bestätigte das, ebenso wie
das Konkordat der Konstanze, noch einmal ausdrücklich; dies Verhältnis mochte auch auf das Kaisertum hinüberwirken.
Gegen die
Dauer der Personalunion konnten Garantien geschaffen werden,
und mit der Krönung von Friedrichs einjährigem Söhnchen Heinrich zum König von Sizilien ward ein Anfang in dieser Richtimg
gemacht. Zum mindesten war der jugendliche Schützling des Papstes
vorderhand nicht so gefährlich, als der undankbare und treulose
Weife, der die Drangsale der Kurie unter Heinrich VI. zu erneuern
drohte.
So wird uns diese Wendimg der päpstlichen Politik, die
den Gnmd zu künftigen schweren Verwicklungen legte, immerhin
verständlich.
Die Zeitgenossen aber sahen nvir die ewig erneuten
Schwankungen und wurden irre an der moralischen Autorität des
Stellvertreters Christi.
„Dein Mund ist Gottes Mund, aber deine
Werke sind Werke des Teufels", so unterbrach ein römischer Ghibellinenführer Innozenz bei öffentlicher Predigt, und Walter von
der Vogelweide stand mit seiner Meimmg in Deutschland nicht
allein, wenn er in gehamischten Versen die Kiuie der Doppelzüngigkeit zieh und die Schenkung Konstantins als den Urgrund
der unseligen Ven^'eltlichung der Kirche beklagte.
Ein erster Erfolg der päpstlichen Gegenwirkung war es, daß
Otto die sichere Beute Siziliens fahren ließ und nach Deutschland
Aber seine Truppen hielten das Festland
zurückeilte (Okt. 121 1).
besetzt, imd die Gefahr mußte sich erneuern, wenn Friedrich sich
') Wieder war nach staufisch-imperialistischer Anschauung die Wahl zum
römischen Kaiser erfolgt, wie Friedrich auch die nächsten Jahre den Titel
„erwählter römischer Kaiser" führte; vgl. oben S. 188.
igS
11.
Die Zeit der SUufer.
dem Rufe
versagte.
Eben die Notlage seines sizilischen Reiches gab
denn auch für den jungen Staufer neben Rechtsgefühl, dynastischem
Stolz und persönlichem Ehrgeiz gegen die abmahnenden Stimmen
seiner Ratgeber den Ausschlag zugunsten des gewagten Unter-
nehmens.
Mit geringer Begleitung und fast mittellos gelangte er nach
Rom. Dort leistete er seinem päpstlichen Lehnsherrn persönlich
den Mannschaftseid, ward von ihm mit Geld unterstützt und mit
seiner Zustimmung von den Römern als künftiger Kaiser ausgeWie ein Abenteurer schlug er sich dann von Genua aus
rufen.
dvu-ch die Lombardei, verschwand in den Alpen, tauchte in Chur
Hier gelang es ihm
wieder auf imd wandte sich nach Konstanz.
festen Fuß zu fassen (Sept. 12 12), sein Anhang wuchs und aufs
neue entbrannte in Deutschland der Bürgerkrieg.
Wieder hatte
der Papst, wie Walter sang, „zwei Deutsche unter eine Krone gebracht, daß sie über das Reich Unfrieden und Venväistung brächten".
Dem Weifen war es letzthin gelungen, seine Stellung in Deutschland neu zu festigen. Wenn gleichwohl Friedrich, der nun formell
gewählt und gekrönt ward (Dez. 12 12), seine Macht in kurzer Zeit
über ganz Süd- und Mitteldeutschland ausdehnen und seinen Angriff bereits gegen Sachsen richten konnte, so wirkten verschiedene
Momente zusammen, um
diese überraschenden Erfolge zu erklären:
Erinnerungen und
die
Geschicklichkeit Friedrichs ebensosehr, wie die Abneigimg gegen den gewalttätigen, habsüchtigen Weifen und die Furcht vor seinen zentralisierenden Bestrebungen. Dazu die überaus wirksame Unterstützimg des Papstes,
die Friedrich vergalt durch die Goldbulle von Eger (v. 12. Juli
1 2 1 3), eine wörtliche Wiederholung von Ottos Speyrer Versprechungen,
aber jetzt gesichert und zur reichsrechtlichen Gültigkeit erhoben
durch die Zustimmung der Fürsten.
So erhielten erst damals die
Erweiterung des Kirchenstaates und die Aufhebung jener alten
Kronrechte gegenüber der deutschen Kirche die gesetzliche Grundlage.
Sehr erheblich fielen endlich die Einwirkungen Frankreichs,
mit dem sich Friedrich sofort verbündet hatte, ins Gewicht, das
die
staufischen
und kriegerischen Erfolge Philipp
von allgemeineuropäischer, weltBedeutung war es denn auch, der den deutschen
französische Geld, die politischen
Augusts,
und
ein französischer Sieg
geschichtlicher
Thronstreit mit einem Schlage
Entscheidung brachte.
zu schildern, wie die durch die
geographischen und lehensrechtlichen Verhältnisse bedingten französisch-englischen Verwicklungen damals zur Lösung drängten, wie
durch das staufische und weifische Bündnis der beiden Gegner und
das Hineinwirken kirchenpolitischer Kämpfe ganz Evuropa in Mit-
Es
ist
hier
nicht
zvur
der Ort,
§ 15. Innozeiu IQ. und die deutschen Thronwirren. (1198
— I3i6).
inn
und in zwei große Koalitionen gespalten wvirde,
wie endlich Frankreich im Jahre 12 14 einem furchtbaren englischDie Schicksalswelfischen Doppelangriff Stand zu halten hatte.
schlacht von Bouvines (südöstl. v. Lille, am 27. Juli 12 14), die
das französische Königtum und den englischen Parlamentarismus
Als
in den Sattel hob, entschied auch über Deutschlands Zukvmft.
Philipp August mit den Bürgertruppen der Städte die überlegenen
Streitkräfte Kaiser Ottos trotz dessen verzweifelter Tapferkeit in
die Flucht geworfen hatte, sandte er den vergoldeten Adler der
erbeuteten kaiserlichen Standarte seinem staufischen Verbündeten
ziun Geschenk und versinnbildlichte so den Übergang der Herrschaft,
leidenschaft gezogen
zugleich
aber
auch
auf
Frankreichs
die
schrieb der Chronist
bei
den von nun ab
deutschen
stets
Geschicke.
wachsenden
„Seit
dieser
Einfluß
Zeit",
so
von Lauterberg, „sank der Ruf der Deutschen
den Welschen."
Seit dieser Niederlage ist Kaiser Otto nichts mehr gelungen.
Bald sah er sich vom Niederrhein vertrieben (12 15) und auf seine
braunschweigischen Stammlande beschränkt, auch dort bedroht durch
die neu geknüpfte Verbindung des Staufers mit dem Dänenkönig
(12 14), die freilich nur durch abermalige Preisgabe Nordalbingiens
und Slawiens auf Kosten des Reiches zu erkaufen war. So ist er
nach einigen ruhmlosen Jahren auf der Harzburg in Zerknirschung,
Sein Ende bildet doch
ohne inneren Halt, gestorben (12 18).
einen Einschnitt in der Geschichte des deutschen Kaisertvmis. Denn
er war der letzte Herrscher, der wenigstens in seinen späteren
Jahren das Streben, wenn auch nicht die erforderliche politische
Begabung gezeigt hat, den alten Umfang kaiserlicher Rechte gegen
Friedrich IL hat das
Fürstentum imd Papsttum zu behaupten.
nicht
mehr
Am
versucht.
von allen Mächten war das Papsttum aus
den endlosen Verwicklungen hervorgegangen. Wie hatte es doch
verstanden, auch aus Enttäuschungen wertvolle Lehren und aus
der wechselnden Lage stets wieder Vorteil zu ziehen!
Es hatte
zuletzt seinen Schützling zur Anerkennung im Reiche gebracht, in
glücklichsten
Sizilien seine
Hoheitsrechte,
in Italien
seine
Gebietsansprüche,
in
Deutschland seine kirchlichen Fordervmgen durchgesetzt. Es stand
auch sonst glänzend da in der Welt. Mit Frankreich, noch der
einzigen
politischen
Macht
von
selbständiger
Entschlußfähigkeit,
war soeben
durch die fortschreitende
Befreiung Spaniens von der mohammedanischen Herrschaft, durch
den kirchlichen Anschluß des neuerrichteten lateinischen Kaiserdurch die Christianisierung von Livland und Esthland
reiches,
hatte es zumeist freundschaftlich zusammengewirkt, England
in die Lehensabhängigkeit herabgedrückt,
200
II-
Die Zeit der Staufer.
hatte das Papsttum seinen Machtkreis rings erweitert, in allen übrigen
europäischen Ländern, ja darüber hinaus bis zu dem fernen Armenien entweder die volle Lehenshoheit oder doch den bedeutendsten politischen Einfluß gewonnen.
Das Gefüge der kirchlichen Organisation war straffer gestaltet.
Nicht nur in Sizilien und dem Reiche, sondern fast allenthalben,
namentlich in England, war Bresche gelegt in die kirchlichen
Hoheitsrechte des Staates, zugleich aber auch die absolute Gewalt
des Papsttums innerhalb der Kirche auf Kosten der alten Selbständigkeit des Episkopates und jeglicher Mittelgewalten kräftig erweitert.
Die Zentralisation der kirchlichen Gerichtsbarkeit in Rom, die
dort mit ihrer Vielgeschäftigkeit allen echt religiösen Geist zu ersticken drohte, das unaufhaltsame Vordringen dieser Jurisdiktionellen
Ansprüche gegen das weltliche Gebiet, wodurch zahllose Konflikte
mit den staatlichen Gewalten bis in die kleinsten Kreise hinein
entstanden, die wachsenden Geldforderungen der Kurie, die für
ihre weltumspannende Politik und den Unterhalt ihrer riesenhaften
Organisation entsprechender Mittel bedurfte; die übermäßige Anwendung der geistlichen Disziplinarmittel, die leicht eine Abstumpfung
des religiösen Gefühls erzeugte,
das alles waren freilich bedenkliche Züge in der neuerlichen Entwicklung der Papstkirche, die
nicht zum wenigsten den Nährboden für die immer reichere Entfaltung ketzerischer Sekten abgaben.
Aber schon war unter Innozenz gegen diese inneren Feinde
der Kirche, gegen Katharer und Waldenser, mit aller Wucht der
—
Vemichtungskampf aufgenommen, in Südfrankreich ein erster greuelvoller Triumph errungen, \md in der Inquisition zur weiteren Vernichtung der Ketzer eine schneidige Waffe geschliffen.
Und auch zur Wiedererweckung echter Religiosität waren im
Schöße der Kirche neue Kräfte erwacht und vom Papsttum nach
kurzem Schwanken anerkannt.
Schon mehrere Jahre lehrte und
lebte Franz von Assisi, der Religionsheld und gottbegnadete Künstler,
das opfervolle Evangelium der Armut und Liebe.
Er und sein
wesensverschiedener Schicksalsgenosse, der willensstarke imd verstandesklare Spanier Dominikus traten noch an Innozenz HL mit
der Bitte um Bestätigung ihrer neuen, freilich noch in der ersten
keimartigen Entwicklung begriffenen Ordensschöpfvmgen heran, und
tiefdringende Beurteiler, wie der Kardinal Ugolino von Ostia, erkannten
in
ihnen schon damals
die Säulen, die bestimmt waren,
Dinge den Bau der Kirche
Franz den Papst in der
Nacht vor der Bestätigimg der ersten Genossenschaft träumen läßt.
bei einer allgemeinen Erschüttenmg der
za tragen, wie es die Legende
Denn
in
vom
h.
den beiden Bettelorden der Minoriten und Dominikaner,
§ 15- Innozenz III. und die deutschen Thronwirren. (1198
— 12
16).
201
den Augustinereremiten und Karmelitern Nachahmer
dem Papsttum eine ihm unbedingt untergeordnete,
schlagfertige Armee, die mit Durchbrechung der gesamten hierarchischen Ordnung die Massen durch die erneute Verkörperxmg der
alten, hohen Ideale imd eine volkstümliche Predigt wieder an die
Kirche zu fesseln und durch eine hinreißende Agitation nach dem
die
bald
in
fanden, erwuchs
Willen
der
und
Kurie
zu lenken
verstand,
die
durch
ihr werktätiges
der gemütlichen und
wissenschaftlichen Seite dem kirchlichen Leben zurückgaben, den
Widersachern ein gut Teil des Anklagestoffes entzog, „den Ketzern
ihr Panier entriß".
Vorbild
die
Vertiefung,
die
sie
nach
Triumphe und Zukunftsorgen der Kirche erfüllten die
Versammlung des vierten lateranischen Konzils (12 15),
die dem Pontifikate Innozenz' III. den glänzendsten Abschluß
Ein neuer Kreuzzug ward hier ins Auge gefaßt.
gab.
Eben
hatte Friedrich II. in einer seltsamen Mischung von Gefühlsaufwallung und politischer Berechnung bei seiner Königskrönung das
Kreuz genommen; das belebte die Hoffnungen des Konzils. Damals ward auch der deutsche Thronstreit vor dem Forum der
Alle
große
Kurie endgültig erledigt, Otto IV. für abgesetzt erklärt, Friedrich II.
anerkannt, eine Entscheidung, die damals auf die tatsächlichen Ver-
kaum noch
hältnisse
einwirkte, aber für die
Zukunft einen verhäng-
nisvollen Präzedenzfall schuf.
Innozenz III., der seiner Eröffnungsrede auf dem Konzil das
Textwort zugrunde gelegt hatte „Herzlich hat mich verlangt, dieses
Osterlamm mit Euch zu essen, bevor ich leide", schien bereits damals eine Ahnung seines nahen Todes zu spüren.
Ein halbes
Jahr später ist er in Vorbereitungen für den neuen Kreuzzug in
Perugia gestorben (16. Juli 12 16).
Die beiden letzten Jahrzehnte der europäischen Geschichte
hatten unter seinem maßgebenden Einflüsse gestanden.
Für die
trat noch einmal eine weltliche Figiu- in den
Betrachtung und z\^'ang die Zeitgenossen zu Bewunderung oder Haß. Mit dem Tode Innozenz' III. begann die
Epoche Kaiser Friedrichs II.
nächste Generation
Mittelpunkt
der
Das Emporsteigen Friedrichs IL, bis zum Frieden
von Ceperano (1280).
§ 16.
Die
Namen
vmd Roger,
die der Erbe Heinrichs VI.
bezeichnen die beiden Überlieferungsreihen, die auf ihn wirkten und sich in seiner Person uneinst
in
Friedrich
der Taufe
erhalten
hatte,
,
M- ^^^
202
Zeit der SUufer.
harmonisch vereinigten, die staufische und die normannisch-sizilische.
Die Ereignisse hatten ihm fast gewaltsam den Umfang der väterlichen Herrschaft zurückgegeben, aber in dem gleichen äußeren
Rahmen welcher Abstand an Machtinhalt! Die furchtbaren Einbußen der beiden letzten Jahrzehnte waren schlechterdings nicht
mehr rückgängig zu machen, die Aufgabe, die ihm hier zufiel, war
unlösbar.
Sein Genie mochte sich da ein Menschenalter lang behaupten, aber die Ergebnisse dieses Ringens mußten im wesentlichen negativ bleiben,
auch so freilich durch den zähen Widerstand der Staatsgewalt gegen die Papstallmacht nicht ohne starken
—
Einfluß auf die weltgeschichtliche Entwicklung.
Die positiven Wirkungen seines Schaffens lagen in der Fortführung
der Überlieferung von mütterlicher Seite. Friedrich war durch Er„Der Gott der
ziehung und Neigung ganz und gar Sizilianer.
Juden", so soll er einmal in Palästina gesagt haben, „würde das
Land, das er seinem Volke gab, unmöglich so haben preisen können,
er sein sizilianisches Reich gekannt hätte." Man kann Friedrichs Wesen nicht verstehen, ohne die eigentümlich reiche, bunte
und vorgeschrittene Mischkultur des Bodens zu kennen, aus dem
Manche Züge, die man als besonders modern oder
es erwuchs.
eigenartig gepriesen hat, sind von seinen normarmischen Vorfahren
übernommen, aber auch was man an ihm zu tadeln fand, entNur eine Wiederhersprach zum Teil einfach der Landessitte.
stellung und Weiterführung der Leistungen seines großen Ahnherrn
Roger IL war der Ausbau des sizilischen Staates, aber zugleich
Er faßte
die greifbarste und dauerhafteste Schöpfung Friedrichs.
nur die Ausstrahlungen jener sizilisch- normannisch -arabischen
Mischkultur in seiner universalen Persönlichkeit wie in einem Brennauch darin hatte er in Roger ein Vorbild
punkte zusammen
aber indem er zugleich Träger des Imperiums war und ein Kaiser,
der die Welt zwang, jahrzehntelang die Blicke auf ihn zu richten,
machte er für jene Kultur die denkbar erfolgreichste Propaganda und
wirkte tief ein auf das Geistesleben des Abendlandes, insbesondere
Italiens.
So manche Strömung der beginnenden Renaissancebewegung nahm von seiner Person ihren Ausgangspunkt. Das sind
Wirkungen von einer Tragweite, die derjenige in der Regel nicht
voll ermißt, der sich nur mit Friedrichs deutschem Kaisertum be-
wenn
—
—
schäftigt, i)
*) Die von Schefifer-Boichorst nachgewiesene zeitgenössische Biographie
von dem Bischof Mainardino v. Imola hat sich leider noch nicht auffinden lassen; alle zu ermittelnden Bruchstücke von ihr sind zusammengetragen
von Güterbock, Neues Arch. 30. Von den Neueren hat den ersten bedeutenden
Fs.
Versuch einer auf die gesamte Überlieferung gegründeten Beurteilung Fs.
Böhmer
§ l6. Das Emporsteigen Friedr.
Seit
seine Mutter
den
dreijährigen
um
ihn
zum
II., bis
mm Frieden v. Ceperano (i 230).
Konstanze nach
dem Tode
Knaben aus Foligno nach
Nationalsizilianer
zu
erziehen,
Sizilien
hat
ihres
203
Gemahls
kommen
Friedrich
ließ,
seine
ganze Kindheit in Palermo zugebracht, dort, wo die italischgriechisch-arabisch-normannisch-jüdische Völkermischung in Sitte und
Recht, in Sprache und Kunst am allerbuntesten zutage trat, an
jenem „Hauptsitz der Moslem", an dem der überlegene mohammeReg. Imp. V) gemacht (1849).
Aber sein vom katholischen Standpunkt beeinflußtes Yerdammungsurteil hat sich als höchst einseitig erwiesen. In
(Einl. zu
der Auffassung ähnlich, aber gemildert u. bereichert ist das Bild, dasHuillardBr^h olles entworfen hat in der Introduction zu seiner großartigen Sammlung
der Urkunden und Briefe Es. Historia diplomatica Friderici secundi, 12 Bde.
1852 61. Mit demselben Quellenstoff kam zu schrankenloser Bewunderung
Fs. die nicht minder einseitige Darstellung v. Schirrmacher, Kaiser F. II.
4 Bde. 1859 65 und in der Richtung ähnlich, aber nüchterner und kritischer:
Winkelmann, Gesch. Kaiser Fs. II. u. seiner Reiche, 1(1863), II, i bis 1239
(1865). Anregend wirkten auch die ^Staufischen Studien" v. Ni tisch, Hist.
Zeitschr. 3.
Eine ganz neue Grundlage schuf dann die Neubearbeitung von
Reg. Imp. V, Dabei geriet Fi ck er zu Böhmers Auffassung, von der er ausging,
mehr und mehr in kritischen Gegensatz; in den Vorbemerkungen gab er ein
tiefbegründetes, in mannigfacher Hinsicht günstigeres urteil über F. Der Vollender der Regestenbearbeitung Winkelmann übernahm auf Grund dieses
stark erweiterten Materials und zahlreicher vorbereitender Untersuchungen die
Ausarbeitung der vortrefflichen ^Jahrbücher der deutsch. Gesch. unter F. II."
I (1889), II bis 1233(1897), die durch den Tod des Verf. unterbrochen wurde.
Seitdem scheint zunächst wieder eine Epoche der Quellenvermehrung eingesetzt
zu haben. Zu den beiden schon früher aus einer Neapeler und Marseiller Hs.
bekannten wichtigen Registerbruchstücken Fs. ist ein minderbedeutendes Heft
Verwaltungsakten einer einzelnen Provinz, der Capitanata, aus einer Hs. in
Montecassino hinzugekommen (Lo scadenziere inedito della Capitanata di Federico secondo, 1903); dazu wichtige urkundliche Einzelfunde. Das Preußische
historische Institut in Rom plant unter Kehrs Leitung eine Neuausgabe sämtlicher
Urkunden Fs. nach modernen diplomatischen Grundsätzen, sowie eine Durchforschung und Aufiiahme aller auf ihn zurückzuführenden süditalischen Baudenkmäler.
Die von mir in Paris aufgefundene Capuaner Briefsammlung bot für Fs.
Jugendgeschichte neue bemerkenswerte Funde, von denen ich die wichtigsten
in einzelnen Abhandlungen bekannt machte (aufgezählt zuletzt Hist. Viertel]. 7,
Auch die erst zu einem geringen Teil gedruckte Formelsammlung des
510).
Thomas v. Capua (Hahn, CoUectio Monumentorum I von 1724) und die
wichtige, nur in alten, ausschließlich die in 6 Büchern geordnete Redaktion
wiedergebenden Drucken (von Iselin 1740) vorliegende Briefsammlung des
Peter v. Vinea bedürfen dringend einer guten Ausgabe.
Weitere Funde auf
diesem Gebiete sind noch wahrscheinlich, wie auch das v. Kehr gefundene
Briefbuch des Thomas v. Gaeta reigte (Quell, u. Forsch, aus it. Arch. 8
Neuere Darstellungen der Geschichte Fs. in weiterem Rahmen
V. J. 1905).
vgl.
Ranke, Jastrow-Winter, Lindner.
bei
Die verfassungsgeschichtlichen
Fragen behandelt auf Grund deutscher Forschungen Blondcl, £tude sur la
politique de l'empereur F. II en AUemagne 1892.
Neuere Schilderungen
seiner Persönlichkeit v. Dove (Ausgewählte Schriftchen 1898) u. Hampe (Hist.
—
—
—
Zeitschr. 83).
n. Die
204
Zeit der Staufer.
danische Einfluß auf die Kultur sich mit besonderer Kraft geltend
machte, in einem großen städtischen Gemeinwesen, wo die tägliche
Berührung mit einem fortgeschrittenen Bürgertum auf die Entwicklung
des königlichen Knaben nicht ohne Eindruck bleiben konnte. Denn
Friedrich wuchs nicht auf in der vornehmen Zurückgezogenheit eines
geordneten Hofwesens, sondern trotz der scheinbar geregelten, durch
„Familiarenkollegium"
ein
von
geistlichen
und
weltlichen
Großen
des päpstlichen Vormundes geübten
Als vater- und
Regierung in wahrhaft anarchischen Zuständen.
mutterlose Waise, ohne den Beistand irgendeines Verwandten,
wanderte der Knabe, von gewissenlosen und habgierigen deutschen
unter
Siziliens
und
Oberleitung
italienischen
betrachtet,
Gegenstand der Ausbeutung
bald durch die Versolche Not gestürzt, daß Bürger von
Machthabem nur
von einer Hand
in
als
die andere,
schleuderung des Krongutes in
Palermo wechselnd für seinen Unterhalt sorgten.
Schon bei dem siebenjährigen Kinde gewahrt man seltsam
frühreife Regungen eines durch die unwürdige Ohnmacht seiner
Bei dem heranwachsenden
Stellung tiefverletzten Herrscherstolzes.
Klnaben verdichteten sie sich zu dem brennenden Wunsche nach
Vergeltung,
auf
reitung
zu einer mit eiserner Willenskraft betriebenen Vorbe-
den künftigen Herrscherberuf.
Als
er
mit vierzehn
Jahren die Mündigkeit erlangte, hatte ihn die durchmessene Schule
der Leiden bereits hellsehend und lebenskundig gemacht, aber auch
Undie Keime zu Mißtrauen und Menschenverachtung gepflanzt.
vergleichlich treten schon in der Schilderung, die einer seiner Lehrer
in jener Zeit von ihm entworfen hat, die Rastlosigkeit einer genialen Begabung und die Selbstdurchsetzung eines unbändigen Herrscherwillens hervor.
Alsbald begann der junge König, an der Nord- und Ostküste
der Insel seine Hoheit zur Geltung zu bringen^), indes die Absicht, mit der Ritterschar, welche ihm die vom Papste für ihn auserlesene
Festlande
Gemahlin Konstanze von Aragonien zuführte, nach dem
hinüberzugehen, ward durch eine Seuche vereitelt, vmd
kurz darauf
stellte
der Angriff Ottos IV. seine ganze Existenz in
in den folgenden Ereignissen, die ihn auf
Wir sahen, wie
Frage.
den deutschen Königsthron
führten,
Begabung und Geschicklichkeit
Rasch genug
spielten.
des frühreifen Jünglings keine geringe Rolle
er
lebte
sich
in
die
universalen
Herrschaftsideale des
zu einem Deutschen vermochte ihn
doch nicht umzuschaffen.
aber
ein,
^)
3,
161
flf.
Kaisertums
der neue
Schon vor der Aug. 1209 vollzogenen Vermählung,
vgl, Hist.
Besitz
Viertel].
§ i6. Das Emporsteigen Friedr.
Man
ihm
II., bis
lum Frieden v. Ceperano (1230).
205
die heftigsten Vorwürfe
gemacht i), daß er daStunde eine Wiederherstellung der
deutschen Monarchie möglich gewesen wäre, seine übernommenen
Pflichten vernachlässigt und die bequemere Aufgabe im Süden vorgezogen habe.
Indes seine Verbindung mit Deutschland war im
wesentlichen dynastischer Art, Heimatgefühl hegte er nvu* für Sizilien.
Auch das war für sein Handeln schwerlich entscheidend, vielmehr
in erster Linie die politische Berechnung. Wenn er auch auf Heinrichs VI. Plan einer staatsrechtlichen Vereinigung Siziliens mit dem
Reiche weder zurückgreifen konnte, noch wollte, so mußte er doch
den Umfang der überkommenen Gebiete schon vom Standpunkte
der Selbstbehauptimg aus als eine Einheit betrachten, und wenn
er sich nun fragte, in welchem der Länder: Deutschland, Reichsitalien oder Sizilien am ehesten darauf zu rechnen sei, an Stelle
der gegenwärtigen Scheinherrschaft eine wirkliche Macht neu zu begründen, so mußte ihn ein richtiges politisches Augenmaß notwendig auf Sizilien weisen, wo das starke normannische Königtum zwar
seit zwei Jahrzehnten am Boden lag, aber abgesehen von den Zugeständnissen an die Kurie noch keines seiner Rechte preisgegeben
hatte, wo die inneren Widerstände doch auch keineswegs unüberwindlich schienen.
Viel schwieriger war eine Herstellung schon in
hat
wo eben noch
mals,
in zwölfter
zum größten Teil Gewinne
ohne Zusammenstoß mit ihm kaum einzuaussichtslosesten lagen die Dinge in Deutsch-
Reichsitalien, weil die dortigen Verluste
des Papsttums
bringen waren.
und
Am
land, das mit seinem
überwiegenden Verharren
und Lehenswesen den
anmuten mochte. Es
in Naturalwirtschaft
vorgeschritteneren Italiener fremdartig genug
mag zugegeben werden, daß sich einer
deutschen Königtums damals noch immer
Handhaben genug boten. Aber wenn hier die Entwicklung der
letzten Jahrzehnte dem Fürstentum und der Papstkirche zugute
gekommen war, so konnte eine Gegenbewegung nur im Kampfe
mit eben den beiden Mächten sich Bahn brechen, mit deren Hilfe
Friedrich bisher empoi^estiegen war, denen er rechtlich bindende
Zusicherungen gegeben hatte. Das war vorderhand völlig imtunlich.
Aus den Verhältnissen heraus ist es daher verständlich genug, daß
das Reorganisationswerk Friedrichs seinen Gang von Süden nach
Norden nahm. Das brachte es daim mit sich, daß er, um durch
Ruhe in Deutschland Bewegungsfreiheit für seine italienischen Unternehmungen zu gewinnen, den deutschen Fürsten auch weiterhin
in die Hand arbeitete und durch Preisgabe neuer ICronrechte hier
ein späteres Einlenken noch mehr erschwerte.
Sammlungspolitik
*)
So noch
des
Ficker.
Kirche, HisL Aufs,
Vgl.
dagegen Rodenberg, Friedrich II.
a. G. Waitz gcwidm.
1886.
dem Andenk.
u. d.
deutsche
2o6
II.
Die Zeit der
Staufer.
Mit dieser allgemeinen politischen Tendenz Friedrichs kreuzte
sich
nun das Bestreben der
dem
Reiche, die bei längerer Dauer
lich
Kurie, die Personalunion Siziliens mit
werden mußte, wie eine
dem Papsttum
ebenso gefährso bald
Dafür hatte Inno-
staatsrechtliche Verbindung,
möglich durch Abspaltung Siziliens zu lösen.
zenz III., der in der Kaiserkrone noch immer einen Trumpf besaß, kurz vor seinem Tode Vorsorge getroffen, i)
Friedrich hatte
sich (i2i6) verpflichten müssen, vom Augenblicke der Kaiserkrönung
ab zugunsten seines minderjährigen Sohnes Heinrich und einer mit
dem Papst zu vereinbarenden Regentschaft auf Sizilien Verzicht zu
leisten.
Ob es ihm damit jemals Ernst gewesen ist, steht dahin.
Wahrscheinlich hoffte er von vornherein, die Zusage später umgehen
zu können, und dem Nachfolger Innozenz' III. gegenüber gewann
er in der Tat diplomatisch das Oberwasser.
Honorius III. (1216
27)2), der uns schon unter dem Namen
des Kardinals und Kämmerers Cencius als ausgezeichneter Finanzmann und Verwaltungsbeamter der Kurie entgegengetreten ist, glaubte
auch als Papst nach der gewaltigen Machtausdehnung der Kirche
unter seinem Vorgänger vor allem den begonnenen inneren Ausals
—
bau fortführen und
für eine sichere wirtschaftliche Grundlage Sorge
Überdies hatte er die große Aufgabe des neuen
Kreuzzuguntemehmens überkommen, die ihm ganz besonders am
Herzen lag. Auch machte seine ehrliche, milde und versöhnliche
Natur den hochbejahrten, kränklichen Mann dem Ränkespiel der
hohen Politik abhold, während Friedrich sich da alsbald als der
gelehrige Schüler seines päpstlichen Vormundes erwies. Er erkannte
mit Scharfblick den schwachen Punkt des Vertrages: für sich selbst
hatte er zwar auf die Personalunion in Zukunft verzichtet; daß sie
sich aber unter seinem Sohne erneuerte, widersprach zum mindesten
nicht dem Wortlaut der Abmachung.
Auf dies Ziel nun strebte
Friedrich alsbald ganz offen hin; war die Verbindung der Reiche
erst einmal in der Person Heinrichs gesichert, konnte die Kurie
dann gegen die gleiche Vereinigung unter dem Vater, mit dem sie
ja fortdauernd die besten Beziehungen unterhielt, noch begründete
tragen zu sollen.
Einwendungen machen?
Die Einholung des Sohnes nach Deutschland (12 16), seine
Belehnung mit dem Herzogtum Schwaben {12 17) und dem Rektorat
über Burgund ( 1 2 1 9) waren vorbereitende Schritte, um den jungen
sizilischen König diesseits der Alpen Fuß fassen zu lassen.
Die
Hauptfrage war dann, ob die deutschen Fürsten sich zu seiner
Über
die Unionsfrage vergl. v. Kap-herr, Deutsche Zeitschr. f. Gesch. i.
Seine Register sind herausgegeben v. Pressutti, 2 Bde. 1888, 1895;
über die sonstigen Quellen zur Geschichte des Papstes vergl. Reg. Imp. V,
S. 1120.
^)
')
§ l6. D»3 Emporsteigen Friedr.
II., bis
zum Frieden
v.
Ceperano (1230).
207
Königswahl geneigt zeigen wiirden, die vor der Kaiserkrönung des
wenn auch nicht unerhört, so doch einigermaßen ungewöhnBedenkt man indes, daß sie die Voraussetzung für die
lich war.
Errichtxmg einer Nebenregierung in Deutschland war, die den Fürsten
bei der Minderjährigkeit Heinrichs auf lange hinaus den Haupteinfluß sicherte, so begreift man trotz der Förderung der Erblichkeit,
Vaters,
die das bedeutete, ihre Bereitwilligkeit.
