':>X<:-.i,',>,',.'\< Mm^mi'^'^^ Hh: L ÖBOliaiTSWISBIJOIAfn !kmn,llt K.HA1PE Deutsclie KaisergescMclite im Zeitalter der Salier Verlag von Quelle H. h nnd Stanfer U^^vi- txi i.«} ^ä«^ |.-if -: ' '• '-- - :•'-, > .""",•' V'".- , ' // V -.iJ' '*;''r'. -','*. f,* 'ä' '" y,-: '•.c-'.'-a-'. 'i-7' '- n • A-^ V '.Mm >• ^ "Vir, -' ' j'-^^^.'^ft^ÄyJl ^ i> 4«: f>^' /» t ' L Bibliothek der Geschichtswissenschaft Herausgegeben von Professor Dr. Erich Brandenburg Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer Hampe Karl o. Professor in Heidelberg m iiM"^ 1909 Verlag von Quelle & Meyer in Leipzig Alle Rechte vorbehalten Druck von C. G. Naumann, Leip2ig. Meiner Frau Lotte gewidmet Vorwort Dies Buch möchte nicht nur beleliren, sondern aucli anregen, auch gern gelesen sein. Ich versuchte, viel unnützen Ballast, der in den landläufigen Lehrbüchern mitgeschleppt wird, über Bord zu werfen, um dafür dem Wesentlichen und Lebensvollen, soweit das auf beschränktem Räume möglich ist, Sollte mir das einigermaßen gezu seinem Recht zu \'erhelfen. lungen sein, so würde ich mich über einzelne Irrtümer und Versehen, die gewiß nicht fehlen, trösten und wäre für ihre Aufzeigung Der gewählte Titel soll andeuten, daß hier, wie es im dankbar. Plane dieser Sammlung liegt, nicht ein Gesamtbild der deutscheu Geschichte in der salischen und staufischen Epoche erwartet werden darf, sondern daß im Mittelpunkt der Darstellung durchaus die staatliche Entwicklung steht, in der die führenden Persönlichkeiten ja ganz anders hervortreten, als etwa in der verfassungsrechtlichen und wirtschaftlichen, deren Schilderung anderen Bändchen vorbehalten ist. Daß ich diesen Zeitraum zuerst behandelt habe und nicht etwa das frühere deutsche Mittelalter, das, wie ich hoffe, folgen soll, beruht auf persönlichen Ursachen. Die Überweisung auch der Ottonenzeit, die rein sachlich die natürliche Grundlegung für die vorliegende Darstellung abgegeben hätte, an das erste Bändchen erklärt sich lediglich aus Rücksichten einer gleichmäßigeren Raumverteilung; Bedeutung und Fülle der Ereignisse während der Hochblüte des deutschen Mittelalters haben ohnehin den zugemessenen Umfang schon etwas auf Kosten der früheren Epoche überschreiten lassen. Bei den Literaturangaben habe ich mich grundsätzlich auf die wertvolleren Schriften beschränkt; für bibliographische Zwecke steht ja neben anderen Hilfsmitteln die Quellenkunde von Dahlmann-Waitz zur Verfügung. Auch hier galt es t^ben das Wesentliche herauszuheben. Nur wo es sich um neuere Forschungsergebnisse handelt, sind gelegentlich auch minderwichtigere Aufsätze und Dissertationen zum Beleg angeführt. Die den beiden Hauptabschnitten vorangeschickten Bemerkungen über die Geschichts<iuellen sollen nur die notdürftigsten Fingerzeige geben, nicht etwa das Wissenswerte erschöpfen, denn gerade hierfür fehlt es nicht au l>equemen Handbüchern. Auf die Andeutung der wiclitigcreu nicht nur studiert, sondern VI Vorwort. wissenschaftlichen Kontroversen, namentlich soweit sie noch unaus- getragen sind, glaubte ich besonderen Nachdruck legen zu sollen. Eine eigene Stellungnahme schien mir da in der Regel anregender, als ein farbloses Referat der Meinungen daß der angehende Forscher da nicht allenthalben auf die verba magistri zu schwören hat, verEinige ausführlichere Begründungen vorsteht sich von selbst. getragener Ansichten gedenke ich nachzuholen. Und nun verabschiede ich mich von dem Buche wie von ; einem guten Freunde nach gemeinsamer, vertrauter Wanderfahrt bei Lehrenden und wünsche ihm eine wohlwollende Aufnahme und Lernenden. Heidelberg, den lo. Okt. 1908. K. Hampe. Inhaltsverzeichnis I. Die Zeit der Salier. Seite Geschichtschreibung § Konrad I. 11. i — 1039) (1039 — 1056) (1024 5 § 2. Heinrich § § § § 3. 30 6. Das Reich während der Minderjährigkeit Heinrichs lY. (1056 1065) Die Anfänge Heinrichs IV. und Gregors VII. (1065 1075) ... Der Kampf zwischen Heinrich IV. und Gregor VII. (1075 1085) Die Fortsetzung des Kampfes bis zum Tode Heinrichs IV. (1085 7. bis 1106) Heinrich V. und das Ende des Investiturstreits (1106 60 § 4. 5. III. 17 — — — — 1125) ... 37 48 72 IL Die Zeit der Staufer. Geschichtschreibung 8. — bis 84 89 — Lothar von Supplinburg (1125 1137) 1152) § 9. Konrad III. (1138 1157) § IG. Die Anfänge Friedrichs I. (1152 § II. Reaktionäre Politik unter dem Einflüsse Rcinalds von Dassel § 103 I15 — 1167) (i 157 — — Weitere Kämpfe bis zur Beendigung des Schismas (1168 1177) • 1190) . § 13. Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedrichs I. (1178 § 14. Heinrich VI. (1190 1197) I2i6) . . § 15. Innozenz IH. und die deutschen Thronwirren (1198 § 16. Das Emporsteigen Friedrichs IL bis zum Frieden von Ceperano (1230) § 17. Friedrich IL auf der Höhe seiner Macht (1230 1239) § 18. Der Entscheidungskarapf zwischen Kaisertum und Papsttum (1239 § 12. — — — bis 1250) .... 125 14" 156 172 183 201 220 238 Sachregister 258 Verzeichnis einiger umfassenderer Werke. Quellen: Monumenta Germaniae historica, Abteilung Scriptores (=: M. G.SS.), wenigen Lücken sämtliche darstellenden deutschen Geschichtsquellen den behandelten Zeitraum enthaltend, die daher hier aufzusuchen sind, wenn keine andere Ausgabe vermerkt ist. mit für Scriptores rerum Germanicarum (SS. r. G.), einzelne Schriftsteller aus M. G. SS. in zum Teil erheblich verbesserten Schulausgaben. Wo diese statt der Folioausgabe zu benutzen sind, sind sie unten vermerkt. 2. Aufl. 1S84SI, einzclae Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit, Schriftsteller in deutscher Übersetzung. Verzeichnis einiger umfassenderer Werke. VIII Monumcnta Gcrmaniac historica, Abteilung Lcgcs, liier vor allem Constitutioncs et acta publica impcratorum et regum I, wichtig: Weiland 1893/96 (=M. G. Const.), die Gesetze und Staatsverträge der deutschen Herrscher für die Zeit von 911 1272 enthaltend. Jaff6, Bibliotheca rcruin Gcrmanicarum I^VI i864flF. Daiilmann-Waitz, Quellenkunde der deutschen Geschichte 7. Aufl. hrsg. v. Brandenburg 1906; Ergänzungsbd. 1907. Potthast, Bibliotheca historica medii aevi 2 Bde. 2. Aufl. 1896, zum Aufsuchen der darstellenden GeschichtsqucUen. Watten bach, Deutschlands Gcschichtsquellen im Mittelalter bis z. Mitte d. 13. Jahrh. II 6. Aufl. 1894 und die größtenteils darauf beruhenden, aber fortgeführten W'crkchen von Vildhaut, Handbuch der Quellenkunde z. deutsch. Gesch. I, 2. Aufl. 1906 (zur Einführung wohl zu empfehlen) und Jacob, (^uellenk. d. d. Gesch. (Sammlung Göschen, ganz knapp) I 1906. Vgl. auch die betr. Abschnitte bei Gicsebrecht u. beiGundlach, HeldenDagegen ist der betr. lieder der deutschen Kaiserzeit II 1896, III 1899. .\bschnitt in Meisters Grundriß der Gcschichtswiss. I 1906 von Jansen ziemlich unbrauchbar. Für Italien vgl. Balzani, Lc cronache Italianc II hrsg. V. — medio evo, nel 2. 1900. Aufl. Bearbeitungen: Ranke, Weltgeschichte VII, VIII 1886/87. Lindner, Weltgeschichte seit der Völkerwanderung II, Jahrbücher der deutschen Geschichte (bis 1250) III 1902/03. durch die Hist» K. Akad. d. Wiss. zu München 1862 ff. Die Teile sind unten zu den einzelnen Abschnitten aufgeführt; noch nicht bearbeitet die 50. Jahre in6 90, 1233 25, 1158 Gicsebrecht, Geschichte der deutschen Kaiserzeit II V (bis 1181); da» Werk erschien seit 1855, später in neuen Auflagen; Bd. VI 1895 von Kommission b. d. — Simson hrsg. — — fortgesetzt (bis 1 — 190). Nitzsch, Geschichte des deutschen Volkes frieden, hrsg. V. Matthäi II, III 2. Aufl. Lamprecht, Deutsche Geschichte II, bis zum Augsburger Religions- 1892. III 3. Aufl. 1904 06. Gerdes, Geschichte des deutschen Volkes u. seiner Kultur i. Mittelalter II 1898, III demnächst erscheinend. Hauck, Kirchengcschichtc Deutschlands III 3. u. 4. Aufl. 1906, IV 1903. Richter-Kohl, Annalen der deutschen Geschichte im Mittelalter usw. III,. I, 2 1890/98 (bis 1137). Gcbhardt, Handbuch der deutschen Geschichte I 3. Aufl. Waitz, Deutsche Verfassungsgeschichte, namentl. V u. VI hier Bd. IV, V. Geschichte Davidsohn, Aufl. — 1893/96. — IV 1868 74. zur Reichs- u. Rechtsgeschichte Italiens I Geschichte der Stadt Rom i. Mittelalter 5. Aufl. 19035., Ficker, Forschungen Gregorovius, 1906. 2. v. Florenz I, II, i, 2. 1896 — 1908. I. Die Zeit der Salier. Die 6eschlehtsehr«ibunf , noch ausschließlich lateinisch und in den HSnden der Mönche und Weltgeistlichen, wächst beständig an Umfang, an Weite des Gesichtskreises, an geistiger und sprachlicher Gewandtheit. ZuWipo's Leben nächst bleibt auch die Ruhe der vorigen Epoche bewahrt. Kaiser Konrads IL (SS. r. G. ed. II) ist für diesen Herrscher die wertvollste Quelle, gut unterrichtet, wenn auch nicht ohne höfische Rücksichten, warm, lebendig, künstlerisch, nicht frei von Rhetorik. Daneben kommt für die ersten Salier die reich entwickelte Annalistik in Betracht, meist von unbekannten, wechselnden Verfassern, mit späteren Fortsetzungen, mehrfach in ihrer ursprünglichen Gestalt verloren und nur aus jüngeren Ableitimgen lu erschließen; so die vielumstrittenen Schwäbischen Reichsannalen imd die neuerdings in ihrer Existenz auch wieder bezweifelten gröfierenHildesheimer Annalen (bis 1043; Auszug daraus bis 1040 die Ann. Hild., SS. r. G.), Tor allem aber die größeren Altaicher Annalen (Niederaltaich in Bayern) bis 1073, die, von Giesebrecht aus Ableitungen hergestellt, dann in Abschrift Aventins wieder aufgefunden, für die Jahrzehnte von 1041 ab reiche, verläßliche Nachrichten bieten (SS. r. G. ed. II). Die ähnlich von SchefferBoichorst hergestellten Paderborner Annalen (Ausg. 1870) reichen *bis in die Stauferzeit, bis Über diese, 1144 (1189). wesentlich der Stoffmitteilung dienende, annalistische Form erhebt sich die Chronik Hermanns des Lahmen von Reichenau bis 1054, neben der kurzen, mit ihr auf dieselbe Quelle zurückgehenden schwäbischen Weltchronik die erste erhaltene bis auf Christi Geburt zurückgehende Weltchronik dieser Epoche, durch Genauigkeit und Auswahl bemerkenswert und von 1040 ab auch eine zuverlässige zeitgenössische Quelle. Die Ruhe dieser älteren salischen Reichsgeschichtschreibung wird unterbrochen durch die leidenschaftliche Bewegung des Investiturstreits, der auf lange jede gerechte Würdigung der Zeitereignisse ausschließt, die meisten Geschichtswerke zu Parteischriften macht und ihren Quellenwert mindert, aber auch die Geister aufpeitscht, den Blick weitet, das Urteil schärft, die Individualität der Verfasser stärker hervortreten und überdies die literarische Produktion mächtig anschwellen läßt. Die oft wiederholte Meinung von den verheerenden Wirkungen des Kampfes für die deutsche Geschichtschreibung dürfte daher mindestens einseitig sein. Wird der Wahrheitsinn zunächst von Leidenschaft getrübt, und die Feststellung des Tatbestandes der modernen Forschung erschwert, so sieht man die Dinge dafür nun von ganz verschiedenen Seiten und wird in Denken und Fühlen der Zeit viel tiefer als früher eingeführt. Schon der Schüler und Fortsetzer der Chronik Hermanns von Reichenau Bert hold bis 1074 vermag in den letzten Jahren die ruhige, reichsfreundliche Stimmung nicht zu bewahren; von 1075 80 wird der Ton derart feindselig gegen Heinrich IV., daß man einen anderen Annalisten als Verfasser annimmt. Von demselben Ausgangspunkt (Hermann und Berthold) aus ersählt — Rampe, Deutsche Kaiseri^eschichte. I I. 2 Die Zeit der Salier. Bernold, Mönch in St. Blasien, der sich auch ala Publizist betätigte, die Ereignisse von 1074 iioo weiter, ganz im päpstlichen Sinn, aber wenigstens ohne absichtliche Entstellungen, als ein höchst bedeutsamer Berichterstatter. — Neben gegen Heinrich IV. der Sachsenkrieg von dem Magdeburger Domgeistlichen Bruno, bis Weihn. 108 1 (SS. r. G. ed. II), mai31os einseitig und gehässig, aber nicht nur für die Stimmung im sächsischen Lager, sondern durch die zahlreichen Aktenstücke auch objektiv tritt die süd westdeutsch-kirchliche die sächsisch-partikularistische. Ihr Opposition Hauptwerk ist sehr wertvoll. Mitten zwischen diesen beiden Oppositionszentren steht der Gegend und Richtung nach der Mönch Lambert v. Hersfeld mit seinem Hauptwerk, den Annalen v. Hersfeld, bis 1077 (SS. r. G. Lamperti opera), der in mancher Hinsicht schriftstellerisch glänzendsten Leistung der Zeit, für die — wichtigen Jahre 1073 77 in dem breiten Fluß der Erzählung unübertroffen. Da er sich weder mit den kirchlichen, noch den sächsischen Forderungen ganz identifiziert, ist seine einseitige Parteinahme lange verkannt, und sein Bericht neueren Darstellungen zugrunde gelegt worden. Ranke setzte zuerst mit schärferer Kritik ein (Abh. Berl. Ak. 1854), andere folgten bis zu den einigermaßen abschließenden Untersuchungen von Holder-Egger (Neues Arch. 19 u. Ausgabe). Gewiß ist nicht alles Lüge und boshafte Verunglimpfung, was dieser dafür hält, sondern vieles erklärt sich aus Voreingenommenheit und Parteiklatsch, verbohrter Phantasie und romanhafter Fabuliersucht; immerhin bleibt ein ungewöhnlich geringes Maß von historischem Wahrheitsinn und moralischer Zuverlässigkeit, so daß das glänzende Werk, das durch reichen Stoff und Darstellungskunst nach wie vor einen hervorragenden Platz einnimmt, als Quelle doch nur mit äußerster Vorsicht zu benutzen ist. Die aus dem kaiserlichen Lager stammenden Geschichtsdarstellungen weniger zahlreich und umfassend; manches wird von kirchlicher Seite damals oder später vernichtet sein. Außer den willkommenen, aber nicht eben reichen Augsburger Annalen, bis 1104, führt uns in Heinrichs IV. Anfänge der Sang vom Sachsenkrieg, eine dichterische Schilderung der sächsischen Ereignisse von 1073 75 (SS.r. G.) von unbekanntem, trotz mancher sin^ — Hypothesen nicht ermittelten Verfasser, anschaulich, lebendig und trotz der künstlerischen Form in den Kern der Dinge dringend. Heinrichs spätere Zeit tritt vorwiegend hervor in dem Leben Heinrichs IV. (SS. r. G. ed. III), als dessen anonymen Verfasser man wohl mit einiger Wahrscheinlichkeit Bischof Erlung von Würzburg bezeichnen darf (vgl. Neues Arch. 26 u. 31). Es ist ein schönes biographisches Denkmal, errichtet von einem treuen und kenntnisreichen Anhänger, voll wichtiger Aufschlüsse und treffenden Urteils, immerhin mehr ein leidenschaftlicher, rhetorisch gefärbter Nachruf, als eine ausführliche Erzählung oder ruhige Würdigung. Das Werkchen steht an der Spitze der zeitgenössischen Lebensbeschreibungen. Heinrichs Hauptgegner Gregor VII. hat keine ganz beErst 1128 beschrieb der Chorherr Paul v. friedigende Biographie erhalten. Bernried (a. Stamberger See) sein Leben, mit guter Methode, aber ohne höheren historischen Gesichtspunkt. Auch die älteren geistlichen Biographien der Salierzeit verlieren sich meist zu sehr im Legendarischen, so das Leben des Erzbischofs Anno v. Köln (t 1075) von einem Siegburger Mönch Anf. d. 12. Jahrh. verfaßt, mehr als Vorlage des deutschen Annoliedes, denn als historische Quelle beachtenswert; so auch die Lebensbeschreibungen der Äbte Richard v. St. Vannes und Wilhelm v. Hirschau, etwas reicher die des Staatsmannes Abt Popp ov. S table (11048). Noch in die letzte Ottonenzeit greifen zurück die tüchtigen Biographien des Bischofs Meinwerk v. Geschichtschrcibung. * Paderborn (t 1036), erst nach Mitte des 12. Jahrh. im Kloster Abdinghof mit Humor und Anmut aufgezeichnet, und des Bischofs Godehard v. Hildesheim (t 1038) von dem Domherrn Wolfhere, während die ersten Kampfzeiten den Hintergrund abgeben für die in ihrer schlichten, getreuen Erzählungsweise ungemein reizvolle von dem Abte Nortbert v. Iburg verfaßte Biographie des Bischofs Benno v. Osnabrück, der zwischen Kaisertum und Papsttum klug seine Stellung zu nehmen verstand. Bisher durch Interpolationen aus dem Ende des 17. Jahrh. verfälscht, wurde sie erst 190a von Breßlau in ihrer Urgestalt wieder aufgefunden und herausgegeben (SS. r. G.). Weitaus die bedeutendste Biographie eines geistlichen Herrn aber, die des Erzbischofs Adalbert v. Bremen (f 1072), der Natur liebevoll nachgemalt mit allem Licht und allem Schatten, findet sich, eingefügt in einen größeren Rahmen, in der Geschichte der Hamburger Kirche bis 1072 (SS. r. G. ed. II), die wir dem angestrengten Fleiße, dem umfassenden Wissen und der feinen Kunst des Bremer Domherrn Adam verdanken. Die Persönlichkeit und ihre Schicksale entwachsen hier der eingehend geschilderten Entwicklung der hamburgisch -bremischen Kirche, und indem schließlich das ganze weite nordische Betätigungsfeld Adalberts geographisch, ethnographisch historisch umschrieben wird, ist Meister Adam zu einem Tacitus für die und baltischen Lande geworden. Mit seinem Werke ist schon die bedeutendste Bistumsgeschichte genannt; auch in andern spiegeln sich trotz der regionalen Beschränkung die großen Weltereignisse wieder, so in der von Cambrai bis 1044, Lütt ich bis 1048 und Trier bis iioi (alle drei mit wertvollen späteren Fortsetzungen), oder, geht man noch eine Stufe weiter hinab, auch in der lebensvollen Klostergeschichte von St. Trond (n. w. v. Lüttich) bis 1108 (mit Fortsetzungen bis Mitte des 14. Jahrh.) oder einer guten Fortsetzung der alten Klosterchronik von St. Gallen 1072 1133. — Nach der andern wird der Rahmen der Reichsgeschichte überschritten in den großen Weltchroniken, deren steigende Vollendung in der letzten Salicrzeit das beste Merkzeichen für die Weitung des Blickes darstellt. Die Chronik des Marianus Scotus bis 1082, eines irischen Mönches in Fulda und Mainz, übertrifft die ältere Hermanns v. Reichenau nur erst durch die Genauigkeit der chronologischen Feststellungen; die viel reichere Chronik des Franzosen Hugo v. Flavigny bis 1102 vermag doch den gewaltigen Seite noch nicht eigentlich übersichtlich zu beherrschen. Eben in dieser Hinsicht bezeichnet die Chronik des tüchtigen, für die kaiserliche Sache auch in Streitschriften auftretenden Sigebert v. Gembloux (i. Belgien) bis (mit vielen Fortsetzungen) einen erheblichen Fortschritt, vor allem aber die meisterhaft durchgearbeitete und geordnete Chronik des Priors Frutolf v. Michelsberg bei Bamberg bis iioi, dessen Verfasserschaft erst durch die neueren Untersuchungen Brcsslaus erkannt worden ist (Neues Arch. 21), während dem Abte Ekkehard v. Aura nur noch das Verdienst bleibt, Frutolfs Chronik viermal umgearbeitet und fortgeführt zu haben. Eben diese Fortsetzungen aber bilden für die Regierung Heinrichs V., von dessen Parteinahme Ekkehard sich erst in der letzten Bearbeitung entfernt, die wichtigste Quelle; denn von der offiziellen Historiographie des Schotten David, den dieser Kaiser auf seinem Römerzuge mitnahm, haben wir leider nur aus einigen dürftigen Zitaten Kenntnis. Stoff im Von den Geschichtswerken der Nachbarvölker grundlegende Dagegen böhmische Chronik liefern natürlich die- des Prager Dekans italienischen Quellen sei hier Cosmas für die nur die genannt. Geschichte der A. I. Die Zeit der Salier. Salier reiche Ausbeute, ^enn es auch an umfassenden reichsgeschichtlichen Werken fehlt Die Parteileidenschaft ist hier fast noch wilder, als in Deutschland. Die für die kaiserliche Sache eintretenden Werke des Kardinals Beno und des Bischofs Benzo v. Alba sind lügenhafte Schmähschriften gegen Die wichtige Erzbistumsgeschichte von Mailand ist Ton Erzbischof Arnulf bis 1077 mit maßhaltender Wahrheitsliebe, von dem Priester Landulf bis 1085 dagegen mit blinder Parteilichkeit beschrieben. Auf der Gegenseite steht insbesondere Bischof Bonizo v. Sutri (f 1089) mit seinem der Gräfin Mathilde v. Tuszien überreichten Buch an denFreund, in dem er Gregors Recht durch einen zwar wegen der starken Voreingenommenheit nur mit großer Vorsicht zu benutzenden, aber gerade für die Zeiten Heinrichs III. doch nicht zu entbehrenden kirchenpolitischen Rückblick zu erweisen sucht. Für die Gräfin Mathilde (f 1115) und ganz in ihrem Sinne schrieb auch der Priester Donizo, Mönch in Canossa, in einem bildergeschmückten Codex ihre Lebensgeschichte in Versen, beachtenswert namentNoch viele unbedeutendere Schriften lich für den Vorgang von Canossa. liefern Einzelstoff zur Geschichte des großen Streites. Nicht unberührt davon, aber mehr in sich geschlossen und auf dem sicheren Grunde reicher Urkundenschätze aufgebaut sind die wissenschaftlich unendlich viel höher stehenden Geschichten der beiden großen Reichsabteien: Farfa bis 1125 von Gregor v. Catina und Montecassino bis 1075 von Leo v. Ostia; die Fortsetzung der letzteren bis 11 39 durch den Diakon Petrus aus dem Hause der Grafen v. Tuskulum ist freilich durch Unzuverlässigkeit und Fälschungen arg entstellt. Über das auch für die Reichsgeschichte wichtige Emporkommen der süditalischen Normannen endlich unterrichtet neben andern insbesondere die nur in einer altfranzösischen Übersetzung überlieferte Chronik des Mönches Amatus v. Montecassino (f iioi). die Gregorianer. Neben die darstellenden Geschichtswerke tritt in der Salierzeit eine neue Literaturgattung in den Streitschriften, die alle wichtigen Fragen des kirchenpolitischen Kampfes, Priesterehe, Simonie, Investitur, die päpstliche Machtvollkommenheit, das Verhältnis zwischen geistlicher und weltlicher Gewsdt usw., aus beiden Lagern heraus behandeln, von Geistlichen aller beteiligten Länder zunächst für Geistliche bestimmt, teilweise aber doch auch schon auf indirektes Hinüberwirken in die Laienkreise, auf Gewinnung der öffentlichen Meinung berechnet, zur Schärfung der Geister nicht wenig beitragend, aber auch die ausgleichende Lösung vorbereitend. Eine nahezu vollständige Sammlung liegt vor in den in die M. G. aufgenommenen Libelli de lite imperatorum et pontificum I III 18912.; vgl. Mirbt, Die Publizistik im Zeitalter Gregors VII. 1894 und die betr. Abschnitte in den Jahrbüchern Meyers v. Knonau. — Was Urkunden so sind diejenigen der deutschen Kaiser, noch aussteht, leider noch völlig zerstreut und z. T. schlecht gedruckt, und auch die Regestenübersicht bei Stumpf, Die Reichskanzler vornehmlich des 10., 11. und 12. Jahrh. 1865 ff. Bd. II, an die man sich, da die Neubearbeitung der Böhmerschen Regesta Imperii für diesen Abschnitt noch nicht vorliegt, zu halten hat, ist stark veraltet. Für die Papsturkunden sind zunächst immer zu Rate zu ziehen die die betrifft, da die Diplomataausgabe der M. G. Regesta pontificum Romanorum von Jaff6 -Wattenbach I. II bis 1198 seitdem freilich durch die Forschungen Kehrs um zahlUnschätzbar für die geschichtliche Erkenntnis reiche Stücke vermehrt sind. des Investiturstreites ist die Erhaltung einer von Gregor VII. selbst veranlaßten, mehr als 350 Stücke enthaltenden Auswahl aus seinem Register, von Jaff6 Bibl. II als Gregorii VII. Registrum herausgegeben; keine Quelle 3. Aufl. 1888, die § I. Konrad IT. (1024 — 1039). < so tiefe Einblicke wie diese in das diplomatische Getriebe der Kampfzeit. In viele der genannten Geschichtswerke sind zerstreute Briefe eingefugt. Sorgfältiger gepflegt wird die Brief kunst erst seit dem Ende des il. Jahrb. Von da ab beginnen die wichtigen Sammlungen von unverändert aufgenommenen oder mehr oder weniger zu Formeln verarbeiteten Briefinustem, sogleich für den Ausgang der Salier die höchst wertvolle, in der kaiserlichen Kanzlei eine Zeitlang eifrig benutzte Sammlung des Bamberger Geistlichen Ulrich, der sog. Codex Udalrici bis 1125, mit Zusätzen bis I134, gedruckt in Jaffas Bibl. V. erö£Eaet Von neueren Darstellungen der Salierzeit sei hier aufier den vom genannten umfassenden Werken noch das fleißige, aber in der politischen Auffassung nicht gerade tief dringende Werk von Manitius, Deutsche Ge* schichte unter den sächs. und sal. Kaisem 1889 genannt. Die wichtigeren Monographien sind an ihrem Ort verzeichnet. § 1. Konpad H. (1024—1039). Als das karolingische Weltreich schon ein Menschenalter nach Tode war ob gegenüber Verschiedenheiten und provinziellen Sonderentwicklungen auch nur die Teilgebiete sich in ihrem Bestände würden behaupten können. Durch den Vorsprung nationaler Geschlossenheit brachten es zuerst die östlichen Reichslande zur endgültigen Ablösung aus der karolingischen Monarchie vind zur Errichtung eines selbständigen und einheitlichen deutschen Königtums (911). Aber der Zusammenhalt der auseinanderstrebenden Stämme ward dauernd doch erst gewährleistet, als Otto d, Gr. an dem festgefügten Bau der deutschen Kirche Karls dynastischen auseinanderfiel, es sehr zweifelhaft, Erbteilungsansprüchen, volklichen Gegengewicht vmd Stütze fand und deren Abhängigkeit von seinem Willen auch nach außen hin durch die Beherrschung des Papsttums, zu der die Eroberung Italiens führte, sicherstellte. In den schweren Zeitläuften unter Otto III. bestand dieses Regierungssystem seine Belastungsprobe; nur dem staatlichen Sinne des deutschen Episkopats war es zu danken, daß das Reich in allem Zersich wenigstens ein starkes Fundament bewahrte, auf dem dann Heinrich II. den Wiederaufbau ganz im Geiste Ottos d. Gr. durchführen konnte. fall Als jetzt mit seinem Tode (1024) das Haus der Ottonen ohne daß die Nachfolgeverhältnisse anderweit geregelt gewesen wären, lag trotzdem jeder Gedanke an ein Auseinanderfallen des Reiches völlig fem. Das nie ganz erloschene Wahlrecht ausstarb, wieder in volle Geltung, aber der Erbanspruch des letztregierenden Hauses hatte so tief Wurzel gefaßt, daß ernstlich nur zwei Anverwandte weiblicher Linie, die beiden fränkischen Konrade, trat 6 !• Die Zeit der Salier. Urenkel Herzog Konrads des Roten von Lothringen und einer Tochter Ottos d. Gr., als Kandidaten in Betracht kamen^). Das Herzogtum Kämthen war verloren gegangen; in dieser Linie unter dem Anteil dem letzten Kaiser an dem fränkischen Hausbesitz ältere Konrad^) durch den frühen Tod seines Vaters stark zu kurz gekommen, aber das Erstgeburtsrecht gab ihm den Vorzug. Maßgebend für die Parteibildung war die Stellung zu den großen kirchenpolitischen Fragen. Eine starke rechtsrheinische Partei, namentlich die Bischöfe mit Aribo von Mainz an der Spitze, entschied sich für den älteren Konrad, weil sie von ihm keine Fortführung der kirchlichen Reform Heinrichs H. erwartete. Eine Minderheit: die lothringischen Herzoge mit dem Erzbischof Pilgrim von Köln setzten als Anhänger der Reform ihre Hoffnung auf den jüngeren Vetter. Über die eigentliche Wahlhandlung auf einer Grenzebene zwischen den Gebieten von Mainz imd Worms^) hat man sich früher nach dem durch Uhlands dichterische Umschreibung volkstümlich gewordenen Bericht des Augenzeugen*) Wipo falsche Vorstellungen gemacht; denn er zeigt mehr rhetorischen Aufputz, als bis zum Kern der Dinge dringendes Verständnis. Nicht um ein Aussieben nach dem Grade der Tüchtigkeit und eine Volksentscheidung zwischen den beiden Auserwählten handelte es sich, nur noch darum, die nordwestdeutsche Minderheit für den älteren Konrad zu gewinnen. Wenigstens mit dem Gegenkandidaten selbst gelang das noch vor der Wahl, mit dem Haupte seiner Partei, dem Kölner Erzbischof, bald nach der Krönung; als auch die Sachsen dem Stammesfremden, an den nun das Königtum überging, gegen Bestätigung ihres alten Rechtes huldigten, war die Aner- war der *) Das Verwandtschaftsverhältnis ergibt folgender Stammbaum: Liutgard Konrad d. Rote — Otto Herz. (t Heinrich vor 1000) Konrad (II.) d. Bruno (Papst Gregor Ä. v. Kämthen (t V.) 1004) loii) Wilhelm Kämthen) (Bisch, v. Straßb.) (Herz. v. Worms). Konrad (f (Herz. v. Konrad d. J. Grundlegend und bisher kaum in irgend einem wesentlichen Punkte überholt sind die Jahrbücher des deutschen Reiches unter Konrad II. von H. Bresslau. 2 Bde. 1879, 1884. Alle seitherigen Darstellungen beruhen Von Bresslau ist auch schon bald die Ausgabe der Urkunden in den darauf. ') M. G. zu erwarten. ") Das rechtsrheinische Kamba gegenüber Oppenheim ist nur als LagerDie Wahlebene ist wohl auf platz des schwäbischen Stammes zu erweisen. dem linken Ufer zu suchen, vielleicht bei Lörzweiler, nach Vermutung von Schädel, Mainzer Schulprogr. 1896. *) Lindners Bezweiflung ist gegenstandslos. . § I. Konrad Ö. (1024— 1039). ^ kennung von nahezu ganz Deutschland mühelos genug erreicht etwas später gaben auch die Lothringer ihren Widerstand auf. Konrad war damals ein hochgewachsener, stattlicher Mann Familieneigenschaften, Jugendschicksale vmd pervon 34 Jahren. sönliche Anlagen hatten so vollkommen einheitlich in dieselbe Richtimg gewirkt, daß die geschlossenste und willenskräftigste HerrscherWeit natur des gesamten deutschen Mittelalters in ihm erstand. mehr als die Ottonen und der Durchschnitt der Staufer neigte das salische^) Haus zu schroffer, rücksichtsloser Tat. Konrad selbst hatte als Waise früh und herb erfahren, wie das Recht des Minderjährigen von Verwandtschaft und Kaiser hintangesetzt ward. Bischof Burchard von Worms, bekannt durch seine Kanonensammlimg und die Aufzeichnung seines Hofrechtes, hatte sich seiner Erziehvmg der nicht nicht der Ganz als ein vollsaftiger Laie mit schwertliterarischen Bildung. kimdiger Faust, nüchternem Hellsinn vmd gesundem Kraftgefühl war er emporgewachsen und fand sich nim erstaimlich schnell in den weltumspannenden Aufgaben des deutschen Kaisertums zurecht Jene selbstsicheren, pflichterfüllten Worte, die er gleich auf angenommen; aber einmal für seinen Beruf als kleinerer Herr, im Besitz von Grafenrechten war, bedurfte er seinem Krönimgszuge zu den Fürsten seiner Umgebvmg sprach, abhalten wollten, in diesem Augenblicke auf die Klagen eines Bauern, einer Witwe und einer Waise zu hören, waren ein Regierungsprogramm: Gerechtigkeit für jeden, ohne Rücksicht imd Verzug! So ward er zum Pfleger des Friedens, zum Schützer der Schwachen, zum unbeugsamen Wahrer des Rechts, der an dem Verkauf von Knechten des Bistums Verden, „als wären sie vemunftloses Vieh", Anstoß nahm und den räuberischen Grafen Thasselgard anherrschte: „Ist das der Löwe, der die Herde Italiens verschlimgen hat? Beim heiligen Kreuz des Herrn, dieser Löwe soll nicht femer von meinem Brode zehren" und ihn wie einen geScharfgeschliffene, bilderreiche meinen Verbrecher hängen ließ. Aussprüche und beziehungsvolle Symbole, oft nicht ohne einen grimmigen Humor, wie sie das altdeutsche Recht liebte, waren ganz dazu angetan, ihn volkstümlich zu machen. Welcher Eindruck im Heere, wenn er etwa den Ravennaten befahl, einem namenlosen Krieger, dem sie bei ihrem Aufstande das Bein abgehauen, die Lederstiefel, mit Münzen gefüllt, vor das Bett zu stellen! Es war wohl die höchste Auszeichnung für einen deutschen Herrscher, daß man ihn Karl dem Großen verglich und das als sie ihn Sprichwort prägte: erst „An Konrads Sattel hangen Karls Bügel". Über den Namen, der im Anfang des 12. Jahrh. vereinxdt, hiufiger im 14. Jahrh. vorkommt, vgl. Bresslau II, 519. •) 8 I. Aber das Recht, das für sich und Wucht auch sichtslos Die Zeit der Salier. er andern schützte, sein Königtum in durchgreifend, jeden Widerstand nahm er mit gleicher Anspruch, erstickend stets und rück- da, wo dem Ansehen des Herrscherwillens ernstliche Gefahr drohte, von überwältigender Leidenschaft. Wie jäh zerreißt jene Schilderung des Bamberger Reichstages von 1035, die uns zufällig in einem Briefe der Lorscher Sammlung^) erhalten ist, den Schleier, den die geistliche Berichterstattung sonst über die Wirklichkeit der Dinge gebreitet hat! Als Konrad dort den alten Gegner seines Hauses, Herzog Adalbert von Kämthen, den er des Hochverrats bezichtigte, vom Fürstengerichte entsetzt wissen wollte, und an dem unverhofften Widerspruche seines eigenen Sohnes Heinrich das langvorbereitete Vorgehen zu scheitern drohte, da schwoll dem Kaiser die Leidenschaft so allgewaltig in der Kehle, daß er besinnungslos zu Boden stürzte. Dann, nachdem er zu sich gekommen, scheute der Stolze selbst nicht den Fußfall vor dem eignen Sohne, wies, als er so dessen Herz bezwungen, dem Bischof von Freising, der jenen angestiftet, unter Schmähungen die Tür und wußte zu guter Letzt doch seinen Willen durchzusetzen. So bewegte sich diese ungestüme Rechtswahrung vielfach noch in absolutistischeren Formen, als etwa später xmter dem ähnlich gerichteten Barbarossa; aber hier wie dort wirkte sie in gleicher Weise zum Segen des Staates. Und wie für das wichtige Richteramt, so befähigte Konrads umsichtige, zugreifende Art ihn auch hervorragendem Maße zum Staatsmann und Feldherm. Wenn beim Aufstand in Ravenna unmittelbar aus dem Schlafgemach in das Waffengetümmel sprang, wenn er bei noch größerer Bedrängnis in Parma in rascher Eingebung die Stadt anzuzünden befahl, um seinen draußen lagernden Truppen ein Notsignal zu geben, so kennzeichnen solche Einzelzüge besser als alles andere In beständiger Beseine schnelle und wirksame Entschlußkraft. wegung, ja, wo es darauf ankam, in rasender Eile, tauchte er an allen Enden seiner weitgedehnten Reiche auf, um allenthalben bei der Ordnung der Angelegenheiten das ausschlaggebende Gewicht seiner starken Persönlichkeit in die Wagschale zu werfen. In der innerdeutschen Politik ist Konrad konservativer geDas Verhältnis des wesen, als man wohl angenommen hat. Ottonischen Königtums zur deutschen Kirche wurde von ihm nicht wesentlich verschoben, nur daß er ihr kühler, ohne jeden Anflug in er von mystischer Religiosität, ähnlich wie der erste der sächsischen Herrscher gegenüberstand und *) Inhaltsangabe derselben: sie noch Neues Archiv selbstherrlicher 3, 321 ff. nach dem § I. Konrad II. (1034 — 1039). n Gesichtspunkte seiner politischen Machtinteressen behandelte. Die Ausnutzung der straff festgehaltenen Ernennungen von Bischöfen und Reichsäbten begann bereits als Simonie bei den finanzielle Cluniazensem Anstoß zu erregen. Die eigenmächtigen Eingriffe in das Kirchengut zur Lehensausstattvmg von weltlichen Großen begegneten massenhafter als bisher. Wichtige kirchliche Maßnahmen wvu-den durch die einfache Willenserklärung des Herrschers entschieden, ohne daß er für das innere Leben der Kirche bestimmte Ziele verfolgt oder auch nvu: tieferes Verständnis gezeigt hätte. Der Zug in seinem Verhalten gegenüber den Machtfaktoren des Reiches war die Anerkennung der Lehenserblichkeit in männlicher Linie. Die Erblichkeitsidee hatte bei seiner eigenen Thron erhebung entscheidend mitgewirkt; so sicherte er nach dem Vorbilde der Ottonen seinem Sohne Heinrich schon früh die Nachfolge durch Königswahl und Krönung (1028)*). Er selbst hatte es einstmals bitter empfunden, daß das Erbrecht seines Hauses auf das Herzogtum Kämthen beiseite geschoben ward. So achtete er auch als König die Rechte der Herzoge. Es ist nicht richtig, daß er danach getrachtet habe, ihre Gewalt überhaupt zu beseitigen und eine unmittelbare kaiserliche Herrschaft an die Stelle zu setzen*). Sonst hätte er schwerlich nach dem Sturze Adalberts Kämthen seinem Vetter, dem jüngeren Konrad überlassen (1036) und Lothringen durch Vereinigung seiner Hälften gestärkt (1033). Die Übertragung des durch den söhnelosen Tod des Lützelburger Herzogs erledigten Bayern an seinen Sohn Heinrich (1027), durch die er für sein Haus überhaupt erst ein Herzogtum gewann, war begreiflich genug, zudem ganz in der Bahn des Rechtes imd der ottonischen Politik. Als dann unerwartet die schwäbische Linie des babenbergischen Hauses mit den beiden Stiefsöhnen des Kaisers aus der früheren Ehe seiner Gemahlin Gisela ausstarb (1038), war als deren Sohn Heinrich HL der nächstberechtigte Erbe, für dessen wohl begründete Ansprüche dann bald nach dem Tode des Vaters auch Kämthen frei ward (1039). Diese gewaltige Ausdehnung der Herrschaft des kaiserlichen Hauses über ganz Süddeutschland entsprang also uncharakteristische weltlichen den Rechtsverhältnissen, nicht einer den Laienfürsten planPolitik, und diese xvTißten den strengen Rechtsstandpunkt des Kaisers zu würdigen und ließen sich dafür denn auch die scharfe Betonung ihrer Beamteneigenschaft gefallen. mittelbar voll feindseligen ^) Daß er nicht, wie Giesebrecht meinte, über die Ottonen hinaus nach einer rollen Erbmonarchie gestrebt hat, betont Brcsslau mit Recht *) Diese Annahme Giesebrechts ist ron Waitz, Verüassungsgesch. und vor allem von Brcsslau nachdrücklich widerlegt. lO I. Die Zeit der Salier. Seiner eignen Vergangenheit nach aber fühlte sich Konrad am meisten hingezogen zu den kleineren Grafen imd Herren, ehrte er doch einen ihm befreundeten Grafensohn, der in Rom getötet wurde, dadurch, daß er seine Leiche neben dem Sarkophage Kaiser Und indem er nvm für diese Vasallen Ottos II. beisetzen ließ. den gleichen, aber hier noch keineswegs anerkannten Grundsatz der gewann er an diesem Stande, auf dem Lehenserblichkeit aussprach, ja die kriegerische Kraft des Reiches vor allem beruhte, eine über- aus wertvolle Stütze für das Königtum. Das wurde alsbald von praktischer Bedeutung in den wiederEmpörungen (1025 1030) seines Stiefsohnes Ernst IL von — holten Schwaben. Dieser Familienzwist war ohne alle grundsätzliche Be- Die Sage hat später Ernst mit Liudolf, dem Sohne Ottos d. Gr., verschmolzen, aber ihm fehlte der politische Zug, der jenem auch nach Abstrich kleindeutscher Übertreibungen verbleibt. deutung. In dem Unvermögen, seine Privatinteressen hinter die der Allgemeinheit zurückzustellen, erinnert er vielmehr an Joharm Parricida, dem er auch in Eigensinn, Trotz und Erregbarkeit ähnelt, ohne Das treibende sich freilich zu so verworfener Tat zu verirren. Motiv des unreifen, auch durch die mehrfach bewiesene Großmut Konrads nicht bezwungenen Jünglings war wohl die Durchkreuzung Ansprüche auf Burgund durch den höheren Staatsgedanken des Kaisers. Tragisch und anteilerregend ward sein seiner privatrechtlichen Geschick erst, als §r sich seiner herzoglichen Pflicht zur Voll- streckung der Reichsacht an seinen im Widerstände verharrenden Genossen entschlug und lieber in unerschütterter Freundestreue den ge- meinsamen Untergang erwählte (1030). Der Kaiser aber sah nach dem wiederholten Treubruch in ihm nur noch den Empörer gegen die Staatsgewalt xmd sprach bei der Nachricht von seinem frühen, erbenlosen Tode das bittere Wort: „Bissige Hunde haben selten Junge." Wenn aber diese Empörungen trotz auswärtiger Verbindungen sich deutschen Gefahr auswuchsen, so lag das nicht zum wenigsten an der Stellungnahme der schwäbischen Grafen und Herren, die ihrem herzoglichen Lehensherm die Heeresfolge gegen den Kaiser als den höchsten Schützer ihres Rechtes nie zu einer ernstlicheren weigerten. Schuf Konrad hier durch seine kluge Haltung der Krone schon neue Stütze, so klangen leiser, aber immerhin vernehmlich in seiner Politik Motive der Zukunft an. Zu der für die späteren Salier so charakteristischen Begünstigung der neuen städtischen Entwicklvmg finden sich schon bei ihm bemerkenswerte Ansätze, und das Vorbild seines Erziehers, des Bischofs Burchard von Worms war es vielleicht, das ihn auf die Bedeutung des Ministerialen- jetzt eine § I. Konrad II. (1024 — 1039). H Wissen wir auch nur von der trefflichen Besetzung die er gleich nach seiner Krönung vornahm, so wird er weiterhin schwerlich an der sonstigen Reichsdienstmannschaft achtlos vorbeigegangen sein^), um so weniger, als er ihrer zur VerDenn die waltung des wachsenden Reichsgutes dringend bedurfte. Die kühle Haltung Konrads der Zeit der Verluste war vorbei. Kirche gegenüber fand in einer auffälligen Abnahme der Schenkungen von Reichsgut an sie ihren bezeichnenden Ausdruck. Nur für zwei bedeutendere Stiftungen, die dem Ruhme seines Hauses dienen sollten, stellte er die Mittel bereit, für das noch als Ruine durch Standes hinwies. seiner Hofämter, seine gewaltigen Verhältnisse eindrucksvolle salische Familienkloster Limburg a. Haardt und für die Grabeskirche der deutschen Könige, den nach großartigem Entwürfe von ihm begründeten Speyrer Dom. Im übrigen wußte er durch Rückgewinnungen und Neuerwerbungen in allen Herzogtümern das Reichsgut ansehnlich zu mehren und so auch nach dieser Seite hin die Machtgrundlage des deutschen Königtums auszudehnen. Die im Innern gesammelte Kraft wirkte alsbald nach außen. Auf dem von seinem Vorgänger in vieljährigen Mühen neu gefestigten Grunde hob Konrad das Kaiserreich wieder zu stolzem Ansehen ringsum bei den Völkern. Nach zwei Seiten hin glaubte er den Frieden durch kluges Entgegenkommen sichern zu sollen. An Ungarn wurde nach einem unglücklichen Feldzuge in einem von dem Thronfolger Heinrich abgeschlossenen Vertrage (1031) ein Grenzstreif zwischen Donau, Fischa und Leitha abgetreten. Mit dem gewaltigen Herrscher des Nordens Kanud dem Großen, der zu seinem dänischen und englischen Reiche Non\'egen (1028) und Schottland (1031) gewann und seinen Einfluß auch auf die südschloß Konrad engste Freundschaft, Kanuds Tochter seinem Sohne verband und die deutschen Ostseeküste ausdehnte, liche indem er Gebietsansprüche auf die Eidergrenze beschränkte.^) Hätte er voraussehen können, daß die dänische Großmachtstellung bald nach dem unverhofften Tode Kanuds (1035) zusammenbrechen >\'ürde, so hätte er sich vielleicht spröder gezeigt. Indes auch so war der auf Kosten schwer durchzuführender Ansprüche gesicherte Friede in der Folgezeit von hoher Bedeutung für das Vordringen deutschen Einflusses in Mission und Handelsverkehr. die *) In dieser Einschränkung wird wohl die Auffassung von Nitzsch, Bresslau in ihrer Bestimmtheit und allgemeinen Fassung ablehnt, festgehalten werden dürfen. ^ So wird man nach den Ausführungen von Steenstnip (Danmarks zu Königs Geburtstag, Kopenh. 1900) wohl von der Abtretung einer damals wirklich noch im deutschen Besitz befindlichen Mark zwischen Eider und Schlei zu prcchen. Sydgraense etc., Einlad.-schrift richtiger sagen müssen, als 12 I. Die Zeit der Salier. In Ost und West aber hatte Konrad um so glänzendere Erzu verzeichnen. In Polen kam ihm dabei das Glück zu Hilfe. An dem Genie Boleslaws des Kühnen, der Polen zum mächtigen, selbständigen Königreich emporgehoben hatte, wäre wohl auch er wie sein Vorgänger gescheitert. Da führte der Tod des Gegners (1025) innere Wirren herauf, durch deren kluge Ausnutzung es dem Kaiser gelang, mit den beiden Lausitzen die alte Reichsgrenze zurückzugewinnen (1031) und sogar unter Beseitigung der neuen Königswürde die Lehensabhängigkeit herzustellen (1033). Auch Böhmen gegenüber ward trotz mancher Schwankungen die Oberhoheit behauptet, und die Liutizen wurden aus Verbündeten wieder zu Unterworfenen (1036). Wurden so im Osten die Verluste der letzten Zeiten wieder eingebracht, so gelang im Westen eine Gebietserwerbung, die geradezu den Charakter des Gesamtreiches abwandelte. Nach hundertjähriger Dauer endete 1032 das von Basel bis Nizza ausgedehnte Königreich Burgund als selbständiger Staat mit dem kinderlosen Tode Rudolfs III. Lange vorher hatte die Frage seiner Zukunft folge Welt die beschäftigt. Konrad IL erntete hier nur, was sein Vor- gänger durch Verträge vorbereitet hatte. Aber wenn Heinrich IL als der nächste Verwandte Rudolfs unzweifelhaft die begründetsten Ansprüche hatte geltend machen können, so war es doch selbst nach erlangter Zustimmung Rudolfs (1027) sehr fraglich, ob Konrad, der privatrechtlich hinter andern Bewerbern zurückstand, seine neue staatsrechliche Auffassung, nach der er als Nachfolger in alle Ansprüche des Vorgängers eingetreten sei, zur Anerkennung bringen würde. Der eine jener Bewerber, Ernst von Schwaben, war indes zur Zeit der Entscheidung bereits verstorben, der andere, Graf Odo von Champagne, mußte seinen kriegerischen Widerstand vor der Übermacht des Kaisers bald genug aufgeben (1034). Was bedeutete diese Angliederung eines dritten Reiches für das Imperium? Eine wirkliche Herrschaftserweiterung allerdings nur in den Landen, in welchen allein das schwache Königtum Rudolfs noch Geltung gehabt hatte, in den wenigstens teilweise germanischen ein Zuwachs, der Gebieten der heutigen französischen Schweiz, — im wirtschaftlichen, wie nationalen Interesse imbedingt erfreulich war. Politisch aber war auch die lockere Angliederung der übrigen halbReich wertvoll genug. Denn sie be- selbständigen Teile an das deutete nach dieser Seite eine Eindämmung der Machtentwickelung Italien, wohin vorher und wieder der burgundischen Reichsoberherrschaft im dreizehnten Jahrhundert französische Eroberungsgelüste zielten, und also eine Befestigimg des italischen Besitzes, für die auch die Gewinnung Frankreichs, seine Absperrung seit dem Verfall von § I. Konntd II. (1034— 1039). Ij Die mitteleuropäische der westlichen Alpenpässe belangreich war. Länder\'erbindung, die auf zwei weitere Jahrhunderte den Deutschen die Führerstellung in Europa sicherte, wurde erst jetzt vollendet In kultvu-eller Hinsicht endlich war es von hoher, aber freilich auch zweischneidiger Bedeutung, daß die politische Angliederung dieser Haupt^^•irkungstätten der kirchlichen Reformpartei deren Einfluß auf das Reich ungemein verstärken mußte. Für die Gefahren, die da in einer allerdings noch fernen Zukunft der Staatsgewalt drohten, war Konrad blind, und diese Verkennung bildete den einzigen schwachen Punkt seiner Politik. Er kannte seine fast schrankenlose Macht über die Kirche und imterschätzte daher die Kraft ideeller Strömungen. Indem er auf der einen Seite den Dingen achtlos ihren Lauf ließ und dem weiteren Vordringen der Reformer im Reiche nicht entgegentrat, duldete er auf der andern Seite, insbesondere in Rom die schandbarsten Mißstände, weil sich von solchem Hintergrunde das kaiserliche Ansehen nur um so glänzender abhob. So wuchs das Mißverhältnis zwischen Forderungen und Wirklichkeit zu bedenklicher Spannimg. Das Papsttvun aus dem Hause der Grafen von Tuskulum war nach einer zeitweiligen Hebung durch den Reformeinfluß Heinrichs II. imd die staatsmännische Energie Benedikts VIII. mit beider Tode (1024) in Nichtigkeit imd Verworfenheit zurückgesunken. Von der Begründung des mittelalterlich-deutschen Kaisertums durch Otto d. Gr. bis zu seinem Untergang hat die päpstliche Würde niemals so tief an Einfluß und Geltung gestanden, wie damals. Johann XIX., ebenso ungeistlich wie sein Bruder Benedikt, aber ohne dessen Bedeutung, übertrug Konrad auf dessen erstem Romzuge (1027) die Kaiserkrone, tun hinfort neben ihm, der selbst die \v'ichtigsten kirchlichen Entscheidungen des Papstes mit vollendeter Rücksichtslosigkeit umstieß, eine Rolle kläglichster Ohnmacht zu spielen. Nach ihm (t 1033) zog dann der noch unmündige, aber früh verdorbene Knabe Benedikt IX. das Papsttum völlig in den Lasterpfuhl wie zu den schlimmsten Zeiten unter Johann XII. hinab. Dem Kaiser war auch das willkommen. Wie er in die Rechtsverhältnisse der Stadt Rom selbstherrlich eingriff, so ließ er den päpstlichen Statisten, ganz wie einen seiner Beamten, an seinen Hof kommen, sobald er seines Namens etwa zur Ordnung der lombardischen Angelegenheiten bedurfte. ihm Deim in Italien weitaus die dortigen sozialen Streitigkeiten am machten meisten zu schaffen. Ganz wie in Deutschland knüpfte Konrad auch hier zunächst an die Überlieferungen der Politik Heinrichs II. an, wenn er auch nicht wie dieser an eine besondere italische Königswahl dachte, sondern — Die I. 14 weit schärfer das durch 2eit der Salier. den Regierungswechsel keinen Augenblick erloschene Herrschaftsrecht des Reiches in jener Antwort an die Pavesen betonte: „Wenn der König gestorben ist, so ist doch das Reich geblieben, wie das Schiff bleibt, dessen Steuermann zu Grunde geht." Die Bischofspartei mit dem getreuen Leo von Vercelli (f 1026) an der Spitze hatte unter Heinrich die sichere Basis der deutschen Herrschaft abgegeben; an ihrer Haltung scheiterte auch jetzt die von den weltlichen Großen aufgestellte italische Thronkandidatur eines Sohnes des Herzogs Wilhelm V. von Aquitanien, sie vornehmlich trug das erste Romfahrtuntemehmen Konrads (1026 z'j). Aber die Anwendung derselben Grundsätze wie in Deutschland führte den Kaiser hier nach kurzer Zeit zu einer viel handgreiflicheren Abkehr von der Politik seines Vorgängers. Einmal wußte er, wie dort die Herzöge, so hier die Markgrafen bald mit seiner Herrschaft zu versöhnen und durch Familienverbindungen enger an Deutschland zu ketten.^) Dann aber brachte ihn die in Übereinstimmung mit seinem deutschen Vorgehen auch hier ergriffene Parteinahme für die kleineren Lehensträger bei den scharf imd eigenartig zugespitzten ständischen Verhältnissen der Lombardei, die durch die persönliche Machtpolitik des stolzen und herrischen Erzbischofs Aribert von Mailand noch ihre besondere Färbung erzuletzt gar in einen offenen Konflikt mit den Bischöfen. Die städtische Entwicklung Norditaliens war der deutschen Autonomistische Erhebungen der Bürgerschaften weit vorausgeeilt. gegen die mit den früheren Grafenrechten und der gesamten Regelung des Verkehrswesens betrauten bischöflichen Stadtherren, hielten, wie sie in Deutschland erst gegen Ende des Jahrhunderts einsetzten, Eine Ausnahme machte kannte man hier schon seit Jahrzehnten. Solange hier noch ein weltindes die mächtigste Stadt Mailand. licher Vertreter des Kaisers die Grafenrechte wahrnahm, gingen im Gegensatze zu ihm Erzbischof und Bürgerschaft einträchtig zusammen. Dadurch gestärkt, konnte Aribert gegenüber den kleineren Lehensträgem, den Valvassoren, wie sie hier im Unterschied zu den mit Grafschaften und Grafenrechten belehnten Fürsten oder Kapitänen bezeichnet zu werden pflegten, um so eigenmächtiger verzur Einziehung ihrer Lehen, wenig wie in Deutschland bis dahin grundsätzlich anerkannt war. Darüber kam es zum Aufruhr der Valvassoren und zu ihrer Vertreibung aus Mailand (1035), und fahren; deren er nutzte jede Gelegenheit Erblichkeit hier so ') Folgenreich waren namentlich die Verbindung des Hauses Este mit den süddeutschen Weifen und die Vermählung des Markgrafen Bonifaz von Canossa mit Beatrix, der Tochter des verstorbenen Herzogs Friedrich von Oberlothringen. § I. Konrad II. (1024 — 1039). I^ da die gleiche Rechtsnnsicherheit ihre Standesgenossen auch sonst bedrohte, so dehnte sich der Kampf alsbald über die gesamte Lombardei aus, während sich die Bischöfe mit einem Teil der Laienfürsten zusammenschlössen. i) Als dann die kriegerische Kraft der Valvassoren noch in demselben Jahre ihre Überlegenheit im Felde bewies, wandten sich zuerst die geschlagenen Bischöfe, dann auch die Sieger um Vermittlung an den Kaiser, der ihnen mit dem stolzen Worte: „Wenn Italien hungert nach dem Gesetze, so will ich es damit sättigen" seinen Entschluß zur zweiten Romfahrt (1036 bis 38) ankündigte. Mochte er seine Entscheidung zunächst offen lassen, so führte Eingreifen den Kaiser seinen deutschen Gnmdentsprechend bald genug mit Notwendigkeit auf die Seite Er forderte Abstellung ihrer Bedrückungen und der Valvassoren. lud Aribert vor seinen Richterstuhl nach Pavia (1037). Aber jener verweigerte trotzig den Gehorsam; da nahm der Kaiser den Hoch- das persönliche sätzen als er in Mönchtracht nach Mailand entim vollen Einklang mit der Bürgerschaft zur Wehr setzte, schritt Konrad zu seiner gewaltsamen Unterwerfung. Die Belagenmg führte freilich zunächst nicht zum Ziel imd ward Aber in Rücksicht auf die beginnende Sommerhitze abgebrochen. verräter wischte in Haft, imd imd sich dort der Kaiser jene bedeutsame Verfügung 2), welche auch der kleineren Lehen im Mannesstamme, wie er sie in Deutschland als Recht anerkannte, für Italien in der Form eines schriftlichen Gesetzes verkündete und gegen widerrecht- tags zuvor erließ die Erblichkeit aller, Die beLehensentziehungen weitere Sichenmgen brachte. Anhängerschaft sämtlicher Valvassoren war ihm nach diesem Schritte gewiß, während auch die Mehrheit der weltlichen Fürsten liche geisterte auf seiner Seite stand. Die weiteren Maßnahmen des Kaisers zeugten denn auch von Es war ein seiner unbedingten Überlegenheit. schlechthin unerhörter Vorgang, der allen kirchlichen Rechtsvorstellvmgen der Zeit ins Gesicht schlug, daß er es wagte, den widerspänstigen Erzbischof einfach von sich aus ohne alle Mitwirkvmg von Papst und Synode abzusetzen und ihm einen Nachfolger zu Als er dann einer weitverzweigten Verschwörung auf ernennen. die Spur kam (1038), die, von Aribert ausgehend, ihre Mitwisser in den Kreisen des lombardischen Episkopats fand, aber auch Konrads Gegner, den Grafen Odo von Champagne, ins Einvernehmen gezogen hatte vmd auf eine allgemeine Erhebvmg gegen dem Bewußtsein ') Es ist eine gewaltsame Betrachtungsweise, wenn Lamprecht in dieser Spaltung den Gegensatz zwischen Naturalwirtschaft und Geldwirtschafl sehen will. ^ „Constitutio de feudis" v. 28. Mai 1037, M. G. Const. I 90. I- l6 Die Zeit der Salier. da griff der Kaiser mit furchtder schuldigen Bischöfe über die Alpen in die Verbannung und ließ über Aribert durch den allzeit gehorsamen Papst die Exkommunikation verkünden (1038), die deutsche Herrschaft hinzielte, Strenge durch, barer während ein Einfall schickte Odos in drei Lothringen von den dortigen Großen glücklich zurückgeschlagen wurde. So ließ sich nicht daran zweifeln, daß Konrad genügende Machtmittel zu Gebote standen, um seiner italienischen Politik, die nachgerade zu einer vollen Umkehrung der Parteiverhältnisse geführt hatte, auf die Dauer den vollen Sieg zu verschaffen. Abgesehen yon den starken Mauern Mailands, konnte Aribert seine Hoffnung nur noch auf den Thronfolger Heinrich richten, der aus seiner Unzufriedenheit über die unkanonische Behandlung eines hohen Kirchenfürsten kein Hehl machte. Einstweilen wurde indes ein weiteres Vorgehen gegen Mailand aufgeschoben, weil die süditalischen Verhältnisse ein Eingreifen des Kaisers wünschenswert machten. Konrad strebte hier nicht nach Gebietserweiterung. Vielmehr und fand er freundliche Beziehungen zum griechischen suchte das eben damals einen frischen Trieb seiner gealterten Kraft spürte und Italien gefährlich geworden wäre, hätte es nicht Reiche, durch den Kampf gegen die Was dem deutschen sizilischen Araber eine Ablenkung Kaiser hier im Süden oblag, war im Wesentlichen die Sicherung des Grenzgürtels langobardischer Fürstentümer durch Beseitigung ihrer Reibungen und Behauptung der deutschen Oberhoheit. Wie das im einzelnen gelang, ist ohne erheblicheres Allgemeininteresse. Wichtig für die Zukunft dagegen wurde es, daß die normannischen Abenteurer, die seit zwei Jahrzehnten in diesen süditalischen Kämpfen bald hier, bald dort verwendet wurden, es damals unter ebenso geschickter, wie skrupelerfahren. Ausnutzung der Rivalitäten von Capua, Neapel und Salemo Terra di Lavoro zu einem kleinen eigenen Territorium brachten, auf dem ihr Führer Rainulf die Burg Aversa erbaute Diese Grafschaft bestätigte ihm jetzt auch der Kaiser als (1030). Er konnte nicht ein Lehen des Fürsten von Salemo (1038). ahnen, daß aus diesem bescheidenen Keim in wenigen Jahrzehnten der starke Normannenstaat erwachsen sollte, der bereits gegen seinen Enkel dem feindseligen Papsttum mächtigen Rückhalt bot. Von Süditalien aus wäre Konrad wohl zu neuem Angriff gegen Mailand geschritten, hätte nicht die sommerliche Hitze, der er diesmal nicht auszuweichen vermocht hatte, auf dem Rückmarsch in seinem Heere eine verlustreiche Seuche erzeugt, die für den Augenblick jede weitere Unternehmung ausschloß. Indem er daher die Achtsvollstreckung an dem Mailänder Erzbischof den loser in der § 2. Heinrich italienischen Laienfürsten m. übertrug, (1039 — 1056). wandte er ly selbst sich nach Deutschland zurück. Auch er trug den Todeskeim bereits in sich; an einem schweren Gichtleiden ist er schon im folgenden Frühling allzu früh für das Reich, noch nicht fünfzigjährig gestorben, das er in verhältnismäßig kurzer Regierung zu so gewaltiger Machtvielleicht nicht ganz ohne fülle erhoben hatte, imd das er nun seinem zwar hochbegabten, aber von Grund aus anders Sorge — — — gerichteten Sohne § 2. hinterließ. Heinpich HL (1089—1056). Unter dem erst zweiundzwanzigjährigen, aber in Politik imd Kriegführung frühzeitig eingeweihten neuen Herrscher schien die Aufwärtsbewegung des deutschen Kaisertums zunächst einen stetigen Gleich die ersten Jahre brachten bedeutFortgang zu nehmen. same Erfolge im Osten. Es gelang, die slawischen Großmachtpläne des Böhmenherzogs Bretislaw zu zerstören, seine Abhängigkeit von Deutschland neu zu festigen rmd die Reichsgrenze in Mähren vorzuschieben (1041). Ungarn gegenüber aber brachte Heinrich nicht nur den jüngsten Verlust an Grenzgebiet reichlich wieder ein (1043), sondern er griff auch bei erneuter Unzuverlässigkeit seines Königs Heer und ersetzte ihn diu-ch einen vom deutschen Kaiser abhängigen, tributzahlenden Vasallen (1044/45). Diese bedeutende Machtausdehnung gegen Osten und die schrankenlose Verfügung über das Papsttum in den folgenden Jahren haben Heinrichs III. Regierung als den Gipfelpunkt deutscher Kaisermacht erscheinen lassen. Entsprach diesem Ausgreifen auch War Heinrich ein ebendie höchste Spannung innerer Kraft? Die bürtiger, wohl gar überlegener Nachfolger seines Vaters? zeitgenössischen Quellen lassen uns hier bedenklich im Stich, und die Urteile neuerer Forscher stehen in schroffem Widerspruch miteinander. Den einen ist er der mächtigste deutsche Herrscher deutschen seit Karl d. Gr.^), den anderen der Verderber des Königtums.') Äußeriich ein Ebenbild des Vaters, wich Heinrich in seiner geistigen Richtung von dessen gesund-kräftiger, lebensprühender Laiennatur auf das Bestimmteste ab. Von bischöflichen Erziehern kräftig durch, schlug dessen *) Vgl. etwa Haucks in den Kern dringende, aber rom politischen Standpunkte aus doch viel zu günstige Beurteilung. ») So etwa W. Schultze in Gebhardts Handbuch. Eine mittlere Linie halten inne Giescbrecht, Ranke und Stcindorff, dessen Jahrbücher der deutsch. Gesch. unter H. III., 3 Bde. 1874/81 für alle Einzelheiten die zuverlfissigste Auskunft bieten, aber eine tiefere Auffassung vermissen lassen. Hampe, Deutsche Kaisergescbicht«. 2 l8 I. Die Zeit der Salier. Liebe zu den Büchern und Verständnis für Musik war er früh und völlig in den Bannkreis der kirchlichen Kultur und christlichen Sittenlehre getreten. Seine ernste und schwere Natur handelte nicht aus glücklichem Gefühl, sondern stets aus streng gemessenem Pflichtbewußtsein. Die Erhabenheit seiner priestergleichen Würde hob ihn zugleich und lastete auf ihm. Er spannte all' seine Kräfte an und tat sich doch kaum je genug. Und wie er selbst nur den Antrieben seines Pflichtbewußtseins folgte, so setzte er nach der Weise der Idealisten das Gleiche bei allen Menschen voraus und vertraute weniger auf den Zwang der Macht und die Lockungen des Eigennutzes, als auf den sittlichen Aufschwung, Wie kennzeichnend sind dafür die Friedensbestrebvmgen seiner ersten Jahre! In Westeiuopa war es die Kirche, die dem überhandnehmenden Fehdewesen Einhalt zu gebieten suchte. Der von ihr verkündete Gottesfrieden, der sich von Aquitanien (1040) über Burgund und Frankreich ausbreitete, setzte außer den hohen Festzeiten für die Passionstage jeder Woche von Mittwoch Abend bis feingebildet, mit und Architektur Montag erfüllt, früh kriegerische Gewalttätigkeiten unter kirchliche Strafen. i) Aufgabe der Friedenswahrung ganz persönaber die Halbheit genügte ihm nicht. Er wollte das Ideal auf die Erde herabzwingen. Gelang es, die Massen zu seiner eigenen hohen Auffassung fortzureißen, so gab es keine Friedenstörung mehr. Deshalb ging er selbst mit dem Beispiel voran. Wenn er während der Konstanzer Synode von 1043 von der Kanzel aus ergreifende Friedensmahnungen an die Heinrich lich ergriff und mit diese voller Inbrunst, Menge richtete, so vergab er zuerst allen seinen Schuldnern. Bei der großen Dank- und Bußhandlung nach dem Ungamsiege von 1044 warf er sich als erster barfuß und im härenen Büßerkleide vor dem mitgeführten Splitter des heiligen Kreuzes auf die Knie, und wieder folgte eine allgemeine Vergebung. Solche Handlungen blieben nicht vereinzelt; sie machten im Augenblick starken Eindruck und regten zur Nacheiferung an. Doch wie wenig dauernder Verlaß war auf solche flutenden und ebbenden Gefühlswallungen der Menge! In Heinrichs späteren Jahren tobten die Fehden wieder zahlreich in Deutschland. Diese achtungswerten, jedoch ihr Ziel verfehlenden Friedensbestrebungen sind nun aber charakteristisch für die Persönlichkeit und Politik des Königs überhaupt. Wie er noch kurz vor seinem Ende bei einem rein politischen Zwist mit dem Könige von Frankim Zweikampf reich *) Vgl. sein Leben für das Reich in die Schanze Kluckhohn, Gesch. des Gottesfriedens 1857. § 3. Heinrich IH. (1039 — 1056). jg schlagen wollte, so hat er sich durch die Ehrenhaftigkeit seines gesamten Wandels, die hohe Richtung seines Geistes und die gewissenhafte Verfolgung seiner idealen Ziele den Anspruch auf unDas Gefühl seines Rechtes gab ihm bedingte Achtung en^'orben. auch eine gewisse Zähigkeit und Selbständigkeit; er ist seiner Natur Aber vertragen sich die Grundsätze christnie untreu geworden. licher Sittenlehre in dem Maße, wie Heinrich sie übte, noch mit Durch edelden Forderungen einer erfolgreichen Staatskunst? mütiges Verzeihen hoffte er so oft seine Gegner zu entwaffnen imd gab doch nur nutzlos seine Machtmittel aus der Hand. Dazu die einseitige Starrheit und freudWesens seiner Beliebtheit hindernd in Seine zweite Gemahlin Agnes von Poitou, die Tochter traten der schwerflüssige Ernst, lose Verschlossenheit seines den Weg. Wilhelms V. von Aquitanien, bestärkte ihn nur in dieser Richtimg. Wenn er bei der Vermählung mit ihr (1043) die fahrenden Spielleute, damals nicht imwesentliche Träger der öffentlichen Meinung, von Hofe wies, so steigerte das gewiß nicht seine Popularität. Je länger, desto mehr klagte man im Volke über die Unnahbarkeit Vielleicht haben auch des Königs und mangelnden Rechtschutz. die häufigen Krankheiten in seiner zweiten R^erungshälfte seine Kräfte geschwächt, wie sie ihm zum Verhängnis des Reiches ein Ende bereitet haben. Eine Natur wie die Heinrichs III. mußte den kirchlichen Reformbestrebungen gegenüber eine ganz andere Haltung einnehmen, als sein Vater. Jenes Mißverhältnis zwischen den kanonischen Forderungen und der Wirklichkeit, das Konrad II. geduldet, ja ausgebeutet hatte, war seiner kirchlichen Gesinnung, seiner Gewissenhaftigkeit unerträglich. Nur in Reinheit konnte die Kirche ihre hohen Aufgaben als treue Gehilfin des Staates erfüllen! Auch hier ging Heinrich persönlich voran. Mit dem ernstlichen Verzicht auf die Simonie gab er ansehnliche Reichseinnahmen preis. In völliger Umkehrung der väterlichen Politik stellte er sofort den Kampf gegen den unkanonisch abgesetzten Aribert von Mailand Damit wollte er ein und erkannte ihn als Erzbischof wieder an. keineswegs auf seine oberherrlichen Rechte den Bischöfen und Reichsäbten gegenüber verzichten. Im Gegenteil, gerade ihre, die geistliche Befähigung sorgsam berücksichtigende Einsetzung, bei der er zuerst neben dem Hirtenstabe auch den Ring, das Symbol der Vermählung mit der Kirche, anwandte, bot ihm die sicherste Handhabe zur Durchführung der Reformen, wie er auch sonst seine oberherrlichen Befugnisse durch Berufung und Leitung von Synoden, durch eine Fülle kirchlicher Entscheidungen zu dem gleichen Zwecke geltend machte. vorzeitiges - 20 !• I^ic Zeit der Salier. Noch kam es ihm selbst wohl kaum zum Bewußtsein, in welchem inneren Widerspruche diese seine ganze Rechtsstellung zu den letzten Forderungen kirchlicher Freiheit stand; und doch drangen aus den Reihen der Reformer gelegentlich schon vernehmliche Äußerungen an sein Ohr, die eine Trennung von Geistlichem und Weltlichem begehrten. „Dem Papste sind wir Gehorsam, Euch Treue schuldig; Euch haben wir über das Weltliche, jenem über das Geistliche Rechenschaft zu geben", mit diesen Worten bestritt Bischof Wazo von Lüttich dem Könige das Recht, einen italienischen Erzbischof nach dem Spruche einer deutschen Synode abzusetzen, und wahrte es ausdrücklich dem Papste (1046). Ein andres Mal trat in einer stolzen Antwort desselben Bischofs an den König die hierarchische Überhebung schon deutlich genug zu Tage: „Zwischen der priesterlichen Weihe und derjenigen, die Ihr empfangen habt, besteht ein großer Unterschied; die unsrige ist lebenspendend, die eurige hat den Tod im Gefolge, und je größer der Vorzug ist, den das Leben vor dem Tode hat, umso höher ist unsere Weihe erhaben über der eurigen." In demselben Jahre weigerte sich der neuerwählte Erzbischof Halinard von Lyon als Mönch, dem Könige den Treueid zu leisten. Lockerte dieser, als er nachgab, nicht schon das Band der Beamtenabhängigkeit? Es war der große Lebensirrtum Heinrichs III., daß er glaubte, die Kirche im Sinne der Reformpartei umgestalten und doch die alte Herrschaft über sie behaupten zu können. Noch verhängnisvoller trat dieser Irrtum in seinem Verhältnis zum Papsttum hervor. In Rom herrschten seit 1044 die wirrsten Zustände, i) Der Streit der Adelsparteien hatte zu einem Schisma geführt. Der junge, sittenlose Tuskulaner Benedikt IX. war von den Creszentiem verjagt; aber rückkehrend, behauptete er sich gegen den Gegen papst Silvester III., der sich in sein Bistum Sabina zurückzog. Die Vorgänge verdarben Benedikt trotzdem die Lust am Amte, er verkaufte es für tausend Pfund Silber an seinen Taufpaten, der sich nun Gregor VI. nannte. Es war das ein frommer und unbescholtener Mann, der indes die heimliche Simonie nicht scheute, um die Reformpartei, die ihn unterstützte, erst einmal an das Ruder Im allgemeinen wußte er sich durchzusetzen. Hatte zu bringen. auch der Gegenpapst Silvester kaiun ausdrücklich verzichtet, so kann man zum mindesten von einem dreiköpfigen Papsttum doch nicht reden, und Gregor VI. hätte mit Unterstützung des deutschen Königs unzweifelhaft die allgemeine Anerkennung erlangt. *) (1907). Vgl. für das Folgende Hedwig Kromayer, Hist. Vierteljahrschr. 10 § 2, Heinrich III. (1039 — 1056). 21 Aber Heinrich, der 1046 seinen ersten Romzug antrat und eine Reformsynode abhielt, wollte die Kaiserkrone nur aus reinen Händen nehmen und konnte die Kirchenreform nur Sobald mit einem vollkommen einwandfreien Papste durchführen. sich daher die simonistische Schuld Gregors, der mit dem Könige in Piacenza zusammentraf, herausstellte, war Heinrich entschlossen, Er lud ihn und seinen Gegner Silvester ihn fallen zu lassen. vor die Synode von Sutri (20. Dez. 1046). Dort wurden beide Gregor wanderte nach Köln in Päpste für abgesetzt erklärt, i) die Verbannung, begleitet von seinem Kaplan Hildebrand, dessen in Pavia bedeutsamer Name hier zum ersteimial in der Geschichte auftaucht. Drei Tage später ward dann auf einer Synode in Rom auch Benedikt, der durch den vmzulässigen Verkauf allein noch nicht seines Amtes verlustig gehen konnte, abgesetzt, und durch Heinrich der deutsche Bischof Suidger von Bamberg als KUemens II. auf den päpstlichen Heinrich die Stuhl Würde auch lichen gehoben. Kaiserkrone. Aus Wenn ihm seinen Händen empfing damals außer der kaiser- die eines römischen Patriziers übertragen wurde, so war das zwar nvu: jener uralte Titel, den schon die Karolinger geführt hatten, nicht die Bezeichnung eines besonderen städtischen die Erinnerung der jüngeren Zeiten wies doch vornehmlich auf jene römischen Adligen, einen Alberich und Creszen- Amtes 2), aber tius, hin, die als Patrizier die Stadt beherrscht und die erste ent- scheidende Stimme bei der Papstwahl gehabt hatten; dasselbe Recht An die Stelle der verband sich auch mit Heinrichs Patriziertitel. blos tatsächlichen Beherrschung des Papsttums in den letzten Zeiten trat somit der volle Einfluß auf die Besetzung des heiligen Stuhles, wie ihn die Ottonen geübt hatten, nicht mehr und nicht weniger! Ganz wie in den Tagen Ottos d. Gr. konnte das Papsttum nvur dadurch, daß es aus dem römischen Parteigewirr heraus unter die Fittiche des Kaisertums trat, zu sittlicher Höhe vmd imiversaler Bedeutung emporsteigen. Damit schien die kaiserliche Oberherr- schaft aufs neue dauernd befestigt. Aber die Idee des Papsttums widerstrebte solcher Abhängigund je reiner sie gerade infolge der Kircheiu-eform in die Erscheinung trat, desto stärker wuchs der Drang nach Befreiung. Es ist nicht richtig, daß erst Heinrichs Tod die Machtverschiebung zwischen Kaisertum und Papsttum bewirkt habe; schon zu seinen keit, ') die ist Die Angabe späterer Quellen, daß bei Gregor VI. kanonischen Forderungen die Form der in Rücksicht auf Selbstabsetzung angewandt sei, sehr zweifelhaft. ') Das war Könige, 1888. die .\nnahme L. v. Heinemann's, Der Patriziat der deutschen 22 !• Lebzeiten hat sie IJie Zeit der Salier. langsam angebahnt, und er sich selbst hat sie Verkennung schlummernder Gefahren. Solche Verkennung mochte begreiflich sein im Rückblick auf die Schwäche des tuskulanischen Papsttums und bei der Einmütigkeit des gegenwärtigen Zusammenwirkens; ein verhänggefördert durch unbedachte Zugeständnisse, in nisvoller Irrtum blieb sie gleichwohl. Die kurzen Pontifikate der beiden ersten deutschen Päpste, einsetzte, sind bemerkenswert durch den deutschen die Heinrich Einfluß, der sich nun allenthalben in Rom, insbesondere in der Dann aber begann der kühne Aufstieg des Papsttums mit Leo IX. (1048 54). Man kann sagen, daß er weim auch stets in freundschaftlichster päpstlichen Kanzlei, bessernd geltend machte. — — Übereinstimmung mit seinem Vetter kaiserlichen — doch recht Fundament für diesen Aufstieg bereitet hat. Bischof Bruno von Toul war eine glänzende Erscheinung, liebenswürdig und gewinnend, von packender Redegabe, hinreißendem Schwung und unermüdlicher Spaimkraft. Schon in seiner lothringischen Heimat hatte er an den kirchlichen Reformbestrebungen eifrigen Anteil genommen; jetzt standen sie im Mittelpunkt seines päpstlichen Wirkens. Durch einen feinen Zug betonte er gleich im Beginn die Selbständigkeit seines Amtes. Nicht der kaiserlichen Ernennung, sondern der nachträglichen Wahl durch die eigentlich das Römer wollte er seine Würde verdanken. Was er für die Bischöfe auch für das Papsttum gelten, der WahlhandIvmg maß er statt der rein formalen Bedeutvmg wieder einen tatsächlichen Inhalt bei.i) Es war eine erste leise Andeutung der künftigen Loslösung, und es stand ganz damit im Einklang, daß aus den päpstlichen Urkunden hinfort die Datierung nach KaiserHeinrich achtete des nicht weiter. jahren schwand. Zu der Selbständigkeit des Papsttums trat die Universalität. Für die erweiterten Aufgaben schuf Leo das Kardinalskolleg um. Zu den Geistlichen Roms und den Bischöfen des Patrimonituns erstrebte, das sollte traten jetzt zuerst hervorragende Ausländer, namentlich Lothringer und Franzosen, reformeifrig, frei von den Einflüssen des römischen Adels und kundig der transalpinischen Verhältnisse. So tauchten mm als Ratgeber des Papstes die großen nachfolgenden Kämpfen eine bedeutende Lothringer Friedrich, Humbert und Hugo Deutschland nach Italien zurückgekehrte als Subdiakon einen hervorragenden Anteil lichen Finanzwesens gewann. *) Haucks Anzweiflung Gestalten auf, die in den Rolle gespielt haben, die Candidus, sowie der aus Mönch Hildebrand, der an der Leitung des päpst- dieses Vorgangs scheint mir nicht überzeugend. § 2. Heinrich HI. (1039 — 1056). 23 Mit solchen Hilfskräften und der lebhaften Unterstützung des nun eine eifrige, fast stürmische Reformtätigkeit, die, Tage Heinrichs II. anknüpfend, eine Durchführung der Beschlüsse gegen Simonie und Priesterehe und eine allgemeine Säuberung der Geistlichkeit zum Ziele hatte. Der Papst beschränkte sich nicht auf Italien; sechsmal während der kvirzen Jahre seines Pontifikats hat er die Alpen überstiegen; aller Orten sammelte er den Klerus vun sich zu Synoden oder eindrucksvollen Kirchenfesten, er selbst in beständiger Bewegung und in alle kirchlichen Kaisers begann an die letzten Verhältnisse straff eingreifend, anziehend, von die Abhängigkeitsbande dem an weitgehende der Metropoliten Selbständigkeit gewöhnten deutschen und französischen Episkopat daher nicht ohne Mißtrauen betrachtet, aber vom Mönchtum und den Volksmassen umjubelt. So dem Papsttum allenthalben vmwägbare Werte und legte den Grund zu einem wahrhaft allgemeinen und tätigen Kirchenregiment Aber neben den geistlich-universalen Bestrebimgen eines Silvester II. nahm Leo IX. doch auch die weltlich-nationalen Ziele schuf er eines Benedikt VIII. in Süditalien wieder stand offenbar der Gedanke, auf. daß nur eigne Im Hintergrunde staatliche Macht dem Die auftauchende Erinnerung an die konstantinische Schenkung war ein Merkzeichen solcher Bestrebimgen. Sie führten Leo zum Kampfe mit den südPapsttvmi die Selbständigkeit gewährleiste. Normannen. Diese hatten imter der Oberlehnsherrschaft des Fürsten von Salemo von ihrer Grafschaft Aversa aus Apulien erobert Die Tage des Griechentums in jenen Gegenden waren gezählt. Heinrich HL hatte auf seinem Romzuge in diese verwickelten Verhältnisse nur vorübergehend eingegriffen, und es fragte sich, ob die immittelbare Unterordnung der normannischen Herrschaften unter das Reich, die er zu Ungunsten von Salemo verfügte, ersprießlich war, denn aus der Feme waren diese imruhigen und ehrgeizigen Abenteurer doch nicht im Zaum zu halten. Schon begann Robert Guiscard die Erobemng von Kalabrien. Dem Papste war die fortschreitende Vernichtung des Griechentums an sich willkommen genug, denn damit mußten der römischen Kirche hier neue Provinzen zuwachsen. Aber mit der kirchlichen versuchte er die politische Ausdehnung zu verbinden, und dieser setzten sich die Normannen bei aller Ergebenheit rücksichtslos entDer Streit entbraimte um Benevent. Diese Stadt huldigte, gegen. um sich vor den Bedrückungen der Normannen zu schützen, dem Die ganze Papste (105 1), der die Gelegenheit begierig ergriff. italischen Selbständigkeit seiner Politik neben der kaiserlichen trat darin her- daß er den Versuch machte, diesen Reichsbesitz im Zusammenwirken mit den Griechen für das Papsttum zu erobern. Als indes vor, 24 !• das päpstliche Heer vor I^ic Zeit der Salier. dem Kampfe auseinanderlief (1052), war an den Kaiser nach Deutschland zu ihrer persönlichen Abmachungen war merkwürdig genug. Anstatt dem Papste wegen der eigenmächtigen Verletzung von Reichsrechten zu zürnen, zeigte sich Heinrich zur Förderung seiner Pläne bereit. Gegen deutsch-kirchliche Zugeständnisse, insbesondere Verzicht auf die direkte päpstliche Hoheit über Bamberg und Fulda, trat er ihm Benevent ab und rüstete zu dessen Sicherung ein Reichsheer. So völlig fem lag ihm der Gedanke, die Politik der Kurie könne sich auch einmal feindlich gegen das Kaisertum wenden. Erst die entschiedene Opposition der deutschen Bischöfe mit Gebhard von Eichstätt an der Spitze, die, an sich schon mißtrauisch gegen Leos hierarchisches Walten, einer Verwenwendung von Reichsmitteln für fremde Zwecke widerstrebten, bestimmte den Kaiser, den größten Teil seiner Truppen zurückzurufen. Aber Leo hielt sich für stark genug, auch mit seinen eignen Mannschaften zum Angriff zu schreiten. Das Ergebnis war die Leo doch gezwungen, wenden. Das Ergebnis sich völlige Niederlage bei Civitate (1053). Der Papst selbst geriet in normannische Haft imd sah sich gezwungen, seine süditalischen Pläne fallen zu lassen. Als Schwerkranker in Freiheit gesetzt, starb er alsbald in Rom (1054). Der erste Versuch zur Aufrichtung einer päpstlichen Herrschaft über Süditalien war gescheitert, trotzdem richtunggebend. Vor der Schlacht hatten die Normannen Papste das Anerbieten gemacht, alle eroberten kirchlichen Be- blieb er dem sitzungen von ihm gegen Tribut zu Lehen zu nehmen. In allzugroßem Kraftgefühl hat Leo das damals abgelehnt. Aber diesem Vorschlage gehörte die Zukunft; so sollte das Papsttum doch, wenn auch in andrer Form, im Süden eine Stütze für seine Selbständigkeit gewinnen. Noch war indes an Unabhängigkeit vom Kaisertum nicht zu denken. Der Begünstigung Heinrichs hatte Leo IX. doch in erster Linie seine Erfolge verdankt, und er hatte dafür mit kirchlichen Mitteln die kaiserliche Politik mannigfach unterstützt. Das vielleicht allzu rasche Selbständigkeitstreben des Papsttums erfuhr sogar zunächst einen gelinden Rückschlag, denn Heinrich erhob nach längerer Vakanz gerade den Führer der deutschen Bischofsopposition, Gebhard von Eichstätt, als Viktor IL (1055 nicht 57) zum Papste, zur Zufriedenheit der Hauptratgeber Leos. Indessen, mochte Gebhard glauben, sich nur so eine Stellung in Rom schaffen zu können, oder hielt er eine Befestigung den Normannen gegenüber für nötig, er machte eine umfassende Herstellung aller entfremdeten Besitzungen des h. Petrus geradezu zur Bedingung der Übernahme des Papst- — — — tums und hat in den nächsten Jahren eifrig dafür gewirkt. Wenn § er überdies die von Fermo Ämter mit Heinrich HT. (1039 2. eines seiner — 1056). 25 Herzogs von Spoleto und Markgrafen kirchlichen Würde vereinigte und so in bedeutende Machtstellung einnahm, so war das allerdings ein rein persönlicher Vertrauensposten im Dienste des Kaisers, jedoch für zukünftige Ansprüche vielleicht nicht ganz imbeMittelitalien eine denklich. Immerhin zeigten diese letzten Vorgänge, daß Heinrich die Zügel noch in der Hand hatte. Die Reichskirche hielt er nach wie vor in straffer Abhängigkeit, durch das Einsetzimgsrecht vermochte er in kurzen Zwischenräumen stets seinen Einfluß auf das Papsttum zu erneuern. So lange er lebte, drohte von dieser Seite kaum eine unmittelbare Gefahr. Aber er hat das Papstttmi doch zur Macht gehoben; noch N^-uchs es ihm nicht über den Kopf, aber doch bis zur Schulterhöhe, imd einen kindlichen Nachfolger mußte es bereits überragen. Allzusehr durchdrungen von der Harmonie zwischen Kaisertum und Papsttiun imd allzu zukunftsicher, hat Heinrich HI. in seiner Kirchenpolitik doch ein gefährliches Spiel gespielt. Durch seinen unzeitigen Tod ging es zvun Verhängnis Deutschlands verloren! Auch für seine sonstige innere Politik bildete das Verhältnis zur Kirche den Angelpunkt. Die Vergabimgen an sie waren nach dem Stillstande unter Konrad H. aufs neue im Wachsen; die deutschen Bischöfe waren wieder die hauptsächlichen Vertrauensmänner imd Verwaltungsbeamten der Regierung. Wie, wenn die Reformer einmal diese Doppelstellung als unkanonisch verwerfen würden? War alsdann für andre Stützen der Reichsverwaltung gesorgt ? Man kann kaum sagen, daß Heinrich die väterliche Politik nach dieser Richtung hin sorgsam weiter gepflegt habe. Das Emporsteigen des Ministerialenstandes und das Aufblühen der westdeutschen Städte setzte sich zwar ohne viel Zutun von oben fort. Auf die Mehrung des unmittelbaren königlichen Besitzes aber verwendete Heinrich bei weitem nicht die stete Sorgfalt des Vaters. Durch den Verzicht auf die simonistischen Abgaben der Geistlichen sah er sich gezwungen, die weltlichen Reichsbeamten und Lehensträger bei ihrer Einsetzung zu ähnlichen Zahlungen heranzuziehen, die ihm dann wohl den Vorwurf der Habsucht eintrugen. Überhaupt war das ganze kirchenfreundliche Regiment wenig nach dem Sinne des Laienadels, den sich Konrad H. diesseits und jenseits der Alpen eng zu verbinden gesucht hatte. Die Unzufriedenheit dieser Kreise wuchs in allen Teilen des Reiches. Im Anfang war nun freilich Heinrichs Machtstellung überwältigend. Aber die drei heimgefallenen Herzogtümer Bayern, Schwaben und Kämthen gab er noch in den vierziger Jahren aus der Hand. Bei dem weitausgedehnten Pflichten- 26 !• Die Zeit der Salier. mochte ja eine unmittelbare Beherrschung dieser Herzogtümer, namentlich der von den Ungarn bedrohten: Bayern imd Kämthen, in der Tat schwer durchführbar sein, aber die stammfremden Männer, die Heinrich auswählte, um durch sie den unruhigen einheimischen Adel im Zaum zu halten, enviesen sich nicht durchgängig als zuverlässig. So ward Heinrichs Geschick dadurch fast zu einem tragischen, daß er bei allem Friedenstreben in immer neue innere Kämpfe verwickelt ward. Ihre Hauptstätten fand die wachsende Unzufriedenheit in den beiden Herzogtümern, die dem Kaiser noch am selbständigsten Dort ward sie gegenüberstanden, in Sachsen und Lothringen. bedeutsam erst für die Zukunft, hier bereits gefährlich in der kreis des Kaisers Gegenwart. Zu Sachsen hatte Heinrich besonders nahe Beziehimgen. Hat er auch nicht, wie Nitzsch meinte, den ernstlichen Plan verfolgt, Goslar zu seiner festen Residenz zu machen, so hat er doch den Bau der neuen Pfalz begonnen und mit Vorliebe dort geweilt. Schon dieses Streben, auf Grund der alten ottonischen Besitzungen die Stellung des salischen Hauses in jenen durch die beginnende Ausbeutung der Harzer Silberschätze an Wert steigenden mitteldeutschen Landschaften zu befestigen, mußte den sächsischen Adel mit Mißtrauen erfüllen. Ein weiteres Moment des Zwiespalts ergaben die nahen Beziehungen des Kaisers zu Erzbischof Adalbert von Bremen. Kaum eine andre Persönlichkeit jener Zeit steht so lebendig vor uns, wie der thüringische Grafensohn, der 1045 (1043?) von Heinrich auf den Bremer Erzstuhl gehoben ward, denn die feine Feder Meister Adams i) hat ihn uns am Leben erhalten, diesen schönen, reichbegabten, zum Fürsten geborenen Mann mit seinem kühnen, hochfliegenden Geist, voll Hingabe an die große Sache, die er erwählt, und doch von ungemessenem Ehrgeiz und reizbarem zugleich und weltfreudig, großzügig und eitel. der Bremer Kirche sein ganzes reiches Erbgut von zweitausend Bauernhöfen schenkte, wie er die päpstliche Würde, die ihm der Kaiser anbot (1046), ausschlug, weil er von seinem Erzbistum eine bessere Meinung hegte, so hat er sein Leben lang mit allen Kräften an der Erhöhung der hamburgisch-bremischen Kirche geStolze, Wie phantastisch er ihres geistlichen Einflusses und an dem Macht, energisch vmd unermüdlich, aber arbeitet, an der Erweiterung Ausbau ihrer weltlichen Von Neueren vgl. über Adalbert: Dehio, Gesch. des *) Vgl. S. 30. Erzb. Hamburg-Bremen I (1877), jetzt im einzelnen zu übertreffen; R. Müller, Stader Progr. 1885, Haucks Darstellung u. v. Schubert, Kirchengesch. Schleswig-Holsteins I (1907), 81 ff. § 2. Heinrich in. (1039 — 1056). 27 auch sprunghaft und gewaltsam, mit Überspannung der Kräfte und darum auf die Dauer nicht ohne Rückschläge und Mißerfolge. Die Geschichte der deutschen Beziehungen zum Norden ist mit der überragenden Figur Adalberts auf das engste verknüpft. Die alten Missionsbestrebvmgen in dieser Richtimg nahm er in Umfange und mit dem lebhaftesten Schwünge auf. Der große Erfolg ward in dem nahen, weitausgedehnten Wendenstaate des Christ gewordenen Abotritenfürsten Gottschalk errungen; die dort neugegründeten Bistümer Mecklenburg imd Ratzeburg wurden der bremischen Metropolitangewalt unterstellt. Von da strahlte die Wirkung weiter in die benachbarten Wendenlande. Auch in den nordgermanischen Reichen, insbesondere in Dänemark, schien sich der bremischen Kirche bei dem Zerfall der Großmacht Kanuds eine bedeutende Aussicht zu bieten; aber die festere nationale Geschlossenheit der Staaten drängte hier nach kirchlicher Selbständigkeit. Aus dem Wunsche, dieses unaufhaltbare Streben mit den kirchlichen Hoheitsansprüchen Bremens zu vereinigen, er>*aichs in Adalbert der Plan, ein nordisches Patriarchat zu begründen, das sich als eine hierarchisch übergeordnete Gewalt über die nordischen Landeskirchen erheben und dem bremischen Inhaber die Möglichkeit gewähren sollte, selbst Erzbischöfen zu gebieten. die Notwendigkeit dieser Rangerhöhung nach den kanonischen Vorschriften Pseudoisidors darzutun, vermehrte Adalbert die Zahl der bremischen Suffraganbistümer über die wirklichen Bedürfnisse hinaus auf zwölf. In Rom hatte er mit seinem Plane indes nur einen halben Erfolg. Man schätzte seine Missionsleitung und Organisationskraft hoch, lieh ihm die nötige Rückendeckung \md kargte nicht mit Ehrenvorrechten, wie dem Titel eines Legaten, ja eines päpstlichen Vikars. Aber eine dauernde, nicht nur auf persönlicher Verleihung, sondern auf eigenem Rechte beruhende Mittelsgewalt zwischen Rom und den nordischen Kirchen hier neu zu schaffen, würde doch der ganzen absolutistischen Richtung der päpstlichen Politik allzusehr widersprochen haben. So blieb der Plan unausgeführt Indes die immer weiter ausgreifende Wirksamkeit Adalberts wurde dadurch kaum eingeengt. Weit über Skandinavien hinaus, bis nach Finnland, den Orkneyinseln, Island und Grönland zogen die bremischen Missionare und schufen kirchliche Organisationen unter bremischer Oberleitimg. breitestem erste Um Diese reiche Wirksamkeit im Auslande bedingte eine starke Machtgrundlage daheim. Adalbert beschränkte sich da nicht nur auf die En^'eiterung und straffe Vereinigung des Kirchengutes der bremischen Diözesen in seiner Hand, sondern er suchte möglichst viele Grafschaften seines Sprenels an sich zu bringen, um so eine 28 !• I^ie Zeit der Salier. sie in kleinerem Umfange etwa der Bischof von Würzburg im Laufe der Wie sehr aber lief ein solches Streben den lich erlangt hat. Zeit wirk- ähnliche, herzoggleiche Stellung einzunehmen, wie Interessen des sächsischen Laienadels, insbesondere der billungischen HerzogsUnd bei der einflußreichen Vertrauenstellung, familie entgegen! die Adalbert beim Kaiser einnahm, richtete sich die Unzufriedenheit nun auch gegen Heinrich. Schon als dieser 1047 den Erzbischof auf seinem Gute Lesum bei Bremen Opfer eines Attentats geworden, Bruder des sächsischen Herzogs! Mißstimmung, die seitdem im besuchte, — wäre er fast das und der Verbrecher war ein Das war ein Merkzeichen der Stillen weiterfraß, aber zu einem offnen Ausbruch hier vorerst noch nicht führte. Dagegen hatte der Kaiser nahezu während seiner ganzen Regierung fast ununterbrochen mit dem Herzog Gottfried von Oberlothringen zu kämpfen, dem er das vom Vater besessene Nieder- lothringen verweigert hatte (1044). Die Grenzlage des Herzogtums, für den Kaiser um so unbequemer, als ihn die seit 1046 wieder ausgebrochenen ungarischen Kämpfe in die entgegengesetzte Richtung wiesen, die offene Hülfe des nie bezwungenen Flandern, die heimliche Gunst des französischen Königs, der nur vorübergehend umgestimmt wurde, der Mangel einer Reichsflotte, den man einmal (1049) S^^ durch die Hülfe des Auslandes, dänische und englische zu ersetzen versuchte, alles das machte diese fortgesetzten Erhebungen für Heinrich höchst unangenehm. Statt den unversöhnlichen Gegner zu vernichten, nahm er mehrfach seine Unterneue werfung an, um ihn nach kurzer Zeit zu begnadigen und Enttäuschungen zu erleben. Geradezu bedrohlich für das Reich ward dann die Vermählung Gottfrieds mit der Witwe des Markgrafen Bonifaz von Tuszien Schiffe, — (1054), die durch die weitverbreiteten Eigengüter und Lehen ihres Hauses Canossa und das auf sie übergegangene tuszische Reichs- Gemahls eine bedeutende Machtstellung in MittelDiese von der Kurie vielleicht insgeheim geförderte Verbindung zwang den Kaiser zu seinem zweiten Romzuge (1055). Sein entschlossenes Vorgehen blieb nicht ohne Erfolg. Durch Begünstigung der Städte gewann er kräftigen Rückhalt, Beatrix und ihre Tochter Mathilde gerieten in seine Haft. Aber Gottfried selbst hatte sich schon vorher nach Deutschland geworfen, und der dort aufs neue entfachte Aufstand erwuchs noch einmal zu einer ernsten Gefahr durch die Verbindung mit der süddeutschen Op- amt und ihres ersten Norditalien einnahm. position. Die von Heinrich selbst eingesetzten Herzöge Konrad von Bayern und Weif HL. von Kämthen hatten sich als durchaus un- § zuverlässig enÄiesen. 2. Heinrich HI. (1039 — 1056). 20 Möglichen^'eise waren es die engen Beziehungen des Kaisers ziun bayrischen Episkopat, die Herzog Konrad schon Er ward abgesetzt und 1052 zur Empörung getrieben hatten. flüchtete nach Ungarn, um von dort aus den Kampf fortzuführen. Wie wenig hatte doch hier im Südosten die scheinbar so glänzende Machtausdehnung des Reiches lun die Mitte der vierziger Jahre in Wirklichkeit bedeutet! Schon 1046 war König Peter, der Schützling und Vasall Heinrichs, durch eine deutschfeindliche Reaktion gestürzt worden, und mit dem Nachfolger Andreas begann Als schon ein für das bald \v-ieder der alte Grenzkrieg (1050). Reich günstiger Friede in Aussicht stand (1053), entfachte der flüchtige Bayemherzog die Kriegsgluten aufs neue, in denen nun die ganzen Errungenschaften aus den ersten Jahren von Heinrichs Regierung zu Asche verbrannten. Der Herzog selbst aber zettelte während des Kaisers Romzug eine weitverzweigte Verschwörung an, die Heinrich Thron imd Leben Die kosten und ihn selbst auf dessen Platz heben sollte (1055). Kunde davon zwang den Kaiser zu sofortiger Rückkehr, vmd ntm Der unvermutete Tod der lächelte ihm noch einmal das Glück. beiden Hauptverschworenen Weif und Konrad vernichtete die Auch Gottfried von Lothringen Machenschaften seiner Feinde. unterwarf sich, und trotz allem, was geschehen, begnadigte ihn Heinrich und entließ auch seine Gemahlin aus der Haft. Gegen ein Treueversprechen, das nach den bisherigen Erfahnmgen im Ernstfälle federleicht wog, erkannte er jetzt die bedenkliche lothringisch-tuszische Verbindung an. War es eine Vorahnimg des Todes, Entgegenkommens nahelegte P^) von durchgreifender Strenge nur neue Unruhen befürchten ließ? Im Gnmde war doch auch die War ihm die NotA^'endigkeit eines es ein Gefühl der Schwäche, das der ureigensten Natur Heinrichs Lebensanschauung. Feindlichen Trotz zu brechen, aber dann durch überreiche Gnade die Herzen zu gewinnen, das war hier, wie so oft, sein menschlich großes, aber staatsmännisch überaus bedenkliches Bestreben. So war er, obwohl er manchem sich zu seinen Ungunsten entwickelt zu haben schien, doch wohl derselbe geblieben, der er im Anfang gewesen war; aber das Reich war nicht mehr ganz das dieser Entschluß nur ein Ausfluß und seiner Die christlichen Beschaffenheit unsrer Quellen läflt hier, wie auch sonst in Regierung, so manches dunkel. Daß die Entscheidung tu den letxtwilligen Verfügungen des Kaisers gehörte, möchte ich um deswillen nicht annehmen, weil die Begnadigung Gottfrieds noch am Rhein erfolgt su sein scheint, und die Entlassung seiner Gemahlin doch wohl im Zusammenhang *) Heinrichs mit ihr stand. 30 I. gleiche, hatten Die Zeit der Salier. Wohl wie er es von seinem Vater übernommen hatte. gerade die letzten Jahre bewiesen, daß der Kaiser noch Gewalten gewachsen war, und von einer ernstnoch nicht reden. Aber nicht zum wenigsten durch die Fehler seiner Politik waren alle jene Gewalten emporgekommen, deren furchtbarer Zusammenschluß seinem Nachfolger Verderben bringen sollte: die Opposition des sächsischen und süddeutschen Laienadels, die lothringisch-tviszische Verbindung, das zur Selbständigkeit schreitende Papsttum, allen gegensätzlichen lichen Erschütterung seiner Machtstellung ließ sich Normannen. Mißstimmung und Unfriede waren im Reiche weitverbreitet, als Heinrich, der noch nicht das vierzigste Jahr vollendet hatte, in seiner Pfalz Bodfeld im Harz auf den Tod erkrankte. Mit schwerer Sorge gedachte er da der Nachfolge seines erst sechsjährigen Söhnchens. Schon hatten diesen die Fürsten zum König gewählt (1053), aber, wie uns berichtet wird, ihren künftigen Gehorsam von der die süditalischen Voraussetzung eines gerechten Regiments abhängig gemacht. Eben man einem Konrad II. gegenüber schwerlich gewagt haben würde, ein Moment der Unsicherheit enthielt, verpflichtete Heinrich auf seinem Sterbebett die gerade anwesenden Fürsten durch eine Wiederholung der Wahlhandlung aufs neue. Dem Papste Viktor II., der als Bischof von Eichstätt daran teilnahm, empfahl der Kaiser seinen Knaben zum besonderen Schutze. Noch einmal verzieh er allen seinen Feinden und erbat ihre Vergebung für seine Schuld. Dann trat der Tod ein (5. Okt. 1056). Deutschland stand an einem Wendepunkt seiner Geschicke. weil diese Klausel, die § 8. Das Reich während der Minderjährigkeit Heinrichs IV. (1066—1065). Nach dem bald Viktor II. erfolgenden (1057) sah sich Agnes, Tode des päpstlichen die Witwe Heinrichs Regentin vor eine ihre Kraft weit übCTSteigende Aufgabe Ängstlich und unsicher, ohne politisches Urteil, Beraters III., als gestellt. persönlichen An- schwaches Weib, hat sie durch ihr energieloses Walten künftiges Unheil vorbereiten helfen. Die Männer, die sie in Süddeutschland zu Herzogen erhob, der Burgunder Rudolf von Rheinfelden in Schwaben, der Sachse Otto von Nordheim in Bayern der Schwabe Berthold von Zähringen in Kämthen, sollten sich bald genug als die gefährlichsten Gegner Die Günstlingswirtschaft am Hofe, die Fürder Krone erweisen. sorge für die Reichsklöster, die Mißerfolge der großen Politik steigerten trieben folgend, voll kirchlicher Ergebenheit, ein § 3- die Das Reich während der Minderjährigkeit Heinrichs IV. (1056 Unzufriedenheit führten zu dem der — 1065). ^i und weltlichen Großen und von Kaiserswerth (1062), der mit der geistlichen Staatsstreich Person des königlichen Knaben zugleich das Reichsregiment in die Hand der Fürsten gab und die Kaiserin veranlaßte, sich in das langersehnte Kloster zurückzuziehen. Ein Jahr lang war nun Erzbischof Anno von Köln tatsächlich alleiniger Regent, der Hauptrivale Adalberts von Bremen, stolz und herrisch xn-ie dieser, ebenso auf die Erhöhung seiner Kirche seines persönlichen Einflusses bedacht, z-wischen Reichsregierung und und Kurie eine selbständige Mittelstellung erstrebend, die unhaltbar war, im ganzen doch enger, kurzsichtiger, phantasieloser, als Adalbert, der schon durch seine weltfrohere glanzvollere Lebenshaltung den jungen König mehr für sich einzunehmen wußte, und daher bald Als dann Anno (1063) mit dem Kölner um die Macht rang. durch den kirchenpolitischen Streit nach Italien geführt wurde ( 1 064), und der mündig gewordene König (1065) sich noch enger an den Bremer Erzbischof anschloß, begann für Adalbert die kurze Glanzzeit seines ausschließlichen Einflusses auf die deutsche Regierung. er sich nun, wie die sächsische Parteilegende will, Heinrichs Daß Gunst indem er dessen schlechten Neigungen frönte, ist ebenso unrichtig, wie die auf Nitzsch zurückgehende Meinung neuerer Forscher, Adalbert habe wieder einen großen nationalen gesichert habe, Zug in die Reichspolitik gebracht lichen Stärkung der Krone und planvoll eines glücklichen Feldzuges gegen an einer wirtschaft- den Ruhm Ungarn davon, der den deutschen gearbeitet.*) Wohl trug er Einfluß auf das Nachbarreich vorübergehend herstellte (1063), wohl sein persönlicher Nutzen mit dem der Krone, die ihm in Sachsen lief umfangreiche Rechte imd Besitzungen zugestand, eine weite Strecke zusammen, wohl förderten seine eben damals großartig betriebenen Patriarchatspläne die Beziehungen des Reiches zu den nordischen Ländern. Aber als das Interesse des Königtums einen Romzug zur Erwerbung der Kaiserkrone erheischte (1065), widerriet Adalbert, im wesentlichen doch wohl aus Eifersucht gegen Anno, den Erzkanzler für Italien, und der Versuch einer Aufteilung der wohlhabenden Reichsabteien unter die Bischöfe, unter denen er sich selbst ganz besonders bedachte, hätte bei völliger Durchführung geradezu den Hauptlebensnerv der Reichsgewalt unterbunden. Ebendiesen Plan nutzte die über die Bevorzugung eines Einzelnen mißvergnügte Fürstenaristokratie zum Sturze Adalberts; auf dem Tage von Tribur (1066) ward Heinrich gezwungen, seinen Ratgeber schimpflich zu entlassen, und nun erhoben sich dessen Gegner in Sachsen und *) Vgl. Meyer v. Knonau Jahrb. I, 695 ft I. 32 Die Zeit der Salier. wußten das Gebiet der bremischen Kirche auf kaum ein Drittel Der heidnisch-slawische Rückschlag aber, der nun bei den Abotriten und andern rechtselbischen Slawenseines Urafangs zu beschränken. erfolgte, brachte dem Reiche wie dem Christentum die schwersten Schädigungen. Nach innen und außen erinnerten so die Zustände an die Was aber den Vergleich sehr zu Zeiten der Kindheit Ottos III. stämmen Ungunsten des jungen Heinrich IV. entschied, war die inzwischen dem Jahrzehnt seit reißende Fortschritte gemacht hatte. Viktors II. hatte sich die Reformpartei mit vollzogene Machtbefreiung des Papsttums, die in dem Tode Heinrichs Nach dem Tode III. dem Lothringer Stefan IX. (1057 sein Bruder — 58) zuerst in den Sattel gesetzt; Herzog Gottfried von Lothringen sollte durch seine mittelitalische Machtstellung dem Papsttum die Selbständigkeit gewährleisten. Indes bei seiner kurzen Dauer kam diesem Pontifikat nur programmatische Bedeutung zu. Dann vermochten die Reformer gegen einen Vorstoß des römischen Adels ihre Herrschaft nur durch erneute Anlehnung an die Reichsregierung zu sichern, indem sie die Zustimmung der Kaiserin für ihren Kandidaten einholten. Der Name Nikolaus IL, den er sich gab, war mit seiner Erinnerung an den großen Papst des neunten Jahrhunderts ein Programm, und die kurzen drei Jahre dieses Pontifikats sind nun allerdings durch Zielsetzung, Festigung und Rüstung für die Geschichte des Papsttums hochbedeutsam geworden. In seine Anfänge fällt die Schrift des Kardinals Humbert „Gegen die Simonisten", in der die letzten Ziele der kirchlichen Reformpartei zuerst unverhüllt ausgesprochen wurden, wohl die hervorragendste publizistische Leistung der ganzen Zeit.^) Da ward nicht nur die Simonie als Ketzerei und jede Weihenspende durch Simonisten als ungültig erklärt, sondern vor allem der Begriff der Simonie ausgedehnt auf die Erteilung eines kirchlichen Amtes durch Laien oder an Laien. So sollte das gesamte Kirchengut herausgehoben werden aus der Verfügungsgewalt der weltlichen Grundherren, eine völlige Umkehrung des bisherigen Rechtszustandes, die am empfindlichsten die deutsche ReichsOffen wurde ausgesprochen, die Schändung der junggewalt treffen mußte. fräulichen Reinheit der Kirche durch die Einmischung der Laien habe mit den Ottonen begonnen, die Investitur von Geistlichen durch Laienhand mit den kirchlichen Symbolen Ring und Stab sei verwerflich und nichtig, wie Nur ein Konsensrecht bei viel mehr jetzt gar durch die Hand einer Frau! den Bischofswahlen wurde der weltlichen Gewalt zugestanden, jeder weitere Anspruch zurückgewiesen; nicht mehr Reform, sondern Befreiung der Kirche ward die Losung, und zu ihrer Durchführung wurde bereits die Revolutionierung der Volksmassen gegen die Fürsten ins Auge gefaßt. Da aber eine völlige Trennung von Geistlichem und Weltlichem bei dem Ineinandergreifen J) Vgl. M. G. LibeUi de lite I, 155. § 3- Das Reich während der Minderjährigkeit Heinrich» IV. (1056 — 1065). ^^ beider Kreise aussichtslos erschien, so führte eine wahre Befreiung der Kirche Das Priestertum ward lu ihrer Überordnung über die weltlichen Gewalten. der leitenden Seele, das Königtum dem gehorchenden Körper verglichen. So gelangte man gleich im Anfemge in der Verfolgung der kirchlichen Freiheit xur kirchlichen Herrschaft. Noch mochten sich die maßvolleren Reformer, wie der zum Kardinal erhobene Petrus Damiani^), keineswegs zu so weitgehenden, den Frieden der Welt bedrohenden Schlußfolgerungen bekeimen; aber die radikalere Gruppe, die sich nun ganz auf den Boden dieses mit eindringlicher Schärfe entwickelten wann die Führung, allen voran der der römischen Programms vom Subdiakon stellte, ge- ztmi Archidiakon Kirche emporsteigende Hildebrand. Das „scharf- Auge" des Papstes nannten ihn wohl die Freimde; „er fütterte seinen Nikolavis im Lateran wie einen Esel im Stalle" meinte ein Gegner. Von nun ab hielt er imimterbrochen das R^;iment der Kurie in Händen bis zu seinem eignen Pontifikat. Gleich die Lateransynode von 1059 zeigte in ihren Reformbeschlüssen den Einfluß von Humberts Schrift; vor allem aber suchte sie das Papsttmn vor weiteren Störungen zu sichern imd der Reformpartei dauernd zu erhalten diu-ch eine Neuordnimg der Denn indem der Kandidatenvorschlag künftig den Papstwahl.*) sichtige K«u:dinalbischöfen, ') Annahme oder Ver^iverfung dem gesamten Kardinals- Seine Schriften die kirchliche und Briefe gehören zu den wichtigsten Quellen Reformbeweg^g vor dem Investiturstreit, vgl. Opera filr ed. Caje- tanus 1743 u. Libelli de lite I. *) Die Verfälschungen des ursprünglichen Textes während des folgenden Kampfes in beiden Lagern haben der Forschung über das Papst wahldekret Nikolaus IL schwierige Aufgaben gestellt und eine reiche Kontroversliteratur Die älteren Abhandlungen 6nden sich aufgezählt imd beurteilt hervorgerufen. in der Schrift von Scheffer-Boichorst, Die Neuordnung der Papstwahl durch Nikolaus IL (1879), die einen vorläufigen Abachlufi brachte und noch Die sog. „päpstjetzt die sicherste Grundlage für weitere Arbeit bleibt. liche" Fassung des Dekrets mit dem allgemeinen Vorbehalt des kaiserlichen Rechts wurde von ihm mit hoher Wahrscheinlichkeit als die dem ursprünglichen Text im wesentlichen entsprechende nachgewiesen, während die sog. , kaiserliche" Fassung, die dem Kaiser einen Anteil an der Wahl selbst zugesteht, als eine spätere Fälschung aus dem Kreise der Anhänger des Gegenpapstes Wibert um 1080 erscheint, andererseits freilich auch eine Verfälschung Über einzelne Streitpunkte, wie die aus dem Lager Gregors VII. nicht fehlt. von Panzer, v. Heinemann, K. Müller u. a. angenommene Abänderung des Dekrets im Jahre 1060, setzen sich die Meinungsverschiedenheiten bis in die Gegenwart fort; vgL darüber Meyer v. Knonau I, 6782., Hauck III 3. 4 S. 683. Neuerdings sucht v. Pflugk-Harttung (Mitt. des Inst. f. öst. Gesch. 27, 1906) auch die weitgehende Verunechtung der sog. „päpstlichen" Fassung nachzuweisen und meint aus den zeitgenössischen Berichten schließen zu können, dafl in dem ursprünglichen Texte das kaiserliche Recht als Gegengewicht gegen den Einflufi des römischen Adels stark betont gewesen sei; doch dürfte er mit seinen Hampe, Ausfuhnmgen schwerlich allgemeinere Zustimmung Deutsch« KaiacrgMchicht«. finden. S !• 'lA Die Zeit der Salier. koll^ zustehen sollte, während dem übrigen Klerus und Volk von Rom nur ein rein formelles Zustimmungsrecht blieb, sollte der Eindes römischen Adels auf die Wahl ein für allemal beseitigt werden. Das war neben der Legalisienmg gewisser Unregelmäßigkeiten bei der Erhebimg des g^enwärtigen Papstes offenbar der Hauptzweck der neuen Ordnvmg. Aber daneben war sie doch eine einseitige Abänderung des noch von Heinrich III. energisch betonten imd geübten kaiserlichen Rechtes bei der Papstwahl, das in der vorliegenden Fassung des Dekrets nur in ganz unbestimmter Form Noch als persönliches Vorrecht Heinrichs IV. vorbehalten wurde. suchte man den offenen Bruch mit der Reichsregierung zu vermeiden, wenn sie sich mit einer wenig greifbaren Phrase abspeisen Darüber freilich konnte man sich einer Täuschung nicht ließ. hingeben, daß die erstrebte Befreiung der Kirche sich ohne einen Kampf mit dieser Macht nicht verwirklichen ließ. So sah man sich frühzeitig nach Bundesgenossen um. In Mittelitalien bot die Machtstellung des Herzogs Gottfried von Lothringen, dem Nikolaus II. nicht zum wenigsten seine Erhebung verdankte, den natürlichen Rückhalt. Süditalien gegenüber auf Antrieb Hildebrands eine bedeutsame aber vollzog sich Schwenkung der päpstlichen Politik. Noch der letzte der deutschen Päpste Stefan IX. hatte wie Leo IX. an eine Machtstärkung der Kurie durch feindliche Niederwerfung der Normannen gedacht. Jetzt sah man die Unmöglichkeit ein und erreichte Ähnliches durch Beide Normannenführer wurden in friedliches Übereinkommen. ihren teilweise auf Kosten der Kirche erweiterten Gebieten anerkannt, Richard von Aversa als Fürst von Capua, Robert Guiskard, der rücksichtslose Eroberer imd listenreiche Unterhändler, als Herzog von Apulien, Kalabrien imd dem noch erst zu gewinnenden aber zugleich wurde die durch keinen Rechtstitel zu Sizilien; stützende, vielmehr wohlb^;ründete ReichsansprQche verletzende Lehenshoheit des Papsttums über diesen ganzen Kreis von Landschaften errichtet, Zinszahlung imd Waffenhilfe ihm zugesichert Diente das normannische Schwert vorderhand gegen den (1059). römischen Adel, so konnte es dereinst auch Schutz gegen das Reich fluß mm Und schon hatte die Kurie auch in Oberitalien wertvolle In Mailand hatten sich seit den Bimdesgenossenschaft gefunden. Tagen Konrads IL die sozialen Parteien gewandelt; damals Spaltungen zwischen den Adelsklassen und noch ein Zusaixmaengehen zwischen Erzbischof imd Bürgertum, jetzt die unteren Volksschichten emporstrebend und in feindlichem G^ensatz zu den durch Inter- bieten. essengleichheit, Verwandtschaft und Lebenshaltung eng verbundenen beiden Ständen des hohen Klerus und Gesamtadels. Mit dieser § 3- Das Reich während der Minderjährigkeit Heinrichs IV. (1056— 1065). ^ e Bewegung verbanden demokratischen sich im Todesjahre Hein- richs III. kirchliche Reformbestrebimgen, die, von leidenschaftlichen Agitatoren geleitet und die soziale Begehrlichkeit ausbeutend, sich gegen die in dem verweltlichten lombardischen Klerus ganz be- sonders verbreiteten Mißstände der Priesterehe und Simonie wandten. Diese Mailänder Pataria*) verkörperte so zuerst jenen Gedanken einer Massenrevolutionierung, dem Kardinal Hvunbert wenig später in seiner Schrift Ausdruck gab. Aufreizende Reden, die das Meß- opfer beweibter Priester als Himdemist, ihre Kirchen als Viehställe bezeichneten, führten zu Störungen der Gottesdienste, Mißhandlungen der Priester, endlich zu offenem Aufruhr. Beide Parteien wandten Da war es wieder Hildebrand, der schon zur sich nach Rom. Zeit Stefans IX. die Bedeuümg der Pataria für das Papsttum erkannte und bald die engste Verbindung zwischen beiden herstellte. Sie machte sich für die Kurie sofort belohnt, denn unter dem Drucke dieses Bündnisses leistete der schwache Mailänder Erzbischof Wido Papste einen Gehorsamseid und nahm aus seiner Hand das dvuch das Symbol des Ringes noch einmal in Empfang, dadxurch deutlich bekimdend, daß seine frühere simonistische Einsetztmg durch den Kaiser für nichts gelten sollte. Auch hier stießen die Ansprüche der vordringenden Reformpartei mit denen des Reiches jetzt dem Amt feindlich So zusammen. verfügte das Papsttxun über Bimdesgenossen in allen Teilen Italiens, als der Kampf mm doch vmerwartet schnell ziun Ausbruch kam; denn die Verletzungen des kaiserlichen Rechtes betreffs der Papstwahl, in Süditalien und der Lombardei waren selbst für die Schon damalige Schwäche der deutschen Regienmg unerträglich. in den letzten Zeiten Nikolaus II. kam es zu einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen imd dann auf einer deutschen Synode zu einer scharfen Verurteilimg des Papstes und seiner Neuenmgen. Aber ZielbewußtSein Tod (1061) führte zum offenen Schisma. Sofort setzte heit xmd Tatkraft waren nur bei den Reformern. Hildebrand mit normannischer Hilfe den entschlossensten Begünstiger der Pataria, Bischof Anselm von Lucca, als Papst Alexander II. Erst einen Monat später ließ (1061 73) auf den Stuhl Petri. sich die Regierung von den italienischen Reformfeinden, dem römischen Adel \md den lombardischen Bischöfen, ins Schlepptau nehmen und stimmte auf dem Tage von Basel halb wider Willen der Erhebvmg des Bischofs Cadalus von Parma zum Gegenpapst Honorius II. zu, ohne indes für seine Durchsetzimg die mindeste — ') Der Name ist höchstwahrscheinlich abztileiten von dem nach dem Trödelmarkt genannten Mailänder Stadtquartier, das der Partei die Hauptsahl der Anhänger stellte. 3* L ß6 ^ic Zeit der Salier. Kraftanstrengung zu wagen. Welches Wirrsal unheilvoller WiderDas Kaisertum, das die Papstkirche erneuert hatte, schwenkte nun plötzlich um. An der Seite der Reformfeinde sollte den Kampf eine Regentin führen, die zum Zeichen ihrer völligen Hingabe an die Ideale der Reformer ebendamals den Nonnenschleier nahm. Die deutschen Bischöfe, die durch das Streben der Kiuie, zunächst einmal die Metropoliten durch Gehorsamseid und persönliche Pallieneinholimg zu päpstlichen Werkzeugen herabzusprüche! drücken, wohl hätten stutzig werden können, standen lau abseits oder erkannten wohl gar den Reformpapst an. Je nach den augenblicklichen Einflüssen wechselten Überstürzung vmd Zaghaftigkeit in den Maßnahmen der Regierung. So war der Kampf immöglich zu führen. Diese imhaltbaren Verhältnisse waren es, die mit anderen zusanmien den Staatsstreich von Kaiserswerth veranlaßten. Der dadurch hervorgerufene Regierungswechsel brachte eine völlig veränderte Stellungnahme im kirchenpolitischen Streit. Die deutschen Fürsten, die nun mit Anno von Köln an der Spitze die Leitimg der Geschäfte übernahmen, fühlten sich dem Gegenpapst gegenüber zu nichts verpflichtet und waren innerlich wohl von vornherein zur Anerkennung Alexanders II. entschlossen; wenn nur ihr fürstliches Ansehen gewahrt wurde, so kümmerte sie eine Preisgabe kaiserlicher Rechte wenig. Auf der Augsburger Synode von 1062 setzten sie Anstatt die ihre Auffassung gegenüber der lombardischen durch. Rechtmäßigkeit der ohne kaiserliche Mitwirkung vollzogenen Wahl Alexanders zu bestreiten, beschloß man, seine Anerkennung von einer Untersuchung über den gegen ihn erhobenen Vorwurf der Simonie abhängig zu machen, der sich bald als gegenstandslos herausstellte Die fortdauernden Kämpfe der beiden Päpste um Rom (1063). machten dann ein erneutes Eingreifen der deutschen Regierung nötig. Auf der Synode von Mantua (1064) mochte sich Anno mit dem deutschen Episkopat in der Vorstellung gefallen, das entscheidende Wort in dem Schisma zu sprechen, in Wirklichkeit war Alexander, der den Vorsitz führte, von vornherein seiner Sache sicher, und das Reformpapsttum ging durch die stillschweigende Beseitigung des kaiserlichen Mitwirkungsrechtes bei der Papstwahl neugestärkt, auch der deutschen Kirche gegenüber, aus dem Streite hervor. die Hoffnungen der lombardischen Gegner der gebannte Cadalus sich wenigstens in seinem Bistum Parma behauptete. Trotz seiner Ji^end hätte der mündig gewordene Heinrich IV. in dem Spiel der Parteien Italiens wohl seine Stellung nehmen und vielleicht die Kaiserkrone erlangen Immerhin lebten weiter, so lange § Dm 3- Reich während der Minderjährigkeit Heinrichs IV. (1056 — 1065). 77 können, aber die beabsichtigte Romfahrt ward erstmals, wie wir schon sahen, durch die Eifersucht Adalberts gegen Anno hinter- Dann, als man bei erneuter Bedrohimg dvu-ch die Kampanien vordringenden Normannen Richards von Capua an der Kurie selbst den Zug zeitweilig wünschte, war es Herzog Gottfried trieben (1065). in von Lothringen, der, besorgt um seinen Einfluß in Italien, das Unternehmen vereitelte (1066 67). Alsbald stellte Hildebrand, dem jede Einmischung der Reichsregierung vmlieb war, das frühere Verhältnis zu den Normannen her, und diese beschränkten sich nun auf die Ausdehmmg nach Süden, wo 1072 mit der Einnahme von Palermo durch Herzog Robert imd seinen Bruder Graf Roger die Eroberung Siziliens entschieden wvirde. In demselben Jahre sank mit dem Tode des Cadalus der Es war das erste Mal, daß ein letzte Rest des Schismas dahin. von der kaiserlichen Regienmg aufgestellter Papst nicht zum Sieg Von nvm ab sollte das nie mehr geschehen. Das allein gelangte. zeigt die Wendimg, die sich in dem Verhältnis von Elaisertiun imd Papsttmn vollzogen hatte. Für die deutsche Geschichte aber war dies Jahrzehnt nach Heinrichs III. Tode, diese Kette von Unsicher- — Zerfahrenheit und Fürsteneigennutz, eine der schmachvollsten Episoden. Die Stellung des jimgen Königs war dadurch von vornselbständigen Anteil an herein miheüvoll geschwächt, als er der Regienmg zu nehmen begann. heit, mm § 4. Die Anfänge Heinrichs IV. und Gregors VIL (1066—1075). Heinrich IV. und Gr^or VII. treten hinfort in den Mittelpimkt der Ereignisse, beide von zeitgenössischen Gegnern imd Nachwelt vervmglimpft und verkannt; Heinrichs problematische Natur freilich ungleich stärker imd länger als die Bronzefigm: des Papstes. Ein wider- fast noch schlimmer als die Caesarenschilderungen Suetons, überliefern uns die g^nerischen Quellen *): Heinrich ein abscheuerregendes Gemisch von Wollust und Grausamkeit, eine Art Ritter Blaubart oder gar verloren in widernatürliche Laster, über solchen Gelüsten und Launen seine Herrscherpflichten vernachlässigend, jedes Recht brechend, ein andrer Nebukadnezarl So lebte sein Andenken Jahrhunderte lang fort, und als endlich die protestantischen Historiker der Reformationszeit auch günstigere Urteile der Zeitgenossen zu Worte kommen ließen und Heinrich liches Zerrbild ») des Kaisers, Vgl. Richter, Ann. Hl, 2, 52ifi. I. 38 als einen Die Zeit der Salier. Vorkämpfer wider die Hierarchie auf den Schild hoben, wissenschaftlichen Begründung doch wieder allzuviel da war der Erst die Quellenkritik des 19. JahrParteiinteresse beigemischt. hunderts schuf den Boden für eine wirklich historische- AuffasAber noch heute haben sich die Meinimgen nicht völlig sung.