Nur
die geistlichen Fürsten,
Lockungen und päpstlichen Abmahnungen
hin und her schwankten, mußten erst durch neue, große Zugeständnisse gewonnen werden, die in der deutschen Verfassungsgeschichte
die zwischen königlichen
eine bedeutende Stelle einnehmen, i)
Nachdem die Krone auf die Besetzung der geistlichen Fürstentümer
jeden entscheidenden Einfluß eingebüßt hatte, gab sie dort jetzt auch ihre Ansprüche auf die Nutzung des Reichskirchengutes und ihre allgemeinen Hoheitsrechte in weitgehendem Maße preis.
Die Zentralgewalt begann sich aus
diesen geistlichen Territorien zurückzuziehen und verlor immer mehr die Einwirkung auf deren innere Verhältnisse. Jede Neuerrichtung von Zoll- und
Münzstellen ward dort an die Zustimmung des betreflfenden Fürsten geknüpft,
der Heimfall der Regaliennutzung bei persönlicher Anwesenheit des Königs
auf die förmlich angesagten Hoftage beschränkt, die höchste Äußerung der
königlichen Gerichtsbarkeit, die Achterklärung, eingeengt durch die Bestimmung, daß sie dem kirchlichen Banne ohne weiteres zu folgen habe, der
Lehenshof des geistlichen Fürsten gegen Entfremdungen durch das lehentragende Königtum gesichert.
Zugleich aber verpflichtete sich das Reich
auch zum Schutze dieser geistlichen Territorien gegen die Anmaßungen der
Lajengewalten Usurpation des von der Krone aufgegebenen Spolienrechtes,
Übergriffe der Vögte, Anlage von Befestigungen im Gebiete der geistlichen
Fürsten gegen deren Willen, endlich gegen die Anziehungskraft, die auf ihre
ünfi-eien die benachbarten Städte ausübten. Das war eine Summe wertvoller
Zugeständnisse, denen die geistlichen Wähler erlagen.
:
Und
Wahl
die
Kurie,
hielt
gestellt,
es
vor
die
vollzogene Tatsache
nun doch
für geraten,
von Heinrichs
einzulenken und mit
der Personalunion des Sohnes auch die des Vaters stillschweigend
weiter zu dulden.
Wie seine staufischen Vorfahren: Konrad HI.,
und Heinrich
so hat auch Friedrich H. die bewirksamen Hebel für die Einsetzung
eines Vertreters benutzt und mit solcher Begründung gerade auf
einen Honorius HI. Eindruck gemacht.
Noch in demselben Jahre
wurde zu Rom die Kaiserkrönung vollzogen (Nov. 1220). Friedrich
hatte über die Kurie einen vollständigen diplomatischen Sieg
Friedrich
I.
vorstehende
Kreuzfahrt
VI.,
als
errungen.
Doch war
von feindseligen Gedanken gegen sie weit enthatte, war für ihn ein Gebot der
Notwendigkeit gewesen.
Im übrigen war ihm an dem
Was
fernt.
politischen
')
er
durchgesetzt
er
Privilegium
M. G. Const.
II,
86
in
ff.
favorem principum
ecclesiasticorum
v.
26. Apr. 1220,
n. Die
2o8
Zeit der Staufer.
Zusammengehen mit dem Papsttum gelegen. Er erfüllte
und Italien in vollem Umfange; erst die Macht des Reiches vermochte damals in dem erweiterten Kirchenstaate die Anarchie zu beseitigen und den Papst nach
Rom zurückzuführen. In seinem bei der Krönung erlassenen großen
engsten
seine Versprechungen in Deutschland')
—
Gesetze verhieß der Kaiser der italienischen Geistlichkeit
zumeist
auf Kosten der Städte
wertvolle Befreiung von weltlichen Ab-
—
gaben und Gerichten. Dem Kirchenbanne sollte auch hier die
kaiserliche Acht folgen, und zur Vernichtung der Ketzer ward nach
dem Vorbilde Friedrichs I. der Kirche von Seiten des Kaisers der
weitestreichende Vorschub geleistet, und das weltliche Schwert zur
Verfügung gestellt. Als Gegendienst war dabei an eine Bekämpfung
der Reichsrebellen mit den Waffen der Kirche gedacht,
flössen
doch in der Tat die Begriffe Ketzerei und Abkehr von der bestehenden Staatsordnung damals vielfach in eins zusammen. Endlich erneuerte Friedrich bei der Kaiserkrönung sein Kreuzzugsgelübde und
verhieß für das nächste Jahr die Erfüllung.
Diese Frage trat nun
in den Mittelpunkt der Politik des folgenden Jahrzehnts.
Nachdem der vierte Kreuzzug sein ursprüngliches Ziel verfehlt hatte, war die Bewegung im Abendlande nicht mehr ins Stocken
gekommen. Sie führte zu so krankhaften Auswüchsen wie dem
Kinderkreuzzug des Jahres 12 12. Da war es gut, daß der Beschluß
des großen Laterankonzils sie wieder in geordnete Bahnen zu
lenken suchte.
Innozenz III. hätte sich vielleicht persönlich an die
Spitze der Heerscharen gestellt; sein Nachfolger, einer so gewaltigen
Aufgabe nicht gewachsen, bemühte sich zwar mit aller Kraft um
das Unternehmen, vermochte aber die verschiedenen Einzelströme
nicht in eine große Flutwelle zusammenzufassen.
Insbesondere
mußte man der Lage Friedrichs IL notgedrungen Rechnung tragen,
der den ungeordneten deutschen Verhältnissen unmöglich seine
Gegenwart entziehen konnte. Der Ruf an ihn wurde dringlicher,
als ein vorwiegend aus Deutschen bestehendes Kreuzheer, dessen
Leitung der päpstliche Legat Pelagius an sich gebracht hatte, mit
der Eroberung der ägyptischen Hafenstadt Damiette (12 19) zwar
einen verheißungsvollen Erfolg davontrug, ihn aber ohne erheblichen
Truppennachschub nicht fruchtbar machen konnte. Nach der Ordnung Deutschlands imd der Erneuerung seines Gelübdes wurde nun
Friedrichs Eingreifen für das Jahr 122 1 mit Bestimmtheit ange-
—
vmd der Legat angewiesen,
Unternehmungen zu enthalten.
kündigt,
*)
mit
dem
Nur
bis
dahin sich
aller kriegerischen
ein beschränktes Regalienrecht wurde, oflFenbar im Einverständnis
Episkopat, bald wieder geübt.
§ i6. Das Emporsteigen Friedr.
II.,
bis zum Frieden
v.Ceperano (1230).
209
nach der Kaiserkrönung endlich
dem Zustande der Anarchie,
in dem er es vorfand, lassen sollen, um sich sogleich nach dem
War doch der Erfolg seines Kreuzzuges nicht
Orient zu wenden?
ziun wenigsten abhängig von den Mitteln, die ihm dies Reich
Allein wie hätte Friedrich, als er
wieder sein
sizilisches
Indem
bieten sollte!
Siziliens
sation
Reich
betrat, es in
hinterhältige Absicht
nun mit aller Energie die Reorganinahm, verwickelte er sich ohne alle
er aber
Angriff
in
in ein
neues Unternehmen,
das ihn nicht so
den rasch gesammelten
Kräften 1221 hintereinander zwei Flotten mit erheblichen Truppennachschüben nach Ägj-pten voraussenden konnte; er selbst blieb
bald
losließ.
Es war schon
etwas, das er mit
Inmit stillschweigender Billigung des Papstes einstweilen zurück.
Von der
zwischen aber ereilte die Kreuzfahrer das Verhängnis.
Wartepflicht entbunden, ließ sich der Legat, ohne nur die zweite
Flotte des Kaisers
abzuwarten,
mit völlig unzureichenden Kräften
Wagnis eines Eroberungszuges in das innere
Ägypten ein, während er die Auslieferung Jerusalems wiederholt
vertragsmäßig hätte erlangen können, ward durch das Dvu-chstechen
der Dämme vom Nilwasser eingeschlossen und nur durch die weise
Mäßigung des Sultans El Kamil vor völliger Vemichtvmg bewahrt.
Aber die Erfolge waren dahin, der Abzug des Kreuzheeres wurde
durch die Rückgabe von Damiette erkauft, und ein achtjähriger
Waffenstillstand zugestanden, den nur ein gekrönter christlicher König
auf
das
sollte
unsinnige
kündigen dürfen.
IL blieb nicht ganz unberührt von dieser Schmach.
Trotzdem war der Ausgang für ihn nicht vmgünstig: alle Hoffntmg
richtete sich fortan auf ihn, und da nun der Anlaß zur Eile fortumfassendere Vorbereitungen
fiel, und der neue Kreuzzug vun so
erforderte, gewann er eine Spanne Zeit zur Durchführung seiner
Friedrich
dringendsten europäischen Aufgaben.
Zunächst bedurfte noch Sizilien seiner emsigsten Fürsorge.
Das Werk der Assisen von Capua (Dez. 1220) und ihrer Ergänzung
in
Messina (Juni 1221)^) war nicht Neuschöpfung, sondern Her-
stellung.
Es galt der Monarchie ihre alte, starke Grundlage wieder zu gewinnen,
daher Rückführung aller Dinge auf den Stand von 1189*), Einforderung aller
seitdem entfremdeten Besitzungen und Rechtstitel, Kassierung der darüber
ausgestellten Königsurkunden, selbst oft der eignen aus Friedrichs Kindheit*),
')
Beide vollständig
u.
im Wortlaut
erst
durch
die
1888 aufgefundene
erste Redaktion der Chronik Richards v. S. Germano bekannt.
die Verleihungen Heinrichs VI. an Deutsche galten
*) Auch
als Entfremdungen.
*) Nicht in Frage gestellt aber wurden die älteren Königsurkunden vor
1189, vergl. gegen Winkelmann Schefier-Boichorst, Schriften II, 3488.
Hamp«,
Deutsche Kaisergexhichte.
|.
n. Die
2IO
Aufhebung
Zeit der Statifer.
neu errichteten Verkehraabgaben und Märkte
aller
(seit
1
198)
und
der Regungen städtischer Selbständigkeit. Dazu nun erneute Wehrhaftmachung
des Staates: Sicherung zwar der leistungsfähigen Lehen vor Zersplitterung,
aber auch Ausnutzung der ersten Gelegenheit zu umfassender Einziehung für
die Krone, Niederlegung aller seit 1189 gebauten Burgen der Barone und Errichtung königlicher Festungen, Vertreibung der italienischen Seestädte aus
ihrer bevorrechteten Stellung und Neubau einer sizilischen Flotte. Endlich Bestimmungen zur Friedenssicherung, strafrechtliche und polizeiliche Verfugungen,
Die nächsten Jahre
(bis 1225) galt es diese Maßregeln zur
zu bringen gegen den Widerstand einzelner
Barone und gegen die Ungebundenheit der im Innern und Süden
vollen Durchführung
Siziliens
noch
staatlos
hausenden Mohammedaner, von denen eine
große Zahl auf das Festland nach der in der Capitanata angelegten
sarazenischen Militärkolonie Lucera verpflanzt wurde.
Die Herstellung der sizilischen Monarchie war eine umso bedeutendere
Leistung, als sie ohne auswärtige Gewaltmittel mit den zum Teil doch
gerade erst zu bekämpfenden Kräften des Landes selbst erfolgte. Das
Ergebnis rechtfertigte das allgemeine Programm von Friedrichs Politik;
wäre nicht erreichbar gewesen, wenn er sich nicht inzwischen die
ein Gewährenlassen der Fürsten erkauf t hätte.
Die Regierung des dort als Vertreter des Kaisers zurückgelassenen, unmündigen Heinrich (VII.) war fürstliche Klassenherrschaft,
nur nach einer Seite hin gemildert durch den Einfluß der im königlichen Rate stark vertretenen Reichsdienstmann en.
Wenn diesem
Regimente trotzdem ein größerer nationaler Zug nicht ganz fehlte,
so lag das ausschließlich an der Persönlichkeit des Mannes, den
Friedrich mit glücklichem Griffe zum Reichsgubemator und Vormund seines Sohnes bestellt hatte. Erzbischof Engelbert von Köln^),
eine bedeutende, noch jugendlich-kräftige Erscheinung, in seinem
Territorium die Sonderinteressen der Herren rücksichtslos zugunsten
der allgemeinen Wohlfahrt brechend, zeichnete sich vor allen seinen
Standesgenossen aus durch die Gabe, über die landesherrliche Enge
den Blick zum Ganzen Deutschlands zu erheben.
Ebendamals
bot ein Zufall im Norden die Möglichkeit eines großen nationalen
Gewinns.
Seit dem unseligen Thronstreit lastete hier auf dem
Reiche die unnatürlich vorgeschobene Machtstellung Dänemarks, das
im Besitze der deutschen Kolonisationsgebiete von der Eider bis
nach Rügen, auch in Samland und Esthland sich festsetzte, gegen
Livland vordrang und im Begriffe stand, das baltische Meer in
einen dänischen Binnensee zu verwandeln.
Da geriet mitten im
Frieden König Waldemar IL durch List und Verrat in die Gewalt
des von ihm imgnädig behandelten Grafen Heinrich von Schwerin
es
Ruhe Deutschlands durch
^)
Vergl.
die
(Böhmer, Fontes
II)
zeitgenössische
u.
Biographie des Caesarius
die neuere v. Ficker 1853.
v.
Heisterbach
1
§ i6. Das Emporsteigen Friedr.
II.,
bis
zum Frieden
t.
Ceperano
(i
230).
2
1
und so wenig anständig der Fang war, so bestand bei den
maßgebenden deutschen Persönlichkeiten doch kein Zweifel, daß er
ähnlich wie einst die Haft Richards Löwenherz zum Vorteil des
Reiches auszubeuten, und womöglich die Herausgabe der deutschen
(1223),
Ostseegebiete zu erzwingen
sei.
Engelbert ging in dieser Richtung
weiter als der Kaiser, der bei grundsätzlichem Einverständnis
doch
durch Rücksicht auf seine universale Politik und den sich einmischenden Papst zu Milderungen des abgeschlossenen Vertrages
Besser als die hohe Diplomatie wußte schließlich das
bereit war.
scharfe Schwert der nächstbeteiligten deutschen Großen den Vorteil
des Reiches und ihren eigenen wahrzunehmen. Nach der gewaltsamen
Befreiung Nordalbingiens von der dänischen Herrschaft verstand sich
Waldemar endlich dazu, den Vertrag zu beschwören, der seine Freilassung nicht nur an ein hohes Lösegeld, sondern auch an die
Abtretung der Gebiete von der Eider bis Pommern knüpfte (Ende
Jedoch sobald er aus der Haft entlassen war, erklärte er
1225).
den Vertrag für erzwungen imd ließ sich durch den Papst von
seinem Eide lösen.
Er gab seinen deutschen Gegnern nur erwünschte Gelegenheit, die Errungenschaften des durch Gewalttat
erpreßten Vertrages auf der Ebene von Bomhövde (s. v. Kiel) um
Die
so ehrenvoller mit den Waffen zu behaupten (Juli 1227).
dänische Niederlage bezeichnet den Rückgang der stark überspannten
Großmachtpolitik Waidemars auf der ganzen Linie, zugleich ein
Das Reich war an
erneutes Vordringen des deutschen Einflusses.
diesem großen nationalen Erfolge nicht unmittelbar beteiligt. Immerhin hat der Kaiser, von der Rücksicht auf die Kvirie damals einigermaßen befreit, die letzten Ereignisse aus der Feme mit förderndem
Interesse begleitet, wie etwa die Erneuerung der Reichsfreiheit
Lübecks (1226) bekundete, und die Gestaltung der Dinge durchBedeutsam fielen mit diesem Aufschwxmge des
aus anerkannt.
Deutschtums in den Ostseegebieten die Anfänge des Deutschordens
im Preußenlande zusammen, der berufen war, in den nächsten Jahrzehnten die Brücke zu den deutschen Brüdern in Kurland und
Livland zu schlagen.
Friedrich fügte damals (1226) dem Orden
zu dem vom Herzog Konrad von Masovien versprochenen Kulmerland alle künftigen Erobenmgen im preußischen Gebiet hinzu imd
Wenn nicht andre
erhob den Großmeister zum Reichsfürsten.
Gesichtspunkte, so waren zum mindesten seine engen Beziehungen
zu dem Orden und seinem hervorragenden Großmeister Hermann
von Salza^) Anlaß für den Kaiser, diesen Dingen dauernd seine
Aufmerksamkeit zu schenken.
')
Vergl. die Biographie
von A. Koch 1885.
212
I^' I^Jß Zeit
der Stauler.
Vielleicht noch freudiger als er würde der Reichsgubemator
Engelbert diese letzten Entwickelungen begrüßt haben, aber er sollte
sie
nicht
denen
mehr
erleben.
Es
fehlte
in
den
Jaliren
(1224
u.
25),
ganz persönlich die deutsche Politik leitete, nicht an
einer gewissen Spannung zum kaiserlichen Hofe, der die letzte
Entscheidung der wichtigsten Fragen doch immer in seiner Hand
behielt nach dem Grundsatz, daß Deutschland an jedem Ort sei,
an dem der Kaiser mit einigen seiner Fürsten zusammenkomme.
Meinungsverschiedenheit entstand namentlich über die Frage der
Verheiratung des jungen Königs, für den Engelbert, seinem kölnischen
Standpunkt entsprechend, aber auch aus nationaldeutschen, antifranzösischen Erwägungen heraus eine englische Verbindung wünschte,
während Friedrich, an seinem capetingischen Bündnis festhaltend,
schließlich für Margaretha, die Tochter des Herzogs Leopold von
Österreich entschied.
Eben als die Hochzeit des jungen Paares
gefeiert wurde, erscholl die grause Kunde von der durch einen
Verwandten des Erzbischofs mit anderen Helfershelfern aus Privatrache vollführten Ermordung Engelberts (7. Nov. 1225).
Er hatte
sich dem Willen des Kaisers bereits unterworfen und hätte, damals
erst ein vierzigjähriger, seine Dienste dem Reiche weiter zur Verfügung gestellt; da ward dieser glänzenden und für Deutschland
bisher nur segenvollen staatsmännischen Laufbahn durch Mörderin
hand
er
jähes Ende bereitet!
Man versteht den entsetzlichen
den der alternde Walter von der Vogelweide gegen den
ein
Fluch,
ruchlosen Täter schleuderte!
Der Charakter der
fürstlichen
Klassenherrschaft
blieb
auch
Herzog Ludwig von Bayern, der an Engelbesaß weder die Gesichtsweite, noch die Begabung
hinfort unverändert, aber
berts Stelle trat,
des Kölners, und
als
der ausbrechende
Papsttum die Verhältnisse
verwirrte,
Kampf
des Kaisers mit
dem
schob der achtzehnjährige junge
König alsbald den unzuverlässigen Herzog beiseite und übernahm
von da ab selbst die Verantwortung für die Leitung der deutschen
Angelegenheiten (1228).
Inzwischen war der Termin für die Kreuzfahrt Friedrichs vmter
mißmutiger Zustimmung der Kurie mehrfach hinausgeschoben. Schon
hatten Reibereien in Mittelitalien, wo der Kaiser die Hinderung
Verbindungen durch die päpstlichen Rekuperationen doch
und Eingriffe des Papstes in das Konsensrecht der Krone bei sizilischen Bistumsbesetzungen Mißtrauen und
Ärger hüben vmd drüben geweckt. Noch einmal kam es zu der
Vereinbarung von S. Germano (1225).
Sie legte Friedrich die
seiner
schmerzlich empfand,
bindendsten Verpflichtungen auf: Abfahrt mit festbemessener Mannschaft und Flotte im August 1227 bei Strafe des Bannes und bei
§ i6. Das Emporsteigen Friedr.n., bis
lum Frieden v.Cepcrano (1230).
213
Aber durch die noch in demselben
Verfall einer hohen Kaution.
Jahre vollzogene Vermählung des verwitweten Kaisers mit Isabella
von Brienne, der Erbtochter des Königreichs Jerusalem, wurde sein
eigenstes Interesse eng mit dem Unternehmen verknüpft, und er
gewann immerhin zwei weitere kostbare Jahre.
Wie er sie anzuwenden gedachte, verkündete er schon in S. Germano: zwischen der unmittelbaren Herrschaft über Sizilien und der
mittelbaren über Deutschland sollte als das notwendige Bindeglied
der kaiserlichen Rechte in Reichsitalien eingefügt
werden, die in der Tat in den letzten Jahrzehnten in den ärgsten
Als er damals auf das folgende Jahr (1226)
Verfall geraten waren.
zur Ordnung dieser Verhältnisse einen Reichstag nach Cremona ausschrieb, hat er schwerlich schon weitergehende Absichten gehabt,
als die Rechtsgrundlage des Konstanzer Friedens herzustellen. Aber
er täuschte sich über die Stimmung der Lombarden, die angesichts
der absolutistischen Tendenzen Friedrichs in Sizilien von lebhaftem
die Herstellung
Mißtrauen erfüllt waren, er vmterschätzte die in der Ungebimdenheit
der letzten Generation neuerstarkten Widerstandskräfte und \\nürdigte
nicht genug die stille, aber dauernde Interessengemeinschaft zvs'ischen
Lombardei und Papsttum. Diese Irrtümer führten zu einem ersten
imliebsamen Mißerfolge seiner Politik.
Sofort erneuerten die meisten Städte der Lombardei, Romagna
und Mark Treviso den
alten
Lombardenbund, nahmen eine
feind-
hinderten durch Sperrung der Etschklause den
Zuzug deutscher Truppen unter König Heiruich und reizten den
Kaiser durch demütigende Zmnutungen weit über die Bedingungen
des Konstanzer Friedens hinaus. Wie hätte Friedrich solch' offene
liche Stellung ein,
Auflehnung ruhig hinnehmen sollen? Aber von Deutschland abin Oberitalien nur von Cremona und seinem Anhang
unterstützt, konnte er an ein kriegerisches Vorgehen nicht denken,
sondern mußte sich mit der Verkündigung der Reichsacht gegen
die Bundesmitglieder, der Aufhebung des Konstanzer Friedens
und aller Privilegien begnügen. Nur der Einmischung der Kurie
war es dann zu danken, daß, im Hinblick auf den Kreuzzug, dem
aus dem Zwiespalt ein neues Hemmnis zu erwachsen drohte, vorderhand ein leidlicher Friedenszustand geschaffen wurde, der zwar
die Verhältnisse vor 1226 wiederherstellte und dem Kaiser keine
Genugtuung gewährte, aber wenigstens keine grundsätzliche Entscheidung traf und so die Erledigung der Streitfrage der Zukunft
geschnitten,
vorbehielt.
letzte Tat Honorius' III.
Als er kurz darauf starb
konnte er hoffen, daß der langersehnte Kreuzzug ohne
weitere Gefährdung von statten gehen \\i\rde. Aber eben der Papst-
Es war die
(1227),
n. Die
214
Zeit der Staufer.
Wechsel war es, der die Welt aufs neue in Unruhe stürzen sollte;
wie so oft, brachte er die Gegenpartei ans Ruder.
Gregor IX.
(1227 41)^), ein naher Verwandter Innozenz' III., war noch mit
seinen annähernd sechzig Jahren eine schöne, kraftvolle Erscheinvmg,
—
schon
seit
samkeit
einem Menschenalter gepriesen
und Zierde
guter
Sitten"
dächtniskraft, juristischen Scharfsinn
als
als
„Spiegel
der Bereddurch Ge-
2),
hervorragend
und
gelehrte Bildung.
Bereits
Kardinalbischof Ugolino von Ostia hatte er als eine Säule der
Kaum
Kirche gegolten.
in einer andern Figur der Papstgeschichte
inneren Widersprüche der Hierarchie so unver-
liegen die großen
und doch so selbstverständlich nebeneinander. Der Freund
imd Förderer der Minoriten, der freilich die sonnigen Ideale des
h. Franz mit hartem Druck in die kältere Wirklichkeit führte, aber
eben dadvuch sein tiefes Verständnis für ihren praktischen Wert
mittelt
bewies, der sich auch sonst für religiöse Verinnerlichung, Entsagimg,
als Papst den glänzenden Pomp und die
und hat den Kampf um die Weltherrschaft mit
den weltlichsten Mitteln bis zur Verflachung und Entsittlichung geführt.
Nach innen und außen verkörperte er so fast noch in einer Steigerung
die Reformtendenzen vmd Herrschaftsbestrebungen der Papstkirche
Aber wenn über dessen Maßnahmen stets
imter Innozenz III.
eine kühle, überlegene Vernunft gewaltet hatte, die ihm die Erfolge
Armut erwärmte,
liebte
eindrucksvolle Pose
sicherte, so lebte in
Namen
mag
Gregor IX. etwas von der dämonischen LeidenWillenskraft des großen Papstes, dessen
und bergestürzenden
schaft
er sich erwählte.
viele
versagte
häßliche
ihm auch
Eben
Auswüchse
diese zügellose Leidenschaftlichkeit
seiner Kampfesweise
die durchschlagenden Erfolge.
erklären,
Wie Gregor
sie
VII.
war er der Mann der von einer großartigen Einheitlichkeit imd
Kraft der Weltanschauimg getragenen, stürmischen Initiative, nicht
Zweimal hat er die furchtbare Verder mühevollen Vollendung.
antwortung eines Weltkampfes auf seine Schultern genommen, sein
Temperament vor allem hat dem Schicksalsstreit seinen Charakter
aufgeprägt und eine Wendung zur Versöhnung auch für die Zukunft
verbaut, aber trotz
noch nicht der
aller
Wucht
des Angriffes war er für Friedrich
gefährlichste Gegner!
Nicht die zufälligen Ereignisse des Jahres 1227 haben den
hervorgerufen, sie gaben nur den Anlaß zu dem überlegten
Kampf
Die Register hrsg, von Auvray 1890 ff. Für die sonstigen Quellen
Neuere Biographien v. Balan (1872) u. Feiten
Reg. Imp. V, S. 1170.
(1886) kritisch wenig verwendbar. Beachtenswerte Bemerkungen v. W. Goeti,
Hist. Viertelj. 5, 43 ff; der Politiker Gregor dürfte aber doch etwas un*)
vergl.
günstiger zu beurteilen sein.
») Vergl. Hist. Viertelj. 7, 519.
§
i6.
Das Emporsteigen
Friedr.
11., bis
zum Frieden v. Cepenmo (1230).
21^
und gewollten
Angriff der römischen Kurie gegen Friedrich 11.^).
Gregor IX. hatte mit Sorge und Unwillen beobachtet, wie das versöhnliche Walten seines Vorgängers es dem Kaiser ermöglicht hatte,
seine volle Machtstellung gegen die Absichten Innozenz' III. zu
behaupten imd ungemein zu befestigen, wie er von der starken
Grundlage Siziliens aus bereits nach Reichsitalien hinübergriff und
durch so manche temperamentvolle Äußerung zu erkennen gab,
daß er bei allem Streben nach Frieden mit der Kirche nicht aus
der staufischen Art geschlagen war und die alten politischen Ziele
fest
im Auge
behielt.
Zugeständnisse,
wenn
Was frommten
die politische
schließlich
alle
Umklammerung des
kirchlichen
Papsttvuns
mm
Darauf spitzten sich
die alten Gegensätze mit
aller Schärfe zu: Das Papsttum, das eine selbständige weltliche
Herrschaft als Voraussetzung für seine freie Willensentschließung
sich erneute?
suchte seinen politischen Einfluß von dem erweiterten
Kirchenstaat aus auf das sizilische Lehensreich geltend zu machen
betrachtete,
und auch gegen
Oberitalien vorzuschieben. Der Kaiser, der Herr in
seinem sizilischen Hause bleiben wollte, konnte die Verbindung mit
Deutschland nur aufrecht erhalten, wenn er sich auch des Mittelgliedes versicherte. Italien, durch das Vordringen des Abendlandes im
Mittelmeerbecken, durch den Umschwung des Welthandels seit den
Kreuzzügen, durch das Emporblühen der wirtschaftlichen und geistigen
Kultiir ganz anders als früher in den Mittelpunkt der Welt gerückt,
bildete das große Streitobjekt z>\TSchen den beiden Häuptern der
Christenheit. Gregor war es, der zuerst die Unlösbarkeit des Knotens
erkannte und den Vemichtungskampf mit bewunderungs^vürdiger
Folgerichtigkeit und Entschlußkraft begann, der aber die politischen
Gründe seines Vorgehens stets sorgfältig verschleierte und, indem er
kirchliche, agitatorisch wirksame Momente vorschob, der ktuialen
Politik den Stempel unwahrer Hinterhältigkeit aufdrückte.
Indes
und moralische Beurteilung
Wucht der großen Weltgegensätze.
die persönliche
der
hat zurückzutreten hinter
Der Aufbruchstermin für den Kreuzzug war von der Kuiie
unklug auf den heißen August gesetzt, Friedrich mehrte die Gefahr,
indem er über die festen Normen des Vertrages von S. Germano
hiiuus auch für alle Pilger Schiffe bereitzuhalten erklärte.
So ergriff in der Ebene von Brindisi eine furchtbare Seuche die Massen.
Der Kaiser selbst erkrankte schon vor der Einschiffung, nach der
Abfahrt starb sein Begleiter, der Landgraf Ludwig von Thüringen.
Friedrich selbst kehrte
um und
suchte Heilimg in den Bädern von
') Über
die aggressive Tendens der damaligen Kirche
merkungen Fickers, Reg. Imp. V, S. XXIII ff.
vergl.
die
Be>
2
1
!!• I^ie Zeit
6
Da
der Staufer.
i)
Gregor war
im Recht; die Rücksicht auf eine höhere Gewalt, wenn auch nicht ausbedungen, wäre freilich menschlich gewesen, aber der Papst dekretierte sie hinweg mit der haltlosen
Pozzuoli.
traf
ihn der Bannstrahl des Papstes,
formell unzweifelhaft
Behauptung, Friedrichs Krankheit sei nur eine Fiktion.
ständigung hätte sich unschwer erzielen lassen, denn
Eine Verder Kaiser
war
bereit, den unfreiwilligen Vertragsbruch durch eine Kirchenbuße
zu sühnen und das Versäumte baldigst nachzuholen, aber nun begründete Gregor den Bann mit neuen, auf Sizilien bezüglichen Beschwerden und erklärte, bei fernerer Mißregierung dies päpstliche
Lehen als erledigt einziehen zu müssen. Es wurde klar, das Papsttum wollte die Vernichtung des Kaisers oder seine Demütigung und
dauernde Schwächung.
Da war es ein meisterhafter Schachzug
Friedrichs, daß er, um aller Welt den Ernst seiner Absicht zu beweisen und den Papst in der öffentlichen Meinung ins Unrecht zu
setzen, im folgenden Jahre trotz des Bannes die Fahrt nach dem
Orient antrat.
—
Der fünfte Kreuzzug (1228 29) unterschied sich scharf von
seinen Vorgängern durch die Führerrolle eines Gebannten, dem die
Kurie ob dieses Trotzes nur um so mehr grollte, durch die
dynastischen Pläne des Leiters, dem seine Gemahlin soeben sterbend
den Erben des Königreichs Jerusalem, seinen zweiten Sohn Konrad,
geboren hatte, und durch die von vornherein auf diplomatische
Erfolge gerichteten Absichten Friedrichs, der mit dem Sultan ElKamil von Ägypten wie mit so manchem mohammedanischen Gelehrten freundliche Beziehungen unterhielt und ihre Hochachtung
genoß. Das hat in der Tat neben dem für die Christen wertvollen
Zwiespalt zwischen Ägypten und Damaskus dem Kaiser sein Unter-
nehmen
erleichtert und schließlich den Vertrag ermöglicht (1229),
den die Hauptandachtstätten: Jerusalem, Bethlehem, Nazareth und ihre Verbindungen mit dem namentlich um die Stadt
Sidon verstärkten Rest des Königreichs Jerusalem an der Meeres*küste an Friedrich als neuen König des Landes abgetreten wurden, während für die Mohammedaner auf zehn Jahre Waffenstillstand, unbedingte Neutralität bei Angriffen auf sie von andrer
Seite und freie Religionsübung in der Moschee von Jerusalem ausbedungen ward.
Dieser Vertrag hatte unleugbare Schwächen.
durch
Schwerer
stenheit
als
die
letztgenannten Zugeständnisse, die in der Chri-
kaum ganz
berechtigten
Anstoß erregten, fielen die
schmalen Gebietsstreifen
mangelhafte Verteidigungsfähigkeit dieser
imd die fortdauernde Feindschaft des
^)
Sultans
von
Damaskus
Erste Ankündigung 29. Sept., feierliche Verkündigung 18. Nov. 1227.
§
i6.
Das Emporsteigen Friedr. n.,
ins Gewicht.
erreicht!
bis
zum Frieden v, Ceperano (1230).
71
7
Aber unter welchen Schwierigkeiten war der Abschluß
El-Kamil
hatte
angesichts
des
offenen
Zwiespalts
der
entgegenkommende Haltung geändert, nach einer
Einigung mit Damaskus gestrebt, die Verhandlungen in die Länge
gezogen und dem Kaiser manche Demütigungen bereitet. Friedrichs
militärische Lage war bei schwacher Truppenzahl gefährdet, Zwietracht und Verrat herrschten im eignen Lager.
Denn der Papst
Christenheit seine
betrachtete
ihn
nicht
als
Kreuzfahrer,
sondern
als
Piraten,
der
von Jerusalem predigte offenen Widerstand und arbeitete
ihm selbst beim Sultan entgegen, die Johanniter waren unzuverlässig,
die Templer sind vielleicht nicht einmal vor dem Versuche zurückPatriarch
dem Feinde
Kunde von dem
geschreckt, die Person des Kaisers verräterisch
in
Hände zu
Einfall
Endlich drängte die
spielen.
Truppen
und Beschränkung.
die
Reich zu äußerster Beschleimigung
alledem ward viel mehr gewonnen,
als durch die riesenhaften Opfer der letzten Jahrzehnte: das Königreich Jerusalem wenigstens zu einem Bruchteil hergestellt, die geweihten Stätten alle aufs neue dem Strome der Pilger geöffnet
Mehr noch als der Jubel der Pilger vmd die Anerkennung des
deutschen Freidank sprachen die Trauerkundgebungen der Mohammedaner zugunsten des Vertrages. Aber die Realpolitik und Toleranz
Friedrichs vertrugen sich schlecht mit der Kreuzzugsbegeistenmg, und
auf päpstlicher Seite verschloß man absichtlich die Augen vor dem
päpstlicher
in
das
Und
sizilische
trotz
Erfolge.
zu übermütigem Triumphe lenkte er Friedrich zu kluger
Als er sich in der Grabeskirche zu Jerusalem die
Königskrone aufs Haupt setzte, bot er dem Papste die Hand zum
Frieden und sprach in einer Rede und einem kurz darauf erlassenen Manifest von dem Verhalten Gregors in den schonendsten
Ausdrücken.
Ohne Verzug kehrte er dann über Akkon, wo der
vom Patriarchen aufgehetzte Pöbel den Kaiser und seine Begleitvmg
bei der Einschiffung mit Kot bewarf, nach Europa zurück und
Statt
Versöhnlichkeit."
landete unverhofft in Brindisi (10. Juni 1229).
Auf offene Feindseligkeiten des Papstes hatte Friedrich sich
schon bei seinem Aufbruch zur Kreuzfahrt gefaßt machen müssen.
Der von ihm als Statthalter in Sizilien zurückgelassene Herzog
Reinald von Spoleto hatte daher die Weisung, einen päpstlichen
Angriff durch einen Einfall in den Kirchenstaat und Rücknahme
der Rekuperationen zu beantworten ^). Er überschritt seine Vollmacht
rückte über die Grenze, als Gregor die Untertanen des Kaisers
und
erst
') Dafi CS sich nur
Ficker, Mitt. d. Inst.
um
f.
einen solchen Eventualauftrag bandelte
Gesch. 4, 351 erkannt.
öst.
,
hat lu-
n. Die
2l8
Zeit der Staufer.
vom
Treueid löste und zur Empörung aufrief, ihm seine Reiche
absprach und sich mit den Lombarden verbündete. Dieser nicht ohne
selbstsüchtige Absicht unternommene Einfall Reinaids in den Kirchenstaat, der ihm nachmals die Ungnade des Kaisers zuzog, gab dem
Papst in den Augen der Welt wohl die Berechtigung, ihn mit
schnell geworbenen Söldnerscharen zurückzuweisen und nun selbst
die Eroberung des Königreichs, das er unter die immittelbare Herrschaft der Kirche zu nehmen gedachte, zu beginnen.
Noch war
der Bau nicht gefestigt genug, um ohne die Person seines Leiters
Widerstand zu leisten; schon war mehr als die Hälfte des Festlandes in den Händen der Päpstlichen, als Friedrich zurückkehrte.
Die Untätigkeit der geistlichen Heerführer ließ ihm Zeit, zu
erstarken; mit rasch gerüsteten Truppen jagte er dann in raschem
Siegeslaufe die päpstlichen Schlüsselsoldaten aus dem Lande.
An
der Grenze löste er sein Heer auf und bot dem Papste Friedensverhandlungen an. Wäre es Gregor nur um Genugtuung für die
Verletzung des Vertrages von S. Germano zu tun gewesen, so
hätte er die ausgestreckte
langem Sträuben,
als
Hand
freudig ergriffen.
Aber
erst
ihn die Unfähigkeit seiner Truppen,
nach
Geld-
mangel, Mißerfolge der Lombarden und Versagen der Agitation in
Deutschland in eine sehr bedenkliche Lage brachten, ging er auf
Die Verhandlungen, in S. Germano geführt
das Anerbieten ein.
und in Ceperano zum Abschluß gebracht, sind gekennzeichnet durch
Zäheste Hartnäckigkeit des Papstes
und
äußerstes
Entgegenkommen
Erst die Einmischung der deutschen Fürsten, die
des Kaisers.^)
im eignen Interesse den Frieden brauchten, auf die Kurie drückten,
aber auch auf die sizilischen Rechte Friedrichs wenig Gewicht legten,
Der Kaiser erlangte die Absolution, hatte
brachte die Einigung.
aber dafür der Kirche nicht nur volle Besitzrückgabe und umfassende
Amnestie zuzusichern, sondern auch wertvolle Zugeständnisse in Bezvig auf die innerkirchlichen Verhältnisse Siziliens zu machen. 2)
Die Beurteilung dieses Friedenschlusses wie überhaupt der
gesamten Kirchenpolitik Friedrichs vmterliegt noch jetzt den stärksten
Schwankungen. Man 3) hat sein unterwürfiges Entgegenkommen an
*) Die Korrespondenz des päpstlichen Unterhändlers Thomas v. Capua,
Kardinalpriesters v. S. Sabina, hat darüber Aufschlüsse gegeben, vergl. Rodenberg, Neues Arch. 18, 177 ff.
*) Exemption des sizilischen Klerus von weltlicher Gerichtsbarkeit (ab-
gesehen von Lehenssachen) und allgemeiner Besteuerung (unter Vorbehalt der
bestehenden Verpflichtungen einzelner Kirchen und Geistlichen). Das Konsensrecht bei Bischofswahlen wurde von Friedrich mühsam behauptet.
•) Winkelmann, Jahrb. II, 189.
Ich kann ihm nicht zustimmen, stehe
dagegen der völlig entgegengesetzten Beurteilung, die gleich darauf in demselben Buche vorgetragen wird, sehr nahe.
§ i6. Das Emporsteigen Friedr.II., bis
zum Frieden v.Ceperano
(1230).
219
Kaisertum mit dem Tage von Canossa verglichen
Verkennung der wahren Absichten des Papsttmns
vorgeworfen.^) Solche Beurteiler betrachten die beiden Gegner doch
zu sehr als gleichstehende Mächte und rechnen nicht genug mit
der von vornherein hoffnungslosen Lage Friedrichs der Kirche
gegenüber.
Es dürfte schwer halten, die Bahn zu bezeichnen,
die er sonst hätte gehen sollen! Auf kirchlichem Gebiete war die
päpstliche Macht unerschütterlich gefestet bis zu der Zeit, da die
Nationalstaaten oder die Massen selbst gegen die Kiuie mobil
machen würden. Dieser Tag lag noch fem. Das Ziel Friedrichs
konnte daher nur sein, durch diplomatische Mittel und kirchliche Zugeständnisse den Vemichtungskampf des Papsttums gegen
ihn möglichst lange aufzuhalten und derweil seine politische Machtstellung nach Kräften auszubauen.
Für die Beurteilung der einzelnen Schritte wäre danach ausschlaggebend, ob sie diese Gelegenheit boten oder aber durch wesentliche Einräumungen das
Papsttum für den letzten Entscheidungskampf nur kräftigten. Der
Friede von Ceperano brachte der Kirche höchst wertvolle Zugeständnisse für Sizilien; aber sie haben Friedrichs unbedingte
Herrschaft dort schließlich nicht zu erschüttern vermocht und daher
dem Papsttiun nicht den erhofften politischen Gewinn eingetragen.
Und für diesen Verlust, ohne den der Friede anscheinend doch
nicht zu erreichen war, nun der überaus eindrucksvolle moralische
Sieg, den der Kaiser über den Papst in den Augen der damaligen
Welt davontrug: der Bann trotz alles Sträubens zurückgenommen,
Schmach
oder ihm
für das
völlige
als Piraterie gebrandmarkten Kreuzzuges anerkannt,
Eroberung Siziliens kläglich gescheitert, alle Bemühungen des
Papsttums um eine Empörung im Reiche vergeblich, der Weltfriede
Die Dinge liegen
nur der weisen Mäßigung Friedrichs verdankt.
hier doch genau umgekehrt wie bei Canossa: dort ein augenblicklicher politischer Erfolg erkauft durch dauernde moralische Einbuße
des Kaisertums; hier durch faktische Zugeständnisse eine ungeheure
Steigerung des kaiserlichen Ansehens erzielt, wie sie in den dreißiger
Jahren deutlich zu Tage trat. Gerade in solchen Fragen ist vielleicht
der Haupteindruck, den ein aus großer Gesichtsweite beobachtender
Zeitgenosse, der Araber Abu al Fadayl, von den Ereignissen ziuUckbehielt, nicht ganz gering zu schätzen; er schrieb von Friedrich:
„Seit den Zeiten Alexanders gab es in der Christenheit keinen
Fürsten wie diesen, nicht allein in Anbetracht seiner Macht, sondern
auch wegen der Kühnheit, mit der er gegen den Papst, ihren
das Ergebnis des
die
^)
93, 422
Vergl.
ff.
Hauck
IV, 783
ff.
Dagegen meine Bemerkungen
Hist. Ztacbr.
220
II'
I^'C Zeit
der Staufer.
und in die Flucht jagte."
Frieden bezeichnete auch ein abendländischer Zeitgenosse ^) als
Khalifen, aufzutreten wagte, ihn bekämpfte
Den
einen Schimpf für die heilige Kirche.
Wenn
er
freilich
die her-
gestellte Eintracht für
mehr erheuchelt
nicht minder Recht.
Darüber durften die persönliche Zusammen-
als
ehrlich hielt, so hatte er
Gregors und Friedrichs in Anagni und theoretische Ausführungen über das harmonische Zusammenwirken der beiden Gewalten nicht täuschen. Der erste Vemichtungsanfall war abgeschlagen,
das Kaisertum hatte einstweilen seinen Platz neben dem Papsttum
kunft
zurückerobert, aber der unheilvolle Gegensatz war mitnichten gelöst.
Immerhin hatte Friedrich
Macht gesichert.
sich eine
Grundlage
für weitere Befestigung
seiner
§
17.
Friedrich
auf der Höhe
(12S0— 1239).
11.
seiner Macht
Friedrich stand damals in seinen kräftigsten Jahren.
große, später etwas volle Figur mit
dem
bartlosen Antlitz
Die
2)
mittel-
und dem
Haar war nicht eben an sich von überwältigendem
Eindruck, aber von unermüdlicher Leistungsfähigkeit und gehoben
durch Sicherheit und Pomp des Auftretens.
Der dabei entfaltete
Prunk, fremdartige Gestalten von Äthiopiern und Mauren, seltene
Tiere der kaiserlichen Menagerie, wie Elefanten, Dromedare, Löwen
und Panter, erregten lebhaft die Phantasie der Deutschen, aber
zeigten ihnen auch handgreiflich, wie wenig sie doch eigentlich
diesen Herrscher als den ihrigen betrachten konnten.
In der Tat
rötlichblonden
war dieser ganze Luxus, der
sich in seinen apulischen Schlössern
noch
und berauschender entfaltete, war die ganze Üppigkeit des Sinnenlebens und die fast mohammedanische Auffassung
der Ehe, die dem Herrscher eunuchenbewachte Harems daheim wie
im Feldlager gestattete, in Art und Unart sizilianisch und bei Friedrichs
normannischen Vorfahren ganz ähnlich anzutreffen. Das verschlang
gewaltige Summen und erregte manchen Anstoß; aber Friedrichs
weit glänzender
war weit entfernt, davon entnervt zu werden.
er den vielseitigen und aufreibenden Pflichten
seines Amtes nach.
Imperialistische, normannische und mohamgeniale Kraftnatur
Rastlos
*)
kam
Abt Wilhelm von Andres;
vgl.
Winkelmann, Jahrb.
II,
210.
Einer Identifizierung der eindrucksvollen Büste von Acerenza mit
Friedrich II. (R. Delbrück, Ztschr. f. bild. Kunst 1902) wird man auf Grund
weiterer Untersuchungen (ebenda 1903) bis auf weiteres ablehnend gegenüber
stehen müssen.
')
§ 17.
Friedrich IL auf der
Höhe
seiner
Macht (1230
— 1239).
22 1
medanische Überlieferungen wirkten, unterstützt durch die Lehren
des römischen Rechts, mit angeborenem Genie und energischer
Schulung zusammen, um ihn zum wahrhaften Selbstherrscher zu
machen, der alle wichtigen Entscheidungen von sich aus traf. Die
eigentümliche Stärke seiner politischen Begabung
lag unzweifelhaft
dem
Felde der Organisation vmd Verwaltimg, ähnlich wie bei
seinem Großvater Roger, dessen Vorbilde er so viel verdankte, ohne
indes bei der bloßen Nachahmung stehen zu bleiben.
In der
großen Politik durch seine Stellung von vornherein an eine hoffnungslose Sache geknüpft imd durch die staufische Überlieferung
vielfach festgelegt, hat er doch auch da Festigkeit der Ziele mit
Beweglichkeit und Unerschöpflichkeit der Mittel verbimden.
Dem
Diplomaten schadete öfters die impulsive Art, die die Karten
zu früh aufdeckte, seine scharfe Zunge, die den beißenden Witz
auf
imd Leidenschaftlichkeit, die ihm den
und unnötige Mißstimmung erzeugten,
im
wohl der kurialen Diplomatie, namentlich unter den
nicht vmterdrückte, Heftigkeit
—
Blick verdunkelten
ganzen
ist
er
—
beiden Innozenzen, nicht gewachsen gewesen,
aber bis zu einem
gewissen Grade entschädigten dann wieder scharfsinnige Berechnung,
überraschender Wechsel und phantasievolle Kombinationsgabe. Der
kriegerische Beruf lag Friedrich an sich femer, aber er hat sich
ihm nie versagt, und wenn er auch schwerlich ein großer Feldherr
genannt werden kann, so kamen ihm auch da Organisationstalent,
vmd Belagenmgswesen, Entund Unermüdlichkeit zu statten, vmd einen über-
technische Kenntnisse im Festungsbau
schlußfähigkeit
legenen Gegner lernte er auf diesem Gebiete nicht keimen.
Der Reichtum von Friedrichs Natvir aber fand in diesen durch
seine Stellung bedingten Betätigungen nicht entfernt Genüge. Man
wird seiner Bedeutung nicht gerecht, wenn man sich nur auf sie
Die Aufnahmefähigkeit und Verarbeitungskraft seines
vmd es war doch nicht allein
diese Zugänglichkeit für alle kulturellen Reizungen, sondern fast
noch mehr die Voraussetzungslosigkeit, das Eindringen in die Geheimnisse der Natur, die Vemünftigkeit und Zweckmäßigkeit seines
ganzen Denkens und Tuns, die auf die Mitwelt befreiend und
befruchtend wirkten und in die Zukunft wiesen.^)
beschränkt.
Geistes darüber hinaus waren erstaunlich,
*) Das Schlagwort von dem „ersten modernen Menschen" ist besser fu
meiden, weil gelegentlich übertreibende Unmöglichkeiten darunter begriffen
werden und jede derartige historische Aufstellung nur bedingt zu verstehen
ist.
Die fortschreitende Erkenntnis sizilisch-normannischer Zustände hat das
Urteil über F. vielfach abgewandelt, und man könnte natürlich auch Roger II.
den „ersten modernen Menschen" nennen. Aber dieser hat
abgesehen von
immerhin geringerer Vielseitigkeit
in seiner sizilischen Sonderexistenz doch
,
—
—
n. Die
222
Wann
hatte
sich
Zeit der Staufer.
ein deutscher Herrscher selbständig wissen-
Man müßte
etwa zurückgehen auf die kümmerlichen Versuche des Merowingers Chilperich oder die Ansätze Karls
Friedrich ward durch seine Liebhaberei für die Falkenjagd
d. Gr.
schaftlich betätigt?
zu ernsten zoologischen Studien geführt, die
seinem durch jahrdurchdringende
Beobachtvmg und kritischen Scharfsinn ausgezeichneten Buche „über
die Kunst der Jagd mit Vögeln" einen höchstbedeutenden Niederschlag fanden. Er eröffnete so die kurze Reihe der großen Empiriker des dreizehnten Jahrhunderts, eines Albertus Magnus und
Roger Bacon. Für andre Wissensgebiete, für Heilkunde und Mathezehntelangen,
matik,
echt
Philosophie
in
wissenschaftlichen Sammelfleiß,
und Astrologie
zeigte
er
angeregtes
vmd anre-
gendes Interesse und Verständnis, disputierte vmd korrespondierte
mit den bedeutendsten christlichen, mohammedanischen vmd jüdischen Gelehrten seiner Zeit, sammelte sie nach Möglichkeit an
seinem Hofe zu einer Art von Akademie und suchte die Kenntnis
wichtiger griechischer, arabischer und hebräischer Werke, die er
selbst bei dem Reichtum seiner durch die sizilische Völkermischung
erklärten Sprachkenntnisse im Urtext las, durch Übersetzungen dem
Abendlande zugänglich zu machen. Die von ihm gegründete Universität Neapel, nächst kleineren spanischen Schöpfxmgen die erste
nach arabischem Muster errichtete Staatsuniversität in Europa, hatte
zwar in erster Linie die Aufgabe, dem Kaiser juristisch geschulte,
vor dem freiheitlichen Geiste Bolognas behütete Beamte großzuziehen,
diente aber doch auch den allgemeinen Bildvmgsinteressen.
Die Ausgestaltung einer in sich geschlossenen, den christlichen
abgewandten philosophischen Weltanschauung wäre
seiner ganzen skeptischen Geistesrichtung ebensosehr, wie seinem
Vorstellvmgen
historischen Berufe als christlicher Kaiser entgegen gewesen.
Seine
Haltung wird da etwa der doppelten Buchführung des Averroismus
und der Stellung der modernen aufgeklärten Romanen zur Kirche
entsprochen haben: autoritätsfeindlicher Zweifel, pietätloser Spott
ein aus dem täglichen Umgang mit Andersgläubigen erwachsener toleranter Indifferentismus bei voller Bewahrung und Betonung
der kirchlichen Zugehörigkeit, so daß trotz eigner häretischer Nei-
und
gimgen
sich seine
Behandlvmg der Ketzer immerhin auch aus andern
als rein politischen
Gründen
begreift.
nicht annähernd eine ähnliche Wirkung auf die europäische Kultur geübt;
das große geographische Werk des Edrisi etwa blieb nahezu ganz unbekannt.
Neueren Versuchen, wie etwa dem von Hauck, bei F. die moderneren Züge
stark zurücktreten zu lassen, kann ich mich nicht anschließen, vergl. Hist.
Ztschr. 93, 422 ff.
Von Hauck stark beeinflußt ist auch Seeliger in dem
Prachtwerk „Deutsche Gedenkhalle" (o. J., c. 1907), dem ich auch io seiner
sonstigen Beurteilung F.s nicht durchgehends zustimme.
§
17.
Friedrich
II.
auf der
Höhe
seiner
Macht (1330
— 1139).
223
schon die Beschäftigung mit der Wissenschaft diesem
Mußestunden, so hat er gewiß seine Kunstliebhabereien noch mehr als Erholvmg vmd Luxus betrachtet. Aber
auch ihre Wirkimg war höchst bedeutend. Die Kanzonen, die er
Füllte
rastlosen Geiste nur die
imd in Musik setzte, machten mit ihrer frühen Anwendung
der Vulgärsprache ihren Verfasser nach Dantes Urteil zum Vater
der italienischen Poesie. Die bildenden Künste^), die unter seinem
Antriebe in Süditalien einen mächtigen, wenn auch ganz und gar
dichtete
durch die persönlichen Bedürfnisse und Neigungen des Herrschers
bestimmten Aufschwung nahmen, weisen, wie das Wesen Friedrichs
Die
selbst deutlich hin auf die kommende italienische Renaissance.
in den Resten zahlreicher Schloßbauten, insbesondere in dem wohl
von dem Kaiser selbst entworfenen, reizvollen Castel del Monte
(w. V. Barletta) noch heute zu uns redende Baukunst weist dorthin
nicht nur
dvu-ch
einzelne
verblüffende Renaissancemotive, sondern
noch mehr durch Zweckmäßigkeit und Monumentalität, die
Skulptvu: in den Werken der Capuaner Bildhauerschule vmd der
Prägimg der goldenen Augustalen durch direkten Anschluß an die
griechisch-römischen Vorbilder, deren Verehrung der Kaiser, auch
darin seiner Zeit weit voraneilend, durch die Anlage einer ersten
Antikensammlung bezeugte.
Schon die stark persönliche Note in allen diesen Betätigungen
zeigt, daß er sein Selbst nicht nach Art geistreicher Dilettanten in
Dafür sorgte schon der hochgespannte
dieser Vielseitigkeit verlor.
Herrscheretolz, der unbeugsame Eigenwille und das reizbare SelbstWo sie geschont wvu-den, konnte Friedrich leutselig, freigefühl.
gebig, großmütig sein; wurden sie jedoch durchkreuzt, so erwachten
vfüde, dämonische Triebe vmd suchten Selbstdurchsetzung um jeden
Preis zu erzwingen: rücksichtslose Willkür, unbarmherzige Grausamkeit, hinterlistige Treulosigkeit, die gegen Rebellen und Verräter
fast
erlaubt erschien, und leidenschaftlicher Rachedurst, der in jenen
Worten vor dem abtrünnigen Viterbo grandiosen Ausdruck gefunden
hat:
„auch nach seinem Tode A^-ürden seine Gebeine nicht Rvihe
ehe er nicht die Stadt zerstört habe; schon den Fuß im
finden,
Paradiese,
würde
er ihn zurückziehen,
wenn
er
an Viterbo Rache
nehmen könne".
Mam begreift, daß gerade diese jähen Wandlvmgen seines
Wesens, das der gleichmäßigen Wärme ermangelte, die unberechenbar
Hauptwerk ist jetzt Bertauz, L'art dans l'Italie mdridionale I
^) Das
(1904); vgl. Dehio Hist. Ztschr, 95. Populäre Daritellungen mit Illustrationen
von Schubring, D. Baukunst II. Serie, 5. Heft (1903) u. Haseloff, Westermanns Monalsh. loo (1906). Weitere Aufklärung werden die im Auftrag des
Preufl. hist. Instituts vorgenomnicnen Forschungen v. HaselofI bringen.
224
II.
Die Zeit der
Staufer.
hervorbrechende, durch keine Pietät gebundene Leidenschaft geeignet
waren, das Gefühl von Unsicherheit und Mißtrauen ihm gegenüber
zu erwecken, und daß er auch ohne die wilden Kämpfe seiner
ausgehenden Regierung sich niemals die allgemeine Achtung und
Verehrung erworben haben würde, wie etwa sein Ahnherr Barbarossa.
An seiner Person schieden sich die Geister, und noch heute
ringen um ihn Haß und Bewunderung.
Die dringendste Aufgabe nach dem Frieden von Ceperano war
für Friedrich, die erschütterte Herrschaft seiner Reiche neu und
umso widerstandsfähiger zu befestigen. Der Plan seines Vorgehens war
dabei genau der gleiche, wie in den zwanziger Jahren: zunächst die
Neuordnung Siziliens und Deutschlands nach völlig entgegengesetzten
Gesichtspunkten, dann die Herstellung der Hoheit in Reichsitalien,
alles unter möglichster Wahrung des Einvernehmens mit der Kurie.
Die Gesetzgebung und Verwaltungsreform Siziliens, wie sie
1231 in den Konstitutionen von Melfi^) und den großen Finanzplänen ihren Ausdruck fand, stellen die glänzendste und dauerhafteste
—
Leistung dar, die Friedrich vollbracht hat, bei
aller Mitarbeit seiner
ausgezeichneten Juristen, des Erzbischofs Jakob von Capua und
Großhofrichters Peter von Vinea^) doch sein eigenstes Werk.
Es
war keine Schwäche, sondern eine Stärke dieser Gesetzgebung, daß
mit angesprochen autoritätsfeindlichem Rationalismus zugleich einen
Zug verband, indem sie mehr als die Hälfte der
Artikel den älteren Konstitutionen Rogers IL entlehnte, wie dieser
selbst bei dem Corpus Justinians ähnlich starke Anleihen gemacht
sie
stark historischen
hatte.3)
ersetzen,
um viele neuen
und Gewohnheitsrecht
aber das buntgemischte bürgerliche Recht im allge-
Friedrichs große Kodifikation, bereichert
Bestimmungen,
ließ
sollte
das ältere
Gesetzes-
meinen unberührt.
Eine abschließende Ausgabe und Analyse der später durch Novellen
vermehrten Konstitutionen fehlt noch. Ältere Ausgaben von Carcani
1876 u. Huillard-Br^hoUes IV, l ff. Ein näheres Eingehen auf die Reorganisation Siziliens würde den Rahmen der obigen Darstellung überschreiten,
die nur wenige, auch für die Reichsgeschichte indirekt bedeutsame Hauptzüge
herausheben kann.
Für Weiteres vergl. die zahlreichen Arbeiten v. Winkelinann, insbes. seine Dissertation (1859), sein älteres Friedrichwerk (1863) I,
350 ff., Aufsätze in Forsch, z. deutsch. Gesch. 12 u. Jahrbücher II, 262 ff.
Vieles
Brauchbare Dissertationen von Wilda (1889) und Maerker (1889).
Vergl. femer
natürlich auch in Fickers Forsch, z. Reichs- u. Rechtsg. Italiens.
Capasso, Sulla storia esterna delle costitutioni del regno di Sic. (1896);
Brandileone, II diritto nelle leggi Normanne e Sueve del regno di Sic. (1884);
auch Caspar, Roger II (1904), S. 275 ff.
') Über
seinen Anteil vergl. Winkelm. Jahrb. II, 270 u. unten.
Diese Sätze des römischen Rechts sind vor allem von F. übernommen,
vergl. Caspar S. 281.
^)
stark
•'')
§ 17.
Friedrich 11, auf der
Höhe
seiner
Macht (1230
— 1239).
225
Wenn
der normannische Staat neben manchen Elementen der bjzan*
und arabischen Verwaltung vor allem doch auf dem germanischen
Lehenswesens beruht hatte
so lag der Fortschritt der neuen Monarchie
Friedrichs in der Überwindung des Lehenswesens durch ein mehr durch
Bildung als Geburt ausgezeichnetes, großenteils juristisch geschultes, auf Zeit
und Besoldung angestelltes und in straffer Abhängigkeit gehaltenes Beamtentum, das in dem absoluten Königtum seine Spitze fand. In diesem modernen
Beamtenstaate sanken alsbald alle andern Körperschaften zu politischer Undie Vereinigung der königselbständigkeit und Bedeutungslosigkeit herab
lichen Vasallen auf den Hoftagen, die nur noch selten und lediglich zu
Zwecken der Beratung berufen wurden, die Städte, denen der König die Vorsteher ernannte, und denen er, wenn er gelegentlich bürgerliche Sachverständige zur Begutachtung heranzog, damit doch nicht das mindeste Recht
politischer Vertretung zugestehen wollte^); die Kirchen, denen gegenüber die
Krone, zwar in ständigen Reibungen mit dem Papsttum, aber im wesentlichen
erfolgreich und gelegentlich selbst über die Zugeständnisse von Ceperano
Diese zentralisierte und stark
hinaus*), die notwendigsten Rechte festhielt.
bürokratische Verwaltung blieb trotz genauer Umschreibung der Befugnisse
des Einzelnen gewiß nicht ohne Übergriffe der allregierenden Beamtenschaft,
aber es war doch auch für Rechenschaftsablegung, Überwachung und freie
Beschwerdeführung ausgiebig gesorgt, und gegenüber dem unbeholfenen, kraftzersplittemden
Lehenswesen bedeutete sie zum mindesten unter dem
Gesichtspunkte staatlicher Leistungsfähigkeit und Schlagfertigkeit einen gewaltigen Fortschritt, dem für ganz Europa die Zukunft gehörte.
Allmächtig war in diesem Staate nur das Königtum, das sich auch im
Heerwesen durch die unbedingt ergebenen sarazenischen Soldtruppen, die
Anlage königlicher Festungen und den Ausbau der Flotte von dem Feudalismus unabhängig zu machen wußte. Die Schrankenlosigkeit seines in alle Gebiete eingreifenden und oft genug mit rechtbrechender Willkür verfahrenden
Regiments wurde vom Lande bald als ein schwerer Druck empfunden, aber von
den Mächtigeren mehr als von der Masse der Tieferstehenden, denen Friedrich
eine in dem früheren Lehensstaate ungewohnte Gerechtigkeit und soziale Fürsorge zuteil werden ließ. Und es war eben doch keine launenhafte Tyrannei, sondern ein aufgeklärter, die Vernunft allein zum Maßstab nehmender
Absolutismus.
In seiner allseitigen Fürsorge, seiner Freiheit von Dogmatismus
und Mystizismus, seiner Beeinflussung durch nationalökonomische, statistische,
hygienische, volkscrzicherische Gesichtspunkte, seinen handelspolitischen Maßnahmen und Landesmeliorationen, seinem fortgeschrittenen Strafrecht, daa
Gottesurteile als widernatürlich und unwahrhaftig abschaffte, Zweikampf und
Folter eng begrenzte
in der zunehmenden Schriftlichkeit des Verwaltungswesens und Gerichtsverfahrens,
in diesem ganzen kühlen Rationalismus
mutet er uns doch wenig mittelalterlich mehr an und deutet weit voraus in
tinischen
,
:
,
—
das siebzehnte Jahrhundert.
Fürsorge hatte doch auch diese vielgeliebte Heimat
anders als Deutschland, aber kaum minder schwer zu
empfinden, daß sie nur noch der Teil eines Universalreiches war,
dessen Behauptung und Ausbau unendliche Mittel erforderte. Die
Bei
aller
Friedrichs,
') Vergl. Paolucci,
II parlamento di Foggia 1240,
taner Akad. 1897 gegen Winkeimanns höhere Wertung.
•) Vergl. Winkelm. Jahrb. II, 268.
Hampe,
Oeatacbe Kals«rge*cliichte.
Akten der Palerml-
.,
n. Die
^z6
Zeit der Staufer.
Kämpfe der Zukunft waren gegen
Städte
und
die kapitalkräftigen lombardischen
die größte Finanzmacht der damaligen Welt, das Papst-
Mochte das männerreiche Deutschland für die
aufkommen, die Geldmittel waren allein dem
Reichtum des sizilischen Landes abzugewinnen, und diese Aufgabe
hat Friedrich nun sofort nach dem Frieden von Ceperano mit
tum, zu führen.
kriegerischen Kräfte
rücksichtsloser Folgerichtigkeit gelöst.
Abgesehen von wiederholten Rückforderungen des entfremdeten Kronden Abgaben stark herangezogen wurde, war hier das meiste
Neuschöpfung und dem früheren Normannenstaate noch unbekannt; so die
guts, das jetzt zu
Umgestaltung der früheren Vasallenbeiträge zu einer allgemeinen, regelmäßigen
Grundsteuer, der kunstvolle Ausbau der bereits be.-tehenden indirekten Steuern,
der Grenzzölle, Lager- und Hafengelder, Verbrauchs- und Nutzungsabgaben,
der überaus gewinnbringende staatliche Getreidehandel und die noch ergiebigeren, auf jüdisch-orientalische Einwirkungen zurückzuführenden Monopole.
auch
Die Ergebnisse schienen in der Tat glänzend und waren es
vom Standpunkt der universalen Machtpolitik aus; denn der
durch die Unsummen, die ihm
von Jahr zu Jahr abwarf, geradezu an die
erste Stelle der Welt, und das Geld ward schon damals immer
mehr zur Vorbedingung der Kriegführung! Aber diese Ergebnisse
wurden doch nur erzielt durch einen Raubbau, der die übermäßig
Kaiser rückte
als
Kapitalkraft
diese Finanzwirtschaft
angespannten Kräfte des Landes, weil er sie nicht zu ersetzen verDie immer erneuten
stand, in absehbarer Zeit erschöpfen mußte.