^) geklärt. Heinrich war eine hochgewachsene, einnehmende Erscheinung, aber nicht von zuverlässiger Gesundheit. Über seine ungewöhnlich hohe Begabung und seinen natürlichen Scharfblick herrscht nur eine Stimme bei Freimd imd Feind. Unter der Leitung geistlicher Fürsten aufgewachsen, hatte er sich eine gute literarische Bildung erworben: Lateinkenntnisse, Freude an Lektüre und wissenschaftAber lichen Erörterungen, Verständnis für Musik und Baukunst. solche Neigungen berührten nicht sein innerstes Wesen; der kirchlich-ethischen Grundrichtung des Vaters stand er fem, viel näher verwandt der Laiennatur Konrads IL Dem auf den Knaben geübten Zwange setzte sich der Jüngling mit um so selbstherrlicherem Trotze entgegen, die erlangte Freiheit in sittlicher Ungebundenheit mißbrauchend, ohne indes, wie es scheint, die Grenzen zu überschreiten, in denen sich damals das Leben der adligen Jugend Daß er zeitweilig seine junge Ehe mit durchschnittlich bewegte.') Bertha von Turin, deren Verlobter er mit fünf, deren Gatte er mit fünfzehn Jahren geworden, zu zersprengen strebte (1069) und nicht erst vor dem Widerspruche des Papstes zurückwich, wird zum wenigsten das Gerede auf sein sittliches Verhalten gelenkt haben. Ein hochgespannter Herrscherstolz, oft verletzend und zum Widerstand herausfordernd, aber auch trotz Canossa verbunden mit einem lebhaften Gefühl für die Würde des Reiches, war das weitere *) Bahnbrechend war Rankes Lambertkritik (vgl. S. 2). Floto (Kaiser — IV. U.S.Zeitalter 2 Bde. 1855 56) gab zuerst eine warraempfundene, aber im politischen Urteil noch nicht ausgereifte Darstellung auch Giese brecht» umfassendere, philologisch tüchtigere Behandlung blieb noch zu sehr im Banne der Überlieferung. Tiefer suchte Nitzsch in die Ursachen der Geschehnisse einzudringen, trotz mancher Verfehlungen und konstruktiven Gewaltsamkeiten gerade für diese Epoche anregend und bedeutend. Treten in der großartigen Darstellung von Rankes Weltgesch. die persönlichen Züge zurück, so bringt H. ; Hauck auch hier selbständige und feinsinnige Beobachtungen, während sich gewaltigen und für jede Weiterarbeit unentbehrlichen Stoffsammlung Meyers v. Knonau (Jahrb. d. d. Reiches unter H. IV., Bd. i 5, 1890— 1904) kaum Ansätze zu einer zusammenfassenden Beurteilung Heinrichs und seiner in der — Politik finden. darüber *) Alle hinausgehenden Anschuldigungen der Gegner sind vielelende Verläumdungen zu betrachten und können zum Teil in ihrer legendanschen Weiterbildung verfolgt werden. mehr als § 4. Die Aniange Heinrichs IV. und Gregors VXL (1065 — 1075). xg Ergebnis dieser Eändheit voller Scheinmacht und Demütigungen, und nach solchen Disharmonien der Jugendzeit hat das wildbewegte spätere Leben seine leidenschaftliche Natur nie zu iimerer Ausgeglichenheit gelangen lassen; maßloser Überschwang imd hoffnungsmiteinander, aber stets erfolgte neues Mit dem Einsatz seiner ganzen Persönlichkeit, mit kri^erischer Unermüdlichkeit imd der oft bewährten Gabe, nach Niederlagen eine fast verlorene Sache herzustellen, mit einer klug berechnenden, hinterhältigen, meist glänzend erfolgreichen Diplomatie hat er, von vornherein in überaus schwieriger Lage und leere Verzagtheit wechselten Emporraffen. wiederholt von den entsetzlichsten Schicksalsschlägen heimgesucht, den gewaltigen Kampf seines Lebens durchgefochten, allmählich durch Züge von Milde und Großmut, durch seine friedenfördemde Tätigkeit imd sozialausgleichende Barmherzigkeit die Liebe breiter Schichten seines Volkes erringend, in so mancher Hinsicht von unverkennbarer Ähnlichkeit mit der reicheren imd machtvolleren Natur Kaiser Friedrichs IL — Heinrich begann, so hat man Nitzsch oft nachgesprochen, in seiner ersten Regierungsepoche als ein die Verfassung umstürzender Revolutionär, um später als ihr letzter Verteidiger zu enden; entspricht diese zugespitzte Formulierung doch kaum der geschichtlichen Wahrheit. Temperament, Macht und Taktik waren bei dem „wie ein mutiges Schlachtroß" vorwärtsstürmenden Jüngling gewiß verschieden von dem in die Verteidigung zurückgeworfenen, früh alternden Manne, aber das Ziel war hier wie dort das gleiche: Erhaltung und Stärkung der Königsmacht E)s galt die Einbußen an Rechten und Ansehen wieder einzubringen, die das deutsche während der Minderjährigkeitsregierung erlitten hatte. Diese Politik lenkte ganz zu Konrad IL zurück, sie beabsichtigte schwerlich die ottonische Verfassung einem Absolutismus zu Liebe umzustoßen, sie war reaktionär, nicht revolutionär. Mit Hilfe der Fürsten aber, denen die Entwicklung der letzten Jahrzehnte wesentKch zugute gekommen war, koimte sie natürlich nicht durchgeführt werden. Einzig Adalbert von Bremen, der ja unter den Fürsten stets eine Sonderstellung eingenommen, trat jetzt noch einmal kurz vor seinem Tode (t 1072) am Hofe bedeutsam hervor; neben ihm aber gewannen Ministerialen in steigendem Maße Einfluß auf den König. Unter den Fürsten der mächtigste war damals Otto von Nordheim, der mit ausgedehnten sächsischen Eigengütem und Lehen das ihm von Agnes verliehene Herzogtum Bayern verband, zugleich staatsmännisch und strategisch der fähigste Kopf in Deutschland. Diesen für die Ausdehnungspolitik des Königs besonders gefährlichen MachtBesitz, Königtum 40 I. Die Zeit der Salier. man durch eine Hochverratsanklage zu vernichten. Als Otto, offenbar unschuldig, sich dvurch Meidung des gerichtlichen Zweikampfes formell ins Unrecht setzte, wußte Heinrich, der in die Intrigue persönlich vielleicht nicht eingeweiht war, diese Lage geschickt zu seinem Stiu^ze auszunutzen und trotz heftiger Gegenhaber suchte wehr und der Verbindimg mit Magnus, dem Sohne des Sachsenherzogs Ordulf, seine Unterwerfung zu erzwingen (1071). Otto büßte dabei umfangreiche Güter in Sachsen imd sein Herzogtum Bayern ein, das vom König alsbald an Weif IV., den Begründer der jüngeren, von dem Italiener Azzo IL von Este abstammenden, mit der älteren nur durch weibliche Verwandtschaft verknüpften Weifenlinie, verliehen wurde. Der Sturz Ottos von Nordheim war der erste Schritt zu einer Ausdehnung des auf die alten ottonischen Hausgüter zurückgehenden Königsbesitzes in Sachsen. Weitere Maßnahmen schlössen sich zu einem förmlichen System zusammen. Heinrichs Ziel war, durch Ausbreitung und Abrundung des Domanialbesitzes zwischen Harz und Thüringerwald dem Königtmn eine starke wirtschaftliche Grundlage zu verschaffen, die es der Fürstenwillkür tmabhängiger gegenübergestellt haben würde imd für Deutschland eine Bedeutung hätte gewinnen können, wie später für Frankreich die Isle de France. Die Art, wie er dies Ziel zu erreichen suchte, erinnert lebhaft an die Restitutionspolitik des in ähnlicher Lage befindlichen jimgen Friedrich IL in Sizilien. Es war ein Kampf gegen die Usurpationen der letzten Zeit, durchgeführt mit allen Rechtsmitteln, mit Nichtbeachtvmg des dem sächsischen Stamme seit Heinrich IL zugestandenen Sonderrechts, welches u. a. durch das den Sachsen fremde Inquisitionsverfahren des Königsgerichts mit seinem vom Richter geleiteten, Eideshelfer und Zweikampf ausschließenden Zeugenbeweis dvurchbrochen wiu-de. Ein umfassender Bmgenbau, zu dem die Anwohner herangezogen wvurden, vmd starke Besatzungen meist schwäbischer Dienstmannen sollten die neuen, dvurch Konfiskationen von Gütern aufständischer Großen vermehrten Ein großer und kühner Plan, Gebietserwerbimgen sichern. dessen überstürzte und gewaltsame Durchführung indes lebhaften Indem Güter und Mannen, die Widerstand wecken mußte! dmrch Usurpation frei geworden waren, in die Abhängigkeit zurückversetzt wurden, schien allen Sachsen Knechtschaft zu drohen, ihr Sonderrecht war verletzt, nach dem Tode des Herzogs Ordulf (1072) gar ihre politische Stammesselbständigkeit bedroht, der König zögerte, seinen Nachfolger Magnus aus der Haft zu entlassen, in die er dvu-ch seine Unterstützung Ottos von Nordheim geraten war. Der allgemeine Unwille führte zu dem als § 4- Die Anfange Heinrichs IV. und Gregors VII. (1065 — 1075). . j Sachsenaufstand von 1073, dessen Seele bald Otto von Nordheim wurde. Auf der Harzburg völlig überrascht und nur mit genauer Not von da entflohen, geriet Heinrich durch den Abfall auch der Thüringer und die Hilfsverweigerung der Fürsten, von denen die großen weltlichen durch die ganze Richtung seiner Politik, die geistlichen auch durch gesteigerte finanzielle Anforderungen des Reiches und Wiederaufnahme der einträglichen Simonie verstimmt waren, in eine äußerst mißliche Lage und sah sich gezwimgen, den Rebellen einstweilen entgegenzukommen. Eine ähnliche Anklage, wie er sie selbst g^en Otto von Nordheim ausgenutzt hatte, bedrohte jetzt das königliche Ansehen, offenbar eine Intrigue seiner Gegner, um die süddeutschen Herzöge, auf die er Mordanschläge gerichtet haben sollte, ihm noch gründlicher zu entfremden. Aus diesem Tiefstände seiner Macht hob ihn, als er sich zvmi Rhein wandte, zuerst die Anhänglichkeit der Wormser Bürgerschaft wieder empor, die ihren — Bischof verjagte vmd Heinrich jetzt mit Jubel in Mauern aufnahm. Hier und kurz darauf in Köln, also in den kulüirell und namentlich im Handelsverkehr am weitesten fortgeschrittenen Gebieten des Mittel- und Niederrheins, zeigen sich sokönigsfeindlichen ihre mit die ersten Spuren des Emanzipationskampfes der jungen städtischen Bürgerschaft gegen die Herrschaft der Bischöfe, Spuren, wie sie in Italien schon über ein halbes Jahrhvmdert weiter zurück- Man Bedeutung dieser noch keinesnicht überschätzen; nur in Worms wvu-de sie für die Reichsgewalt nutzbar, während in Köln Erzbischof Aimo den Aufstand grausam erstickte. Es lagen in ihr noch weniger Gegenwartswerte, als Zukunftsmöglichkeiten: das freundreichen. w^ darf allgemeineren die politische Volksbewegung Königtimi imd Bürgertum, wie es nun Zug von Heinrichs Regierung wurde, konnte vielleicht für die deutsche Monarchie dereinst von ähnlicher Wichtigkeit werden, wie für die französischen Capetinger. Schon jetzt aber mußte die vmerwartete Hilfe dieser revolutionären Kräfte den Mut Heinrichs beleben xmd auf den deutschen Episkopat einen Druck im Sinne der Annäherung an den König avisüben. Der im Wahnsinn erfolgende Tod seines Anklägers mußte weiterhin als ein Gottesurteil zugimsten Heinrichs erscheinen. So war der Friede von Gerstxmgen (a. d. Werra), den die geistlichen Fürsten vermittelten liche Verhältnis zwischen ein charakteristischer (1074), nicht schlechthin eine Niederlage des Königs, wie etwa Giesebrecht aufgefaßt hat, sondern ein Kompromiß, das Besitzstand der Krone in Sachsen nicht schmälerte, aber den bellen Straflosigkeit, Wahrung ihres Rechts und Schleifung neuen Burgen zusicherte. ihn den Reder ^2 !• Eben unerträglich. diese Die Zeit der Salier. Zugeständnisse waren indes für Heinrichs Stolz Als die erbitterten sächsischen Bauern bei der Nieder- legung der Harzburg Frevel gegen die Kirche und die Gräber von Verwandten des Königs begingen, erklärte er den Frieden für gebrochen und wußte in überaus geschickter Weise gegen die Sachsen Stimmung zu machen und eine Anzahl der Fürsten durch Verhandlungen für sich zu gewinnen, so daß er im folgenden Jahre (1075) mit überlegenem Heere die Feinde bei Homburg a. d. Unstrut, nicht weit von Langensalza, aufs Haupt schlug vmd bald darauf zu völliger Unterwerfung zwang. Heinrich hatte erreicht, was er gewollt: die sächsischen Großen in seiner Haft, ihre Güter jetzt niur umsomehr für die Krone eingezogen, der Wiederaufbau der Burgen sofort begonnen! Die erstrebte wirtschaftliche Grundlage schien dem Königtum gesichert; schon befestigte sich die Dynastie, indem die Fürsten zur Königswahl von Heinrichs einjährigem Söhnchen Konrad verpflichtet wurden. Aber die zur dauernden Sicherung der neuen Verhältnisse erforderliche Ruhe blieb versagt. Das Anwachsen der Sondergewalten im Reiche war ja nur ein Teil der Erbschaft gewesen, die Heinrich bei seiner 'Volljährigkeit übernommen hatte; daneben stand drohend die errungene Selbständigkeit des Papsttums und das Anschwellen der kirchlichen Reformbewegung, welcher der König bislang nicht die genügende Beachtung geschenkt hatte. Jetzt kam es zmn Zusammenstoß mit diesen Mächten. Noch auf der Synode von Mantua (1064) hatten sich die deutschen Bischöfe mit Anno von Köln an der Spitze geschmeichelt, die Entscheidung über das Papsttum in der Hand zu haben. Gleich der damals von ihnen anerkannte Papst Alexander II. riß sie gründlich aus dieser Täuschung, indem er mit allen Mitteln daran arbeitete, die Selbständigkeit der deutschen Kirche zu brechen. Heinrich IV. bot damals den stolzen Erzbischöfen, die sich in Rom wie Schuljungen zu verantworten hatten, vielleicht in einer gewissen Schadenfreude, keinen Rückhalt, doch half er damit nur die Macht der Krone unterhöhlen. Und schon trat die Kurie mit dem königlichen Hofe in der Frage der Bischofsemennungen in Konkurrenz, namentlich in dem wichtigen Mailand, und sprach wegen der aufs neue geübten Simonie über Ratgeber des Königs, dessen Person man noch schonte, den Barm aus (1073). Ein Konflikt lag in der Luft, die Tonart wurde schärfer. Mit Petrus Damiani war eben damals (1072) der Hauptvertreter der maßvollen, kaiserfreundlichen Reformrichtung gestorben; der wahre Leiter der päpstlichen Politik war schon geraume Zeit der Kardinal Hildebrand, den Alexander IL nach Damianis Ausspruch zu seinem Gott erkor. Ebendieser wiuxie § einen 4« Die Anfange Heinrichs IV. und Gregors VIL (1065 Tag nach Alexanders Tode (1073) — 1075). ax in tumultuarischer, völlig Weise als Gregor VII. zum Papst erhoben i). Auch Gregor VII. ist erst spät in seiner wahren Bedeutimg ungesetzlicher Den Zeitgenossen vielfach unheimlich, später lange erkannt'). Jahrhunderte als selbstsüchtiger Kirchentyrann schlechthin beurteilt, hat er erst in neuerer Zeit eine ruhigere Würdigung gefunden, die freilich noch immer einigermaßen von konfessioneller VoreingenommenIn seiner kleinen Gestalt mit den bleichen und heit getrübt ist 3). häßlichen Gesichtszügen lebte eine Feuerseele, ein durchdringender Geist, dem sich die wirren Erscheinungen der Außenwelt mühelos zum klaren, wohlabgerundeten System zusammenschlössen, ohne daß daneben ein Zug zum Phantastischen gefehlt hätte, eine Gemütskraft, weit entfernt von jeglicher Ruhe der Betrachtung, aber erfüllt von mystischen Antrieben und dem Bewußtsein einer unmittelbaren vor allem aber ein alles Beziehung zu überirdischen Mächten, meisternder, stahlharter Wille, verbunden mit einem dämonischstürmischen Temperamente, das „rauh wie der Nordwind" seine Umgebung anfuhr und dem Papste von Damiani die Bezeichnung Diese gewaltige Persönlichkeit hatte sich „heiliger Satan" eintrug. nim mit allen ihren Kräften derart in den Dienst einer einzigen großen Idee gestellt, daß sie gleichsam niur noch als deren Verkörperung erschien. Diese Idee war die Verwirklichung des Gottesreiches hienieden unter Leitung des Papstes als des Vertreters der von Christus eingesetzten apostolischen Gewalt, der die Brücke bildete zwischen Diesseits und Jenseits, imd dem daher die uneingeschränkte Verfügung über alles Geistliche und Weltliche auf Erden Vorstellungen und Handlungen Gregors waren zustehen mußte. durch die ausschließliche Hingabe an diese Idee völlig bestimmt, — für das, was ihr widerstrebte, fehlte ihm alles Verständnis. Selb- *) Ober eine falschende Darstellung des Wahlvorgangs im päpstlichen Register vgl. Richter, Ann. III, 2, 105; Meyer v. Knonau II, 205. ») Vgl. Giesebrecht III, io86ff., .Meyer v. Knonau IV, 531 ff. ) Seine großartige kirchliche ReformtStigkeit ist luerst von dem Protestanten Job. Voigt (Hildebrand als Papst G. VII. u. s. ZeiUlter 1815; 2. Aufl. 1846) mit einer Wärme gewürdigt, die dem Verf. den Ruf eines verkappten Katholiken eintrug. In ähnlicher Richtung bewegt sich das neuere Werk vonDelarc (S. Gr6g. VII. et la reforme de l'feglise au Xle si^cle, 3 Bde. 1889/90), während Gfrörer (P. Gr. VIL u. s. Zeitalter, 7 Bde. 1859-61) mit noch stärkerer Tendenz das Verhältnis des Papstes sum Staat sum Mittelarte na punkt seiner weitausholenden Darstellung machte. Das Buch von (G. VII., sein Leben u. Wirken, 2 Bde. 1894) erstrebt in Einxeluntersuchungen eine unparteiischere kritische Grundlegung. Die bedeutendste Charakteristik verdanken wirHauck, der indes seine politische Begabung u. weit historische GröÜe doch wohl lu niedrig wertet. Eine befriedigende Gesamtbiographie fehlt Zu den seitgenöss. Quellen vgL oben S. u. 4. M I. 44 Die Zeit der Salier. Ständige Persönlichkeiten mit eigenen Zielen verachtete er; alle entgegenstehenden Rechte der Staaten brachen sich an der „Gerechtsame des heiligen Petrus". Der Widerstand der Welt hätte ihn nie belehrt oder bekehrt, machte ihn vielmehr nur einsam und mißtrauisch. idealistische Begreiflich genug, daß sich für diese leidenschaftliche, Kampfnatur die moralischen Maßstäbe verschoben: der Gegner war der Verworfene, welche die höchste Idee förderten, wenn wir sie heute anders beurteilen. Die hastige Gier, mit der Gregor nach Rechtstiteln für die Herrschaftsansprüche der Kirche griff, verrückte absichtlich oder unabsichtlich die natürlichen Zusammenhänge und führte zu erstaxmlichen Entstellungen der Wahrheit *) nur wird man die GemütsMittel, erschienen unwillkürlich als billigenswert, auch ; verfassung mittelalterlicher Geistlicher, die so oft zur Erhöhvmg ihrer Eörche selbst zu Fälschungen griffen, stets auch zum Verständnis Gregors berücksichtigen müssen. Das kirchenpolitische System, das er entwickelte, war in seinen einzelnen Gedanken durchaus nicht neu, lebte er doch selbst in der Vorstellung, nur das alte Recht zu erneuern; aber indem er an Augustin, an Pseudoisidor und Papst Nikolaus I. anknüpfte, steigerte er doch allenthalben die Ansprüche durch zuspitzende Formulierung vmd den geschlossenen Bau des Ganzen. Hätte Gregor dies System nur theoretisch entwickelt, so würde ihm eine Stelle unter den Förderern des Kirchenrechts, aber nicht imter den weltgeschichtDazu war nötig, daß er wenigstens lichen Größen zukommen. einen Teil seiner Gedanken in die Tat umsetzte und für den Rest eine Propaganda von solcher Wucht und Nachhaltigkeit machte, daß sie niemals wieder vergessen werden koimten. Das war nun -wirklich das Werk seines Lebens. Wenn Hauck ihm staatsmännische Größe abspricht, weil ihm das Gefühl für das Mögliche gefehlt habe, so wollte Gregor allerdings mehr sein, als ein mit den gegebenen Möglichkeiten rechnender Staatsmann, vielmehr ein großer Daß ein so vunfassendes Reformator, ein Umgestalter der Welt. Ideal nicht sogleich, daß es in vollem Umfange überhaupt niemals verwirklicht werden konnte, kann wohl gegen die Realpolitik, aber Zwei besonders lehrreiche Fälle derart hat Scheflfer-Boichorst (Ges. das klarste Licht gerückt: das behauptete Eigentumsrecht der römischen Kirche an Sachsen, weil dort unter Karl d. Gr. «wei Kirchen dem h. Petrus geweiht waren, und die Inanspruchnahme eines Zinses von ganz Frankreich wegen einer angeblichen Stiftung Karls für eine fränkische ^) Schriften I, 107 ff.) in Schule in Rom! In welcher Welt der Träume und Fiktionen Gregor lebte, und wie gewaltsam oft die Umbildung des kanonischen Rechtes durch ihn und seine Anhänger erfolgte, läßt sich bei aller Vorsicht gegen die feindselige Tendenz doch auch den Ausführungen Döllingers (Das Papsttum, neubearb. v. Friedrich, 1892, S. 40 ff.) entnehmen. § 4. Die Anfinge Heinrichs lY. und Gregore VII. (1065 — 1075)." a^ doch kaum gegen die Größe des Mannes sprechen, der seine gewaltigen Kräfte dafür einsetzte, vind wenn man sein Pontifikat eine „Kette von Niederlagen" nennt, so sollte man einerseits die voraufgehenden Erfolge des Papsttums in Betracht ziehen, an denen bereits Hildebrand ein bedeutsamer Anteil zukommt, und andererseits erwägen, daß die Wirkung solcher „Durchbruchsmenschen", wie Gregor war und sein wollte, nicht mit ihrem Leben abgeschlossen ist, sondern oft erst mit ihrem Tode in vervielfältigter Stärke beginnt. So dürfte es bei dem Urteile Rankes bleiben, der Gregor „vielleicht die größte kirchenpolitische Erscheiniuig" neimt, „die jemals vorgekommen ist". Übrigens fehlt es bei aller Leidenschaft des Vorwärtsstürmens keineswegs an Zügen kalter Berechnung, feinster Ausnutzimg der Parteigegensätze in den einzelnen Staaten ;md opportimistischer Behandlung der Angelegenheiten, wie sie etwa in dem ganz verschiedenen Verhalten England und dem deutschen Reiche gegenüber zutage tritt. Auch ergingen die großen Maßrxahmen der gregorianischen Politik zwar Schlag auf Schlag, aber nicht eigentlich willkürlich imd spnmghaft. Auf die Befreixmg und Erstarkung des Papsttums erfolgte zunächst der Versuch, den Klerus durch Verwirklichung des Zölibats vmd Verbot der Simonie aus den Banden der Weltlichkeit zu lösen. Erst als die Durchführung im Rahmen der bisherigen Verbände sich als uimiöglich herausstellte, schritt Gregor zur Niederreißung der alten Kirchen verfassimg, indem er die Rechte von Metropoliten imd Provinzialsynoden beiseite schob, die Bischöfe zu unbedingt abhängigen Dienern des Papstes herab- zudrücken und über strebte. Eben sie hinweg direkt die Absicht aber, in die Diözesen einzugreifen Einfluß auf die Einsetzung der Bischöfe zu gewinnen und zugleich das Kirchengut von den Eigentumsansprüchen der Laien zu befreien, führte zvun Verbot der Laieninvestitur, das nun der Anlaß zu dem großen Kampf mit den staatlichen Gewalten, insbesondere mit dem Kaisertum wurde, der Anlaß, denn die eigentlichen Gründe lagen tiefer, der „Investiturstreit" wuchs zu einem Kampf um die Weltherrschaft. Der absolute Leiter der Kirche strebte nun ganz offen nach der Obergewalt über die weltlichen Reiche, die ihm ihrem Wesen nach nur als Äußerungen des widergöttlichen Prinzips galten und ihre Berechtigung nur durch Unterordnung imter die Lehensgewalt der Kirche erhielten. Es ist bekarmt, wie er solche Hoheitsrechte den süditalischen Normannen, dem deutschen Gegenkönigtum, Dänemark, Rußland, Dalmatien, der Provence gegenüber zur Anerkennung brachte, wie er ähnliche Ansprüche auf England, Spanien, Ungarn, Böhmen, Sachsen, Sardinien, Corsica, Teile Mittelitaliens und in der — 46 I. Die Zeit der Salier. der Zinsforderung auch auf Frankreich imd wie er Europa bereits als eine Einheit unter der kirchlichen Spitze ansah imd von einer großen, gemeinsamen Unternehmung xmter päpstlicher Führung gegen den Orient träumte, die bald genug in dem ersten Kreuzzuge zur Wirklichkeit wurde. Die Leitsätze, die sich unter der Überschrift „Dictatus papae" in Gregors Register finden, rühren wohl nicht von ihm selbst, dürfen aber als Programm der gregorianischen Partei imzweifelhaft gelten i), Darin gemäßigteren Polen erhob, Form wird das Recht, den Kaiser abzusetzen und selbst kaiserliche Insignien zu tragen, ausdrücklich für den Papst in Anspruch genommen. Je mehr das Kaisertum nach seiner Idee und seiner Ableitung aus dem Römerreiche mit dem Papsttima als friedenverbürgende Vormacht Europas konkurrierte, und je enger das Band zwischen ihm und der deutschen Kirche geschlungen war, desto heftiger mußte der Zusammenstoß zwischen Papsttum und Reichsgewalt werden. Eine Weile liefen die Wege Heinrichs und Gregors noch Wie der König mit seinen nebeneinander, ohne sich zu kreuzen. deutschen Angelegenheiten vollauf beschäftigt war, so hatte auch der Papst in Italien mit der Unbotmäßigkeit des Normannenherzogs — Robert Guiskard, mit der Unsicherheit der römischen Zustände, mit der Gegnerschaft der reformfeindlichen lombardischen Bischöfe zu schaffen. Inzwischen begann er mit der Verwirklichung der schon so oft erhobenen kirchlichen Forderungen des Priesterzölibats und des Simonieverbotes in Deutschland Ernst zu machen. Dabei stieß er indes auf den passiven Widerstand der deutschen Bischöfe, die ihrerseits angesichts der Erbitterung der beweibten Kleriker die Unmöglichkeit einer rzischen Durchfühnmg einsahen und überdies durch mannigfache Eingriffe des Papstes in ihre Rechte gereizt Gregor aber hielt sich an die Bischöfe, die ebendamals waren. Unterinfolge der deutschen Gegensätze einer nachdrücklichen stützung des königlichen Hofes entbehrten, Strafen gegen sie vor. Das Liemar von Bremen schrieb gefährliche Mensch maßt sich steigerte die und ging mit scharfen Entrüstung. Erzbischof über den Papst: „Dieser an, Bischöfen zu befehlen wie seinen vertraulich Gutsverwaltem; wenn sie nicht alles tun, was er will, so müssen sie entweder nach Rom kommen oder sie werden ohne Urteil susDieser Gegensatz vor allem trieb den deutschen Epispendiert." kopat wieder auf die Seite Heinrichs, mit dem Gregor damals indes noch in freundlichem Briefwechsel stand. *) Kvlot in seiner Greifewalder Diss. 1907 leitet die wesentlichsten Beaus Deusdedit, Bonizo und Anselm v. Lucca her und läßt die Yer- standteile fasserixage offen. § 4« Die Anfange Heinrichs IV. und Gregors VII. (1065 — 1075). An Wichtige Entscheidungen brachte die römische Fastensynode Da die geordneten Gewalten der Kirche bei der Durchführung der Reformen versagten, so griff Gregor zu einer Revolutionierung der Laienmassen gegen die simonistischen und verheirateten Priester, indem er den kirchlichen Streik gegen sie allen Gläubigen zur Pflicht machte: ein verhängnisvoller Schritt, der die Verhetzung mitten ins Volk warf, der nun auch in Deutschland ähnliche Szenen der Mißhandlung von Priestern und Verhöhnung ihrer Sakramente hervorrief, wie man sie schon in dem patare- von 1075. nischen Mailand kannte, und der im Gnmde doch dem AutoritätsSigebert prinzip der katholischen Kirche schnurstracks zuwiderlief. von Gembloux hat uns geschildert, wie die erregte Erörterung über die höchsten Fragen nun selbst bis in die Werkstätten der HandEben der Angliedewerker und Spinnstuben der Frauen drang. rung von Laienbrüdem, die für die Wanderpredigt freier beweglich waren, als Mönche, verdankte etwas später im Schwarzwald imd den angrenzenden südwestdeutschen Landschaften die Hirschauer Klosterbewegung, welche unter Leitung des Abtes Wilhelm (1069 bis 91) im cluniazensischen Geiste auf Verschärfung der Ordensr^el und imbedingte Unterordnung xmter Rom das Hauptgewicht l^e, den größten Teil ihrer agitatorischen Erfolge. Der andere noch weit bedeutsamere Beschluß, den die Synode auf Gregors Antrieb faßte, war das Verbot der Laieninvestitur. Es sollte nach den damaligen Absichten des Papstes wohl weniger eine Feindseligkeit gegen die Krone, als vielmehr einen Schlag g^en die Unabhängigkeit des Episkopates von der Kurie darstellen. Indem man den päpstlichen Einfluß auf die Besetzung der hohen Prälaturen an die Stelle des kaiserlichen setzte, sollte sich die Umwandlimg der Bischöfe zu abhängigen Dienern des Papstes vollenden. Aber freilich, die ganze deutsche Geschichte seit den Tagen Ottos des Großen zeigt, daß ein solcher Eingriff nicht viel weniger bedeutete, als einen Versuch, die Reichsgewalt an der Wurzel abzusägen. Dem König die Besetzung der Bistümer und Reichsabteien aus der Hand zu nehmen, hieß ihm jeden Einfluß auf die Ander wichtigsten Reichsbeamten rauben; die Inanspruchdes Reichskirchengutes ausschließlich als Eigentum der Kirche aber stellte geradezu die Unterhaltsmittel der Zentralgewalt in Frage. Jeder deutsche Herrscher, der noch an die Zukunft seines Reiches glaubte und sich dafür verantwortlich fühlte, mußte diesen Beschluß stellung nahme auf Leben imd Tod betrachten. Gr^^or noch den offenen Bruch hinausschieben zu können und zeigte sich in vertraulichen Eröffnungen an Heinrich zu einem Entgegenkommen in der Form bereit; noch sprach er als eine Kriegserklärung selbst glaubte anfangs 48 !• dem Könige I^ic Zeit der Salier. seinen Glückwunsch zu dem eben damals erfochtenen Sachsensiege aus. diese Niederwerfung seiner deutschen G^ner Machtgefühl Heinrichs, der sich überdies durch die erneute Bannung von fünf seiner vertrauten Räte gereizt fühlen mußte, auch dem Papste gegenüber. Er machte nicht im geringsten Miene, das Investiturverbot zu beachten, im Gegenteil, jetzt, wo er die Hände frei hatte, griff er sogar wieder in die Bistumsbesetzungen Italiens ein und wußte in Mailand, wo die mit der Kurie verbündete Pataria in erneuten Kämpfen zurückgedrängt war, einen Erzbischof gegen den Willen des Papstes zur Anerkennung zu bringen. Darauf wies Gregor in einem scharfen Schreiben von Ende 1075 bei fernerem Ungehorsam des Königs drohend auf den Stiu-z Sauls hin imd ließ durch die Überbringer mündlich schneidende Worte über die sittlichen Verfehlungen Heinrichs hinzufügen und Bann und Absetzung in Aussicht stellen. Es war ein Ultimatum, da* den offenen Kampf unvermeidlich machte. Aber gerade steigerte das § Der Kampf zwischen Heinrich (1076—1086). 5. Wenn IV. und Gregor VII. von Gregors Vorgehen vielleicht ein Fehler Krone und Episkopat des Reiches eng zusammentrieb, so hat Heinrich nun allerdings, indem er sich auf der Reichssynode von Worms Qan. 1076) völlig ungerüstet in den aufgedrungenen Kampf hineinstürzte, seine Sache noch viel verhängnisvoller gedie Schärfe war, weil sie Schuld daran waren seine Unterschätzung der päpstlichen cluniazensischen Geisterbeherrschung, die ansteckende Erbitterung der deutschen Bischöfe, die Verkennung der Stimmung in der Stadt Rom imd die frechen Verläumdungen, welche der einst mit Gregor befreundete, jetzt aber von ihm abtrünnige Kardinal Hugo Candidus auf der Synode gegen das sittliche Verhalten des Papstes, der mit der Gräfin Mathilde von Tuszien in geheimer Buhlschaft lebe, vorbrachte. So ließ man sich gleich zu dem Äußersten fortreißen, der Absetzung Gregors, der infolge seiner unregelmäßigen Erhebung in Wahrheit niemals Papst gewesen sei.^) schädigt. Macht und der Man wird R. Friedrich, Studien z. Wormser Synode (Greifewalder daß der Bruch nicht durch blinde 1905) ohne weiteres zugeben, Leidenschaft Heinrichs hervorgerufen wurde, daß er selbst der Angegriffene war. Gleichwohl hätte eine kluge, die Weltlage richtig beurteilende Diplomatie m. E. danach trachten müssen, die äußersten Maßnahmen Gregors hinauszuzögern und derweil sich auf den unvermeidlichen Kampf ganz anders vorzubereiten. *) Diss. § Der Kampf zwischen Heinrich 5- IV. und Gregor VII. (1075 — 1085). 4g Neben dem Absagebriefe der deutschen Bischöfe, denen sich bald die ging ein Schreiben Heinrichs *) nach Rom an lombardischen anschlössen „Hildebrand, nicht mehr den Papst, sondern den falschen Mönch", welches ihm die Mißhandlungen der Bischöfe, das Buhlen um die Gunst des Pöbels, die anmaßende Drohung gegen das Königtum vorhielt und wirkungsvoll endigte: durch das Urteil aller unserer Bischöfe und das unsrige ver„Du also, dammt, steige herab, verlasse den angemaßten apostolischen Sitz. Ein anderer besteige den Thron des sei. Petrus, der nicht unter der Hülle heiliger Satzung Gewalttat üben, sondern die unverfälschte Lehre des sei. Petrus lehren möge. Denn wir, Heinrich, König von Gottes Gnaden, mit allen unseren Bischöfen sagen dir: steige herab, steige herab!" , — Wenn frühere deutsche Herrscher einen Papst entsetzten, hatten mit Heeresgewalt in Italien gestanden und das Heft in der Hand gehabt. Welche Verblendung, wenn Heinrich jetzt glaubte, das seitdem machtvoll erwachsene Papsttum mit einem Stück Per- sie gament entwurzeln zu können! Gregor beantwortete den Schlag von Worms sofort mit dem In der feierlichen Form eines Gebetes an den Apostelfürsten Petrus') verkündete er auf der römischen Fastensynode von 1076 über Heinrich den Barm, widersagte ihm die Leitvmg des Reiches und entband seine Untertanen vom Eid „Und so fessle ich ihn," endigte er, „im Vertrauen der Treue. auf Dich, damit die Völker es erfahren und erproben, daß du Petrus bist, imd auf deinem Felsen der Sohn des lebendigen Gottes seine Kirche erbaut hat, imd die Pforten der Hölle nichts gegen sie vermögen." Trotz allem, was das Vorgehen Gregors aus der allgemeinen Lage heraus begreiflich machte, blieb diese Absetzimg des für die Kaiserkrone bestimmten deutschen Herrschers, denn das war es, nicht nur eine zeitweilige Suspension, wie man wohl gemeint hat,') und seine Ausstoßung aus der Kirche ein schlechthin unerhörter, welterschüttemder Akt. War das bisherige Verhältnis zwischen Kaisertima und Papsttmn völlig auf den Kopf gestellt? Welche der beiden Mächte würde den Sieg behaupten? Nur zu bald trat die Hohlheit von Heinrichs Machtstellung zutage. Bei der Erschütterung von außen brachen die kaum geheilten inneren Wunden Deutschlands w^ieder auf. Die Sachsen sannen auf neue Empörung, die Laienfürsten suchten den Konflikt für ihre Sonderinteressen auszubeuten, die Bischöfe wurden von stärksten Gegenschlage. — — M. G. Const. HO. Die vorwiegende Meinung der neueren Forscher, zu Ostern von Utrecht aus abgesandt, teile ich nicht (so auch R. Friedrich a. a. O.), halte vielmehr die in das Manifest an die Römer aufgenommene Fassung (Bruno, De hello Sax. c. 67) nur für eine kürzere freie Umarbeitung. *) diese sog. I, schärfere Fassung sei erst Bibl. II, 224. *) Jaff6, *) So Ranke. Hainpe, Deutfche KaisergMchichte. 4 ^O !• I^>c Zeit der Salier. Gregor durch ein geschickt abgestuftes System von Strenge und Milde gespalten, die Volksmassen aber waren allenthalben im Reiche von den kirchlichen Vorstellungen doch so tief ergriffen, daß der Bann, welcher einen völligen Ausschluß aus der kirchlichen, damals also menschlichen Gesellschaft bedeutete und für jeden, der mit dem Ausgestoßenen verkehrte, die gleiche Exkommunikation nach sich zog, je länger, desto mehr ein vollkommen lähmendes Hemmnis für jede Art von Regierungstätigkeit des Königs wurde. Mochte er daher auch anfangs noch unveränderlich an seinem Standpunkte festhalten und auf die Kunde aus Rom Bann mit Bann erwidern, mochte er unter Berufung auf die beiden Christus dargebotenen Schwerter im Lukasevangelium die Gleichordnvmg der königlichen und priesterlichen Gewalt betonen, seine Sache war doch bereits im Abflauen, als nun um die Mitte des Jahres im Norden rmd Süden des Reiches der öffentliche Abfall begann. Die sächsischen Großen, als Geiseln der Obhut einzelner Fürsten anvertraut, wiu-den von diesen aus der Haft entlassen, eilten in die Heimat und riefen das Volk zu den Waffen. Nach einigem Zögern übte auch Otto von Nordheim, den Heinrich nach dem Sachsensiege durch Zugeständnisse gewonnen und ganz in sein Vertrauen gezogen hatte, Verrat und trat an die Spitze der Aufständischen. Die sächsische Opposition schloß sich mit der süddeutschen der Herzoge zusammen; auf einem Tage in Tribur sollte im Oktober gemeinsam eine Entscheidung über die Sache des Reiches getroffen werden. Der entstellende Bericht Lamberts von Hersfeld über diese Versammlung ist erst durch die neuere Forschung gereinigt worden. Heimich selbst lagerte mit Truppenmacht am linken Rheinufer bei Oppenheim, noch keineswegs zur Nachgiebigkeit geneigt, bis sich die Vorgänge auf dem Lügenfelde bei Kolmar zu wiederholen schienen, und imter der Einwirkimg von päpstlichen Legaten der Übergang seiner Leute ins Lager der Gegner begann. Da mußte er sich zu einem Ausgleich bequemen, der ihm demütigende Bedingimgen auferlegte. Den Fürsten mußte er die Entlassung seiner Ratgeber, die Preisgabe der getreuen Wormser Bürger und die vorläufige Enthaltung von den Regierungsgeschäften zugestehen, an den Papst aber ein Entschuldigungsschreiben richten, welches das Eingeständnis seiner Verfehlung und das Versprechen von Genugtuung und Gehorsam enthielt. Vielleicht hat Heinrich den Text dann doch selbstbewußter gestaltet, als seiner Abmachung mit den Fürsten entsprach. i) Würde schon das dafür sprechen, daß er — ^) Die Ansichten der Forscher über den auf uns gekommenen Wortlaut des Schreibens (M. G. Const. I, 114) gehen freilich weit auseinander. Auch § Der Kampt rwischen Heinrich 5- seine Sache noch nicht gewiß wie nicht, man Beschlüsse verpflichtet, und einseitig IV. und Gregor als verzweifelt VII. (1075 — 1085). c j ansah, so hat er sich ganz annahm, auf die noch weitergehenden welche die ihm feindlichen Fürsten vielmehr früher vertraulich faßten, ehe sie in Tribur auseinander- gingen: nämlich die Bestimmimg, daß Heinrich seiner gehen lustig Banne Krone verwenn er sich binnen Jahr vmd Tag nicht vom habe, und die Einladung an den Papst, zu einem solle, gelöst großen Reichstage in Augsburg im Anfang des nächsten Jahres i) persönlich zu erscheinen, xmi über den Streit zwischen König vmd Eine Zustimmvmg zu diesen BeFürsten das Urteil zu sprechen. schlüssen wäre einem Verzicht Heinrichs auf seine königliche Vielmehr hoffte er damals noch, in Würde gleichgekommen. direkten Verhandlungen mit dem Papste zu einer Verständigung Indes Gregor glaubte jetzt den Sieg in der Hand zu gelangen. Als Schiedsrichter über die deutschen Parteien imd in zu haben. der Lage, beide gegeneinander auszuspielen, hätte er sich schwerlich mehr mit dem Investiturverzicht begnügt, sondern hätte die In der gehobensten Lehensabhängigkeit des Reiches gefordert. Stimmvmg brach er von Rom nach Norden auf. Aus der Erkenntnis, daß seine Vereinigvmg mit der deutschen Opp>osition den Zusammenbruch des salischen Königtums bedeutet haben würde, entsprang dann der plötzliche und alle Welt überraschende Entschluß Heinrichs, persönlich dem Papste nach Italien entgegenzueilen. Diese Winterfahrt über den Mont Cenis mit seiner Gemahlin imd dem zweijährigen Söhnchen, mit einem beschränkten Gefolge von Räten imd Bediensteten ist schon von den Zeitgenossen, namentlich wieder Lambert von Hersfeld, romanhaft ausgeschmückt, und auch die weiteren Vorgänge sind in ihrem historischen Kern imter der Fülle phantasievoller imd tendenziöser Entstellungen nicht leicht herauszuerkennen. Der Papst, dem die über die unerwartete Wendung der Dinge bestürzten deutschen Fürsten das versprochene Geleit nicht gesandt hatten, zog sich auf die Kunde von der Ankimft des Königs in der Lombardei erschreckt auf die im Besitze der Gräfin Mathilde befindliche Feste Canossa zurücL Heinrich aber enttäuschte die kriegerischen Hoffnungen seiner lombardischen Anhänger und erschien friedlich vor der Burg.*) der Aufierung v. D. Schäfer (Hist. Zeitschr. 96) kann ich mich nicht anschlieflen. R. Friedrich, D. Wirkungen der Wormser Synode usw. (Hamb. Progr. 1908) hält gleich mir den ganxen Text für echt Seine sonstige Au£fas8ung teile ich nicht. Der Tennin war anfangi der 6. Jan., dann der 2. Feb. 1077. Die weltberühmte Canossaszene ist sowohl ihrem Verlauie, als ihrer Benrteüung nach in neuerer Zeit bedeutsamen Wandlungen der Auffminig *) *) 4* 52 I. Die Zeit der Salier, Der steile Canossafelsen mit seiner damals uneinnehmbaren, aber räumlich beschränkten Burganlage erhebt sich etwa fünfzig Meter hoch aus dem von Giesbachschluchten zerrissenen, unwirtlichen Plateau des zur Poebene abfallenden Apennin. Wahrscheinlich an seinem Fuße hat Heinrich mit wenigen Begleitern drei Tage lang geweilt und sich in der kirchlichen Büßertracht, mit nackten Füßen und härenem Gewände, trotz strenger Winterkälte wiederholt vor dem Burgtor einlaßheischend gezeigt. Ein zeitweiliges Bußestehen wird sich kaum in Abrede stellen lassen,*) aber daß der König drei Tage imd Nächte ohne Unterbrechung auf Eis und Schnee gestanden habe, ist eine schon von den Zeitgenossen vorgenommene Vielmehr verging Übertreibung, die bis in unsere Tage fortwirkt. zum mindesten ein Teil der Zeit unter Verhandlungen Heinrichs mit dem Papste durch Mittelspersonen, wie seinen Taufpaten Abt Hugo von Cluny und seine Verwandte Gräfin Mathilde. Dieser gelang es denn auch endlich, wohl am 28. Januar 1077, vom In Bußtracht vor Gregor erPapste die Zulassung zu erwirken.*) scheinend, verpflichtete sich Heiruich durch den Eid der anwesenden Reichsfürsten, in seinem Streite mit den deutschen Gegnern innerhalb einer zu bestimmenden Frist die Vermittlung oder den Schiedspruch des Papstes anzuerkennen vmd dessen Reise nach Deutschland weder selbst, noch durch seine Anhänger zu gefährden. Darauf vollzog Gregor die Lösung vom Banne und erteilte dem König das Abendmahl, das er indes nicht wie Lambert von Hersfeld unterworfen gewesen. Grundlegend für die Erkenntnis des äußeren Hergangs waren die Untersuchungen von Holder-Egger (Neues Arch. 19), die von Meyer v. Knonau, Deutsche Zeitschr. f. Gesch. 11, Otto, Mitt. d. Inst. £, Haller, Neue Jahrb. f. d. klass. Altertum usw. 1906 in Ost. Gesch. (18), Als die sichersten Quellen haben einzelnen Punkten weitergeführt wurden. der eigene, immerhin tendenziös färbende Bericht Gregors an die deutschen Fürsten (Jaff6, Bibl. II, 256) und das urkundliche Versprechen Heinrichs (M. G. Const. I, 115) zu gelten. Daneben kommt vor allem der spätere Donizo (vgl. oben S. 4) wegen seiner Lokalkenntnis in Betracht. ^) Ausschlaggebend namentlich die meist übersehene Stelle Donizo II, 6755. *) Die entscheidende Zusammenkunft zwischen Heinrich und Mathilde fand nach Donizo in einer Kapelle des heiligen Nikolaus statt, über deren Lage die Forscher neuerdings streiten. Nach meiner Kenntnis der Örtlichkeit muß ich ihre Verlegung in die Burg selbst, wo nur die Kapelle des Apolloniusklosters in Betracht kommt, völlig ablehnen. Am Fuße des Felsens könnte sie gelegen haben; da aber eine Nikolauskapelle in der Burg Montegiovanni (Montezane) bei dem nördlich gelegenen Bianello existiert hat, so scheint mir die darauf gerichtete Vermutung von Campanini (Canossa, Guida storica illustrata 1894 S. 91 ff.) durch die Bemerkungen Bresslaus (N. Arch. 33, 531), daß jene Nikolauskapelle nicht vor 1285 nachweisbar ist, noch keineswegs Heinrich müßte dann, verzweifelt, schon im Begriff gewesen sein, abgetan. rex recedere nach Norden abzuziehen, wie Donizo andeutet („Cumque Nicholai"), vellet cappellam sancti petit — — — § 5- Der Kampf zwischen Heinrich IV. und Gregor VII. (1075 — 1085). ^3 glauben machen will, zu einem Gottesgericht gestaltete. Die Frage des Investiturverbotes scheint bei dieser ersten Zusammenkvmit nicht erörtert zu sein, doch fand sechs Tage später noch eine zweite in Bianello statt, bei der man für weitere Verhandlungen Auf dem Wege dorthin ein Konzil in Mantua in Aussicht nahm. ward Gregor durch die Feindseligkeiten der lombardischen Bischöfe zur Umkehr bewogen. Heinrich wandte sich um Ostern nach Deutschland zurück. fSSSls So der äußere Verlauf. Was aber bedeutete Canossa? Nach der älteren Auffassung einen uneingeschränkten Triumph des Papsttvmis, nach der neueren einen politischen Sieg des Königs. Man hat sich nach beiden Seiten hin vor Übertreibungen zu hüten i) und die Dinge nicht nach dem modernen Empfinden zu beurteilen. Der kirchliche Bußakt hatte für die Zeitgenossen nicht ganz das Demütigende 2), das er für uns hätte, imd andererseits wäre es verkehrt, den Vorgang, bei dem starke Gemütserschütterungen hüben und drüben mitwirkten, ausschließlich als ein politisches Rechenkimststück hinzustellen. In Gregor trug nach dreitägigem, schwerem Kampfe der Priester, der dem bußfertigen Christen die Absolution nicht verweigern koimte, schließlich den Sieg davon, aber freilich erst, nachdem der Politiker sich hinreichend gesichert zu haben glaubte. Er gestand nichts weiter zu, als die Wiederaufnahme in den Schoß der Kirche, nicht eine volle Wiedereinsetzung in das Königtum 8). Die Sache des Reiches sollte, wie er sofort den deutschen Fürsten schrieb, durchaus in der Schwebe bleiben, sein Ziel war nach wie vor das Schiedsgericht über die Parteien in Deutschland mit der stets offen gehaltenen Möglichkeit, sich je nach dem Maße der Zugeständnisse auf diese oder jene Seite zu stellen und die Bedingungen, die er Heinrich auferlegte, sollten dies Ziel sichern. Aber der Reise nach Deutschland, an der Gregor noch im Mai festhielt, türmten sich immer neue Hemmnisse entgegen, bis ihn im Sommer die Kunde von Unruhen in Rom einstweilen dorthin zurückrief. Die Politik seiner nächsten Jahre blieb gleichwohl von demselben Ziele beherrscht. Auf der andern Seite war es Heinrich, der die Absolution stürmisch begehrte, schwerlich ohne jegliche Einwirkvmg des religiösen Momentes, in der Hauptsache aber doch, weil ihm der Bann die *) Die lächerlichen neueren Versuche, den Vorgang ru einem glänzenden Triumph Heinrichs aufzubauschen, verdienen keine wissenschaftliche Beachtung. immerhin Richter, Ann. III, 2, 613. gegenteiligen Meinung der meisten neueren Forscher vermag ich mich nicht anzuschließen, wenn auch eine gewisse Zweideutigkeit Gregors in den nächsten Jahren zuzugeben iat. ') Vgl. ') Der , ' \ 1 I. 54 Die Zeit der Salier. Glieder zusammenschnürte, imd er erst einmal Luft haben mußte, um sich wieder regen zu können. Dafür war ihm schließlich kein Preis zu hoch, selbst nicht die unerhört demütigende Anerkennung eines päpstlichen Schiedsgerichtes in innerpolitischen Angelegenheiten des deutschen Reiches. Er mochte hoffen, daß Gregors Reise doch noch zu verhindern sei, er mochte einer Entscheidung des Papstes jedenfalls gegegenüber von vornherein stille Vorbehalte machen, wann er durch die Absolution die Freiheit des Handelns zurück, und er hat sie in den nächsten Jahren benützt, um durch eine meisterhafte Diplomatie die Kurie mit leeren Hoffnungen hinzuhalten und die Vereinigung seiner Gegner auf deutschem Boden dauernd zu hintertreiben. Indem ihm die Absolution die Möglichkeit zu dieser Diplomatie bot, gewährte ihm Canossa einen nicht — zu leugnenden taktischen Vorteil. Erhebt man indes den Blick von der momentanen politischen Lage zu dem großen Entwicklungsgange des Verhältnisses von Staat und Kirche und vergleicht die Rolle des deutschen Kaisertums in Sutri mit dem Tage von Canossa, so liegt freilich die abschüssige Bahn, auf der sich die Reichsgewalt während des letzten Menschenalters bewegt hatte, klar genug vor Augen: damals noch der Schiedsrichter Europas, jetzt sich beugend unter das päpstliche Schiedsgericht, damals die Päpste durch den Machtspruch des Kaisers abgesetzt, jetzt durch das Nachsuchen der Absolution das Bannrecht des Papstes gegenüber einem deutschen Könige, dem Abweichung vom Glauben gar nicht vorzuwerfen war, anerkannt! Der Schritt Heinrichs mochte unter den verzweifelten Verhältnissen klug sein, er mochte eine Wendung zum Besseren anbahnen, aber er war doch das Siegel auf die Entwicklung der letzten Jahrzehnte, die das Verhältnis von Kaisertum und Papsttum von Grund aus Das allgemeine Urteil begreift politische Niederwenn sie in einem sinnfälligen Vorgang in die Erscheinung und übersieht die Reihe der Fehler, die zu ihnen hingeleitet gewandelt hatte. lagen treten, erst, In diesem Sinne, als das letzte Glied einer solchen Kette, Name Canossa auch fernerhin das Symbol der Kapitulation staatlicher Macht vor kirchlichen Herrschaftsansprüchen bleiben, das er durch Bismarck in der ganzen Welt geworden ist Gregors Vorgehen weckte bei der deutschen Opposition lebhafte Verstimmung; die Lösung vom Banne entzog ihr zugleich Rechtsboden und Agitationsmittel. Aber man mußte jetzt auf der betretenen Bahn fortschreiten, auch ohne den Papst. In dem alten fränkischen Wahlort Forchheim erhob man noch im März des Jahres nicht etwa den fähigen, aber gerade durch seine Bedeutung den Fürsten unbequemen Otto von Nordheim, sondern den schwäbischen hat. darf uns der — § 5- Der Kampf zwischea Heinrich IV. und Gregor VDL (1075 — 1085). 55 Herzog Rudolf von Rheinfelden, einen Schwager Heinrichs, zvim Es war ein erster Sieg des freien Wahkechtes über Gegenkönig. Erblichkeit und Legitimität. Wenn auch Gregor sich im Augenblick zurückhielt und seinen Legaten in Forchheim eine neutrale Haltung gebot, so war dieser Sieg doch nur möglich geworden dvu"ch das Zusammenwirken von Partikularismus und Papsttum, und diesen beiden Mächten hatte das neue Königtmn die Kosten zu zahlen: den Fürsten durch Verzicht avif jede Erblichkeit der Krone, der Und Kurie durch das Zugeständnis der freien Bischofswahlen, i) auch darüber hinaus erklärte sich Rudolf dem Papste gegenüber zu j^lichem Gehorsam bereit So drohte dem Reiche bereits damals Aber ein Schattenkönigtum ähnlich dem eines Adolf von Nassau. noch besaß das legitime Herrscherhaus überiegene Kräfte. Mit der Rückkehr Heinrichs nach Deutschland imd der dort von ihm ausgesprochenen Absetzung der süddeutschen Herzöge begann der offene Bürgerkrieg. Es gut hier nicht, allen kriegerischen und diplomatischen Schwankungen desselben zu folgen, sondern nur das Wesentlichste herauszuheben. Der eigentliche Herd des Widerstandes blieb Sachsen, wohin sich auch der Gegenkönig wandte. Überaus hart umstritten und furchtbar verwüstet ward Schwaben. Es war das Herzogtiun Rudolfs, der diese Würde bald seinem Sohne Berthold überließ; Hauptbesitzungen der beiden andern abgesetzten des Zähringers Berthold von Kämthen, dort war das Wirkungsgebiet der Hirschauer Mönche. Aber auch Gut und Anhang des Königs waren da beträchtlich, und Heinrich schuf sich nun einen getreuen Anwalt in dem Grafen Friedrich von Büren, dem er das Herzogtmn Schwaben übertrug und sein Töchterchen Agnes verlobte (1079). Es war gleichsam ein Symbol für das Emporstreben des neuen Geschlechtes, daß es seinen Sitz von dem engen, kleinen „Wäscherschlößchen" Büren, das heute die vunliegenden Gehöfte kaum überragt, hinaufveri^e auf den stolzen Gipfel des Hohenstaufen; im Kampf für das legitime Königshaus gegen Partikularismus vmd Papsttiun betraten die Staufer zuerst den Schauplatz der Geschichte. Das natürliche Streben der Aufständischen in Sachsen und Schwaben ging dahin, sich die Hand zu reichen. Indem Heinrich zwischen sie trat, fielen die Hauptschläge bald in der Main- und Neckargegend, bald weiter nördlich in Thüringen; aber sie brachten niemals Entscheidung, und wichtiger, als einige Schlappen, die er im offenen Felde erlitt, war. dort lagen Herzöge, die des bayrischen Weif vmd — ^) Der Zweifel wt kaum berechtigt. Neuerer, zuletzt Haucks, an dieser Nachricht Bruno« ^6 !• I>ie Zeit der Salier. daß dem König die Hauptsache die Trennung der Gegner dauernd So war seine Sache in den folgenden drei Jahren in ent: gelang. schiedenem Aufsteigen. Geradezu glänzend aber waren seine diplomatischen Erfolge. Man kann es kaum anders bezeichnen: während dreier Jahre ist es ihm durch eine unvergleichliche Kunst, die offen mit allen Mitteln der Hinhaltung, Verstellung vmd Bestechung arbeitete, gelungen, einen Gegner wie Gregor VII. regelrecht an der Nase hermnzuführen. Das wurde erleichtert dadurch, daß der Papst die Aussichten des Gegenkönigs von vornherein nicht mit Unrecht gering anschlug und daher eine Verständigung mit dem Salier gegen entsprechende Zugeständnisse bevorzugt hätte, daß er überdies während der ganzen Zeit wie hypnotisiert nur auf das eine Ziel des Schiedsgerichtes über die Parteien stierte, das ja in der Tat dem Papsttiun den höchsten Trimnph eingebracht haben würde, imd daß er aus diesem Grunde den abermaligen völligen Bruch mit Heinrich, der das päpstliche Schiedsgericht mit Worten stets anerkannte und es in die Wege leiten zu wollen schien, wieder imd wieder hinausschob. Darob gereizte Klagen der sächsischen Opposition, die hier weit klarer sah als der Papst, Scheinfriedensverhandlungen ohne Ergebnis, Zenvürfnisse zwischen Rudolf und den Sachsen, Festigung der königlichen Partei, wachsende Zuversicht Heinrichs, der am Ende gar einen päpstlichen Unterhändler in seinen heimlichen Dienst zu ziehen wußte und im Beginn des Jahres 1080 vom Papste voll Übermut die Bannimg Rudolfs imter Drohung mit der Aufstellung eines Gegenpapstes gefordert haben solU Gregor mußte sich entschließen, mit seiner völlig verfehlten Auf der Fastensynode von 1080 verZauderpolitik zu brechen. kündete er zum zweiten Male in der Form eines Gebetes an die beiden Apostelfürsten den Bann über Heinrich. In den leidenschaftlich erregten Darlegungen klang der Zorn über die eigne Niederlage nach. Konnte die Oberhoheit der Kurie nicht in jenem Schiedsgerichte zum Ausdruck kommen, so sollte nun der Gegner der päpstlichen Weltherrschaftstendenzen, die hier ganz unverhohlen ausgesprochen und in dem großen programmatischen Schreiben an Bischof Hermann von Metz (1081) noch eingehender begründet wxurden, zerschmettert werden. In prophetischem Tone sagte er am Ostermontag von der Kanzel der Peterskirche herab Heinrichs Untergang in einer ganz nahen Frist voraus und bat, ihm, dem Papste, künftighin nicht mehr zu glauben, wenn sich das nicht bewahrheiten sollte, so tief war er durchdnmgen von der Gewißheit eines unmittelbaren Einschreitens der Apostel für ihre Kirche. — Der endgültigen Abkehr von Heinrich entsprach die Anerkennimg Rudolfs § 5. Der Kampf i wischen Heinrich IV. und Gregor VII. (1075 — 1085). cy König von Deutschland, von dem der Lehensleid, falls nicht mehr geleistet, doch jedenfalls erwartet wurde. Alles hing davon ab, ob dieser zweite Bann noch denselben Eindruck machen würde, wie der erste. Abgesehen von der abstiunpfenden Wirkung jeder Wiederholung imd der Enttäuschung der friedebedürftigen Massen über diese neue Kriegserklärung kam als wirklich Haltung des deutschen Episkopates, ein Fastensynode in Betracht, der die letzten Absichten der Kurie in der Frage der Bistumsbesetzung mit vollkommener Deutlichkeit enthüllte. Papst oder Metropolit sollten die Vornahme jeder Wahl durch einen Visitator anordnen, ihre Zustimmung dazu erteilen, bei einem unrechtmäßigen Verlaufe aber das Wahlrecht durch „Devolution" dauernd an sich nehmen. Bedenkt man, daß die Kurie schon seit einiger Zeit bestrebt war, die Erzbischöfe durch die Verpflichtung sofortiger Pallieneinholung sowie durch besondere Gehorsamseide eng an sich zu ketten, so wollte die Erwähnung des Metropoliten nicht viel heißen, und der Beschluß besagte nicht weniger, als daß das Papsttum sich mit der kaum geforderten freien kanonischen Wahl nicht mehr begnügen, sondern seinen maßgebenden Einfluß an die Stelle des königlichen setzen wollte. Das blieb in der Tat das Programm der Kvuie, bis Innozenz III. es verwirklichte; schon Gregor aber setzte es im Machtgebiete des Gegenkönigs Rudolf in Kraft, Das mußte die deutschen Bischöfe Vor die Frage gestellt, ob sie deutsche Reichsstutzig machen. fürsten oder Diener des Papstes sein wollten, entschied sich die Mehrheit doch für das erste und scharte sich in dem neuen Kampfe da, namentlich für weiterer Beschluß die der lun König Heinrich. Auf sie gestützt, tat dieser jetzt dem man 1076 bei dem allgemeinen Abfall kommen war: auf der Synode von Brixen (1080) zu den nicht Schritte mehr ge- erfolgte nicht niu: und Bannimg Gregors, sondern auch die Aufstellung eines Gegenpapstes. Stimmung und Einzelvorgänge erinnerten an Worms. Jener Elardinal Hugo Candidus war abermals zugegen und betrieb die Verhetzung mit noch viel abgeschmackteren die erneute Absetzimg Verläumdungen, die in der Anklage gipfelten, Hildebrand habe seine vier Vorgänger durch Gift aus dem Wege räumen lassen. Noch war man auf beiden Seiten nicht imstande, einen Kampf auf Leben und Tod ohne persönliche Verunglimpfung des Gegners zu führen. Auch der neue Gegenpapst Erzbischof Wibert von Ravenna, ein Mann von unbescholtenem Wandel, der, die alte Rivalität Ravennas mit der Feindschaft der lombardischen Bischöfe gegen Rom in seiner Person vereinend, seine Rolle zwei Jahrzehnte lang mit ungemeiner Klugheit und Tatkraft durchgeführt hat, wurde von Gregor bald genug als Verbrecher gekennzeichnet. So ging ein völliger mm I. 58 Die Zeit der Salier. Riß durch die deutsche Welt. „O beklagenswertes Antlitz des Reiches," schrieb damals der Augsburger Annalist, „wie man bei einem gewissen Komiker (Plautus) liest: „„Alle sind wir gedoppelt"", so sind die Päpste gedoppelt, die Bischöfe gedoppelt, die Könige gedoppelt, die Herzoge gedoppelt." Als Heinrich sich nach neuem Heere in Thüringen Deutschland bis zur Elster zurückwandte imd mit vorrückte, lächelte ihm einmal auch das sonst so neidische Glück. Er selbst erlitt zwar abermals eine Niederlage, aber sein Gegner Rudolf erlag seinen Kampfeswunden (1080). So eigenartig ging Gregors Prophezeihung in Erfüllung, und daß dem Rebellen, der seinem König den Treueid gebrochen hatte, gerade die rechte Schwurhand abgehauen war, verstärkte noch den Eindruck eines Gottesgerichtes. Heinrichs Herrschaft in Deutschland war, wenn auch eine Verständigung mit den Gegnern nicht erreicht wurde, vorderhamd so wenig mehr gefährdet, daß er sich gegen seinen Hauptfeind, den Papst, wenden konnte. Diesmal sollte dem Absetzungsbeschluß die bewaffnete Vollstreckimg folgenGregors Lage war wenig beneidenswert. Zwar hatte er gleich bei dem erneuten Bruche mit dem Kaiser sich eines kraftvollen Helfers in Süditalien zu versichern gesucht, indem er die eigenmächtigen, auch die päpstlichen Rechtsansprüche einschränkenden Gebietserweiterungen des Herzogs Robert Guiscard anerkannt und dafür von jenem den Lehenseid genommen hatte, aber der trotzige Vasall war doch allzusehr mit seinen eignen Eroberungsplänen, die ihn ebendamals gegen Byzanz nach Griechenland hinüberführten, beschäftigt, als daß vorerst auf seine tatkräftige Unterstützung zu rechnen gewesen wäre. In der Lombardei war auf die Erhebung Wiberts zum Gegenpapst ein neuer Aufschwung der Anhänger Heinrichs gefolgt Unbedingt konnte sich Gregor nur auf seine allzeit getreue Helferin die Gräfin Mathilde verlassen. Eben hatte sie ihre Ergebenheit aufs neue glänzend bewährt, indem sie die gewaltige Masse ihrer Eigengüter, die sich, abgesehen von den — lothringischen Besitzungen, in Streulage von dem östlichen Ober- xmd der Romagna über die Landschaften an der Nordseite des Apennin nach Lucca und weiter südlich bis nach Siena imd Perugia erstreckten, und die in der Reichsgeschichte des folgenden italien Jahrhunderts eine so bedeutsame Rolle spielen sollten, der römischen Kirche zu Obereigentum vermacht und als freiverfügbares Lehen zurückerhalten hatte, i) Unermüdlich und opferbereit hat sie *) Diese frühe Schenkung ist gegen Giesebrechts Zweifel von ScheiSerBoichorst, Gesammelte Schriften I S. SjS. gesichert. Über Mathilde und die weitere Geschichte ihres Gutes unterrichtet am besten das Buch Ton Otctmann, Gräfin Mathilde von Tuszien, 1895. § 5- D« Kampf iwischen Heinrich IV. und Gregor VIL (1075 — 1085). ^g den Widerstand g^en Heinrich organisiert; aber der verfallen, in der Lombardei geschlagen, in Tuszien durch die städtefreundliche Politik des Königs eingeengt, ward sie in die Verteidigung zurückgeworfen und konnte den Marsch des Königs auf Rom nicht hindern. So lag Gregors Heil einzig in der Zuverlässigkeit der Römer. Viermal ist Heinrich in den folgenden vier Jahren (1081 84) vor die Mauern der ewigen Stadt gezogen imd hat sie berannt, stets beim Beginn der heißen Jahreszeit die Belagerung mit seinen Deutschen abbrechend und dann die weitere Beobachtung Roms dem Gegenpapst mit den italischen Truppen überlassend. Nachdem 1083 auf dem rechten Tiberufer die Leostadt mit der Peterskirche erstürmt war, während Gregor sich in der Engelsburg behauptete, ward gegen Ende des Jahres noch ein letzter VerstänEine aus beiden Lagern zu beschickende digvmgsversuch gewagt römische Synode sollte den Streit entscheiden; aber von vornherein wenig aussichtsvoll, scheiterte das Unternehmen an dem erwachenden Mißtrauen des Königs, der nun das versprochene Geleit aufGregors hob und die Reise der Prälaten nach Rom hinderte. auch jetzt Reichsacht — Mindestforderung für die verlangte Kaiserkrönung blieb eine öffentDazu verstand sich der im vollen Heinrichs. Die Gegensätze Siege begriffene Herrscher nicht noch einmal. waren imversöhnlich. Und nun wuchs die Friedenspartei in der Stadt Selbst im Klerus bis tief hinein in das Kardinalskollegium Im Frühjahr 1084 kormte Heinrich triumbegann der Abfall. phierend seinen Einzug auch in das linksseitige Rom halten. Dort bestätigte eine vom König berufene Synode die Absetzimg Gregors und die Wahl Wiberts, der die Weihe empfing und sich nvm Klemens HL nannte, mit unverkennbarer Beziehung auf die Synode von Sutri, auf der ein andrer Gregor einem kaiserlichen Klemens Heinrich ließ sich und seiner Gemahlin hatte weichen müssen. Bertha von seinem Papste die Kaiserkrone aufs Haupt setzen. Er stand am Ziel seiner Wünsche, und allzu wesentlich änderte sich seine Lage auch nicht, als er sich kurz darauf vor dem gewaltigen Heere, das Robert Guiscard nun endlich zum Entsatz des noch immer in der Engelsburg ausharrenden Papstes herbeiDenn die entsetzliche führte, nach Norden zurückziehen mußte. Plünderung, welche von Seiten der Normannen über die Stadt erging und sie recht eigentlich erst zur Ruine machte, weckte einea derartigen Groll der Bürger auch gegen Gregor, daß ein ferneres Verweilen in Rom ohne den Schutz der normannischen Schwerter für ihn zur Unmöglichkeit wurde, imd der Gegenpapst dort wieder liche Bußleistung für einige Zeit seinen Sitz aufschlagen konnte» 6o ist !• der Salier. I^'c Zeit Gregor folgte seinem Befreier nach dem Süden, mid in Salemo durch die Aufregimgen und Entbehrungen der letzten Jahre er, offenbar körperlich gebrochen, am Mai 1085 gestorben. Seine aber er endete im deutlichen, niederdrückenden Gefühl des Unterliegens. Seine letzten Worte versteht man in ihrer bitteren Schärfe erst ganz, wenn man sie neben die zugrunde liegende Bibelstelle hält. Da heißt es von dem erhofften Messias: „Du liebest Gerechtigkeit und hassest gottloses Wesen; darum hat dich Gott, dein Gott, gesalbet mit Freudenöl mehr denn deine Gesellen," So sagte Gregor mit starker Selbstgerechtigkeit, der gar nicht der Gedanke auftauchte, ob nicht etwa auch eigne Fehler die Niederlage verschuldet hätten: „Ich 25. geistige Energie blieb bis zuletzt imgeschwächt, habe die Gerechtigkeit geliebt und gottloses Wesen gehaßt", und dann mit umso schneidenderem Gegensatze: „darum sterbe ich in der Verbannvmg". Gregor VII. hat dem Papsttum entschiedener als alle seine Vorgänger, selbst Nikolaus I., die Richtung auf Weltherrschaft aufgeprägt, er hat die Romanisienmg der katholischen Kirche zwar nicht eingeleitet, aber vollendet, d. h. die Lösung von der deutschen Herrschaft und dem deutschen Einfluß, die Basierung hauptsächlich auf die romanischen Länder und die Durchführung des dem romanischen Geiste entsprechenden imd aus ihm geborenen cluniazensischen Subordinationssystems in der ganzen Kirche mit dem päpstlichen Absolutismus an der Spitze. Indem er diese von ihm gewiß nicht erzeugten Ideen mit einem Nachdruck vertrat, daß sie Jahrhunderte hindurch fortwirken mußten, hat er die weltgeschichtliche Entwicklimg so entscheidend beeinflußt, daß der, welcher sich über die von der Reformationszeit her in die Gegenwart hineinragenden Konfessionsgegensätze zu erheben vermag, ihm vmbedenklich den Anspruch auf historische Größe zugestehen wird. § 6. Die Fortsetzung: des Kampfes bis Heinrichs IV. zum Tode (1085—1106). Gregors Hinscheiden bedeutete einen tiefen Einschnitt in dem großen Kampfe. Unter seinem Nachfolger, dem milden Abte Desiderius von Montecassino, der sich, in Anlehnung an den letzten kaiserfreundlichen Papst, Viktor III. nannte, schien ein Ausgleich Aber er beherrschte nicht die Lage, fühlte sich mehr als Abt, denn als Papst, war kränklich und starb bereits 1087. Mit der Wahl Urbans IL im folgenden Jahre begann die zweite Phase des Kampfes. Wir haben nachzuholen, wie sich die Dinge nicht immöglich. in Deutschland bis dahin gestaltet hatten. § 6. Die Fortsetzung des Kampfes bis rum Tode Heinrichs IV. (1085 — 1 106). 5l Schwankungen und Bemühungen war 1081 Gegenkönigtum zustande gekommen. Der Lützelburger Hermann, Graf von Salm, war der Erkorene; „ein Ungeachteter, welchem die Ehre des Königreichs nicht zugedacht war", so nannte ihn ein Publizist nach dem Worte Daniels, König „Knoblauch", Es war der Fluch der Aristokratenso hieß er im Volksmvmde. wahl, daß man auch jetzt an dem Fähigen und Mächtigen, der Erst nach langen ein neues sich vielleicht durchgesetzt hätte, vorbeiging, weil man ihn fürchtete. Otto von Nordheim erklärte sich nach einem Augenblick verstimmten Schwankens schließlich doch für den neuen König imd führte ihm die Sachsen zu; doch starb er schon 1083, imd seitdem sank Hermanns Machtstellung noch mehr zvun bloßen Schattenkönigtum Gregor, der für den neuen Herrscher die Formel eines herab. Lehenseides nach Deutschland gesandt hatte, war mit der getroffenen einverstanden gewesen, und es ist vielleicht nicht Schuld seiner eingeschränkten Lage in Rom und unserer für diese Jahre dürftigeren Überlieferung, daß wir von immittelbaren Beziehungen zwischen ihm und Hermann nichts erfahren. Die Erfolge Heinrichs in Italien und seine Rückkehr nach Deutschland im Schmucke der Kaiserkrone (1084) förderten dann noch den an sich schon günstigen Stand seiner Sache, An eine Beendigung des Bürgerkrieges war gleichwohl noch nicht zu denken. Aus den wirren Kämpfen der folgenden Jahre heben sich nxu" wenige Momente von höherer Bedeutung hervor. Wenn Heinrichs Versuch, zur Deckung seiner italienischen Anleihen nicht nur die deutschen Fürsten zu Abgaben heranzuziehen, sondern namentlich Wahl keineswegs ausschließlich auch die gesteigerten wirtschaftlichen Kräfte der emporblühenden Städte auszunutzen, von diesen gewiß nicht mit Wohlgefallen aufgenommen wurde, so gewann er doch alle an der Herstellung friedlicher Zustände interessierten Kreise des Volkes aufs neue durch sein Eingehen auf die von Westen her vordringende Idee des Gottesfriedens. Königtmn dieser Noch unter kirchlichen Heinrich Hilfe III. entraten hatte zu das deutsche können geglaubt Seitdem waren bei der steigenden Friedlosigkeit zuerst in Lüttich mit Zustimmung Heinrichs Ordnungen im Sinne des französischen Gottesfriedens erlassen (1082), dann waren sie ähnlich für die ganze Kölner Kirchenprovinz beschlossen (1083), jetzt verkündete der Kaiser den Gottesfrieden für das ganze Reich (1085). Damit trug er zur weiteren Beruhigung bei, festigte sein Verhältnis zur deutschen Kirche und erwarb sich neue Zimeigtmg der Massen. Von derselben Zeit an begann die Zersetzung des festesten Heinrich gewann einen Teil der Sachsen Blockes seiner Feinde. dvirch Bestätigvmg ihres alten Rechtes (1085). Den unruhigen Ehr- 62 I. Die Zeit der Salier. des Markgrafen Ekbert von Meißen (f 1090) hielt er durch den Böhmenherzog in Schach und belohnte dessen Treue mit der Königskrone. Die gregorianischen Bischöfe zur Anerkennung seines G^enpapstes zu bewegen, gelang zwar nicht; mit der politischen Anerkennung seines Kaisertums mußte er sich begnügen. Aber im Wesentlichen konnte die Erhebung der Sachsen als beendet gelten, als Heinrich 1088 friedlich unter ihnen erschien. Hermann von Salm hatte sich schon vorher, an seinem Königtum verzweifelnd, in seine lothringische Heimat zurückgezogen und kam in dem gleichen Jahre bei der Erstürmung einer Burg ums Leben. geiz Inzwischen war der Kampf auch mit geistigen Waffen in steigender Lebhaftigkeit geitihrt worden, und obwohl wir es mit einer einzigen Ausnahme ausschließlich mit geistlichen Publizisten zu tun haben, kann man auch auf diesem Gebiete nicht sagen, daß die kaiserliche Sache irgendwie zurückgestanden hätte, im Gegenteil, in Deutschland wenigstens sind ihre Vertreter doch eher Denn dem schroffen als die vornehmeren und überlegenen zu bezeichnen. gregorianischen Sachsen Bernhard, dem geschäftigen Schwaben Bernold V. St. Blasien, dessen publizistische Tätigkeit an seine historiographische Leistung nicht heranreichte, dem grobklötzigen , fanatischen Manegold t. Lautenbach, der die staatsumwälzenden Theorien Gregors sich ganz zu eigen machte und unter dem Einfluß naturrechtlicher Vorstellungen ausführte, das Volk könne einen pflichtvergessenen Herrscher mit dem gleichen Rechte absetzen, wie man einen Schweinehirten davonjage, der die anvertrauten Schweine diesen päpstlichen Publizisten stehen auf der Gegenseite nicht behüte, mit überlegener Gedankenarbeit und Sachlichkeit gegenüber: der formell maßvolle, aber inhaltlich durchaus entschiedene Scholastikus Wenrich v. i d o , später Bischof v. OsnaTrier, der gründliche und tüchtige Kleriker brück, der insbesondere das päpstliche Bannrecht über den König bestritt, — W allen andern voran der uns unbekannte Hersfelder Mönch'), der in seinem schon 1084 begonnenen, 1090 im Wesentlichen abgeschlossenen „Buche über die Erhaltung der Kircheneinheit" das Königtum unmittelbar von Gott herleitete, der Kirche aber, der Gesamtheit aller Gläubigen, jede irdische Gewalt Das waren der Zeit vorauseilende Gedanken, die noch von Ulrich absprach. von Hütten, der das Büchlein wieder entdeckte, wirksam in den großen Refonnationsstreit geworfen werden konnten. Anders war das Verhältnis in Italien, wo das geistige Übergewicht bei den Gregorianem lag. Dort leisteten Bischof Anselm vonLucca und Kardinal Deusdedit, die nebenher auch als Publizisten hervortraten, die für das Fortwirken der gregorianischen Ideen imvergleichlich wichtige Arbeit der Kodifikation des fortentwickelten und umgestalteten Kirchenrechts, während Bischof Bonizov. Sutri die kirchengeschichtliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte Mit ihnen konnten in die von der Partei gewünschte Beleuchtung rückte. sich auf der andern Seite der lügenhafte, wenn auch als energischer Verteidiger der kaiserlichen Herrschaft über das Papsttum immerhin beachtenswerte Bischof Benzo v. Alba imd der widerliche Pamphletist Beno, ein von Gregor abtrünniger Kardinal, an geistiger Bedeutung freilich nicht messen; doch fehlte es auch hier im Lager des Gegenpapstes nicht an gediegenen, maßvolleren Streitschriften, wie etwa der des Bischofs Wido v. Ferrara, imd spätere Bischof Walram von Naumburg, wie man ^) Wohl nicht der lange vermutet hat, vgl. Meyer v. Knonau in Festgaben f. Büdinger 1898. § 6. Die Fortsetzung des Kampfes bis zum Tode Heinrichs IV. (1085 — 1 106). 63 imd der aus der ravennatischen Rechtsschule hervorgegangene Jurist Petrus Crassus, der das deutsche Kaisertum mit Sätzen des römischen Privatrecht« Terteidigte und für die Erblichkeit der Krone eintrat, war als Laie in diesem ganzen Kreise eine einzigartige Erscheinung. reihten diese Publizistea vielfach Bibelstelle an Bibclstelle, gaben statt logischer Beweise; aber die Notwendigkeit, zwischen widersprechenden Quellenbelegen selbständig Stellung zu nehmen, erschütterte den Autoritätsglauben und schärfte die Urteilskraft. Manche dieser Noch und Spitzfindigkeiten Bilder Schriften verrieten doch bereits Spuren der befreienden Wirkung, gewaltige Ringen, wie jeder frische Kampf der Geister, ausübte. — Heinrich IV. Höhe seiner stand Erfolge. die die« damals im besten Mannesalter, auf der Mit rastloser Tatkraft und erstaunlichem Geschick hatte er sich aus den widrigsten Verhältnissen emporgerungen zu fast allgemeiner Anerkennung. Aber wieder, wie nach dem Sachsensiege, versagte ihm das Geschick ruhige Befestigung; aufs neue riß es ihn in den Strudel des Kampfes imd traf ihn mm mit noch viel furchtbareren Schlägen. Ein überaus gefährlicher Gegner war ihm in dem neuen Papste Urban II. (1088 99)^) erwachsen, einem Nordfranzosen, der lange — Jahre als Mönch in Cluny gelebt hatte, dann von Gregor zmn Sofort verkündete er der Kardinalbischof von Ostia erhoben war. Welt seine völlige Übereinstinmaung mit der Richtimg seines großen Vorgängers, doch wich er in der Taktik erheblich von ihm ab; geschmeidiger und realpolitischer, ohne Gregors starren Idealismus ztmächst alle Kräfte auf das nähere Ziel der allseitigen Durchsetztmg seines Papsttxuns sammehid, zu kleineren Zugeständnissen stets bereit, wenn er damit einen Schritt vorwärts tun konnte, in den Mitteln noch weit skrupelloser als jener, hat er es verstanden, neu zu stützen Für Heinrich wäre ein Ausgleich mit ihm imter Preisgabe des Gegenpapstes vielleicht möglich gewesen, indes dazu wollte xmd konnte er sich nicht verstehen; die Personenfrage war die päpstliche Macht, der bereits der Einsturz drohte, und auszubauen. mit der sachlichen Entscheidimg durch die einmal vollzogene Parteibildung allzu eng verquickt. Aber in kirchlicher Hinbicht erwiesen nun die folgenden Jahre seine Sache unzweifelhaft als eine verlorene. In Deutschland lichteten sich die Reihen der wibertistischen Bischöfe, denen Urban goldene Brücken baute, mehr und mehr; wie schon vorher in Sachsen, konnte sich Heinrich damit immerhin abfinden, wofem ihm nur die politische Anerkennung gezollt wurde. Wenn aber so wenigstens seine weltliche Machtstellung diesseits der Alpen vorderhand nicht ernstlich zu erschüttern war, ging ihm *) Eine umfiusendere Würdigung seines Lebens imd «einer PersönlichDie neuere Biographie von Paulot (1903) ist historisch un- keit fehlt völlig. brauchbar. 64 nun I. Die Zeit der die Herrschaft über Italien in Salier. den neunziger Jahren fast völlig verloren. Um die in letzter Zeit arg vernachlässigten Beziehungen zur deutschen Opposition wieder fester zu knüpfen und ihr neue Kraft zu verleihen, hatte Urban 1089 eine ähnliche Kombination, wie sie schon Heinrich III. nach Italien getrieben hatte, zustande gebracht, indem er die unnatürliche und rein politische Vermählung des siebzehnjährigen gleichnamigen Sohnes des Herzogs Weif mit der über vierzig Jahre alten Mathilde von Tuszien vermittelte, eine Verbindung, die, von der einen Seite nur in Erbschaftshoffnung eingegangen, von der andern als ein weiteres Opfer an die Kirche betrachtet und kamn von aussichtsvoller Dauer, zunächst doch einen für Heinrich überaus bedrohlichen, nahezu geschlossenen Zug feindlichen Gebietes von Süddeutschland bis Tuszien herstellte, der um jeden Preis zersprengt werden mußte. So begannen neue, erbitterte Kämpfe in Italien (seit 1090), die für den Kaiser anfangs durchaus erfolgreich waren. Schon Wcir der Papst aus Rom abermals zu den Normannen vertrieben, die süddeutschen Gegner ziun Frieden geneigt, Mathilde beinahe von den eigenen Vasallen ziun Nachgeben gezwimgen, als nach einer unbedeutenden Niederlage der Kaiserlichen vor Canossa zunächst eine in ihren Ursachen nicht ganz aufgeklärte Stockung der Unternehmungen eintrat (1092), dann aber die Heinrichs Ejräfte zeitweilig vöUig lähmenden, furchtbaren Zerwürfnisse in seiner Familie einen gänzlichen Umschwung herbeiführten. In ihrer Bedrängnis hatte die päpstliche Partei sich nicht davor gescheut, die Netze des Verrates unter seine nächsten AnDer Abfall seines jungen Sohnes Konrad gehörigen auszuwerfen. war ihr erster Erfolg. Dieser, schon seit einiger Zeit gekrönter deutscher König (1087), aber auch jetzt noch nicht zwanzigjährig, noch ohne ausgeprägte Eigenart, nur mit stark hervortretenden Zügen kirchlicher Hingebung, sagte sich auf die Einflüsterungen päpstlicher Parteigänger, unter denen die Gräfin Mathilde an erster Stelle genannt wird, von seinem Vater los und ließ sich in Mailand noch Die Absicht war also, unter dem Auseiimial zvun König krönen. hängeschild seines Namens Italien vom Reiche loszureißen, imd in der Tat erfolgte nun ein neuer Aufschwung der Pataria, ein erster Lombardenbund in engster Fühlung mit Weif und Mathilde schnitt dem Kaiser die letzten Alpenverbindungen mit Deutschland ab und Später trat Konrad auch sperrte ihm jeden Tnippennachschub. mit dem Papste in direkte Verbindung; bei einer persönlichen Zusammenkimft mit ihm in Cremona (1095) tat er ihm Marschalldienste imd leistete ihm einen Sicherheitseid, der ihn, wenn auch § 6. Die Fortsetzung des Kampfes nicht in aller Form zum bis zum Tode Heinrichs Vasallen IV. (1085 — 1 106). 65 machte, so doch tatsächlich in von der Kurie brachte, Avie ähnliches Abhängigkeitsverhältnis ein Dafür stellte ihm Urban bei entsprechenden Zugeständnissen in der Investiturfrage die Kaiserkrone in Aussicht und suchte seine Stellung durch Vermählung mit der Tochter des mächtigen Normannengrafen Roger von Sizilien und Kalabrien zu festigen. Das Ziel, dem Gregor so lange vergeblich nachgestrebt hatte, die Beugung des salischen Herrscherhauses in die Abhängigdie Normannenherzöge. des römischen Stuhles, schien so Urban mit leichter Mühe durch eine Hintertür erreicht zu haben. Dazu kam noch ein weiteres Zer^^-ürfnis im Schöße von Heinrichs Seine zweite Gemahlin Praxedis oder Eupraxia, Familie (1094). Tochter des russischen Großfürsten von Kiew, die er zwei Jahre nach Berthas Tode (1087) geheiratet hatte, ward wegen Ehebruchs gefangen gesetzt, entkam mit Hilfe der Päpstlichen und stellte sich ihnen mit den widerlichsten verleumderischen Anklagen gegen ihren Gemahl zur Verfügung. Auch diese Waffe erschien ihnen nicht zu schmutzig, und auf dem unter Leitung Urbans tagenden Konzil von Piacenza wurden ihre Beschuldigungen ohne Untersuchung als keit gerecht anerkannt. So sehr hatten sich in dem immer wilder und persönlicher werdenden Kampfe die moralischen Begriffe getrübt! Eine Flut von Unflat und Verleumdungen, in der Weitererzählung beständig wachsend und etwa zu dem Aberwitz gesteigert, Heinrich selbst habe den jungen Konrad zum Ehebruch mit der Stiefmutter zwingen wollen, wälzte sich, von der Kurie gelenkt oder doch genutzt, wider den Kaiser heran und drohte seinen Namen zu begraben. Man versteht, daß er unter der Wucht dieses Schicksals einen Moment in Ermattung die Waffe sinken ließ, sie vielleicht sogar, wie eine Nachricht will, auf die Kunde von Konrads Abfall in einem Augenblicke der Verzweiflung gegen sich selbst gewandt hat. Zugleich verurteilte ihn die unglückliche Gestaltung der militärischen Lage zu völliger Untätigkeit; während eines vollen Jahres (1094) erfahren wir schlechterdings nichts von ihm. Seine Sache war im Niedergang; er vermochte nichts dagegen zu tun. Und während er so noch immer in einem Winkel des östlichen Oberitaliens fast isoliert von den Weltereignissen weilte, beg^rm über den Süden und Westen Europas der Sturm der ersten Kreuzzugbegeisterung dahinzubrausen. Es wird stets schwer zu sondern bleiben, wie sich dabei religiöser Gefühlsüberschwang und politische Berechnung mischten, und beide von den Handelsinteressen der italienischen Seestädte getragen wurden. Urban hatte als Flüchtling bei den süditalischen Normannen gesehen, zu welchen Ergebnissen Hampe, Deutsche Kaisergeicbichte. C 66 ^- Die Zeit der Salier. Vorgehen gegen den Islam führen konnte. Graf Roger hatte die verlorenen Gebiete Siziliens der römischen Kirche zurückgewonnen und ward dafür bald (1098) vom Papste mit jenen bedeutsamen, seine Herrschaft über die neuen Kirchen im Gegensatz zu den sonstigen kurialen Ansprüchen bestätigenden Zugeständnissen belohnt, die später unter dem Namen „Monarchia Sicula" ein zielbewußtes zusammengefaßt, die Jahrhunderte hindurch bis zu ihrer endgültigen in der Geschichte des Landes Dort hat sich nun eine so hervorragende Rolle gespielt haben. in Urbans Kopfe die Idee Gregors VII. zu einem klaren Angriffsplane gegen den Islam im Osten verdichtet, und bei ihm am allerwenigsten darf man daran zweifeln, daß er sich dabei der ge- Aufhebung durch Papst Pius IX. waltigen kirchlichen und politischen Vorteile vollauf bewußt war, welche dem Papsttum erwachsen mußten, wenn es die streitbare romanische Ritterschaft durch den Bann einer großen Idee um sich zu scharen verstand und in der Leitung einer allgemeineuropäischen Angelegenheit in die Rolle des Kaisertums eintrat. Der Aufschwung der päpstlichen Sache hatte Urban schon 1093 nach Rom zurückVon da reiste er in den folgenden Jahren wie in einem geführt. Siegeszuge, dessen Hauptetappen die großen, losunggebenden Synoden von Piacenza und Clermont (1095) waren, durch Italien, Burgund und Frankreich, imd als er dann, vom Strome der Begeisterung getragen, nach Rom zurückkehrte (1096), war die Stellung des gregorianischen Papsttums in Europa über jeden Zweifel hinaus gesichert, imd das Gegenpapsttum verlor nun auch in Italien allmählich allen Boden unter den Füßen. Sein völliges Erlöschen sollte Urban nicht mehr erleben (f 1099), aber auf seinen Nachfolger, den an geistiger Energie und diplomatischem Geschick weit hinter ihm zu11 18), fiel nun der Glanz der rückstehenden Paschalis IL (1099 großen Erfolge im Orient und hob sein Ansehen derart, daß das Gegenpapsttum nach dem Ableben Klemens' III. (iioo) gänzlich zusammenbrach, imd auch der Tod König Konrads (noi) den Verlust Italiens für das Reich nicht mehr rückgängig machen konnte. Für eine Schilderung des ersten Kreuzzuges selbst bietet die deutsche Geschichte keinen Raum; nur obenhin ward das Reich von der großen Bewegung berührt. Auf den Durchzug der ersten ungeordneten Bauemmassen von Westen her nach Ungarn, die von den friedebedürftigen Deutschen nur mit Mißtrauen betrachtet wurden, folgten neue Scharen, die gleich in den Rheinlanden den Kampf gegen die Ungläubigen eröffneten, indem sie allenthalben in den Städten die entsetzlichsten Judenmetzeleien heraufführten. Allein in Mainz wurden über tausend Juden hingeschlachtet, was der Erzbischof Ruthard trotz des Empfangs von Schutzgeldem — § 6. Die Fortsetxung des Kampfes schließlich nicht zu bis zum Tode Heinrichs IV. (1085 verhindern wußte. — 1 106). 67 Hier setzte später (1098) eine strenge Untersuchung Kaiser Heinrichs zugunsten der Beraubten und zum Glaubenswechsel Gezwxmgenen ein, die ihn mit dem Erz- Endlich schloß der Durchzug verfeinden sollte. geordneten Marsche der Lothringer, des einzigen, halbromanischen Stammes der Deutschen, der an der Kreuzfahrt teilbischof unheilvoll mit dem nahm, unter der Führung des niederlothringischen Herzogs Gottfried von Bouillon. Insofern kam nun die große Bewegung der Sache Heinrichs doch auch wieder zugute, als sie die kirchlichen Kräfte vorderhand ablenkte und das allgemeine Interesse vom Kampfe mit dem salischen Die imheilvolle Verbindung der süddeutschen Kaisertum abzog. Opposition mit Italien, die vor allem die Notlage des Kaisers vervu^acht hatte, löste sich, als die in ihren Erbschaftshoffnungen getäuschten Weifen die Trennung jener imnatürlichen Ehe mit der Gräfin Mathilde vollzogen (1095), und in seiner Verstimmung darüber der alte Weif sich gegen Anerkennung seiner bayrischen Herzogswürde mit Heinrich aussöhnte (1096). Dadurch erst wurden diesem die Alpen zur Rückkehr nach Deutschland (1097) geöffnet, imd es gelang ihm nun, auch in Schwaben einen befriedigenden Ausgleich herbeizuführen, durch welchen der nach dem Aussterben des Hauses Rheinfelden gegen den Staufer aufgestellte Gegenherzog Berthold IL von Zähringen mit dem Reichslehen Zürich und dem wurde (1098). Durch die Köm'gswahl seines zweiten Sohnes Heinrich, den der Vater durch die moralische Bindung eines Treueides von den Bahnen Konrads fernzuhalten hoffte, Herzogstitel abgefunden demselben Jahre die salische Dynastie neu befestigt, und nun die Verhältnisse zusehends besserten, und eine nennenswerte Gegnerschaft diesseits der Alpen kaum noch vorhanden war, konnte Heinrich zu der gleichen Zeit, in der sich durch Erlöschen des Schismas der kirchliche Sieg des Papsttums vollendete (iioo), wenigstens in Deutschland von einer völligen politischen Anerkennung sprechen, ohne daß er den Rechten des Gern hätte er darüber Königtimis das mindeste vergeben hätte. hinaus den Frieden mit der Kirche hergestellt, indes sein Anerbieten, nach dem Vorgange mehrerer süddeutscher Fürsten ( 1 1 o i ) unter der Bedingung einer vorherigen Bannlösung selbst die Buße einer Kreuzfahrt auf sich zu nehmen, wurde von Paschalis IL abgelehnt, wie es derm die eigentliche Streitfrage nur zu vungehen versuchte. Wichtig aber für Deutschland waren die Maßregeln, die auf dem Mainzer Reichstage von 1 1 03 schon zur Vorbereitvmg dieser geplanten Kreuzfahrt getroffen waren, die Verkündigung einer Amnestie wurde indem in sich imd der Erlaß eines allgemeinen Reichsfriedens, der sich nun 5* nicht 68 I- I^ic Zeit der Salier. damit begnügte, gewisse Zeiten im Fehdelust der kriegerischen Mannschaften sicherzustellen, sondern vier volle Jahre umfassen sollte, der ferner neue Strafrechtsbestimmungen festsetzte und als Hüter des Friedens nicht mehr die kirchlichen Organe bestellte, sondern die Territorialgewalten, die den Reichsfrieden freilich nun auch mit manchen Abweichungen mehr, wie der Gottesfrieden, Jahre vor der und Dauer annahmen imd durchführten. Auch so blieben Wirkungen namentlich für die Erwerbstände der Bauern und Bürger segensreich genug, während der durch den inneren Krieg mächtig angeschwollene kriegerische Adel nicht ohne Unwillen seine Nahrungsquellen: Raub und Plünderung verstopft sah. Zum dritten Male hatte sich Heinrich mit wiedergewonnener in Inhalt die — Kraft aus der schlimmsten Notlage zu befriedigenden Verhältnissen durchgerungen. Wäre er in diesem Momente gestorben, so hätte er zuletzt auf ein stürmisches und aufreibendes, aber doch auch an Erfolgen reiches Leben nicht ganz ohne Genugtuung zurückblicken können. Indes die schwersten Leiden und Enttäuschungen waren dem frühgealterten Manne, der sich der Mitte der fünfziger Jahre näherte, noch für den Schluß seines Lebens vorbehalten. Der Abfall seines Sohnes Heinrich wird in seinen tieferen Gründen vielleicht niemals völlig einwandfrei aufgehellt werden, doch stimmen die neueren Forscher in ihren Annahmen darüber einigermaßen überein. i) Danach beobachtete der scharfblickende und kaltrechnende junge König die Friedenspolitik seines Vaters, die ihm den kriegerischen Adel entfremdete, ohne die ersehnte Versöhnung mit der Kirche zu bringen, nicht ohne die Besorgnis, eine neue Erhebung möchte dem Vater und zugleich auch ihm selbst die Krone kosten, und daher machte er den moralisch vermessenen, aber politisch doch milder zu beurteilenden Versuch, selbst an die Spitze der Unzufriedenen zu treten, als Feind seines Vaters mühelos, auch ohne prinzipielle Zugeständnisse, imd so durch die die Verbindung Sanktion der Kirche zu erlangen von Legitimität und Kirchlichkeit seine Herrschaft auf Kosten des Vaters für die Zukunft zu sichern. *) Indem man das Motiv der Verfuhrung (so Floto u. Heyck, Gesch. der Herzöge v. Zähringen 1891) als unverträglich mit der frühreifen, eigenwilligen Natur des jungen Mannes ablehnte und das eines vorzeitigen Ehrgeizes (so etwa Giesebrecht) nicht ausreichend fand, indem Nitzsch' Darlegung der ständischen und wirtschaftlichen Gegensätze jener Tage mehr die Stimmung der Umgebung charakterisierte, als die persönlichen Motive erklärte, hat man sich im wesentlichen auf die übrigens auch mit den zeitgenössischen Quellen am besten übereinstimmende Ansicht geeinigt, die am eindrucksvollsten Ranke in seiner Weltgeschichte vorgetragen hat (ähnlich etwa Meyer v. Knonau, Richter, W. Schultze in Gebhardts Handbuch). §6. Die ForUetmng des Kampfes bis rum Tode Heinrich! IV. (1085 — 1106). 69 Immerhin hätte er, wenn er sich wirklich in solchen Gedankengängen bewegte, die Gefahr, die der Krone drohte, doch wohl überschätzt; denn nichts berechtigt uns zu der Annahme, daß Heinrich IV. ihr nicht Stand gehalten haben würde, wenn nur Ich möchte daher das AllgemeinVater und Sohn einig blieben. mensclüiche des Konflikts schärfer hervorheben. Reibungen ergeben sich nur zu natürlich, wo Vater und Sohn gewissermaßen in einem Unternehmen tätig sind, und werden solche Gegensätze in einer Zeit sittlicher Verwilderung nicht mehr überbrückt durch Ehrfurcht, König Heinrich aber war aufgeso entsteht der offene Bruch. wachsen in einer Zerrüttung der moralischen Begriffe und Auflösung der Familienbande ohne Gleichen, in Verhältnissen, die geeignet waren, in ihm frühzeitig Argwohn, Verschlagenheit, Selbstsucht zu entwickeln, aber nicht Treue und Edelmut. Diese nach schrankenloser Selbständigkeit strebende Natur hatte nun der mißtrauisch gewordene Vater durch einen Treueid an sich zu ketten versucht, der, von dem Sohne als Demütigung empfunden, nur zu Wirkung hervorrufen konnte, zimial den Eidbruch gegen Verdienst hinstellten. Jene oben geschilderten leicht das Gegenteil der gewollten wenn kirchliche Einflüsterungen hinzutraten, die den Gebannten Besorgnisse als ein vmd die Einwirkimgen mißvergnügter Adliger führten ihn weiter.. Nach wie vor der gealterte Kaiser, wenn auch maßvoller fest, die deutsche Kirche in Abhängigkeit, den Laienadel im Zaum zu halten und gegen beide die emporstrebenden Kräfte von Bürgertum und Ministerialität auszuspielen, i) Eben die Begünstigung von Angehörigen dieser beiden Stände, die in einem an sich keineswegs bedeutenden Einzelvorgang zu Tage trat, gab den unmittelbaren Anlaß zum Abfall seines Sohnes. Bei einem Aufenthalte des kaiserlichen Hofes in Regensburg kam es 1 1 04 zu einer Auflehnung von Ministerialen und Bürgern gegen den Grafen Sigihard von Burghausen, der dabei ums Leben kam. Hier zuerst zeigte sich eine entgegengesetzte Stellungnahme des Kaisers und seines Sohnes; während dieser für den Grafen eingetreten war, tat der Vater nichts zu seiner Rettung und ließ die Täter straffrei. Darob Entrüstung des bayrischen Adels und Verstimmung des jungen Königs, der bald darauf heimlich vom Hofe entwich und mit jenen Unzufriedenen die Fahne des Aufmhrs gegen den Vater erhob. Auf die Kunde davon hat der Kaiser die als hielt früher an seiner Politik *) W. Schultzes Meinung, die Reichsministerialität habe sich jetxt gegen Heinrich als den Verteidiger der alten Verfassung gewandt, die er früher umzustürzen versucht habe, ist die noch einseitigere und irrigere Zuspitzung einer Konstruktion von Nitzsch; vgl. oben S. 39. I. 70 Die Zeit der Salier. Truppen, die er mit sich führte, entlassen er mußte Atem schöpfen, ehe er die Hand zum vernichtenden Schlage gegen seine eigne Dynastie erheben mochte, und aller Welt sollte es offenkundig werden, daß nicht er es war, der den Kampf wollte. Dadurch aber gewann der Aufstand Luft zur Ausbreitung Ohne daß er jemals Miene gemacht hätte, auf die Laien(1105). investitur zu verzichten, fand König Heinrich sofort die Unterstützung des Papstes, der ihn von der Sünde des Eidbruches gegen den Vater freisprach und segnete. Und nun ergriffen die gregorianischen Bischöfe Deutschlands, namentlich Sachsens, begierig die Gelegenheit, sich aus der unbehaglichen Lage der Unterordnung imter einen gebannten Kaiser zu befreien. Persönliche Motive, wie bei dem Erzbischof Ruthard von Mainz, kamen hinzu, in Sachsen und Süddeutschland erwachten alte Feindschaften, ein unglücklicher Zufall wollte, daß eben damals der schwäbische Herzog Friedrich ; starb. Endlich Felde, aber als suchte Heiruich IV. die Entscheidung im offenen kampfbereit gegeneinanderstanden, am Regen die Heere es, die Hauptstützen des Kaisers, die Österreicher und Böhmen, von ihm abzuziehen, so daß ihm nichts übrig blieb, als ein fluchtEin ähnlicher Rückzug an den Rhein. Der König folgte eilends. großer Reichstag in Mainz sollte über die Thronfrage entscheiden. gelang Da ein persönliches Erscheinen des Kaisers, der sein gutes Recht dem Anhang, den er noch immer unter den Fürsten besaß, und seiner Beliebtheit bei den Mainzer Bürgern bedenklich gewesen wäre, zog ihm der König nordwärts entgegen. Auf einer Zusammenkunft bei Koblenz erfolgte nun jene empörende Überlistung des Vaters durch den Sohn, der sich in Eiden und Liebesbeteuerungen überbot und als seinen einzigen, heißen Wunsch die Aussöhnung des Kaisers mit der Kirche bezeichnete. Avif dem gemeinsamen Zug nach Mainz wußte er den Vater mit der gleichen List um das starke Geleit seiner Kriegsmannen zu bringen; schon halb mit Gewalt führte er ihn dann die Nahe aufwärts nach der verteidigen wollte, bei Burg Böckelheim, damit er dort über Weihnachten verweile, während er selbst in Mainz die kaiserliche Sache getreulich wie seine eigne Als das Burgtor sich schloß, war Heinrich IV. der führen wolle. Gefangene seines Sohnes. Es war die teuflischste Tat der ganzen deutschen Geschichte! An die Überlistung schloß sich die Vergewaltigung. Der Kaiser hoffte noch immer auf den hinreißenden Eindruck seiner Darlegungen, weim er nur auf dem gegen Ende des Jahres zusammentretenden Reichstage in Mainz persönlich aufzutreten verdas zu erreichen, gab er selbst Weisung zur Ausmöchte. Um § 6. Die Fortsetzung des Kampfes bis rum Tode Heinrichs — 1106). Aber man betrog ihn auch der Reichsinsignien. lieferung IV. (1085 y i jetzt; nur die Anhänger des Königs, die allerdings die Mehrheit ausmachten, kamen nach dem nahen Ingelheim, wohin man den Kaiser geschafft hatte, und dort folgten weitere entsetzliche Szenen. Boden liegend, erflehte der gealterte Herrscher vergebens die Recht- Am Wie einst Ludwig der Fromme, ward im Beisein des Sohnes und päpstlicher Legaten gezwungen, ein lächerliches Sündenbekenntnis abzvüesen, das vmter seinen Vergehen selbst die Anbetung von Götzen aufzählte xmd bestimmt war, ihn Endlich erpreßte man von ihm „vi et moralisch zu vernichten. fertigung vor allen Fürsten. er arte", v.-ie er selbst schreibt, — — zum wir dürfen übersetzen: „mit groß' unter direkter Bedrohung mit Abdankimg, die schon in der Übersendimg der Reichsinsignien gesehen wurde, sondern auch den VerWährend er zicht auf seine sämtlichen Besitzungen im Reiche. dann in der Haft zurückblieb, vollzog man in Mainz die Krönung Heinrichs V. nicht ohne bestätigende Mitwirkung der päpstlichen Macht und viel List" dem Tode Teil nicht nur die Legaten und einschränkenden Vorbehalt der Fürsten. Aber Frage zum wurde dem neuen Hen scher noch einmal in Der Kaiser entkam aus Ingelheim und entfaltete Male seine seltene Kunst, eine Sache, die unrettbar die ICrone gestellt. letzten Von Köln, wo er zu Schiff gelandet, nach Lüttich, unterwegs durch eine barfuß zurückgelegte Pilgerfahrt nach Aachen seinen kirchlichen Eifer beweisend. verloren schien, herzustellen. wandte er sich Und dort in Niederlothringen gelang es ihm in der Tat, eine Partei zusammenzubringen und Truppen zu werben. Schreiben mit rührenden Darstellungen der letzten Vorgänge ergingen an den König von Frankreich und an Abt Hugo von Cluny, der noch einmal die Aussöhnung mit der Kurie in die Hand nehmen solle, aber auch jetzt noch „vorbehaltlich unsrer Ehre". Als Heinrich V. eilig gegen Niederlothringen vordrang, erlitt er eine Schlappe, mußte zurückweichen, verlor Zeit und Kraft an einer vergeblichen Belagerung des kaisertreuen Köln, rückte nach erfolglosen Verhandlungen aufs neue dem Vater entgegen, eine Entscheidung im offnen Felde stand unmittelbar bevor, da ist Heinrich IV, in Lüttich nach kurzer Krankheit allen weiteren Kämpfen durch den Tod entrückt worden. Noch sterbend sandte er Schwert und Ring dem Sohne, erbat für seine Anhänger Verzeihung und für sich selbst einen Platz im Dome zu Speyer. Der ist dann freilich erst nach unduldsamen Aussperrungen dem gebannten Toten, dem aber in der rührenden Liebe der Bürger von Lüttich und Speyer reichster Ersatz ward, zuteil geworden, als auch der Sohn in neuen Kampf — mit der Kurie geraten war. 72 !• Sieht T)ie Zeit der Salier. man von den Regungen des Mitgefühls ab, die dies Menschenleben unwillkürlich auslöst, und fragt nur nach dem, was er für Deutschland erstrebt und geleistet hat, so wird ihm doch auch da das historische Urteil die Anerkennung nicht versagen, daß er unermüdlich mit dem ganzen Einsatz seiner Person für die Rechte des Königtums und die Ehre des Reiches gekämpft hat. Der Kirche gegenüber blieb er zwar nicht Sieger, aber er ist auch nicht völlig unterlegen; er hat die Welthenschaftsansprüche des Papsttums erfolgreich zurückgewiesen, das Investiturrecht noch unversehrt in die Hände des Sohnes gelegt, durch seinen zähen Widerstand die Starrheit der kirchlichen Forderungen doch bereits gemildert, so daß sein Nachfolger einen leichteren Stand hatte, und hat so schließlich nicht am wenigsten dazu beigetragen, daß der deutsche Episkopat noch ein volles Jahrhundert, wenn auch mit zeitweiligen Schwankungen, unter dem Einfluß der Krone blieb, und das ottonische Regierungsystem in diesem Punkte zwar abgewandelt, aber noch nicht gänzlich aufgegeben zu werden schicksalvolle brauchte. Auf der andern Seite hat er das deutsche Königsrecht ebenso zäh den partikularen Mächten gegenüber verteidigt, ist allerdings durch das Eingreifen der Kirche an einem weiteren Ausbau gehindert und in dem langen Bürgerkriege gewiß zu mancher Preisgabe von Reichsbesitz, zu manchem Zugeständnis an die Selbständigkeit der Fürsten gezwungen worden; aber auch da hat er den Boden doch nicht verlassen, auf dem in besseren Zeiten eine Rückbildung der königlichen Rechte erfolgen konnte, und auf welchem Wege etwa künftig eine neue Machtsteigerung möglich war, dafür hat er die Richtung gewiesen durch seine Begünstigung von Ministerialität und Bürgertum, aufstrebenden Ständen, mit denen indes eine größere Aktion schon damals gegen das Fürstentum schwerlich hätte geführt werden können. So dürfen wir Heinrich IV. zwar nicht nach seinen Erfolgen, wohl aber nach Talent und Streben den bedeutendsten deutschen Herrschern an die Seite stellen. § 7. Heinrich V. und das Ende des Investiturstreits. (1106—1125). Gegen Papsttum und Fürstentum hatte Heinrich IV. in einem Königtum verteidigt. Mit beiden Mächten Der Streit verbündet, hatte zuletzt der Sohn den Vater gestürzt. Aber sobald Heinrich V. nun konnte damit beendet scheinen. dreißigjährigen Kriege sein § 7- Heinrich V. und das Ende des Investiturstreits. (iio6 — 1125). 73 Herrscher war, trat zutage, daß er im Grunde für dasselbe wie der alte Kaiser. Der Friede mit beiden Mächten konnte daher nicht dauern.^) Auf kirchlichem Gebiete hatte der König zwar die Reste des Schismas in Deutschland beseitigt, aber ganz im Einverständnis mit dem Episkopat auch nicht die geringste Bereitwilligkeit gezeigt, auf das wichtige Investiturrecht zu verzichten. Hatte Paschalis 11. sich anfänglich darüber getäuscht, so brachten die nächsten Jahre völlige alleiniger Ziel kämpfte, Klarheit über den ungelösten prinzipiellen Gegensatz: von Seiten des Papstes wiederholte scharfe Erneuerungen des Investiturverbotes, von Seiten Heinrichs unerschütterliches Festhalten an dem ererbten kaiserlichen Recht. Ohne daß man in fortgesetzten Verhandlungen der Verständigung näher gekommen wäre brach der König 1 1 1 o mit der gesamten Streitmacht des geeinten Deutschlands zu der in Da ihm bei Aussicht gestellten Kaiserkrönung nach Italien auf. seinen noch immer freundlichen Beziehungen zur Kurie kein nennenswerter Widerstand entgegentrat, wurde der Verlust des Landes fast mühelos wiedereingebracht. Die furchtbare Zwangslage, in die sich der Papst angesichts der gewaltigen Kriegsmacht versetzt sah, mehr aber noch Geistesrichtimg und Charakter Paschalis II. erklären den Zurückmerkwürdigen, radikalen Lösungsversuch vom Februar , im. bebend vor den Schrecken eines neuen Riesenkampfes, ohne tieferen Einblick in die geschichtlichen Wirklichkeiten und politischen Möglichkeiten, im Sinne etwa eines Petrus Damiani mehr erfüllt von dem mönchischen Ideal einer Entweltlichung der Kirche, als von den gregorianischen Herrschaftsgedanken, machte er einen ehrlichen Versuch, dem Kaiser zu geben, was des Kaisers war, einen Versuch, der indes den Logiker mehr ehrte als den Staatsmann, und dessen Durchführung eine ganz andere Willensstärke bei dem Oberhaupt Die der Kirche vorausgesetzt hätte, als sie Paschalis eigen war. Reichsgewalt klammerte sich an die Investitur, weil nur sie ihr Gab jetzt die Obereigentumsrecht am Reichskirchengut verbürgte. deutsche Kirche dem Reiche alle Besitzungen und Rechte zurück, von ihm seit den Tagen Karls d. Gr. erhalten hatte, vmd beschränkte sich künftig für ihren Unterhalt auf Zehnten und Privatschenkungen, so konnte dem Kaisertum der Verzicht auf die InDas war vestitur mit dem kirchlichen Amte nicht schwer fallen. die sie der Hauptinhalt der Abmachungen, die damals auf Paschalis' Vorund Kaiser getroffen imd in zwei Urkunden schlag zwischen Papst *) tiefer d. d. Das Material für — 1106 11 16 ist ungemein fleißig, ohne zusammengetragen von Meyer v. Knonau, Jahrb. u. H. V. Bd. VI (1907). die Jahre dringende Auffassung, Reiches unter H. IV. I. 74 niedergelegt wurden. i) Die Zeit der Salier. Nach Verlesung dieser Aktenstücke in der Peterskirche sollte die Kaiserkrönung vollzogen werden. Dieser Vertrag hat von jeher das allgemeinste Staunen herGlaubte man wirklich an seine Durchführbarkeit oder walteten andere Absichten vor? Bei dem Papste wird man trotz vorgerufen. des mißtrauischen Urteils keiten, derm Heinrichs V. xmbedingt Gutgläubigkeit Er übersah nicht etwa voraussetzen müssen. völlig die Schwierig- er verpflichtete sich, die widerstrebenden Bischöfe nötigen- durch Bann zum Gehorsam zu zwingen, aber von der elemenWucht des Widerstandes der gesamten gregorianischen Partei Der machte er sich auch nicht entfernt richtige Vorstellungen. nüchterne Realpolitiker Heinrich V. dagegen war schwerlich in falls taren solcher Täuschung befangen. Abgesehen von den kirchlich Extremen mußte er die schärfste Opposition von Seiten der deutschen Fürsten erwarten, von den geistlichen, denn ihnen drohte Verlust der Regalien, die bisher als Zubehör ihres Amtes galten und ihre Stellung begründeten; aber auch von einem Teile der weltlichen Fürsten, denen die wirtschaftliche und politische Stärkung der Krone und die Unsicherheit über die Zukunft ihrer In eigenen Lehen aus dem Reichskirchengut Besorgnis einflößte. richtiger Einschätzung dieser Schwierigkeiten machte Heinrich die Zustimmung nicht nur der Gesamtkirche, sondern auch der Reichsfürsten zur Bedingung des Vertrages. Es wäre aber verkehrt, aus reichsfürstliche er habe im sicheren Bewußtvon vornherein ein unehrliches Spiel mit dieser Erkenntnis folgern zu wollen, sein der Unausführbarkeit dem Papste getrieben, um ihn „mit dem deutschen Episkopat im- heilbar zu verfeinden", 2) oder wie die Motivierungen neuerer Darsteller sonst lauten. so überaus bracht hätte, für den deutschen König daß eine Ablehnung ihn in den Ruf ge- Das Anerbieten war vorteilhaft, den Frieden schlechterdings nicht zu wollen. Wenn er aber zu Beginn der Krönungsfeier die öffentliche Erklärung ab- daß er den Kirchen den Genuß der Regalien nicht zu entziehen gedenke, so wollte er damit nicht das Odium des Vertrags auf den Papst wälzen, wie man wohl gemeint hat, sondern seiner Durchführung den Weg ebnen, indem er zu verstehen gab, die augenblicklichen Besitzer sollten, wenn auch nicht mehr kraft eines Rechtsgab, im Genüsse der Reder Tat dem ganzen Plan ein gut Teil des Abenteuerlichen und Revolutionären abgestreift; nicht mehr eine Umwälzung der Besitzverhältnisse hatten die deutschen titels, galien so doch durch königliche Gunst ruhig bleiben. Damit wurde in Die sonstigen *) Die entscheidenden Aktenstücke M. G. Const. I, 137 ff. Berichte über den Vorgang zusammengestellt von Meyer von Knonau VI, 3693. *) W. Schnitze in Gebhardts Handbuch. § 7- Heinrich V. und das Ende des Investiturstreits. (1106 — 1125). 7^ Fürsten zu befürchten, nur das Eigentum des Königs am Reichskirchengute sollte in der unzweideutigsten Weise zur Anerkennung gebracht werden. Trotzdem erhob sich freilich am 12. kirche ein Sturm des Unwillens, als nach Februar in der Peters- dem kaiserlichen Bericht auf die Investitur die päpstliche Preisgabe der Regalien verkündet wurde. Nur zu bald zeigte es sich, wie wenig der schwache Lage war. Da hat der durch äußere Angriffe der Römer auf die Peterskirche mißtrauisch gewordene König, der schon dereinst seinem Vater gegenüber genugsam bewiesen hatte, daß er für Regungen der Pietät unzugänglich war, den Papst, als er sich weigerte, ihm das preisgegebene Investiturrecht zmückzugeben und die Kaiserkrönung zu vollziehen, samt dreizehn KardiPaschalis Herr der nälen gefangen genommen imd durch das tobende Rom nach dem sicheren Alba geführt. Die weiteren Verhandlungen mit dem Gefangenen verglich Heinrich selbst zj-nisch dem Ringen des Patriarchen Jakob mit dem Engel des Herrn: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn". Schon im April erfüllte der Papst, um seine Freiheit wiederzuerlangen, im Vertrage von Ponte Mammolo alle Forderungen des Königs: die unbeschränkte Investitur als kaiserliches Vorrecht, die Kaiserkrönung und die Zusage völliger Amnestie wegen der letzten Vorgänge, insbesondere das eidliche Versprechen, niemals den Bann über Heinrich zu verhängen. Wer mit Hauck den Abschluß dieses Vertrages als einen der größten politischen Fehler Heinrichs betrachtet, da Paschalis angesichts des kirchlichen Widerstandes gar nicht in der Lage gewesen sei, ihn durchzuführen, dem dürfte es doch schwer fallen, anzugeben, wie er denn anders hätte handeln sollen. Etwa dem Papste durch dauernde Haft die propagandistische Kraft des Märtyrertums verleihen und der allge- Man meinen Empörung darüber Zeit lassen zur Organisation? übersieht nur zu leicht, daß das Papsttum mindestens seit der Kirchenreform kein gewöhnlicher politischer Gegner vmd durch Gewalt allein niemals zu bezwingen war. Heinrich hat vielmehr auch hier gezeigt, daß er seinen Vorteil in vollem Umfange wahrzunehmen verstand. Was er erreichte, war das Höchste, das seit der Mitte des elften Jahrhunderts jemals ein deutscher Herrscher dem Papsttum gegenüber durchgesetzt hat. Er erlangte den Vollzug der Kaiserkrönung; er hat die Form der Zusicherungen so klug auf die ängstliche Natur des Papstes berechnet, daß dieser erst allmählich dahin gebracht werden konnte, den Vertrag unumwunden als erzwungen zu kassieren (1116) und sich stets gescheut Er hat endlich ^t, gegen seinen Eid den Kaiser zu bannen. 76 I^i« Zeit I- der Salier. durch die hier erpreßte Anerkennung des kaiserlichen Investiturrechts der folgenden Widerrufe doch erheblich zur Schwächung der Gegenpartei beigetragen. Die Durchführung des Privilegs freilich erwies sich bald ge- trotz nug als in Italien völlig unmöglich. und noch mehr Weniger zunächst in Deutschland, als von Seiten der in Frankreich entlud sich dem Haupte des mancher sophistischen Vorbehalte und Halbheiten einen Schritt nach dem andern zurücktun mußte, wenn er nicht Gehorsamsaufkündigimg und Absetzung heraufbeschwören wollte. Auf den beiden Synoden im Lateran und in Vienne (1112) wurde das päpstliche Privileg als ein „pravilegium", statt eines Gnadenbriefes ein Schandbrief, für null und nichtig erklärt, und gegen den einen Verzicht darauf natürlich verweigernden Kaiser der Bann geschleudert, ohne daß Paschalis indes ihn selbst verkündet und die persönlichen Beziehungen abgebrochen hätte. So begann der Investiturstreit nach kurzer Unterbrechung von neuem. Für Heinrich wurde er erst dadurch gefahrvoll, daß sich mit dieser Gregorianer ein Unwetter der Entrüstung über „ketzerischen" Papstes, der trotz kirchlichen Gegnerschaft abermals wie unter seinem Vater, eine deutsche Fürstenopposition zusammenschloß. SchwerDiese ist nicht aus einheitlicher Wurzel erwachsen. lich läßt sie sich auf die einfache Formel von Nitzsch bringen, der meint, eine planmäßige Wiederaufnahme der väterlichen Städtebegünstigung und Territorialpolitik mit Verlegung des Schwerpunktes vom Harz nach der oberrheinischen Tiefebene habe die feindliche Verbindung der Fürsten als Gegenschlag hervorgerufen, wenn auch Heinrichs V. große Privilegien für Speyer und Worms (iiii 14) in der Entwicklung der deutschen Stadtfreiheit epochemachend geworden sind, und das oberrheinische Königsgut unzweifelhaft mit — Hilfe der schwäbischen Reichsministerialen kräftig ausgebaut und durch einen Kranz von Burgen gesichert wurde. Auch sonst suchte Heinrich die Lücken, welche der jahrzehntelange Kampf in den königlichen Besitz gerissen hatte, nach Möglichkeit auszufüllen und war karg mit neuen Vergabungen. Die Habsucht, die ihm die Chronisten vorwarfen, war unter dem politischen Gesichtspunkte nur ein Lob, wie dieser moralisch so minderwertige Herrscher überhaupt eine Fülle bedeutender Regenteneigenschaften: Machtsinn, Überlegung, Kühnheit und Willenskraft besaß. Indes die rücksichtslose Härte, mit der er allenthalben durch Gütereinziehung und Gefangennahme seinem Vorteil nachging, seine ganze rechnerische, verschlagene, unzuverlässige, unedle Natur erweckten ihm ringsum Feindschaften, die unabhängig voneinander erwuchsen, aber leicht den Zusammenschluß fanden. Rein persönliche Entzweiungen, wie 1 § 7- Heinrich V. und das Ende des Investiturstreits. (llo6 — 1125). 77 dem wesensverw'andten Erzbischof Adalbert \on Mainz, der Kanzler der vertrauteste Mitwisser imd Förderer seiner geheimsten Pläne gewesen war, dann aber als Kirchenfürst ein unter der Maske kirchlicher BeVorläufer des Thomas Becket strebungen seinen eigenen ehrgeizigen Wünschen nachjagte und vom Kaiser Jahre hindurch im Kerker gehalten wurde, vermehrten die Zahl der Gegner. Auf einem besonderen Brette endlich stand, wie in den Tagen Heinrichs IV., der vmgebrochene sächsische Stammesdie mit früher als — — noch um so gefährlicher, als nach dem Zusammenbruch der bremischen Macht und dem Aussterben des billungischen Hauses ( 1 1 06) der neue Herzog Lothar von Supplinburg, der mit seinen Erbgütern in der Gegend von Helmstädt durch Familienverbindungen die ausgedehnten billungischen nordheimschen imd braunschweigischen Besitzvmgen verband, die Gesamtkraft des Stammes viel wuchtiger verkörperte, als es bisher möglich gewesen war. Er wiu-de Heinrichs mächtigster und zähester Gegner. Diese inneren Kämpfe im einzelnen zu verfolgen, lohnt sich kaum. Ein unglücklicher Umstand für den Kaiser war immerhin, daß er, der öfter kränkelte, ohne kriegerische Neigung und Feldhermgabe war und die Führung daher gelegentlich anderen überließ. Bedenklich wurde seine Lage erst, als die Kaiserlichen kurz nacheinander (Ende 11 14 und Anfang 11 15) am Rhein und in Sachsen Niederlagen erlitten, eine Erhebung der Mainzer die Entlassimg ihres Erzbischofs erwirkte ( 1 1 1 5), imd die kirchlichen Einwirkungen nun auch an Boden gewannen und die Mehrheit der Bischöfe zum Abfall veranlaßten. Trotzdem hat Heinrich es gewagt, gerade in diesem Momente den deutschen Boden zu verlassen, weil ihn eine wichpartikularismus, jetzt , Entscheidung nach Italien rief. Nach dem eben erfolgten Tode der Gräfin Mathilde (11 15) galt es nicht nur ihre Reichslehen einzuziehen, sondern auch auf ihre gewaltig ausgedehnten Eigengüter die Hand zu legen. Denn deren 1102 noch einmal wiederholte Schenkung zu Obereigentum an die römische Kirche hatte eine freie Verfügung Mathildens darüber keineswegs ausgeschlossen, und auf Grund einer vermutlich im getroffenen geheimen Vereinbarung trat Heinrich jetzt als Jahre Privaterbe der Gräfin auf. Ohne Heeresmacht eilte er nach Italien 1 1 6) und indem er in kluger Freigebigkeit durch umfassende ( Verleihungen Adlige und Städte ringsum zu Mitgenießem machte, gelang es ihm in der Tat, seine Ansprüche zur Geltung zu bringen und so die Macht des Reiches in Ober- und Mittelitalien bedeutend zu verstärken. Unter dem Eindruck dieser Erfolge vermochte sich Paschalis in dem aufständischen Rom nicht zu halten und floh zu den Normannen, Heinrich aber ließ sich und seine junge Gemahlin tige im 78 I. Mathilde, die Die Zeit der Salier. Tochter König Heinrichs Peterskirche mit dem Nach dem Tode kaiserlichen I. von England, in der Diadem schmücken (1117). Paschalis' II. ( 1 1 1 8) verschärften sich trotz der maßvollen Gesinnung des zum Nachfolger erwählten Gelasius II. Denn der Kaiser erhob (11 18 19) die Gegensätze noch mehr. — nach erneuter Ablehnung seiner Forderungen den portugisischen Erzbischof Burdinus von Braga zum Gegenpapst, ein aussichtsloser Versuch zur Wiederbelebung des allgemein verhaßten Schismas, der denn auch schon nach drei Jahren mit der Gefangennahme des Burdinus scheiterte. Und auf der anderen Seite war Gelasius, der sich bald aus dem Streit der römischen Adelsfaktionen heraus nach Südfrankreich, dem Hauptlager der Gregorianer, rettete, durch keinen Eid mehr wie sein Vorgänger gehemmt, in aller Form den Bann über den Kaiser auszusprechen. Ohne daß sich ein Ende absehen ließ, setzte sich diesseits und jenseits der Alpen trotz wachsender Kampfesmüdigkeit der jetzt — Streit fort. Als dann nach Gelasius' frühem Tode der extreme Südfranzose Guido von Vienne als Kalixt II. zum Papst erwählt wurde, schien eine Versöhnung noch mehr in die Feme gerückt. Aber dem hohen burgundischen Adel entsprossen, verwandt mit Saliern und Capetingem, weit entfernt von der mönchischen Enge seiner Vorgänger, vielmehr von staatsmännischem Geiste erfüllt, schätzte Kalixt das Friedensbedürfnis der durch den langen Kampf zerrütteten Kirche sehr hoch ein und begann ernstlich nach einem mit den kanonischen Forderungen verträglichen Ausgleich zu streben. Der Kaiser aber, der aufs neue mit den deutschen Fürsten Fühlung gewonnen hatte, trug deren Friedenswünschen gern Rechnung, wenn nur die Reichsehre gewahrt blieb. Und der Weg, auf dem dies ehrliche Streben von beiden Seiten sich begegnen konnte, war nun schon seit einer Reihe von Jahren durch Publizisten beider Parteien klar vorgezeichnet. Italienische Schriftsteller und noch mehr vielErzbischof Franzosen mit ihrer Gabe logischer Präzision, wie etwa Ivo Problem begrifflich geklärt, die geistliche und weltliche Seite der Investitvu, Übertragung des kirchlichen Amtes und Belehnung mit den Regalien scharf von» einander geschieden imd eine deutlichere äußerliche Sonderung angebahnt, indem Ring und Stab für die kirchliche Einweisung vorbehalten, für die weltliche Investitur aber das Symbol des Szepters vorgeschlagen wurde. Heinrich selbst hatte schon früh (1109) in seinen Verhandlungen mit der Kvuie derartige Gedankengänge aufhatte zu genommen, und auch der Lösungsversuch von weiteren Erörterungen in gleicher Richtung angeregt. Jetzt traten leicht von Chartres, hatten durch ihre Denkarbeit das im § 7- Heinrich V, und das Ende des Investiturstreits. (1106— 1125). yg den Mittelpunkt der Verhaxidlungen zwischen Kaiser und Allen Schwankungen derselben zu folgen, ist hier nicht der Ort Das wesentlichste war, daß an der Kurie die unbeugsamen Gregorianer, die noch 1 1 1 9 den fast vollzogenen Ausgleich wieder umstießen, allmählich zurücktraten, und daß die deutschen Laienfürsten sich für den Reichsfrieden (11 19 u. 1121) wie für den sie in Papst Frieden einsetzten, dabei aber im wohlverstandenen eignen Interesse das Verbot der Laieninvestitur in seiner schroffen Form bekämpften. So hielt sich der Ausgleich, der endlich 1122 in Verhandlungen zwischen päpstlichen Legaten, dem Kaiser imd kirchlichen den deutschen Fürsten einer mittleren Linie. in Worms erzielt wurde, in der Tat auf ^) gab die rein kirchliche Investitur mit Ring und Stab dauernd noch 11 19 verweigerte Zugeständnis der Regalieninvestitur mit dem Szepter, damit also die Anerkennung seines Obereigentums am Reichskirchengute. Von erheblicher Bedeutung war die Reihenfolge von Ging die Investitur vorauf, so Regalieninvestitur und kirchlicher Weihe. entschied der Kaiser über die Rechtmäßigkeit der Wahl und konnte unter Umständen durch Regalienverweigerung auch die kirchliche Weihe verhindern, während er sich im umgekehrten Falle vor eine vollzogene Tatsache gestellt sah, die er ohne einen Bruch mit den kirchlichen Gewalten nicht mißachten Man kam hier zu einer verschiedenen Behandlung der Reichsteile. konnte. In Deutschland sollte die Investitur der Weihe voraufgehen, in Italien und Burgund aber, wo für das Reich weit geringere Hoheitsrechte in Frage kamen, Der Kirchenerst in den sechs Monaten nach der Weihe eingeholt werden. staat blieb zu Gunsten der päpstlichen Machtbefugnis von den Verfugungen des Konkordats überhaupt ausgeschlossen. Je mehr nun aber mit dem Wegfall der vollen kirchlich-weltlichen Investitur die unbeschränkte Einsetzung der Bischöfe und Reichsäbte dem deutschen Herrscher entzogen wurde, um so mehr mußte die Frage der Bischofaund Abtswahlen in den Mittelpunkt der Erörterungen und Verhandlungen treten. Von kirchlicher Seite wurde hier, wenn man auch von den extremen gregorianbchen Forderungen von 1080 einstweilen Abstand nahm, die volle DurchHeinrich preis, erhielt aber dafür das *) Die beiden Aktenstücke des Wormser Konkordates finden sich gedruckt M. G. Const I, 159 ff. Die päpstliche Urkunde ist nur in Abschriften erhalten, die kaiserliche in der sehr einfachen und formlosen Originalausfertigung vgl. Faksimile und Erörterungen von Sickcl u. Bresslau in Mitt d. Instit f. Zur Auslegung des Konkordats besteht eine reiche Literatur, Ost. Gesch. 6. aus der sich die Schriften von Bemheim (Z. Gesch. des W. K. 1878 u. weitere Abhandlungen) als die bestbewährten herausheben. Die Erklärung Wolfimm» (Fricdr. I. u. d. W. K. 1883) hat in einigen Punkten keine allgemeine Anerkennung finden können. Die Titel der ungemein zahlreichen Abhandlungen, auch über Auffassung und Anwendung des Konkordats in der folgenden Zeit, sind am vollständigsten in der Schrift von D. Schäfer, Zur Beurteilung des W. K., Abh. der Berl. Akad. 1905 zusammengetragen. Gegen Schäfers eigene Auffassung von der ganz vorübergehenden Dauer und geringen Bedeutung des in — Konkordats hat sich indes mit Recht der lebhafteste Widerspruch erhoben, etwa Hauck, Kirchengesch. III 3.4 S. 10475., Bemheim, Das W. K. und seine Vorurkunden 1906; Rudorff, Zur Erklärung des W. K. 1906. vgl. 8o !• I^i* Zeit der Salier. führung der kanonischen Wahl durch Klerus und Volk mit AusschlieOung jedes fremden Einflusses erstrebt, während es für den deutschen König eine Lebensfrage war, bei der Erhebung dieser wichtigen Reichsbeamten das entscheidende An diesem Gegensatt der Gewicht in die Wagschale werfen zu können. Interessen wäre der Ausgleich fast noch einmal gescheitert; aber schliei31ich kamen die Vertreter der Kirche um des Friedens willen auch hier einen Dem König wurde die Gegenwart bei den Wahlen zuSchritt entgegen. gestanden, und das Recht eingeräumt, bei Zwiespältigkeit der Wähler nach dem Rate von Erzbischof und Bischöfen der betrefifenden Kirchenprovinz zu Gunsten der besserbefugten Partei zu entscheiden. Widersprach das letztere durchaus den Forderungen von 1080, so war mit der Möglichkeit persönlicher Anwesenheit des Königs tatsächlich ein Tor für seinen Einfluß auf die Wähler geöffnet, wenn er ihn auch nach dem Wortlaut der päpstlichen Urkunde eben nur bei deren Uneinigkeit geltend machen sollte. Die Betrachtung des Inhalts zeigt, daß das Wormser Konkordat den Charakter des Kompromisses an der Stirn trägt, und man versteht ohne weiteres, daß die strengen Gregorianer über seinen Abschluß äußerst verstimmt waren. Das volle Urteil über seine Bedeutung aber hängt wesentlich mit ab von der Frage, ob es nur ein vorübergehender Waffenstillstand oder ein dauernder Friede sein sollte. Eine Meinungsverschiedenheit darüber konnte damals wie heute wohl bestehen, denn von den beiden Urkunden ist diejenige des Papstes formell nur für Heinrich V. persönlich ausgestellt, und in Rom behauptete man etwas später auch inhaltlich die rein persönliche Dauer der kirchlichen Zugeständnisse. Von den neueren Forschem hat vor allem D. Schäfer die Die dadurch angeregte geRichtigkeit dieser Ansicht zu beweisen versucht. nauere Prüfung der Quellenberichte und insbesondere der Vorurkunden hat indes zu dem gegenteiligen Ergebnis geführt. Trotz ihrer persönlichen Fassung sollte die päpstliche Urkunde mit der kaiserlichen zusammen nach der Absicht der Aussteller und dem Urteil der Zeitgenossen eine dauernde Rechtsgrundlage bilden, und als solche wurde sie, wenn auch unter schweren Bedenken, mit jener zusammen von dem Laterankonzil von 1123 zum Kirchengesetz erhoben, wie das Zugeständnis des Kaisers durch Zustimmung der Fürsten Reichsgesetz wurde. Indem man von beiden Seiten weitergehende Wünsche zurückstellte, fand man schließlich einen gemeinsamen Boden für ein vorläufiges friedliches An ewige Dauer haben die Vertragschließenden dabei Zusammenleben. Die vielleicht noch weniger gedacht, als gewöhnlich bei Staatsverträgen. Kirche behielt sich im Stillen vor, auf die unveräußerlichen kanonischen Forderungen zur geeigneten Stunde später zurückzukommen; die Reichsgewalt empfand bald genug bitter die Schmälerung ihrer Einwirkung auf die BeDie mehrfach nicht allzu klare Fassung der setzung der geistlichen Ämter. Konkordatsurkunden begünstigte auf beiden Seiten das Streben, den Einfluß über den vereinbarten Rechtsboden hinaus vorzuschieben, und der Erfolg dabei hing ab von den jeweiligen Machtverhältnissen. War nach Heinrichs V. Tode zunächst die Kirqhe in der Überlegenheit, so begann später unter Barbarossa Als eine gewisse Rechtsgrundlage für die ein neues Vordripgen des Reiches. beiderseitigen Beziehungen darf das Wormser Konkordat gleichwohl für die folgende Zeit gelten nur hat man bei der damaligen Mündlichkeit der deutsqhen Rechtsentwicklung von jedem Gedanken an buchstabengetreue Befolgxmg oder auch nur Kenntnis des Textes schon nach kurzer Zeit ganz abzusehen. ; So war der lange Streit dank der Zähigkeit und diplomatischen Kunst Heinrichs V. und dem Eingreifen der deutschen Fürsten schließlich mit einem Erfolge der kaiserlichen Sache beendet worden. § 7« Heinrich V. und das Ende des Investiturstreits (1106 — 1125). 