Steuerforderungen erregten mehrfache Unruhen der betroffenen
Bevölkerung; das künstliche Zoll- und Abgabensystem schraubte
die Lebensmittelpreise zu unerträglicher Höhe; der staatliche Getreidehandel wirkte lähmend auf den Privathandel und machte den
Getreideanbau außerhalb der Domänen kaum mehr lohnend; die
Monopolwirtschaft endlich hemmte völlig die Untemehmungskraft
für eine Reihe wichtiger Geschäftszweige. Friedrich war keineswegs
blind für die Schädigungen, er verfolgte sie mit Sorge und versuchte
wiederholt, noch zuletzt in seinem Testament, durch Steuerreduktionen Erleichterungen zu gewähren. Er war sich vollkommen klar
darüber, daß „die sichere und wohlhabende Lage der Untertanen
den Ruhm der Könige begründe". Aber der furchtbare Existenzkampf, der das ganze letzte Drittel seiner kaiserlichen Regierung erfüllte,
trieb ihn wider Willen in der verhängnisvollen Richtung vorwärts^
Trotzdem ist
die auf die Dauer zum Niedergang führen mußte.
gerade dieses Finanzsystem, das ja in der Tat eine grandiose
Leistung darstellte und in Friedenszeiten bei maßvollerer
Anwendung
wohl auch bessere Wirkungen erzielt haben würde, von den Zeitgenossen mehr als alles andre bewundert und nicht nur in den
kleinen italienischen Stadtstaaten und in Aragonien, sondern auch
§ 17.
Friedrich
IL auf der Höhe
seiner
— 1239).
Macht (1230
227
im fernen Deutschordenslande weitgehend nachgeahmt worden. Im
sizilischen Reiche aber hat Friedrichs Verfassungswerk den Sturz
der staufischen Herrschaft auf Jahrhunderte ohne wesentliche Änderung überdauert.
Nicht minder bedeutsame, aber völlig entgegengesetzte Wandlungen vollzogen sich zu derselben Zeit in dem Verfassungsleben
Deutschlands. Die Steigerung der Regierungsgewalt kam hier nicht
mehr der Krone, sondern dem Territorialfürstentiun zugute, dessen
Fördeiung durch die universale Politik des Kaisers bedingt war.
Wer wie der junge König Heinrich die Dinge imter dem deutschen
Gesichtswinkel
eine
betrachtete,
mußte
diese Politik
für
verkehrt
vmd
der Krone für
Bruche mit Ludwig von Bayern,
Eindämmung der Fürstenmacht im
Interesse
dringend geboten halten. Seit dem
der einige Jahre später auf unaufgeklärte Weise ermordet wiu-de
(1231)^), fehlten fürstliche Stimmen im königlichen Rate fast ganz.
Heinrich, im Kreise der ritterlichen Reichsdienstmannen aufgewachsen, begann unter ihrem Einflüsse der fürstenfreimdlichen
Politik seines Vaters entgegenzuarbeiten,
vmd
Folgerichtigkeit.
Denn
als
er
—
freilich
ohne Nachdruck
die Abwesenheit
der mächtig-
sten Fürsten, die den Frieden von Ceperano vermittelten, benutzte,
um gegen sie an den Städten eine Stütze zu gewinnen, reizte er
die gerade jetzt, im erhöhten Bewiißtsein der
Gunst rückkehrend, mit geschlossener ICraft dem
jvmgen Könige ihren Willen aufzwangen (Wormser Privileg Heinrichs
vom I. Mai 1231). Wollte Friedrich dann nicht seine gesamte
nur seine Gegner,
kaiseriichen
und mit dem deutschen Fürstentimi brechen, so
wenn auch mit
schon die Zugeständnisse des Sohnes
in allem Wesenteinigen für die Krone vorteilhaften Änderungen
Er tat es auf dem Hoftage von Cividale in
lichen bestätigen.
Politik verleugnen
mußte
—
—
er
im Mai 1232').
Kein Chronist hat des Vorgangs gedacht, gleichwohl war er
für die deutsche Verfassungsgeschichte von epochemachender Bedeutung, denn er drückte das Siegel auf die Entwicklung der letzten
Jahrzehnte, die den politischen Schwerpunkt des Reiches verschoben
hatte aus der Monarchie in die Fürstenaristokratie.
Friaul
Hatte die Krone schon 1220 den größten Teil ihrer Hoheitsrechte aus
den geistlichen Territorien zurückgezogen, so dehnte sich diese Bewegung jetzt
«ich auf die weltlichen Füritentümer aus. Münz- und Geleitrccht eines jedeq
Fürsten in seinem Gebiete wurden vom Reiche als allein gültig anerkannt.
') Über den unbegründeten, aber 1245 auch Tom Papsttum genShrten
Verdacht, der sich auf den Kaiser als Urheber lenkte, vcrgl. luletxt Winkelmann, Mitt. d. Inst. f. Ost. Gesch. 17.
*) Vergl. M. G. Const. II, 211
flF.
»5*
n«
228
I>ie Zeit
der Staufer.
Das wichtigste Moment in dem Verselbständigungsprozesse dieser werdenden
war der Ausschluß aller fremden, insbesondere der königlichen Gerichtsbarkeit. Indem die Krone sich auch auf diesem Gebiete zurückzog
und die Vorsteher der Niedergerichte, auch wo sie bis dahin noch von den
Gaugrafen abgehangen und im Namen des Königs nach Landrecht gewaltet
Territorialstaaten
hatten, den Fürsten zur Beleihung überwies, eben diese Niedergerichte auch
vor Usurpationen von unten her sicherte '), die Ritterbürtigen des Territoriums
aber dem fürstlichen Gerichte unmittelbar unterstellte, ging sie über die
früheren Zugeständnisse erheblich hinaus, und die Sprache des Privilegs
brachte die Bedeutung dieser neuen Entäußerung zu unwillkürlichem Ausdruck,
indem sie eben in diesem Zusammenhang zuerst den Begriff der „Landesherrschaft" prägte.
Freilich wie diese Landesherrschaften künftighin das
Reich zersetzten, so begannen mit dem Augenblick ihres Entstehens ähnliche
Tendenzen in ihrem eigenen Innern, die auf einen Anteil der Territorialstände an der Regierung hinwiesen-).
Das große Privileg Friedrichs II. war der Abschlnß einer
langen Entwicklung, aber zugleich der Anfang einer neuen. Denn
weder begnügten sich auf die Dauer die Fürsten mit dieser Abschlagszahlung,
sich
noch waren die kleineren Territorialherren
ähnlicher Vorrechte
entsagungsvoll
zu bescheiden.
geneigt,
Die Ge-
staltung der deutschen Geschicke in der Folgezeit hat dieser Ent-
wicklung kräftigen Vorschub geleistet, bis endlich mit der goldenen
Bulle zunächst von einem engeren, dann immer ausgedehnteren
Kreis von Fürsten eine weitere Stufe der Verselbständigung er-
klommen
Daß
wiu-de.
Sondermächten gehörte,
schon 1232 entschieden. Schon damals erschienen
mehr fast, als das Königtum, die emporblühenden Reichsstädte als
Heinrich (VII.)
die Hauptgegner solcher Territorialentwicklung.
hatte die schwächlichen Ansätze einer bürgerfreundlichen „kapetingischen" Politik auch nach dieser Richtung mit den demütigendSo
sten Zugeständnissen an das Fürsteninteresse büßen müssen.
geben die städtefeindlichen Verfügungen auch dem bestätigenden
war
die Zukunft Deutschlands diesen
freilich
Privileg Friedrichs II. fast
Hebimg des Fürstentums
noch mehr als die auf die unmittelbare
Bestimmungen den Charakter.
gerichteten
Da die Städte damals der vorwärtsdrängende Teil waren, der in
jugendlichem Kraftgefühl sich manche rechtlosen Übergriffe erlaubte,
so zeigten diese Verfügungen einen stark konservativen Zug.
Eine größere Gruppe von ihnen suchte die Ausdehnung des städtischen
Besitzes, Gerichts-
und Machtkreises auf
die ländliche
Umgebung
zu
hemmen
wie
^) Diese Wirkungskraft
der betreffenden Paragraphen kann man
mir scheint, A. Heusler, Deutsche Verfassungsgesch. S. 171 ff. zugestehen,
ohne den Hauptzweck der Loslösung nach oben hin zu bezweifeln.
-) Das von Heinrich (VII.) verkündete Reichsweistum vom i. Mai 1231
knüpft allgemeine Verfügungen und neue Rechtsfestsetzungen (Steuern) in den
Territorien an die Zustimmung der höheren Stände.
,
§ 17.
Friedrich IL »uf der
Höhe
seiner
Macht (1230—1239).
229
befreienden Wirkungen der städtischen Anziehungskraft auf die Abder benachbarten Landesherren aufzuheben.
Andre wollten die
Territorien und ihre städtischen Verkehrsmittelpunkte schätzen vor den verderblichen wirtschaftlichen Folgen einer in der Nähe neu erwachsenden reichsetädtischen Konkurrenz und nahmen das alte königliche Strafienregal zur Aufrechterhaltung der Verkehrsfreiheit und Abstellung von Markt- und Straßen-
und
die
hängigen
zwang
in
Anspruch.
Auch
sonst leistete ja die damalige Reichsregierung oft genug
der fürstlichen Interessenpolitik gegen die Städte Vorspanndienste,
so schon 1226 dvu-ch die Aufhebung eines ersten rheinischen
Städtebundes, der 1231 ein allgemeines Verbot von Städtebündfolgte.
So kam man auch den bischöflichen Stadtherren
gegen die Selbständigkeitsgelüste ihrer eignen Städte zu Hilfe, indem
man (1231) alle autonomen Regvmgen, mochten sie in der Einsetzvmg eines Stadtrates, in den Einimgen der Handwerker oder
in andern genossenschaftlichen Bildimgen der Bürger zu Tage treten,
von Reichswegen untersagte. In dieselbe Richtung wies eine Fülle
von Einzelmaßnahmen.
Gleichwohl darf man in dem allen nicht ein gnmdsätzliches
Widerstreben gegen die neue städtische Entwicklimg erblicken, weder
bei Heinrich (VII.), der ja oft genug entgegengesetzte Wünsche zu
erkennen gab, noch bei Friedrich II., der schon als Italiener die
wirtschaftliche Bedeutimg der Städte richtig einzuschätzen wußte.
nissen
Überall
er
es
einer
da,
wo
keine fürstlichen Interessen entgegenstanden,
hat
an Begünstigung der königlichen Städte durch Gewährung
gewissen
privilegien,
Und
Selbstverwaltung,
Straßenfürsorge
Verkehrserleichterungen,
und Mauembau
nicht
fehlen
Meßlassen.
auch die Wirkvmgskraft jener feindlichen Bestimmimgen werden
schwerlich allzu groß vorzustellen haben, wie schon die
ständigen späteren Wiederholungen anzeigen.
Die Bedeutvmg der
Reichsstädte blieb gleichwohl in beständigem Wachsen, und ihr
natürliches Interesse trieb sie in den großen Kämpfen der vierziger
Jahre trotz allem, was geschehen war, imbedingt aufdie staufische Seite.
Die eigenwillige Politik Heinrichs, die schließlich doch nur zu
einer weiteren Schwächung der Königsgewalt führte, hatte eine
starke Mißstimmung des Kaisers gegen ihn erzeugt.
Auf einer
persönlichen Zusammenkunft in Aquileia (1232) ward noch einmal
durch völlige Unterwerfung des Königs unter den Willen des
Vaters eine Aussöhnung erzielt, doch nur unter demütigenden Bedingungen legte der mißtrauisch gewordene Kaiser die Regierung
Deutschlands aufs neue in die Hände des Sohnes.
Heinrich versprach eidlich Gehorsam und Begünstigung der Fürsten, die andernfalls ihres Treueides
entbunden und gegen ihn, der dann ohne
weiteres der Exkommunikation verfallen sollte, verpflichtet wurden.
wir uns
II,
230
Die Zeit der Staufer.
Diese Fesselung wirkte auf den reizbaren, unruhigen Geist des
jungen Königs nicht anders wie einst der Vasalleneid auf Heinrich V.
Der Druck dieses Fürstenregiments und der berichtigenden Eindes Vaters wurde ihm immer unerträglicher und trieb ihn der
griffe
Empörung
zu.^)
Es
scheint,
daß neben einigen Ministerialen
ins-
besondere die aufstrebenden gräflichen und freiherrlichen Dynasten
des deutschen Südwestens, die aus der Spaltung zwischen Königtum und Fürstentum Vorteil zu ziehen suchten, Heinrich ungünstig
beeinflußten. 2)
Die religiöse Aufregung, die eben damals Deutschland ergriffen
war nicht geeignet, beruhigend zu wirken sie sollte überdies
noch den Konfliktstoff zwischen dem königlichen und kaiserlichen
Regiment vermehren. Man begann in Deutschland die Wirkung
der neuen Bettelorden zu spüren. Seit dem Anfang der zwanziger
Jahre mehrten sich dort die Niederlassungen der Minoriten erstaunlich schnell. Das Bild des Stifters erstrahlte nach seinem Tode
(1226) und seiner Kanonisation (1228) nur in umso leuchtenAuch viele, die seinem Orden nicht beitreten
derem Glänze.
konnten, erfüllte es mit den Idealen der Armut, Selbstaufopferung
xmd einer persönlich gefärbten Religion. Aber daneben machte
sich auch der starrere glaubenseifrige Geist der Dominikaner geltend,
denen Papst Gregor IX. 1233 die Aufgabe der Inquisition überTypische
trug, in der sie sich bereits hervorragend betätigt hatten.
Vertreter beider Richtungen in ihren Extremen und doch in ihrem
Schicksal auf das engste miteinander verbunden sind die Landgräfin
Elisabeth von Thüringen und ihr Beichtvater Magister Konrad von
Elisabeth, das ungarische Königskind, weich und einMarburg.')
drucksfähig, tief ergriffen von dem Armutsideal der Franziskaner und
nach dem Tode des Gemahls (1227) auch als Tertiarierin dem
hatte,
;
Minoritenorden angegliedert, endlich bis zu völliger Selbstentäußerung
dem Magister Konrad und in maßlos gesteigerten asketischen Übungen und Liebeswerken rasch ihre jungen Kräfte
gelenkt von
')
Eine ausreichende neuere Darstellung der Empörung Heinrichs
Vergl. Rohden, Forsch, z. deutsch. Gesch. 22.
*) Vergl. Redlich, Rud. v. Habsb. S. 48 gegen Nitzsch,
wärtstreibenden Einfluß allein bei den Ministerialen suchte.
fehlt.
der den vor-
Von den Quellen sind nur die protokollierten Aussagen von ElisaDienerinnen, der Libellus de dictis quattuor ancillarum (Mencken,
Script, rer. Germ II) und der Bericht Konrads von Marburg an Gregor IX.
von Ende 1232 (Hess. Urkundenb. I. 31 ff.) glaubwürdig, wenn auch tendeniiö«.
Alles andre ist legendarisch.
Aus der überreichen neueren Literatur seien
hier nur zur ersten Einführung die Aufsätze von K. Wenck (Hist. Ztschr. 69
und in dem Prachtwerke „Die Wartburg-* 1907) über Elisabeth und von
Winkdmann (Deutsche Rundschau 28) über Konrad hervorgehoben.
^)
beths
§ 17-
Friedrich
II.
auf der
Höhe
seiner
Macht (1230
— 1239).
23 t
schon im Tode (1231) vom reliquiensüchtigen Volke
nahezu in Stücke zerrissen, bald genug (1235) von der
Neben ihr der Dominikaner Konrad wie ein
Kirche kanonisiert.
Martergemälde aus der spanischen Gegenreformation neben einem
kölnischen Madonnenbilde, hart und eng, finster und fanatisch.
Er vor allem war es, dem Deutschland bald nach dem Tode
Elisabeths die erste große und allgemeine Ketzerverfolgung verdankte. Fanatismus und Aberwitz, Blutgier imd Eigennutz feierten
einige Jahre hindurch in deutschen Landen wüste Orgien, während
verzehrend,
als Heilige
Spannung der Gemüter
der Andachtbewegung des „großen Hallelujah" auslöste (1233)
und auch dort einen Dominikaner, Johann von Vicenza*), in den
Mittelpunkt der Bewegung führte, der kurze Zeit in der Mark
sich etwa gleichzeitig in Italien die religiöse
in
Treviso eine eigenartige, Savonarolas Rolle vorwegnehmende geistlich-weltliche Herrscherstellung behauptete.
Kurz vor seinem Sturze (Sept. 1233) war auch in Deutschder Dominikaner Konrad von Marburg dem aufgesummten
Hasse seiner Gegner auf offener Straße zum Opfer gefallen (Juli
1233), und die Hochflut der Bewegung damit überschritten. Noch
freilich hatten die Stedinger Bauern an der Unterweser die „Ketzerei"
ihrer Zehntverweigenmg an den Erzbischof von Bremen nach
tapferer Gegenwehr mit ihrer Vernichtung zu büßen (1234). Aber
land
die Ausschreitungen des ketzerrichterlichen Treibens hatten damals
bereits in den maßgebenden Kreisen Deutschlands einen tiefen
Widerwillen erzeugt, der bei den Bischöfen durch den übel vermerkten Einbruch der Bettelorden in ihre kirchliche Gerichtsbarkeit
noch verstärkt wurde. König Heinrich machte sich zxun Organ der
allgemeinen Wünsche, als er im Februar 1234 auf dem Frankfurter
Hoftage in Übereinstimmung mit den Fürsten den jede staatliche Ordnung über den Haufen werfenden Kreuzpredigten und Heerfahrten
gegen angebliche Ketzer durch Verkündigung eines allgemeinen Landfriedens ein Ziel setzte und die Anklagen w^en Ketzerei wieder
einem billigen Urteil der ordentlichen weltlichen Gerichte überwies.
So berechtigt und wohltuend uns aber auch dies Vorgehen
erscheinen mag, es stimmte schlecht überein mit der damaligen
Politik des Kaisers, der eben 1232 das Krönungsgesetz gegen die
Ketzer, wesentlich verschärft und jetzt auf das gesamte Reich als
Geltungskreis ausgedehnt, erneuert hatte und auf ein einmütiges Zusammenwirken mit der Kurie, namenslich soweit es ihm politisch
nichts kostete, das allergrößte Gewicht legte, wie er sich auch durch
eifrige Bekämpfung der rebellischen Römer den Papst verpflichtete.
')
Vergl. über ihn das anziehende Büchlein
von Satter (1891).
232
n. Die
Zeit der SUufer.
Der damaligen Machtstellung Friedrichs gegenüber erscheint die Aufflehnung seines Sohnes, wenn wir auch ihre Ursachen begreifen, doch
nur als ein knabenhafter Trotz. Eigenwillig und unstät, ausschweifend
in seiner Lebensführung, vorwärtshastend und zurückweichend ohne
Zielsicherheit, Überlegung, Rechtsgrundlage und Abschätzungsvermögen, erweckt der übelberatene Jüngling mehr Bedauern als Anteil.
In Spannung mit den stärksten Mächten des damaligen Deutschland,
Fürstentum und Kirche, vorwärtsgetrieben von den kleinen Dynasten
Südwestdeutschlands, sonst nur von einigen Bischöfen, Städten und Ministerialen unterstützt, wagte er die Empörung gegen den eben damals
dem Gipfel seiner Machtstellung zustrebenden kaiserlichen Vater und
brach alle Brücken der Versöhnvmg ab, als er nicht nur in Frankreich Hilfe suchte, sondern auch mit dem reichsfeindlichen Lombardenbunde eine verräterische Verbindung knüpfte (Dez. 1234).
Er mochte seine Hoffnimg auf eine Spemmg der Alpenpässe für
die kaiserlichen
Truppen
richten.
Indes Friedrich bedurfte keines Heeres, er kam allein (1235)«
In
Alles war vorbereitet, er brauchte nur das Netz zuzuziehen.
kurzem sah sich der leichtfertige Empörer von seinen Feinden verlassen, von allen Hilfsmitteln entblößt und zur Unterwerfung gezwungen. Seiner harrten apulische Kerkermauem zu frühem Tode
Dem Vater ist dies Vorgehen sicher nicht leicht ge(t 1242).
die Aussichten
worden, aber dem Politiker blieb keine Wahl.
seiner Dynastie, deren Fortführung nvm auf zwei Augen stand, zu
mehren, schloß er kurz darauf unter rauschenden Festlichkeiten eine
neue Ehe mit der englischen Prinzessin Isabella. Vielleicht hatte
der Kaiser, als er eben diese Verbindung ins Auge faßte, damit
den Zweck verfolgt, ein Hineinspielen der alten englisch-welfischen
Die
Gegnerschaft in die Empönmg seines Sohnes hintanzuhalten.
Verwandlung der weifischen Hausbesitzungen Braimschweig-Lüne-
Um
burg in ein reichslehnbares Herzogtum diente derselben Aufgabe
Der glanzvolle Mainzer Hoftag von 1235, auf
der Versöhnung.
dem sie erfolgte, ward aber auch sonst bedeutungsvoll für Deutschland.
Die mühelose Bewältigimg des Aufstandes und das imgemein
vielleicht nicht
fördernde Zusammenwirken mit der Kurie, die
eifrig zu der Vernichtung Heinganz ohne Hintergedanken i)
richs mitgeholfen hatte, steigerten gewaltig das kaiserliche Ansehen
und erleichterten dadurch die Maßnahmen zur Herstellung der
—
—
durch die Wirren der letzten Jahre bedenklich gestörten Ordnung.
^) Wenn es richtig ist, daß der Papst sogleich in Mainz gegen eine
Königswahl Konrads zu arbeiten begann, so hoffte er mit Heinrichs Königtum
vielleicht die Fortdauer der staufischen Dynastie auf dem deutschen Throne
überhaupt zu beseitigen.
§ 17.
Friedrich
II.
auf der
Höhe
seiner
Macht (1230
— 1239).
233
Der große Mainzer Landfriede von 1235, in dem sie ihren
Ausdruck fanden, ragt an Bedeutung über alle ähnlichen früheren
oder späteren deutschen Reichsordnvmgen des Mittelalters empor.
Schon in der Form, denn er war das erste in deutscher Sprache
Mehr noch durch
ausgefertigte imd verkündigte Reichsgesetz. i)
seinen umfassenden Inhalt, der, frühere Satzimgen wiederholend,
aber auch neue hinzufügend. Strafrecht und Strafvollzug entscheidend
weiterbildete, die regelmäßige Gerichtstätigkeit zu beleben, künftigen
Friedensbrüchen vorzubeugen, den Verkehr zu sichern und die durch die
großen Fürstenprivilegien zwar in ihrer Ausübung beschränkten, aber
keineswegs preisgegebenen Zoll-, Münz- und Geleitsregalien des Reiches
Spätere Zeiten haben diese
vor Usurpationen zu schützen suchte.
Bestimmungen oftmals wiederholt imd zur Grundlage aller Weiter-
Bedeutsam waren endlich die Spvuren eines
bildvmgen genormnen.
Herüberwirkens sizilischer Einrichtimgen imd Rechtsvorstellungen,
die hier mehr oder weniger deutlich zu Tage traten, am unverkennbarsten in der Einsetzung eines Reichshofrichters, eines auf Zeit
und nach Amtsrecht angestellten freien Mannes zur ständigen Vertretxmg des Königs im Hofgericht, und in dem Wert, der durch die
Zuweisung eines besonderen Notars mit genau bestimmten Funktionen
auf geregelten schriftlichen Geschäftsgang und eine Sammlung von
Präzedenzfällen kaiserlicher Hofgerichtsprüche gelegt wurde.
Hier wie in anderen Fällen handelte es sich nicht um eine
gewaltsame Aufpfropfung fremden Rechts, sondern imi durchaus
nützliche Einwirkungen der vorgeschrittenen sizilischen Verfassung,
die freilich nur bei sorgfältiger Pflege fruchtbringend für DeutschVielleicht ist damals nach dieser Richtung
land geworden wären.
hin mehr geschehen, als der zufällige Bestand imserer Quellen erkennen läßt Wenigstens avif das Steuerwesen scheinen sich ähnDer glückliche
liche fördernde Einwirkxmgen erstreckt zu haben.
Fund eines Eingangsverzeichnisses von Steuern königlicher Städte
aus dem Jahre 1241 hat uns eine einheitliche Zentralverwaltvmg
in der königlichen Kammer und eine beträchtliche Höhe der regelmäßigen Abgaben, zu denen unter Umständen noch außerordentliche Umlagen hinzutreten konnten, gezeigt, wie man sie früher
nicht vermutete.')
^) K. Zeumer hat nachgewiesen, daß die lateinische Bearbeitung erst auf
Grund des deutschen Textes und nicht ohne sachliche Mißverständnisse erfolgte.
Er hat auch den verlorenen deutschen Urtext aus Ableitungen wiederhergestellt.
Der Text
Vgl. Neues Archiv 28; Ztschr. t RechUgesch., germ. Abt., 23.
auch in Zeumers Quellensamml. z. Gesch. d. deutsch. Reichsverf. 1904, der
zu der Ausgabe M. G. Const. II, 241 ff. zu vergleichen ist.
Neues Arch. 23; dazu Zeumer, Hiat. Zcitschr. 81,
*) Vgl. Schwalm,
Schulte, Ztichr. £ Gesch. d. Oberrh. N. F.
13.
II.
234
Die Zeit der Staufcr.
sonst war dieser letzte Avifenthalt Friedrichs in Deutsch-
Auch
— 37,
unterbrochen durch die italienische Heerfahrt von
August bis Dezember 1236) reich an bedeutungsvollen Ansätzen
zu einer Stärkung der Kronmacht. Das königliche Gut war wieder
im Wachsen; so suchte etwa der Kaiser die nördlichen Vorlande
des neueröffneten Gotthardpasses dem Reiche zu sichern, so kaufte
er mit sizilischem Gelde dem Böhmenkönige als dem Schwiegersohne seines Oheims Philipp, seine Ansprüche auf umfangreiche
staufische Hausgüter in Schwaben ab. Nichts zeigt besser die einland (1235
Machtsteigerung,
getretene
Schwierigkeiten
als
daß
die Fürsten
gelang,
es
für
jetzt
ohne
erheblichere
die Nachfolge seines erst
Sohnes Konrad IV. im
Kaisertum zu verpflichten
das bedeutete seine Wahl „zum römischen König
und künftigen Kaiser"; indem er so unmittelbar als der Erbe des
Imperiums erschien, ohne daß eine Königskrönung in Deutschland
je an ihm vollzogen worden wäre, wurden in gewissem Sinne die
großen Gedanken Heinrichs VI. wieder aufgenommen, zugleich aber
neunjährigen
Denn
{1237).
einem deutschen Regimente Konrads jede Eigenständigkeit neben
kaiserlichen von vornherein entzogen, einer Wiederholung der
Und schon machte
Schicksale Heinrichs (VII.) klug vorgebeugt. i)
Friedrich im deutschen Südosten den kühnen, an Bedeutung weit
über die Meißener Bestrebungen Heinrichs VI. hinausgehenden
dem
dem
Reiche in Österreich imd Steiermark ein unmittelzu gewinnen.
Der letzte Babenberger,
Herzog Friedrich II. der Streitbare, ein jugendlich ungestümer und
ausschweifender Fürst, war dort durch den auf Grund des Barbarossaprivilegs hastig betriebenen Ausbau seiner Landeshoheit und
durch eine Fülle persönlicher Motive in einen Konflikt mit Kaiser
und Reich geraten, der mit der Erhebung Heinrichs kaum äußerliche Berührungspunkte hatte (i 236/3 7).2)
Das Vorgehen des
Kaisers gegen ihn in steter Fühlung mit der übrigen Fürstenschaft,
die wiederholten, mit Trotz beantworteten Ladungen, die Achterklärung, die Übertragung der Exekution zunächst an die fürstlichen Gegner Österreichs, endlich das persönliche Eingreifen Friedrichs, der allgemeine Abfall vom Herzog, die Erhebung von Wien
zur reichsunmittelbaren Stadt, das alles gemahnt lebhaft an die ErFriedrich
eignisse, die zum Stvirze Heinrichs des Löwen führten,
wollte jetzt mehr, als damals sein Ahnherr; er gedachte, dem bestehenden Gewohnheitsrecht zuwider, die beiden Herzogtümer
Versuch,
bares
Herrschaftsgebiet
')
Vgl.
Krammer
(s.
S.
131).
von A. Ficker (1884), Juritsch, Gesch. der Babenberger (1894), für Einzelheiten auch die Untersuchungen von Thiel (1905).
JEine Verbindung des Herzogs mit König Heinrich ist nicht anzunehmen.
')
Vgl. die Biographie
Friedrich 11^ auf der
§17.
Höhe
seiner
Macht (1230
— 1239).
235
dauernd in die unmittelbare Verwaltung des Reiches zu nehmen.
freilich einem unAber während Barbarossa seine ganze Kraft
auf das beschränktere
gleich mächtigeren Fürsten gegenüber
Ziel vereinigt und es dadurch voll erreicht hatte, glaubte sein Enkel
den weitergehenden Plan nebenbei durchführen zu können und
Der Herzog behauptete
verscherzte sich so den dauernden Erfolg.
sich in einem Teil des Landes, und die Kämpfe nahmen kein
Ende. Immerhin war hier dem deutschen Königtum eine zukunftreiche Bahn gewiesen, die Friedrich selbst später noch weiter verfolgt hat, die aber erst Rudolf von Habsburg bis zu dem weltgeschichtlichen Ziele durchmessen sollte.
Wenn Friedrich sich damals der von ihm gewiß richtig eingeschätzten Aufgabe gleichwohl ohne nachhaltige Kraft widmete, so
erklärt sich das aus den ungleich größeren Kämpfen, in die er
Denn das Eingehen der Lombarden
gleichzeitig verwickelt war.
auf die hochverräterischen Pläne König Heinrichs hatte auch in
Oberitalien eine neue Lage geschaffen und dem Kaiser die langersehnte Möglichkeit zum offnen Kriege gegen den Bund geboten.
Nach dem Fqeden von Ceperano hatten sich (1231/32) die
Vorgänge von 1226 in nahezu getreuer Wiederholung noch einmal
abgespielt ^) Berufung eines Reichstages zur Herstellung der kaiserlichen Rechte, Erneuerung des Lombardenbundes, Sperrung der
Alpenpässe, Verkündigung der Reichsacht und Annahme der päpstAuch jetzt war Friedrichs militärische Lage
lichen Vöinittlung.
durch die Femhaltung des deutschen Zuzugs und die Unzuverlässigkeit König Heinrichs durchaus unzureichend. Sie besserte sich erst
durch den Anschluß Veronas unter seinem Machthaber Ezzelin HL
von Romano (1232), der dem Kaiser die Brennerstraße sicherte,
aber freilich im folgenden Jahre vorübergehend durch das bundesfreundliche Regiment Johanns von Vicenza abgelöst wurde. So ließ
Friedrich sich den päpstlichen Spruch, der ihm für die neuen Beleidigungen keine Genugtuung gewährte, gefallen (1233) und übertrug dem Papste sogar gemeinsam mit den Lombarden die Aufgabe,
in den grundsätzlichen Rechtstreitigkeiten einen Ausgleich zu vermitteln (1234).
Dadurch nicht zum wenigsten hielt er die Kurie
bei seinem Vorgehen gegen den abtrünnigen Sohn noch auf seiner
Dann brachte der Anschluß der Lombarden an König
Seite.
Heinrich (Ende 1234) in die Entwicklung ein ganz neues Moment,
das von Friedrich gewiß als eine Erlösung aus imbehaglicher Lage
Dieser erneute Friedensbruch machte das Ausbegrüßt wurde.
—
—
:
')
liältais
Über
die Entwicklung der lombardiichen Frage Tgl. Köhler,
Kaiser F. II.
z.
d.
Päpsten seiner Zeit, 1888.
Das Ver-
236
II-
I^ie Zeit
der S taufer*
gleichsmandat des Papstes hinfällig und riß die deutschen Fürsten
dem großen Mainzer Hoftage (1235) fort zu dem einmütigen
Beschlüsse des Reichskrieges gegen die Lombarden.
Mit der Erhebung der Gebeine seiner Verwandten, der heiligen Elisabeth und
ihrer feierlichen Beisetzung in Marburg gab der Kaiser dem beginnenden Feldzuge des Jahres 1236 gleichsam die religiöse Weihe.
Die Ktirie geriet durch diese Vorgänge in eine überaus mißliche Lage.
Die Macht des Kaisers mehr als sein Recht mahnte
Gregor noch von einer offnen Unterstützung der Reichsrebellen ab,
aber mußte sie nicht nach Niederwerfung dieses letzten Widerstandes zu einer alle Freiheit imd zuerst die des Papsttums erdrückenden Allmacht anschwellen? So begannen heimliche Gegenwirkungen der Kurie, Kaiun noch verborgen zu haltende Förderungen
der Lombarden und lange Beschwerdelisten gegen den Kaiser, die
alles andre vorbrachten, nxu: nicht den eigentlichen Konfliktsgnmd,
wechselten mit erneuten vergeblichen Ausgleichsversuchen. An der
Weigerung des Kaisers, den Konstanzer Frieden jetzt noch als
Rechtsgrundlage anzuerkermen, scheiterten alle Bemühungen.
Die Entscheidung stand bei den Waffen. Und da bot nun
der glänzende Sieg Friedrichs über die Bundestruppen bei Cortenuova (s. o. v. Bergamo) plötzlich die Möglichkeit einer Lösung
ganz nach den Wünschen des Kaisers {ly. Nov. 1237). In den
Friedensverhandlungen, welche die Mailänder imter dem Eindruck
der fiu-chtbaren Niederlage eröffneten, hätte der Sieger aUes erlangen können, was Ehre und Nutzen des Reiches erforderten,
noch über die Bedingxmgen des Konstanzer Friedens hinaus. Es
ist Friedrichs Verhängnis geworden, daß
er im Glücke nicht die
kluge Mäßigvmg zu üben verstand, die seinem Ahnherrn nach dem
Unglück von Legnano so schöne Erfolge eingetragen hatte, daß
viel eher die Erinnerung an die Gewaltpolitik von 1162 vor seinem
Geiste schwebte.
Den Rebellen gegenüber war überdies sein politisches Augenmaß durch persönliche Gereiztheit getrübt; wie er es von
seinem Sohne getan, verlangte er auch von ihnen, ganz wie Barbarossa,
bedingungslose Unterwerfung auf Gnade oder Ungnade. Zu dieser
äußersten Demütigung wollten sich die Mailänder vmd ihre Verbündeten
nicht verstehen.
Der Krieg nahm seinen Fortgang. Es war der
kritische Moment in Friedrichs Leben.
Anstatt einen ehrenvollen
und nutzbringenden Frieden in der Lombardei anzvmehmen, der
ihm verstattet hätte, sich mit ungeteilter Kraft seinem versteckten
Hauptfeinde, der dann völlig isolierten römischen Kurie, gegenüber
aufzustellen, setzte er vun einer formalen Befriedigung seines Stolzes
willen, die sachlich kaum eine Änderung bedingt hätte, alles aufs
Spiel und beschwor die endlosen Kämpfe herauf, die schließlich
auf
§ 17.
Friedrich
II,
auf der
Höhe
seiner
Macht (1230
— 1239).
237
deutschen Kaisertum wie dem staufischen Hause den Untergang bringen sollten.
Aber es scheint auch sonst, daß der blendende Erfolg den
Kaiser über die bisher inn^ehaltenen Linien seiner Politik hinausführte und Stimmungen auslöste, die an Reinald von Dassel geWie immer deutlicher Tendenzen hervortraten, durch
mahnen.
Übertragung des sizilischen Beamtenregiments die Selbstverwaltung
dem
der reichsitalischen Städte zu verdrängen, so ließ Friedrich jetzt im
Vollgefühl seiner Machtstellung auch der römischen Kvm"e g^enüber alle gebotene Rücksicht fahren, reizte sie durch die höhnische
Übersendung des erbeuteten Mailänder Fahnenwagens an die Römer
und schreckte sie durch die Ankündigung, Rom zur Hauptstadt
seines Reiches machen zu wollen und so erst in Wahrheit Kaiser
Er wird durch solche unpolitischen, imder Römer zu werden.
pulsiven Äußerungen nichts anderes erreicht haben, als daß er in
dem Ringen der Parteien, das in den letzten Jahren das Kardinalskoll^um zerrissen hatte, der reichsfeindlichen Kampfpartei endgültig die Herrschaft sicherte.
Noch wagte man
unter
dem
Eindruck des kaiserlichen Sieges
nicht offen hervorzutreten, aber der erste Mißerfolg Friedrichs, der
nun an die schwierige Unterwerfung der einzelnen Städte herangemacht hatte, die vergebliche Belagerung von Brescia im Sommer 1238 gab Gregor IX. das ersehnte Signal zum offnen Bruche.
sich
Noch nahmen die gereizten Auseinandersetzimgen zwischen Papst
und Kaiser kurze Zeit ihren Fortgang, galt es doch für die Kurie
den rein politischen Charakter des Konflikts zu verschleiern und
ihn vor den Augen der Welt mit kirchlichen Beschwerden, insbesondere Bedrückimgen des sizilischen Klerus zu begründen.
Eben
im Herbst 1238 gab Friedrich dem Papste überdies durch eine
unnötige Rücksichtslosigkeit neuen Stoff zur Anklage, indem er
seinen natürlichen Sohn Enzio mit der Erbin eines Teils von Sardinien vermählte und ihn künftig als König der Insel bezeichnete,
obwohl die Kurie, welche die Oberhoheit über Sardinien beanspruchte, gegen die Eheschließung protestierte.
Alles das aber hätte natürlich nicht genügt, um einen neuen
Weltbrand zu entzünden. Die zahlreichen Beschwerdepunkte, deren
Beantwortung durch den Kaiser der Papst gar keiner Beachtung
würdigte, waren durchaus nur Vorwände.
Die große Lebensfrage
für das politische Papsttum war, ob es dem Kaiser gelingen würde,
den letzten namhaften Widerstand, der sich in Italien seinem
Herrscherwillen entgegenstemmte, niederzuwerfen und so den lastenden Druck der väterlichen Machtstellung auch der Kirche gegenüber zu erneuern. Daß der greise Gregor mit der klaren Erkennt-
n. Die
238
Zeit der Staufer.«
dieser Gefahr noch die Entschlußkraft zur Eröffnung dnes
solchen Riesenkampfes fand, entbehrt nicht der historischen Größe.
Palmsonntag den 20. März 1239 schleuderte er gegen Friedrich zum zweiten Male den Bannstrahl. An demselben Tage starb
nis
Am
Hermann von
und
Kurie.
Salza,
der treueste Vermittler zwischen
Kaiserhof
Die Zeit der Versöhnung war vorbei!
Der Entscheidungskampf zwischen Kaisertum
und Papsttum (1239—1250).
§ 18.
Der politische Gegensatz, das Ringen um Italien, hatte den
Bruch unvermeidlich gemacht und schloß auch künftig die Versöhnung
aus. Wenn die Tendenz auf Zentralisation und Absolutismus auch
für Reichsitalien seit den lombardischen Erfolgen nur erst in ver-
Maßnahmen
dem Beginn des
einzelten
hervorgetreten war, so vollzog Friedrich jetzt
großen Kampfes bewußt und schroff jene
Umgestaltimg der italischen Reichsverwaltung, die sich an
Bedeutung wohl der Organisation des sizilischen Staates an die
seit
völlige
Seite stellen darf.^)
Es war eine gewaltsame Übertragung des absolutistischen Beamtenregiments, wie es in Sizilien mit einer gewissen Notwendigkeit erwachsen war
und sich bewährt hatte, auf die so vielfach andersgearteten Verhältnisse Reichsitaliens.
Nun ward auch hier das einzig ausschlaggebende politische Moment
der unumschränkte Herrscherwille des Kaisers, an dessen Hofe große und
kleine Entscheidungen fielen, Ger cht und Kanzlei zugleich für Sizilien und
das Reich arbeiteten. Nur noch die Generallegatschaft König Enzios war ein
Sonderamt Italiens, aber nicht unter ihm, sondern unmittelbar unter dem
Kaiser standen die zahlreichen, häufig wechselnden Generalvikare (Generalkapitäne), deren Sprengel sich bald über die gesamte Halbinsel erstreckten,
auch über die jetzt (1239/40) für das Reich zurückeroberte päpstliche Rekupcrationen und sogar das Patrimonium Petri (seit 1240/41).
Aber auch ihre
Unterbeamten: die Vikare (Kapitäne) und städtischen Podestäs wurden vora^
Kaiser eingesetzt und waren ihm zum Gehorsam verpflichtet.
Verwaltungskundige Sizilianer, für deren Treue der mißtrauische Herrscher an ihren
Gütern und Angehörigen allein hinreichende Bürgschaft zu besitzen glaubte,
traten in allen diesen Ämtern weitüberwiegend an die Stelle der Deutschen
und Italiener. In dieser straffen Zentralisation blieb kein Raum mehr für die
Rechte des Feudalismus oder auch nur die Selbständigkeit und Dauer der
bisherigen Beamtenherzöge und -Markgrafen; ebensowenig freilich für die
städtische Selbstverwaltung, und auch hier ging Friedrich II. über die roncalischen Bestrebungen Barbarossas und Reinolds von Dassel hinaus, indem er
nicht einmal den treuergebenen Städten die freie Wahl ihres Podestä zugestand,
deren Amtsführung allgemein reglementierte, immer neue Kriegssteuem forderte,
in allen den Kaiser berührenden Angelegenheiten unbedingtesten Gehorsam
*)
Grundlegend Ficker, Forsch,
Neues Arch. 31, 721 ff.
Veü^l. auch
z.
Reichs-
u.
Rechtsg.
It,
II,
492
flf.
§
EntBchcidung8kampf«wischen Kaisertum
i8.
u.
Papsttum (1239
— 1250).
23Ö
heischte und im Notfall jedes entgegenstehende, auch das von ihm selbst verliehene Recht brach. Es war ein System, das auf Gewalt und Mißtrauen aufEs mußte den heftigsten
gebaut war lind eine geniale Leitung voraussetzte.
Widerstand aller selbständigeren Elemente wecken und oft genug selbst ergebene Freunde in die Gegnerschaft treiben. Aber es war für Italien in
langen Jahrhunderten die einzige gr^ße Gelegenheit, aus der leidenvollen und
opferreichen Zerklüftung heraus zum straff organisierten, friedenverbürgenden,
auch nach außen Geltung erzwingenden, nationalen Einheitsstaate zu gelangen.
Und weit mehr noch, als in den roncalischen Beschlüssen, war hier Fortschritt
Denn allenthalben in den italienischen Städten war
mit Reaktion verknüpft.
das Volk die blutigen Segnungen einer jahrzehntelangen Freiheit gründlich
satt; gleichgültig, nur erfüllt von brennender Friedenssehnsucht, schaute es dem
auf und abwogenden Kampfe der allmählich sich aufreibenden Adelsparteien
zu; kaiserliche oder kirchliche Herrschaft galt ihm gleich, wenn sie nur die
ewigen Störungen und Gefahren für den ruhigen Bürger beseitigte. So drängte
die Entwicklung, wie im Altertum, aus der aristokratischen Selbstverwaltung
zum demokratischen Cäsarismus und kam den Zielen Friedrichs mächtig entUnd daß dieser in der Tat nicht etwas schlechthin Ungesundes und
gegen.
Undurchführbares erstrebte, wird durch nichts schlagender erwiesen, als durch
die Fortentwicklung seiner Schöpfungen nach seinem Tode selbst unter den
allerungünstigsten Verhältnissen.
Aus der Wurzel der Generalvikariate, die
sich teilweise auch da zu behaupten vermochten, erwuchsen Signorien'), die
die fi-eie Selbstbestimmung der Bürger ganz ebenso ausschalteten, und nicht
nur die letzten Staufer, sondern auch Karl von Anjou und die späteren
deutschen Herrscher, die in Italien eingriffen, haben an die Reste von
Friedrichs Verwaltungsorganisation als an die allein noch lebenskräftigen und
entwicklungsfähigen Einrichtungen angeknüpft.
Nicht in
lingens,
und
dem System
für sich allein
selbst also lagen die Ursachen des Mißwären die Widerstandskräfte der italienischen
Städte gewiß nicht zureichend gewesen.
Wohl aber
begreift sich
aus
diesen Bestrebungen die schlechthin notwendige Unversöhnlichkeit
des politischen Papsttums, denn in diesem absolutistischen italienischen
Einheitsstaate blieb für eine selbständige päpstliche Landesherrschaft
auf die Dauer kein
Raum;
sie
aber galt
seit
langem
und war
als die einzige
damals wohl
auch tatsächlich.
Erst an dem Widerstände des Papsttums, das
alle Gegner des Kaisers um sich scharte und seinem zentralistischen
System eine ebenso straffe und noch viel weiter greifende OrganiBürgschaft
kirchlicher Entschlußfreiheit
es
sation entgegensetzte, sind Friedrichs Pläne gescheitert.
In
dem nun ausbrechenden Kampfe war
die Stellung
des
Kaisers, politisch-militärisch betrachtet, unzweifelhaft weit überlegen.
Von
der durch gesteigerte Zentralisation und gewaltsame Grenz-
sperren nach außen dauernd gesicherten Grundlage seines sizilischen
Königreichs, aus dem er immer neue Gelder für die Kriegführung
erpreßte, ausgehend, in Mittelitalien zunächst übermächtig, suchte
^)
(1900).
Vergl.
auch
Salier,
Über die Anfange der Signorie
in Oberitalien
2AO
I^'
^i^ 2^^'
"icf Staufer,
er in Oberitalien möglichst die Verbindung mit der ergebenen
Mark
den Apenninpaß La Cisa^) und das
•wichtige Parma, zu wahren und die beiden feindlichen Hauptherde: Lombardenbund und Romagna getrennt zu halten.
Das
getreue Verona Ezzelins sicherte ihm weiter die Verbindung mit
Treviso,
namentlich
Deutschland.
Dort
über
erzielten die eifrigen
Bemühungen des
geschäf-
Beham, Archidiakons von Passau *)
zunächst doch nur im äußersten Südosten einige Erfolge; im übrigen
waren die Fürsten schwer zu bewegen, ihre eben erst von Friedrich
tigen päpstlichen Agitators Albert
verliehene, überaus vorteilhafte Stellung durch die
Wenn
Empörung
aufs
alledem im Felde die letzten Entscheidungen zugunsten des Kaisers ausblieben, so trugen die Unberechenbarkeit des schwankenden Parteienspiels und die UnvoUkommenheit der damaligen Kriegstechnik festen und verproviantierten
Städten gegenüber daran nicht zum wenigsten Schuld.
An dem Enderfolg würde freilich nicht zu zweifeln gewesen
sein, wäre der Papst eben nicht unendlich viel mehr gewesen, als
ein einfacher politischer Gegner; er war das Haupt einer kirchlichen
Gemeinschaft, welche die ganze abendländische Staatsgewalt umspannte, als solches in der Lage, in alle Verhältnisse einzugreifen,
sie von innenheraus zu erschüttern, immer neue Bundesgenossen
und Geldmittel zu gewinnen, selbst aber vor äußersten Gewaltmaßregeln doch einigermaßen gesichert, da ein Märtyremihm die päpstliche Sache nur gestärkt hätte, und dem Rumpfe der Kirche statt
Diese
eines abgeschlagenen Hauptes ja stets ein neues erwuchs.
ganze hoffnungslose Lage muß man stets klar im Auge behalten,
will man die Politik unserer Kaiser seit der großen Kirchenreform
und insbesondere die Friedrichs IL nicht ungerecht beurteilen. Da
bei Festigkeit des Gegners ein völliger Sieg ausgeschlossen war, so
ist Friedrich noch lange bestrebt gewesen, bald durch Druck, bald
durch Zugeständnisse einen leidlichen Frieden von Papst oder
Kardinälen zu erlangen, bis erst zu allerletzt in dem wilden
Bis dahin erscheint er,
Existenzkampfe dies Ziel dahinschwand.
gewiß mehr aus kluger Würdigung der Lage denn aus haltloser
Schwäche, stets als der nachgiebige, friedfertige, nvu" einen gewissen
Kern politischer Forderungen zäh festhaltende Unterhändler.
Denn befand sich der Papst als Landesherr wirklich in Notwehr, als Kirchenoberhaupt war er, wiewohl er sich auch da gern
als den Verfolgten hinstellte, ohne Zweifel der vordringende Angreifer, der ganz im Geiste Gregors VII. dem Imperium, wie allen
Spiel zu setzen.
trotz
D. Apenninenpaß des Monte Bardone (1901).
Sein Briefregister, hrsg. v. Höfler im Bibl. d. lit. Yer. 16 (1847)
bildet für diese deutschen Vorgänge die wichtigste Quelle.
*)
')
Vgl. Schütte,
§
l8.
Entscheidungskampf zwischen Kaisertum U.Papsttum (1239
— 1250).
24 1
bestritt und unter Berufung
auf göttliche Sendung und die konstantinische Schenkung die Ober-
andern Staaten, jede Eigenberechtigung
Anspruch nahm. Dem gegenüber war Friedrich,
der an die Aufstellung eines Gegenpapstes niemals gedacht hat,
stets mit der Nebenordnung der beiden Gewalten zufrieden, und
es war ein kluges Zurückweichen hinter den höchstgespannten
staufischen Reichsbegriff seiner Vorgänger, daß er von den andern
Staaten für das Kaisertum wohl einen gewissen Vorrang, aber keine
Überordnung in Anspruch nahm, vielmehr den Königen und Fürsten
Europas auf das eindringlichste zurief, er kämpfe für ihrer aller
Ehre, für das Recht des weltlichen Staates schlechthin, wenn er
mit seinem Schilde die ersten Stöße des gemeinsamen Feindes aufIn der Tat ist es seiner geschickten Diplomatie gelungen,
fange.
wenigstens die Neutralität dieser Mächte, die ihn vor der Bannung
in seinem Kampfe gegen die Lombarden größtenteils geradezu
durch Hilfstruppen unterstützt hatten, aufrechtzuerhalten.
In leidenschaftlichen Manifesten, die aber diesmal, anders als
im Investiturstreit, fast ausschließlich den beteiligten Kanzleien entstammten '), wurden solche Ansichten hüben und drüben verfochten.
Die gehässigeren Anschuldigungen, die unverantwortlicheren, bis zur
Mordanklage gegen den Kaiser sich steigernden Verdächtigungen
waren auch hier auf päpstlicher Seite zu finden, worauf dann Friedrich
leitung für sich in
und
Antworten nicht schuldig blieb.
Bann, Lösung vom Untertaneneid, Interdikt, übten jetzt nicht mehr die einstige Wirkung,
wenn auch dem Papsttum in den neuen Bettelorden eine furchtbare Agitationsarmee erstanden war.
Man bedurfte noch schärferer Abschreckungsmittel.
Da haben die Päpste und kurialen
natürlich
Die
schroffe
feindselige
alten kirchlichen Disziplinarmittel :
Publizisten miteinander gewetteifert, das Grauen der abergläubischen
Massen vor dem Kaiser wachzurufen, indem sie ihn als die Bestie
der Apokalypse, den leibhaftigen Antichrist schilderten, der, vom
Glauben abgefallen, an der Zerstörung der Christenheit arbeite.
Denn seine Ketzerei, so behauptete Gregor IX., werde erwiesen
durch seine Äußerung: „Die Welt sei durch drei Schwindler, Moses,
Christus und Mohammed betrogen, und es sei einfältig, zu glauben,
daß von einer Jungfrau der Gott hätte geboren werden können,
der die Natur und alles geschaffen habe."
Friedrich hat diese
"berühmt gewordene Anklcige (1239) sofort zurückgewiesen, und er
hat die Äußerung so schwerlich getan.*) Trotz seiner skeptischen
die Publizistik dieser Kampfzeit wird demnächst einer meiner
Graefe, eine umfassendere Arbeit veröffentlichen.
') Der
von Simon
Satz von den drei lietrügcra ist schon 1201
Toumay, Professor der Theologie in Paris, als Schulbeispiel Tcr')
Schüler,
von
Über
F.
Uampe,
Deutsche Kaisergeachich te.
lg
II.
±^2
Die Zeit der Staufer.
Gebot der Selbsterhaltung gezu erscheinen, selbst wenn er sich
innerlich schon völliger der mittelalterlichen Kirche entfremdet hätte,
Noch 1246 hat er sich
als es tatsächlich der Fall sein konnte.
einer förmlichen Glaubensprüfung unterzogen, um seine Übereinstimmimg mit den christlichen Lehren vor der Welt kundzutun.
Aber inzwischen hatte er den Spieß umgedreht und gegen
Papsttum und Hierarchie die schwersten Vorwürfe geschleudert, die
er auf einem allgemeinen Konzil zu erweisen sich erbot: Gregor
sei ein unwürdiger, durch manche Unregelmäßigkeiten der Amtsführung schwerbelasteter Vertreter des Papsttums, die Prälaten insgesamt in Hochmut und Üppigkeit verkommen, der alten apostolischen
Einfachheit völlig entfremdet. Ähnliche Gedanken hatte einst schon
mit äußerstem Nachdruck Arnold von Brescia ausgesprochen, und
wenigstens in ihren positiven Forderungen waren sie auch in den
Anfängen des Franziskanerordens hervorgetreten, mit dessen abge-^
setztem General Elias von Cortona der Kaiser nahe Beziehungen
Er hätte vielleicht keinen geschickteren Stoß führen
unterhielt.
können, um die Wirkungskraft der päpstlichen Anklagen zu brechen.
Die Zeitstimmung kam seinen Vorwürfen bis zu einem gewissen
Grade entgegen. In Frankreich und England fielen sie auf fruchtbaren Boden und wurden genutzt, vun gegen die Übergriffe der
Auch in
Kirche die nationale Selbständigkeit zu verteidigen.
Deutschland wagten gegen Ende der vierziger Jahre einzelne kühne
Agitatoren, den Papst als Antichrist zu verdammen, Friedrich aber
Geistesrichtung wäre es für ihn ein
wesen,
als
als rechtgläubiger Christ
gerechten Reformkaiser zu preisen^),
und da durch
und
in Italien
langjährige Interdikte eine kirchenlose
wurde hier
Gesinmmg
in
An eine
der heranwachsenden Generation geradezu großgezogen.
Massenbewegung gegen das Papsttum war gleichwohl auch jetzt
nicht im entferntesten zu denken, und Friedrich hat diese MöglichDie Reformforderung war für ihn nicht
keit schwerlich erwogen.
Selbstzweck, sondern
Entgegenkommen wäre
eine Waffe
neben andern.
Bei politischem
er jederzeit bereit gewesen, das als entartet
gescholtene Papsttvun kirchlich in vollem Umfange anzuerkermen.
Immerhin gab es diesem gewaltigen Ringen erhöhte Bedeutung,
Eine Schrift darüber, die man fälschlich auf Friedrich bezog, ist ein MachDer Zweifel an der jungfräulichen Geburt Christi wäre
16. Jahrh.
Friedrich eher zuzutrauen. Innozenz IV. nahm diese Anklage seines Vorgängers
bezeichnenderweise nicht wieder auf.
^) Vgl. das Sendschreiben eines Dominikaners Arnold (hrsg. v. Winkelmann 1865) und ähnliche kurze Schriften, auch das von den Stader Annalen
lu 1248 berichtete Auftreten von waldensisch gefärbten Predigern in Schwäwertet.
werk des
bisch Hall.
§
i8.
daß
EntscheiduDgskampf zwischen Kaisertum U.Papsttum (1239
hier
große,
zukunftreiche
Gedanken
in
— 1250).
2AZ
den Machtstreit ge-
worfen wurden.
Aus den Schwankungen des hin und her wogenden Kampfes
Hauptmomente herauszuheben. Vor einem
allgemeinen, von den Kardinälen zu berufenden, vmparteiischen
Konzil wollte Friedrich seine Anklagen gegen den Papst vertreten.
In anderm Sinne aber berief Gregor, der sich bei einem ersten
kaiserlichen Angriff nur mit Mühe der schon wankenden Treue
gilt
es hier nur einige
der Bevölkerung versichert hatte (1240), auf Ostern 1241 eine
Synode nach Rom. Sein Einfluß auf sie war von vornherein gesichert; dem Kaiser wurde die Rolle einer gleichberechtigten Partei
nicht zugestanden,
wie Otto IV.
sollte
er gerichtet,
seines
Amtes
keinen Zweifel darüber,
daß er ein solches Konzil mit allen Mitteln verhindern werde, und
als die auswärtigen Prälaten gleichwohl wagten, auf genuesischer
Flotte von Südfrankreich her Rom zu erreichen, schlug sein Admiral mit sizilischen und pisanischen Schiffen die Genueser in
einem glänzenden Seesiege südöstlich von Elba imd nahm über
hundert Geistliche, darunter drei Kardinäle, gefangen (Mai 1241).
Dieser Erfolg machte zwar in den Weststaaten böses Blut, aber
steigerte doch auch die Furcht vor der Macht des Kaisers und
Als Friedrich dann den Papst aufs
hinderte den Absetzungsplan.
neue in Rom selbst bedrängte und bei der Bürgerschaft, ja im
Kardinalskolleg wachsenden Anhang fand, stand er etwa auf dem
Punkte Heinrichs IV. von 1084 oder Friedrichs I. von 1167.
Diesmal entwischte der Papst zwar nicht, aber er starb (Aug. 1241),
und wenn nun auch die nach dem kurzen Pontifikate Coelestins IV. eintretende über anderthalbjährige Sedisvakanz dem Kaiser willkommene
Gelegenheit zu weiterer Machtbefestigimg gab, so machte sie doch
auch einen Friedenschluß immöglich, und die Kardinäle verschoben
die Neuwahl, bis Friedrich den letzten ihrer gefangenen Kollegen
entsetzt werden.
Friedrich ließ
öffentlich
in Freiheit setzte (1243).
Inzwischen hatte eine furchtbare auswärtige Gefahr das deutsche
Die neue Weltmacht des Mongolenherrschers
Reich bedroht.^)
Temudschin Dschingiskhan hatte zuerst den fernen asiatischen Osten
verbunden mit den Grenzlanden Europas. Trotz der Teilung der
Gewalt nach seinem Tode (1227) war die Stoßkraft gegen den
Westen unvermindert. Seinem Enkel Batu erlagen die russischen
Fürstentümer (1237
40) und Ungarn (April 1241); eine andre
—
Heeresabteilung unterwarf Polen, brachte Herzog Heinrich
')
D.
II.
dem
Statt aller sonstigen Literatur verweise ich nur auf Strakoioh-Grafimann,
Einfall der
Mongolen
in Mitteleuropa (1893).
i6*
IL Die Zeit der Staufer.
?44
Frommen von Niederschlesien auf der Wahlstatt bei Liegnitz eine
vernichtende Niederlage bei (9. April 1241)^) und verwüstete Mähren.
Der Schrecken lief durch das Reich und ließ die tatsächlich große
Gefahr
vielleicht
noch furchtbarer erscheinen, denn an den befestigten
Städten Deutschlands hätte sich der Anprall wohl ohnehin, wenn
auch erst nach entsetzlichen Verheerungen und Leiden, gebrochen.
Dem Kaiser hätte sich hier eine große Aussicht geboten, Retter
von Europa zu werden und die ihm angebotene Lehenshoheit über
Ungarn zu gewinnen, hätte er nur die Hände freigehabt. So blieb
ihm nichts, als durch Befehle, Aufforderungen und Hilfsgesuche
wenigstens von fem die deutsche Abwehr unter seinem Sohne
Konrad zu organisieren, während der Papst diesen Maßnahmen
Auch nach Gregors Tode hielten die
eher entgegenarbeitete.
dauernde Spannxmg und die alles überragende Bedeutung der Papstwahl Friedrich an Italien gefesselt.') Inzwischen war die mongolische
Das vorläufige GeGefahr für den Augenblick vorübergegangen.
nügen an den vmgarischen Ebenen, die starke österreichisch-böhmische
Verteidigungstellung und mehr als alles Thronwirren in Innerasien
nach dem Tode des Großkhans Ogotai (Ende 1241) hemmten den
drohende Gefahr einer
Häupter der Christenheit eine
ernste Mahnung zur Einigkeit, als nun endlich (25. Juni 1243) in dem
Genuesen Sinibald Fieschi, aus dem Hause des Grafen von Lavagna, ein
neuer Papst, Innozenz IV. ( 1243
54), gewählt ward.^) Friedrich, der
mit ihm in durchaus freundlichen Beziehungen gestanden, begrüßte
Indessen
Siegeslauf.
Wiederaufnahme
für
blieb
die
die jederzeit
beiden
—
als eine Bürgschaft des Friedens und ordnete in
einen allgemeinen Dankgottesdienst an; er hat sich noch
die ganze nächste Zeit an die Hoffnung geklammert, daß sich mit
diesem Papste die Möglichkeit eines friedlichen Auskommens finden
das
Ereignis
Sizilien
lassen müsse.
Es war die größte und verhängnisvollste Täuschung
seines Lebens!
Schon der Name Innozenz hätte ihm über das Programm des
neuen Papstes die Augen öffnen sollen; er war vom ersten Augen*)
stimmt
Daß
die
immcrhia tapfere Gegenwehr die Mongolen zur Umkehr be-
hätte, ist irrig.
Die auf Matthäus Paris, zurückgehende, namentlich von Schirrmacher,
zuletzt von Schirmer (Grcifsw. Diss. 1904) verfochtene Annahme
eines letzten, heimlichen Aulcnthalts Friedrichs in Deutschland in dieser Zeit
entbehrt der überzeugenden Begründung.
^)
IV, 499
ff.,
dem Minoriten Nikolaus
") Vgl. seine Biographie v. scinetn Beichtiger,
Calvi (de Carbio; Curbio ist Lesefehler!^, Archivio della soc. Rom. etc. 21.
Seine Register hersg. v. Berger 1881 ff.; dazu Mitt d. Inst. f. öst. Gesch. 24.
Eine neuere vollständige Biographie fehlt;
Vgl. auch Reg. Imp. V, S. 1260.
V.
jron
Monographien nenne ich schon hier C. Rodenberg, Inn. IV.
1245 — 1254 (1892).
Sizilien
u. d.
Königr,
§
i8.
blicke
EnUcheidungskampf zwischen Kaisertum U.Papsttum (1239
an auf das
und
klarste
sicherste entschlossen,
— 1250).
245
den gesamten
Herrschaftsansprüche seiner großen Voi^nger mit dem
Einsatz aller Kraft zu behaupten. Von der schrankenlosen Leidenschaft tmd stürmischen Wucht Gregors IX. zeigte er freilich nichts,
Umfang der
Urban
II.
um
so
gegenüber Gregor VII., war er eben
gefährlicherer politischer Gegner.
In
seinen verbindlichen, weltmännischen Formen, in seiner verschlagenen,
völlig skrupellosen Diplomatie, in der Vereinigung von kluger Vorsicht und zugreifendem Wagemut, in der jedem Wechsel sich anpassenden Kombinationsgabe, in der raschen Erkenntnis und rücksichtslosen Ausbeutung jeglichen Vorteils, in der ganzen realistischen
Lebensauffassung und Menschenbehandlung verriet er deutlich genug
den Genuesen. Jede innerliche Religiosität, alle Tiefen der Mystik,
jeglicher Aufschwung des ethischen Gefühls waren ihm fremd; seine
kühl-ironische Natur arbeitete nur mit den greifbaren Werten dieser
Welt, aber innerhalb dieses Kreises, dessen Umgrenzvmg freilich
jeden Anspruch auf echthistorische Größe ausschließt, bewegte er
sich mit vollendeter Meisterschaft; hier war er seinem kaiserlichen
Gegner, den er an Reichtum und Tiefe der Veranlagung nicht entfernt erreichte, unbedingt überlegen. Und dieser klare und nüchterne
Staatsmann setzte sich
zum einzigen Lebensziel die Vemichtimg
des staufischen Kaiserttmis
Unter bewußter Vernachlässigung aller
andern kirchlichen Aufgaben, unter Aufhebung aller hinderlichen
kanonischen Satzungen, unter Preisgabe von Rechtsgefühl und feinerem
sittlichen Empfinden wiu-den alle Werte, über die die Papstkirche
nur irgend verfügte: Besitztümer und Rechte, Steuern tmd Zehnten,
wie
aber
deswegen
einst
nur ein
mm
!
geistliche Ämter und Anwartschaften, Disziplinarmittel und Indulgenzen, Kreuzzugsgelübde und Schlüsselgewalt, irdische vmd himmlische Verheißungen umgemünzt in politische, militärische, finanzielle
Kampfmittel! Der Erfolg dieser beispiellosen Konzentration war in
der Tat die Behauptung, solange Friedrich lebte, der Sieg nach
seinem Tode. Aber die Kehrseite war, daß der kirchliche Organismus sich seinen eigentlichen Daseinszwecken völlig entfremdete,
religiös vmd sittlich verödete vmd auf der Gipfelhöhe weltlicher
Macht doch schon die Keime inneren Verfalls in sich aufnahm.
Die Rücksicht auf das allgemeine Friedensbedürfnis der Christenheit zwang Innozenz IV., der nicht von vornherein unversöhnlich
erscheinen durfte, zunächst auf die vom Kaiser angebotenen Unter-
handlungen einzugehen.^)
Friedrich setzte sie
fort,
obwohl
er sich
Die Arbeiten von Tammen (Leipz. Diss. 1886) und H. Weber (1900)
Dinge dringen nicht tief. Besser die zeitlich daran anschließende
Schrift von A. Folz, Kaiser F. II. u. P. Inn. IV. Ihr Kampf i. d. J. 1244 u.
1245 {^9°$)'> d<^u vgl. Hist. Ztschr. 101, 371 ff.