81 Die weitausgreifenden Wünsche Gregors VII.: Lehenshoheit über deutschen Episkopats und freie Verfügung über das gesamte Kirchengut hatten sich nicht erGleichwohl war reichen lassen und blieben ein Ziel der Zukunft. die Machtentfaltung der römischen Kirche während des Kampfes, die Entwicklung ihre stets wachsende Beherrschmig der Geister, des Papsttums zum maßgebenden Faktor in der Gesamtkirche vmd zur unabhängigen Weltmacht und Führerstellung in Europa mit das Kaisertum, Händen zu volle Abhängigkeit greifen. Mit dem des Verlauf im Ganzen durfte man also Das ottonische Regienmgauf dieser Seite wohl zufrieden sein. Mit der Beherrsystem war in wesentlichen Punkten erschüttert. schung des Papsttums war es aus, und die Abhängigkeit des deutschen Episkopats war hinfort nur bei äußerster Kraftanstrengung der Krone und in beständigen Reibvmgen mit der Kurie aufrecht zu erhalten. Aber auch der andre Teil des ottonischen Systems, die Niederhaltung des Laienfürstentums durch die Kirche, hatte in den langen Bürgerkriegen einen heftigen Schlag erlitten, tmd mit Recht haben Ranke und Andre betont, daß das deutsche Fürstentum aus dem davontrug. Es war an Besitz und Rechten Mitwirkung an der Reichsregierung, die in der Königswahl ihren höchsten Ausdruck fand, war bedeutender geworden, zuletzt hatte es sich geradezu als eine Vertretung der Reichsrechte dargestellt. Indem jetzt die Abhängigkeit der geistlichen Fürsten von einem Emennungsrecht der Krone fortfiel, und das Verhältnis Kampfe den Löwenanteil erstarkt, seine sich mehr und mehr dem rein lehensrechtlichen annäherte, schwand zwischen geistlicher und weltlicher Aristokratie dahin, und die Gleichartigkeit der Interessen mußte sie beide allmählich zu einem der Krone mit ganz andrer Wucht geschlossen In Italien gegenüberstehenden Territorialfürstentum verschmelzen. andrerseits, wo die weitergehende Loslösung des Episkopats von der Krone die Bischöfe des Hauptrückhalts bei der Verteidigvmg des der alte Gegensatz — Reichskirchenguts beraubte, zogen die Städte den Hauptgewinn aus dem Konkordate, indem sie sich in der Folgezeit fast allentheilben Besitz der Regalien zu setzen wußten; das Ringen Barbarossas mit seinen lombardischen Gegnern war daher in gewissem Sinne eine Wiederaufnahme des alten Investiturstreites, nur daß das Kampf Objekt nicht mehr gegen die Ansprüche der Kirche, sondern die der Städte zu verteidigen war. Künftig galt es, im deutschen Reiche in anderer Weise und mit vielfach anderen Mitteln zu regieren. Daß aber diese Möglichkeit blieb, und daß sich das Königtum sogar bald wieder zu neuer Kraft erheben konnte, verdankte man neben der unbeugsamen Zähigkeit Heinrichs IV. doch auch der Klugheit seines in den Hampe , Deutsche KaiiergMchicbte. 6 82 I. Die Zeit der Salier. Sohnes, der in schwieriger Lage für die Krone rettete, was noch zu retten war. Wer weiß, was ihm bei längerem Leben noch gelungen sein würde; seinen Fähigkeiten nach wäre er wohl der Mann gewesen, die gebliebenen Kräfte des Königtums zusammenzufassen imd zu mehren, wie er denn etwa die einzige wichtige Zentralbehörde, die Reichskanzlei, zu einer Einheit für alle drei Teile des Imperiums umgestaltete. Indes die kurze Spanne Zeit, die ihm noch vergönnt war, ließ es sonst nur zu bedeutsamen Ansätzen kommen, denen Wir hören von dem Plane einer das Vollbringen versagt blieb. Steuerverfassung nach englisch-normannischem Vorbild. Die durch seine Gemahlin vermittelten englischen Beziehungen wurden auch für die äußere Politik wichtig imd verwickelten Heinrich in westUnser Blick darf wohl einen Augenblick bei der liche Kämpfe. überraschenden Aussicht verweilen, daß Mathilde, wenn sie dem Kaiser eine Nachkommenschaft geboren hätte, auf diese auch ihr englisches Erbrecht übertragen und so eine Vereinigung Englands mit dem Imperivun in ähnlicher Weise in den Bereich der Möglichkeit gerückt hätte, wie sie tatsächlich später durch ihre zweite Ehe mit dem Grafen Gottfried von Anjou als Stamramutter der Plantagenets den Grvmd zu der Verbindung von halb Frankreich Eben diese Kinderlosigkeit des mit ihrer Heimatinsel gelegt hat. kränklichen Kaisers war für das Reich ein böses Verhängnis, das den Neid wachruft gegen die kinderreicheren Capetinger. Wenn irgendwann, so waren jetzt, unmittelbar nach dem Friedenschluß, ein ruhiges Einleben in die neuen Verhältnisse und ein langsamer Wiederaufbau der Macht notwendig; nun drohte schon nach wenigen Jahren ein Dynastiewechsel mit seinen kaum vermeidlichen Störungen der Ordnung imd Schwankungen der Politik. Heinrich selbst betrachtete seine Neffen, die staufischen Brüder Friedrich und Konrad, als die natürlichen Erben seiner Herrschaft, wie des salischen Besitzes. Aber ob auch die Fürsten ihr neugekräftigtes Wahlrecht in diesem Sinne gebrauchen würden, stand doch dahin. Als Heinrich 1125 mit 44 Jahren an einem Krebsleiden starb, stand er eben vor neuen Kämpfen mit Lothar von Sachsen, Adalbert von Mainz und anderen alten Gegnern. Man wird kaum sagen dürfen, daß es ihm bei längerem Leben nicht hätte gelingen können, diesen Widerstand endgültig niederzuwerfen, und daß er daher in der innerdeutschen Politik gescheitert wäre. Aber nun er vor der Zeit von der Bühne abberufen wurde, ließ er tmüberbrückbare Gegensätze hinter sich ziuück, die durch die wiederauflebenden kirchlichen Streitfragen noch verschärft wurden. — § 7- Heinrich Y. und das Ende des Investiturstreito (1106 — 1125). 83 So erlosch das salische Haus nach fast genau einem Jahrhundert, nachdem es Deutschland vier bedeutende HerrscherindiWar auch im Kampfe gegen Kirche vidualitäten geschenkt hatte. imd Fürstentum die Königsmacht unter ihnen empfindlich geschwächt worden, so war dies Ergebnis doch mehr durch die Notwendigkeit der Gesamtentwicklung und die Einwirkung besonderer, verhängnisvoller Momente bedingt, als abgesehen von Heinrichs III. durch Untüchtigkeit Kirchenpolitik und Heinrichs IV. Jugend oder Mißgriffe. Vielmehr darf man wohl behaupten, daß kaum eine andere Dynastie des gesamten Mittelalters an echter Herrschbegabung mit den Saliern zu wetteifern vermag. Auch war das Reich trotz der jahrzehntelangen, zerrüttenden Kämpfe imd des Rückgangs der Zentralgewalt von einem Verfall seiner Kräfte weit — — Politisch war es trotz allem noch immer die ausschlagentfernt. gebende Macht Europas, seine kriegerische ICraft war imgebrochen, in wirtschaftlicher Hinsicht hatte es geradezu einen ungeheuren Aufschwung genommen. Auf geistigem Gebiete endlich wird man zwar nicht von einer „salischen" Kultur in demselben Sinne reden können, wie man von einer ottonischen imd staufischen spricht, hervorragende Leistungen wurden fast nur auf dem Gebiete der Geschichtschreibung und dem der Baukunst erzielt, und bald genug fehlte es für große Kulturtaten an der nötigen Sammlung. Aber für das geistige Reifwerden der Nation wird man die Bedeutimg der salischen Epoche gleichwohl sehr hoch einschätzen; die Laienkultur der Stauferzeit wäre ohne diese vorbereitende Entwicklung undenkbar. — 6* II. Die Zeit der Staufer. Die Geschichtseh rcibung bewegt sich bis in die Zeiten Barbarossas hin- wohl das reiche, ruhige Bildungsleben mancher altberühmten Klöster gelähmt, aber dafür in neuen Kreisen historisches Interesse geweckt, und die geistige Aufrüttelung, die er brachte, macht sich für den Quellenwert der Geschichtswerke vorteilIm haft erst jetzt geltend, nachdem die Kampfesleidenschaft verflogen ist. Absterben ist freilich der Zweig der geistlichen Biographie, der nur noch bis etwas über die Mitte des 12. Jahrh. reicher entwickelt ist, später gani vereinzelte Blüten treibt; die besseren Werke sind unten an ihrem Orte vermerkt. Im übrigen aber schwillt der Umfang der Geschichtschreibung noch erheblich an, und sie bewahrt sich fast während der ganzen Epoche durch den welfisch-staufischen Gegensatz den Vorzug des doppelten Zentrums, der uns vor einseitiger Auffassung schützt. Das eine dieser Zentren, Sachsen, tritt mit Lothar vorübergehend an die Spitze des Reiches; hier und in den angrenzenden Gebieten entfaltet sich namentlich eine reiche Annalistik. Wieder wie in der Salierzeit sind einige wertvolle Originalwerke verloren und nur aus iüngeren Ableitungen bekannt, so Annalen aus Nienburg a./S. (bis 1139 nachweisbar) und aus Rosenfeld (Harsefeld b. Stade), in Ilsenburg Die in diese Epoche hineinreichenden Pader(a. Harz) fortgeführt, bis 1164. borner Annalen sind schon S. i genannt. Eben in der Benutzung solcher verlorenen Quellen liegt die Bedeutung des sog. sächsischen Annalisten Tritt hier überall ein warmer Anteil an Kaiser Lothar zutage, so bis II 39. berichten Erfurter Annalen bis 1137 über ihn so eingehend, daß sie geradezu als die Lotharischen bezeichnet werden (SS. r. G. Mon. Erphesf.). Durch die von Lothar geknüpften Familienbande vereinigt sich das sächsische mit dem weifischen Interesse. Über das Emporkommen des Weifenhauses kann uns natürlich nur eine schwäbische Quelle Auskunft geben, die Weingartener Weifengeschichte bis 1167, fortgesetzt bis 1208. Dann aber sichert die eigenartig machtvolle Stellung Heinrichs d. L. der sächsischen Historiographie ihre Sonderentwicklung. Zwei Werke sind es, in denen das Augenmerk vor allem auf die Christianisierung und Kolonisation in den angrenzenden Slawenlanden gerichtet wird: die bis 1171 reichende Slawenchronik Helmolds, des biedern Pfarrers in dem holsteinischen Bosau, und die umfassendere, außer der nordalbingischen auch die gesamte Reichsgeschichte bis 1209 in den Kreis ihrer Betrachtung ziehende und auch dafür höchst wertvolle Slawenchronik Arnolds von Lübeck, Abtes vom dortigen Johannisstift. Über Heinrich d. L. berichten eingehend und warm auch diejenigen Annalisten, die nach seinem Sturze die Schwenkung ins kaiserliche Lager vollzogen haben, so die kompilatorischen Annalen v. Magdeburg bis 11 88, die mit ihnen in naher Beziehung stehenden Annalen v. Kloster Pegau (b. Merseburg), ein entschieden in au&teigender Linie. Der Investiturstreit hat — die und von 1176 die — 1190 Annalen v. selbständig Kloster und wertvoll sind (mit Pöhldc (a. im 13. Jahrh.), Bis zu Heinrichs Forts, Harz) bis 1182. II. Geschichtschreibung. 85 die weifisch gefärbte Chronik des Propstes Gerhard r. Wolfenbüttel). Für den neuen Kampf des Weifen Otto IV. gegen die Staufer findet man wertvolle ältere Berichte in späteren thüringischen Geschichtswerken, nämlich für die Zeit bis 1208 in der Erfurter St. Peters Chronik, einer bedeutenden Kompilation, die um 1276 entstand und bis weit in das 14. Jahrh. fortgeführt wurde, und für die Jahre 1209 bis 1215 in der ähnlich gearteten Chronik v, Reinhardsbrunn (b. Gotha), die im ganzen bis 1338 reicht. Beide sind für die gesamte ausgehende StauferÜber ihre Struktur im einzelnen unterrichtet leit von hoher Bedeutung. Mehr Holder-Egger in M. G. SS. u. SS. r. G. Mon. Erphesfurtensia. lokalen Charakter trägt die Chronik des Klosters auf dem Lauterberg Eine von einem norddeutschen Geist(od. Petersberg) b. Halle bis 1225. lichen verfaßte „sächsische Weltchronik", in verschiedenen Versionen, deren letzte bis 1248 reicht, und mit mehreren, auch süddeutschen Fortsetzungen ist namentlich durch den Gebrauch niederdeutscher Prosa beachtenswert; eine etwa hundert Jahre ältere sächsische Kaiserchronik ist ver- Tode (1195) Steterburg reicht (b. XXX loren, aber eine süddeutsche, ebenfalls auf weifischem Boden in Regensburg entstandene Kaiserchronik in deutschen Versen bis 11 46 erhalten, verfaßt wahrscheinlich von dem „Pfaffen Konrad", dem Dichter des Rolandsliedes. Als den letzten Ausläufer der sächsischen Annalistik kann man die kompilatorische Chronik des Magisters Albert v. Stade bis 1256 betrachten, vielfach unzuverlässig und fabelnd, aber für die Zeit Friedrichs II. trotzdem wertvoll. Wendet man sich zu dem andern stau fischen Zentrum der Historiographie, nach Süd- und Westdeutschland, so wird man mit dem Bischof Otto v. Freising sogleich auf den Gipfel der mittelalterlichen deutschen Geschicht- im schreibung geführt. Nicht vor als Sohn des Markgrafen Leopold v. Österreich und Agnes, der Tochter Heinrichs IV., geboren, 1133 Zisterziensermönch, kurze Zeit auch Abt in Morimond, dann zu seinem Bistum berufen, II 58 gestorben, war Otto als philosophisch durchgebildeter Gelehrter, ruhiger Beobachter, praktisch an der Zeitgeschichte beteiligter Reichsbischof und nächster Verwandter der Staufer in seltenem Maße zur Geschichtschreibung befähigt. In seiner „Buch von den zwei Reichen" (dem himmlischen und irdischen) betitelten Chronik bis 1146 (2. Redaktion 1156) wußte er unter dem Einfluß augustinischer Ideen von dem Wachstum des Gottesreiches auf Erden den zuletzt von Frutolf-Ekkehard gesammelten Weltgeschichtstoff philosophisch zu durchdringen, freilich durch das Mißverhältnis zwischen kirchlicher und staatlicher Gewalt unter Konrad III. von dem düstersten Pessimismus und dem Glauben an ein nahes Weltende erfüllt, dessen Hereinbrechen im letzten Buche geschildert wird (neue Ausgabe für die SS. r. G. in Vorbereitung). Eine völlig andre, hoffnungsfreudige Stimmung beherrscht Ottos zweites Werk, die Taten Kaiser Friedrichs, zu dem Kaiser und Reichskanzlei Material beisteuerten (SS. r. G. ed. II). Von der Vorgeschichte des staufischen Geschlechts ausgehend, hat er noch das zweite Buch bis 1156 vollendet und für ein drittes Vorarbeiten hinterlassen: bei aller selbstverständlichen Parteinahme für Friedrich, gelegentlichen Versehen und ungeschickt Ihr ist die eingefügten philosophischen Exkursen eine erstklassige Leistung! von seinem Kaplan, dem Notar Rahewin verfaßte Fortsetzung bis I160 (mit kurzem Anhang bis 1 1 70) nahezu ebenbürtig, in der Formgebung durch stärkere Plünderung antiker Autoren unechter, aber durch schärfere juristische Kenntnis und vermehrte Einreihung vollständiger Aktenstücke ausgezeichnet. Die Chronik dagegen ist erst in den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrh. bis 1209 fortgeführt von dem Mönche Otto v. St. Blasien, lebhaft und warm, durchaus verdienstvoll, aber an Kenntnis und Genauigkeit mit Rahewin nicht entfernt ver- n. Die Zeit der SUufer. 86 gleichbar. Eher schon vermag diesen Vergleich die Kölner (mit selbständigen auszuhalten Königschronik, von einem unbekannten Kölner Domherrn Nachrichten seit I144) zuerst 1175 verfaßt, dann von wechselnden, kaiserlich gesinnten Autoren fortgeführt bis 1238 und 1249 (SS. r. G.). Die Bedeutung der ersten deutschen Handelsstadt und ihre namentlich seit Reinald v. Dassel bestehende enge Verknüpfung mit der großen Politik geben der Chronik, wie schon ihr Name sagt, das Gepräge einer Reichsgeschichte von durchgängig hohem Werte. In den Erzeugnissen Lothringens überwiegt sonst der lokale und territoriale Charakter, so in den verschiedenen, mehrfach fortgesetzten Bistumsgeschichten von Trier, Verdun usw., den wirtschaftsgeschichtLütticher Annalen (1194 1230) des Mönches Reiner oder der durch verfassungsrechtliche Kenntnisse hervorragenden Chronik des Hennegaus von dem Kanzler Gislebert v. Mons bis 1195 (neue lich schätzenswerten — Ausg. von Vanderkindere 1904). Wenden wir uns nach dem Elsaß, so sind in Straßburg wertvolle Reichsannalen geschrieben, die leider verloren, aber von 1015 1200 in den sog. Marbacher Annalen benutzt sind. Diese bis z. J. 631 zurückgreifende Kompilation ist von einem Mönche der Marbacher (b. Kolmar) Augustinerkongregation im Kloster St. Odilien bis z. J. 12 12 geführt und im Kloster Neuburg b. Hagenau durch eine die Jahre 12 13 38 umfassende Fortsetzung erweitert worden (vgl. Bloch, Die elsässischen Annalen der Stauferzeit 1908, und seine Ausg. SS. r. G.). In Schwaben hat Propst Burchard V. Ursperg eine anfangs ebenfalls kompilatorische, aber seit Ende des 12. Jahrh. selbständige, vortrefflich unterrichtende Chronik mit scharfer staufischer Parteinahme bis 1229 gefuhrt. Auch Böhmen, das ja in staufischer Zeit in immer engere Verbindung mit dem Reiche tritt, liefert uns noch eine wertvolle Quelle für Barbarossas 2. u. 4. Romzug in einer Fortsetzung der Chronik des Cosmas, den von I140 bis 1167 reichenden Annalen des Prager Domherrn Vinzenz, der als Begleiter seines Bischofs Daäiel in Italien die dortigen Vorgänge aus eigner Anschauung lebendig und ausfuhrlich schildert. — — v. Mühlhausen (i. Böhmen) hat das Werk bis 1198 fortFriedrichs ruhmvolle Taten haben endlich auch dichterische Lobredner gefunden; so verfaßte der spätere Mönch Günther v. Pairis (i. Oberelsaß) II 86 das früher in seiner Echtheit irrtümlich angezweifelte Heldengedicht Ligurinus, das wegen seiner Abhängigkeit von Otto v. FreisingRahewin weniger historisch, als dichterisch beachtenswert ist, während umgekehrt die versifizierten Geschichtswerke des kaiserlichen Kaplans und Notars Gottfried v. Viterbo (v. deutscher Abkunft), namentlich seine Taten Friedrichs bis Ii8i, poetisch ganz versagen, aber uns manche gute Nachricht übermitteln. Ähnliche auf italienischem Boden erwachsene Dichtungen können wir daran anschließen: das wahrscheinlich von einem Bergamasken mit guten Kenntnissen und historischer Treue verfaßte Epos „Die Taten Friedrichs I. in Italien" (hrsg. von Monaci in Fonti p. la storia d'Italia I) und in Süditalien das eigenartige, mit vielen historisch bemerkenswerten Abbildungen geschmückte Gedicht des Magisters Peter v. Eboli (b. Salemo), dessen erstes Buch den Krieg Heinrichs VI. gegen Tancred von Sizilien behandelt (Ausg. v. Winkelmann 1874; jetzt mit d. Abbildungen in der Neuausg. des Muratori und hrsg. v. Siragusa, Rom 1907). Eine viel reichere geschichtliche Ausbeute gewähren natürlich die italienischen Prosawerke, Erzeugnisse des erwachten städtischen Selbstbewußtseins und meist schon von Laien geschrieben. Über Friedrichs I. italienische Politik seit 1160 sind sie naturgemäß die ergiebigsten Quellen. Zu den wichtigsten gehören die Geschichte des reichstreuen L o d i , die der Abt Gerlach geführt. — n. Geschichtschreibung. kaiserliche Pfalzrichter — 67 Otto und sein Sohn 3y Acerbus Morena fUr die mit bemerkenswerter Gabe der Persönlichkeitschilderung verfaßten (Forts, bis 1168) und die in Mailand von einem unbekannten, nach gerechtem Urteil strebenden Laien geschriebenen Taten Kaiser Friedrichs in der Lombardei 1154 77 (SS. r. G.), die später (um 1230) der Placentiner Notar Johannes Codagnellus mit leidenschaftlicher guelfischer Parteinahme umarbeitete. Derselbe verfaßte auch kaiserfeindliche, inhaltreiche Annalen von Piacenza bis 1235 (SS. r. G.), und von diesem Grunde vor allem ausgehend, hat ein andrer Placentiner Bürger die Annalen mit ausgesprochen ghibellinischer Färbung fortgeführt bis 1284, für den Ausgang der S taufer eine Quelle ersten Ranges (weder die Ausg. M. G. SS. XVIII, noch die von Huillard-Br6holles 1856 ist ganz genügend). Eine noch großartigere offiziell städtische Annalis tik hat Genua erzeugt, wo zuerst Cafaro die Jahre 1163 beschrieb, dann wechselnde, von der Stadt beauftragte Verfasser 1099 das Werk bis 1294 fortführten (Ausg. v. Belgrano in Fonti p. la storia d'Italia XI). Damit kann sich die Geschichtschreibung der Konkurrentin Pisa nicht messen, höchstens Tür die ältere Zeit bis 1175, bis wohin die Annalen desBernardo Marangone reichen. Es ist indes nicht möglich, hier die sich immer reicher entwickelnden Annalen der italienischen Städte, die fast alle für die Geschichte der späteren Staufer mehr oder weniger Stoff bieten, durch das 13. Jahrb. auch nur in ihren wichtigeren Erzeugnissen zu verfolgen. Verbindet auch die Persönlichkeit Friedrichs II. noch die Reiche, so löst sich die Entwicklung Italiens doch mehr und mehr von der deutschen. Besonders inhaltreich ist die Chronistik von Parma (namentlich die größeren Annalen v. 1165 1335) und die von Padua (Chronik des Rolandin 1200 1260 und Annalen r. Aber auch aus fast jeder anderen bedeutenderen S. Giustina 1207 1270). Stadt sind zum mindesten kurze Annalen überliefert. Umfassendere Weltchroniken schrieben Bischof Sicard v. Cremona bis 1212 (fortges. bis 121S) und Albert Milioli, Notar r. Reggio, in seinem Zeitbuche bis 1286 (fortges. bis 1290), auf dem sich die hier nur noch zum Teil in Betracht kommende Chronik des Minoriten Salimbenev. Adam aus Parma bis 1287 aufbaut, vielleicht das farbenreichste und lebensprühendste Geschichtswerk des ge- 1153 Jahre — — — — — samten Mittelalters (diese drei Chroniken jetzt ausschließlich in den neuen Ausgaben Holder-Eggers M. G. SS. XXXI, XXXII zu benutzen). Von den historischen Quellen des Königreichs Sizilien sei hier wegen ihrer nahen Beziehung zur Reichsgeschichte nur die Chronik des Notars Richard v. S. Germano hervorgehoben, zu deren in den M. G. allein gedruckter, umfassenderer und jüngerer Redaktion von 11 89 1243 durch den Fund Gaudenzi's eine ältere ausführlichere Redaktion für die Jahre 1208 26 hinzugetreten ist (Societa Napoletana di storia patria, Monum. storici, ser. I. Cronache 1888). Mit dieser reichen historiographischen Entwicklung Italiens vermag die — — — deutsche im 13. Jahrh. nicht mehr Schritt zu halten. Die auf scholastische Philosophie und Jurisprudenz gerichteten Neigungen der Zeit, die Unruhe der Geister, die wachsende Anteilnahme der Laien, die in Deutschland an Bildung derjenigen der Romanen nicht gewachsen sind, damit zusammenhängend die Popularisierung des historischen Stoffes und seine vor allem durch die Bettelmönche alsbald vollzogene Zurichtung für die Zwecke der Predigt und Diskussion, alles das ist einer nach der Wahrheit der Dinge strebenden Geschichtschreibung wenig förderlich. Unterhai tungsbücber, wie die Otto IV. nach 12 14 überreichten „kaiserlichen Mußestunden" des Gervasius V. Tilbury (Leibniz, SS. rer. Brunsvic. I. II) und die novellistischen Wundererzählungcn des Caesarius v. Heisterbach (Dialogus Miraculorum hrsg. V.Strange 185 1; Miraculorum libri VIII hrsg. v. Meister 1901) sind jetzt mehr nach dem Geschmacke der Zeit. Auch umfassende, aber ganz unkritische n. Die 88 Zeit der Staufer. Kompilationen wie die der Franzosen Alberich v. Troisfontaines (im v. Chälons-sur-Marne) bis 1141 und des Vinzenz v. Beauvais bis 1350 fallen noch in das Ende unserer Epoche, Diese ganze Zeitstimmung bleibt gewiß nicht ohne Wirkung. Aber wenn in Italien, wenn in den westeuropäischen Staaten auch jetzt Bedeutendes geleistet wird, so ist der Hauptgrund für dies Versagen in Deutschland anderwärts zu suchen; es hängt auf das engste zusammen mit seinem ganzen Entwicklungsgange. In den dreißiger Jahren weilt zuletzt ein Kaiser auf deutschem Boden, von da ab verschiebt sich endgültig der Schauplatz der großen Ereignisse nach dem Süden; in den dreißiger Jahren auch wird die Auflösung des Reiches in Territorien besiegelt, was Wunder, wenn eben damals die älteren, oben angeführten Quellen reichsgeschichtlichen Charakters versiegen, und neue Chroniken dieser Art nicht mehr in Angriff genommen werden Sucht man für die vierziger Jahre nach einem monumentalen Werke über den Riesenkampf, der damals zwischen Kaiser und Papst ausgefochten wurde, so muß man sich, abgesehen von Italien, an das Ausland wenden und etwa die größereChronik des englischen Mönches Matthaeus v. Paris bis 1259 (hrsg. v. Luard in 7 Bden. der Rerum Brit. Script., Auszüge auch M. G. SS. XXVIII) zu Rate ziehen, der nicht immer zuverlässig und gegen die Kurie stark parteiisch, aber doch in großem Zuge diese Ereignisse im Anschluß an die ältere Chronik des Roger v. Wendower (bis 1235) schildert. Das Urkundenmaterial schwillt immer stärker an. Für die Herausgabe der Kaiserurkunden aber ist, mit Ausnahme derjenigen Friedrichs IL, nicht viel besser gesorgt, als in der Salierzeit; denn die Diplomataausgabe der M. G. fehlt auch hier, und wenigstens bis zum J. 1197 hat man sich auch für die Urkundenübersicht noch an Stumpf (s. S. 4) zu halten; dann freilich setzt die ganz hervorragende Neubearbeitung von Böhmers Regesta Imperii Abt. V (1198 1272) durch Ficker u. Winkelmann (1881 1901) ein. Im Anschluß daran sind zahlreiche, bis dahin ungedruckte Kaiserurkunden und andre wichtige Aktenstücke der Zeit veröffentlicht in Winkelmanns Acta imperii inedita saec. XIII. 2 Bde. 1880/85, durch die Böhmers Acta imperii selecta 1870 ergänzt werden. Für die Papsturkunden bis 1198 sind wie bisher Jaff6 und Kehr zu vergleichen (s. S. 4). Von da ab aber beginnt mit den ganz oder doch größtenteils erhaltenen Papstregistem der .Sprengel • .'' — — Strom der Überlieferung immer gewaltiger anzuschwellen. Potthasts Regesta Pontificum Romanorum 1198 1304 2 Bde. 1874 können daher nur noch zur allerersten Orientierung dienen; für die Reichsgeschichte voll- — ständigere Übersicht in Reg. Imp. V. Für die Registerpublikationen vgl. unten die Anmerkungen zu den einzelnen Päpsten. Von 1216 ab sind daraus alle wesentlichen, auf die Reichsgeschichte bezüglichen Stücke gedruckt in den M. G. Epistolae hrsg. V. s. regestis pontificum Romano rum selectae, Das reiche, ganz zerstreute Ma94. Privaturkunden ist in den einschlägigen Urkunden- XIII. Rodenberg e 3 Bde. 1883 — — an Fürsten- u. büchem und Regestenpublikationen aufzusuchen (die wichtigsten bei Dahlm.Waitz verzeichnet). Die Briefe werden in der Stauferzeit für die Erkenntnis der intimeren diplomatischen Vorgänge und des Seelenlebens geradezu Hauptquelle. Um so bedauerlicher, daß nahezu alle jene wichtigen Sammlungen, die unten an ihrem Ort vermerkt sind, bestenfalls in ganz ungenügenden Ausgaben vorliegen, und allenthalben noch wertvolles handschriftliches Material der Veröffentlichung terial harrt. Daß verlieren, v. d. die kirchenpolitischen Streitschriften zwar ihre frühere Bedeutung aber nicht ganz versiegen, und die Spruchdichtung eines Walter Vogelweide, Freidank oder der Troubadours, sowie die Lieder § 8. Lothar von Supplinburg (1125—1137). 89 der Vaganten für die Erkenntnis der öffentlichen Meinung eine wichtige historische Quelle bilden, braucht hier nur angedeutet zu werden. Was die neueren Darstellungen betrifft, so hat Raumers Geschichte der Hohenstaufen 6 Bde. 5. Aufl. 1878, abgesehen etwa von der kultur- Sammlung am Schluß, Auch Cherriers Histoire de nur noch historiographisches Interdes papes et des empereurs de Neueren Datums la maison de Souabe 3 Bde. 2. Aufl. 1858/59 ist veraltet. Deutsche Geschichte i. Zeitalter der Hohenstaufen ist Jastrow-Winters als Zusammenfassung nicht ohne Verdienst, aber höheren I. II 1897. 1901, Ansprüchen ebensowenig genügend, wie Loserths hier für den Abschnitt V. H97 1250 in Betracht kommende Geschichte des späteren Mittelalters 1903. Umfassendere Werke sind im Eingang, Monographien unten an ihrem Orte vermerkt. geschichtlichen jetzt esse. la lutte — § 8. Über Lothar von Supplinburg (1125—1187). die Mainzer Königswahl des Jahres 1125 liegt uns der Augenzeugen vor^), wie über die Erhebung des ersten salischen Herrschers. Ein Vergleich zeigt den Wandel der Zeiten. Damals lenkte die anscheinend völlig freie Wahl zurück zum legitimen Erbrecht; jetzt galt der Anspruch von Heinrichs V. staufischem Neffen Herzog Friedrich von Schwaben den auf ihre erstarkte Selbständigkeit und ihr freies Wahlrecht pochenden deutschen Fürsten fast schon als Hinderungsgrund. Zu den verfassungs- ausführliche Bericht eines rechtlichen traten kirchenpolitische Bedenken. Wer mit dem Erz- von Mainz die Halbheit des Wormser Konkordats und mm gar die Art seiner Handhabung durch den verstorbenen Kaiser verdammte, konnte von dem Erben und Förderer seiner einem Politik nicht viel Gutes en^'arten und mußte sich nach andern Anwärter umsehen. Da empfahl sich in jeder Hinsicht Herzog Lothar von Sachsen, mächtig genug, um sich durchzusetzen, bischof Adalbert aber durch Alter tmd Söhnelosigkeit dem Fürstenwahlrecht ungefährlich, durch seine Feindschaft mit Heinrich V. und streng kirchliche Gesinnimg erprobt. Seine Wahl hat Adalbert in der Tat durch überaus geschickte, aber völlig gewissenlose Leitung der Ver- sammlung durchzusetzen verstanden. Die verfängliche Frage an Herzog Friedrich, von dem die Auslieferung der Reichsinsignien vorher schlau erlangt war, ob er wie die übrigen Bewerber neben dem fürstlichen Wahlrecht einen Erbanspruch nicht anerkenne, und ausweichende Antwort, die jener darauf nur geben konnte, Eine geheime verdarben die staufischen Aussichten gründlich. Abmachung mit dem Bayemherzog, dessen Sohne Heinrich dem die der Wahl Lothars, M. G. SS. XII, 509 ff. von einem un») Errählung genannten Geistlichen der Salzburger Kirchenprovinz, der für den Bischof von Regensburg besonderes Interesse bekundet. n. Die go Zeit der Staufer. durch die damals wohl schon versprochene, zwei Jahre Vermählung mit Lothars einziger Tochter Gertrud die nächste Stelle am Throne zugesichert wurde, entschied vollends zu Gunsten des Sachsen. Selbst der Staufer erkannte ihn nach kurzem Zögern widerwillig an. Der Grvmdsatz der freien Wahl Stolzen später vollzogene hatte gesiegt. Hat Lothar auch in kirchlicher Hinsicht bindende Zusagen g^eben, welche die Emmgenschaften des letzten Saliers zxmichte machten? Man hat das vielfach geglaubt, denn am Schlüsse des genannten Wahlberichts findet sich eine Zusammenstellung von scharf formulierten Forderungen der Art.i) Indessen hat man darin doch nur ein Programm der extrem kirchlichen Partei zu erblicken, die eignen Zusicherxmgen Lothars gingen gewiß weder so weit, noch lauteten sie so bestimmt. Auch ohne das boten Vergangenheit und Gesinnimg des Mannes Gewähr genug. Seine Erhebung vollzog sich ganz unter kirchlichem Einfluß, imter Mitwirkung der beiden päpstlichen Legaten, die bei der Wahl zugegen waren. Und der neue Herrscher vergalt das sogleich durch verständnisvolles Entgegenkommen gegenüber den Wünschen der hohen Geistlichkeit 2) und dem Papste, dessen Bestätigung er einholte. Lothar war mit seinen etwa sechzig Jahren nach den Vorstellungen jener jugendlichen Zeit schon ein hochbetagter Greis. Ein langes, tatenreiches Leben lag hinter ihm, voll rühriger Amtswaltvmg, harter Kriegsmühen imd erfolgreichen Machtstrebens. In freilich ^) Die Gegenwart des Königs bei den Wahlen der Bischöfe und Reichsäbte und jegliche Beeinflussung sollte untersagt sein, seine Investitur erst der kirchlichen Weihe folgen, das konkordatmäßige Recht des Königs bei zwiespältigen Wahlen damit stillschweigend beseitigt, endlich die treueidlich beschworenen Verpflichtungen der Geistlichen vieldeutig auf die „standesgemäßen** beschränkt werden. Über Auffassung und Bedeutung dieser Sätze besteht eine überaus reiche Literatur, über die man sich am bequemsten in der oben Man hat die S. 79 angeführten Abhandlung von D. Schäfer unterrichtet. Stelle als eine spätere Interpolation (Volkmar) oder als Fälschung (Schneiderreit) oder als bloß subjektive Meinungsäußerung des Verfassers der Narratio (Waitz) aufgefaßt; man hat sie andererseits tatsächlich als eine Art Wahlkapitulation Lothars angesehen, die aber durch direkte Verbindung mit dem Papst außer Kraft gesetzt (Bernheim) oder durch den Widerspruch der weltlichen Fürsten in der Durchführung behindert sei (Witte). Im ganzen hat sich die Ansicht von Bemhardi und Giesebrecht durchgesetzt, nach der es Die sich nur um eine Art Resolution der extrem-kirchlichen Partei handelt. kirchenpolitische Praxis Lothars hat mit jenen Forderungen sich jedenfalls nicht gedeckt. Sehr verwirrend sind in diesem Punkte die Aufstellungen von Hauck, vgl. ') Hist. Zeitschr. 93, 398 fif. er auf die den Geistlichen anstößige Mannschaftsleistung ver- Wenn so hatte die Lehensemeuerung auch der geistlichen Fürsten beim Thronwechsel sich damals vielleicht noch nicht ganz fest eingebürgert; doch erließ er vereinzelt auch den Treueid. zichtete , § 8. Sachsen rühmte Lothar von Supplinburg (1125 man geraden, soldatischen seine Sinn. Gerechtigkeit Noch — 1137). und erinnerten Ol Tapferkeit, wohl seinen gelegentliche Jähzomausbrüche an die rauheren Stürme der Jugend, vun alsbald wieder der milderen Ausgeglichenheit und Konfliktscheu des bedächLothar erhob tigen und umsichtigen Alters Platz zu machen. und kräftigste aus der Mittelmäßigdamaligen deutschen Laienfürsten, aber an Größe gebrach es auch ihm, und es ist nicht nur ein Mangel unserer Quellen, wenn sie uns Züge persönlicher Eigenart kaum von ihm zu berichten sich vielleicht als der tüchtigste keit der wissen. nur die sächsisch-partikularistischen Chroniken seiner haben seiner Herrschertätigkeit hohes Lob gespendet, auch ein Otto von Freising rühmt von ihm: wäre er nicht durch den Tod abberufen, so würde er durch seine Kraft und sein Mühen die Krone wieder zu ihrem ehemaligen Ansehen erhoben haben. In scharfem Gegensatze dazu überwiegt in den neueren Darstellungen Nicht Zeit eine sehr ungünstige Beurteilung, Schwächen die hinsichtlich der unleugbaren im übrigen seiner Kirchenpolitik nicht ganz unbegründet, Man wird stets im aber durchaus einseitig und ungerecht ist.^) Auge zu behalten haben, daß Lothar seinen Ursprung weder verPartikularismus und Kirche hatten leugnen konnte, noch wollte. ihm zum Königtum verholfen. Auf sein sächsisches Herzogtvun und im Kampfe gegen die Zentralgewalt emporgestiegen, dachte er nicht an die Bestrebvmgen eines selbstherrlichen KönigPersönlich ganz tums, wie sie noch Heinrich V. versucht hatte. erfüllt von kirchlicher Ergebenheit und von seiner einflußreichen Gemahlin Richenza, die oft fast als Mitregentin erschien, in dieser Richtung nur bestärkt, durch sein eignes Interesse nicht nur in seinen Anfängen, sondern auch weiterhin, namentlich im Kampf mit gestützt dem staufischen Gegenkönigtum, auf das engste mit der Barche ver- knüpft, wollte er nicht neuen Streit mit ihr, sondern gegenseitige fried- liche Förderung. Trotz aller Zugeständnisse, die schwächlich erschienen und zum guten Teil auch waren, war seine Politik offenbar doch Er machte den bemerkenswerten Versuch, ob sich nicht bei voller Anerkennung der bisherigen partikularistischen und nicht ziellos. kirchlichen Entwicklung etwa in ähnlicher Weise, wie er selbst zu *) Bernhardi, Jahrb. d. d. Gesch.: Lothar v. Supplinburg 1879, das im allgemeinen tüchtige Hauptwerk über den Kaiser, hält sich im Urteil noch auf einer gewissen Mittellinie ungerecht behandeln ihn dagegen Jastrow-Winter und Hauck, dessen hier völlig verfehlte Darstellung ich Hist. Zeitschr. 93, 393 flF. eingehend geprüft habe. Giesebrecht schlieflt sich der zeitgenössischen Auffassung enger an; günstiger lautet auch mit andrer Begründung das Urteil Ähnlich D. Schäfer, Worms. Konk. S. 37. in Richters Ann. UL ; n. Die 92 einer starken Zeit der Staufer. Herzogsmacht gekommen war, ein kräftiges Königtum lasse. Bei den Hemmnissen seiner ersten seiner gesamten Regierungszeit konnte er Schritte nicht hinauskommen, er rechnete und behaupten Jahre und der Kürze da über vorbereitende schaffen auf Fortführung durch seinen Schwiegersohn, aber die Art, wie er bereits den Ausbau von dessen Machtstellung in Angriff genommen etwa hatte, erinnert an die Ziele späterer deutscher Herrscher, des in einigen Zügen ähnlichen, an Bildung, Schlauheit und diplo- — — an freilich unendlich überlegenen Karl IV., das Streben auf, dem Wege der Hausmacht wieder zu einem starken Königtum zu kommen. Lothars Haltung der Kirche gegenüber aber wird ganz erst verständlich, wenn man sich die Stärke und Richtung des kirchlichen Geistes jener Zeit vergegenwärtigt, der die besten Kräfte Europas aufsog und über alle Spaltung des Papsttums hinaus einen matischem Geschick unwiderstehlichen Druck auf die Gemüter der Gläubigen ausübte. Die Partei der harten, herrschaftsfreudigen und kampfliebenden Gregorianer, zu denen man einen Adalbert von Mainz zählen In dem langen Streite wirtgeschwächt und gemütlich verödet, bedurfte die Kirche nach beiden Seiten hin einer Erneuerung. Die kam ihr abermals von Frankreich, und wieder das Mönchtum war Träger der Bewegung. Die Jahrhundertwende war eine Epoche neuer Ordensgün düngen gewesen, die erst jetzt ihre Kraft recht entfalteten. Schon 1086 hatte der Domherr Bruno von Köln den KarthäuserBedeutsamer wurde 1098 die Gründung des orden gestiftet. Klosters Citeaux bei Dijon durch Robert von Molemes, einen Adligen der Champagne, der Ausgangspunkt für den Zisterzienserorden, der freilich erst seit dem Eintritt Bernhards von Clairvaux konnte, war damals im Absterben. schaftlich (11 13) seinen gewaltigen Aufschwung nahm und sich als eine machtvolle Kongregation über die meisten Länder Europas erstreckte. Bernhard selbst^), der ihn von Clairvaux aus leitete, gab nicht nur dem Orden sein Gepräge prunkloser Frömmigkeit und harter Arbeit, sondern wies auch dem ganzen Zeitalter, das sich vom Ausgang der Salier bis zu den Anfängen Barbarossas erstreckte, recht eigentBei allem selbstverständlichen Festhalten der lich die Richtung. gregorianischen Errungenschaften wünschte er kein weiteres Fortschreiten auf dieser Bahn, die immer mehr zur Verweltlichung führte, sondern eine Erhebung der Kirche hoch empor über alles ') Seine von mehreren Ordensbrüdern verfaßte zeitgenössische Biographie Von höchster Wichtigkeit für Bernardi Opera ed. Mabillon II (1690). die gesamte Zeitgeschichte seine (etwa 500) Briefe, von denen eine kritische Ausgabe fehlt (am vollständigsten bei Migne, Fatrol. lat. 182). vgl. Lothar von Supplinburg (1125 § 8. — 1137). qx Irdische durch freie Entfaltung der ihr eigentümlichen Kräfte lebendigen, herz empfundenen Glaubens, tiefer mystischer Versenkung und bergeversetzender Heilswirkung, bei den Auserwählten gesteigert bis zu persönlicher Wundergabe. Aus der Wurzel seiner eignen starken Veranlagung nicht ziun wenigsten envuchs ihm dies Ideal, denn mit warmen imd feinen Gemütskräften, die in künstlerischer Form zutage traten, verband er eine unerhörte, aus tiefster Überzeugung und Selbstsicherheit geborene, redung, die Glauben weckte leidenschaftliche und Willen Wucht der Über- lenkte, Heilungen wirkte und Entschlüsse umstieß, wohin er kam. In Clairvaux liefen die Fäden der Welt zusammen, Bernhard erteilte Königen Rat imd Weisung und bestimmte dem Papsttum den Weg, voll Selbstgefühl, wie es so bei und unduldsam allseitiger nicht Schätzung notwendig erwachsen mußte, ohne Schrifstellereitelkeit und Künstler- aber machtvoll imd erfolgreich, von der Zeitströmung getragen, jahrzehntelang der ungekrönte Herrscher von Europa. Was der Zisterzienserorden durch religiöse Emeuenmg und empfindlichkeit, zusammenfassende Organisation für die Benediktinerklöster bedeutete, das schuf unter französischem Einfluß ein Deutscher für die regulierten Augustiner Chorherrenstifter durch Gründung des Prämonstratenserordens. Norbert^), der Grafensohn aus Xanten, folgte dem Vorbilde Bernhards, persönlich härter und schroffer als jener, trotz aller Askese von weltmännischer Gewandtheit und Verwaltungsgabe, aristokratisch, wie auch stets seine Schöpfung blieb, die von dem Kloster Premontre im Bistum Laon (1120) ausgehend, demselben Jahre die päpstliche Bestätigung erhielt, in dem Norbert unter dem Einfluß der Kurie von Lothar zum Erzbischof von Magdeburg erhoben ward (1126). Dadurch gerade sollte der Orden neben dem der Zisterzienser seine besondere Bedeutvmg für die in der ostelbischen Slawenlande erhalten. Norbert besaß für diese Aufgabe nicht genug entsagende Hin- Christianisierung selbst freilich gebung, umso besser verstand er es, auf den König und die Reichsregierung bis zu seinem Tode (1134) den nachhaltigsten Einfluß zu üben. Stärker als in ihm kam der pietistisch-mystische Zug der bemhardinischen Richtung zum Ausdruck in dem kirchlich fast noch strengeren, persönlich milderen Erzbischof Konrad von Salz- burg*) ') und Vgl. in seine dem von ihm in eingesetzten Propste Gerhoh von zwei Fassungen vorliegende leitgenössische Biographie M. G. SS. XII. *) Das Bruchstück einer verüaflten Biographic M. G. SS. bis XL 11 38 reichenden, zwischen I170 u. 1177 n. Die 94 Zeit der Staufer. — Reichersberg (1093 1169)1), der damals seine reiche und tiefgehende publizistische Tätigkeit begann, voll mönchischen Eifers, aber auch voll scharfer und eigenständiger Kritik an der verweltlichten Papstkirche. Gegen den mächtigen Strom dieser ganzen Bewegung anzuschwimmen, wurde für den Einzelnen von Jahr zu Jahr untunlicher; aber mit ihr war für den Staat ein friedliches Auskommen auch immerhin eher möglich, als mit den alten, stürmischen Gregorianem. So begreift es sich, daß Lothar, der überdies der Richtimg persönauf sie die weitestgehende Rücksicht genommen ihr als Machtfaktor das Papsttum zeitweilig lich zugetan war, hat, und daß neben fast zurücktrat. — neue sächsische Königtum, die BeDurch die schicksalsschwere Verbindung mit den Weifen erstreckte es seinen Einfluß bereits auf Bayern und die schwäbischen Besitzungen jenes Hauses. Selbständig in Deutschland Fuß zu fassen versuchte es durch seine Maßnahmen gegen die Staufer. Ihnen als den Privaterben der Salier konnte deren Hausgut nicht bestritten werden, aber was sich daneben noch offenkimdig als Reichsbesitz dartvm ließ, wie etwa die Stadt Nürnberg, das sprach alsbald ein Fürstengericht in Regensburg (Nov. 1125) dem neuen Herrscher als RechtsnachBeide Bestandteile waren indes in den dafolger der Salier zu. maligen Vorstellungen und der damaligen Verwaltimg nicht streng Die Staufer betrachteten die Forderung auf Herausgeschieden. gabe jenes Reichsgutes als einen Eingriff in ihre Rechte, und die Erfolge ihres bewaffneten Widerstandes, der außer ihrem eigenen schwäbisch-fränkischen Machtbezirk auch in Österreich, Niederlothringen und bei einer Anzahl von Reichsstädten Anklang fand, ermutigten sie bald zur förmlichen Aufstellung eines Gegenkönigs in der Person Konrads III., der den fränkischen Herzogtitel führte und noch nicht, wie sein älterer Bruder Friedrich dem neuen Herrn Auch im nächsten Jahre behauptete gehuldigt hatte (Ende 1127). sich dieser trotz päpstlicher Bannung so glücklich, daß er eine Abschwenkung nach Italien wagen konnte. Dort zog er eine ZeitZvmächst galt es, für das deutulig eines gesamtdeutschen zu erlangen. Mailands mit der römischen Kurie Gewinn die italienische Königskrone, aber sein eigentliches Ziel, auch für das reiche mathildische Gut entgegen den Ansprüchen des Papsttums das Erbe Heinrichs V. anzutreten, vermochte er mit seinen geringen Mitteln nicht zu erreichen, die lang aus dem Streite und empfing vom Erzbischof ^) Eine Auswahl seiner für die Beziehungen von Staat bedeutsamen Schriften M. G. Libelli de lite IIL u. Kirche höchst § 8. Lothar von Supplinburg (1125 — 1137). 05 Aussöhnung Mailands mit Rom entzog ihm vollends den Boden. Das ganze Unternehmen erwies sich als ein Mißgriff, denn als er 1 130 mit leeren Händen nach Deutschland zurückkehrte, fand er die gespaltene staufische Macht auch dort bedenklich im Rückgang und in ihren Kemlanden bedroht. Schon war an ein Durchdringen des Gegenkönigtums nicht entfernt mehr zu denken, als eine andre große Spaltimg, die seit kurzem die Welt bewegte, diese innerdeutschen Gegensätze völlig in den Hintergrund treten ließ. Aus dem Widerstreit römischer Adelsfaktionen war 1130 eine päpstliche Doppel wähl erwachsen, i) Um einem Siege der Pierleoni zuvorzukommen, hatten die Frangipani vmter Fühnmg des Kanzlers Hairaerich in überhastetem imd völlig rechtlosem Verfahren Innozenz II. erhoben, dem dann das Haupt der Gegenpartei Peter Wahl entgegenwiude. Machte der eine die Priorität für sich geltend, so Europa hatte zu entscheiden. Da der andere das bessere Recht. war es von maßgebender Bedeutung, daß der minder hervorragende Pierleoni als Anaklet II, in formell unanfechtbarer gestellt der vor seinem mächtigeren Gegner aus Rom imd weichen mußte, Innozenz, ein Mann von ehrenhafter Mittelmäßigkeit, vielleicht eben deswegen die Hilfe Bernhards von Clairvaux und des französischen Mönchtums gewann, dem er sich mit feinem Instinkt in die Arme warf. Das bedeutete die Anerkennimg Frankreichs und bestimmte die Entscheidung Lothars, der nun von den beiden Parteien umworben wurde. Ein kraftvolles vmd eigenständiges Königtum wie das der Salier hätte diese vorteilhafte Lage gründlich zugunsten der deutschen Herrscherrechte ausgenutzt. Lothar, behindert durch die staufische Gegnerschaft und gebunden durch Rücksichten und Gefühlswerte, faßte die Entscheidung wesentlich als bedrückende Gewissenssache und war schließlich froh, die Verantwortung auf eine deutsche Synode abwälzen zu können. Unter den geistlichen Fürsten des Reiches fehlten solche nicht ganz, die von der Überlegenheit der Sache Anaklets überzeugt waren, aber unter Führung Norberts entschied die Mehrheit im Sinne Bernhards. Lothar folgte und zog dann auch England nach sich. Die große Gelegenheit war versäumt, und aus seiner Entscheidung ergaben sich für den deutschen König neue Pflichten. Man erwartete von ihm die Rückführung seines Papstes nach Rom imd die dauernde Sicherung der „von jüdischer Wut bedrängten Kirche". Denn Anaklet, eine gebietende, geistig hochstehende Persönlichkeit, der die Gegner mit Unrecht eine Fülle von Makel anzuhängen suchten, war in der Tat und darin liegt nicht zum von beiden, Italien — *) Vgl. Mühlbacher, Die streitige Papstwahl de« J. 1130. 1876. II- q6 Die Zeit der Staufer. — wenigsten das Geheimnis seines Mißerfolges von jüdischer Abkunft und schon deshalb den Bernhardinern als Papst zuwider. Seine italienische Machtstellung aber war nicht so leicht zu erschüttern, denn er behauptete sich in Rom, hatte die Mailänder Kirche durch kluge Zugeständnisse gewonnen und fand seinen kräftigsten Rückhalt an Roger II. von Sizilien, i) — In ihm (iioi 1154) war den süditalischen Normannen der erste geniale Staatsmann erstanden, zugleich der erste modemer anmutende Herrscher des Mittelalters überhaupt, ein kluger, ränkevoller Nützlichkeitsrechner, voll statistischer, nationalökonomischer, geographischer Interessen, der seine wilden Leidenschaften in den Dienst seiner politischen Pläne zu zwingen wußte. Von der Grundlage der Insel Sizilien ausgehend, die sein Vater Roger I. als Lehensmann Robert Guiscards erobert hatte, selbst ohne Feldherrngabe und solaber voll listenreicher Kombinationsgabe glücklicher datische Neigungen Trefifsicherheit und diplomatischer Kunst, hatte er in vielfachen, rastlosen Kämpfen die kleineren normannischen und langobardischen Staatsgebilde des süditalischen Festlands der kräftigeren insularen Einheit anzugliedern verstanden, unter Verletzung der lehnsrechtlichen Ansprüche von Reich und Papsttum, Schritt für Schritt seine Grenzen gegen Norden bedrohlich vorschiebend. Vor allem aber gelang es seinem Verwaltungsgenie, diese buntbevölkerten und auseinanderstrebenden Gebietsfetzen wirklich zu einer festen Reichseinheit zusammenzuschweißen. Seine „Assisen des Königreichs Sizilien" sind Jahrhunderte lang ganz in den Hintergrund gedrängt worden durch das umfassendere, aber wesentlich auf ihnen beruhende Gesetzeswerk seines Enkels Kaiser Friedrich IL, bis sie endlich wieder an den gebührenden Platz geSie sind buntscheckig, wie die ganze Mischkultur dieses rückt wurden. Reiches, zusammengesetzt aus verschiedenen nationalen Elementen, wie die unter Roger in Palermo erbaute Palastkapelle aus Stilarten, aber das eben gab ihnen die Wirkungskraft, daß die einzelnen Volksstämme das Beste ihrer eigenen Ordnungen in ihnen wiederfanden. Normannisch war das Gebiet des Lehenswesens, aber auch insgesamt die leichte Anpassung, geschickte Handhabung und kluge Weiterbildung; altrömisch und byzantinisch die straffe Beamtenorganisation mit dem starken und geheiligten monarchischen Haupt; arabisch und jüdisch das gesamte Finanzwesen, insbesondere die Steuer- und Zollpolitik, die die reichen Schätze des Landes für die Krone flüssig machte und ihren großen Diese unerschöptlichen Unternehmungen erst den rechten Rückhalt gab. Mittel, dazu eine treffliche Heeresorganisation mit Verwendung arabischer Söldner und starken Festungsbauten, die Schöpfung einer schlagfertigen Flotte und endlich die unvergleichliche geographische Lage Siziliens machten Rogers Reich alsbald zur gefiirchtetsten Macht des Mittelmeerbeckens, gehaßt von Pisanem, Genuesen und Venezianern, deren Handel es schädigte, befehdet von dem griechischen Kaiser, dessen Botmäßigkeit es ja zum großen Teil erst abgerungen war, mißtrauisch beobachtet von dem Papsttum, dem es Rückendeckung bieten, aber auch Vernichtung drohen konnte, und dem es alle Schon Honorius II. hatte eignen Herrschaftspläne hier im Süden zerstörte. den aussichtslosen Kampf gegen Roger aufgegeben und ihn mit dem Herzogtum Apulien belehnt (1128). Durch noch größere Zugeständnisse gewann jetzt Anaklet seine Hülfe, indem er das um Capua, Neapel und Benevent erweiterte Gesamtgebiet Rogers als ein päpstliches Lehen zum Königreich er, ') Vergl. über ihn Caspar, , Roger II, 1904. § 8. Lothar von Supplinburg (1125 — 1137). 