')
fiber diese
:
II-
246
I^ie Zeit der Staufer.
durch den währenddessen vom Kardinal Rainer, dem Haupte der
Kriegspartei an der Kurie, angezettelten Abfall der kaiserlichen Stadt
Viterbo (Sept. 1243) auf das tiefste verletzt fühlen mußte i); er
hoffte noch immer auf das Übergewicht der Friedensfreunde unter
den Kardinälen. Daß aber am Gründonnerstag 1244 nach schwierigen
Verhandlungen und demütigenden Zugeständnissen des Kaisers von
diesem wirklich ein Friede beschworen und der Welt als frohe
Osterbotschaft verkündet werden konnte, war doch nur dadurch ermöglicht, daß der heikelste Punkt, über den keine volle Einigung
erzielt war,
die Regelung der lombardischen Verhältnisse, ausgemerzt
und weiteren Ausführungsverhandlungen vorbehalten war. Als diese
dann kurz darauf an dem grundsätzlichen Gegensatze scheiterten,
klagte Innozenz den Kaiser öffentlich des Eidbruches an 2) und begann insgeheim seine Flucht vorzubereiten. Es ist schwer zu verstehen, daß Friedrich sich trotzdem noch eine Zeitlang mit leeren
Hoffnungen hinhalten ließ und so dem Papste das Entweichen auf
genuesischen Schiffen ermöglichte (Ende Juni 1244). Als Innozenz
den Boden seiner Heimatstadt betrat, jauchzte er mit dem Psalmisten
„Unsere Seele ist entronnen, wie ein Vogel dem Strick des Voglers;
Aber für sicher hielt er
noch zum Reiche gehörige, tatDorthin,
sächlich aber damals schon unabhängige Lyon erreichte.
wo eine Behinderung nicht, wie wenige Jahre vorher in Rom, zu
befürchten war, berief er auf den 24. Juni 1245 ein allgemeines
Konzil, das über den Kaiser das von Gott selbst eingegebene Urder Strick
ist
zerrissen,
und wir
sind los."
sich erst, als er das nominell zwar
teil
fällen sollte.
Die Vernichtungsabsicht des Papstes schien offenkundig zu werden.
.Gleichwohl ist es noch einmal zu einer ernstlichen Schwankung gekommen,
die allein den übertriebenen Optimismus des Kaisers bis in die Tage des
Die Hiobspost vom Falle Jerusalems
Konzils hinein verständlich macht.
(1244) und den weiteren Bedrängnissen der lateinischen Christen im Osten
war dafür von entscheidender Einwirkung. Wie Friedrich sie aufgriff, um
einen dreijährigen Kreuzzug als Friedenspreis in Aussicht zu stellen, so mußte
Der
Innozenz auch dem Drucke von anderen Seiten Rechnung tragen.
Patriarch Albert von Antiochia und der Deutschordensmeister Heinrich
von Hohenlohe waren diesmal die Unterhändler des Kaisers, der der Kurie
für das Vergangene die weitestgehende Genugtuung versprach, für die Ein-
^) Für
das einzelne vgl. Winkelmann in Hist, Aufsätze dem Andenken
an G. Waitz gewidmet (1886),
*) Da die rechtlose Einmischung Gregors IX. in die lombardischen Verhältnisse wohlweislich 1239 nicht zur Motivierung des Bannes verwertet war^
konnte auch jetzt die Verweigerung der Absolution nicht mit der rein poliüber die lombardische Frage begründet
tischen Meinungsverschiedeaheit
werden. Daher verschleierte Innozenz den Tatbestand durch den Vorwurf
des Eidbruchs.
Vgl. Fickers Ausführungen in Reg. Imp. V.
§
l8.
Entscheidungskampf zwischen Kaisertum
u.
Papsttum (1239
— 1250).
247
haltung seiner Verpflichtungen die denkbar sichersten Bürgschaften bot*) und
selbst in der Lombardenfrage oflFenbar noch einen Schritt weiterging. Innozenz
hat daraufhin wirklich noch einmal die Absolution Friedrichs in Aussicht geAber nun begann die Kriegspartei eine fieberhaft leidenstellt (6. Mai 1245).
schaftliche Gegenwirkung. Kardinal Rainer, der zum Schutze des Patrimoniums
in der Umgebung Roms zurückgelassen war, sandte Flugschriften von maßAls eben
loser Gehässigkeit, aber bedeutender Eindruckskraft nach Lyon.
damals die kaiserlichen Truppen bei dem Marsche Friedrichs von der sizilischen
Grenze nach Verona sich im Gebiete des Kirchenstaates, wohl nur zum Teil
nach dem Willen des Kaisers, Übergriffe zu Schulden kommen lieSen, bauschte
sie Rainer, um das Mißtrauen zu schüren, zu einem schweren Friedensbruche
auf.*) Vielleicht gab das den Vorwand zu erneutem Umschwung an der Kurie.
Jedenfalls war bis zum Beginn des Konzils jegliche Schwankung überwunden,
ohne daß man indes den Kaiser darüber aufgeklärt hätte.
Das Konzil von Lyon') war trotz der verhältnismäßig geringen
Zahl der Teilnehmer, unter denen die Romanen stark überwogen,
gnmdsätzlich als ein allgemeines zu betrachten. Die geschickte und
eindrucksvolle Verteidigung Friedrichs durch seinen Sachwalter, den
Großhofrichter Thaddäus von Suessa, erzielte
tage
den vom Papste
am
zweiten Sitzimgs-
widerwillig zugestandenen Erfolg einer kurzen
Vertagung, damit der Kaiser persönlich erscheinen oder neue Vollmacht schicken könne. Aber dem sicheren Vemichtungsplane der
Kurie gegenüber war doch alles vergeblich. In der dritten Sitzxmg
(17. Juli 1245) überraschte Innozenz, ohne weitere Botschaft des
Kaisers abzuwarten, das Konzil mit der feierlichen Verkündigimg
der heimlich vorbereiteten Absetzvmgsentenz.*) An die tendenziöse
Darstellimg der in den letzten Jahren geführten Friedensverhandlungen schloß sich eine lange Aufzählung der Verbrechen des
Kaisers, die indessen des Hauptstreitpunktes, der Lombardenfrage,
nicht gedachte, endlich seine Absetzimg und Verfluchung. Thaddäus,
der eine Verurteilung seines Herrn umsonst für nichtig erklärt und
ein allgemeines Konzil appelliert
hatte, rief
imter Tränen: „Dies ist ein Tag des Zornes, des
Unglücks und des Elends", aber die Mehrheit des Konzils erhob
gegen das Vorgehen keinen Widerspruch.
Friedrich, dem ja noch kurz zuvor vom Papste die Aussicht
auf Absolution eröffnet war, scheint von dieser plötzlichen Verurteilung
an den zukünftigen Papst und
mm
*) U. a. sofortigen Verlust seiner Reiche und Bann bei Bruch der Versprechungen, Garantien von Königen und Fürsten.
')
Vgl.
Hampc,
Hist. Viertelj.
10,
297
flf.
HauptqueUen außer den Aktenstücken selbst die sog. „Brevis nota**
M. G. Const. II, 5133. und der auf einen Augenzeugen zurückgehende, trotz
mancher Ungenauigkeiten höchst bedeutsame Bericht des Matthacus Parisiensis.
Von neuerer Literatur vgl. ausschließlich die angeführte Schrift von Fols,
) M. G. Const. n, 508 ff. u. Ep. saec. XIIL n, 88 ff.
')
248
II.
Töllig
er
überrascht
habe
Die Zeit der Staufer.
worden zu
sich auf die
sein.
Bekannt
Kunde von Lyon
ist
jene Erzählung*),
seinen Reiseschatz bringen
Krone auf die Stime gedrückt und die Nächststehenden
ob sie ihm denn schon verloren sei. Jetzt endlich wußte
er, daß ihm keine andre Wahl bleibe, als der Avildeste Kampf auf
Leben und Tod, und er selbst kündigte ihn mit den Worten an:
^lange genug sei er Ambos gewesen, nun wolle er Hammer sein".
Die nächste Folge der Lyoner Absetzung war, daß nun auch
Deutschland ganz anders als bisher in den Streit hineingezogen
wurde.
Lange hatte die Agitation der Kurie hier nvu spärliche Erfolge im Südosten zu verzeichnen gehabt, die sich überdies bald
genug in nichts auflösten. Endlich (bis 1242) war es ihr gelungen,
lassen,
eine
gefragt,
sich wenigstens der drei rheinischen Erzbischöfe
nun dauernd den Kern der
zu versichern, die
staufischen Opposition bildeten.
Der
Kaiser hatte sofort die Folgerung daraus gezogen, indem er das
Reichsregiment, das für Konrad IV. die Geschäfte führte, statt der
geistlichen an weltliche Fürsten, Landgraf Heinrich Raspe von
Thüringen und König Wenzel von Böhmen übertrug, die indes in
ihrem unmittelbaren Einfluß auf den jungen König neben einer
Anzahl von ReichsministeriaJen zurücktraten (1242). Innozenz IV,
hat dann auch auf diesem Gebiete, namentlich seit dem Konzil
von Lyon, mit noch ungleich wirksameren Mitteln gearbeitet, als sein
Vorgänger.
Er sandte einen besonderen Legaten und ließ es an
Gold nicht fehlen; er sorgte allenthalben für die Verkündigung der
kirchlichen Sentenzen gegen Friedrich und der Strafandrohungen
gegen seine Anhänger, verhängte das Interdikt über die Besitzungen
seiner Hauptgegner und gebot die Kreuzpredigt gegen den Kaiser statt
des heiligen Landes. Insbesondere aber hat er die Treue, die der
Kaiser seit seinen großen territorialen Zugeständnissen trotz aller
Kämpfe mit dem Papsttum immer noch bei der Mehrheit des
Episkopats gefunden hatte, bis auf wenige Ausnahmen allmählich
völlig zu erschüttern vermocht durch eine Fülle von Versprechungen,
Drohungen und Gewaltmaßnahmen, die sich schließlich gar zu der
Aufhebung des Wahlrechtes aller Kapitel imd Besetzimg aller Prälaturen durch den Papst selbst steigerten. 2)
Auf seinen Befehl haben denn auch die rheinischen Erz-
nachdem man die Krone lange vergeblich in Deutschland,
Dänemark und Frankreich ausgeboten, die Erhebung eines Gegenkönigs vollzogen (Mai 1246).
Der Landgraf Heinrich Raspe^) war
bischöfe,
Matth. Paris, ed. Luard IV, 474.
Vgl. außer Hauck namentlich Aldinger, D. Neubesetzung der deutscken
Bistümer unter Papst Inn. IV. (1900).
*) Vgl. C. Wenck in „Die Wartburg" (1907) S. 3 15 ff.
')
*)
§ l8. Entscheidungskampf zwischen Kaisertum
u.
Papsttum (1239
— 1250).
240
es, dessen eitle Großmannssucht schließlich seine ängstlichen Bedenken überwand. Als ihm König Konrad vor Frankfurt entgegentrat, gelang es ihm, einige schwäbische Grafen und Herren, die
auch künftig von einem Zusammenbruch der staufischen Landes-
herrschaft
ihr
eignes
Emporkommen
erhofften,
durch päpstliches
Geld zum Verrat zu bewegen und dadurch einen wenig rühmlichen
Sieg zu gewinnen.
Doch wie
sein Königssiegel
auf der Rückseite
nach Art päpstlicher Bullen die Köpfe der beiden Apostelfürsten
zeigte, so galt er im Volke mit Recht nur als „Pfaffenkönig", sein
Anhang
blieb beschränkt;
und wenn
die Staufer in diesen
Kämpfen
durch Entfremdungen, Veräußerungen und Verpfändungen schwere
Einbußen an Reichsgut und Hausgut erlitten, so erwuchsen ihnen
doch auch neue Stützen, vor allem in den finanzkräftigen Reichsund Bischofsstädten, die trotz aller früheren Maßregelungen im
wohlverstandenen eignen Interesse für die staufische Sache, an die
sich die Hoffnung einer kräftigen Zentralregierung knüpfen
konnte, mit allem Eifer eintraten und nun auch wirklich von oben
begünstigt wurden.^)
Weiter knüpfte die Vermählung Konrads IV.
allein
einer Tochter Herzog Ottos von Bayern dies Herzogtvun eng
an das Schicksal des staufischen Hauses (1246), und zur selben
Zeit eröffnete sich abermals eine bedeutende Aussicht im äußersten
Südosten. Friedrich II. hatte das Herzogtum Österreich trotz seines
ersten Mißerfolges imd seiner Behinderungen in Italien nicht aus
mit
dem Auge
verloren.
Babenbergers,
hatte
Gertrud,
er
sich
die Nichte
selbst
und Erbin des
zur vierten Gemahlin
letzten
ersehen;
dem Herzoge winkte für seine Zustimmung die Königskrone. Auf
dem glänzenden Fürstentage, den der Kaiser während des Lyoner
Konzils in Verona abhielt (Juni 1245) war bereits alles abgemacht,
da haben verleumderische kirchliche Einflüsterungen Gertrud ziu*
Weigerung bestimmt, an der dann der ganze Plan scheiterte.*) Jetzt
aber starb imverhofft, vor der Zeit und kinderlos, Herzog Friedrich
der Streitbare (1246); der Kaiser griff sofort zu, zog das Herzogtum als erledigtes Reichslehen ein, tat es aber nicht nach Jahr imd
Tag wieder aus, sondern ließ es, indem er hier die Grundsätze
seines italienischen Regierungsystems in höchst bedeutsamer Weise
auf Deutschland übertrug, dauernd durch einen Reichskapitän verwalten.
So war der gesamte Süden, abgesehen von dem geringen
schwäbischen Anhang, dem Landgrafen verbaut; auch sonst standen
') Vgl.
Friedrichs Zugeständnis einer unabhängigen Ratsverfassung an
Regensburg Nov. 1245, in schroffem Widerspruch zu dem früher im Interesse
der Fürsten eingenommenen Standpunkt.
*] Vgl. die oben S. 234 angeführte Literatur und Histor. Viertelj. 10,311.
250
II,
Die Zeit der S taufer.
die weltlichen Reichsfürsten
den Staufem,
als
und sogar noch
zu
den plötzlichen Tod
einige Bischöfe treu
die päpstliche Sache durch
des Gegenkönigs (Pebr. 1247) einen empfindlichen Schlag erlitt. Denn
damit traten nicht nur die thüringischen Lande in die staufische
Einflußsphäre 1), sondern es hielt schwer genug, einen neuen päpstlichen Thronkandidaten zu finden.
Graf Wilhelm von Holland 2),
der sich endlich dazu bereit erklärte und ähnlich wie der Landgraf auf Geheiß des Papstes fast ausschließlich von den geistlichen
Fürsten des Rheinlandes gewählt ward (Okt. 1247), ein ritterlicher
und
mutvoller
junger
Herr,
aber
täuschte die Hoffnungen der Kurie
nicht
einmal
Reichsfürst,
ent-
imd vermochte seinen Geltungs-
bereich nur wenig über die niederrheinischen Gebiete auszudehnen.
Diese beiden schwächlichen Gegenkönige reichten in der Tat
nicht einmal an die Schulterhöhe eines geistlichen Fürsten wie des
von Mainz heran, auf dessen bekanntem
zwergenhafter Erscheinung dargestellt sind, wie sie
aus seiner Hand die Krone empfangen. Und eben deshalb gelang
Erzbischofs Siegfried III.
Grabmal
sie in
der Kurie trotz der verzweifeltsten Anstrengungen schließlich
nicht, solange Friedrich IL lebte, die staufische Herrschaft
diesseits der Alpen zu stürzen.
Die Vorgänge in Deutschland behielten nur sekundäre Bedeutung neben dem gewaltigen Ringen auf
dem italienischen Kriegsschauplatze, wo schon allein die Persönes
doch
des Kaisers die Aufmerksamkeit Europas bannte.
Hier ward nun alles noch wilder und grandioser!
Was Wunder, wenn der zum Teil mit teuflischen Mitteln geführte Vemichtungsangriff auf der andern Seite maßlose Leidenschaften entflammte,
und in dem fieberhaften Drange nach Selbstbehauptung, Machtsteigerung, Zerschmetterung des Gegners allmählich alle edleren
Gefühle erstickten.
Für diese letzten Kampfesjahre ist etwa ein Ezzelin von Romano')
lichkeit
die charakteristische Figur, der bei einer gewissen Wesensverwandtschaft
mit Friedrich II. aus dessen unendlich reicherer und verwickelterer Natur
nur eine einzige Richtung, das rücksichtslose Machtstreben und Durchsetzen
der eignen Persönlichkeit, in verblüffender Einseitigkeit zum Kolossalen gesteigert hat.
Als veronesischer Landadliger in den Fraktionskämpfen seiner
Standesgenossen emporgekommen, aber erst durch die Verbindung mit der
Volkspartei zu wirklichem Einfluß gestiegen, war er aus persönlichen Gründen
vom Lombardenbunde abgeschwenkt und hatte den Anschluß an den Kaiser
^) Der
erbberechtigte Sohn des Markgrafen Heinrich von Meißen,
Albrecht, war mit des Kaisers Töchterlein Margarethe verlobt.
^) Vgl. über ihn die Arbeiten von Hintze u. Hasse, beide 1885.
') Über ihn ein reiches Material in dem älteren Werke von Verci, Storia
degli Ecelini 1779. Neuere Darstellungen seines Lebens können sämtlich nicht
befriedigen.
Eine Biographie wird demnächst von einem meiner Schüler, F.
Stieve, erscheinen
§
i8.
Entscheidungskampf zwischen Kaisertum
u.
Papsttum (1239
— 1250).
25
I
gefunden, um zunächst neben dessen Beamten, dann auch ohne und gegen sie,
aber von Friedrich, der ihn brauchte, nie gehindert, ohne festumgrenztes Amt
in der Trevisaner Mark eine tatsächliche Tyrannis zu begründen und sie durch
die stets gesteigerten Gewaltmittel eines entsetzlichen Schreckensregiments zu
behaupten, das indes weniger auf dem Volke als auf dem Adel lastete. So
gab er ein Vorbild schrankenloser Selbstdurchsetzung und verbrecherischer
Machtbegründung, das trotz aller Schrecken von den italienischen Renaissanceherrschem nur zu häufig nachgeahmt werden sollte. In jenen Jahren war er
nur der furchtbarste Gewaltmensch unter vielen andern, und auch unter den
geistlichen Heerführern des Papstes fehlten ähnliche Naturen, wie etwa die
Legaten Philipp von Ferrara und Gregor von Montelongo, nicht.
Von einem Rückgang der kaiserlichen Machtstellung infolge
der Absetzung war zunächst nicht das mindeste zu spüren. Freilich umlauerten jetzt Verrat und Mord Friedrich imd die Seinen.
Im März 1246 ward eine weitverzweigte Verschwörung entdeckt,
an der höchststehende und vertrauteste Beamte des Kaisers beteiligt
waren, und deren Fäden mindestens zu den Spitzen der päpstlichen
Partei reichten, wenn auch Innozenz selbst vermutlich noch nicht
eingeweiht war.
Geplant war nichts geringeres, als eine Ermordung
Friedrichs und eine allgemeine Erhebung. Die nach Rom geflüchteten
Attentäter und ihre ziun Losschlagen gezwungenen Mitverschworenen
im Königreiche wurden nun vom Papste belobt und durch Legatensendung vmd Kreuzpredigt gefördert, aber es gelang Friedrich, der
in Eilmärschen Sizilien erreichte, doch binnen kurzem, den AufEnthüllte der Vorgang
stand mit blutiger Strenge niederzuwerfen.
auch mit schauerlicher Deutlichkeit, wie sehr der Boden unter seinen
Füßen schwankte, und mußte er das ohnehin zum Mißtrauen geneigte Gemüt des Herrschers noch mehr vergiften, so bedeutete die
rasche Niederwerfung doch unzweifelhaft einen neuen Sieg, an den
sich andre Erfolge wie die Rückgewinnung Viterbos (Mai 1247) in
Mittelitalien und wertvolle Übertritte in der westlichen Lombardei
anreihten.
neuen Sicherungsmaßregeln laielt Friedrich schon im
1247 seine Herrschaft in Sizilien und Reichsitalien für
Er
gefestigt genug, um einen Zug nach Deutschland anzutreten.
gedachte ihn über Lyon zu richten und dort dem Papste persön-
Nach
Frühjahr
lich
gegenüberzutreten.
denn auch
Dieser geriet in nicht geringe Bedrängnis,
ihm keinen genügenden Rück-
die Weststaaten boten
von England
vmd die gegen
die Kurie gerichteten nationalen Beschwerden der englischen Gesandten waren schon auf dem Lyoner Konzil höchst unbequem
geworden. Ludwig IX. von Frankreich aber hörte nicht auf, im
Interesse eines Kreuzzuges an einem Ausgleich zu arbeiten, den
halt
Mit
unterhielt
Friedrich
seinem
Friedrich
Schwager
König Heinrich
III.
freundschaftliche Beziehungen,
mit bedeutsamer Zurücksetzung seiner Person hinter die
2^2
n. Die
Zeit der Staufer.
sachlichen und dynastischen Zwecke sogar durch seine Abdankung zugunsten seines Sohnes Konrad zu erkaufen bereit war, und
im französischen Adel hatte sich ebendamals (Ende 1246) eine bedrohliche, den Einfluß der kaiserlichen Manifeste verratende Bewegung gegen die gerichtlichen und steuerlichen Anmaßungen der
Elirche erhoben.
Schon war der Kaiser mit seinen Truppen im Begriff, von
Turin aus die Alpen zu übersteigen, als der Abfall des wichtigen
Parma den Papst aus seiner Beklemmung befreite; durch einen
kühnen Handstreich geriet die von Friedrich in schädlichem Mißtrauen ihrer Befestigungen beraubte Stadt in die Hände der päpstlichen Außenpartei {Juni 1247), die nun von ringsher ansehnliche
päpstlich-lombardische Truppenmassen heranzog und sich in Verteidigungszustand setzte.
Indem nun auch der Kaiser in Gemeinschaft mit Enzio und Ezzelin bedeutende Heereskörper um die
Stadt legte, wurde die Belagerung gleichsam zu einer großen Kraftprobe, auf deren Ausgang die Welt mit Spannung wartete.
Nach
langen Monaten schien endlich die Aushungerung der Belagerten
in naher Aussicht zu stehen, als eine böse Nachlässigkeit auf Seiten
der Kaiserlichen die mühsamen Erfolge in furchtbare Niederlage
wandelte.
Während einer kurzen Abwesenheit Friedrichs auf der
Jagd wurde die schlechtbewachte hölzerne Lagerstadt, der man in
voreiliger Vorwegnahme des Sieges den Namen Vittoria gegeben
hatte, von den ausbrechenden Feinden überrumpelt und verbrannt,
das Heer unter schweren Verlusten zersprengt, Thaddäus von
Suessa getötet, Krone und Reichssiegel erbeutet (Febr. 1248). Der
rückkehrende Kaiser entkam nur mit genauer Not nach Cremona,.
um mit bewunderungswürdiger Schwungkraft schon nach drei Tagen
von da mit rasch gesammelten Truppen aufs neue vorzudringen.
Konnte aber auch die Einschließung in weiterem Umkreise fortgeführt, und der wichtige Apenninübei^ang behauptet werden, so hatten
die Belagerten doch Luft und Kraft zu fernerer Behauptung gewonnen, und das schlimmste waren die Femwirkungen des moralischen Eindrucks.
Unmittelbar machten sie sich vor allem in der
Romagna geltend, die nach dem Abfall Ravennas (Mai 1248) sogut wie ganz den Kaiserlichen verloren ging, während auch im
übrigen Mittelitalien die Schwierigkeit der Behauptung wuchs. Mittelbar waren sie wohl allenthalben in Europa zu spüren, und man
kann sagen, sie haben fortgedauert bis in unsere Tage! Denn bis
in die neuesten Darstellungen hinein^) behauptet sich xmausrott*) So etwa in Davidsohns Gesch. v. Florenz II, i, dem ich in den die
allgemeine Geschichte dieser Zeit betreffenden Abschnitten auch sonst mehrfach
nicht zuzustimmen Tcrmag.
§
i8.
Entscheidungskampf zwischen Kaisertum
u.
Papsttum (1239
— 1250).
2$^
bar die Vorstellung, jene Niederlage vor Parma bedeute den entscheidenden Wendepunkt in Friedrichs Geschicken; seitdem sei er
ein besiegter, gebrochener Mann gewesen, dem nichts Rechtes mehr
habe gelingen wollen,^)
Dieser Eindruck ist wohl wesentlich mit hervorgerufen durch
die beiden furchtbaren Schicksalsschläge, die den Kaiser in seinen
letzten Jahren ganz persönlich trafen imd ihm seine sinkende
Lebenssonne verfinsterten. Der eine war die Untreue seines erprobtesten und vertrautesten Staatsmannes. Peter von Vinea*) war
durch seine hervorragende juristische Bildung und seine seltene, in
der Schule seiner Heimat Capua entwickelte, stilistische und redaus niederer Herkunft zu den höchsten
Lange als Großhofrichter an Rechtsprechung und Gesetzgebung') Siziliens hervorragend beteiligt, zu
den wichtigsten diplomatischen Missionen verwandt und neben
Thaddäus von Suessa mit der tatsächlichen Leitung der Kanzlei
nerische Formgewandtheit
Ämtern
emporgestiegen.
Reichsprotonotar und Logothet des KönigVorstand der nun auch offiziell die ReichsDa
angelegenheiten erledigenden kaiserlichen Kanzlei geworden.*)
er das vollste Vertrauen des Monarchen besaß und in Wahrheit „zu
seinem Herzen die Schlüssel führte", indem er zu bestimmen hatte,
welche Briefe imd Bittschriften überhaupt an ihn gelangten, welche
kurzerhand erledigt wurden, so galt er mit Recht nächst dem
betraut,
war
er
1247
als
reichs Sizilien alleiniger
Dieser verantHerrscher als der mächtigste Mann im Staate.
wortungsvollen und versuchungsreichen Stellung ist offenbar seine
moralische Festigkeit auf die Dauer nicht gewachsen gewesen; er
hat, wie wir annehmen dürfen, sein Amt in unerhörter Weise zu
eigner Bereicherung ausgenützt und Gelder bis zu einer Höhe veruntreut, daß dem Reiche daraus in der durch den langjährigen
Krieg hervorgerufenen schweren Finanznot nach des Kaisers eignen
Diese EntWorten*) geradezu eine ernstliche Gefahr erwuchs.
deckung und schmerzlichste Enttäuschung seines Lebens traf Friedrich während seines Aufenthaltes in Cremona (Febr. 1249), als sein
Gemüt eben durch einen noch viel furchtbareren Vertrauensbruch
verdüstert war.
Sein eigner, vielbegünstigter Leibarzt, der von
')
Diese Vorstellung
ist
nach den Ausführungen Ficken in der Einleitung
von Reg. Imp. V unhaltbar.
^
Vgl. Huillard-Br^hoUes, Vie et Correspondancc de Pierre de la Vigne
(1864).
erscheint mir namentlich der von Friedrich selbst ange*) Schlagend
wandte Vergleich Peters mit Moses, den Reg. (mp. V, 3764 voraussetit.
*)
Den ihm ron neueren Darstellern meist beigelegten Kanzlertitel hat
er nie geführt.
»> Reg. Imp. V, 3764.
254
II.
Die Zeit der Staufer.
den Päpstlichen gefangen und bestochen, dann durch Auswechselung
an den Hof zurückgekehrt war, hatte seinem Herrn einen Gifttrank
gereicht.
Der Kelch war an dem rechtzeitig gewarnten Herrscher
noch eben vorübergegangen, der nun befahl, den geständigen Hochverräter unter entsetzlichen, fortwährenden Martern diu^ch das sizilische
Reich zu führen und schließlich hinzurichten. Auch gegen Peter
von Vinea ließ er unnachsichtige Strenge walten. Er ward gefangen
und vor der Wut des Volkes, das ihn lynchen wollte, durch nächtliche Fortführung geschützt.
Als dann der Kaiser sich zur Herseiner zerrütteten Finanzen, zur erneuten Reinigung des
Beamtenkörpers und Bekämpfung der päpstlichen Agitationen nach
seinem sizilischen Erbreiche zurückwandte, ward jener gefesselt mitgeführt, und als sich Friedrichs Aufenthalt in Tuszien in die Länge
zog, in S. Miniato eingekerkert und nach erfolgter Verurteilung geblendet.
Dort im Gefängnis hat er sich, wie es scheint, selbst den
Tod gegeben. Sein Stvirz erregte ungeheures Aufsehen in der ganzen
Welt und gab, da die Gründe zurückgehalten wurden, Anlaß zu
abenteuerlichem Gerede.
Die Verquickung mit jenem Giftmordversuch und die Annahme verräterischer Beziehvmgen zum Papsttum lagen nur allzu nahe. Von diesem Verdacht ist Peter mit
Sicherheit freizusprechen.
Aber bei allem Anteil, den der Untergang des hochverdienten Mannes auslöst, wird der Historiker sich
Dantes warmherzigem Eintreten für seine volle Unschuld nicht anschließen dürfen.
Es liegt auch nicht der mindeste Grund vor, an
der Gerechtigkeit des kaiserlichen Urteils zu zweifeln, imd schon
diese Untreue gegen die Majestät des Herrschers galt der Zeit als
stellung
schwerer Verrat.^)
^) Indem ich mir ausführlichere Darlegungen über die durch Dürftigkeit
und Unsicherheit der unmittelbaren Quellen, legendarische Entstellungen und
kritiklose Forschung arg verwickelte Schuldfrage vorbehalte, bemerke ich hier
das Folgende.
Schlechthin entscheidend für die Auffassung ist Reg. Imp.
V, 3764, wo Peter vom Kaiser selbst nur der unerlaubten, allerdings in geradezu staatsgefährlichem Maße ausgeführten Bereicherung durch sein Amt bezichtigt wird.
Solche Vergehen, ausgeführt in längerer Amtswaltung, lassen
Wie sollte sich Friedrich
sich denn doch wahrlich beweisen oder widerlegen!
seines fähigsten Helfers beraubt imd dies furchtbare Odium auf seine Regierung
gewälzt haben, wenn er nicht durch zweifellose Beweise zum Einschreiten gezwungen war? Daß uns heute die Akten der Amtsführung nicht soweit erhalten sind, um die Schuldfrage nachprüfen zu können, ist selbstverständlichi
Eine erstaunlich reiche Hinterlassenschaft Peters steht übrigens fest, und unter
den Belegen der folgenden Jahre spricht keiner auch nur entfernt dafür, daß
nachträglich zu der Erkenntnis gekommen wäre, man habe ihm doch
Im Grunde ist es ja auch nur Dantes ehrwürdiges Urteil
zu viel getan.
(Inferno 13), das hier, wie in so manchem andern Punkte^ der Erkenntnis der
Eine Verquickung
historischen Wahrheit hemmend im Wege gestanden hat.
mit dem Mordversuche des Arztes ist aber wohl sicher abzuweisen, wenn
man etwa
—
§ iS. Entscheidungskampf zwischen Kaisertum
u.
Papsttum (1239
— 1250).
2^ S
Nur wenige Monate nach seinem bedeutendsten Staatsmann
Friedrich seinen zuverlässigsten und fähigsten Feldherm,
verlor
König Enzio.*)
Einer deutschen Liebschaft des Kaisers entsprossen,
imd jugendkräftig, war er von allen seinen
Söhnen der begabteste, in der Vereinigung von schneidiger Willenskraft imd reichem geistigen Interesse der dem Vater ähnlichste.
blondhaarig,
schön
Oftmals schon allzu tollkühn im Kampfe, geriet er in einem unbedeutenden Gefecht bei Fossalta (unweit Modena, Mai 1249) in die
Hände der Bolognesen, die ihn zwar anständig behandelten, aber
trotz aller Drohungen und Versprechvmgen des Kaisers nicht herausgaben.
Seiner wartete das furchtbare Los, in jahrzehntelanger
fangenschaft zur Untätigkeit verdammt,
Ge-
den Untergang seines Ge-
schlechts zu betrauern (f 12 72). 2)
Die Wirkung aller dieser Schicksalsschläge auf das
Gemüt des
gewiß ebenso wenig zu imterschätzen, wie ihr moralischer
Eindruck auf die Parteien und das Ausland; aber es waren doch
am Ende nur Unglücksfälle, die die politisch-militärische Gesamtlage wohl hier und da beeinflussen, aber nicht dauernd bestimmen
Nichts aber wäre verkehrter, als hier von einem ständigen
konnten.
Rückgang, wohl gar völligen Unterliegen der kaiserlichen Sache zu
reden oder anzunehmen, Friedrich selbst habe, geistig und körperDürfte man nach
lich gebrochen, an einem Erfolge verzweifelt.
der Lage der Dinge in seinem letzten Lebensjahre urteilen, so stand
er eher vor dem Siege, als vor der Niederlage.
Kaisers
ist
Das sizilischc Königreich bildete noch immer die feste, unberührte
Grundlage seiner Macht. Eben hatte es von neuem reiche Mittel zu umEin Angriff, den der Papst durch seinen Karfassenden Rüstungen gewährt.
dinallegaten Peter Capoccio von Mittelitalien aus versucht hatte (Sommer 1249)
war mühelos abgeschlagen, und auch die schon errungenen Erfolge der Päpstlichen in der Mark Ancona größtenteils rückgängig gemacht (Sommer 1250).
In TuBzien wurde freilich die Behauptung der kaiserlichen Herrschaft immer
fraglicher, denn in Florenz erhob sich das durch Steuern und Kriegsleistungen
erbitterte Volk und errichtete ein unabhängiges, parteiloses Regiment (Sept.
Der
1250); aber noch konnten hier neue Erfolge alles zum Guten wenden.
Abfall der Romagna war seit der Wiedergewinnung von Ravenna (Okt. 1249)
man nur den
irreführenden Bericht des Matthäus Paris, als phantasievolle, durch
ihn selbst oder das Gerücht geschaffene Kombination erkennt und mit Ficker
den Erlaß Reg. Imp. V, 3768 gewiß richtig auf den Arzt, statt auf Peter beTrifft meine Auffassung im Wesentlichen die Wahrheit, die sich im
zieht.
Einzelnen natürlich nicht mehr einwandfrei zurückgewinnen läßt, so sind freilich
simtliche neueren Darstellungen zu ändern.
*) Vgl. über ihn die nicht eben bedeutenden Schriften von Großmann
(Gott. Diss. 1883) und Blasius (1884).
*) Über
diese Gefangeoscbaft und die mancherlei Legenden, die sich
—
darum gesponnen haben,
(1902).
vgl.
Frati,
La
prigionia
dcl
Re Enzio
in
Bologna.
n. Die
256
Zeit der Staufer,
Ezzelin hatte im östlichen Oberitalien seinen Machtkreis
nur noch weiter ausgedehnt, in der Lombardei aber der Markgraf Hubert
Pallavicini, der hier König Enzio ersetzte, geradezu glänzende Erfolge errungen
und in einem bedeutsamen Siege über die Farmesen Rache für Vittoria genommen (Aug. 1250). Den Genuesen war zur See eine empfindliche Niederlage beigebracht.') Innere Spaltung bedrohte den Lombardenbund; in Rivalität
mit Mailand neigte Piacenza zur kaiserlichen Partei. Westlich aber erstreckte sich
seit dem Gewinn von Vercelli (Okt. 1248), der weitere Übertritte zur Folge
fcatte, und durch die Treue des jetzt auch verwandtschaftlich dem staufischen
Hause verbundenen Grafen von Savoyen ein geschlossenes kaiserliches MachtEinem Zuge dorthin
Gebiet über die Alpen bis vor die Tore von Lyon.
Und auch Frankreich bot dem Papste keine Rückenstand nichts im Wege,
deckung mehr. Ludwig IX., der auf seinem Kreuzzuge die mangelnde Unterstützung der Kirche bitter empfand und sich mit seinem Heere eben aus der
rückläufig geworden.
ägyptischen Gefangenschaft (April 1250) losgekauft hatte, forderte aus dem
Orient auf das bestimmteste den FriedcnschluÜ mit dem Kaiser; Innozenz
richtete bereits eine Anfrage an den englischen Hof, ob man ihn in Bordeaux
dulden würde. Seine Finanzmittel waren der Erschöpfung nahe.
Friedrich selbst war damals
trotz gelegentlicher
Krankheitsan-
so wenig lebensmüde, daß er vielmehr im Begriff stand, zur
Sicherung seiner Dynastie eine vierte Ehe mit einer Tochter Herzog
fälle
Albrechts von Sachsen
zu schließen. 2)
Eben war
er
im
Begriff,
endgültigen Niederwerfung aller italischen Rebellen gegen Nordea
2u ziehen; seine letzten Briefe an den griechischen Kaiser Johannes
Vatazes atmen das gehobenste Siegesbewußtsein. In diesem Augen2vir
blick
ist
Friedrich völlig unerwartet an einer leichtsinnig behandelten
dem kleinen apulischen Fiorentino*) im Alter von
56 Jahren gestorben (13. Dez. 1250).*) Nach seinem Testament sollte Konrad IV. die gesamten Reiche erben, nur während
seiner Abwesenheit Manfred in Italien und Sizilien Statthalter sein.
Dysenterie in
fast
Von
einer Nachgiebigkeit gegen die römische Kirche findet sich
keine Spur; die entrissenen Besitzungen sollten ihr nur dann zurückgegeben werden, wenn sie dem Reiche gegenüber ebenso handle.
Des Kaisers Leiche wurde neben denen seiner Eltern im Dom von
Palermo
beigesetzt.
Friedrich selbst schied unbesiegt aus
•eben sein
bracht;
Tod
denn
dem
großen
Streite,
aber
hat doch der staufischen Sache den Untergang geein wahrer Nachfolger seines Geistes fehlte, und
furchtbar wüteten alsbald
Tod und
Zersplitterung in seinem Hause.^)
Reg. Imp. V, 3823.
Vül. Simonsfeld, S. B. d. Manch. Ak. phil.-hist. Kl., IL, 443 ff*) Die angebliche astrologische Weissagung, die ihn vor Florenz warnte
und dann so trügerisch in Erfüllung ging, schmeckt doch nach späterer Erfindung.
*) Gegen
die Annahme einer anfänglichen Verheimlichung seines Todes
gl, Davidsohn, Forsch z. Gesch. v. Florenz IV, 98 ff.
Wenn dieser Untergang des staufischen Hauses hier nicht mehr mit
•behandelt wird, so geschieht das nicht nur aus Raummangel, sondern auch,
-weil es sich nicht empfehlen würde, die Geschicke Manfreds und Konradins
')
')
•'•)
§
Entscheidungskampf zwischen Kaisertum
l8.
Wenn
trotz
unsäglich
dieser
u.
Papsttum (1239
— 1250).
ungünstigen Verhältnisse der
^^y
Kampf
noch achtzehn Jahre fortgesetzt werden konnte, und die Entscheidung, die noch mehrmals auf des Messers Schneide stand, von der
Kurie schließlich doch nur durch Hereinziehen der französischen
Macht herbeigeführt
wiirde,
bald genug selbst die
jenes „Rohrstabes,
Hand durchbohren"
besser als alles andre für die Stärke,
Tode
trotz allem sein
Deutschland
hat
Grund, zu wünschen,
in
der
sollte,
—
als Stütze
der Friedrich bei seinem
Werk noch immer zurückließ,
vom nationalen Standpunkt aus
daß
es
ihr
so spricht das
gesiegt hätte;
denn da
schwerlich
es für
die
Beamtenregiments viel weniger
Spielraum bot als Italien, so wäre es wohl sicher zum Nebenland
des Imperiums herabgesunken.
Aber eine tiefe Sehnsucht nach der
entschwundenen Kaiserherrlichkeit blieb doch in den Gemütern von
Tausenden zurück und wuchs in der Not der folgenden Zeiten.
Sie fand ihren Niederschlag in der deutschen Kaisersage ^), in der
die Person Friedrichs II. zum Mittelpunkt ward von Weltuntergangsvorstellungen, mythologischen Beimischungen und nationalen
Hoffnungen, und die sich nicht zum wenigsten deswegen in
dem thüringischen Berge Kyffhäuser lokalisierte, weil sich auf den
Sohn der Kaisertochter Margarethe, den Wettiner Friedrich den
Aufrichtung
eines
zentralistischen
später die letzten Hoffnungen der Ghibellinen richteten.
Aber auch die Erinnerung an die kirchlichen Kämpfe hat in
Deutschland lange nachgewirkt, und es ist kein geringerer als Ranke,
der in seiner Weltgeschichte die Behauptung wagt, „daß die Un-
Freidigen
•gerechtigkeit,
lag,
welche in
der erste Grund zu
dem Verhalten des siegreichen Papsttums
dem späteren Abfall von der Kirche wurde,
sondern auch in den
fort, „im
Eingang seiner Schrift an den christlichen Adel deutscher Nation
beklagt, daß die teuren Fürsten Friedrich der Erste und der Andere
und viel mehr deutscher Kaiser so jämmerlich von den Päpsten
mit Füßen getreten und verdrückt seien, davon hat sich eine
Empfindung, zumal in den deutschen Städten, welche sich zuletzt
eben deswegen für die untergehende staufische Sache schlugen,
durch die Jahrhunderte des sinkenden Mittelalters erhalten".
insofern diese nicht allein in der Theologie,
populären Gefühlen wurzelte".
aus
„Was
Luther", so fährt er
dem Zusammenhang
der Geschichte des deutschen Interregnums herauseinem späteren Bändchen Torbehalten bleibt.
Vgl. oben S. 172.
.zureißen, die
*)
£ampe,
Deutsche Kaiseq^etchichte.
I«
Register der Orts- und Personennamen.
Aachen 71,
143, 190, 192.
Aba, Kön. v. Ungarn
Abälard s. Peter.
Abdinghof 3.
17.
Agnes, Tochter Kaiser
Heinrichs IV. 55, 85.
Agnes, Gemahl. Heinrichs,
Pfalzgr. b.
Rhein
176.
Alexandriner
135,
153,
168.
Alexios ni., griechischer
Kaiser 181.
Abotriten 27, 32, 157.
al Fadayl 219.
Akkon
Abu
Alba 75;
Acerbus Morena 87.
Acerenza 220.
Alberich, römischer Patri-
Adalbero, Erzb. v. Bremen
Alberich v. Troisfontaines
88.
Albero, Erzb. v, Trier 103.
Albert, Patriarch v. Anti-
232,
Altaich
ochia 246.
Albert, Bisch, v. Lüttich
256.
Amalrich, Kön.
3,
26 bis 28, 31,
Adalbert, Erzb. v. Mainz
3.
Salimbene.
Adelasia, Gemahlin
König
Enzios 237,
Adolf V. Nassau, deutscher
König
Beham,
Archidia-
Passau 240.
Albert Milioli, Notar v,
V.
Adolf, Erzb.
Albert v. Stade 85.
Albertus Magnus 222.
Albrecht, Herz. v. Sachsen
256.
V.Köln
178,
179,189,190,192,193.
d.
Adolf I., Graf v. Schauen117, 160.
Albrecht der Unartige,
burg 99.
Markgr. v. Meißen 250.
Adolf II., Graf v. SchauenAlessandria(Caesarea) 1 46,
burg 99, 113.
Adrianopel 170.
Ägypten 169, 208, 209,
216, 256.
Äthiopier 220.
Afrika 181, 196.
Agnes V. Poitou,
Gemahlin Kaiser Hein30 bis 32,
richs III. 19,
36, 39.
149,150,152,162,187.
Alexander II., Papst (Anselm, Bisch, v. Lucca)
36, 42, 43. 46,
123, 135, 166.
Alexanderlll., Papst (Kar35.
62,
zweite
Roland)
123,
127, 135 bis 147, 150,
153 bis 156, 185.
dinal
s.
Rainulf.
Almohaden 181.
Alpen 13, 23, 64,
loi,
67, 99,
146, 198,
252, 256.
119,
235,
I.
Amadäus, Graf v. Savoyen
Cypem
v.
Amatus
v.
Montecassino4.
Anagnii53, 154, 159, 220.
Anaklet H., Gegenpapst
(Peter
bis 97,
Ancona
Pierleoni)
loi,
143,
95
102.
144,
149.
Ancona, Mark i86, 187,
194. 255-
Bär v. Ballenstädt, Markgr. v. Brandenburg 99, 103, 114,
Albrecht
55.
Alife
181.
Reggio 87.
26.
s.
Albert
kon
82, 92.
Adam, Domherr v. Bremen
Adam
Benzo.
175.
37. 39. 89.
n,
s.
zier 21.
100.
Adalbert, Herz. v. Kämthen 8, 9.
Adalbert, Erzb. v. Bre-
men
217.
137,
139 bis 142, 145, 148,
Andreas, Kön.
v.
Ungarn
29.
Andres s. Wilhelm.
Angelos s. Isaak.
Anhalt 160.
Anjou 81.
Anno, Erzb. v. Köln
2,
31. 36, 37. 41. 42.
Ansald de Mari, Admiral
Friedrichs II. 243.
Ansbert, österr. Kleriker,
169.
Anselm, Bisch, v. Lucca
s. Alexander IL
Antiochia 246.
Anweiler s. Markward.
Register der Orts- und Personennamen.
Apennin,
52,
240, 252.
58,
145,
ApoUoniuskloster in Canossa 52.
Apulien 23, 34, 96, 101,
188,
Aquileja
220, 232, 256.
112, 166, 229.
Aquitanieni4, 18, 19, 105.
Araber
96, 202, 203,
219, 222, 225 S.Mauren , Mohammedaner,
16,
;
Sarazenen.
Aragonien 180, 204, 226.
Aribert, Erzb. v. Mailand
14 bis 16, 19.
Aribo, Erzb. v. Mainz 6.
Arles 156.
Armenien 171, 181, 200.
Arnold v.Selenhofen,Erzb.
Bayern
25,26, 28 bis 30,
9,
39, 40, 55, 67,69,89,
94, 103 bis 105, 108,
113, 117, 156, 157,
160, 194, 212, 249.
Beatrix, zweite Gemahlin
Kaiser Friedrichs I.
118, 119, 144, 155.
Beatrix, Tochter Philipps
Schwaben 194.
Gemahlin des
Beatrix
V.
,
Markgr.
Bonifaz v,
Canossa 14, 28, 29.
Beauvais s. Vinzenz.
Becket s. Thomas.
Beham
Albert.
s.
Benedikt Vni., Papst
13,
23-
Benedikt IX., Papst
259
Berthold IV., Herz. v.
Zähringen, Rektor v.
Burgund Il8.
v. Reichenau
Berthold
BUlunger
Bingen
Hildegart.
s.
Bodfeld 30.
Böckelheim 70.
Böhmen
12, 17, 45,
3,
62, 70, 86, 100, 118,
137, 192, 234, 244,
248.
Boleslaw
I.
Kön.
V.
112,
v.
Brescia
lll,
123, 242.
Arnold, Dominikaner 242.
Arnulf, Erzb. v. Mailand 4.
Asien 243, 244,
Franz.
Asti 146.
Augsburg 2,36,51,58,164.
Augustin 44, 85.
Augustiner 86, 93, iii.
Augustinereremiten 200.
Aura
3.
Averroismus 222.
Aversa 16, 23, 34, 196.
Azzo II. V. Este 40.
Bern 183.
Bernardo Marangone 87.
Bernhard v, Anhalt, Herz.
Sachsen 160.
Bernhard, Abt v. Clairvaux
V.
92,93.95.97,99, 101,
102, 104, 106 bis 108,
III, 121.
IIO,
Bernhardiner 93, 96.
Bernhard, Sachse, Publizist
Bemold
Trier 103.
Balkan 170, 181.
Ballenstädt s. Albrecht.
Baltisches Meer s. Ostsee.
Bertha v. Turin, erste Gemahlin Kaiser Heinrichs IV. 38, 51, 59,
3, 5, 21, 24,
100,
194.
Barbarossa s. Friedrich I.
Bari loi.
Basel 12, 35.
Batu, Mongolenherrscher
243-
,
132, 222, 255.
Bonifaz, Markgr. v. Tuszien
(Canossa) 14, 28.
Bonizo, Bisch, v. Sutri
Bomhövde
4,
v.
S. Blasien,
2,
62.
Bemried
Boso,Kardinalpriester 136.
Bouillon s. Gottfried.
Bouvines 199.
Brabant 175.
Brabantische Söldner, Bra-
banzonen 144.
Braga s. Burdinus.
Brandenburg, Mark
Bremen
65.
Berthold, Herz. v. Schwa-
Herz.
I.
V,
v.
Zähringen,
Kämthen
30,
55-
Berthold II., Herz.
ringen 67,
v.
Zäh-
157,
99,
160.
160,
77,
199, 232.
3, 26 bis 28, 31,32,
46, 77, 100, 113, 127,
157, 160, 231.
Brennerstraße 235.
Brescia 11 1, 237; s. Arnold.
Bretislaw, Herz. v. Böh-
men
ben 55.
Berthold
117,
Braunschweig
194,
2.
211.
Bosau 84.
114,
9, 103, 116,
117, 234, 249.
Balderich, Scholastiker in
Bamberg
Kühne,
Bordeaux 256.
86.
62.
Babenberger
d.
Polen 12.
Boleslaw II.
Herz, v,
Polen 100.
Bologna 122, 123, 130,
46, 62.
Bergamo
Askanier 99, 160.
s.
144.
62.
Askalon iio.
Assisi
129,
Benno, Bisch, v. Osnabrück 3.
Beno, Kardinal 4, 62.
Benzo, Bich. v. Alba 4,
157,
S. Blasien 2, 62, 85.
13,
Arnold,
103,
77,
160.
16, 20, 21.
Mainz 140.
Arnold, Abt desjohannis- Benediktinerorden 93.
Benevent 23, 24, 96, 124,
stifts in Lübeck 8 4, 1 1 9.
V.
i.
Bertinoro, Grafschaft 194.
Besannen 127, 191.
Bethlehem 216.
Bianello 52, 53.
Brienne
17.
s.
Isabella.
Brindisi 215,
217.
Brixen 57.
Bruno, Erzb. v. Köln,
Bruder Ottos I. 160.
17*
.
Register der Orts- und Peraonennamen.
26o
Bruno, Bisch,
Toul
v.
Leo IX.
Bruno, Domherr
in
s.
Köln
92.
Buch
Magde-
i.
Christian.
s.
Cilizien
Worms
v.
10.
Burchard, Propst v. Ursperg 86.
Burdinus, Erzb. v. Braga,
Gegen papst 78.
Burghau^en
Sigihard.
s.
10,
12,
18,
30,
66,78, 79, 118 bis 120,
127, 133, 140, 156,
181, 206.
Byzanz
58, 96, 114, 181,
189, 225; s. Griechenland, Konstantinopel.
C
auch
(s.
K
Honorius
Caesarea
s.
II.
Alessandria.
bach 87.
bis 54, 64,
;
82,
228;
Königtum.
Provinz
s. Gregor.
Cencius, päpstl. Kämmerer
Catina
s. Honorius III.
Ceperano 218, 219, 224,
12,
15,
16,
92.
Chartres
s.
Ivo.
Chiavenna 151, 158, 159.
1
b.
v. Michels-
00.
Salerno 86.
Edessa 107, iio,
Edrisi 222.
Eger
1
18, 198.
v. Frei-
Bisch,
Egilbcrt,
sing 8.
Eichstätt 24, 30.
Eider 11, 210, 21 1.
Ekbert, Markgr. v. Meissen
v.
Prag
3.
t.
Aura
85.
Elba 243.
Elblande 113.
86.
Petrus.
134.
Eleonore, französ. u. engl.
Königin 105.
Elias V. Cortona, Franriskanergeneral 242.
Cypern 181.
Elisabeth,Gemahlm König
Konrads IV. 249.
Elisabeth, Landgräßn v.
Thüringen 230, 231,
Dänemark
236.
Elsaß 118.
21.
11, 27, 28, 45,
ICD, 102, 127,
157, 160, 161,
180, 192, 199,
211, 217, 248.
137,
167,
2IO,
Damaskus
Damiani
s.
1
10,
216.
Petrus.
Damielte 208, 209.
Daniel, Bisch, v. Prag 86,
144.
Allighieri
223,254.
Dassel s. Reinald.
David, Schotte 3.
Desiderius,
cassino
Abt
s.
Elster 58.
Emadeddin Zenki, Reichsverweser
v.
MossiJ
Erzb.
y.
bis 2 12.
England
II, 28, 45, 78,
82, 88, 95, 109, 122,
137 bis 139, 141 bis
143,
164,
148,
167,
180,
153,
itg,
160,
185,
190
171,
193, 198 bis 200,
212, 232, 242, 251,
bis
Monte-
L,
Köln 210
176,
Viktor III.
V.
107.
Engelbert
Dalmatien 45.
Dante
235.
Canossa
62.
Dekan
Crema 115,
Cremona 64,
i.
Ekkehard, Abt
Elias.
s.
34, 37, 96,
203, 223, 224, 253;
Assisen v. Capua 209.
Castei del Monte 223.
Champagne
179, 186.
Coelestin IV., Papst 243.
Como, Comersee 151.
Corsica 45, 147.
bis
trizier
78,
16,
bis 227,
Johannes.
Papst 174
Creszentius, römischer Pa-
Capitanata, sizil.
203, 210.
Capua
Coelestin III.,
Mönch
52.
EboU
9, 47,
Thomas
s.
Becket.
Capetinger 41,
212,
148,
französ.
s.
200,
1 1
berg
48, 52, 60, 63, 71.
Codagnelius
227,
Bern-
51
154, 219.
3.
211,
Bern 183.
Ebo, Mönch
Clarendon 141,
Clermont 66.
Cluny, Cluniazenser
s,
v.
Donizo,
87, 134, 145,
149 bis 154, 166, 213,
252, 253.
Creszentier 20.
4, 14, 28, 38,
Canterbury 1 93
s.
;
46,
230, 231.
Dominikus 200.
4.
Clairvaux 92, 93
hard.
3,
246.
Dietrich
Donau
Civitate 24.
Crassus
Cafaro, genues. Annalist87.
Calvi s. Nikolaus.
Canossa
171.
s.
Deutschorden
Döle 139.
Dominikanerorden
240, 252.
Citeaux b. Dijon 92.
Cividale 227.
Cortona
Cosmas,
Caesarea, Mönchv.Heister-
Cambray
155.
und Z).
v. Parma
Cortenuova 23 t).
Cadalus, Bisch,
s.
149.
Erzb.
bis 144,
Cisapaß (Monte Bardone)
Burchard, Bisch,
Burgund
Mainz 142
Kardinal
Deusdedit,
62.
Chur 198.
Büren 55.
7,
nig 222.
Christian v. Buch,
V.
Bruno, Domherr
burg 2.
Kö-
Chilperich, fränkischer
256.
.
Register der Orte- und Personennamen.
Enzio, König
III,
Sardinien
v,
252.
238.
237,
257.
Epbesus 109.
Erfurt 84, 85,
Erich Emund,
Dänemark
König
v.
v.
Würz-
212,
Gelasius IL, Papst 78.
Gelnhausen 168, 191.
232,
251,
242,
252,
.
Franz
Erzpoet (Archipoeta) 125.
Escbenbach s. Wolfram
E^kil, Erzb. v. Lund 127.
Este, Familie 14, 40.
Freidarjk 88, 217.
Freising 8; s. Olto.
199, 210.
Etschklause
Klause.
Engen
III.,
Franziskaner
:
Papst 106 bis
181,
j
!
Enpraxia
Ezzelin
s.
Praxedis.
240,
250,
252,
!
F*adayl s. Abu.
Farfa 4.
Fermo
Fenara
62, 251.
Sinibald.
Flandern 28, 108, 167.
Flavigny 3.
Florenz II 2, 255, 256.
F'oHgno 203.
Folmar, Erzb. v. Trier
166.
Forchheim 54, 55.
Fossalta 255.
Frangipani, Familie 95.
Franken, fränkisch 5, 6,
iranzOs.
Franzosen,
Königtum
3,
18,
22,
23,
28,
40,
41,
66,
44>
71,
46,
76,
61,
88,
94. 99.
Friedrich von Rotenburg,
Herzog
v.
Schwaben,
115, 144, 148.
Friedrich , Sohn Barba-
78,
92, 93. 95.
99, 105, 107, 109 bis
von
Herzog von
Schwaben 148, 161,
v. Steter-
Rei-
Propst v.
chersberg 93,
121,
142.
Gerlach,
Abt
v.
Mühl-
bausen 86, 169.
Germano
87, 209, 212,
213, 215, 218.
Gerold, Patriarch v. Jerusalem 217.
S.
Gerbtungen 41.
Gertrud, Gemahlin Herz,
Heinrichs d. Stolzen
88, 105.
Gertrud, Niihte Herzog
Friedrichs d. Streitbaren v.österreicb 249.
Gervasius v, Tilbury 87.
Gemahlin Kaiser
Konrads II. 9.
Gisela,
Gislebert v. Mons 86, 151.
S. Giustina i. Padua 87.
Godehard, Bisch, v. Hildesheira 3.
rossas,
Goslar 26, 152.
168, 171.
Gotland 157.
Gottfried, Herz. v. Ober-
Friedrich, Herz. v. Oberlothringen 14.
Friedrich
II. d. Streitbare,
Herzog von Österreich
.
M. 191,231,
12,
63,
82,
IT., Kaiser 39,
40, 85, 87, 88, 96,
162, 172, 177 bis 179,
185, 186, 188, 190,
Schwaben 55, 70.
II., Herzog von
Schwaben 82, 89, 90,
1 1
54. 94-
224, 234
238, 243,
Friedrich
Fiorentino 256,
Erzb.
Gerhoh,
194,
V.
s.
Frankfurt a.
249.
Frankreich,
236,
192,
19». 193. 197 bis 199,
201 bis 257.
Friedrich I.v. Büren, Herz.
Finnland 27.
F'iscba
Gerhard IL,
80, 81, 84
i
25.
Fieschi
138, 177, 196,
198, 243 bis 246, 256.
Gerhard, Propst
burg 85.
Barbarossa,
8,
189,
208,
207,
bis
47.
Bremen 231.
257Friedrich
Romano
v.
III.
235,
256.
Minoriten.
bis 87, 92, 98, 113,
115 bis 172, 174, 175,
j
108,
122.
s.
Friaul 227.
Friedrich I.
!
3,
loi,
Assisi 200, 214,
230,
Kaiser
10 bis 112, 114,
1
Gembloux
'
Veroneser
s.
243,
256,
Viktor IL
slätt s.
Genua, Genuesen 87, 96,
burg 2.
Ernst IL,
Esthlaisd
203.
Gallen 3.
Gebhard, Bisch, v. EichSt.
257.
Herzog von
Schwaben 9, 10, 12.
Gaeta
141,
248,
loo.
Bisch,
Erlurg,
113,
137, 138,
143, 148, 161,
167 bis 169, 171, 176,
178, 180, i8i, 185,
190, 192, 196 bis 2CO,
255,
261
117, 234, 249.
Friedrich
der Freidige,
Markgr.
257Friedrich
v.
Meißen
Lothringen,
v.
Kardinal 22.
Frutolf, Prior v. Michels-
berg
Fulda
3,
3,
85.
24.
lolhringen 28, 29, 32,
34. 37.
Gottfried v. Bouillon.Herz.
V.
Niederlothringen 67.
Gottfried, Graf v.Anjou8i.
v.
Patriarch
,
Aquileja 166.
Gottfried v. Viterbo 86.
Gotthardpaß 234.
Gottschalk, Abotritenftirst
Gottfried
27.
Gratian 106.
Gregor VI., Papst 20, tl.
Register der Orts- und Persoaennamen.
262
Gregor VI!., Papst (Hil
Harzburg 41, 42, 199.
debrand) 2, 4, 21, 22,
33bis35,37, 42bis63,
Heilige
66, 81, 98, 107, 112,
123, 127, 136, 153,
184, 191, 192, 214,
Heinrich
245Gregorianer, gregorianisch
4, 46, 62, 66, 70, 73,
74, 76. 78 bis 80, 92,
123,
94, HO,
127,
155, 240.
Gregor VIII., Papst 168.
Gregor IX., Papst (Ugolino, Kardinalbisch, v.
Ostia)
200,
214
bis
220, 230 bis 232, 235
bis 246.
Gregor von Montelongo,
päpstlicher Legat 251.
Gregor v. Catina 4.
Griechisches Reich, Griechenland,
Griechen,
griech. Kaiser i6, 23,
58, 96, loi, 109, HO,
112,
124, 140, 143,
149, 154, 165,
169 bis 171, 181, 185,
203, 222, 256; s.Byzanz, Konstantinopel.
144,
Grönland 27.
Günther v. Pairis 86.
Guido, Erzb. v. Vienne
Kalixt
II.
235,
Hadrian IV.,
Papst 122
bis 124, 127,128, 134,
166.
Haimerich, päpstl. Kanzler
95Halberstadt 159.
Halinard, Erzb. v.Lyon 20.
Hall, schwäbisch 242.
Hamburg 3,
Hanse 157.
26.
Hartwich, Bisch,
gensburg 121.
Harz
26, 30, 40, 76.
248;
Palästina.
deutscher
L,
König
117.
Heinrich IL, Kaiser 5, 6,
II bis 14, 23, 40.
Heinrich
Kaiser
III.,
8, 9, II,
4,
16 bis 30, 32,
34, 35, 37, 38, 61,
64, 83, 183.
Heinrich IV., Kaiser i,
2,
16,
30
bis 73,
77, 81, 83, 85,
124, 144, 147,
75,
119,
148,
243-
Re-
147 bis 149, 151, 152,
156 bis 162, 164, 167
bis 169,
174, 175,
189,
190, 234.
Heinrich
Herz.
Babenberg,
Bayern, Herz.
v.
V.
V. Österreich 105, 117.
Heinrich, Herzog v. Bra-
bant 175.
Heinrich II. d. Fromme,
Herz. V. Niederschlesien 243.
Heinrich der Erlauchte,
Markgr. V. Meißen 250.
Heinrich d. Jüngere, Sohn
Heinrichs d. Löwen,
Heinrich V., Kaiser 3,
67 bis82,89bis9i, 94,
150, 173, 17S> 230.
Heinrich VI., Kaiser 86,
148, 161, 164 bis 167,
170, 172 bis 183, 186
bis 189, 196, 197, 201,
203, 205, 207, 209,
234, 237, 256.
Pfalzgraf b. Rhein 175,
176, 192.
Heinrich, Erzb, v. Mainz
Heinrich, Sohn Konrads
ni., deutscher König
Heinrich, Vater Konrads
108,
114.
Heinrich (VII.), deutscher
König 197, 206, 207,
210, 212, 213, 227bis
Heinrich Raspe, Landgr.
V.Thüringen, deutscher
Gegenkönig
248
bis
250.
Heinrich I., Kön.
land 78.
Heinrich IL, Kön.
v.
Eng-
v.
Eng-
reich
18,
28.
Heinrich v. Lützelburg,
Herz, V. Bayern 9.
Heinrich d. Stolze, Herz.
V. Bayern 89, 98, loi
105,
113,
100,
114.
Heinrich, Graf v, Schwerin
210.
IL
6.
Heinrich v. Veldeke 161.
Heinsberg s. Philipp.
Heisterbach s. Caesarius.
Hellespont 171.
Helmold, Pfarrer v. Bosau
84,
100,
157.
Helmstädt 77.
Hennegau
86.
Herbord, Mönch v.Michelsberg 100.
105,
117, 140,
v. Salm,
deutscher Gegenkönig
61, 62.
Hermann
Herz.
II,,
Schwaben 9.
Hermann, Landgr.
v.
v.
Thü-
ringen 190, 192.
Hermann, Bisch, v. Metz
56.
Hermann, Bisch,
v.
Ver-
den 144.
Hermann v. Salza,Deutsch-
116.
Heinrich d. Löwe, Herz.
V. Sachsen u. Bayern
84,
108,
Heinrich v. Hohenlohe,
Deutschordensmeister
246.
Hermann, Graf
land 141, 148,160,193.
Heinrich III., Kön. v. England 251.
Heinrich L, Kön. v. Frank-
bis
v.
iio,
232, 234 bis 236.
s.
Guiot V. Provins, Troubadour 161.
Gunhild, Tochter Kanuds,
erste Gemahlin Kaiser
Heinrichs III. 11.
Habsburg
s.
Land
loS,
143,
ordensmeister2i 1,238.
Hermann
d.
Lahme
Reichen au
Hersfeld 62;
l,
s.
v.
3.
Lambert.
Register der Orts- und PcrsonennameD.
Isabella v. Brienne, zweite
Heveller 114.
Hildebrand
Hildegart
Gregor VII.
Bingen 104.
v.
Hildesheim
125.
Hillin, Erzb. v. Trier 1 26.
Hirschau
Hittin
i,
3,
Hohenlohe
s.
Wilhelm.
Holstein 84, 99, 100, 113,
157.
Homburg a. Unstrut 42.
Honorius
II.,
(Cadalus,
Gegenpapst
Bischof
Isle
V.
de France 40.
ital.
Seestädte
65.
V.
Chartres 78.
Jakob, Erzb.v. Capua 224.
Jean de Losne 138,
St.
139-
106.
Honorius m., Papst (Cen- Jerusalem 168, 169, 209,
213, 216, 217, 246.
dus,päpstl.Kämmerer)
186, 206 bis 208, 211, Johannes Vatazes, griechischer Kaiser 256.
213. 215.
Kaiser
5, 7,
Mohamme- Karl
v.
Parma) 35 bis 37.
Honorius II., Papst 96,
d. Gr.,
27.
Karl IV., Kaiser 92.
I. V. Anjou, Kön.
s.
Italien oft;
Ivo
II,
ser Friedrichs II. 232.
daner.
Island 27.
Heinrich.