97 kraftvollen, jeglichen Fremdkörper im Staate ausschließenden Krongewalt weitgehende Rechte über die junge sizilische Kirche einräumte, die übrigens an die älteren Verfügungen Urbans IL anknüpften (1130). hob und der Die von Lothar verlangte Rückführung Innozenz' II. nach Rom konnte ihn also in die gefährlichsten Kämpfe mit Anaklets Freimd und Lehensmann verwickeln. Waren dafür nicht auch Zugeständeiner Zusammenkunft in Lüttich (1131), Bedenken trug, durch die Marschalldienste, die er Innozenz leistete, die Überordnung des Papsttums symbolisch zum Ausdruck zu bringen, sprach er in der Tat das Ver- nisse zu fordern? bei der Lothzir Bei kein langen nach einer Wiederherstellung des alten Investiturrechtes aus. Er hatte bisher den redlichsten Willen bekundet, bei den Bistumsbesetzimgen den Bedenken der Kirchlichen entgegenzukommen, und hatte betreffs der königlichen Gegenwart und seiner Entscheidungs- Wahlen nicht einmal den vollen Umfang der ihm konkordatmäßig verbliebenen Rechte zur Geltung gebracht Die Einengung des königlichen Machtkreises, die darin lag, empfand Allein er jetzt, wo er selbst an der Herrschaft war, doch bitter. wie hätte die Kirche den mühsam errungenen Teilerfolg leichthin preisgeben sollen Hätte selbst Innozenz gewollt, man hätte ihm widerbefugnis bei zwiespältigen ! standen, wie einst dem seiner eigenen Bischöfe Papst Paschalis IL Vor dem Widerspruche xmd der Wucht von Bernhards Beredsamkeit wich Lothar denn auch sogleich zurück. Wenn man, wie er, die Möglichkeit eines Konfliktes von vornherein ausschloß, so ließ sich in diesen Fragen schlechterdings nichts erreiche», und er mußte es sich auch widerwillig gefallen lassen, wenn man sich rücksichtslose Rechte erlaubte, wie das bald genug bei der Besetzung des Trierer (i 131) und Regensburger (i 132) Stuhles geschah, wo beide Male die Erwählten die Weihe vor der königlichen Investitur empfingen. Eingriffe in seine unzweifelhaften Immerhin lag der von ihm erhoffte Romzug, der ihm die Kaiserkrone bringen sollte, doch auch in seinem eigenen Interesse, und die Art der Ausführung (1132/33) bewies, daß er keineswegs gewillt war, niu- die fremden Kastanien aus dem Feuer zu holen. solange die staufischen Denn der Kräfteeinsatz war gering, Gegner aufrecht standen, durfte er Deutschland nicht von Truppen entblößen; kümmerlich genug denn auch die Art, wie er sich an den feindlichen Städten vorbeiwand! Aber bedächtig behielt er — das Reichsinteresse im Auge und ließ sich nicht in Abenteuer locken. Die Kaiserkrönung, die seine Überlegenheit gegenüber den Staufem besiegelte, ward ausnahmsweise im Lateran vollzogen, weil die Peterskirche mit dem größten Teile der Stadt im Besitze AnaIhn daraus zu vertreiben und seinen Papst in Rom klets verblieb. Hamp«, Dautiche KaisergeKhichte« 9 n. Die g8 Zeit der Staufer. machte Lothar kerne Anstrengung. Dagegen kam nach der Krönung noch einmal auf jene Lütticher Forderung des alten Investiturrechts zurück, um vor dem scharfen Widersicherzustellen, er kurz spruche Norberts abermals zurückzuweichen. Doch erzielte er hier einen bescheidenen Erfolg, indem er vom Papste Bestätigung des durch freilich ziemlich unklar gefaßte eine das Konkordat geschaffenen Rechtszustandes imd eine avisdrückliche Erklärung gegen die letzthin vorgekommenen Mißachtvmgen der wenigstens — — königlichen Investitur erlangte, i) In dem Bestreben, das der Staufer fallen zu lassen, begegneten sich Kurie imd Kaiser. Dem Papste aber mangdte die Macht zur Behauptung, Lothar ein Rechtstitel zur Besitznahme. Da erkannte er das Eigentmnsrecht der Kxuie an und nahm Ein formell bedenklicher Vorgang! das Gut von ihr zu Lehen. Zwar leistete Lothar weder Treueid, noch Mannschaft, sondern wurde gegen Zinsverpflichtung nur mit dem kirchlichen Symbol des Ringes investiert. Aber wie leicht konnte dieser genaue Rechtsstandpunkt verdunkelt werden, und der Kaiser als Mann des Papstes, das Imperium als abhängig von der Kurie im Sinne der Wünsche Gregors VII. erscheinen! Tatsächlich hat diese Verschiebung bald nach Lothars Tode Gestalt gewonnen in einem Gemälde des LaWertvoller war ein andrer Gewinn. mathildische Gut nicht in die Hände der Kaiser knieend aus den Händen Innozenz;' II. die Umschrift geradezu als Bild, das später die Entrüstung Barbarossas erregte, zeigte nur zu deutlich, wie gefährlich Lothars kurzsichtiges Entgegenkommen in den Formen äußerer ErAber andrerseits gebenheit für die Zukvmft des Kaisertiuns war. war der sachliche Vorteil, den ihm jene Übertragimg bot, doch unleugbar, imd man erkennt die .Ziele von Lothars kluger Hausmachtpolitik avis dem Umstände, daß er alsbald auch seinem Schwiegersohne Heinrich dem Stolzen, der in die volle Lehensmannschaft zur Kurie trat, die Nutznießung jener Güter sicherte. Die mitteleuropäische Weltstellung des weifischen Hauses von Sachsen über Süddeutschland bis nach Mittelitalien hin wvurde so terans, auf dem Krone entgegennaihm, während ihn Mann des Papstes bezeichnete. Das die begründet. *) Die Urk. Innozenz' II. v. 8. Juni 1133 (M. G. Const. I, 168), tctetümmelt und vieldeutig wie sie ist, hat auch andre Auslegungen erfahren; Bemhardi, noch mehr Hauck sehen in ihr eine Abschwächung des Wormser Konkordats, Schäfer, der den Fortbestand des Konkordats leugnet, nur da« Verbot einer Regaliennutzung ohne Investitur. Ich möchte nur zugeben, daö die mangelnde Präzision des Ausdrucks die Möglichkeit einer Ausbeutung im Interesse der Kurie offen liei. § Lothar von Supplinburg (1125 8. — 1137). qq dem Gewinn des Romzuges, wenn er immerhin zufrieden sein. Auch so viel war nur erreicht, weil eben damals innere Wirren Rogers Kraft nach außen lähmten; diese augenblickliche Not aber zu einem An- Lothar konnte also mit ihn mit griff dem Einsatz verglich, auszunutzen, lehnte der Kaiser trotz dringender Bitten seines Papstes ab. Indem Innozenz' Lage bei Enttäuscht, sah er Romzug sich er über die Alpen zurückwandte, wurde neuem sich Erstarken Rogers bald genug unhaltbar. gezwvmgen, nach Pisa zu flüchten; ihm den erhofften Vorteil gebracht Noch vor seinem Abschluß ergab sich die Notwendigkeit eines neuen, mit umfassenderen Machtmitteln auszuführenden Unternehmens. Dafür galt es in den nächsten Jahren durch friedenfördemde Bernhard selbst war es, der in die Hilfe den Boden zu bereiten. Ausgleichsverhandlungen zwischen Lothar und seinen deutschen Gegnern vermittelnd eingriff. Nacheinander unterwarfen sich die beiden staufischen Brüder, die sich nicht lange mehr hätten behaupten können, und erlangten gegen Anerkennung des Kaisers volle Begnadigung (1135). Auch sonst dankte Lothar der Kirche mancherlei Unterstützung nach innen imd außen. Es waren jene glücklichen Friedensjahre, deren die Chronisten in den bald hereinbrechenden Wirren mit sehnsüchtigem Lobe geauch unter dem Gesichtspunkte der deutschen Zukimft dachten, gewiß nicht mit Unrecht! Denn in einer Zeit, in der die wirtschaftlichen Kräfte des Reiches aus den verhältnismäßig schon übervölkerten niederländischen und rheinischen Gebieten ostwärts zu fluten begannen, in der kirchliche imd kriegerische Elemente in gleicher Weise dort ein Betätigimgsfeld ersehnten, konnte es von höchster Bedeutung werden, daß das Königtvun Lothars infolge der Lage seines Stammesherzogtums gewissermaßen einen Frontwechsel von Südwest nach Nordost vollzog und an die einstmals allzu jäh abgerissenen Überlieferungen Ottos d. Gr. wieder anknüpfte. Während die Gebiete längs der französischen Grenze in der Sorge des Herrschers zurücktraten, kannte er sich, belehrt durch die Erfahrungen eines langen Menschenalters, in allen Verhältnissen, die Sachsen berührten, vortrefflich aus. Die Übertragung der brandenburgischen Nordmark an den Askanier Albrecht von Ballenstädt (1134), die Vereinigxmg der Lausitz mit der schon früher (1123) verliehenen Mark Meißen unter Konrad von Wettin (1136), die Verpflanzung der Schauenburger (Adolf I. 11 10 bis c. 1128, Adolf IL c. II 28 1164) von der Weser in die Grafschaften hatte der nicht — — Holstein \md Stormam zeigten, daß er hier den rechten Mann an zu setzen wußte, imd wiesen den großen GeUnmittelbarer schlechtem der Zukunft ihre historischen Aufgaben. die rechte Stelle lOO II' I^Jc Zeit der Staufer. noch wird die Erinnerung an den großen Sachsenkaiser wachgerufen» wenn Lothar auch während der Krönungsfeierlichkeiten in Rom diese östlichen Verhältnisse im Auge behielt, indem damals (1133) nur dem Bremer Erzbischof seine Hoheitsrechte über die nordischen Reiche entgegen den Ansprüchen des neuen schwedischen Erzbistums Lund vom Papste bestätigt wurden, sondern auch der Versuch gemacht ward, die seit den Tagen Ottos HI. preisgegebenen Metropolitanrechte über die polnische Kirche für Norbert als Erznicht bischof von Magdeburg Solche Versuche mußten nationalen Widerstände scheitern. Praktisch wertvoller waren die Missionsbestrebungen; auch hier zeigte der Kaiser wohlwollendes Verständnis, und es gereicht ihm zum Verdienst, daß er sowohl das menschenfreundliche Werk des aufopferungsvollen und gesundsinnigen Bischofs Otto von Bamberg^) bei den Pommern mit seiner Teilnahme förderte, als auch die auf das östliche Holstein gerichtete Wirksamkeit des Priesters Vicelin^) in ihren vorbereitenden Anfängen tatkräftig unterstützte. Er selbst mochte bedauern, daß ihm die Pflichten seines wiederherzustellen. freilich hier wie dort bald genug an kaiserlichen Amtes nicht dem noch mehr Muße für diese Dinge ließen. durch einzelne Eingriffe, wurden sie ja gefördert durch die Steigerung des Ansehens, die Lothar dem Reiche in dem ganzen weiteren Umkreise des Ostens imd Nordens gewann. Hatte er gegen Böhmen im Anfang seiner Regierung eine schwere Niederlage erlitten (1126), so stellte sich doch bald das alte Abhängigkeitsverhältnis des Herzogs in besonders freundschaftlichen Formen her. Der dänische König, der sich aus längeren Thronwirren emporrang, huldigte dem deutschen Kaiser (1135). Lothar vermittelte in einem Kriege zwischen Ungarn und Polen und hatte auf dem Merseburger Tage von 1 1 3 5 den Triumph, daß der lange widerspänstige polnische Herzog ihm zum 'Zeichen seiner Abhängigkeit beim KLirchgang persönlich das Schwert vortrug, den seit zwölf Jahren rückständigen Tribut nachzahlte und die Belehnung mit Aber reicher, als Pommern imd Rügen von ihm empfing. Man karm doch sagen, daß Lothar hier in den nordöstlichen Gebieten bereits eine Rolle hat, wie sie ein Menschenalter später sein Enkel Heinrich der Löwe dauernder, wuchtiger und getragen von einer kräftiger flutenden Germanisationsbewegung durchführen sollte. Aber wie kurz währte diese Zeit fruchtbarer Ruhe für Deutschland! Eben in Merseburg drängten alle Gegner König Rogers: vorgezeichnet *) Vergl. neben andern Aufeeichnungen die beiden bald nach Mitte de» Biographien der Michelsberger Mönche Ebo und Herbord, 12. Jh. verfaßten Jaff6, Bibl. Y. *) Seine Biographie ist enthalten in Helmolda Slawenchronik. § 8. Lothar von Supplinburg (1125 — 1137). lOI der griechische Kaiser, Venedig, süditalische Flüchtlinge, vor allem Innozenz II. und seine Parteigänger den Kaiser unwiderstehlich zu einem neuen Romzuge (1136/37). Die gefestigte Einheit Deutschlands, die in der starken Truppenzahl ihren Ausdruck fand, die eifrige Propaganda der Kirche, die vorbereitenden Erfolge Bernhards, der Mailand für Iimozenz gewonnen imd die Seehilfe von Pisa und gesichert hatte, gaben dem Unternehmen, das sich diesmal Genua ausgesprochenermaßen gegen Innozenz' Hauptgegner Roger von Als wirkSizilien richtete, von vornherein ein machtvolles Ansehen. licher Herrscher durchzog der Kaiser Norditalien vom Fuße der Westalpen bis nach Ravenna, jeden Widerstand niederwerfend, auch In zwei Heersäulen rückte die Gesetzgebung wieder aufnehmend. man dann südwärts: Lothar mit der Masse der Truppen die Ostküste entlang, Heinrich der Stolze an der Spitze einer Abteilung gemeinsam mit dem Papste westlich durch Tuszien. So drang man von zwei Seiten her in das süditalische Reich, vereinigte sich in Bari vmd eroberte in raschem Ansturm den größten Teil Apuliens Bis soweit war der Feldzug tadellos bis hin nach Tarent {1137). Roger hatte den übermächtigen Andurchgeführt, aber was nun? griff wie das Anschwellen eines Gießbachs, dem bald Dürre folgen in kluger Überwindung einen Teil seines Gegen Anerkennung seines Königstitels hätte er sich immerhin wohl zur Preisgabe Anaklets bereitfinden lassen. Aber Innozenz bestimmte den Kaiser zur Ablehnung seiner FriedensDa setzte der anerbietimgen und drängte vorwärts nach Süden. mußte, betrachtet vmd Reiches geopfert. Heimatsdrang der deutschen Truppen, die in der apulischen Julimochten imd sich drohend gegen Papst und Kardinäle erhoben, eine unüberwindliche Schranke. Eine dauernde Besetzimg des eroberten Gebiets war ja ohnehin imdurchführbar; so tat man das allein Mögliche: man griff zu der alten SpaltvmgspKjlitik und belehnte Rogers Gegner Rainulf von Alife mit dem Herzogtum Apulien, in der Hoffnung, daß er sich aus eigner ICraft würde behaupten können. Dabei stießen aber die HoheitsLothar, der urkundansprüche von Kaiser imd Papst zusammen. liche Belege für das Recht des Reiches im Augenblick nicht zur Hand hatte, gab trotz seiner überlegenen Stellung noch einmal nach und verstand sich zu einem schwächlichen Kompromiß, durch das hier für die Zukunft verhängnisvoll unklare Rechtsverhältnisse geschaffen wurden: Papst und Kaiser faßten die Herzogsfahne an Schaft und Spitze und überreichten sie so als gemeinsame Lehenshitze eine Katastrophe befürchten herren an Rainulf. In einem anderen Konfliktsfalle, bei dem es sich um die Besetzung der alten Reichsabtei Montecassino handelte, setzte indes II- I02 Die Zeit der Staufer. nachdem er sich eine ganze Nacht hindurch aus den vorUrkvmden von seinem Rechte überzeugt hatte, dxirch die nachdrückliche Androhung eines Bruches seinen Willen durch. Und Lothar, gelegten überhaupt gewinnt man aus dieser letzten Zeit den bestimmten Eindruck, daß die Linien der kaiserlichen und päpstlichen Politik Der Kaiser, der bei dem Anauseinanderzuweichen begannen. schwellen seiner Macht in den letzten Jahren auch der deutschen Kirche gegenüber seinen konkordatmäßigen Einfluß stärker als früher zur Geltung gebracht hatte, mußte bei aller Milde durch die stete rechtsverletzende Begehrlichkeit der Kurie verstimmt werden; der Papst andererseits begann zu fürchten, daß jene Macht bald in den rücksichtsloseren Händen Heinrichs des Stolzen, mit dem er letzthin schon mehrfach schroff zusammengestoßen war, erdrückt werden möchte. Überdies waren dort auch diesmal seine Wünsche keineswegs befriedigt, als Lothar sich mit seinem Heere nordwärts wandte. Innozenz sah sich fast ausschließlich auf das Ansehen und die Redekunst Bernhards angewiesen und war gezwungen, dem wieder vordringenden Roger, der damit in Lothars Rolle einrückte, das Amt eines Schiedsrichters zwischen ihm und seinem Gegner anzutragen. Erst der Tod Anaklets (1138) verschaffte ihm endgültig Luft. Damals weilte Lothar schon nicht mehr unter den Lebendem Gefühl seines nahenden Todes hatte der mehr als Siebzigjährige den Rückmarsch beschleunigt; er starb, kurz nachdem er den deutschen Boden betreten hatte. Wenn eine aufsteigende Machtentwicklimg das Kennzeichen politischer Erfolge ist, so war Lothars Regierung werm nicht glänzend so doch keinesfalls ganz Im — — war wesentlich vorbereitender Art. Noch vor kurzem hatte er Heinrich den Stolzen mit der Markgrafschaft Tuszien belehnt; jetzt bestimmte er ihm Sachsen und bezeichnete ihn sterbend durch Übergabe der Reichsinsignien als den erwünschten Thronfolger. Welch' gewaltigen Gebietsumfang „von Meer zu Meer, von Dänemark bis Sizilien" vereinigte dieser damit unmittelbar unter sich! Wie würde die Geschichtschreibung Lothar als vorbereitenden Gründer der Dynastie preisen, wenn statt der Staufer die Weifen sich auf dem Throne behauptet hätten! Daß dies Ziel durch listige Machenschaft und bösen Zufall vereitelt wurde, vernichtete, wenigstens zum guten Teil, Lothars Lebenswerk und stürzte das Reich in Verwirrvmg und Ohnmacht. unglücklich. Aber sie : §9. Konrad HI. (1138 § 9. — 1152). jOt Konrad m. (1138—1152). Das deutsche Geschlecht, dessen weltgeschichtliche Aufgabe vornehmlich die Bekämpfung hierarchischer Ansprüche werden sollte, kam auf den Thron im Dienste der Kirche. Es war der Dank der Kurie für Lothars nachsichtige Schwäche, daß sie in rücksichtsloser Wahrnehmung ihres Vorteils noch in seinen letzten Tagen insgeheim ihre Vorbereitungen traf, um das Königtum seines Schwiegersohnes zu vereiteln. Ihr Werkzeug war der klügste imd energischste unter den damaligen Kirchenfürsten Deutschlands, Erzbischof Albero von Vakanz von Mainz imd Köln übernahm imd sie in der imerhörtesten Weise mißbrauchte. Die jelzt von ihm ausgeführte Erhebimg des früheren Gegenkönigs Konrad III. (März 1138) erinnerte an die des Papstes selbst; sie war eine Überrumpelimg vor der festgesetzten Zeit, ohne alles Recht, von einer kleinen Minderheit der Fürsten vollzogen. Wenn dieser „Pfaffenkönig" und „Sonderherrscher" gleichwohl überraschend schnell an Boden gewarm, so weisen eben diese Chronistenbezeichnungen auf die beiden Mächte, die ihn trugen; Kirche und Fürstentum, die Lothar erhoben hatten, wandten sich von seinem kraftTrier*), der bei der augenblicklichen die Leitung der Wahlgeschäfte voll erstarkten Hause, als die Person des Vertreters, die rücksichtslos durchgreifende Herrschematur Heinrichs des Stolzen, ihnen keine Gewähr für die Fortführvmg der bisherigen Politik zu bieten schien. Bald mußte der Weife seine Kronhoffnimgen ziuückstellen; wurde ihm nur der volle Umfang seiner Rechte anerkaimt, so blieb er trotzdem der tatsächliche Herrscher im Reiche. Eben das aber machte Konrad jene Anerkennimg unmöglich. Nach kurzem Hinhalten, das die Auslieferung der Reichsinsignien erzielte, weigerte er die Belehnung mit Sachsen, ächtete den Ungehorsamen, der die Huldigung unterund vergab zuerst Sachsen an den Markgrafen Albrecht den Bären, der als Schwiegersohn des letzten Billungers Ansprüche darauf erhob, dann (1139) Bayern an seinen eigenen Stiefbruder, den Babenberger Markgrafen Leopold von Österreich. Aber das waren Ansprüche, die erst im Kampf durchzusetzen waren. Denn nun spaltete sich Deutschland in zwei feindliche Heerlager, der unheilvolle Streit zwischen Staufem und Weifen nahm seinen Anfang. Es war zunächst ein von den mittelstarken Fürsten unterstützter Kampf der Kirche g^en eine kräftige deutsche Königsgewalt Denn was war Konrad') für sich allein, er, der als der jüngere ließ, ') Seine zeitgenössische Biographie Ton dem Trierer Scholastiker BaldeM. G. SS. VIII. *) Ober ihn ausführlich und gründlich: Bemhardi, Jahrb. der d. Gesch. Konrad UI. 2 Bde. 1883. ricli I04 II. Die Zeit der Staufer. der staufischen Brüder nicht einmal über das schwäbische Herzogtum verfügte? Persönliche Bedeutung trat bei ihm nicht ergänzend in die Machtlücke. Schon als Gegenkönig hatte er mehr Lebhaftigkeit als Geschicklichkeit gezeigt. Jetzt stand er in der Vollkraft seiner Jahre, eine schöne, ritterliche Erscheinung, ein wackerer Kriegsmann, der nicht nur die Gefahr suchte und wuchtige Schwabenstreiche auszuteilen wußte, sondern auch Anstrengvmgen und Entbehrungen mit den Seinen teilte, von gewinnender Liebenswürdigkeit und natürlichem Frohsinn, wenn er etwa an lustiger Tafel sich in seiner laienhaften Art in die gelehrte Unterhaltung seiner Hofgeistlichen mischte und lachend den Philosophen ihr heiteres Leben neidete, da sie mit solcher Leichtigkeit das Unmögliche als möglich darzutun verstünden. Trotz solcher menschlich anziehenden Eigenschaften sind indes Zeitgenossen und spätere Forscher in ihrem Urteil über den Staatsmann völlig einmütig; er hat nicht einen Nicht an Beweglichkeit einzigen ernsthaften Lobredner gefunden. er hätte sonst nicht und Unternehmungsgeist fehlte es ihm, zweimal unter den schwierigsten Umständen die Bürde der Krone wohl aber an abschätzender Überlegimg, auf sich genommen, — — Umsicht und folgerichtiger Stetigkeit. Von dem kirchlichen Zuge der Zeit mit Tausenden und Abertausenden ergriffen und vom Gefühl seiner Sündhaftigkeit durchdrungen, wie ein Briefwechsel mit der geistlichen Seherin Hildegart von Bingen beweist, erregbar und leichtgläubig, der Beredsamkeit eines Bernhard von Clairvaux ebenso hilflos preisgegeben wie dem Eindruck einer Mondfinsternis, ließ er sich leicht zu unbedachten Unternehmungen fortreißen, um unter neuen Einwirkungen zu schwanken imd eigne Entscheidungen zu widerrufen, so daß wohl seine nächsten VerSo blieb seine Retrauten über seine Unzuverlässigkeit klagten. gienmg ohne allen Aufbau, jeder Erfolg erstickte in dem Mißverhältnis zwischen Wollen und Können; am Ende stand Konrad fast genau da, wo er begonnen hatte. Aber eine Flut von Unheil war über das Reich dahingebraust, das königliche Ansehn war tief gesunken, und wenn gerade dies Elend nicht zum wenigsten den Rückschlag beschleunigt hat, so erfolgte doch der Wandel der öffentlichen Meinung, der sich zuletzt vollzog, und der das bedeutsamste Ergebnis seiner Regierung bildete, im wesentlichen ohne Konrads Verdienst. Es wäre wohl die Frage gewesen, ob er sich in seinem Königtum auch nur behauptet hätte, wäre nicht Heinrich der Stolze gleich im Beginn des Kampfes durch einen vorzeitigen Tod hinweggerafft worden (1139); denn es spricht für die Stärke der gegnerischen Partei, daß sie trotz dieses bösen Unfalls Sachsen für vorbereitender § 9« Konrad m. (1138— 1152). 105 geinen zehnjährigen Sohn Heinrich den Löwen unbedingt zu behaupten vermochte, während allerdings Bayern, wo sein Bruder Weif (VI.) den Kampf leitete, hart umstritten blieb i). Auch als nach Leopolds von Österreich Tode sein Bruder Heinrich sich durch die Vermählung mit Heinrichs des Stolzen Witwe Gertrud (1142) Bayern sicherte, war die Versöhnung nicht von Dauer. Denn da Gertrud schon im nächsten Jahre starb, erneuerte Heinrich der Löwe seine bayrischen Ansprüche, die Weif überhaupt nicht hatte fallen lassen. So nahmen die Kämpfe bald ihren Fortgang. Und die bei dieser Lähmung Fehden im Reiche, der Königsgewalt tobten allenthalben ein furchtbarer Zustand der Rechtsunsicher- trat ein. Bald zeigten sich die Wirkvmgen nach außen: in Ost imd Nord ging das von Lothar behauptete Ansehn verloren, während im Westen das französische Königtvmi seit der Vermählung Ludwigs Vn. mit der aquitanischen Erbin Eleonore (1137) seinen Kronbesitz bis zu den Pyrenäen ausdehnte. In Italien gelang es Konrad zwar, nach Heinrichs des Stolzen Tod von den Vasallen der mathildischen Güter, die in der immittelbaren Unterordnung heit unter den König ihren Vorteil erblickten, die Anerkeimimg seines Erbrechts zu erlangen, so daß aus der Besitzfolge dreier deutscher Herrscher allmählich ein Rechtsanspruch des Reiches als solchen Aber Ansprüche waren im anderen Zeiten fruchtbringend doch nur bei persönlicher Wahrnähme. Durch Konrads Abwesenheit zerfiel das Gut mehr und mehr und diente benachbarten Lokalgewalten zur Bereicherung. Und das nicht allein! Diese herrscherlosen anderthalb Jahrzehnte seit Lothars Tode, die zusammenfielen mit dem mächtigen Emporblühen der ober- und mittelitalischen Städte, wurden für die Reichsrechte überhaupt verhängnisvoll; eins nach dem andern ward angeeignet oder geriet in Vergessenheit, Man entwöhnte sich jedes Zwanges imd dehnte sich in der Freiheit, der nur die Mitbewerbimg des Nachbarn Schranken setzte. Vom Süden her aber lastete die Machtstellung Rogers, der durch den Tod seines Gegners Rainulf vollends Oberwasser bekam, auf auf diese Gebiete erwachsen mußte. Mittelalter noch mehr als in und Rom. Es war doch eine arge Selbsttäuschimg Innozenz' IL, daß er im Vollgefühl der wiedererrungenen kirchlichen Einheit noch einmal Reichsitalien ') Konnds Sieg über Weh vor Weinsberg und die daran anschliefiende Einnahme der Burg (1140) haften im Gedächtnis durch die Erzählung von Entgegen früheren Anzweiflungen (vgl. namentlich den „getreuen Weibern." Bemheim, Hist Taschenbuch 6. Folge Bd. 3 und öfter) möchte man nach den Ausführungen von Weller, Würt. Vierteljahrsh. N. F. Bd. 12 (1903) siun mindesten an einen historischen Kern glauben. n. Die Zeit der Io6 in die Bahn Staufer. südlicher Eroberungspolitik zurücklenkte. Er scheiterte wie Leo IX. und Honorius II. Geschlagen und gefangen, mußte er im Vertrage von Migniano (i 139) alle vom Gegenpapst bewilligten Forderungen Rogers erfüllen, wobei er dessen Königtum, um nur nicht eine Schöpfung Anaklets gutheißen zu müssen, schon Die völlige Mißauf seinen päpstlichen Vorgänger zurückführte. achtimg der süditalischen Reichsansprüche hätte den Papst wohl schon damals in Gegensatz zum deutschen König bringen können, aber noch war das Einverständnis mit Roger nur ein erzwungenes. Indem dieser Herrscher nun seinen Staat zu dem feingestalteten und festgeschlossenen Gefüge mnschuf, das jedem Drucke seiner Hand gehorchte, das eine Sonderstellung der Geistlichkeit neben dem straff abhängigen Beamtentum nicht duldete, indem er auch jetzt noch die nördlichen Grenzen nicht ängstlich achtete, blieb er ohne das Gegengewicht des Kaisertums eine das Papsttum stete Bedrohung. für Und machten alsbald die römischen Zustände ein Konrads höchst wünschenswert. Noch in den letzten Tagen Innozenz' II. (f 1143) ergriff die Bewegung auf bürgerliche Selbstbestimmung, die sich aus den lombardischen Städten auch nach Mittelitalien verpflanzte, Rom imd vermengte sich hier mit den herrschenden Adelsgegensätzen und den nie ganz geschwundenen aber jetzt mit frischer Kraft auftauchenden Eriimerungen an die alte Größe. Ein Senat als Organ des Volkswillens, mit einem Pierleoni an der Spitze, verlangte vom Papst den Verzicht auf die weltliche Herrschaft über Rom, genau wie die lombardischen Städter von ihren Bischöfen. In den Wirren, die daraus entstanden, ward überdies Eingreifen gar einer der folgenden Päpste durch einen Steinwurf getötet 1145), der unter dem Papstgewand die ZisterÄienserkutte trug, ein ergebener Schüler Bernhards, dessen Einfluß dadvu-ch noch höher stieg, sah sich nach vergeblichem AusgleichsVersuche gezwungen, die Stadt nordwärts zu verlassen (März 1146). Er erhoffte damals einen Romzug Konrads; aber gewaltige Ereignisse traten dazwischen. Nichts wäre verkehrter, als angesichts der lokalen Widerwärtigkeiten von einer allgemeinen Schwäche des Papsttums zu reden. Nie war sein Einfluss nördlich der Alpen beherrschender, tiefer in alle Verhältnisse eingreifend! Eben damals sind auch seine Machtansprüche theoretisch zusammengefaßt; was einst bei Pseudoisidor als Forderung aufgetreten war, erhielt jetzt im Dekret Gratians, dem Grundstock des großen kanonischen Rechtsbuches, seine gültige Formulierung. Und solche Ansprüche wurden getragen von der mächtigen kirchlichen Strömimg, die trotz vereinzelter Gegenwirkungen Eugen III. (seit §9- Konrad III. (1138 — 1152). 107 noch ungebrochen^) die Geister beherrschte. Selbst die Kreise, die mit Bitterkeit bemerkten, wie das Anwachsen der Kirche dem deutschen Kaisertum alles Mark aussauge, betrachteten diese Entwicklung doch als ein von der Vorsehung gewolltes Verhängnis. Ein Stiefbruder Konrads, der Bischof Otto von Freising, hat solchen Auffassungen in seiner Chronik den bezeichnendsten Ausdruck gegeben. Jener Traumkoloß Nebukadnezars, den Daniel deutet als die Folge der vier großen Weltreiche, ruht auf Füßen von Eisen und Ton. Sie sind die letzte, die römisch-deutsche Monarchie. nicht von MenschenEin Stein aber, der herabgerissen wird zertrümmert sie und wächst dann zu einem großen Berg, , hand Das ist die Papstkirche! Durch der der die ganze Welt erfüllt. Kaiser Freigebigkeit zur Macht gehoben, hat sie mit Gregor VII. den Wettkampf begonnen, mit dem Wormser Konkordate den Sieg Seitdem dehnt sie sich über die ganze Erde. Wird sie errungen. — — endlich das ersehnte Gottesreich verwirklichen? und bedarf Ist die Zeit erfüllt, etwa nur noch einer letzten, begeisterten KraftanOtto strengung, um ihr die Völker der Ungläubigen zuzuführen? von Freising sprach nvir aus, was aller Herzen bewegte. Nur aus diesem Zustande hochgradiger religiöser Spannung heraus begreift man die fabelhaften Erfolge der nim einsetzenden neuen Kreuzzugsbewegung. Die Kunde von der Eirmahme Edessas durch den Reichsverweser von Mossul Emadeddin Zenki (i 144) gab doch nur den Anstoß, im Hintergrunde stand die Erhöhung des Kreuzes über den gesamten Erdkreis, und wie sollte nicht Gott selbst die Seinen zu solchem Ziele leiten? Als Eugen III. nach Die Bewegung wuchs lawinenartig. dem Vorbilde Urbans an die Nation des ersten Kreuzzuges, die Franzosen, seinen Hilferuf ergehen ließ, ahnte er wohl noch Da war es bedeutsam, nicht, welche Wirkungen er erzielen sollte. daß der junge Ludwig VII. selbst in Gewissensnot über grausamen Kirchenfrevel sich zur Fahrt bereit erklärte und Nacheiferung weckte; noch viel folgenschwerer indes, daß Bernhard von Clairvaux in päpstlichem Auftrage die Agitation übernahm und durch seine zündende Beredsamkeit, durch die Heilwirkungen, die der Menge seine göttliche Sendung bestätigten, Triumphe feierte, die ihn über Auf sich selbst hinaushoben vmd die Zuhörer willenlos fortrissen. dem Hoftage von Vezelay (Ostern 1146) mußte er sein Gewand zerschneiden, weil die Zahl der Kreuze dem stürmischen Begehren nicht genügte. Alle Geister vraren nur noch auf das eine Ziel ge- ^) vgl. es Die gegenteilige Ansicht von Hauck kann ich nicht Hist, Ztschr. 93, S. 408. fttr richtig halten, n. Die I08 Zeit der Staufer, von Freising, „trat fast im ganzen daß es nicht nur für Frevel galt, Krieg anzufangen, sondern sogar, öffentlich Waffen zu tragen." Schon flutete der Strom über die deutschen Grenzen. Hier wandte man sich zimächst gegen die Ungläubigen in der Nähe, es kam zu massenhaften Judenmorden, bis Bernhard selbst erschien richtet. „Plötzlich", sagt Otto Abendlande eine solche ein, Stille und Einhalt gebot. In einen schweren Pflichtenkampf stürzte er dann den staufischen König. Alle Vemunftgründe sprachen gegen dessen Teilnahme; denn wollte er wirklich die tmausgeglichenen Gegensätze Deutschlands hinter sich lassen, so riefen ihn gebieterisch nach Italien die Not des Papstes, die Kaiserkrone, der Verfall der Reichsrechte was galten und die Übergriffe Rogers. in diesen Tagen So lehnte er ab. die Gebote der Vernunft? Aber Kvurz nach dem Weihnachtsfest in Speyer erlag Konrad unter Thränen einem rednerischen Ansturm Bernhards, der den Lauen drohend an die Schrecken des Todes und den Richterstuhl Christi mahnte xmd dann seine Umstimmung als das Wunder der Wunder pries. letzten Vergeblich suchte der Papst im eignen Interesse das Gelübde rück- gängig zu nicht machen. mehr mm auch in Deutschland Die Bewegung war Ein allgemeiner Landfriede dehnte sich aufzuhalten. über das Reich, Heinrich der Löwe versprach seine bayrischen Ansprüche einstweilen zurückzustellen, und wenigstens einen bedeutsamen Erfolg brachte das Unternehmen dem staufischen Hause: Konrads zehnjähriger Sohn Heinrich ward zum Könige gewählt imd gekrönt, um. unter Leitung des Erzbischofs Heinrich von Mainz Also ein den Vater während seiner Abwesenheit zu vertreten. erster Schritt, imi die seit den Saliern unterbrochene Erbfolge herzustellen! Seitdem mußte die Kreuzfahrt noch öfter als Hebel für den gleichen Zweck dienen. Die Ereignisse des zweiten Kreuzzuges selbst können hier nur kurz gestreift werden.^) Bezeichnend für die allgemeinen Ziele der Bewegung imd die übergroße Zahl der Teilnehmer, aber auch für den geringen Zusammenhalt des damaligen Reiches war, daß mit Konrad eigentlich nur die Süddeutschen zogen. Die sächsischen Großen unternahmen auf eigne Faust, wenn auch mit kirchlicher Billigung, einen Kreuzzug in die ihrem Interessenkreise näherliegenden Wendenlande (1147), freilich nur, um hier die mühsam errungenen Erfolge der friedlichen Mission imsanft zu stören und alsbald statt der geplanten Ausrottung der Heiden deren Scheintaufe imd Tributzahlimg vorzuziehen. Flandrer und Lothringer aber fuhren ^) Für die Einzelheiten und Röhricht. vgl. namentlich die Forschungen von Kugler §9. Konrad in. (1138— 1152). IO9 mit Engländern und Normannen über See tmd errangen imterwegs, sie dem König von Portugal zur Eroberung des mohammedanischen Lissabon verhalfen (i 147), den einzigen großen Erfolg des gesamten Kreuzzuguntemehmens. Andre Lothringer zogen mit dem französischen Heere, das den Massen Konrads HL diurch Ungarn in das griechische Reich folgte. Dort kam dem deutschen Könige seine Verschwägerung und Freundschaft mit dem ritterlichen und mitemehmimgslustigen Kaiser Manuel zu statten, mit dem ihn überdies die gleiche Feindschaft gegen Roger von Sizilien politisch eng verknüpfte. Manuels durch indem eignes Interesse geförderter guter Wille, die der abendländischen noch immer seine reichen Mittel und weit überlegene byzantinische Technik brachten die imzweifelhaft auf viele Zehntausende zu schätzenden deutschen Kreuzfahrer ohne Störung hinüber nach Von da aus riet er zu dem weiteren, aber sichereren Nicaea. Küstenwege. Indes der Drang vorwärts entschied für den näheren Marsch durch das Innere, der ein festgeschlossenes, berittenes imd verproviantiertes Heer in der Tat in etwa drei Wochen nach Ikonivun hätte führen können. Koruad suchte daher die ungeordneten, mittellosen Massen mit einer kleineren Truppenabteilung unter Bischof Otto von Freising die Küste entlang zu schicken; aber nur wenige gehorchten, die meisten ließen sich in der Furcht, preisgegeben zu werden, von dem Hauptheere nicht abschütteln. Es gehörte schon der volle Glaube an die unmittelbare Leitimg Gottes dazu, imi ohne genaue Kenntnis des Weges und mit gänzlich unzureichenden Lebensmitteln den Marsch trotzdem zu wagen. Nach zehn Tagen sah man sich in dem öden, von den Feinden überdies noch verwüsteten Lande am Ende des Unterhaltes, von den mit Schmähimgen überhäuften griechischen Führern verlassen, von behenden türkischen Reiterscharen auf allen Seiten angegriffen. Sofern noch Rettimg möglich war, lag sie in schleunigster Umkehr, zumal eine schreckenerregende Sonnenfinsternis Gottes Zorn zu verraten schien. Der Rückzug gestaltete sich dann durch Himger, Krankheit imd Feindesnot zu einer furchtbaren Katastrophe, aus der Konrad, der Gefahren, Mühen und Entbehnmgen in der aufopferndsten Weise mit den Seinen teilte, nur einen kümmerlichen Heeresrest nach Nicaea zurückbrachte. Im Anschluß an die französischen Kreuzfahrer, die er dort antraf, marschierte er mit einem seiner Leute dann noch eine Strecke weit auf dem Küsten- Teil wege, mn sich von Ephesus aus in völliger Erschöpfung nach Konstantinopel in die sorgsame Pfl^e Manuels zu begebea Kurz zuvor war auch die Abteilung Ottos von (Januar 1148). Freising, die voa dort das Mäandertal aufwärts gezogen war, im HO n. Die Zeit der Staufer. Innern bei Laodicea von den Ungläubigen überfallen und zu völliger Auflösung gebracht worden. An derselben Stelle erlitten auch die Franzosen furchtbare Verluste. Nur dadurch, daB Ludwig mit den zahlungsfähigen Rittern schließlich griechische Schiffe besti^ und die mittellosen Massen dem Verderben preisgab, gelangte er sicher Dorthin kam auf einer Flotte Kaiser Manuels ins heilige Land. auch Konrad IIL, und indem sich nun von allen Seiten die zersprengten und gesonderten Züge der Kreuzfahrer zusammenfanden, wäre mit der trotz allem ansehnlichen Streitmacht wohl noch etwas Aber die Begeisterung war Erkleckliches auszurichten gewesen. geschwunden, ein sicheres Ziel fehlte, seitdem Zenkis Sohn Nureddin Edessa dem Erdboden gleichgemacht hatte (Ende 1146), und andrerseits von einer augenblicklichen Bedrohung der übrigen Kreuzfahrerstaaten doch nicht mehr die Rede sein konnte; ja, man hatte gar bald das Gefühl, daß man den Lateinern jetzt nur lästig war. Als an ihrer lässigen und zweideutigen Haltung Unter- nehmungen gegen Damaskus und Askalon, die nur noch dem Wunsche, etwas getan zu haben, entsprangen, scheiterten, beschloß man die Rückkehr nach Europa. Nach unsagbaren Verlusten an Leben, Gesimdheit imd Gut endete so die große Bewegimg in zorniger Verstimmung und gehässigen Anschuldigungen. Nicht vmzutreffend hat Nitzsch die Katastrophe des zweiten Kreuzzuges mit dem Untergange der großen russischen Armee Napoleons I. verglichen. Wie damals das aufs äußerste überspannte napoleonische Weltherrschaftstreben den entscheidenden Stoß erhielt, der die französische Gloire vernichtete und ein Zeitalter nationaler Gegenwirkungen hervorrief, so versank in Kleinasien xmd Syrien der leidenschaftliche Glaube an das Hereinbrechen des Gottesreiches unter päpstlicher Oberleitung; der Blick ftir die Schäden des kirchlichen Regiments ward geschärft, imd weltliche Strömimgen bekamen auf ein halbes Jahrhundert das Oberwasser. Die Möglichkeit eines solchen Umschlags begriff Bernhard sofort; nicht als ob er am Ziele selbst irre geworden wäre, auch Moses hatte ja sein Versprechen, Land zu führen, um ihrer können! Aber er forderte Sünden in die Blinder Israels ins gelobte mehr selbst erfüllen seinem Buche „über die Bewillen nicht dem Papste widmete, eine umfassende Reifiigung wenn Er blieb dabei freilich ganz im Rahmen der Kirche. nicht gregorianischer, so doch streng hierarchischer Gesinnung: durch innere Heiligung sollte sich das Papsttum nur um so sicherer über trachtimg", das er die Reiche Stimmen — der Welt erheben! Schon aber wurden auch andre welche die Überhebung der Kirche über den Staat laut, mit Bitterkeit tadelten und den Kampf gegen die überhand nehmende §9- Konrad IIL (1138— 1152). und Geldsucht in Rom mit Damals mochte zuerst die gelivuns der Mark Silber" von Mund zu Stellvertreter in Rom den mittellosen du verdammt seist mit deiner Armut! dir, du wirst nicht- eingehen zu deines III Rücksichtslosigkeit Juristerei schroffer aufnahmen. grimmige Satire des „Evan- Mund gehen, in der Christi Bittsteller anherrscht: „Daß Wahrlich, wahrlich, ich sage Herrn Freude, bis du nicht Die Forderung einer letzten Heller hergegeben hast". Rückkehr der Geistlichen zur apostolischen Armut lag in der Luft, und sie fand einen ersten bedeutenden Verfechter in Arnold von deinen Bresda.^) In den lombardischen Städten hatte sich der religiöse Radikalismus der die mit der zunehmenden Verweltlichung der Kirche notwendig in die Opposition geriet, schon längst vermählt mit der bürgerlichen Demokratie. Zu beiden Elementen trat bei Arnold während seiner Studienzeit in Paris der zu vorurteilsEinflufi der rationalistischen Theologie Peter Abälards, die Nach Brescia zurückgekehrt, emfreierem, folgerichtigem Denken anleitete. pfing er die Priesterweihe und ward Chorherr, bald Vorsteher des dortigen Wie er, sittenemst und willensstark, an seinen eigenen Augustinerkonvents. Wandel voll strenger Kasteiungen die höchsten Anforderungen stellte, so geifielte er scharf und mit packender Redegabe die Verweltlichung und sittAls der Bischof von liche Verwilderung der zeitgenössischen Geistlichkeit. Brescia auf dem Laterankonzil von 1139 von Innozenz II. die Verbannung dea unbequemen Tadlers aus Italien zu erwirken wußte, wandte er sich aufe neue zu seinem Lehrer Abälard und geriet nun an dessen Seite in scharfen Gegensatz zu dem allmächtigen Bernhard von Clairvaux, der das Gefährliche der neuen Theologie und ihres lombardischen Schildträgers mit feiner Witterung spürte und überdies, persönlich gereizt, seiner Empfindlichkeit die Zügel Nach der billigen Verdammung von Abälards Lehre auf der schiefien ließ. Synode von Sens (1141), wußte er vom Papste die Verurteilung seiner beiden Gegner zu lebenslänglicher Einsperrung ins Kloster zu erwirken und hat schließlich Arnold, der nach Abälards Tode (1142) seine Angri£fe nur noch verschärfte, mit Hülfe des Königs aus Frankreich ausweisen lassen. Auch aus Zürich vertrieb ihn Bernhards Einfluß. Dann aber waren es persönliche Beziehungen zu einem Kardinal, die Arnold schließlich nach Rom führten und ihm die Verzeihung Papst Eugens III. erwirkten. Dort lebte er die nächsten Jahre unter schweren Bußübungen in den Katakomben, bis ihn die hochgehenden Wogen der stadtrömischen Bewegung ergriffen und mitten in das politische Getriebe hineinwarfen. Nun dehnte sich der kleine Kreis asketischer Anhänger, der „Lombarden", die ihn umgaben, rasch zu der gewaltigen, tobenden Volksversammlung, die Arnold unter den ehrwürdigen Ruinen des Kapitols gleich einem antiken Volkstribun und in Wahrheit ergriffen von den £rinner\ingcn an die alte römische Größe, mit seinem Wort lenkte, gegen die Herrschsucht des Papstes und die Habgier der Kardinäle entflammte imd als die Quelle des Kaisertums pries. Ohne ein bestimmtes Amt stand er im Mittelpunkt dieser aus Kirchenreform, städtischer Demokratie und hochpolitischen Utopien gemischten Bewegung, wie später Huß in Prag oder Savonarol« Pataria, *) Die Grundlinien seines Lebens sind zuerst gezogen von Giesebrecht «einem Vortrag »Über A. v. B.* S. B. der Mttnch. Ak. 1873. Weitere Ausfühningen von Brcyer, Hist. Taschenb. 1889 und Hausrath 1891, in n. Die 112 Zeit der Staufer. in Florenz. Welchen Eindruck mußten hier die Kreuzzugsnachrichten hervorrufen! Schon war selbst die niedere Geistlichkeit Roms gewonnen, als III. gegen Arnold, dem eine Abweichung im Glauben kaum vorzuwerfen war, als Schismatiker den Bann schleuderte und die ihm anhangenden Kleriker mit Absetzung bedrohte (1148), Jedoch der Senat schützte seinen Propheten, und der Papst mühte sich trotz einer erneuten Annäherung an den sizilischen König vergebens, das widerspänstige Rom zu bezwingen. Eugen So standen die Dinge, als Konrad nach einem längeren Aiifvon seiner Kreuzfahrt zurückkehrend, in Aquileja landete (Mai 1149). Die Römer haben damals imd öfter gehofft, ihn für ihre Sache gegen den Papst zu gewiimen. enthalt in Konstantinopel Schwungvolle Schreiben des Senats, die sich gelegentlich gar zu metrischer Form erhoben, erfüllt von dem Geiste Arnolds, luden ihn in die ewige Stadt. Jener seit den Tagen Gregors VII. eingerissene imselige Zustand, daß die Pfaffen in der einen Hand den Kelch, in der anderen das Schwert führten, solle ein Ende haben; das römische Volk selbst biete ihm die Kaiserkrone, welche ihm die durch keine geistliche Gewalt gebrochene Machtfülle Konstantins und Justinians erneuern solle! So verlockend das Ziel sein mochte, und so viel Richtiges die geschichtliche Betrachtungsweise enthielt, über die nun einmal bestehenden Machtverhältnisse glitten die Anerbietungen mit so ahniuigsloser Gutgläubigkeit hinweg, daß es Konrad nicht zu verargen war, weim er ihre Annahme in keine ernstere Erwägung zog. Aber auch dem Papst vermochte er keine Hülfe zu bringen, und die römischen Zustände verharrten trotz eines vorübergehenden Ausgleichsversuches in einer für den Papst unerträglichen Spannung. Die großen Weltverhältnisse aber wurden damals nicht diuch diese Dinge bestimmt, sondern durch den sizilisch-griechischen Gegensatz. Roger, der einzige der europäischen Machthaber, der in diesen Zeiten religiöser Err^ung keinen Augenblick die Gebote politischer Klugheit außer Acht ließ, hatte die Behindervmgen Kaiser Manuels selbstsüchtig ausgenutzt zu einem Angriff auf das griechische Reich. Kaum war die Kreuzfahrt beendet, so warben die beiden Gegner Bundesgenossen. Konrads Interessen berührten sich in diesem Punkte eng mit denen Manuels, imd für manchen Freundschaftsdienst war er ihm persönlich sehr verpflichtet. Daß er sich aber unmittelbar nach der Kreuzzugskatastrophe, wo es doch galt, das nahezu auf den Nullpunkt gesunkene königliche Ansehen mühsam wieder aufzurichten, mit seinen kümmerlichen Mitteln zu einem Angriffsbündnis gegen Roger bereit finden ließ und sich in Italien sofort in den neuen Krieg stürzen wollte, war doch unüberlegt genug und erweckt den Eindruck, daß er damals stark im Schlepptau von Manuels Politik segelte. Zur Ausführvmg kam das Unternehmen §9- Konrad Denn auch Roger jedoch nicht fahrern, die m. er bei sich (1138 — 115a). II3 hatte mit rückkehrenden Kreuz- bewirtete, Bündnisse abgeschlossen: mit und dem Herzog Weif, der in Süddeutschland sogleich eine neue Erhebimg vorbereitete. Jetzt ließ der schlaue Normanne die Gegenmine springen imd zwang den dem französischen Könige Staufer zu schleuniger Heimkehr. Die auswärtige Politik der letzten Jahre Koiuads, stark beeinvon dem wesentlich formal begabten, aber ängstlichen, eitlen und charakterlosen Abt Wibald von Stablo ^), gedrückt durch längeres Siechtiun des seit dem Kreuzzuge in seiner Kraft gebrochenen flußt Königs, eingeschnürt durch völlige Mittellosigkeit, die gelegentlich gar den Gesandtschaftsverkehr hemmte, zeigt ein Bild kläglicher Ohrunacht Die oft geplante und verschobene, endlich bestimmt festgesetzte Romfahrt kam doch nicht mehr zur Ausführung. Im Innern gelang es zwar, den unruhigen Weif zu schlagen und durch überaus gnadenvolle, von dem jungen Schwabenherzog Friedrich vermittelte Anerbietungen zum Frieden zu bewegen (i 150); aber bald brach die Feindschaft mit Heinrich dem Löwen, der seine bayrischen Ansprüche erneuerte, abermals zu hellen Flammen aus, und in offnem Trotze gegen den König vermochte sich der selbstbewußte Weife zu behaupten. Der gesamte Norden des Reiches begann sich überhaupt den Einflüssen der Zentralgewalt mehr und mehr zu entziehen und seine eignen Wege zu gehen, vmd die Erfolge der sächsischen Territorialpolitik bildeten weitaus den gesundesten und erfreulichsten Teil der deutschen Gesamtentwicklung An der Stelle der friedlichen Heidenmission, deren jener Tage. Ergebnisse durch den törichten Wendenkreuzzug naliezu vernichtet trat hier in den nordöstlichen Grenzgebieten jetzt die Arbeit von Pflug und Schwert Graf Adolf II. von Schauenburg war der wurden, erste Fürst, der westdeutsche Kolonisten, wie sie bis dahin in den und Eibgebieten mit ihrer überiegenen Ackerbautechnik Bodenmeliorationen durchgeführt hatten, über die Reichsgrenze in die verwüsteten Wendenlande Ostholsteins rief (seit 1143). Schon begann, teilweis im Wettbewerb mit ihm, Heinrich der Löwe sein von der Reichsgewalt so gut wie unabhängiges ostelbisches Slawen- Weser- reich auszubauen, in welchem das durch keine kirchlichen Rücksichten beirrte weltliche Machtinteresse des Fürsten die Metropolitanrechte des Bremer Erzbischofs unsanft bei Seite schob imd die Inhaber der neugegründeten oder hei^gestellten Bistümer ebenso Beamten des Herrschers betrachtete, wie in dem sizilischen als •) ist die Das Konzeptbuch seiner Briefe, Ton wichtigste Quelle zur Erkenntnis Hanpe, Deutsche Kaiser^Mchichte. 1146 ab erhalten ^er deutschen (Jaff6, Bibl. I) Politik jener Zeit 8 IL Die 114 Zeit der Staufer. Noch in den letzten Jahren Konrads schuf auch der Markgraf Albrecht der Bär^) für die entgangene sächsische Herzogswürde östlichen Ersatz, indem er das brandenbtugische Erbe des ihm befreundeten christlichen Hevellerfürsten Pribislaw antrat (1150), um nun auch in diesen für Deutschlands Zukimft so bedeutsamen Landen mit der Kraft derber Bauemfäuste Staate König Rogers. sich das Germanisationswerk einzuleiten. An dem allen hatte das Königtum keinerlei Anteil, imd von dem Zuge weltfreudiger und zugreifender, in gewissem Sinne antikirchlicher Realpolitik, der hier zu Tage trat, gewahrte man sonst im deutschen Reiche erst schwache Spuren, fast nur sehnsüchtiges Wünschen und Hoffen, das des rechten Führers harrte. Bitter waren auch hier in den Zeiten des Kreuzzugs, da Eugen III. in Trier als der eigentliche Herrscher Deutschlands Hof hielt (Winter 1147 48), die imaufhörlichen und verletzenden Eingriffe des kurialen Regiments empfunden worden; war doch der Reichsverweser und vornehmste Erzbischof Heinrich von Mainz zusammen mit dem von Köln ohne weiteres suspendiert worden, als er dem päpstlichen Rufe zum Konzil nach Rheims wegen dringender Geschäfte nicht entsprochen hatte! Wurden auch in diesen und ähnlichen Fällen durch rechtzeitiges, reuiges Nachgeben ernstere Folgen vermieden, so blieb doch eine tiefe Mißstimmung bei den Betroffenen zurück, und der Boden ward so allmählich bereitet für einen erneuten Zusammenschluß von Krone und Episkopat im Sinne der alten Verfassimg. Auch Konrad III., der in den reichskirchlichen Rechts- und Machtfragen durchgängig ein noch schwächlicheres Entgegenkommen gezeigt hatte, als selbst sein Vorgänger, hatte jetzt doch, namentlich unter dem Eindruck der so ganz anders gearteten Verhältnisse von Byzanz, wenigstens Anwandlungen, in denen es ihn gelüstete, wider den päpstlichen Stachel zu locken» Aber er vermochte seine Vergangenheit nicht mehr abzuschütteln j er fühlte sich überdies krank und schwach und war tief gebeugt durch den vorzeitigen Tod seines hoffnungsvollen Sohnes, des jungen Königs Heinrich (1150); der einzige Erfolg seiner Regierung, die Sicherung der Kxone für sein Haus, ward dadurch zunichte I Konrad trug den Namen seines Ahnherrn, des ersten Saliers; aber seine Art imd seine Schicksale erinnern nicht an ihn, sondern an das verzweifelte imd völlig erfolglose Ringen des ebenso ritterlichen und liebenswürdigen Konrad I., und wie dieser vollbrachte auch er die einzige große Tat, für die ihm die Dankbarkeit Deutsch- — t, ^) Vgl. über ihn O. v. Heinemann, A. d. B. 1864 und Krabbo, Forsch. brand. u. preuß. Gesch. 19, 37ifi« § lo. Die Anfiinge Friedrichs (1152 I. — 1157). II5 dem Sterbebette. Es mochte ihm schwer genug werden, als er sein siebenjähriges Söhnchen Friedrich tiberging imd seinen schon gereiften imd bewährten Neffen Friedrich von Schwaben durch Übersendung der Reichsinsignien als den erwünschten NachDarin lag Rettung, falls die Wahl der Fürsten folger bezeichnete. mit seinem Wimsche ziisammentraf; denn für die beiden großen Aufgaben, die des neuen Herrschers harrten: die Beseitigung des staufisch-welfischen Zwiespalts in Deutschland imd die Zurückdrängung der päpstlich-kirchlichen Übermacht in Europa war kaum lands gebührt, auf eine geeignetere Persönlichkeit denkbar als Friedrich Barbarossa. § 10. Die Anfängre Friedrichs I. (1152—1157). Weniger die Richtimg und Ergebnisse von Friedrichs nicht eben schöpferischer Politik haben ihm im Andenken des deutschen Volkes einen Platz gleich hinter Karl d. Gr. verschafft, als seine heldenhafte Persönlichkeit, der vollkonmienste Ausdruck des deutschen Rittertums in seiner höchsten Blüte. Eben das Typische seines Wesens, das die höchsten weltlichen Zeitideale verkörperte, bedeutete nicht etwa Schwäche, sondern durch Verminderung der Reibungen eine Verstärkimg der Wirkungskraft. Auch starke, Kämpfe haben innere und diese Wucht kaum je gemindert. Selbstsicher Leben bis an die Schwelle der dreißig durchgestürmt, frühzeitig gereift und fertig. Schon in der äußeren Erscheinung, der mittelgroßen, ebenmäßigen Figur, der modischen Tracht des rötlichblonden Haares und Bartes, der stetigen Heiterkeit seines Gesichtsausdrucks, entsprach er mehr dem neuen Rittertatenfroh hatte er sein der ungeschlachten Kraftgestalt altgermanischer Recken. in Bildung und Wesen! Ohne Anwartschaft auf den Thron unliterarisch erzogen, so daß er beim Verkehr mit Fremden stets des Dolmetschers bedurfte, hatte er doch für deutsche Dichtung, Geschichtschreibung und Baukunst förderndes Interesse, gewann, durch Personengedächtnis und natürliche Redegabe unterstützt, leicht die Herzen, beherrschte völlig die höfischen Formen und hielt vor allem streng die Krone der Zucht, die vielgepriesene ideal, als Noch mehr inne. Weim er im Kriege, der „lustigen Jagd", diese Grenze unser Gefühl gelegentlich überschritten zu haben scheint, am Feldstreit selbst eine wilde Freude zeigte, einen leichten Kampf gegen Mittelitaliener eüimal verächtlich Knabenspiel, nicht Männer- „mäze" für Niederzwingung von Rebellen auch grausame Mittel, wie vor Crema die Anheftung der Gefangenen an die Belagerungswerkzeuge zu deren Schutz, nicht verschmähte, so dachten die ritter- arbeit naimte, zur 8* 1 1 n. Die Ö liehen Zeitgenossen Zeit der Staufer* da doch anders. Und so lichkeit, die daß er etwa beim Brande eines Belagerungswerkes selbst oder bei Eilmärschen seine Mahlzeit im sondern auch trefflicher Heeresorganisator und Löscharbeit Sattel war nicht nur und zäher Unermüd- Friedrich persönlich von zugreifender Unerschrockenheit leitete einnahm, kühner, umsichtiger Feldherr. Im Mittelpunkt seines Vorstellungskreises aber stand die Idee der Gerechtigkeit, der Leitstern seines Handelns, die Hauptquelle seiner furchtgebietenden Stellung heit. und seiner volkstümlichen Beliebt- Als Richter kannte er kein Ansehen der Person und keine am Krönungs- verwandtschaftliche Rücksicht; selbst eine Begnadigung ihm als eine Verdunkelung der Gerechtigkeit. Fest das Recht fußend, hat er alle großen Erfolge seiner Politik errungen; denn was er andern zubilligte, nahm er auch für sich und das Königtum voll in Anspruch. Kein noch so alter Rechtstitel, den er nicht hervorgeholt und unbekümmert um jeden Widerstand verfochten hätte, s^e doch ein Vertrauter von ihm, er habe Wie mußte nicht völlig gelernt, auch seine Feinde zu lieben. solcher Rechtskampf der deutschen Kronmacht zustatten kommen! Und auch in der europäischen Politik verlieh ihm dies Rechtsgefühl eine ungebrochene Frische und Schwungkraft. Über alle Rückschläge hinweg, nicht ohne überraschende Schwenkungen, aber stets großzügig und rastlos, hat er in langer Regierung sein politisches Ansehen, je ausschließlicher er selbst den Ton angab, um so mehr zu steigern verstanden, bis der greise Held von der vollen Höhe plötzlich entrückt ward, und der Glanz seines Andenkens nun die trüberen Tage seiner Regierung völlig überflutete, i) Die Einmütigkeit seiner Wahl (4. März 1152) erklärte sich dadurch, daß er, der von Konrad III. designierte Staufer, zugleich durch seine Mutter, die Schwester Heinrichs des Stolzen, nächster Anverwandter des Weifenhauses war und die babenbergische Politik seines Vorgängers keineswegs gebilligt hatte. So verband er in der Tat wie ein „Eckstein" die auseinanderstrebenden Wände des Reiches tage erschien auf und bot Darauf allein ist den ersehnten friedlichen Ausgleich. den ersten Jahren sein heißestes Bemühen In diesem Entgegenkommen gegen bisher be- Aussicht auf denn auch gerichtet gewesen. in ') Für eine abschließende Geschichte Fs. I. fehlen noch die Vorarbeiten, die Neubearbeitung der Böhmerschen Regesten, die ScheEFer-Boichorst unfertig hinterließ, und die Ausgabe der Urkunden. Von den Darstellungen ist die von Prutz (3 Bde. 187 1 74) kaum noch zu brauchen, weitaus am besten die — von Giesebrecht im u. 6. Bde., die in manchen, aber nicht erheblichen 58 überholt ist durch die StoffzusammenEinzelheiten für die Jahre 1152 fassung von Simonsfeld, Jahrb. d. d. Reiches imter Friedr. I. 1908. 5. — § lo. Die AoBinge Friedrichs I. (1152 — 1157). 117 Laiengewalten gemahnen seine Anfänge an die dieser in Bayern geradezu eine landesherrliche Gewalt hatte dulden müssen, so gestand Friedrich seinem Vetter Heinrich dem Löwen jetzt seine weitgehenden Hoheitsansprüche über seine transalbingischen Slawenlande samt der Bischofsinvestitur zu imd erkannte insbesondere auch sein Recht auf das bayrische Herzogtmn an (1154). In mühevollen weiteren Unterhandlungen mit dem dadm-ch hart betroffenen Babenberger Heinrich hat er d?nn endlich einen beiderseits befriedigenden Ausgleich erzielt kämpfte starke Heinrichs Wie I. (1156). Durch gänzliche Abtrennung von Österreich wurde Bayern abermals verkleinert und dadurch vollends zu einem iimerdeutschen Trotz dieser Einbuße blieb die nvm vom Reiche anTerritorium. erkannte Machtstellimg des Weifen gewaltig genug imd für die Krone in der Folgezeit nin- dadurch erträglich, daß Kaiser und Wege nach Südwest imd Nordost daher eine Weile freundvetterlich fördern konnten, Heinrich dinch Teilnahme an den Romzügen, Friedrich durch gelegentlichen Druck auf die geistlichen imd weltlichen Großen Sachsens, von denen Albrecht der Bär sich eben damals in dem neuerworbenen Slawengebiet seiner Maik Brandenburg eine landesHerzog bald einschlugen völlig xmd Stellung herrliche getrennte sich ähnlich schuf, derjenigen Heinrichs d. L. in Transalbingien. Auch Bayern galt es die andern Bewerber vmi das HerzogHerzog Weif VI. war schon früher (1152) dadurch gewonnen, daß Friedrich ihm, anknüpfend an die von Lothar begründeten italienischen Ansprüche des Weifenhauses, Tuszien, Spoleto und das mathildische Gut zugestanden hatte. Der Babenberger Heinrich wurde erst jetzt nach längerem Streben zufriedengestellt, indem ihm für das neugeschaffene Herzogtum Österreich ganz einzigartige Vergünstigungen verbrieft wurden, die auch hier, wie auf dem gesamten östlichen Kolonialboden des Reiches die tum in abzufinden. Entwicklung zur Landesherrschaft beförderten.^) Der dynastische Anspruch auf das Herzogtum wurde in weitestem durch Mitbelehnung von Heinrichs Gemahlin, weibliche Erbfolge und Verfdgungsrecht bei erbenlosem Tode; die herzogliche Regierungsgewalt gestärkt durch den Ausschluß jedes fremden Gerichts; endlich die Abhängigkeit vom Reiche gelockert durch Beschränkung der Leistungen: der kriegerischen Beihilfe auf die Österreich benachbarten Gebiete und der HoftagspBicht auf die Tage in Bayern. Die verfassungsgeschichtlich so überatu ') Umfange sichergestellt wichtige Urkunde Friedrich« v. 17. Sept. I156, das sog, „Privilegium minus** M. G. Const I, 220 und bei Erben. Seine Echtheit ist dargetan durch die Untersuchungen von Wattenbach, Ficker u. Huber. Der Versuch von Erben, D. Privilegium F. I. t d. Herz. Ost (1903), spätere Interpolationen Herzog Friedrichs d. Streitbaren aus der Zeit von 1243/44 in der Urkunde nachzuweisen, hat nur zu noch sicherer Erkenntnis ihrer völligen Echtheit ge- vgl. 1 1 n. Die 8 Zeit der Staufer. Die Krone hatte nach beiden Seiten Opfer gebracht, um den Die Anfänge Friedrichs von heute auf morgen Es galt durch kluge Schwäche in Macht verwandeln können! Rücksichtnahme auf die Fürsten, auf deren Wunsch er etwa Heerfahrten gegen Ungarn und Burgund aufgab, erst einmal Boden zu gewinnen. Und schon machten sich die errungene Einheit vmd kräftigere Leitung nach außen geltend; im Norden und Osten gewann das Reich seine vorherrschende Stellung zurück. Polen wurde in rascher Heerfahrt zu vorübergehender Unterwerfung gezwungen (1157), Pommern ihm abgewandt und Schlesien an deutschfreundliche Fürsten gebracht. An dem abermals und nun dauernd zur Königswürde (1158) erhobenen Böhmenherrscher gewann Friedrich einen treuen Mitarbeiter und zu seinem zweiten Römerzuge selbst von Ungarn kriegerische Beihilfe. Aber auch im Innern Deutschlands war das Königttmi Barbaersehnten Frieden im Reiche herzustellen. waren mühselig genug. Wie hätte sich rossas trotz ziller anfänglichen Vorsicht des Auftretens entfernt nicht jener „Schemen", als den von Sybel es dargestellt hat. Noch bestand eine Fülle königlicher Rechte, die den Träger der Krone, wenn er sie zu nutzen verstand, den Fürsten gegenüber hoch hinaushob über die Stellung eines „ersten unter gleichen". Und Friedrich war der Mann, sie wahrzunehmen! Als ein lunsichtiger Haushalter begann er sogleich den unmittelbaren Kronbesitz zu sammeln und nach allen Seiten auszudehnen. Von dem Kern seiner schwäbischen Hausgüter aus reichte nordöstlich bald eine nahezu geschlossene Kette königlicher Besitzungen über Nürnberg und Eger bis ins Vogtland. Westlich schuf Friedrich zwischen dem mittelrheinischen und der burgenbeherrschten oberrheinischen Tiefebene der staufischen Macht einen neuen Stützpvmkt, indem er die Rheinpfalz seinem Stiefbruder Konrad übertrug (1156). Und vom Elsaß griff er noch weiter nach dem Südwesten aus; denn nach Scheidung seiner ersten kinderlosen Ehe vermählte er sich 1156 mit der Erbin der Grafschaft Hochburgimd, Beatrix, die mm die Stammmutter aller späteren Staufer wurde. Der immittelbare Besitz, den sie ihm zubrachte, war höchst bedeutend, und daran anknüpfend, wußte Friedrich, der den Einfluß des burgundischen Rektors Berthold von Reichsbesitz Zähringen ostwärts auf die schweizerischen Gebiete abzulenken verstand, hier nun allenthalben alte Reichsrechte, die ein volles Jahr- fuhrt Zur Orientierung vgl. Simonsield, Jahrb. F. I., S. 468 flf., 709 fif. Das früher fiir echt gehaltene „Privilegium maius" mit noch viel reicheren, aber stark anachronistischen, erst durch die Goldene Bulle von 1356 erklärlichen Zugeständnissen hat sich als Fälschung Herzog RudolfJs IV. von 1358/59 herausgestellt. § lo. Die Anfange Friedrichs I. (1152 — 1157). ng hundert geruht hatten, wahrzimehmen. So erwarb er Burgund dem Reiche gewissermaßen zum zweiten Male. Lockend öfftiete sich ihm von dort ein neuer Alpenweg nach Oberitalien, imd die Zahl der kriegerischen Kräfte, die dem Herrscher namentlich in den ebenso verwaltimgskundigen, wie kampfesfrohen Reichsministerialen zur Verfügimg stand, schwoll erheblich an durch den Zuwachs der Tausende von neuen burgundischen Vasallen seiner Gemahlin. Aber das deutsche Königtum war ja damals noch keineswegs ausschließlich angewiesen auf seine tmmittelbare Hausmacht; noch hatte es die in alle Territorien eingreifenden Regalien nicht gnmdsätzlich aus der Hand gegeben, es gehörte nur zvmi Rechte die Persönlichkeit! Wie verständnisvoll und energisch Friedrich auch hier seine Königspflicht erfüllte, bewies schon in diesen Jahren die Befreiung der Mainschiffahrt von unrechtmäßigen Zöllen (i 1 55). *) Auch das Königsgericht wmrde durch seine strenge und gerechte Handhabimg wieder zu einer geachteten und gefürchteten Macht im Reiche; selbst die angesehensten Fürsten bekamen es zu fühlen, daß eine Verletzung der Reichskriegspflicht ebenso unnachsichtig bestraft wurde, wie der Friedensbruch. An die Bestrebungen Heinrichs IV. anknüpfend, hatte Friedrich, wie es scheint*), schon bald nach seiner Erhebvmg ein allgemeines Landfriedensgesetz erfassen, welches die Normen aufstellte, die freilich erst durch einzelne beschworene Provinzialfrieden tatsächlich Geltung erlangten, aber immerhin den Keim einer neuen Reichsgesetzgebimg bildeten. Die Wirkung solcher Bestrebungen, gesteigert durch den Ausgleich mit den Weifen, war bald genug zu spüren; nach allem Elend der letzten Zeiten konnte ein Annalist schon ziun Jahre 1157 vermerken: „Fülle des Friedens". Das bedeutsamste Moment für die Neukräftigimg des deutschen Königtums war indes, daß es gelang, die alte, von Otto d. Gr. gelegte, aber schon halb zerstörte Regierungsgrundlage zimi großen Teile wiederherzustellen: die enge Verbindung von Krone und Episkopat.') Friedrichs Rechtssinn begegnete sich hier mit der Zeitströmung. Die Worte, die ihm ein späterer Chronist in den Mund legt: den Zugeständnissen der früheren Kaiser bezüglich der Bischofseinsetzungen werde er Rechnung tragen, da sie es so gewollt hätten; den Rechtsbestand aber, den er noch vorgefunden, ^) Für die energische Wahrnähme der Regalien durch Friedrich vgl. im übrigen R. Scholx, Beitr. x. Gesch. d. HoheiUrechte d. deuUchen Könige c 1S96. Zeit d. ersten Staufer. ») Vgl. über die Streitfrage Simonsfeld, Jahrb. S. 59 ff., 6745. ^ Über Friedrichs Stellung zur deutschen Kirche vgl. das gründliche, aber in einigen AufHassungen etwas su künstliche Buch von Wolfram, F. I. u. d. Wormser Konkordat 1883. Dazu Hauck, F. Barb. als Kirchenpolitiker, Lps. Rektoratsredc 1898; D. Schäfer, Z. Bciurt. des Worms. Konk. S. 6off. ^ 120 ^'c Zeit der Staufer. ^), könnte er immerhin gesprochen haben. Dieser Rechtsbestand war nach deutscher Art nirgends ausdrücklich aufgezeichnet; er war das Gewohnheitsrecht, das in einigen wichtigen Streitpunkten durch die Abmachungen des Wormser Kon- halte er mit Zähigkeit fest kordats 2) abgewandelt worden war. hatte es die Neigung, Wie Gewohnheitsrecht alles dem Drucke von Macht und Persönlichkeit nachzugeben. War in den letzten Jahrzehnten das deutsche Königtum der weichende Teil gewesen, so wurde diese Bewegung unter Friedrich rückläufig. Er nutzte jede der Krone noch verbliebene Handhabe, tun ihr tatsächlich den maßgebenden Einfluß auf die Besetzung der Bischofsstühle zurückzugewinnen. Hatten die beiden letzten Herrscher auf die kirchlichen Bedenken gegen die dvurch die königliche Gegenwart hervorgerufene Beeinträchtigimg der Wahlfreiheit Rücksicht genommen über das Konkordat hinaus, so wußte Friedrich meist schon bei der Aufstellimg des Bewerbers seinen Willen nachdrücklich zur Geltung zu bringen. Kam es gleichwohl zur Doppelwahl, so pflegte er rücksichtslos und nicht immer im Einklang mit dem Geiste des Konkordats einzugreifen und seinem Kandidaten dm-ch eine Neuwahl die Anerkennung zu verschaffen. So trug er gleich im Beginn mit der Einsetzung des Erzbischofs Wichmann von Magdeburg einen eindrucksvollen Erfolg über die widerstrebende Kurie davon (1153). Bald tat er noch einen Schritt weiter und ließ sich von den Fürsten für solche Fälle den Anspruch bestätigen, mit Übergehung beider Bewerber von sich aus einen beliebigen mm — Dritten einzusetzen (das sog. Devolutionsrecht). Den in letzter Zeit Bestrebungen der Kurie, ihren Einfluß an die Stelle des königlichen zu setzen, trat er erfolgreich entgegen, indem er den weltlichen Mitgliedern der Wahlkörper die Stimmberechtigung wahrte') imd Appellationen nach Rom hemmte. Streng hielt er darauf, daß erst die königliche Investitur den Erwählten in den Genuß der Regalien setze, und daß sie der Weihe voranzugehen habe.*) Den Mißbräuchen, die sich in dieser Hinsicht in der Salzburger Kirchenprovinz imter Duldung der Krone eingeschlichea zutage getretenen V. Lübeck III, 18 mit Bezug auf das Spolienrecht. weil noch die ganze Rechtsentwicklung mündlich war, kannten schon nach einer Generation nicht einmal Nächstbeteiligte, wie Bischof Otto V. Freising, mehr den genauen Inhalt des Konkordats. •) Über die gegenteiligen Bestrebungen der Kurie vgl. v. Below, D. *) Arnold ') Eben Entstehung Wahlrechts der Domkapitel 1883. Friedrich diese Reihenfolge entgegen den Konkordatsbestimmungen auch für Italien und Burgund durchzusetzen versucht habe, wie Wolfram a. schwerlich richtig, a. O. und Zeitschr. f. Kirchengesch. 8 meint, ist doch wenn er auch während des Kirchenstreits die Investitur gelegentlich not*) d. ausschließl. Daß § lo. Die Anfange Friedrich» I. (1152— 1157). 