Karl
dänischer
Gr.,
d.
König
17, 44. 73. "5. 131.
132, 143, 164, 222.
Islam 66;
Holland
Kanud
engL Prinzessin,
dritte Gemahlin Kai-
Isabella,
47, 55.
2,
169.
s.
Cremahlin ICaiserFriedrichs n. 213. 216.
s.
^63
Sizilien 239.
Karmeliterorden 200.
karolingisch
Karolinger
,
5,
186.
21,
Karthäuserorden 92.
Katharer 200.
Kelten 161.
Kiew
65.
Kirchenstaat 79, 123,
147, 167, 175,
186, 187, 194,
208, 215, 217,
247;
s.
134,
182,
198,
218,
Patrimonium
Petri.
Mark- Johaun ohne Land, König Kleinasien iio, 171.
V. England 192, 193.
Klemens H., Papst (SuidHugo Candidus, Kardinal Johann XII., Papst 13.
ger V. Bamberg) 21,
XIX.,
Papst
Johann
13.
22, 48, 57.
22.
Hugo, Abt V. Cluny 52,71. Johannes Codagnellus, No- Klemens HI., Gegenpapst
tar 87.
Hugo V. Flavigny 3.
(Wibert, Erzb. v. RaHumbert, Graf v. Savoyen Johann Parricida 10.
venna) 33, 57 bis 59,
v. Salisbury 137.
Johann
146.
63, 6b.
v. Vicenza, DomiJohann
Humbert, Kardinal 22,
Klemens m., Papst 168,
Hubert
Pallavicini,
graf 256.
nikaner 231, 235.
Johanniter 217.
32. 33. 35III.
Huss
Jordan Pierleoni 106.
Iburg 3.
Ikonium 109, 170, 171.
Dsenburg 84.
Imola 202.
Ingelheim 71.
Innozenz H., Papst 95,
97 bis 99, loi, 103,
105,106,111,153,155.
Innozenz III., Papst (Lothar v.Segni) 57, 136,
183 bis 201, 204, 206,
208, 214, 215, 22t.
Innozenz IV., Papst
nibald
Fieschi)
(Si-
138,
221, 242, 244 bis 248,
250 bis 252, 255, 256.
Irene, Gemahlin Philipps
V.
Schwaben
Irland, Iren 3,
202, 203, 222, 226.
Mutter
Kaiser
Judith,
Friedrichs I. 116.
Justinian röm. Kaiser 112,
130, 224.
K
(5.
auch C).
Kämthen
6, 8, 9, 25, 26,
bis 80,
Kalixt
147.
lU.
155.
,
Gegenpapst
153.
181, 189.
Kamba
Kamil, Sultan
Köln
6.
Ägj'pten
209, 216, 217.
Kximpxuiien 37.
v.
70.
6, 21, 31, 36,
61, 71, 86, 92,
103, 114, 135, 157,
160, 167, 171, 176,
2,
41,
178, 179, 183, 190,
193, 210, 212, 231.
Kolmar
Konrad
50.
deutscher
nig 114.
Konrad
28, 30, 55.
Kaiserswerth 31, 36.
Kalabrien 23, 34, 65, 196.
Kalixt II., Papst (Guido,
Erzb. V. Vienne) 78
137,
Isaak Angelos
griech.
Kaiser 170. 181.
,
Juden 66, 67, 95, 96, 108,
174-
Koblenz
bis
I.,
II.,
Kaiser
17,
19,
25,
34. 38. 39, 89,
Konrad III.
König 82.
,
Köi,
5
30,
"4-
deutscher
85, 94, 99,
103 bis 115, 120, 130,
144, 148,
175. 207.
162,
170,
deutscher
Konrad IV.,
König 216, 232, 234,
244,
256.
248,
249,
252,
Register der Orts- und Personennamen.
264
Konrad,
Sohn Kaiser
Heinrichs IV., deutscher König 42, 51,
64 bis 67, 124.
Konradin, Herz. v. Schwaben 256.
Konrad d. Rote, Herz.
V. Lothringen 6.
Konrad d. Jüngere, Herz.
V.
Worms,
then
6,
5,
Bayern
28, 29.
v.
Maso-
vien 211.
Konrad, Pfalzgr. bei Rhein
118,
16, 96.
176.
v.
Wettin, Mark-
graf
V.
Meißen 99.
den Kreuz-
(in
1
10,246.
Kaisertum
Lateinisches
171. 199.
Lateran, Laterankonzil 33,
76, 80, 97, 98, III,
127,153,184,201,208.
Lausitz 12, 99.
Lautenbach
Salz-
s. Manegold.
Lauterberg (Petersberg) b.
Halle 85, 151, 199.
Lavagna, Grafen v. 244.
Legnano 152,1 54,162,236.
Leitha 11.
Leo IL, Fürst von Ar-
Querfurt, Bisch.
Leo IX., Papst (Bruno,
v.Würzb.,Kan2leri92,
v. Marburg, Ma-
Bisch. V. Toul) 22 bis
Konrad
Witteisbach,
Kardinal, Erzbisch, v.
Mainz, v. Salzburg,
V.
v.
Mainz
142,
191, 192.
189,
Konrad,
Erzb.
v.
153,
menien 171, 181.
burg 93.
Konrad
v.
Konrad
gister 230,
Konrad
231.
Pfaffe ,
Dichter
des RolandsHedes 85.
Konstantin d. Gr., röm.
Kaiser 112, 177.
Konstantinische
Schenkung 23, 124, 197,241.
Konstantinopel 109, 112,
170, 181; s. auch Byzanz, Griechenland.
Konstanz
150.
180,
18, 122 bis 124,
153. 162, 163,
198, 213, 236.
Konstanze, Gemahlin Kaiser Heinrichs VI. 164
bisi6b, 174.175. 177,
179, 187,
203, 256.
188,
197,
24, 34,
106.
d.
Fromme, Mark-
Österreich 85.
Leopold, Markgr. v. Östergr. V.
Kyffhäuser 257.
Lombarden,
,
Lombardenbund
13
35.36, 49, 51.
bis 129,
131 bis 133,
137. «38,
144 bis 147, 149,
152 bis 156, 159,
163, 166, 180,
135,
141,
150,
162,
187,
218,
226,
235, 236,
246, 247,
bis 252, 256.
238,
198,
213,
232,
240,
Lorsch
Lothar
8.
III.
105,
124,
158.
Supplin-
v.
Kaiser
burg,
84,
250
89
77, 82,
102, 103,
bis
117,
127,
120,
122,
144,
157,
Lothar v. Segni
zenz III.
Lothringen
6,
Inno-
s.
7,
14,
9,
28 bis 30,
34, 37, 58. 62,
67, 71, 86, 94, 108,
109.
32.
Lucca 58; s. Anselm.
Lucera 210,
reich,
Herzog V. Bayern Lucius IL, Papst 106.
103,
105,
Leopold
V.,
Lucius III., Papst 1 64, 1 66.
Herzog
Ludwig
V.
Lesum
Worms
Ludwig
Ludwig
IL, Kaiser 124.
VII., Kön. v.
Frankreich 105,
107,
110,
III,
138,
139,
141.
Ludwig IX.
Liemar, Erzb.v.Bremen46.
Ligurien 1 44.
Epos 86.
Limburg a. d. Hardt
113,
11.
1 09.
Liudolf, Sohn Ottos d.
Gr. IG.
Liutgard, Tochter Ottos
d.
Heilige,
Kön.v.Frankreich 251,
256.
Ludwig
Ligurinus,
Gr. 6.
71-
193.
28.
Liegnitz 244.
d.
Fromme, Kaiser
d.
v.
Österreich 176,
Leopold VI., Herzog v.
Österreich 212.
Leopold (Lupoid), Bisch.
Konstanze v. Aragonien,
erste Gemahlin Kaiser Lissabon
Friedrichs II. 204.
Kulmer land 211.
Kurland 211.
Lombardei
16, 22, 26,
Leo, Bisch, v. Ostia 4.
Leo, Bisch, v. Vercelli 14,
Leopold
Livland 199, 210, 211.
Lodi 86,
Lörzweiler 6.
53. 57 bis 59, 64, 81,
87, lob, III, 122, 127
Laon 93.
Lauenburg 157.
Konrad
Liutizen 12.
bis 15,
Laodicea iio.
fahrerslaaten)
v.
Konrad, Herz.
Landulf, JPriester 4.
Langensalza 43.
Langobardische Fürstentümer in Süditalien
Kärn- Lateiner
v.
9.
Konrad, Herz.
Lambert, Mönch v. Hersfeld 2, 38, 50 bis 52.
L,
Herzog
v.
Bayern 212, 227.
Ludwig, Landgr. v. Thüringen 215.
Lübeck 84, 157,
160, i6i,
211.
Lüneburg 160, 232,
Register der Orts- und Personeniuimen.
Lüttich 3, 20, 61, 71, 86,
175-
97. 98,
Lülzclburger
61.
9,
Lukmanierpaß 152.
Luad
Lupoid
Lyon
127.
100,
Leopold.
s.
20,
246 013248,251,
Mähren 17, 244.
Magdeburg 2, 84, 93,
120,
155,
40,
Mosel 183.
v.
103.
v.
4,
Reichersberg,
14 bis 16, 19,
v.
Lautenbach,
Publizist 62,
Manfred, natürlicher Sohn
Kaiser. Friedr IL 256.
Manuel, griechischerKaiser
HO,
140,
143,
112,
149,
Mühlhausen
Mecklenburg 27, 157.
Meinwerk, Bisch, v. Paderborn 2.
Mark 62, 99,
157. 178, 234, 250.
Melfi , Konstitutionen v.
Meissen,
224.
Nahe
222.
122,
154.
192.
Nibelungenlied 162.
Nicaea 109.
Nicetas 169.
Niederlande 99.
Nienburg
60,
I.,
S. 84.
Papst 32, 44,
184.
Nikolaus U., Papst 32 bis
35-
Messina 174, 196, 209.
56,
Michelsberg bei Bamberg
100.
Migniano 106.
Nizza
v. Calvi,
Minorit
12.
Norbert, Erzb. v. Magdeburg 93, 95, 98, 100.
Nordalbingien
AJbert.
84,
192,
199, 211.
Miniato 254.
Minoritenorden (Franziskaner) 200, 214, 230,
S.
Nordheim 77; s. Otto.
Normandie 160.
Normannen, normannisch
242.
Mohammed
a.
Nikolaus
244.
Nil 209.
s.
s.
70.
Nikolaus
Milioli
Böhmen
Naimiburg 62.
Nazareth 216.
Neapel 16, 96, 175, 203,
Merowinger 222.
Merseburg 100.
3.
i.
Gerlach.
4, 16, 23. 24, 30, 34,
35. 37. 45. 46. 59. 64,
65. 77. 82, 96, 109,
122, 141, 170, 173,
Mittelraeer 181, 215.
36, 42, 53.
109,
Moslem 203.
Mossul 107.
Mauren 220; s. Araber,
Neuß
Mohammedaner, Sara-
Metz
85.
Neckar 55.
Neuburg b. Hagenau 86.
247, 255.
zenen.
236, 237, 256.
Main 55, 119.
Mainardino, Bisch. v.Imola 202.
Mainz 3, 6, 66, 67, 70,
71, 77, 82, 89, 92,
103, 108, 114, 140,
142. 153. 155. »6«.
168, 189, 191 bis 193,
232, 233, 236, 250.
Mancgold
154. 163,186,189,194.
Sachsen
Acerbus, Otto.
s.
Morimond
l^fatthäus V. Paris 88, 244,
34. 35. 42. 47. 48.
64, 87, 94 bis 96, loi,
122, 128, 129, 133,
136. 137. 140. 145.
M9. 152. 153. »66,
Mantua
Mathilde, Tochter Kön.
Heinrichs I. v. England, Gemahlin Kaiser
Heinrichs V. 78, 82.
Mathilde, Gräfin v.Tus^ien
100,
Priester 169.
Mailand
Morena
48, 51, 52, 58,
59, 64, 67, 77.
Mathildisches Gut 94, 98,
105, 117, 147. 153.
157.
Magnus, Herz.
Magnus
Marseille 203.
Masovien 211.
4, 28,
256.
Mäandertal 109.
265
241.
Mohammedaner
109, 161,
199, 203, 210, 216,
217, 220, 222; s. Araber,Mauren ,Sarazenen.
179,
181,
187,
188,
Marangone s. Bernardo.
190. 196, 202, 203,
Marbach i. Elsaß 86, 178.
205, 220,221,225, 226.
Marburg i. H. 230, 236. Molömes s. Robert.
Nortbert, Abt v. Iburg 3.
Margarethe, Gemahlin Kö- Mongolen 243, 244.
Norwegern 1,123,137,157
nig Heinrichs (VII.) Mon reale b. Palermo 186. Nürnberg 94. 1 18.
212.
Mons I. Gislebert.
Nureddin y. Mossul iio.
Margarethe,TochterKaiser
Friedrichs
II.
250, 257.
Marianus Scotus 3.
Mark ward von An weiter,
Herz, von Ravenna,
Markgr. von Ancona
186, 187.
Mont Cenis
51.
Monte, Castel del 223.
Montebello 149, 150, 154.
Montecassino 4, 60, loi,
203.
Montegiovanni
zane) 52.
(Monte-
Odilien 86.
Odo, Graf v. Champagne
St.
12,
15.
16.
Österreich 70, 85, 94, 103,
117, 176, 212, 234,
344, 249.
.;
Register der Orts- und Personennamen.
266
Ogotai, mongolischer Groß-
khan 244.
Oktavian, Kardinal
s.
Vik-
IV.
tor
s. heil. Land.
Palermo 37, 96, 177, 181,
Palästina 202;
182,
196,
203,
204,
256.
Oppenheim
Pallavicini
50.
Hubert.
s.
Ordulf, Herz. v. Sachsen
28. 40.
Orient 46, 66, 137, 169,
171, 172, 174, 176,
181, 182, 191, 209,
216, 226, 256.
Paris
Orkney in sein 27.
Osnabrück 3, 62.
67, 73 bis 78, 97.
Paschalis III., Gegenpapst
Ostia 4, 63, 200, 214.
Ostsee, Ostseeküste, bal-
Passau 169, 240.
Meer
tisches
11,
157,
210, 211.
Otto
6, 13, 21,
II.,
5,
47,99. 100,
131,
119,
192.
Otto
Kaiser
d. Gr.,
I.
158,
164,
Kaiser 10.
OttoIII., Kaisers, 32, 100.
Ottonen, ottonisch, 2, 7
bis 9, 21, 26, 32, 39,
40, 72, 8f, 83, 126.
Otto rV., Kaiser 85, 87,
158,
176,
188,
189.
190 bis 199, 201, 204,
243.
Otto von Nordheim, Herz.
V. Bayern 30. 39, 40,
41,
50, 54,
61,
159.
Ottov. Witteisbach, Pfalzgraf, Herz. V. Bayern
129, 135, 160.
Otto d. Erlauchte, Herz.
124,
V.
Otto
Bayern 249.
V.
Wittelsbach, Pfalz-
graf V. Bayern 194.
Otto, Bisch. V. Bamberg
IOC.
Otto, Bischof V. Freising
85, 86, 91, 107, 109,
120, 121, 133.
Otto Morena, Pfalzrichter
87.
Otto, Mönch in S. Blasien
85. 151.
Paderborn
i, 3,
84, 151,
160.
Padua
Pairis
87,
i.
140.
Oberelsaß 86.
III,
125, 241;
s.
Matthäus.
Parma
8, 35, 36, 87, 240,
252, 253, 256.
Partenkirchen 151.
Paschalis II., Papst 66,
139, 142 bis 144, 146.
Pataria 35,
III.
47,
Patrimonium
48,
Petri
64,
22,
143, 144, 153, 186,
187, 238, 247; s. Kirchenstaat.
Paul, Chorherr v. Bem-
Pavesen 14, 15,
21, 136,145,146,152.
Pegau b. Merseburg 84.
Pavia,
Pelagius, päpstl.Legat 208.
Pentapolis 194.
Perugia 58, 201.
König
v.
Ungarn
29.
17,
Peter Pierleoni;
s.
Ana-
Capoccio
licher
päpst,
Kardinallegat
255Petrus Damiani, Kardinal
33, 42, 43, 73.
Peter
v.
Vinea, Großhof-
richter 203, 224, 253,
254Peter Abälard ill.
Petrus Crassus 63.
Petrus Diakon 4.
Peter v. Eboli 86.
Philipp von Schwaben,
deutscher König 181,
188 bis 195, 234.
König von
Philipp I.,
Frankreich 71.
Philipp II. August, Kön.
von Frankreich 176,
196,
198,
199.
160,
päpstlicher Legat 251.
Philippopel 170.
Piacenza 21, 65, 66, 87,
130, 256.
Piemont 133, 137, 163.
Pierleoni, Familie 95, 106
s.
Peter.
Pilgrim, Erzb. v.
Köhi
6.
Pippin, fränk. König 124.
Pisa, Pisaner 87, 96, 99,
loi, 138, 144, 177,
195, 196, 243.
Plantagenet 82, 141, 180.
Po
130,
52,
Pöhlde
a.
Harz 84.
Poitou 19, 190.
Polen 12, 46, 100, 118,
243100, 118, 161,
211.
Ponte Mammolo 75.
Poppo, Abt V. Stablo
2.
Portugal, Portugiesen 78,
109.
Pozzuoli 216.
Prämonstratenserorden 93.
Prag
3, 86, iii, 144.
Praxedis (Eupraxia), zwei-
te
klet II.
Peter
Heinsberg,
Köln
167, 168, 176.
Philipp, Bisch, v. Ferrara,
Pommern
ried 2.
Peter,
Philipp von
Erzb. V.
Gemahlin
Kaiser
Heinrichs IV. 65.
Pr^montre 93.
Preußenland 211.
Hevellerfurst
Pribislaw ,
114.
Provence 45.
Provins s. Guiot.
Pseudoisidor 27, 44, 106.
Pyrenäen 105.
Querfurt
R.ahewin
s.
Konrad.
83, 86, 131.
Viterbo, Kardinaldiakon v. S. Maria
in Cosmidin 246, 247.
Rainer
v.
Rainulf v. Alife, Herz,
v. Apulien loi, 105.
Rainulf v. Aversa 16.
s. auch Rei
Rai
—
Raspe
—
s.
Heinrich.
.
;
Register der Orts- und PersonennameD.
Ratzebarg 27.
Ravenna, Ravennaten
57,
8,
loi,
63,
Roger n., Kön.
7»
126,
Wibert.
Ravenna, Herzogtum 1 86
Exarcbat 194.
Regen, Fluß 70.
252, 255;
s.
Regensburg 69, 85, 89,
94, 97,
121, 249.
Reggio (Emilia) 87.
Reichenau i, 3.
Reichersberg
s.
Gerhoh,
in Lüttich
86.
Reinhardsbrunn 85.
Rei
s. auch Rai
—
—
Rekuf)erationen 187, 194,
217, 238.
Rense 191.
Rheims
114.
Rhein, Rheinland, NiederMittelrhein,
rhein ,
Oberrhein 29, 41, 66,
70, 76, 77. 99.
176, 178, 188,
199,
228,
248,
"8,
192,
250.
Rheinfelden 76 s. Rudulf.
Rheinpfalz 118, 176.
Richard Löwenherz, Kön.
;
V.
England 174, 176,
177, 180,
191, 211.
Richard
v.
181,
165, 175,
221, 224.
Roger
v.
112
109,
123,
179,
Wendower
Roland, Kardinal
xander in.
v.
s.
Padoa
190,
Aversa, Fürst
31, 39 bis 42, 44, 45,
124,
202,
48
88.
87.
22,
!
24, 27, 32 bis 36, 42,
44. 46 bU 51, 53, 57,
59, 61, 64, 66, 75,
77, 78, 80, 95 bis 97,
100, 105, 106, III,
112, 120, 122 bis 124,
126 bis 128, 131, 134,
135. 138, 143 bis
147, 148, 153,
156, 163, 175,
193 bis 195, 198,
207, 231, 237,
145,
155,
187,
200,
243,
Römisches Recht 63, 122,
130 bis 132, 221,
224.
58,
138,
186,
144,
187,
163,
240, 252, 255.
Romano s. Ezzelin.
Roncaglia, roncalische Beschlüsse 130 bis 134,
149,
213,
138,
150,
156,
162,
238, 239.
Rosenfeld (Harsefeld
Stade) 84.
Rotenburg
Ronen
s.
I
I
114,
117,
125,
143,
147,
160,
156,
157,
192.
159,
198,
176,
256.
Sächsischer Annalist 84.
Saladin, Sultan 169, 170,
182.
I
I
Saleph 171.
Salemo
Salier,
16,
Name
Salimbene
Salisbury
Salm
s.
Salza
s.
23, 60.
7; sonst oft.
v.
s.
Adam
87.
Johann.
Hermann.
Hermann.
Salzburg 89. 93, 120, 137,
142, 148, 153.
246, 247.
Romagna
50,55,56,61 bis
bis
63. 70, 77, 82, 84, 85,
89, 91, 94. 98, 99,
102 bis 104, 108, 113,
Ale-
Rom,Römeri3, 20 bis
Reinald, Herz. v. Spoleto
217, 218.
Reinald v. Dassel, Erzb.
V.Köln 86, 125 bis 146,
155,156,180,237,238.
Mönch
114,
Rolandin
Magnus,
Reiner,
108,
106,
bis
Sabina, Bistum 20.
S. Sabina s. Thomas.
Sachsen 2, 6, 26, 28, 30,
v. Sizi-
99 bis 102, 105,
lien 96,
267
b.
Friedrich.
141.
Samland 210.
Saone 138, 139.
Sarazenen 210, 225; s.
Araber, Mauren, Mo-
hammedaner.
Sardinien 45, 147, 237.
Savonarola ili, 231.
Savoyen 146, 256.
Schauenburger 99, 113.
Schlei II.
Schlesien 118, 244.
Schottland, Schotten 3,
1 1.
Schwaben, schwäbisch i,
6,9. 10,25,30,40,54,
55, 62, 67. 76, 84, 86,
Capua 34, 37.
Rudolf von Habsburg,
89, 94, 103, 113,115,
Richard, Abt v. St. Vannes
deutscher König 235.
118, 125, 148, 159,
2.
Rudolf m., König von
180, 189, 206, 234,
Richard v. S. Germano,
Burgund 12.
249.
Notar 87, 209.
Rudolf von Rheinfelden, Schweden 100, 127, 157.
Richenza, Gemahl. Kaiser
Herzog v. Schwaben, Schweiz 12, 118.
V.
Lothars IIL 91.
Gegenkönig 30, 55 bis
Robert Guiscard, Nor58.
mannenherzog 23, 34, Rudolf IV., Herzog von
Österreich 118.
37.46,58,59.96, 181.
Rügen ICD, 210.
Robeit v, Moltoes 92.
Roger I., Graf v. Kala- Rußland 45,65, 157,343.
brien u. Sizilien 37, Ruthard, Erzb. v. Mainz
65, 66, 96.
66, 70.
Schwerin 210.
Selenhofen s. Arnold.
Sens III.
Serbien 170.
Sicard, Bisch, v.
87.
Sidon 216.
Siegburg
2.
Cremen»
Register der Orts- und Pcrsonenaamen.
268
Siegfried
Erzb.
III,,
v,
Mainz 250.
Siena 58, 123.
Sigebert v. Geinblouz 3,47.
Sigihard, Graf v. Burgbausen 69.
Silvester II., Papst 23.
Silvester III., Papst 20, 2 1,
Simon v. Tournay, Prof.
in Paris 241.
Sinibald Fieschi s. Innozenz IV,
Sizilien
16,
34, 37, 40,
65, 66, 87, 96, 97,
lOi, 109, 112, 113,
124,
138,
129,
135,
141,
140,
Tancred, Kön. v. Sizilien
86,i74b.i77,i8i,i88.
Tarent loi,
Templerorden 217.
Temudschin
Dscbin^iskfaan,
Mongolenberrscher 243,
Terra di Lavoro, sizilische
Provinz 16, 196,
Tbaddäus
143,
Thomas
I45,i54bisi56,i64bis
166, 172; von da ab
Skandinavien 27.
Slawen, Slawenlande, Slawien 32, 84, 93, 113,
117,
161,
157,
192,
199.
Spanien
141,
137,
45,
Speyer
11, 71, 76, 108,
190, 192, 194, 198.
Spoleto, Herzogtum 25,
147, 186,
194, 217.
Stablo 2, 113.
117,
187,
Stade 85, 242,
Stauter oft.
Stedinger 231.
Stefan II., Papst 138.
Stefan IX„ Papst 32, 34,
35-
Steiermark 160, 234.
Steterburg 85.
s.
v.
Klemens
Supplinburg
Susa 146,
s.
Becket, Erzb.
148,
v.
77,
v.
176.
Kar-
Capua,
v, Gaeta 203,
Thüringen 26, 41, 55, 58,
85.157. 190.192.215,
230, 248, 250, 257,
Tiber 59, 144,
Tilbury s. Gervasius,
Thüringer Wald 40,
Tortona 122,129,146,154.
Toul 22.
Toulouse 137.
Tournay s, Simon.
Transalbingien 1 1 7,
Mark
213, 231,
240, 251.
Tribur 31, 50, 51.
Trier 3, 62, 8b, 97, 103,
114,126, 164,166,168.
Troisfontaines 88,
Trond
Sutri 21, 54, 59, 123;
4,
s.
Bonizo.
Syrien iio, 169, 172, 181.
Tageno, Domdechant
Passau 169.
v.
Papst (Erzb,
Mailand) 1 66 bis 1 68.
Ursperg 86, 151,
III.,
4,
Vatazes s, Johannes.
Venedig, Venezianer 96,
loi,
140,
147, 187,
194, 254, 255.
Tyrus 169,
149,
Verden 7, 144.
Verdun 86,
Verona, Veroneser Bund
146, 164,
235, 240, 247,
249, 250.
Veroneser Klause, Etschklause 124, 213.
145,
140,
166,
Vezelay 107,
Vicehn, Priester 100.
Vicenza 140, 231, 235.
Vienne
76,
78.
Viktor
II.,
Papst (Geb-
hard.
Bisch,
v,
Eich-
stätt)
24, 25, 30, 32.
Viktor III,, Papst (Desi-
Abt
,
(Oktavian,
v.
Monte-
Gegenpapst
Kardinal)
135 bis 140.
v,
175.
144,
189,
145,
154. 155Vercelli 14, 2 $6.
Viktor IV,
28 bis 30, 48,
138,
Vaganten 89,
Vannes 2.
St,
cassino) 60,
59,64, 101, 102, 117,
123,
169, 245,
147,
Urban
derius,
3.
13, 20, 22,
Tuszien
fco,
135,
Tuikomanen 171,
Tuskulum 144; Grafen
II.
26,
63 bis 65, 97, 107,
Troubadours 88, 161,
Türken 109.
Bamberg Turin 38, 252.
Lotbar,
18,
17,
nalbischof v, Ostia)
Straßburg 86.
Suessa s. Thaddäus.
Suidger, Bisch,
11,
28,
7.
Thomas
St,
Stormarn 99.
Ungarn
Uiban n., Papst (Kardi-
dinalpriesier v, S. Sa-
Treviso,
Bam-
v.
5.
252,
bina 203.
199,
222, 231.
Geistl,
berg
v.
Canteibury
Thomas
Ulrich,
Groß-
Tbeodora, Gemahlin Herz,
Heinrichs v, Österreich
117.
Ulrich, Bisch, v. Halberstadt 159,
29, 31, 45, 66,
100, 109, 118, 137,
170, 230, 243, 244,
247,
253.
Tbasselgard, Graf
137,
oft,
v, Suessa,
hofrichter
Ugolino, Kardinalbij!ch,v,
Ostia s. Gregor IX.
145,
193,
Vinea
s,
Peter.
Vinzenz, Domheir
. Prag
86,
Vinzenz
v, Beauvais 88.
Viterbo 86, 143, 223, 246,
251Vittoria, Lagerstadt vor
Parma 252, 256.
Register der Orts- und Personetmimen.
Wenden
Vogelweide s. Walter.
Vogtland Il8.
Waimar, Fürst
16,
v.
Wendenlande Wilhelm, Abt
,
27, 108, 113, 157, 160.
\irahlstattb. Liegnitz 244.
Salerno
Wendower s. Roger.
Wenrich, Scholastikus
I.,
von
Waldemar II., König v.
Dänemark 192, 199,
Böhmen 234, 248.
Weser 99, 113, 125, 231.
210, 211.
Waldenser 200, 242.
Walram, Bisch, v. Naumburg 62.
Westfalen 143, 160, 167.
Wettin, Wettiner 99, 257.
Walter
v. d.
88,
161,
Vogelweide
189,
197,
198, 212.
Wartburg 190.
Wazo, Bisch, v. Lüttich
20.
Herz.
40, 55, 64, 67.
Weif VI., Herzog
117,
159,
175,
105,
138,
180.
147,
Weif Vn., Herzog
144,
14,
199, «32.
v.
Osna-
brück 62.
Wien
234.
Wilhelm, Graf v. Holland,
deutscher Gegenkönig
250.
Wilhehn
Wilhelm
zilien
40, 67, 84,
85, 102, 103, 115 bis
117, 148, 158, 176,
180, 188, 189, 190,
198,
Bisch,
zilien
147.
Weifen
Stablo
Wibert, Erzb. v. Ravenna s. Klemens III.
Wichmann, Erzb. v. Magdeburg 120, 155.
Wido, Erzb. v. Mailand 35.
Wido,
. Käm-
then 28, 29.
Weif IV., Herz. v. Bayern
113,
v.
121.
113,
Wido, Bisch, v. Ferrara 62.
Weingarten 84.
Weinsberg 105.
Weif m.,
Abt
Wibald,
I.,
Kön.
v.
143,
164,
174,
Wilhehn m., König
v.
Sizilien
77.
V., Herzog
Andres
v.
Hirschau
47.
I,
6.
Witteisbacher 1 60; s. Konrad, Erzb. v. Mainz;
Otto.
Wladislaw, Kön.
men
y.
Böh-
118.
Wolfhere, Domhen von
Hildesheim 3.
Wolfram v. Eschenbach
162.
Worms
bis
6,
7,
50.
10, 41,
57,
76,
48
79,
193. 227-
Wormser Konkordat
102,
79,
90, 97, 98,
107, 120, 164,
166,
194.
80,
89,
Würzburg
142,
191.
2,
28,
141,
147,
148,
153,
Si-
123, 124, 135.
U., Kön. v. Si-
181.
Wilhelm
2,
Wipo
König
v.
220.
Wilhelm, Abt
v.
Trier 62.
Wenzel
23.
269
von
Aquitanien 14, 19.
Xanten
93.
Zähringen
s. Berthold L,
Berthold 11,
Zenki s. Emadeddin.
Zisterzienserorden 92, 93,
106, 142.
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Geschichte des Alten Orients
Griechische und römische Geschichte
i.
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Der Hellenismas und die römische
Kaiserzeit
Politische Geschichte Dentschlands
im
Mittelalter (in drei Teilen)
Politische Geschichte Deutschlands von
1517 bis 164S
Politische Geschichte Deutschlands von
1648 bis 1806
Politische Geschichte Deutschlands von
1806 bis 1870
Politische Geschichte Deutsehlands von
1870 bis zur
Gegenwart
und Wirtschaftsgeschichte Deatschl. im Mittelalter
in der Neuzeit
Brandenburg -Preußische Geschichte
Österreichische Geschichte
Rechts-, Yerfassnngs-
—
Geschichte Frankreichs
Englische Geschichte
Geschichte Italiens
Das Papsttum
Die slavischen Staaten
Die Staaten des Islam
Die Vereinigten Staaten von Nord-
amerika
Geschichte Ostasiens
Die europäischen Kolonien
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Kölns gestatten es dem Verfasser, wichtige äohlUsse auf die Entstehung and Entwicklung
der Ministerialität Aberhaupt su ziehen.
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Ursprung und Entwicklung
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VIII nnd 99 S. Geheftet M. 3.40.
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Die Entstehung und Weiterbildung der Dorf- und Vo^brigkeit in ihren ineinandergreifenden Kompeteuzen wird allseitig beleuchtet und in ihrer verfassungsgesohicbtliches
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Adam
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_
VIII und 135 Seiten.
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Textkritisohe Erlänterungpn «nr HaraAns dem Inhalt: Adam und sein Werk.
Tabeilarischa
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bnreisrhen Kirchen icescbichie.
Übersicht dei von A. v. B. benutzten Quellen.
—
—
—
des Reichstages im XV. Jahrhundert
ZurVonGeschichte
Rudolf Bern mann.
Dr.
Der
nnd
gr.
8.
viii
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96 s.
Geheftet M.
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Inhalt: Die drei Kurien und ihr Verhalten zum Oberhaupt. Proposition und Abschied.
päpstliche Legat und die Fremden auf dem Keichstage. Festsetzung des Reichstages
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•
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