121 hatten, trat er sofort mit aller Schärfe entgegen; der Bischof Hartwich von Regensburg wußte (1155) ein Lied davon zu singen. Wie Friedrich die Bischöfe betrachtete, so zog er die in erster Linie als Reichsfordenmgen Reichsbeamte kräftig an. Unnach- man das unter seinen Vorgängern gewohnt gewesen war, nutzte er das Regalien- und Spolienrecht^), ohne daß zimächst Klagen darüber verlautet wären. Vielmehr vollzog sich die Umgestaltung des hohen Klerus ganz in Friedrichs Sinne und merkwürdig schnell. Der Tod Bernhards von Clairvaux (1153) bedeutete den endgültigen Abschluß der durch ihn gekennStatt von Pietisten seiner Richtung wuj-den zeichneten Epoche. sichtiger und regelmäßiger, als nun eingenommen von weltlichgesinnten, Verwaltungsmännem, geschäftskundigen Politikern imd Diplomaten, die womöglich aus der königlichen Kanzlei hervorgegangen waren und sich mehrfach sogar im Felde als treffliche Heerführer bewährten. Der religiöse Geist und die Hingabe an die kirchlichen Ideale waren nicht mehr ausschlaggebend für die Auswahl. Männer wie der Propst Gerhoh von Reichersberg vereinsamten mehr imd mehr im höheren deutschen Klerus, aber auch jene ängstlichen imd schwankenden Vermittlungsnaturen wie Wibald In ihrer von Stablo (t 1158) gerieten bald ins Hintertreffen. Selbständigkeit von den absolutistischen Bestrebungen der Kurie weit mehr bedroht, als von dem deutschen Königtxmfi, scharten sich die Bischöfe freudig um den jungen Herrscher, dessen selbsteine stolze Reihe bewußte Kraft ihnen den Rücken steifte, die deutschen Bischofssitze praktischen — hochgemuter, weltfreudiger, feingebildeter, tatenlustiger, vaterlandsliebender Männer! Auch manchem jener maßvollen älteren Prälaten, die geteilt und sorgenvoll die Konflikte der letzten schweren doch das Herz auf unter dem Otto von Freising, der noch vor kurzem den Trübsinn seiner eignen Seelenstimmung in der Weltgeschichte widergespiegelt fand, pries nun in seinen „Taten Friedrichs" (1157/58) den Friedenspender, der nach finsterer, regnerischer Nacht die Frische eines heiteren Morgens wieder heraufZeiten durchkämpft frischen hatten, ging Hauche der neuen Zeit geführt habe. gedrungen ohne vorhergegangene Weihe erteilt hat, vgL die Götting. Dissertation Ton Reese 1885; Bresalau, Aufgaben mittelalt Quellenforschung, Straflb. Rekt.rede 1904, S. 29. *) D. h. die Einziehung der Bistumscinkiinfte während einer Vakanz und dea beweglichen Nachlasses eines verstorbenen Bischofs für das Reich: beides Übertragung von Bräuchen des Eigenkirchenrechts auf das Rcichskirchengut, auch das letztere zum mindesten keine völlige Neuerung Friedrichs, wie man wohl gemeint hat, sondern in den Anfiingen viel weiter, sicher in das II. Jahrh., surttckreichend. Für das Nähere ist auf die Verfiassungsgeschichte zu verweiacQ. ^- ^ic 122 Zeit ^C' Staufer. Konnte dieser Friede der Kurie gegenüber von Dauer sein? Eine Weile ward er noch durch die Gemeinsamkeit der italienischen Eugen III. sah sich nach wie vor Interessen aufrecht erhalten. auf die deutsche Hilfe gegen die aufständischen Römer und feindFriedrich war umso mehr bereit, lichen Normannen angewiesen. sie zu leisten, als er nach der Kaiserkrone verlangte. Sie aus den Händen der römischen Revolutionäre zu nehmen, die ihm dies Anerbieten in stolz-überlegenem Tone machten, daran dachte er nicht entfernt; er hielt hier wie stets an dem historischen Rechte fest und konnte die Krönung ja auch vom Papst als Gegengabe erwarten. Kurie und Königtum waren endlich gleichmäßig daran interessiert, eine erneute Festsetzimg der Griechen in Italien unter dem ehrgeizigen Kaiser Manuel zu verhindern. Diese beiderseitigen Wünsche fanden ihren Ausdruck in dem Konstanzer Vertrage von Ein baldiger Romzug sollte dem Papste Sicherheit gegen 1153. seine römischen und normannischen Feinde, dem deutschen König die Kaiserkrone und die geistliche Hilfe der Kvuie gegen alle Reichsfeinde bringen. Eugen III. erlebte das Unternehmen nicht mehr (t 1153), aber auch seine Nachfolger hielten an dem Vertrage fest Friedrichs erster Romzug (1154/55) nahm noch keinen glänzenden Verlauf luid konnte in Zielen imd Ergebnissen wohl an die erste Romfahrt Lothars erinnern. Bei den damals noch unausgeglichenen deutschen Gegensätzen bestand das kriegerische Auf- gebot nur aus 1800 Rittern. Gleichwohl verriet das Auftreten des Königs ein lange nicht mehr gekaimtes, stolzes Selbstbewußtsein. In der Lombardei klangen bereits vernehmlich die Motive des künftigen großen Dramas an: das an Lothar anknüpfende Lehensgesetz mit seiner gegen die städtischen Aneignungen gerichteten rückwirkenden Kraft, feindliche Reibvmgen mit dem trotzigen Mailand, die zur Belagerung und Zerstönmg seiner Bundesgenossin Tortona, ziun schützenden Eintreten für seine vergewaltigten kleinen Nachbarn führten, endlich in Bologna die freundschaftliche Anknüpfung mit den gelehrten Vertretern des zu neuem Leben erweckten römischen Rechts. Noch fehlte zur Durchführung des bereits klar erkennbaren Programms die Macht. Auch Rom gegenüber war es sehr zweifelhaft, ob man mit den unzulänglichen Streitkräften auch nur den zur Krönung nötigen Eintritt erzwungen haben würde, wenn nicht kvuz vorher ein Umschwung zugunsten der Kurie erfolgt wäre. Der Wechsel der Zeitströmung ergriff auch das Papsttum und führte tatkräftige Politiker an die Spitze der Kirche. Hadrian IV. (11 54 59), bis heute der einzige Engländer auf dem — § lo. Die Anfange Friedrichs I. (1152 — 1157). 123 päpstlichen Stuhle, war eine energische Persönlichkeit, aus tiefstem Elend durch eigne Kraft emporgesti^en bis zum Kardinalat, dann erfolgreich bemüht um die selbständige Gestaltung der norwegischen Kirche, als Papst gegenüber dem Aufschwung der weltlichen Mächte überzeugt von der Notwendigkeit eines Zurücklenkens in die gre- Bahnen, zu schrofferen Maßnahmen imd schärferer Tonart geneigt, werm auch durch Widerstände im Kardinalskolleg Hinter ihm stand, wie Hildebrand hinter Aleöfter gehemmt. 1) xander II., als sein Hauptberater der Kardinal Roland, aus Siena gorianischen von hervorragender Begabung und Bildung, eine Zeitlang hochgeschätzter Lehrer des Kirchenrechts in Bologna, jetzt als päpstlicher Kanzler mit allen Geschäften vertraut, feurig und schcU^, von raschem Entschlüsse und nachhaltiger Kraft, der Führer der vor- gebürtig, wärtsdrängenden Kardinalspartei. Ihr gelang alsbald ein erster bedeutender Erfolg: durch das der auf die Pilgerscharen angewiesenen Stadt gegenüber noch nie angewandte Mittel des Interdikts erzwang Hadrian von den Römern die Ausweisung Arnolds von Bresda (Anf. 1155), seines Hauptgegners. Volle Einmütigkeit zwischen Kvirie vmd Rom war gleichwohl nicht zu erzielen, und vom Süden her schien die äußerste, Gefahr noch zu wachsen, als nach dem Tode Rogers II. (1154) Sohn Wilhelm I. ob der Verweigerung des Königstitels den Friedrichs Eingreifen blieb Krieg gegen den Kirchenstaat begann. Als er sich jetzt Mittelitalien zuwandte, also dringend notwendig. zeigte er dem Papste zunächst seinen guten Willen zur Durchführung des Konstanzer Vertrages, indem er den an die tuszische Grenze geflüchteten Arnold gefangen nehmen und dem päpstZur Hinrichtvmg lichen Präfekten von Rom überantworten ließ. durch den Strang verurteilt, erlitt der kühne Gegner des verweltlichten Papsttums standhaft den Märtyrertod und sicherte nicht zum wenigsten eben dadurch seinen Ideen weitere Wirkungssein kraft Führte nun dieser erste wertvolle Dienst, den Friedrich dem Papste geleistet hatte, zu ferneren herzlichen Beziehimgen? Es ist unmöglich, das tiefe Mißtrauen zu verkennen, das bei der ersten und drüben obwaltete. schon gleich im Beginn angedeutet hatte, als Friedrich sich mit der bloßen Wahlanzeige an den Papst begnügte und daim doch die unerbetene Approbation erhielt, das wiederholte sich jetzt in schrofferen Formen, als der König den ihm unwürdig erscheinenpersönlichen Zusammenkunft in Sutri hüben Was sich *) Haucks Versuch, ihn als schwankenden, widerspruchsvollen Schwichlin|: vgL Hist. Zeitschr. 93, 413. hinzustellen, erscheint mir recht unzutreffend, IL Die 124 Zeit der Staufcr. Stallmeisterdienst des Steigbügelhaltens \md Roßführens^) dem Papste weigerte und erst nachgab, als die älteren Reichsfürsten das Gleichwohl wurde die Kaiserkrönung als Herkommen bezeugten. in der Leostadt glücklich vollzogen (1155); das eigentliche Rom aber behaupteten die von Friedrich schroff abgewiesenen Römer in umso heftiger entbrennender Feindseligkeit. Nim geschah das Unerwartete: ohne auch nur einen ernstlichen Versuch zur Durchführung des Konstanzer Vertrages zu machen, obschon die inneren Wirren Siziliens wohl zu einem Angriff hätten locken können, führte Friedrich gegen seinen eigenen Wunsch auf das dringende Verlangen der Fürsten und drohende Mahnungen der italischen Sommerhitze sein Heer nach Deutschland zurück. Damals rettete ihn beim Diu-chzug durch die Veroneser Klause die Tapferkeit des Pfalzgrafen Otto von Witteisbach aus gefährlicher Lage. Rein sachlich waren für Friedrich die Ergebnisse der Romfahrt: der Gewinn der Kaiserkrone vmd eine gründliche Kenntnisnahme der ober- und mittelitalischen Verhältnisse, mit dem bescheidenen Einsatz verglichen, noch immer zufriedenstellend; weniger unter dem Gesichtspunkte seines Ansehns, am wenigsten, soweit Konnte man es ihr sein Verhältnis zur Kurie in Betracht kam. den verdenken, wenn sie in tiefer Verstimmung nun mehr und mehr ihrerseits den Kon- üeß? Zunächst versuchte sie noch, die durch eine schwere Erkrankung des Herrschers überaus mißlichen Zustände Siziliens im Zusammenwirken mit den Dann aber, als WilGriechen zu eigner Eroberung auszunutzen. helm I. gesundete und erstarkte, vollzog Hadrian, nur von einer Minorität der Kardinäle unterstützt, mit dem Vertrage von Benevent (1156) entschlossen die große Schwenkvmg der päpstlichen Politik, stanzer Vertrag fallen Er erkannte Wilhelm als seinen zinszahlenden Lehensmann im vollen Besitz seiner Königswürde und seines Reiches an, das er gegen jedermann zu verteidigen versprach, vmd gestand ihm im wesentKchen auch die schon von Roger beanspruchten Rechte über die sizilische Kirche, namentlich den maßgebenden Einfluß auf die EinDies einseitige, unter Nichtachtung aller Reichsansprüche auf Unteritalien geschlossene Abkommen stand zu dem Konstanzer Vertrag, auch wenn er es nicht ausdrücklich verGleichwohl war es bot, imzweifelhaft im schroffsten Widerspruch. müßig, über Treubruch zu klagen. Staatsverträge werden nicht auf Ewigkeit geschlossen! Die Voraussetzung, in dem neuen deutschen König, wie in seinen Vorgängern, ein gefügiges Werkzeug der kxirialen setzung der Bischöfe zu. mit der „konstantinischen Schenkung" wurde *) In Übereinstimmung der Dienst zuerst von Pippin, dann Ludwig IL, später von Heinrichs IV. Sohn Konrad und Lothar IIL den Päpsten geleistet. §11. Reaktionäre Politik unter Interessen zu hatte sich finden, g^^n einer Stütze d. Einfluß ihn. Da Reinolds T.Dassel nicht erfüllt; (i — 1*67). 125 bedurfte eher begreiflich, vom 157 man war die Schwenkving Standpunkt der päpstlichen Weltmachtpolitik vielleicht notwendig. Aber sie bedeutete, darüber konnte kaum ein Zweifel bestehen, den Bruch mit dem kaiserlichen Hofe. So ward sie auch dort verNoch war Alsbald setzte eine steigende Spannung ein. standen. die Möglichkeit in Rechnung zu ziehen, daß die starke kaiserfreundliche Kardinalspartei imter dem gegenwärtigen oder einem folgenden Papste die Oberhand gewinnen und einlenken möchte. Andernfalls war Friedrich zum Widerstände entschlossen; und da war es von hoher Bedeutung, daß er eben in diesem Augenblicke einen Helfer fand, der die Kraft Feindseligkeit lichen nötigenfalls und den Willen hatte, der päpst- auch mit wuchtigem Angriff zu begegnen. § Reaktionäre Politik unter dem Einflüsse Reinaids von Dassel (1167—1167). 11. Reinald von Dassel^), als zweitgeborener Sohn aus dem an der Weser ansässigen Grafengeschlecht früh zum Geistlichen bestimmt, erwarb sich auf den Schulen von Hildesheim und Paris seine theologisch-philosophische Bildung, wurde als Propst mehrerer Stifter seiner Heimat in die praktische Verwaltung eingeführt, dann von Friedrich auf den verantwortungsvollen Posten des Reichskanzlers gehoben (1156). Mit der wachsenden Spannung zur Kurie trat er jetzt in den Vordergrund der kaiserlichen Politik, als eine der glänzendsten Erscheinungen der gesamten deutschen Geschichte. Neben dem schwäbischen Kaiser stand hinfort die kräftiggedrungene Gestalt des blonden Niedersachsen, heiter imd diesseitsfreudig, umgänglich und zugleich literarisch und schroff, interessiert, in zugreifend den und freigebig, baulustig und Dichtungen der Schriften Alten ebenso bewandert, wie ergötzt durch die übermütigen Verse des von ihm geförderten Erzpoeten. Die reiche Begabung und den ungestümen Tatendrang seiner tmgebrochenen Kraftnatur stellte er ganz in den Dienst der kaiserIhm, dem klugen imd sprachgewandten Unterlichen Sache.') Biographic von J. Ficker 1850, seinerzeit eine sehr tüchEine heute in Auffassung und Einzelheiten zu übertreffen. Vorarbeit bieten die Regesten der Kölner Erzb. 11 (1901) von Knipping. Eine neue Biographic steht demnächst von einem meiner Schüler C. Schambach ') Die ältere tige Leistung, ist in Aussicht. *) Jiätten, Daß persönlicher Ehrgeiz und Eigennutz diese Hingabe beeinträchtigt wie noch Ficker annahm, ist schwerlich mehr haltbar. II' I^>c Zeit 126 der Staufer. händler, fielen die schwierigsten diplomatischen Missionen lu, dem durchgreifenden Organisator die bedeutendsten Verwaltimgsaufgaben; auch als Feldherr hat er sich trotz seiner geistFurcht und Zaudern waren ihm lichen Würden trefflich bewährt. fremd; die Gefahr reizte ihn zu oft verblüffender Kühnheit. Mit nur zehn Rittern hat er einmal eine Schar von etwa dreiimisichtigen, hundert Raveimaten überrumpelt vmd gefangen genommen, im entscheidenden Augenblicke griff er wohl persönlich in den Kampf ein. Kein Rückschlag vermochte ihn zu beugen, „von Tag zu Tage", sagt ein Chronist, „wuchs er über sich selbst hinaus", bis er aus leuchtender Höhe durch den Tod entrafft ward. Eben dies plötzliche Hinschwinden, das ihm die Enttäuschung des Abstiegs ersparte, kann uns leicht zu einem allzu günstigen Urteil über ihn verleiten, i) Daß sein Gesamteinfluß auf Friedrichs gewesen wäre, läßt sich doch nicht sagen. wird sich wohl nie mit Sicherheit feststellen lassen, wie stark dieser Einfluß gewesen ist, wie weit Reinald über die Stellung eines ausführenden Organs zum tatsächlichen Leiter der Politik emporwuchs. Schwerlich hat sich ein Herrscher wie Friedrich, wenn er auch seinem Kanzler gern einen freimütigen Ton gestattete, von ihm in der Weise vergewaltigen lassen, wie das kirchliche Gegner Volle Übereinstimmung wiederholt zu verkünden für gut hielten. in der politischen Gesamtrichtung wird unbedingt vorauszusetzen sein. An radikale Utopien, wie die kirchliche Losreißung Deutschlands von Rom hat Reinald sicher nicht gedacht. 2) Wie Friedrich, wollte er die noch verbliebenen Rechtstitel und Machtmittel des deutschen Königtums so kräftig anspannen, daß ihm womögüch die Stellung der Ottonen und ersten Salier zurückgewonnen würde, insbesondere durch eine Neukräftigung der deutschen Reichskirche, durch tatsächliche Beherrschung Italiens und politischen Druck auf Politik schlechthin günstig Freilich Immerhin hat sein stürmisches Temperament den das Papsttmn. Kaiser auf diesem Wege sicher weiter fortgerissen, als jener selbst gegangen sein würde, weiter, als eine vorsichtige Abschätzvmg der entgegenstehenden Hemmnisse erlaubt hätte. In seiner schrofferen Art hat er dann die eingeschlagene Richtimg mit gewaltsameren Mitteln verfolgt imd in seinem schrankenlosen Optimismus einen hochmütig-rücksichtsloseren Ton angeschlagen, als taktisch nützlich Und als lieb sein mochte. war imd seinem Herrn im einzelnen So etwa neuerdings Hauck. Diese noch von Ficker geteilte Annahme stützte sich auf Briefe, die den Plan erörtern, den Erzbischof Hillin von Trier als deutschen Papst aufaustellen, die aber von Jafif6, Arch. f. öst. Gesch. 14 seitdem als Stilübungen *) ^) erwiesen sind. §11. Reaktionäre Politik unter d. Einflufl Reinaids r. Dassel (115 7 — 1167). 127 die Gegenwirkung immer mächtiger anschwoll, das gregorianische Papsttxmi in der Verteidigung seiner Unabhängigkeit an der natio- nalen Empfindlichkeit Westeuropas und dem Freiheitsdrang der lombardischen Städte die kräftigsten Stützen fand, hat er Friedrich, der ohne ihn in seiner maßvolleren Weise vielleicht eingelenkt haben würde, mit seinem zähen, niederdeutschen Starrsinn bis an Niemand weiß, festzuhalten verstanden. der erfindungsreiche Geist des Kanzlers noch ersonnen hätte, um aus der bedenklichen Lage, die dvirch die römische Katastrophe von 1167 plötzlich enthüllt wurde, herauszukommen; aber die Erbschaft, die er seinem kaiserlichen Herrn hinterließ, war nicht beneidenswert. Bei dem allen ist freilich scharf zu betonen, daß Reinaids Politik ebensowohl Abwehr wie Angriff sein Ende welch' neue in der Bahn Mittel war, daß zwei Offensiven aufeinander stießen. Schon im Jahre 1157 kam es sancjon zu einem hitzigen Vorgefecht, i) auf dem Reichstage zu BeErzbischof Eskil von Lvmd, der sich in Rom imter Verletztmg der älteren bremischen Ansprüche den Primat über Dänemark und Schweden hatte übertragen lassen, war bei seiner Rückkehr auf burg\mdischem Reichsgebiet von ÜbelIn einem Beschwerdetätern überfallen und gefangen gehalten. schreiben Hadrians, das dem Kaiser in Besan9on von zwei päpstlichen Kardinallegaten, danmter Roland, überreicht wurde, war die Wendimg gebraucht, der Papst bereue trotzdem die Übertragung der Kaiserkrone an Friedrich nicht und würde sich sogar freuen, wenn er ihm noch größere Benefizien verliehen hätte. Man kannte bei Hofe zur Genüge die seit Gregor VII. auf Lehenshoheit über das Kaisertum gerichteten Weltherrschaftswünsche der Kurie, wie sie auch in jenem Lateranbilde ihren Ausdruck fanden, das Kaiser Die Gespanntheit Lothar als Lehnsmann des Papstes darstellte. der Lage und das selbstbewiißte Auftreten der Legaten schienen keinen Zweifel daran zu lassen, daß die Zweideutigkeit des Ausdrucks „Benefizien" beabsichtigt war. So verdeutschte ihn der Kanzler Reinald nicht mit dem harmlosen Worte „Wohltaten", sondern mit dem inhaltschweren Begriff „Lehen" imd erregte dadurch auf dem Reichstage einen Sturm nationaler Entrüstvmg, in dem nur das Eingreifen des Kaisers das Leben der Legaten schützte.') Anstatt Reinaids Übersetzung sofort als irrtümlich zxuUckzuweisen, machte der Papst den Versuch, die deutschen Bischöfe in dem be- *) Vgl. ftlr das folgende die in einigen Punkten tu überholende Studie von Ribbeck, F. I. u. d. röm. Kurie 1157 59 (1881). nehmen auch Nituch und Lamprecht an, Reinald habe *) Mit Ficker durch entstellende Auslegung diesen Streit vom Zaun gebrochen, während etwa Reuter (s. S. 136) und Hauck der Kurie die ofEne Absicht des Bruches su- — 128 II- I>»« Zeit der SUufer. ginnenden Streite auf seine Seite zu ziehen. Aber schon zeigten sich die Folgen der von Friedrich in Angriff genommenen natio- Umwandlung des Episkopats; seine klugen Maßnahmen, die eine finanzielle Ausbeutung der deutschen Kirche durch die Legaten hinderten und Appellationen nach Rom an die bischöfliche Zunalen knüpften, verstärkten lassung Schliff und Wucht Reinaids diese Geist Stimmung. Meisterhafte, in und Feuerseele verratende Mani- feste Friedrichs wiesen die päpstlichen Anmaßungen schroff zurück. „An der Spitze des Erdkreises", so heißt es in dem einen'), „hat Gott durch das Reich die Kirche erhöht; an der Spitze des Erdkreises sucht jetzt die Kirche, nicht aus Gott, wie wir glauben, das Reich zu zerstören. Mit einem Gemälde begann es, Schriftzüge traten zura Gemälde, jetzt erstrebt man gar urkundliche Festsetzung. Das ertragen, das leiden wir nicht; eher legen wir die Krone nieder, als daß wir die Krone des Reiches zugleich mit unsrer Person so in den Staub ziehen lassen. Was gemalt ist, möge ausgelöscht, was geschrieben, getilgt werden, auf daß nicht zwischen Königtum und Priestertum ewige Denkmale der Feindschaft bestehen bleiben." Die volle Zustimmung der deutschen Bischöfe zu solchen Sätzen zeigte der Kurie, daß der Ausgangspunkt des Kampfes imglücklich gewählt war. Hadrian sah sich gezwungen, öl auf die Wogen zu gießen, indem er jetzt endlich den Worten seines ersten Schreibens eine harmlose Avisdeutung gab. Mit dieser diplomatischen Niederlage der Kurie ward der offne Bruch noch einmal hinausgezögert. Aber der Vorgang hatte nur die Gegensätze im Kardinalskollegium verschärft, die Zuversicht am kaiserlichen Hofe gehoben. Und zu den vorhandenen Zwistigkeiten traten jetzt neue, als der Kaiser entscheidend in die Verhältnisse der Lombardei eingriff. Dies Eingreifen Reichsgeschichte ist für den weiteren Verlauf der gesamten von höchster Bedeutung ge- unter den Staufem worden. Ist hier auch nicht der Ort, die verfassungsrechtlichen Fragen im einzelnen zu erörtern, so gilt es doch die großen Probleme scharf ins Auge zu fassen, welche die seit einem Jahrhundert vollzogene Entwicklung der oberitalischen Städte dem deutschen Herrscher darbot. Friedrich hatte sie auf seinem ersten Romzuge niu- eben streifen können, aber die Notwendigkeit einer umfassenden Ordnung eingesehen. Den nächsten Anlaß lu der neuen Unternehmung bot der ungebrochene Trotz des mächtigen Mailand, das, aller kaiserlichen Man wird vielmehr mit Prutz, Ribbeck und Simonsfeld einen verdeckten Vorstoß des Papstes und eine beabsichtigte Zweideutigkeit anzunehmen haben, die, wenn man sie hätte durchgehen lassen, fiir später einen .schreiben. -wertvollen Präzedenzfall geschaffen hätte. *) Rahewin, Gesta Frid. lU, 17. § 1 1. Reaktionäre Politik unter d. Einfluß Reinaids Mahnungen v. Dassel (i 157 — 1 167). ungeachtet, fortfuhr, seine wirtschaftliche, politische 1 20 und zu einer unerhörten Vergewaltigung der schwächeren Nachbarstädte zu mißbrauchen, ihren Handelswettbewerb zu vernichten, das eigne Gebiet vorzuschieben. In offner Auflehnung gegen den Kaiser war das von ihm zerstörte Tortona sofort nach seinem Abzüge wieder aufgebaut worden (i 155). Diese lastende Vormachtstellung Mailands zu brechen, war ein Gebot militärische Überlegenheit Gerechtigkeit und eine Vorbedingung für jegliche Neuordnung der lombardischen Rechtsverhältnisse. Seitdem der Vertrag von Benevent ein Unternehmen gegen Sizilien völlig untunlich gemacht hatte, wurde Mailand das Hauptziel der neuen Romfahrt (11 58 62). Pfalzgraf Otto von Witteisbach und der ausgleichender — der dadurch von vornherein als das treibende Element in Friedrichs Italienpolitik erschien, eilten nach Art der alten Königsboten dem Zuge voraus und bereiteten ihm durch kluge und kühne Maßnahmen allenthalben den Boden. Diesmal rückte der Kaiser mit einem starken Aufgebot von mehr als zehntausend Rittern, das sich durch lombardischen Zuzug noch erheblich verstärkte, geradeswegs auf Mailand los. Schon nach wenig Wochen hatte er den stolzen Triumph, die Konsuln der Stadt barfuß und die Schwerter um den HaJs gebunden vor Die starken Mauern hätten noch lange sich erscheinen zu sehen. Widerstand geleistet, aber Hunger und Krankheit mahnten zur Übergabe, solange sie noch unter leidlichen Bedingungen zu erreichen war. In der Tat schien der Vertrag einen befriedigenden Ausgleich zu bedeuten, da er dem Kaiser die wesentlichsten Hoheitsrechte, der Stadt ein gewisses Maß von Selbstverwaltung, selbst die freie Konsulnwahl zusicherte. Später freilich ergab sich, daß Friedrich Mailand war so diese Bedingungen nur als vorläufig betrachtete. auf den Stand der andern lombardischen Städte herabgedrückt, und das Haupthemmnis für eine allgemeine, durchgreifende Regelung der Verhältnisse beseitigt. An sie ging Friedrich nun mit seiner ganzen Gründlichkeit und seinem strengen Rechtssinn heran.') Es galt zunächst, die Summe dieser Reichsrechte, der ReReichskanzler selbst, festzustellen. Da kamen etwa in Betracht die Einsetzung der höchsten Beamten und der Bau kaiserlicher Pfalzen, die oberste •Gerichtsbarkeit und ein Anteil an Strafgeldern und Gütereinziehungen, außerordentliche Steuern und Leistungen für die Romfahrlen, und vor allem der ganze Umfang jener gerade für die hochentwickelten galien, der Städteverf. v. Italien 1847, mannigfach Reichs- u. Rechlsgesch. Italiens Bd. i u. 2. Giescbrccht auch die Dissertationen von Arras •) Vgl. C. Hegel, Gesch. -überholt durch Fickers Forsch, Fär die Kinzcllieitcn außer <i882) und Suhle (1S93). Hümpe , t. Deutiche KaiieiiK' schichte. q n. Die Zeit der 130 Staufer. Lombardei so überaus wichtigen Rechte, mit der Straßenhoheit und Verkehrsaufsicht in Verbindung standen, wie das Markt-, Zoll-, Münz- und Geleitrecht. Der weitaus größte Teil dieser Rechte war ja seit unvordenklichen Zeiten nicht mehr in unmittelbarer Verwaltung des Reiches, sondern ausgeliehen an Bischöfe und weltliche Feudalherren. Indem dann der Wirtschaftsverhältnisse der die Ausgang des Investiturstreites die italienischen Bischöfe zwar unabhängiger von der Krone machte, aber damit auch ihres Rückhalts beraubte, indem Jahrzehnte lang, insbesondere unter Konrad III., jedes Eingreifen des Königtxmis in die italienischen Verhältnisse aufhörte, wurden die aufblühenden Städte, die nun fast allenthalben gegen die bischöflichen Stadtherren ihre Autonomie unter selbstgewählten Konsuln erkämpft hatten, in weitem Umfang auch die Erben jener Regalien, nicht kraft rechtlicher Verleihung, sondern durch rechtlose Aneignung. Insofern also der Investiturstreit nicht zum wenigsten um den Einfluß auf Besitz und Rechte der Reichskirchen geführt worden war, blieb der Gegenstand in den folgenden Kämpfen der gleiche; nur die Besitzer hatten gewechselt. Aber wie jetzt im einzelnen den Bestand dieser Regalien ergründen? Die alten Privilegien waren großenteils zugrunde gegangen, neue nicht verliehen, alle Verhältnisse tiefgreifend verändert. Man bedurfte der Aufstellung fester Normen, und diese Aufgabe vor allem wurde den auf den Reichstag von Roncaglia^) geladenen vier berühmten bolognesischen Rechtsgelehrten übertragen, die nun mit 28 städtischen Richtern zu einer Kommission zusammentraten. So konnte man hier zum ersten Male handgreiflich den Einfluß des wiedererwachten römischen Rechts auf die praktische Politik wahrnehmen.') Es ist eine feine Bemerkung Rankes, daß „die spekulative Entwicklung der Theologie, indem sie sich dem Papst- tum entgegensetzte, eine politische Wirkung zugunsten der lichen Freiheit hatte, die juristische Wissenschaft dagegen die öffent- Macht des Kaisertvuns in seinem Gegensatz gegen Papsttum und Bürgertum begünstigte". In der Tat lernte man in dem großen Rechtsbuche Justinians den Begriff einer durch keine geistliche NebenDie neueren Forschungen scheinen doch zu ergeben, daß dies Ronwie man früher annahm, am rechten Poufer, östl. von Piacenza,. zu suchen ist, sondern nordwestl. von Piacenza, nördl. vom Po. So im Anschluß an die Untersuchungen von Agnelli namentlich Güterbock, Quell, u. Vergl. auch die Berliner Diss. von Forsch, aus ital. Arch. etc. 9, 197 ff. Fliedner 1906. Widersprechend Simonsfeld S. 202, 249. Vielleicht aber bezog^ sich der Name auf die ganze Gegend nördl. und südl. vom Po, aufwärts und abwärts von Piacenza; vergl. Holder-Egger, Neues Arch. 32, 527. ') Vergl. die trotz einiger Überschätzung lehrreichen Zusammenstellungen in der Hallenser Diss. von Pomtow 1885. *) caglia nicht, § II. Reaktionixe Politik unter d. Einflufi Reiiulds T.Dassel (i 157 — *^67). i?i gewalt eingeschränkten, absoluten und geheiligten Majestät kennen, dem germanischen Königtum fremd war. Friedrich I. konnte ganzen Vergangenheit und Rechtsanschauung kaum anders, als ihn für seine Person abzulehnen. Wenn Rahewin ihn in Roncaglia sagen läßt: wie er nach seiner „Obwohl wir den ein gesetzliches königlichen Namen Regiment fuhren, das tragen, so wollen wir doch lieber auf Erhaltung der Freiheit und des wie man es als die Art eines Königs Rechtes eines jeden gerichtet ist, als, bezeichnet, alles ungestraft zu tun, durch Ungebundenheit übermütig zu werden und die Pflicht des Regierens in Stolz und Herrschbegier zu verwandeln", SO traf das trotz der sallustischen Phrasen doch wohl den Kern Und trotzdem ist es nur zu begreiflich, daß seiner Auffassung. jene der Kronmacht so förderlichen römischen Vorstelltmgen auf den Kaiser und seine Umgebung ihren Eindruck nicht verfehlten, daß sie zunächst in äußeren Formen ihren Niederschlag fanden und allmählich doch unwiderstehlich zu einer Steigerung des kaiserlichen Ansehens und Selbstbewußtseins, zu einer Verschärfvmg der einer Entnationalisienmg des Herrimperialistischen Bestrebvmgen schertums und einer Verschiebung des politischen Schwerpunktes im Reiche führen mußten, i) Man kann die Wirkungen solcher imwägbaren Momente nicht mit Händen greifen, aber wie sollten die besonderen Ansprüche auf Rom als alten Sitz des Kaisertums, die aus der Wiedererweckung spätantiker Vorstelltmgen ganz natürlich erwuchsen, nicht das Verhältnis zum Papsttum verbittern, wie sollten jene neu erwachenden imiversalen Herrschaftstendenzen nicht auf die Beziehungen zu den Königen Europas wirken, wie sollten Anschauungen, die eine Auflehnung gegen die Majestät als das schwerste Verbrechen brandmarkten und selbst kaiserliche Zusicherungen für rücknehmbar erklärten, wenn es das Wohl des Staates erfordere, vne sollten sie nicht den Elampf gegen die Lombarden , verschärfen ? Ähnlich Ergebnis liegt die Sache bei den roncalischen Beschlüssen, die Konmiissionsberatimgen waren (Nov. 1158). Man hat die römisch-rechtlichen Einflüsse darauf übertrieben. Im Gnmde waren alle jene Regalien, die nun vmter Zustimmung der lombardischen Großen tmd städtischen Konsuln dem Kaiser zugesprochen wurden, zweifellos niu- die hergestellten Rechte der das jener die von da ab sich vollziehende Umwandlung des durch das *) Über deutsche Königtum charakterisierten Staatsbegrifis in den römisch-kaiserlichen ergl. neuerdings die sehr lehrreiche Studie von Krammer, D. Reichsgedanke des stauf. Kaiserhauses 1908, wo ra. E. indes der Gegensatz zwischen den beiden Auffassungen allzu scharf zugespitzt, und das Vorbild, das auch in dieser Hinsicht Karl d. Gr. und Otto I. mit ihren Nachfolgern boten, zu sehr außer .^cht gelassen wird. 9* 132 II. Die Zeit der SUufer. früheren fränkischen und deutschen Herrscher. Ganz spurlos ist die römischrechtliche Auffassung der bolognesischen Juristen an dem Werke gleichwohl nicht geblieben. Wichtiger als die Begründung einiger nebensächlicheren Einnahmequellen oder ein gelegentliches Zitat aus dem Corpus juris war der über dem Ganzen schwebende Grundsatz, daß Staatseigentum nicht durch Verjährung abhanden kommen Und indem nun für das praktische Verfahren als Regel könne. aufgestellt wurde, die ganze namhaft gemachte ungeheure Summe von Rechten für die Krone wahrzunehmen, falls nicht Privilegien über ihre Verleihung vorgewiesen würden, ward dieser gesamte rein tatsächliche Regalienbesitz den Städten entzogen, und Bahn geschaffen für eine völlige Neugestaltung der kaiserlichen Herrschaft in Oberitalien, die freilich nicht ohne erbitterten Widerstand der Betroffenen durchzuführen war. Um was handelte schlechthin um Mittelalter und Neuzeit, kann. Diese Auffassung es sich bei diesen Kämpfen der Folgezeit? Gewifl den Gegensatz zwischen Feudalismus und Bürgertum, wie man noch heute in populären Darstellungen lesen wäre nur stichhaltig, wenn Friedrich die eingezogenen Rechtstitel wieder wie einst zu Lehen ausgetan hätte. Das aber war Ausnahme, nicht Regel! Hatten die früheren Lehnsträger sie nicht zu behaupten rermocht, so wären sie auch jetzt bald genug wieder in Verlust geraten. Man mußte sich schon an die kräftigeren jeweiligen Besitzer die Städte, halten. Bisher hätte sich Friedrich vielleicht damit begnügt, durch Verleihung der Regalien an sie seine Hoheitsrechte zu wahren und die ordnungsmäUigen Leistungen an das Reich zu sichern. Die roncalischen Beschlüsse aber führten darüber hinaus zu dem bedeutsamen Versuche einer unmittelbaren Verwaltung durch Reichsbeamte. Der Kaiser begnügte sich nun nicht mehr mit der Investitur der freigewählten Konsuln, sondern setzte von sich aus je einen oder mehrere, zunächst einheimische, dann auch deutsche Podestas ein, die auf Zeit und als absetzbare Behörden angestellt, die Regalien nicht als Lehnsbesitz, sondern von Amts wegen für das Reich wahrnehmen sollten. Friedrich mochte immerhin auch hier nur die Herstellung des Vergangenen im Auge haben, das Reich Karls d. Gr. hatte ja in der Tat schon ein derartiges zentralisiertes Beamtentum gekannt, aber ebensowohl wie auf die Vergangenheit wies doch der Versuch auf den modernen Beamtenstaat der Zukunft, der bestimmt war, das mittelalterliche I.,ehnswesen zu überwinden. Reaktion und Fortnicht , — — schritt reichten sich Auch der hier die Händel Gegensatz, etwa die Beschirmung der italischen Freiheit gegen den barbarischen Unterdrücker, von der im modernen Italien so viel geredet worden ist, hat in Wahrheit noch keine erheblichere Rolle in diesem Ringen gespielt. Das lombardische Volk hat Barbarossa lauter zugejubelt, die italienischen Dichter haben ihn begeisterter gepriesen, als seine deutschen Landsleute. Ein einheimischer Monarch mit ähnlichen Zielen einheitlicher Herrschaft hätte genau denselben hartnäckigen Widerstand gefunden, denn entscheidend für die Beurteilung war nicht ein nationales Gemeingefühl, das zum mindesten in politischer Färbung noch nicht vorhanden war, sondern Selbständigkeit und Blüte des eignen Gemeinwesens, und die konkurrierenden Nachbarstädte wurden schon damals weit ingrimmiger gehafit, als der Kaiser und seine deutschen Ministerialen. nationale § II. Reaktionäre Politik unter d. Einflufi Reinaids Dassel (1157 t. — 1167). j^^ Statt des nationalen haben neuere Historiker wie Nitzsch und Lamprecht wirtschaftlichen Gegensalz in den Vordergrund gestellt; die bäuer- wohl den liche Naturalwirtschaft der Deutschen sei hier dem höheren geldwirtschaftlichen Verkchrsleben der lombardischen Städte brutal entgegengetreten, um Auch dieser Ansicht es womöglich auf die niedere Stufe herabzudrücken. schwerlich beipflichten zum mindesten in solcher Zuspitzung wird man — — Gewiß bot dies lombardische I eben einem deutschen Beobachter können. genug fremdartige Erscheinungen, wie man etwa aus der berühmten Schilderung Ottos von Freising ersieht, und bei den deutschen Edelleuten und Ministerialen, die hier plötzlich mit der Verwaltung betraut wurden, wird es an Unverständnis so manchem verwickeiteren Wirtschaftsvorgange gegenüber nicht gefehlt haben. Für das piemontesische Gebiet, wo freilich das städtische Leben viel weniger entwickelt war, ist es auch richtig, daß mit Erfolg dahin gestrebt wurde, den unmittelbaren Besitz an großen Reichsdomänen, der hier an die burgundischen Güter des Kaisers anschloß, zielbewußt auszubauen und nach deutscher Art zu verwalten.') Mehr aber läßt sich nicht behaupten. Denn wenn Friedrich schließlich in der Tat den Versuch gemacht hat, das städtische Leben Mailands zu vernichten, so war das eine rein politische Maßnahme, mit der er sich zwar gegen den heiligen Geist der geschichtlichen Entwicklung versündigte, zu der ihm aber niemand anders das Vorbild gegeben hatte, als die Mailänder selbst. Und für die übrige Lombardei kann von einer Unterbindung des geldwirtschaftlichen Verkehrs, der ja im eigensten Interesse des Fiskus lag, nicht von fem die Rede sein, hat doch Friedrich, wie wir jetzt wissen, sogar den bedeutsamen Plan eine Zeitlang mit Erfolg dturchgefiihrt, in der Form von hochwertigen kaiserlichen Denaren eine Einheitsmünze für ganz Reichsitalien zu schaffen*), zugleich ein Merkzeichen — seiner zentralistischen Tendenzen! Und das bleibt nun doch der Kernpunkt der großen Gegensätze: hier eine starke monarchische Staatsgewalt, die bereits mit dem Feudalismus zu brechen begann und die kommunale Selbständigkeit dieser städtischen Gemein- wesen erst recht als eine Behinderung seiner Bewegungsfreiheit, und Einnahmen betrachtete, dort kraftvolle Bürgerschaften, — seiner Rechte in staatlosen Zuständen durch Selbsthilfe groß geworden, stolz auf die in inneren Kämpfen errungene Autonomie und die alten Rechlsforderungen der Reichsgewalt als neue, unerhörte Zumutungen empfindend. Gerade dadurch, daß das formale Recht ganz und gar auf seilen des Kaiser:> lag, während die Städte für ihre Sache zum mindesten ein gut Teil historischen Rechts in Anspruch nehmen konnten, wurde ein maßvoller Ausgleich der Gegensätze erschwert. Man versteht es, daß nach der Ansicht Friedrichs die ronca- Nonnen trotz des vorläufigen Sonderabkommens auch Mailand Anwendung zu finden hatten, aber ebensowohl, daß lischen Mailänder, deren Konsuln in Roncaglia darin zur eine Wehr die zugestimmt hatten, freilich Vertragsbrüchige Überrumpelimg setzten auf erblickten, und Bimdesgenossen fanden, die sich erneut ebensowenig auf die freie Konsulnwahl verzichten wollten. Bei der Ausübvmg seiner Hoheitsrechte ward es überdies ftir den Kaiser alsbald ganz ') v. Vgl. Matthaei, Die lombardische Politik Kaiser Alessandria, Progr. Grofliichterf. *) Vgl. Bresslau, I denari tateraat. di Scienze storiche, 1889. imperiali di Federico Roma F. u. d. Gründung Atti del Congresso L i 1904, Vol. VL L 134 II. Die Zeit der S taufer. unmöglich, sich von den Parteibestrebungen und Sonderinteressen zu erhalten; Maßnahmen zugunsten der einen weckten den Widerstand der andern. Als er die neuen Mauern des kleinen Crema im Interesse des ihm befreundeten Cremona, das dem Kaiser dafür eine hohe Summe zahlte, niederzulegen befahl, widersetzten sich die Cremasken und ertrugen mit Heldenmut eine siebenmonatliche Belagerung, die insbesondere durch die Anwendung der neuen Angriffs- und Verteidigungstechnik ungeheures Aufsehen erregte. Erst der Verrat des leitenden Ingenieurs überlieferte dem Kaiser die Und Stadt, die er dem Erdboden gleichmachte (Jan. 1160). während sich in diesen gleich nach der feierlichen Friedensverkündigung von Roncaglia wieder ausgebrochenen Kämpfen die Gegensätze hier immer mehr verschärften, hatte sich inzwischen auch die Kluft zwischen Papsttum und Kaisertum unüberbrückbar erweitert. Die Durchführung der roncalischen Beschlüsse berührte doch auch die Interessen der Kirche auf das allererheblichste. Die Errungenschaften des Investiturstreites drohten damit zum großen Teil verloren zu gehen. Soweit die italienischen Bischöfe noch im Besitz der Regalien waren, wurde auch ihnen gegenüber das Abhängigkeitsverhältnis durch Forderung des Mannschaftseides, Beanspruchung bedeutender Reichsleistungen, sogar Verfügungen über das Kirchengut und Einmischung in die Wahlen straff angezogen. Es bedurfte wahrlich keiner Prophetengabe, um eine baldige Ausdehnung der unmittelbaren Herrschaftsbestrebungen des Kaisers auf Mittelitalien vorauszusehen. blieb dann die Bewegungsfreiheit Konnte sie auch nur hoffen, ihre in jahrhunderteder Kurie? langen Mühen errungene Landesherrschaft im Kirchenstaate, wo ihrer Meinvmg nach alle obrigkeitliche Gewalt und alle Regalien dem hl. Petrus gehörten, unangetastet zu bewahren? Sprach Friedrich nicht schon jetzt ganz unverhohlen aus, daß er den auf gewisse Unterhaltsforderungen bei der Krönungsfahrt beschränkten Oberhoheitsansprüchen des Kaisertums auf die Stadt Rom wieder völlig frei Wo einen volleren Inhalt zu geben gedenke, als er auf die Beschwerde des Papstes antwortete: „Da ich durch göttliche Anordnung römischer Kaiser genannt werde und bin, so würde ich doch nur den Schein der Herrschaft heucheln und einen leeren Namen ohne sachliche Bedeutung führen, wenn die Hoheit über die Stadt Rom unserer Hand entwunden würde"? Wurden solche Absichten ausgeführt, so sank der Papst in die Stellvmg eines bloßen Reichsbischofs herab. Eine schwüle Gewitterstimmung lastete in den letzten Tagen Hadrians IV. auf den Beziehungen zwischen Papsttum und Kaisertum. Wie „dräuende Speere", sagt ein Zeitgenosse, trafen die Die kaiserscharfen Worte von hüben und drüben aufeinander. § 1 1. Reaktionäre Politik unter d. Einfluß Reinaids v. Dassel (i 157 — 1 167). 13 e bisher der päpstlichen an diplomatischem Geschick zumeist nicht gewachsen, war ihr jetzt unter Reinaids von Dassel Eben geistvoller und schneidiger Leitung mindestens ebenbürtig. liehe Kanzlei, in dieser Zeit (1159) durch die Gunst seines kaiserlichen Herrn auf den zweithöchsten Erzstuhl des deutschen Reiches, den Kölner, erhoben, ohne einstweilen die Weihen zu erhalten, wurde er nicht, wie in ähnlicher Lage wenige Jahre später Thomas von Canterbury, vom hierarchischen Geiste ergriffen, sondern bewahrte, der bisherigen Richtung getreu, auf Kanzlei und und als Erzkanzler für Italien maßgebenden Einfluß Politik Friedrichs. Man spürt ihn aus der stolzen schroffen Art, mit der Formfehler der Kurie dadurch erwidert daß nun den Schreiben an Hadrian der kaiserliche Du an Stelle des höflichen Die ganze Lage gemahnte lebhaft an die letzten Zeiten Ihr trat. Auch jetzt trat die Kurie imter Ablehnung Papst Alexanders II. eines vom Kaiser angebotenen Schiedsgerichts mit den Reichsfeinden, dem Könige von Sizilien und den lombardischen Rebellen, in die engste Verbindung und nahm die Baimimg des Kaisers in Aussicht, während Friedrich mit der Bürgerschaft Roms Fühlung suchte. So standen die Dinge bereits auf des Messers Schneide, als Hadrian wurden, Name vor dem in päpstlichen, das einfache plötzlich starb (Sept 11 59). Unter den obwaltenden Verhältnissen und bei der schroffen Spaltung im KardinalskoUeg war an eine einmütige oder auch nur geordnete Papstwahl nicht zu denken. Für die Mehrheit stand die Erhebung des Kanzlers Roland von vornherein fest Sie bedeutete den offenen Bruch mit dem Kaisertum. Ebendeshalb suchte man ihr von jener Seite entgegenzuarbeiten, denn einen unzweifelhaften Reichsfeind auf dem Stuhle Petri meinte man nicht ruhig hinnehmen zu Friedrichs Abgesandter Otto von Witteisbach stand doch dürfen. wohl insgeheim hinter der kaiserfreundlichen Kardinalsminderheit, die nun in tiunultuarischem Verfahren einen der ihrigen, Oktavian als Viktor IV. zum Papst erhob, während die Gegner darauf in gesetzlicherem, wenn auch keineswegs unanfechtbarem Vorgehen die Wahl Rolands als Alexanders III. vollzogen. Die Namen scheinen anzudeuten, daß man in der Tat in die Zeiten vor dem Ausbruch des Investituistreits zurückdachte. Dem Kaiser wäre die einhellige Wahl eines maßvolleren, farbloseren Papstes weitaus das Erwünschteste gewesen ein Vorschlag in diesem Sinne wurde indes von den Alexandrinern abgelehnt Da nim eine friedliche Verständigung mit Roland unmöglich erschien, so war einer geschlossen feindseligen Papstkirche das Schisma immer noch vorzuziehen. Aber es durfte nicht lange währen, sollte es nicht für die kaiseriiche Politik ernste Gefahren heraufbeschwöreiv ; II- I>ie Zeit 136 der Staufer. Daher suchte Friedrich sogleich unter scheinbar möglichster Wahrung der Unparteilichkeit eine europäische Entscheidung durch ein allgemeines Konzil herbeizuführen, das er nach dem Vorbilde der früheren römischen und fränkisch-deutschen Kaiser als Schirmvogt der Kirche nach Pavia berief (1160). Obwohl aber die meisten europäischen Staaten dorthin ihre Abgesandten schickten, so konnte die Versammlung mit ihrem Übergewicht von Reichsbischöfen doch schwerlich als eine unparteiische Vertretung der Gesamtkirche betrachtet werden. Es war vorauszusehen, daß sie sich entweder für Viktor entscheiden oder beide Päpste für unrechtmäßig erklären würde. Alexander III. aber war klug genug, sie nicht anzuerkennen, da er als Papst keinen irdischen Richter über sich habe. Das Konzil, vor dem seine Reichsfeindschaft durch aufgefangene Briefe an die Mailänder erwiesen wurde, entschied sich nun zwar für die Bannung Alexanders und die Anerkennung Viktors, aber es befestigte dadurch doch nur das Schisma, denn die zu erwartende Antwort Alexanders war die Bannung des Gegenpapstes, des Kaisers und seiner Haupt- Ein achtzehnjähriger Kampf war damit eröffnet. Alexander III. i) hat ihn bei aller Schärfe und Kühnheit mit kluger Besonnenheit und ausharrender Geduld geführt, mehr noch ratgeber. mit kirchlichen, als kriegerischen Mitteln, trotz aller Leidenschaft im doch mit würdevollem Anstand und einem Mindestmaß persönlicher Verdächtigungen, wie sie völlig in diesen mittelalter- ganzen lichen Kämpfen ja nie fehlen konnten. und dem lichen Stürmer Gregor VII. nimmt Zwischen dem leidenschaftRechner Innozenz III. politischen er in jeder Hinsicht die Mitte ein. Seine weltgeschichtliche Jahrhundert errungene Weltstellung der römischen Kirche unter den schwierigsten Verhältnissen zu behaupten, gewissermaßen die Feuerprobe auf die politische Souveränität des Papsttums zu bestehen. Er hat sie bestanden unter Sorgen, Mühen und Gefahren, aber mit unerschütterlichem Mute, steigendem Ansehen und schließlichem Erfolg! Seine Hauptstütze dabei war die Eifersucht der emopäischen Nationen auf die wachsende Macht des Kaisers. Wie tief griff jetzt allenthalben das Papsttum in die Geschicke der Völker ein! Seine erneute Abhängigkeit vom Imperium mußte auch sie mittel- Aufgabe war, die in dem letzten zeitgenössische, des Kardinal(Duchesne, Liber pontificalis II, 351 ff. u. von neueren Darstellungen die trotz mancher Verkehrtheiten und heute veralteter Abschnitte noch immer bedeutende Gesamtwürdigung von H. Reuter, Gesch. A. III. und der Kirche seiner Zeit, 3 Bde. 1860—64. Gegen die ungünstigere Beurteilung A.s durch Hauck vgl. Hist. Zeitachr. 93, 415. ^) Vgl. die priesters Boso, der die Arbeit stark parteiische Biographie am Papstbuch wieder aufnahm — { II. Reaktionäre Politik unter d. Einflufl Reinalds V.Dassel (i 157 '^^^7)- 137 dem kaiserlichen Einfluß unterwerfen. Der Engländer Johann von Salisbury •) sprach daher vielen aus dem Herzen, wenn er schalt: „Wer hat denn die Deutschen zu Richtern der Nationen bestellt? Wer hat diesen plumpen und wilden Menschen das Recht gegeben, nach Willkür einen Herrn über die Häupter der Menschenkinder zu setzen?" In der Tat erkannten außer Sizilien, Ungarn, Spanien, Norwegen, Irland und dem Orient auf der Synode von Toulouse {1160) auch Frankreich und England Alexander III. als rechtmäßigen Papst an, ein Erfolg, der für diesen umso willkommener sein mußte, als seine Aussichten im Reichsgebiet, dem sich in dieser Sache die Nebenländer Böhmen und Dänemark anschlössen, nicht bar günstig waren. Denn der deutsche Episkopat scharte sich unter treu um. den Kaiser und erklärte sich entweder offen für Viktor IV. oder nahm doch, mit alleiniger Ausnahme von Salzburg eine zuwartende Haltung ein. In Reichsitalien aber ging den Alexandrinern alsbald ihr Hauptbollwerk Führung Reinalds von Dassel verloren. Der mit wachsendem Ingrimm und steigender Grausamkeit wiederaufgenommene Krieg gegen Mailand führte endlich ohne eigentliche Belagerung diu-ch Vernichtung der Ernten und Unterbindvmg aller Zufuhr zum Ziel. Das verhungernde Volk erzwang die Übergabe auf Gnade oder Ungnade (März 1162). Friedrichs Majestätsgefühl, die politische Absicht der Schreckenswirkung und nicht zum wenigsten der unersättliche Rachedurst der Nachbarn verbanden sich nun zu dem erbarmungslosen Strafgericht, das über die Stadt erging. Sie sollte nicht nur Befestigung und Selbständigkeit, sondern geradezu ihr Dasein verlieren, „damit ihr in Zukunft keine Gelegenheit zum Aufstand geboten würde". Nachdem das gewaltige Zerstörungswerk durch die Nachbarn selbst vollzogen war, wurden die Bewohner in vier offenen Flecken angesiedelt, zu bäuerlicher Lebensweise herabgedrückt, der kaiserlichen Domänenverwaltung, die sich von Piemont her über das Mailänder Gebiet ausdehnte, zu Naturalabgaben und Diensten verpflichtet'), eine gewaltsame, den natürlichen Bedingungen ebenso wie der geschichtlichen Entwickelung hohnsprechende Maßregelung, die von den stolzen Mailändern nur mit Knirschen ertragen wurde und auf die Dauer schwerlich haltbar war. Einstweilen aber lief nun der Schrecken dem Heere des Kaisers voraus und warf ihm den Rest seiner lombardischen Gegner vor die Füße. Indem Friedrich an beleidigtes — Seine Briefe und Schriften sind eine wichtige Quelle fiir diese Zeit; ed. Gilcs 1848. *) Daß sie ihre persönliche Freiheit behielten, hat Tschirch in einen Brandenburger Progr. 1885 gegen Ficker mit guten GiUnden dargetan. ') Tgl. Opera ^' 1^8 den roncalischen Werk umso I>ie Zeit Beschlüssen der SUufer. durchaus festhielt, meinte er das doch durch eine unterschiedliche Behandlung der Städte sicherer zu befestigen: die Getreuen wurden durch das Zugeständnis der freien Wahl ihrer vom Kaiser zu belehnenden Konsuln und zeitweilige Verleihung der Regalien gegen Zahlung einer jährlichen Abschlagsumme belohnt, die Widerstrebenden durch das Regiment eines vom Kaiser emarmten, meist deutschen Podestä. mit amtsweiser Verwaltung der Regalien im Zaum gehalten. jetzt Von über die Niederwerfung seiner trotzigen Macht, namentlich finanziell, in der Tat außerordentlich gehoben, verkündete Friedrich nun, daß er „zu neuen Unternehmungen und einer völligen Wiederherstellung des Reiches sein Heer und seine siegreichen Adler wenden werde". Er beabsichtigte eine Ausdehnuing des lombardischen Herrschaftsystema auf ganz Italien. In der Romagna gelang ihm das ohne Schwierigkeit, in Tuszien wußte alsbald Reinald von Dassel, der Hauptträger dieser ganzen Politik, sowohl den wenigen kräftig entwickelten Städten, als den hier noch in viel höherer Geltung stehenden feudalen Machthabem gegenüber trotz der nominellen Herrschaft Welfs Ähnliches dvu-chzusetzen. Eine umfassende Seehilfe von Pisa und Genua war durch Verträge gesichert. Das von Parteiungen zerrissene Rom und das durch innere Unruhen arg geschwächte Sizilien waren die weiteren Ziele der kaiserlichen Siegeslaufbahn. Da brach Friedrich sie im Sommer 1162 plötzlich ab und wandte Stolz geschwellt Gegner und in seiner nach Frankreich, wo sich ihm die Möglichkeit einer Beendigung des kirchlichen Schismas zu bieten schien. Alexander III. hatte sich schon zu Anfang des Jahres, als auch die letzte sizilische Stütze wankte, den stetig wachsenden, seine Freiheit bedrohenden Gefahren Italiens, wie einstmals Stefan II. tmd später Innozenz IV., durch die Flucht nach Frankreich entzogen. Aber dort erwartete ihn neue Bedrängnis; denn die Treue Ludwigs VII. gegen ihn geriet eben damals bedenklich ins Wanken. Die Gespanntheit mit England und persönliche Einflüsse rangen dem König die Zustimmung zu einem bedeutungsvollen Vertrage mit dem Kaiser ab: beide Herrscher wollten mit den Bischöfen ihrer Reiche gegen Ende August 1162 an der Saonebrücke von St. Jean de Losne eine Versammlung zur Lösung des Schismas abhalten. Wenn einer der Päpste nicht erschien, sollte dadurch seine Sache verwirkt sein, andernfalls die Entscheidimg durch ein Schiedsgericht Alexanders Sache schien verloren, wenn er seine Teilerfolgen. nahme verweigerte; trotzdem verharrte er in größter Sorge unerschütteriich auf seinem Standpvmkt, keinen Richter über sich anzuerkennen. Auf kaiserlicher Seite hatte man offenbar damit gerechnet sich § 1 1. Reaktionäre Politik unter d. Einflufi Reinaids r. Dassel (i 157 — 1 167). i rg hielt den Übertritt Ludwigs zu Viktor IV. für eine ausgemachte Der aber begann bereits unter den Einwirkungen der Sache. Alexandriner seine Übereilung zu bereuen und suchte sich seinen Den festgesetzten Termin ließ er Verpflichtungen zu entziehen. verstreichen, um dann doch noch einmal mit einem Aufschübe von imd Wochen unter Pfandsetzung seiner eignen Person den Vertrag Aber er benutzte die Frist nur, um seine Lage zu erneuern. imter Vermittelung Alexanders durch eine Verbindung mit England zu festigen und einen Vorwand abzuwarten, der ihn von der Anklage Den boten ihm wirklich die des Vertragsbruches befreien würde. Kaiserlichen, die offenbar alle Hoffnimg auf ihn aufgegeben hatten, denn um die in großer Zahl erschienenen Reichsbischöfe nicht xmverrichteter Sache nach Hause kehren zu lassen, ließ Friedrich sie auf einer Synode in dem nahegelegenen Dole, auf der insbesondere Reinald von Dassel in gereizter und schroffer Sprache jede Einmischung der westeuropäischen Könige in die Besetzung des römischen Stuhls als eines dem kaiserlichen Landesherm unterstehenden Reichsbistums verbeten zu haben scheint, aufs neue die Rechtmäßigkeit Viktors erhärten und brach auf, ohne den Ablauf jener FristverZwischen seinem Vertreter Reinald vmd längerung abzuwarten. König Ludwig kam es dann noch an der Saonebrücke zu einem An den Tatsachen haben diese imdiplomabittem Wortwechsel. tischen Schroffheiten der Kaiserlichen wohl nichts mehr geändert, Aber sie ermöglichten Ludwig nur, sein Gewissen zu beruhigen. zur Verbitterung der Stimmung trugen sie rxicht unerheblich bei, wenn auch ein kriegerischer Ausbruch von beiden Seiten vermieden wurde, und daß die fehlgeschlagene Hoffnung auf Beilegung des Schismas einen höchst imwillkommenen Mißerfolg bedeutete, konnte durch hochfahrende Reden nicht vertuscht werden. Es war das erste Anzeichen dafür, daß sich der allzu sehr überspannten Gewaltpolitik Reinaids unüberwindliche Kräfte des Widerdrei stands entgegensetzten; Friedrich selbst Jean de Losne habe er zuerst die soll geäußert liaben, in St. Launen der Fortuna kennen gelernt Kein Zweifel, daß eine Fortdauer des Schismas, namentlich der durch Alexander klug bewirkten tätigen Anteilnahme der Westmächte, den Kaiserlichen das Kampfesfeld übermäßig erweitem und die Stoßkraft in Italien schwächen mußte. Friedrich hätte die Spaltung deshalb gern mit Ehren beendet, selbst mit einem wirklich Auch unparteiischen Schiedsgericht hätte er sich jetzt begnügt. Alexander zeigte sich Verhandlungen stets geneigt und betonte wiederholt, mit welcher Freude er „einen durch so viele glänzende»Eigenschaften ausgezeichneten, großen und erhabenen Fürsten" wie seit 1 11. 140 Friedrich Staufer. den Schoß der Kirche wieder aufnehmen würde; von seinem grundsätzlichen Standpunkt aus jedes in aber indem Die Zeit der er kam es zu keiner Verständigung. Selbst Bahn dazu durch den Tod Viktors IV. scheinbar Schiedsgericht ablehnte, nicht, als die Diesmal war es offenkundig, wie Reinald doch schwankenden Herrn die Entscheidung über den Kopf wegnahm, indem er von den kaiserlichen Kardinälen sofort die Wahl eines neuen Gegenpapstes Paschalis III. vollziehen ließ. Es kann indes kaum zweifelhaft sein, daß er das nicht, wie man wohl angenommen hat, aus eigensüchtigen Gründen tat, um nicht das Opfer eines Ausgleichs mit der Kurie zu werden, sondern daß er in Friedrichs wohlverstandenem Interesse zu handeln meinte und, wenigstens sofern man das System nicht von Grund aus wechseln wollte, wohl auch in der Tat handelte, denn eine Vakanz des Gegenpapsttums mußte dessen bisherige Anhänger Alexander frei wurde seinem {April 1164). vielleicht — bedingungslos in die Arme treiben und Friedrich eine uneingeDieser hat denn auch den Schritt schränkte Niederlage bringen. nachträglich gebilligt. Aber ein ungünstiges Moment blieb dieser Papstwechsel immerhin; nicht alle Anhänger Viktors erklärten sich für seinen Nachfolger. erwuchs der italienischen Machtstellung des Von Burgund aus war er im Herbst 1162 auf kurze Zeit nach Deutschland zurückgekehrt, wo es galt, die aufständischen Mainzer für die schmähliche Ermordung ihres Erzbischofs Arnold von Selenhofen (tu 60) ^) zu züchtigen und eine Fürstenverschwörung gegen die wachsende Macht des mit dem Kaiser damals noch auf das engste verbundenen Heinrich des Löwen im Keime zu ersticken. Da ein neuer Kriegszug nach Italien bei den deutschen Fürsten keine Gegenliebe fand, begab sich Friedrich 1 1 63 ohne Heer nach Italien zurück, um die im vorigen Jahr abgebrochenen sizilischen Pläne wieder aufzunehmen. Dort Etwa gleichzeitig Kaisers eine ernste Gefahr. inzwischen Reinald als sein Bevollmächtigter geschaltet und das Reichsgebiet trotz der hier vmd da gärenden Unzufriedenheit in straffer Untertänigkeit gehalten. Eben durch diese ganze Wiederaufrichtung der kaiserlichen Herrschaft hatte sich schon seit dem Im Bündnis mit Sizilien Falle Mailands Venedig bedroht gefühlt. und dem griechischen Kaiser Manuel, mehrfach Aufenthaltsort alexanhatte wurde einem Mittelpunkt reichsim Frühjahr 1 64 durch Bestechung der kaiserlichen Städte Verona, Vicenza und Padua zu dem Veroneser Bunde, der seine Spitze offen gegen drinischer Kardinäle, es seitdem zu feindlicher Bestrebungen und erweiterte seinen Machtkreis eben ^) Gleichzeitige Biographie: Böhmer, Fontes rer. Germ. lU. § 1 1. Reaktionäre Politik unter d. Einfluß Reinaids den Kaiser richtete, v. Dassel (i 157 — 1 167). 141 seinem mit ungenügenden Kräften unternommenen Angriff erfolgreichen Widerstand leistete, die hoffnungsvollen Blicke Bedrückten in der Lombardei auf sich lenkte und ihnen ein gefährliches Beispiel der Selbsthilfe durch Zusammenschluß gab. Alle diese Mißerfolge der letzten Jahre begannen schließlich den festen Grund zu erschüttern, auf dem Friedrichs Macht ruhte. Die heimlichen Alexandriner unter den deutschen Bischöfen erhoben kühner ihr Haupt, ein Teil der Neutralen schloß sich ihnen an. Friedrich hatte bisher, wo er politischen Gehorsam fand, gern Der immer weiterdringenden kirchliche Duldung walten lassen. Spaltung aber schien jetzt nur durch härteren Druck begegnet werden zu können. Das geschah unter dem Eindruck einer neuen politischen Wandlung, die noch einmal die Aussicht bot, das Schisma im Sinne des Kaisers zu beendigen. Das normannische Königtum Heinrichs II. von England, wie das sizilische schon mit kräftig entwickelt und zentralistisch einem Fuße außerhalb des mittelalterlichen Lehensstaates, keine Selbständigkeit, auch keine kirchliche, neben sich duldend, war eben damals auf das schärfste zusammengestoßen mit den namentlich auf gerichtlichem Gebiete vordringenden Unabhängigkeitsbestrebungen Als die Konstitutionen von Clarendon (1164) der Geistlichen. solchen Tendenzen scharf entgegentraten, erhob sich der frühere Kanzler des Königs Thomas Becket, den er zum Erzbischof von Canterbury gemacht, dagegen als das Haupt der geistlichen OppoBald mußte er vor dem leidenschaftlichen Zorn Heinrichs sition. nach Frankreich flüchten, und indem er dort nun den Papst Alexander für die Aufhebung jener Konstitutionen gewann, erweiterte sich der englische Kirchenstreit zu einer heftigen Spannung zwischen König Heinrich imd den Alexandrinern. Diesen Stimmungswechsel suchte Reinald von Dassel sofort für seine Zwecke auszunützen. Als Gesandter am englischen Königshofe in Rouen wußte er nicht nur enge Verbindungen zwischen den Dynastien anzubahnen, sondern auch Heinrich II. für Anerkennung des kaiserlichen Gegenpapstes zu gewinnen. Das war das glänzende Ergebnis, mit dem er rückkehrend vor den Würzburger Reichstag (Pfingsten 1165) trat. Was es bedeutete, karm man ganz nur ermessen, wenn man bedenkt, daß das Königtum der Plantagenet mit seiner Ausdehnung über mehr als die volle westliche Hälfte Frankreichs unbestritten die zweite Weltmacht des Abendlandes war, daß der unmittelbare Besitz Ludwigs VII., damit verglichen, nur ein winziger Fleck war, und auch sein gesamter übriger Lehensbesitz nicht an das Festlandsgebiet seines größten aller , Vasallen, des englischen Königs, heranreichte. Der Zusammensclüuß n. Die 142 Englands mit widerstehliche dem Reiche Zeit der Staufer. stellte daher Macht dar und schien eine schlechthin un- eine siegreiche Beendigung Unter dem Eindruck dieses Erfolges des Schismas zu verbürgen. wußte Reinald Kaiser und Reichstag in Würzburg zu verhängnisvollen Beschlüssen fortzureißen, i) Friedrich, die erschienenen englischen Gesandten und alle geistlichen und weltlichen Fürsten verpflichteten sich mit den bindendsten Eiden, nie Alexander anzuerkennen, stets an Paschalis oder einem von dessen Partei gewählten Nachfolger festzuhalten. Wer von den Großen im Lande nicht binnen sechs Wochen denselben Eid leisten würde, den sollte als Reichsfeind Verbannung und Verlust von Amt, Lehen und Eigen treffen. So sollte die deutsche Kirche von den alexandrinischen oder unsicheren Elementen gründlich gereinigt, imd durch die Festlegung der politischen Richtung dem Gegner jede Hoffnung auf Verständigung genommen werden. In der Tat ging man mit aller Schärfe an die Durchführung; der erste Erzbischof des Reiches Konrad von Mainz ward als Alexandriner ersetzt durch Friedrichs Kanzler, den ganz weltund Feldherr hervorragenden lich gerichteten, als Staatsmann Christian von Buch. Auch sonst wurden die alexandrinischen Geistlichen, insbesondere Zisterziensermönche, scharenweis aus dem Reiche getrieben; im Salzburgischen entbrannten heftige Kämpfe, selbst den greisen Propst Gerhoh von Reichersberg an der stets erVersöhnimg zwischen geistlicher und weltlicher Gewalt verzweifeln ließen. Es war doch ein gewalttätiger Gewissenszwang, der notwendig starken Gegendruck erzeugen mußte. Auch politisch war diese Beschränkung der eignen Bewegungsfreiheit für alle Zukimft schwerlich ratsam, vun so weniger, als sich der neue engdie strebten lische Verbündete, opportunistisch, trotz dei auswärtigen Politik stets rücksichtslos des Schwxirs seiner Gesandten keineswegs in in *) Die Verhandlungen dieses wichtigen Reichstages bieten durch den Mangel guter Berichterstattung der Forschung ein schwieriges Problem. Zwischen dem entstellenden Bericht eines ungenannten Alexandriners, dem man früher zu einseitig folgte, und dem schönfärbenden kaiserlichen Manifest gilt es die Mitte zu halten, vgl. Watterich, Vitae pontif. II, 547 und Constit. I, 3i4fif. An Widerstand gegen die Beschlüsse scheint es nicht ganz gefehlt zu haben. Von einem heftigen Zwiespalt zwischen Reinald und seinem kaiserlichen Herrn kann aber, selbst wenn man jenen als das treibende Element betrachtet, schwerlich die Rede sein. Auch Reinaids Zaudern, die Weihen zu nehmen, entsprang gewiß nicht einer egoistischen Selbstsicherung für den Fall einer denn was hätte dieser Mann für sich von Preisgabe des Gegenpapstes, sondern dürfte mit dem Besitz seiner drei Alexander noch erwarten können ? Dompropsteien in Verbindung stehen, wie Schambach in der oben angekündigten Arbeit sehr wahrscheinlich macht, indem er nachweist, daß Reinald deren Verwaltimg imd Einkünfte bisher als Erwählter noch beibehalten hatte. — — § II. Reaktionäre Politik unter d. Einflufi Reinaids T.Dassel (l 157 — 1167). 1^2 Weise veqDflichtet fühlte und überdies bei dem einmütigen Widerstand der englischen Geistlichkeit auch gar nicht in der Lage gewesen wäre, sein Versprechen in vollem Umfange durchzuführen* So ven^endete er das neue Bündnis wesentlich als Druckmittel bei seinen weiteren Verhandlungen mit Alexander vmd zeigte sich jederzeit bereit, ihn gegen kirchenpolitische Zugeständnisse aufs neue anzuerkennen. gleicher Den aber brachten das Zusammengehen Friedrichs imd die dadurch hervorgerufene Spaltung zwischen den Westmächten immerhin, daß sie die Unsicherheit der Lage Alexanders verstärkten und seine ohnehin beabsichtigte Rückkehr nach Rom beschleunigten (Ende 1165). Hier war er für die Kaiserlichen weit leichter angreifbar, denn die Hoffnungen, die ihn zu Erfolg mit England dem Entschlüsse getrieben hatten, erfüllten sich in keiner Weise. Er war in der Stadt nahezu eingeschlossen; von Norden her hatte die kühne Kriegsleitung des Kanzlers Christian den Gegenpapst nach Viterbo geführt und bedrohte das Patrimoniiun; der sizilische Rückhalt versagte durch den dortigen Thronwechsel, der mit Wilhelm II. einen noch unter Vormvmdschaft stehenden, zweijährigen Knaben zum Königtum erhob ( 1 1 66), und die abenteuerlichen, auf eine Wiedervereinigung eine Union der des ost- und weströmischen Reiches und ELirchen gerichteten Pläne des griechischen Kaisers Manuel, zu deren Durchführung er mit dem Gewinn Anconas einen bescheidenen Anfang machte, wurden zwar von der Kvirie in ihrer Not nicht schroff zurückgewiesen, konnten jedoch nur ein unbestimmtes Gemisch von Hoffnungen und Befürchtungen erregen. Die ganze Lage mußte Friedrich dazu anreizen, durch einen Vorstoß auf Rom seinen päpstlichen Gegner zur Unterwerfung zu zwingen. Eine neue Heerfahrt nach Italien ward beschlossen. Man war am kaiserlichen Hofe nun wieder in der gehobensten Stinunung und zweifelte nicht am Erfolge. Soeben hatte Friedrich in Aachen mit Zustimmung seines Papstes die feierliche Kanonisation Karls d. Gr., seines leuchtenden Vorbildes, vollzogen (Ende 1165); noch galt es in Deutschland allerlei Zwistigkeiten beizulegen, insbesondere wiedenma zu vermitteln zwischen seinem Vetter Heinrich und dessen sächsischen Gegnern, denen sich diesmal sogar Reinald von Dassel in Wahrung der westfälischen Interessen seines Kölner Erzbistums angeschlossen hatte. Noch einmal gelang es dem Kaiser, zwar nicht einen wirklichen Ausgleich, aber doch die Zusicherung der Friedenswahrung zu erlangen, indem er, wenn auch ungern, Dann beiden Parteien die Teilnahme an der Romfahrt erließ. rückte er mit trotzdem recht ansehnlichen Heeresmassen zum vierten Male in Italien ein (1166). n. Die 144 Zeit der Staufer. In der Lombardei hatten Beamtendruck und Abgabenlast die Gährung erzeugt, aber der Kaiser hielt sich jetzt nicht damit auf; der Erfolg im Süden mußte auch hier jede Erhebung im Keim ersticken. Das weitere Vorrücken vollzog sich ähnlich wie bei Lothars späterem Romzuge in zwei getrennten Heeressäulen. Wie damals marschierte der Kaiser mit der Hauptmacht von der Romagna her die Ostküste entlang und nahm nach mehrwöchentlicher Belagerung das zu den Griechen abgefallene Ancona. Derweil waren die Erzbischöfe Reinald und Christian mit dem Rest der Ritterschaft und den damals zuerst im kaiserlichen Heer verwendeten brabantischen Söldnern durch Ligurien und Tuszien gezogen, in das Patrimonium eingedrungen und in einem glänzend durchgeführten Kampfe gegen die weit zahlreicheren Römer bei Tuskulum Sieger geblieben (Mai 1167). Alexander sah sich in dem unzuheftigste verlässigen Rom eingeschlossen, und Paschalis rief den Kaiser zum „Schneiden der Saat, zur Ernte der Trauben" herbei. Gleich vom Marsche aus führte Friedrich sein Heer zum Sturm gegen die Mauern, nahm die Leostadt, ließ seinen Papst in der Peterskirche inthronisieren und empfing mit seiner Gemahlin Beatrix aus seiner Hand noch einmal die Kaiserkrone (i. Aug. 1167). Schon stand man unmittelbar vor dem Ziel, da gelang es Alexander, noch kurz ehe die Tibermündung von pisanischen Galeeren versperrt wurde, in Pilgertracht auf einem Nachen das Meer zu gewinnen und nach Benevent zu flüchten. So ward die Beendigung des Schismas doch wieder ins Unabsehbare verschoben! Immerhin, als dem Kaiser sich nun auch die Tore des eigentlichen Rom öffneten, und seine Hoheit dort unumschränkt anerkannt wurde, schien er doch auf einem Gipfelpunkt seiner Erfolge zu stehen, wie nur Heinrich IV. nach der langersehnten Einnahme der Stadt. Da schleuderte ihn ein furchtbares Naturereignis, das den Zeitgenossen kaum anders als ein Strafgericht Gottes für die Verfolgung des rechtmäßigen Papstes erscheinen konnte, jählings in die Tiefe. Am Tage nach der Krönung ergriff nach einem wolkenbruchartigen Regen mit einer kaum je wiedererlebten Wucht in wenigen Stunden eine tödliche Seuche, wie die ganze Stadt, so auch das kaiserliche Heer, Hoch und Niedrig wahllos dahinraffend. Ihr erlagen über zweitausend Ritter, angesehene Fürsten, wie Konrads III. Sohn Friedrich von Rotenburg und der junge Weif VII., hervorragende Verwaltungsbeamte wie die Bischöfe Hermann von Verden und Daniel von Prag, vor allen andern aber sein größter Staatsmann, der ihn auf diese steile Höhe und der ihm nun bei dem gefährlichen Abstieg nicht mehr helfend zur Seite stehen konnte: Reinald von Dassel, wenig über fünfzig Jahre alt, aus der Vollkraft des Schaffens hinweggerissen! geführt, § 1 1. Reaktionäre Politik unter d. Einflufi Reinaids So widerstrebend Mannes mitunter r. Dassel (i 157 — 1 167). i^.c Friedrich letzthin der genialen Gewaltpolitik dieses gefolgt sein mochte, so sehr sein eignes Temperament ihn auf eine maßvollere und vorsichtigere Behandlung der Dinge wies, die ihm dann auch die späteren großen Erfolge einMannesmut und Schwungkraft, Erfindungsgabe und tragen sollte, Organisationstalent des treuen Dieners hatten ihren Eindruck auf ihn nie verfehlt, und sein Hinscheiden schien eine unausfüllbare Lücke zu hinterlassen. So hat er noch den Toten mit Ehren überhäuft und es rühmend gepriesen, wie er, „stets bedacht gewesen sei, Ehre und Mehrung des Reiches allen eignen Vorteilen voranzustellen und mit glühender Seele alles zu fördern, was dem kaiserlichen — Ruhme dienstlich sei". war weder an eine Fortsetzimg des Feldzuges gegen Alexander und Sizilien, noch an längeres Verweilen auf dem durchseuchten Boden Roms zu denken. Eilends wandte sich der Kaiser mit den Trümmern seines Heeres nordwärts durch Tuszien und gelangte nur noch mit Mühe über den Apennin nach Pavia, Denn in der Lombardei war inzwischen ein völliger Umschwung eingetreten, durch den Eindruck des „römischen Gottesgerichts" mächtig Als das Erscheinen des gefördert, aber nicht erst hervoi]gerufen. Kaisers in der Lombardei statt der erhofften Milderung nur gedoppelte Strenge gebracht hatte, waren im Frühjahr kurz nach seinem Abmarsch, nicht ohne alexandrinische und venezianische Einwirkungen, insgeheim vier Städte, darunter das vielbegünstigte, aber in seinen weiteren Ansprüchen doch enttäuschte Cremona, zu einem Bunde ^) zusammengetreten, hatten sich mit den Mailändern, die gegen ein Wiedererstehen ihrer alten drückenden Vorherrschaft Sicherheit leisteten, in Beziehung gesetzt und bereits in offener Auflehnung den Aufbau ihrer zerstörten Stadt in Angriff genommen. Seitdem hatte sich der Bund nicht ohne Zwang auf im ganzen acht Städte erweitert, deren zusammenhängende Gebiete den Kern der Lombardei bildeten, und bei dem Veroneser Bunde freudige Unterstützung gefunden. Das ausgesprochene Ziel war die Abschüttelung des kaiserlichen Beamtenregiments, Herstellung der freien Jetzt und Regaliennutzung. Was der Kaiser der Lombardei anfangs durch Beseitigung der Mailänder Vorherrschaft und Zügelung der wilden Konkurrenzkämpfe an Segen gebracht hatte, Selbstverwaltung künftig durch die Bundesbehörde der Rektoren geleistet werden, zu der jede Stadt einen ihrer Konsuln entsandte; ihnen sollte ') Das urkundliche Material fUr die Entstehung des Lombardenbundes l^bt Vignati, Storia diplomatica dclla lega lombarda 1866; dazu vgl. Ficker, Z. Gesch. des Lombardenbundes, S. B. der Wiener Akad. 1868. Ilanpe, Deatache Kaiaergochichtc. .q ]^6 II- sollte die Kriegsleitung Der Bund wax I^ic Zeit und die der Staufer. oberste Gerichtsbarkeit also eine Schöpfung, die nicht nur auf blicklichen Zweck, sondern auf die zustehen. den augen- Dauer berechnet war, ein selb- ständiges föderatives Staatsgebilde innerhalb des Staates! Wäre Friedrich mit ungeschwächtem Ansehn zurückgekehrt, so Heer und unvermindertem Bund wohl So aber wandte sich alles zum Schlimmen. Seine verzweifelten Anstrengungen, von dem getreuen Pavia aus durch rasche Erfolge den bösen Eindruck zu verwischen, waren fruchtlos. Schon ergriff der Aufstand auch die westliche Lombardei und bedrohte durch Sperrung der Alpenpässe seine Rückzugslinien. Einen Augenblick schien er wirklich abgeschnitten und seinen übermächtigen Gegnern preisgegeben. Da gelang noch in letzter Stunde die Umstimmung des Grafen von Savoyen; durch sein Gebiet, noch zuletzt in Susa r^t Gefangenschaft und Tod bedroht, flüchtete der Kaiser in Knechtstracht nach Deutschland (März II 68). Und nun konnte sich die lombardische Liga, die in ihrem Zusammenschluß mit dem Veroneser Bunde bald zweiimdzwanzig Städte umfaßte, in voller Ruhe weiten und festigen. Mit dem kaiserlichen Regiment schwand auch die Geltung des Gegenpapstes dahin. Die Lombarden traten mit Alexander in die engste Verbindung; als sie damals (1168) zwischen Tortona und Asti ein neues Gemeinwesen gründeten, das aus einer Zusammenlegung dörflicher Ortschaften erwachsen, städtisches Leben auch in dieser westlicheren Landschaft entfalten und zugleich den Zwecken des hätte er diesen feindlichen noch zu zersprengen vermocht. Angriffs imd der Abwehr gegenüber dem Reste kaiserlicher Anhänger und dem Gebiete der Reichsdomänen dienen sollte, da gaben sie ihm zu Ehren des Papstes den Namen Alessandria.*) Welcher Wandel hatte sich doch in wenigen Monaten vollzogen! Von der ersehnten Beendigung des kirchlichen Schismas war man jetzt weiter als je entfernt, und der stolze Herrschaftsbau, den Friedrich mit der Hilfe Reinaids von Dassel in Italien errichtet hatte, war in den Grundfesten erschüttert. Es war vorderhand nicht abzusehen, wann die Verhältnisse Deutschlands ein erneutes Ausgreifen über die *) bei der geüehlt dem ELaiser Alpen gestatten würden. Vgl. die Berliner Diss. von F. Graf, der bestreitet, daß man schon Gründung daran gedacht habe, eine Bundesfestung zu schaffen. Ganz aber haben militärische Zwecke sicherlich nicht. § § 12. 12. — Weitere Kämpfe bis «ur Beendigung des Schismas (il68 1177). 147 Weitere Kämpfe bis zur BeendiguDg des Schismas (1168-1177). Man könnte versucht sein, die Aussichten Friedrichs nach der römischen Katastrophe und der Erhebung der Lombarden zu vergleichen mit der Lage Heinrichs IV. nach dem Abfall Italiens imter Führung Urbans IL Hier wie dort hatte es sich entschieden, daß an eine volle Durchsetzung des schismatischen Papsttiuns nicht wohl zu denken war. Europäischer Anhang und italienische WiderstandsFriedrich, gebimden durch kräfte stützten die unabhängige Kurie. die Würzburger Beschlüsse, dachte damals zwar noch nicht an Nachgeben, erteilte vielmehr bei einem neuen Wechsel im Gegenpapsttum Kalixt III. sofort seine Anerkennung ( 1 1 68), aber ernsthafte Friedensunterhandlungen mit Alexander III., mochten sie auch noch scheitern, zeigten doch in den folgenden Jahren Wunsch imd Möglichkeit eines Ausgleichs. Noch war des Kaisers Machtstellung südlich und nördlich der Alpen höchst bedeutend und jener HeinIn Italien hatte sich allerdings ein richs IV. unendlich überlegen. neuartiger Bund städtischer Selbstherrschaften wie ein Keil zwischen die Reichsgebiete geschoben und hemmte ihre Verbindung; aber die kaiserliche Herrschaft in Mittelitalien blieb sogar bald einen festeren Rechtsgrund, wann un erschüttert, als sie geder alte Herzog Weif VI., der durch die römische Seuche seinen einzigen Sohn und mit ihm das Interesse an seinem italienischen Lehensbesitz verloren hatte, gegen eine Geldentschädigung zugunsten des Kaisers auf Tuszien, Spoleto, die mathildischen Güter, Sardinien und Corsica verzichtete (c. 1 1 74). Ein umfänglicher Teil des engeren Kirchenstaates mit Rom selbst blieb überdies die ganzen folgenden Jahre hindurch in den Händen der Kaiserlichen. Auf Deutschland endlich wirkten die letzten Verhältnisse insoweit ungünstig, als sie die Zurückhaltung der deutschen Fürsten neuen italienischen Unternehmungen gegenüber steigerten. Sonst aber gelang es Friedrich in der nächsten Zeit, durch eine kluge, zugleich vorsichtige und zielbewußte Politik seine hier völlig ungeschwächte Macht noch zu erhöhen. Wenn Heinrich IV. sich dereinst nur durch Zugeständnisse an die sächsisch-süddeutsche Opposition wieder wenigstens zum politischen Gebieter Deutschlands gemacht hatte, so zeigte zwar die Machtstellung Heinrichs des Löwen, daß auch jetzt noch eine ähnliche Aufgabe der Lösimg harrte. Aber noch hatten sich die Herrschaftskreiee des Staufers und des Weifen nicht ge- gerade auf ihrem ungestörten freundschaftlichen Nebeneinander beruhte noch eine Weile das System der innerdeutschen schnitten, II' 148 Die Zeit der Stauier. Ebendamals deckte der Kaiser seinen Vetter mit dem Bund seiner territorialen Gegner und gebot Frieden, wußte aber trotz dieser Begünstigung des mächtigsten Herzogs in seiner vornehmen, klugen und gerechten Art auch die andern Reichsfürsten um seinen Thron zu scharen und ziemlich mühelos die Wahl seines zweiten, erst vierjährigen Sohnes Heinrich zum deutschen König durchzusetzen (1169). Seinem Ältesten Friedrich i) war kurz vorher das Herzogtum Schwaben zugefallen; hier, wie in Mittelitalien, hatte die römische Seuche, die den jungen Herzog Friedrich von Rotenburg, Konrads IH. Sohn, dahinraffte, dem Kaiser unmittelbaren Gewinn eingetragen. Und auch sonst wußte dieser den staufischen Hausbesitz zu wahren, nicht zum wenigsten durch Übertragung von Kirchenlehen an den König selbst oder seine Söhne, wie das bis dahin nicht üblich gewesen war. Politik. Reichsschilde gegen den — Was aber endlich die damalige Machtstellung Barbarossas in Deutschland derjenigen Heinrichs IV. so unvergleichlich überlegen machte, war, daß er auch die Zügel des Kirchenregimentes fest in der Hand behielt, ja sie noch straffer anzog. Denn indem er in Durchführung der Würzburger Beschlüsse allenthalben die Geistlichen zwang, von Schismatikern ihre Weihen zu nehmen, kettete er sie eng an seine Sache. Selbst in das Hauptbollwerk der Alexandriner, die Salzburger Kirchenprovinz, ward Bresche gelegt. Und an der Spitze des einigen Deutschlands nahm Friedrich auch dem Ausland gegenüber die Reichsinteressen in Ost und West mit Erfolg wahr. Die Ermordung des Erzbischofs Thomas von Canterbvuy (1170), die den Abscheu der Christenheit gegen den mitschuldigen König Heinrich II. wachrief, führte zu einer unerwarteten Umkehr der politischen Verhältnisse; denn die Beseitigung des Starrkopfs erleichterte trotz allem den Ausgleich zwischen der Kurie und England. Indem aber nun die Feindschaft zwischen den beiden Westmächten bald wieder zu vollem Ausbruch kam (11 73), ersetzte der Kaiser den Verlust des unzuverlässigen englischen Bundesgenossen durch eine Annäherung an Frankreich, und diese Verbindung zwischen Staufem und Capetingern wurde nun über gelegentliche Schwankungen hinweg bis tief in das folgende Jahrhundert aufrecht erhalten, während England mit dem Weifenhause schon dvurch die verwandtschaftlichen Beziehungen verknüpft blieb. Die sechs Jahre, die Friedrich damals auf deutschem Boden weilte, waren arm an großen Ereignissen, reich an stillen, nachhaltigen Erfolgen. Konnten dieser gesammelten Kraft, wenn sie zu Vielleicht machte ihn ein körperliches Gebrechen zur Nachfolgerim Reiche ungeeignet, vergl. Scheffer-Boichorst, Gesammelte Schriften n, 383 *) schaft flf. § 12. Weitere Kämpfe bis tnr Beendigimg des Schismas (I168 — 1177). 14g vernichtenden Schlage ausholte, das Papsttum und Sie hatten inzwischen Der Lombardenbund ihre Stellung behauptet, aber kaum befestigt. hatte sich zwar noch etwas erweitert, aber auch schon bedenklich einem letzten, seine italischen Bundesgenossen widerstehen? Venedig, in einen erbitterten Kampf gegen den griechischen Kaiser verwickelt und dadiu-ch zeitweilig gar zu einem Zusammenwirken mit den deutschen Reichstruppen gegen das von den Griechen besetzte Ancona geführt, stand tatsächlich schon außerhalb des Bundes; im Schöße der Lombardei selbst erwachten alte Nebenbuhlerschaften, das neuerstarkende Mailand bedrohte die Führerrolle gelockert. Cremonas. Als der Kaiser 1 1 74 zu einem fünften Romzuge aufbrach, war zwar seine Heeresmacht von etwa 8000 Kriegern nicht etwa glänzend noch wirkte die Erinnerung an das tückische Klima zu nennen, Italiens nach, und den mächtigsten Reichsfürsten Heinrich den Löwen für die Fahrt zu verpflichten, war leider auch diesmal nicht gelimgen; aber man dingte nach dem ersten Erfolge auf starken — Zuzug in Italien rechnen, und der diplomatischen Kunst Friedrichs war die Aufgabe gestellt, den Papst von den Lombarden nach Möglichkeit abzvuriehen. Die Wucht des deutschen Angriffs, die die westlichen Teile der Lombardei im Fluge für das Reich zurückgewaim, brach sich erst an den Wällen vmd Gräben Alessandrias, der wegen ihrer dörflichen Unfertigkeit wohl verspotteten „Strohstadt", die sich aber jetzt in sechsmonatlicher, zäher, verlustbringender Verteidigung als „Eisenstadt" erwies. Das entschied das Los des Feldzuges, und mehr: es zeigte Friedrich die Widerstandsfähigkeit seiner Gegner imd bestimmte ihn zu einer Herabminderung seiner politischen Absichten in der Lombardei. Als daher endlich ein starkes Ersatzheer der Bündler herarmahte, zog er einen Ausgleich der kriegerischen Entscheidung vor, und die Lombarden, vor sich den vmbesiegten Kaiser, hinter sich den von der Romagna her vordringenden Erzbischof von Mainz, voll Mißtrauen gegen ihren eignen Zusammenhalt, kamen trotz augenblicklicher Überlegenheit seinem Wunsche entgegen. So entstand der Vertrag von Montebello (1175), der Form nach eine Unterwerfimg der Lombarden unter die Gnade des Kaisers, dem Wesen nach eine Einigung auf schiedsgerichtlichen Austrag der gegensätzlichen Forderungen, beiderseitig imter so bindenden Verpflichtimgen, daß die Abmachung nicht etwa nur als ein Waffenstillstand, sondern als der Friede selbst betrachtet werden durfte. Denn die letzten nicht wegzuräumenden Streit- punkte sollten durch einen unbedingt bindenden Wahrspruch der Konsuln Cremonas entschieden werden, das also trotz seiner noch n. Die Zeit der Staufer. I^O fortdauernden Stellung an der Spitze des Bundes wegen seiner letztweiligen vorsichtigen Zurückhaltung von beiden Parteien gewissermaßen als eine neutrale Macht angesehen wurde. Diesen Fest- setzungen entsprach es, daß Friedrich sogleich einen großen Teil seines Heeres, namentlich die kostspieligen Söldner, entließ, und daß auch die städtischen Truppen sich auflösten. Bei ehrlichem Einhalten der Vertragsbestimmungen schien nun in der Tat ein beiderseits annehmbarer Friede möglich. Denn mit einer jener für seine spätere persönliche Politik so charakteristischen Schwenkungen verzichtete Friedrich jetzt auf die Durch- plötzlichen führung der roncalischen Beschlüsse, d. h, vor allem auf ein über das Lehenswesen hinausgreifendes direktes Reichsbeamtenregiment in Oberitalien, Er gedachte sich bei Anerkennung der Bundesorganisation mit einem Maße kaiserlicher Hoheitsrechte zufriedenzugeben, wie es die früheren deutschen Herrscher vor den großen Tod besessen hatten. Das Kompromiß, der Cremoneser Konsuln schließlich aus den Verhandlungen hervorging, steht den späteren Konstanzer Festsetzungen nicht allzu fem: warum mußten erst neue Kämpfe dahin führen? Weil Friedrich bei seiner Schwenkung nur den einen Verlusten wie es in seit Heinrichs V. dem Spruche Gegner abfinden wollte, um gegen den andern freie Hand zu beDer Kampf gegen Alexander HI., zu dem die Lombarden sich kirchlich auch künftig bekennen mochten, sollte fortgeführt halten. Bundesfestung die seiner Schutzherrschaft unterstellte Alessandria als solche nicht anerkannt, ja als städtisches Gemeinwesen aufgelöst werden. Das aber widersprach der kirchlichen Überzeugung der Lombarden ebenso wie ihrem Bewußtsein engster werden; Interessengemeinschaft mit dem Papste. Sie haben sogleich durch einen starken Druck auf den truppenentblößten Kaiser durchgesetzt, daß auch päpstliche Bevollmächtigte zu den Verhandlungen zugezogen wurden, ohne daß freilich dadurch die Beilegung des Schismas gefördert worden wäre. Das Ansinnen einer Preisgabe des helden•mütigen Alessandria aber mußte geradezu als eine Schmach für den Bund empfunden werden. Wenn die Cremoneser Konsuln sich in beiden Punkten den Wünschen des Kaisers anschh^ssen so hat es fast den Anschein, als ob sie um kommunaler Sondervorteiie willen die Interessen des Bundes preisgegeben und den von dieser So Seite auf sie gesetzten Erwartungen nicht entsprochen hätten. brach auf die Verkündigung ihres Spruches hin eine von den Bischöfen geschürte Volksbewegung in der Lombardei los und führte zur offenen Verletzung des Vertrages von Montebello i), die , ^) F. Güterbock, des Lombardenbundes, D. Friede von Montebello und di«? VVeiterentwickelung Berl. Diss. 1895, ist in einigen Punkten über die § 13. Weitere Kämpfe begreiflich ist, bis zur Beendigung des Schismas (1168 aber doch auch nicht — 1177). beschön^ werden darf.*) 151 Von welcher Seite die Feindseligkeiten aufs neue eröffnet wurden, ist Politisch gestaltete sich dadurch die strittig, aber unwesentlich. Lage für Friedrich nicht ungünstig, daß das beleidigte Cremona sich zurückhielt und bald zu ihm hinzuneigen begann; aber militärisch geriet er durch seine geringe Truppenzahl in bedenkliche Gefahr. Ein Glück noch, daß ihm der Abfall von Como wichtige Alpenpässe zur Heranziehung deutscher Hilfskräfte öffnete. In dieser Lage hat sich der Kaiser an Heinrich den Löwen gewandt Nördlich vom Comersee, bei Chiavenna hat in den ersten Monaten des Jahres 1 1 76 höchstwahrscheinlich jene denkwürdige Zusammenkunft stattgefunden, die eine überkritische Forschung neuerdings aus den Annalen der Geschichte hat streichen wollen, weil sich in der dürftigen immittelbar gleichzeitigen Chronistik kein Indessen reichen die etwas späteren Berichte Beleg dafür findet. um mit dem Grade relativer Sicherheit, mit dem wir uns bei der mittelalterlichen Quellenforschung nur zu oft begnügen müssen, Tatsache, örtlichkeit und das Wesentlichste des Veriaufes festzuWie weit die Reichsheerfahrt von 11 76 als eine bestellen.*) schworene anzusehen, und Heinrich daher zur Hilfeleistung verpflichtet war, steht dahin'); jedenfalls verboten die politischen Doch konnten die Notlage des Machtverhältnisse allen Zwang. aus, von Vignati, Ficker und Giesebrecht hinausgekommen. Bruch schon in der Hereinzichung päpstlicher Unterhändler. Möglich bleibt immer, daß Friedrich, als er das zugestand, sich im übrigen und dann bliebe e« die Unversehrtheit der Vertragsbedingungen vorbehielt bei Fickers Ansicht, der den Bruch erst nach der Verkündigung des Cremoneser Spruches eintreten läßt. ') Wie das wohl von italienischer Seite versucht ist, vergl. Tononi, Arch. «tor. lombardo 4. *) Die völlige Negation vertreten mit unzureichenden Gründen: Ozlbergcr, Linzer Gymn.-progr. 1859 60, Jastrow- Winter I, 583, Lucas, Berliner Das Diss. 1904; etwas zu skeptisch auch noch D. Schäfer, Hist. Ztschr. 76. Richtige haben Ranke u Giesebrecht. Hält man sich zunächst an die Annalen V. Paderborn, Gislebert v. Mons und Otto v. S. Blasicn und zieht für die Ortsbestimmung auch die sonst unzuverlässige Chronik von Ursperg heran, «o erhält man eine im ganzen zusammenstimmende Überlieferung, die auch dadurch noch nicht hinfällig wird, daß sie teilweise durch eine gemeinsame Die Angabe von sein scheint. histor sehe Volksdichtung beeinflußt zu „Partenkirchen" in der Chronik von Lauterberg muß dem gegenüber auf Verwechselung beruhen, und die weiteren Berichte zeigen zunehmende VerAuch der FuUfall Friedrichs ist nicht wirrung und le;icndarische Trübung. als historisch bezeugt anzusehen, wenn derartige Äußerungen der Erregung dem mittelalterlichen Menschen auch näher lagen als uns. ') Weiland, Forsch x. deutsch. Gesch. 7 ging in der positiven Behauptung dieser Pflicht zu weit und wollte mit Unrecht auf ihre Verweigerung iltercD Forschungen Er sieht den , •die spätere Verurteilung rechtlich zurttckfUhrcD. II. 152 Die Zeit der Staufer. Kaisers und die Erinnerung an ihr bisheriges Verhältnis wohl einen moralischen Druck üben. Indes der Herzog, seit 1 1 6 1 den italienischen Reichsuntemehmungen fem und ganz im Bannkreise seiner ebenso gesunden, wie rücksichtslosen sich solchen Affekten unzugänglich derbzugreifenden Art territorialen Machtpolitik, zeigte und verlangte in seiner nüchternen, als Preis für seine Hilfe die Reichsstadt Goslar, während dem vornehmen, feinfühlig-stolzen Kaiser gerade eine derartige Zahlung mit der Würde des Reiches unvereinbar schien. Ihre Verhandlung entbehrte vielleicht der leidenschaftlich-dramatischen Töne und gewiß der billigen Vorausdeutungen, mit denen die geAber noch schäftige Volksphantasie sie bald darauf ausstattete. heute, wer vermöchte sich ganz dem Reize einer Ausmalimg jener in der die hervorragendsten Männer des damaligen Reiches, verschieden in Stellung und Richtung, Vertreter gewissermaßen der beiden großen Tendenzen, welche die deutsche Geschichte von den Anfängen bis auf Bismarck bewegt haben, und die noch heute fortwirken, sich gegenübertraten und ohne Einigung Man hat die Bedeutung des verstimmt voneinander schieden. Moments für die weitere Entwicklung der deutschen Ereignisse überschätzt. Es war noch nicht der Bruch, nicht einmal die geheime Absicht dazu, aber doch der erste Keim jenes Mißverhältnisses, das daim weiter wuchs tmd die Fortsetzung jenes Gleichgewichtsystems in Deutschland im Interesse des Reiches untunlich machte. Und auch für den Ausgang der lombardischen Kämpfe und damit des großen kirchenpolitischen Ringens ist dies Hineinwirken des deutschen Partikularismus möglicherweise von entscheidender heimlich auf Bedeutung geworden. Denn die Streitkräfte, die dem wenig begangenen Lukmanierpasse herbeikamen, waren nicht erheblich genug, um dem Kaiser das Übergewicht in der Lombardei Szene zu entziehen, mm zu verschaffen, und als er sie persönlich in kühnem Zuge zur Ver- einigung mit seinen Truppen nach Pavia führen wollte, brach sich bei Legnano (nw. v. Mailand) die Kraft der deutschen Ritterschaft an den Schilden und Lanzen des Mailänder Fußvolks. Nur unter um den Fahnenwagen gescharten bedeutenden Verlusten koimte Die erste Niederlage im offenen neue die Widerstandskraft seiner oberitalischen Gegner, und noch eiimial bot er die Hand zum Die Bedingungen eines zweiten Cremoneser Spruches,, Frieden. mit dem Friedrich sich einverstanden erklärte, gingen in ihren Zugeständnissen an die Lombarden^) sehr erheblich hinaus über dieFriedrich Felde *) sein verriet So Ziel dem erreichen. Kaiser aufs in der Beseitigung der kaiserlichen Gerichtshoheit, der Beschrän- kung des Fodrums auf den Krönungszug, der Anerkennung Alessandrias Bundesstadt. als- § 12. Weitere Kämpfe jenigen bis rar Beendigung des Schismas (1168 Sie boten mehr, des Vorjahres. erreicht wiirde und hielten nur als — 11 77). 153 später in Konstanz Trennung von der Sache Alexanders III. aufrecht. Indem die Lombarden sie gleichwohl in Überschätzung ihres Erfolges vmd in Rücksicht auf den wirklich der Papst auf Antrieb selbst xmi die Früchte Mailänder Bimde nun ablehnten, und brachten sie sich der ausbrechenden vmd Mailand trat der Zwiespalt im ihres Sieges^), G^perschaft zwischen Cremona die in offen zu Tage. aber trachtete in neuer Schwenkimg nach einem Sonderabkommen mit Alexander III. und hatte hier Erfolg. Denn wenn auch der Papst einen endgültigen Friedenschlxiß ohne seine Bxmdesgenossen ablehnte, so war es Gewinn genug für den Kaiser, daß die Streitpunkte zwischen Reich und Kirche wenigstens zu einem provisorischen Ausgleich gebracht wurden in dem Vertrage von Anagni (November 11 76).*) Friedrich Jetzt endlich erklärte sich Friedrich bereit, entgegen seinem Würzburger Eide den Gegenpapst fallen zu lassen und Alexander III. anzuerkennen; ein schwerer Entschlufi nach siebzehnjährigem Kampfe, aber nachgerade eine Notwendigkeit. Ein europäischer Sieg war längst, zumal nach dem Abfall Englands, aussichtslos, die deutsche Kirche zwar noch festgeschlossen, aber isoliert, und selbst die treuesten Berater Friedrichs von dem Wunsche nach Beseitigung der anormalen Verhältnisse beseelt. Die Lage des Papstes andererEin Gregor an seiner Stelle wäre vielleicht unnachseits war gesicherter. giebig gewesen. Aber Alezander war ein Greis geworden in der Verteidigung der päpstlichen Freiheit, seine Wirksamkeit im Reiche war weithin lahmDa ergriff er die Gelegengelegt, die Kirche litt in dem endlosen Kampfe. Die Bannheit, ihn zu enden unter voller Wahrung seines Standpunktes. lösung und Anerkennung des bekehrten Kaisers verstand sich von selbst. Schwieriger war die Frage nach der Anerkennung der schismatischen Weihen. Während der Papst da in dem vorwiegend aleiandrinischen Italien freie Hand machte er der Gegenpartei in Deutschland die erheblichsten Zugebehielt ständnisse, die Friedrichs Verbindung mit der deutschen Kirche unerschüttert Selbst der eifrige Alexandriner Kardinal Konrad von Witteisbach liefien. sollte auf Mainz verzichten und mit dem ersten freiwerdenden Erzbistum entHöher waren schädigt werden, was dann bald in Salzburg möglich wurde. Alexanders Forderungen in kirchlich - territorialer Beziehung: Preisgabe der Staatshoheit des Reiches über das römische Patrimonium'), Rückführung des päpstlichen Besitzes auf den Stand unter Innozenz II. und Anerkennung der harte Zukirchlichen Ansprüche auf das Eigengut der Grä6n Mathilde, mutungen, auf die der Kaiser indes um des Friedens willen schließlich , einging. Einer nationalen Überschätzung der Folgen des Sieges für die Lomschon Bertolini entgegengetreten. Immerhin betont neuerding» Gttterbock, Ancora Legnano 1901, dafi ihre Lage ohne diesen Sieg bedenklich genug hätte werden können. *) Das lange verlorene Schriftstück wurde erst im Winter 1885/86 im Vatikanischen Archiv in gleichzeitiger Kopie aufgefunden und von P. Kehr, Neues Arch. 13 mit Erläuterungen veröffentlicht; vergl. M. G. Const. I, 349^ *) Das bedeutete die Rückgabe der römischen Präfektur. *) barden ist IL Die Zeit der Staufer. «54 Der alle kirchenpolitischen Streitpunkte schlichtende, alle Mög- von Anagni, der die beiderseitige Diplomatie auf einem Höhepunkte zeigt, war ein Präliminarfriede, der erst in Kraft treten sollte, wenn der Abschluß mit Sizilien und den Lombarden gelang.^) Die Schwierigkeiten, die namentlich in Oberitalien zu erwarten waren, wollte Alexander persönlich auf einem dort abzuhaltenden Friedenskongreß, der dann wirklich in Venedig 2) stattfand, beseitigen helfen. Bald zeigte sich, wie sehr Friedrich seine Lage durch dies lichkeiten klug überschauende Vertrag Sonderabkommen mit der Kurie Mißtrauen trat, Ihre Klagen über das einseitige Vorgehen Alexanders erinnern an die der deutschen Opposition nach Canossa. In der Tat schnellten die kaiserlichen Forderungen sofort in die Höhe und blieben nicht einmal mehr bei den schon in Montebello, geschweige denn nach Legnano, gebotenen Zugeständnissen stehen. Der Papst hatte jetzt ein Interesse an ihrem Entgegenkommen; versagten sie sich, so traf sie der Vorwurf, allein noch den kirchlichen Frieden zu hemmen. Als es trotzdem zu keiner Einigung kam, empfahl der Papst statt des Friedens einen sechsjährigen \Vaffenstillstand. An sich war dieser für den Kaiser nicht unbedingt ungünstig, denn bis zu seinem Ablauf konnte er die Spaltungen im Bunde, aus dem jetzt bereits Cremona und Tortona austraten, erweitem, und bei künftigen Verhandlungen würde er den von der Kurie völlig getrennten Lombarden gegenüberstehen. Gleichwohl hat er es ganz persönlich mit ungemeiner vom verbessert hatte. Kaiser geschürt, zwischen Papst und Lombarden. diplomatischer Kunst verstanden, für diese vom Papst beantragte Abwandlung des Vertrags von Anagni auch seinerseits eine bedeutsame Änderung zu seinen Gunsten durchzusetzen. An die Stelle genauer Umgrenzung der kirchlichen Territorialansprüche trat die unbestimmte Erklärung einer gegenseitigen Rückgabe des entwendeten Besitzes. Rechtsstreitigkeiten darüber sollten durch ein Da aber gemischtes Schiedsgericht zum Austrag gebracht werden. auch dort eine Einigung schwerlich zu erwarten stand, so mußten die strittigen Objekte in der Hand des jeweiligen Besitzers verbleiben, vor allem das mathildische Gut in der Verwaltung des griechische Kaiser wird zwar ebenfalls genannt, kommt aber weiter Betracht; nach dem Tode Manuels (1180) hörten die griechischen Angriffe und Intriguen in Italien von selbst auf. *) Die ältere für den Kaiser allzu ungünstige Auffassung des Friedens -von Venedig (M. G. Const. I, 360 ff.) ist namentlich durch die Forschungen Erst die Kenntnis des Vertrags von Anagni ermöglichte Fickers beseitigt. <las volle Verständnis jener Friedensabmachungen; daher kommen die älteren Arbeiten von Peters und Eichner neben den Ausführungen Giesebrechts kaum *) kaum mehr Der in in Betracht. § 12. Weitere KSmpfe bis sur Beendigung des Schismas (1168 Außer mit den Lombarden — 1177). 155 auch mit Sizilien nur der aber bei fünfzehnjähriger Dauer einem Frieden nahezu gleichkam und dazu diente, freundliche Beziehungen zwischen dem Imperium und dem Königreiche nach langer Feindschaft einzuleiten. Das war nun im wesentlichen die Grundlage, auf der nach mühseligen Verhandlungen, um die sich die deutschen Erzbischöfe Kaisers. ein Waffenstillstand geschlossen sollte werden, von Mainz und Wichmann von Magdeburg besonders Sommer 1177 der Friede von Venedig abgeschlossen wurde. Eine ewig denkwürdige Szene, als nun der Christian verdient gemacht haben, im Kaiser auf der Galeere des Dogen geschmückten Markusplatzes landete, in als der Nähe er zu dem des prunkvoll vor den Por- talen des Domes errichteten Thron des Papstes hinanstieg, sich beugte und dem lange befehdeten Gegner die Füße küßte, von Alexander aber mit dem Friedenskusse aufgehoben wurde. In -diesen und anderen Zeremonien jener festlichen Tage lag für Friedrich an sich gewiß keine persönliche Demütigung, aber sie "brachten den prinzipiellen Sieg des Papsttums zu sichtbarem AusDie Reaktionspolitik Reinaids von Dassel war endgültig -druck. Im Kampfe gegen den Versuch, die Kurie durch eine gescheitert. Beeinflussung der Papstwahl in die alte Abhängigkeit vom Kaisertum zurückzuzwingen, hatte die Selbständigkeit der römischen Kirche die Feuerprobe bestanden. Als Alexander bald nach dem Friedenähnlich wie Kalixt II. nach dem Investiturstreit und Schluß, Innozenz IL nach Beendigung des Schismas, in Rom das dritte lateranische Konzil (1179) versammelte, eine glänzende Vertretung der lateinischen Christenheit, da wurden nicht nur die letzten Trümmer des Schismas aus dem Wege geräumt, und der von den Stürmen durchschütterte Bau der Kirche neu gefestigt, sondern auch durch ein Dekret, das die Papstwahl unter Ausschluß aller fremden Elemente an die Zweidrittelmehrheit der Kardinäle knüpfte, die Spitze der Kirche in Zukunft vor ähnlichen Gefährdungen nach — — Möglichkeit gesichert. Aber dieser Sieg des Papsttums war doch nur dadurch errungen, daß Alexander in kluger Mäßigung die weitergehenden gregorianischen Herrschaftsziele einstweilen völlig zurückgestellt hatte. Die Anerkennung der kirchlichen Selbständigkeit durch Friedrich bedeutete entfernt eine Unterordnung des Imperiums! Vielmehr wennschon es auf die Obergewalt verzichten mußte, doch ebenbürtige Macht aus eignem Rechte neben das Papsttum, nicht trat es, als und unter dem politischen Gesichtspunkte betrachtet, darf der Friede von Venedig keineswegs als eine Niederlage des Kaisers gelten. Die völlig unbestrittene Herrschaft in Deutschland bildete das ic6 II" I'J«^ Zeit Fundament der Steufer. Im burgundischen Reiche, der damals, nach dem Frieden, in umfassenderer Weise wieder persönlich die Hoheitsrechte wahrgenommen und sich zum Zeichen seiner Herrschaft in In Italien hatte es zwar Arles zum König krönen lassen (1178). bei dem schon I175 ausgesprochenen Verzicht auf die Durchführung der roncalischen Beschlüsse in der Lombardei, jenem andern Hauptprogrammpunkte von Reinaids Politik, sein Bewenden haben müssen, aber die letzten diplomatischen Erfolge des Kaisers Dem hatten seine Machtstellung doch auch da wieder gehoben. sichere Heimat seiner seiner Macht. Gemahlin Beatrix, hat er eben gespaltenen, dem päpstlichen Einfluß mehr und mehr entLombardenbimde stand er viel sicherer, als noch vor kurzem, gegenüber, von Sizilien war vorab nichts zu besorgen; in Mittelin sich rückten aber war zuletzt der Umfang der kaiserlichen Herrschaft durchaus behauptet, hier konnten die Tendenzen des uiunittelbaren Beamtenregiments bald mit völler Energie wieder aufgenommen werden. Damit aber war die Gefahr eines politisch-militärischen Druckes auf die Kurie erneuert. Nur durch kaiserliche Truppen hatte Alexander nach Rom zurückgeführt werden können (1178), ohne daß er sich doch auf die Dauer zu halten vermochte. Bald genug kam es zu erneuten Reibungen der kaiserlichen und päpstNoch wahrte Alexander dvirch kluge Zurücklichen Ansprüche. haltung den Frieden, aber als er 1181 starb, konnte er nicht mit der gleichen Befriedigung, mit der er auf den domenreichen, aber ehrenvollen Kampf seines Lebens zurückblickte, auch in die Zukunft Denn Friedrich Barbarossa war unbestritten der erste schauen. Herrscher Europas, und schon hatte mit der Niederwerfung seines mächtigsten Vasallen in Deutschland die Epoche seiner letzten großenErfolge begonnen. italien § Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedriehs 13. I. (1178—1190). Die Machtstellung Heiiurichs des Löwen *) wäre schon durch noch immer kräftigsten, wenn auch durch Abtrennimgen verkleinerten Herzogtvuns Bayern mit dem in dem Umfang seiner herzoglichen Gewalt zwar beschränkten, aber durch die Stärke seines Sondergeistes von je hervorragenden Sachsen die Verbindung des innerlich *) Eine wirklich befriedigende Biographie fehlt. Die kurz nacheinander Werke von Prutz (1865) und Philippson (1867) genügen nicht Wünschen. Von Spezialarbeiten sind daneben namentlich die von Heigel- erschienenen allen Riezler für Bayern (1867) und von Weiland für Sachsen (1866) heranzuaiehen. § 13. Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedrichs I. (1178 — 1190). 157 höchst bedeutend gewesen. Kernpunkt, Eigenart und weltgeschichtlichen Wert erhielt sie indes erst dadurch, daß Heinrich es verstanden hatte, die seit einem Menschenalter gegen den slawischen Osten heranbrausenden Wogen der deutschen Kolonisation in seinen Der rücksichtslos-stürmischen Tatkraft des Machtkreis zu leiten. Löwen, die seinen Namen bei den Abotritenhäuptlingen gefürchteter machte als den Gottes, war vor allem die Unterwerfung, Germanisierung imd Christianisierung der Wendengebiete des heutigen Holsteins, Lauenburg und Mecklenburg zu danken, jener Lande, die schon um das Jahr 11 72, wie Helmold schreibt, gleichsam eine große Ansiedlung der Sachsen mit Städten und Dörfern und einer wachsenden Zahl von Kirchen und Geistlichen geworden waren. Heinrichs Sorge für das Emporkommen des neugegründeten Lübeck, die Empfehlung seines Marktes in Dänemark, Schweden, Norwegen und RuJßland, die Privilegierung der Kaufleute von Gotland, die Befreiung der Ostsee von der wendischen Piraterie, die Einmischung in die Thronwirren Dänemarks und die Anlehnung von dessen Königtvun an die Macht des Löwen, alles das scheint bereits vorDas Vorrücken der auszudeuten auf die Glanztage der Hanse. Grenze und die erzwungene Achtung des Auslandes kamen auch dem Reiche zugute. Gleichwohl darf von einer bewußt deutschnationalen Politik Heinrichs ebenso wenig gesprochen werden, wie etwa von einer solchen des brandenburgisch-preußischen Staates Denn gerade die neubis hinein in das neunzehnte Jahrhundert, gewonnenen Slawenlande mit ihrem weiten Umkreis landesherrlicher Befugnisse, der Verfügung über Rechtsprechung und Besteuerung, und kirchliche Regalien, mit einer Beamtenverwaltung, der Kaiser in Ober- imd Mittelitalien aufzurichten versuchte, taten dem rein egoistischen Machtstreben des Löwen Genüge. Ähnliche Grundsätze einer neuen Landeshoheit auch in seinen Bischofstühle wie sie Territorien zur Anwendung zu bringen, konnte nur auf geringe Hindemisse in Bayern stoßen, wo das Herzogtiun von alters her im Besitze der meisten Grafschaften war, und keine nennenswerte Mittelgewalt ihm im Wege stand. Anders in Sachsen, altdeutschen wo das beschränkte billungische Grenzherzogtum sich trotz seiner Verschmelzung mit den lotharianischen Hausgütem nicht entfernt Hier gab es mit dem Umfang des alten Stammesgebietes deckte. in den Markgrafen von Brandenburg und Meißen, in dem Landgrafen von Thüringen, in den Erzbischöfen von Köln, Bremen und Magdeburg ansehnliche Mächte, die sich dem Vordringen der landesherrlichen Ansprüche Heinrichs widersetzten und auch den Schon mehrfach bedrohten kleineren Herren Rückhalt gewährten. war es daher in den sechziger und siebziger Jahren zu geheimen jeS II. Die Zeit der Staufer. Verschwörungen, offenen Verbindungen und kriegerischen Angriffen gegen den Löwen gekommen, und wiederholt hatte der Kaiser zu "Wir sahen schon, wie dessen Gunsten vermittelnd eingegriffen. dies freundvetterliche Verhältnis in Chiavenna den ersten Stoß erhielt. Heinrich glaubte sich um das Reich und die Bedürfnisse seiner großen Politik nicht weiter kümmern zu brauchen, und indem er mit leidenschaftlicher Hast an dem Ausbau seiner deutschen Machtstellung arbeitete und jene mittleren fürstlichen Gewalten, auf deren Hilfe der Kaiser ebendamals mehr als je angewiesen war, zurückzudrängen suchte, zog die Gefahr drohend herauf, daß er das Reich zersprengen und sich für einen großen Teil an dessen Stelle setzen könne. Selbst wenn wir vom Standpunkte der modernen nationalen Betrachtungsweise zugestehen wollten, daß das für die Entwicklung Deutschlands keineswegs ein Unglück gewesen wäre, würden wir es begreiflich finden, daß das Oberhaupt des Reiches solchen Bestrebungen entgegentrat. Aber man wird sich überhaupt hüten müssen, in dem großen Gegensatze jener Tage den Weifen als den eigentlich nationalen Helden gegen den universalgerichteten Staufer auszuspielen und so als einen Unterschied der politischen Überzeugungen hinzustellen, was doch nur ein Ausfluß der verschiedenartigen Stellung war. Wir haben gewiß alle Ursache, anzunehmen, daß Heinrich, der als Herzog und von der kaiserlichen Macht stets gedeckt, sich auf die näherliegenden Herrschaftsziele beschränken konnte, an der Spitze des Reiches durch die sachliche Notwendigkeit ganz ebenso in die Bahnen der imperialen Politik getrieben wäre, wie ein Otto I., Lothar und Otto IV., imd dann vielleicht noch gewalttätiger und rücksichtsloser jeden Anspruch verfolgt Denn vergleicht man die beiden Persönhätte, als sein Gegner. Hchkeiten, so heben sich gerade in dieser letzten Auseinandersetzung die schwungvolle Größe, vornehme Sachlichkeit und reife Sicherheit Friedrichs vorteilhaft genug ab von der gewinnsüchtigen, hochmütigen, leidenschaftlichen Art des Vetters, der durch blinden Eigenwillen und unbändigen Trotz seinen Sturz nicht zum wenigsten selbst verschuldet hat. Denn des Kaisers Vorgehen war langsam und bedächtig, die Erinnerung an den alten, mühsam von ihm selbst beigelegten staufisch- weifischen Bruderzwist noch allzu lebhaft, als daß er an eine Erneuerung desselben oder gar an einen Vemichtungskampf gegen den mächtigen Vetter von vornherein auch nur hätte denken mögen. Erst Schritt für Schritt, unter dem Antrieb der fürstlichen Gegner Heinrichs und befördert diu-ch dessen eigenen Starrsinn, ist aus der Erkaltung der Beziehungen ein Rechtsverfahren und schließlich eine Achtvollstreckung geworden. § 13. Die Zeit der letiten großen Erfolge Friedrichs I. (1178— 1190). i^^ Zuerst im Vertrage von Anagni verriet eine für den Herzog Bestimmung über die Beseitigung des schismatischen ungünstige Halberstadt das Nachlassen der früheren RücksichtWenn der In Sachsen erwuchsen daraus neue Kämpfe. rückkehrende Kaiser jetzt noch einmal den Waffen der Gegner Heinrichs Einhalt gebot, so bedeutete das nicht eine erneute Parteinahme für den Vetter, sondern den Entschluß Friedrichs, ihn statt Bischofs von nahme. durch Landfriedensbruch durch ein geordnetes Gerichtsverfahren ^) in Der Trotz, den der Weife demselben, als es nun seinen Gang nahm, durch beharrliches Fembleiben entgegensetzte, wird uns in der Tat verständlich nur dadurch, daß er bei einer Begegnung mit dem Kaiser den veränderten Wind von oben sogleich spürte und von jenem Rechtsgang nichts Gutes die Schranken des Rechts zu zwingen. Reibungsfläche Vettern. Der alte 11 78) erweiterte sich noch Interessenkreisen der beiden Eben damals (Ende für sich erwartete. die zwischen Herzog Weif den VI., bei seiner Verschwendungsucht ewigen Geldnöten, hatte seine reichen schwäbischen Eigengüter ursprünglich dem Löwen für eine Summe vermacht, die dieser inJetzt schloß er das Geschäft mit seinem des nicht auszahlte. anderen Neffen, dem Kaiser, ab. Ein ruhig xirteilender Politiker hätte sich mit der Notwendigkeit verhältnismäßig geringer Einbußen abgefunden; Heinrichs reizbarer Weifenstolz ertrug das nicht, und in indem er die Festigkeit seiner Machtstellung überschätzte, glaubte er offener Auflehnung gegen die Gerichtsgewalt des Kaisers behaupten zu können. Das erst führte seinen Stiirz herbei. Es kommt hier nicht auf die Einzelheiten des Rechtsganges an, die imsre Quellen ziun Teil im Unklaren lassen.') Die Hilfsverweigerung von Chiavenna konnte keinesfalls als rechtliches Moment in Betracht kommen, höchstens als politische Ursache mitwirken.') Zu der Klage der Fürsten auf Landfriedensbruch gesellte sich die weitere auf Hochverrat, der, wie es scheint, in einer angeblichen Verbindung mit den Lombarden gesehen wiu-de und durch Zweikampf erwiesen werden sollte. Als sich Heinrich, wie einstmals Otto von Nordheim, den Ladungen entzog, erfolgte seine Verurteilung Er ward geächtet aus dem rein formalen Grunde der Kontumaz. sich und in all' seiner Lehen und Eigengüter für verlustig erklärt ( 1 1 80). Die alsbald vorgenommene Neuverfügung führte den großen •) Neben der angeßihrten Arbeit Ton D. Schäfer kommen nir Vcrtirteüung Heinrichs neuere Abhandlungen, wie die von Klein und Lucas wenig in BetrachL Dagegen steht eine eingehende Darlegung r. Güterbock in Aussicht. *) Näheres bei Schäfer, der mit W'aitz iwei nebencinandcrlaufcnde Proseate mnterscheidct (Lucas im Anschluß an Ficker kaum mit Recht gar drei). •) Vgl etwa die GesU Henrici IL (M. G. SS. XXVII). ^ l6o ^ic ^i^ ^^^ Staufer. zum Abschluß und stärkte das vor allem auf den Sturz des Weifen Der Kölner und der Paderbomer Sprengel hingearbeitet hatte. wurde von Sachsen abgetrermt und als Herzogtum Westfalen dem Erzbischof von Köln verliehen, der fortan ein ähnliches geistlichweltliches Doppelregiment führte, wie einst der Bruder Ottos des Großen, und eine nicht unbedenkliche Machtsteigerung erfuhr. Die Herzogsgewalt in dem übrigen Sachsen ward, aller neuerlichen Usurpationen entkleidet und dadurch nahezu auf die alten billungischen Gebiete mit den wendischen Marken beschränkt, dem Askanier Prozeß der Stammeszerschlagung Territorialfürstentum, das ja Bernhard von Anhalt, dem jüngsten Sohne Albrechts des Bären Ähnlich verfuhr man mit Bayern. Noch einmal ward ein neues Herzogtum: Steiermark aus seinem Gebiete herausgehoben und mit dem Rest der treue Helfer des Kaisers Otto von Witteisbach belohnt, der seine Pfalzgrafschaft einem jüngeren Bruder abtrat. Damals gewannen die Witteisbacher die bayrische Herzogsübertragen. würde. So hatte man bereits das Fell des Löwen vergeben, ehe man ihn erlegt hatte. Noch wies er grimmig seine Zähne. Indes Friedrich hatte das Interesse der Fürsten nun doppelt mit dem seinigen verkettet, und als er selbst mit ihrer Hilfe zur Vollstreckung der Acht in Sachsen erschien, wirkten der Glanz des kaiserlichen Namens und die Abneigung gegen das autokratische Regiment Heinrichs zusammen, um einen allgemeinen Abfall hervorzvuiifen. Als auch die englische und dänische Hilfe, auf die er gezählt haben mochte, versagte, sah sich Heinrich zur Unterwerfung imter die Gnade des Kaisers gezwungen ( 1 1 8 1 ) , der jedoch den Spruch des Fürstengerichts nur insofern für den Vetter mildem konnte, als ihm seine braunschweigisch - lüneburgischen Hausgüter belassen wurden. Doch ward er zur Verbaimung verpflichtet, aus der er frühestens in drei Jahren mit kaiserlicher Erlaubnis sollte zurückkehren dürfen; er wandte sich mit den Seinen an den Hof seines königlichen Schwiegervaters in die Normandie. So trat seine Erscheinung eine Weile völlig heraus avis den deutschen Kämpfen, und der alte Einfluß war für immer dahin, nicht zum Segen der ostelbischen Gebiete. Denn wenn auch das Gesamthaua der Askanier mit der Verfügung über das Herzogtum, die Mark Brandenburg und das Erzbistum Bremen eine ansehnliche Stellimg in Sachsen einnahm, so fehlte in dem Nebeneinander fürstlicher Gewalten doch der einheitliche, machtvolle Herrscherwille. Konnte sich Lübeck als Handelsplatz und Auswandererhafen gerade in der große Ungebundenheit einer Reichsstadt, die es nun geworden war, kräftig weiterentwickeln, und kamen die einmal flutenden Wellen der § 13- Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedrichs I. (1178 — 1190). j^i auch jetzt nicht ins Stocken, so ging der Slawenlande an der Ostsee bald genug bedenklich zurück, und Dänemark, das die Lehensabhängigkeit dem Reiche kündigte, trat hier die Herrschaft des Löwen an. Friedrich war diesen Dingen gegenüber keineswegs gleichgültig, er suchte die Lehenshoheit über Pommern dem Reiche, freilich ohne dauernden Erfolg, zu gewinnen, er begünstigte Lübeck; aber im Strome der großen Weltpolitik konnte er auf die Dauer den fernen Grenzgebieten des Nordostens nicht die gebührende Aufmerksamkeit schenken. Für ihn selbst aber war der rasche und vollständige Sieg über den weithin gefürchteten Gegner, mochte er ihn auch mit den Fürsten teilen, ein bedeutender Erfolg; im Reiche wie im Auslande schnellte das kaiserliche Ansehen mit einem gewaltigen Ruck in die Höhe. Friedenssicherheit und Machtbewußtsein atmeten die glanzvollen Hoftage der nächsten Jahre, vor allen andern das von den Dichtem verherrlichte große Mainzer Pfingstfest von 1 1 84 eine Feier des Herrscherhauses, die Schwertleite der beiden ältesten Söhne Barbarossas, erhoben zu einem Nationalfest, in der Beherbergung, Verköstigung und Ordnung von mehreren Zehntausenden der Gäste trotz eines störenden Unfalls eine staunenerregende organisatorische Leistung, eine furchtgebietende Heerschau der deutschen Ritterschaft, und mehr als alles das: die Verkörperung einer neuanbrechenden, großen Kulturepoche. Der Händedruck, den dort der Troubadour Herr Guiot von Provins und der deutsche Dichter Heinrich von Veldeke miteinander austauschten, versinnbildlichte deutschen Kolonisation politische Einfluß auf die : gleichsam das das Hineinfluten Reichsgebiet. Sie der ritterlichen Kultur Frankreichs in ein erstes Schönheitsideal des bedeutete seit den Tagen des Altertums, ein erstes Erwachen sinnWeltfreude neben den strengen Forderungen christlicher Moral, Lebens licher eine erste Laienbildung. nischer Kultureinflüsse Nation. brachte Sie verfeinertes eine Formgefühl der Phantasie. Sie verband mit in Rittertugend den Reichtum mohammeda- der Eigenart der keltisch-germanischen Veredlung der Empfindungsweise, ein Leben und Kunst, eine Bereicherung und Heldendichtung, Frauendienst und Minnepoesie waren die vornehmsten Blüten dieser Kultur. Ihr Einströmen in Deutschland bedeutete eine Verwälschung der führenden Gesellschaftskreise wie nur je in den Tagen des Rokoko, aber mit dem grundlegenden Unterschiede, daß hier eine starke, selbstbewußte Nation, weit davon entfernt, sich an das fremde Wesen zu verlieren, die neue Bildung auf den kräftigen Stamm ihrer Eigenart pfropfte und so Blüten trieb, welche die Leistungen der französischen Meister oft genug in den Schatten stellten. Nicht gar lange nach dem Mainzer Feste begann Walter von der VogelHampe, Deutsche Kai*et{Mchicbte. H ^- ^ic l(f2 weide seine Poetenlaufbahn, <^^t der Staufer. formte sich das Nibelungenlied zu Wolfram von Eschenbach zum Dichter und Denker heran. Erst als unter Friedrich IL die politische Vormachtstellung Deutschlands allmählich sank, setzte auch im deutschen Ritterstande eine kulturelle Erschlaffung ein, begannen Empfindelei, Schematismus und Frivolität hervorzutreten, und sklavische Nachahmung des fremden Wesens sich breitzumachen. Je kürzer aber die Dauer der reichen Blüte, desto leuchtender ihr Glanz! Und er seiner heutigen Gestalt, reifte ist es nicht zum wenigsten, der auf die letzten Jahre Barbarossas Minnesangs Frühling verklärt mit romantischem Schimmer das greise Haupt des Kaisers, der sich auf jenem „Feste ohne Gleichen" noch als ein rüstiger Sechziger in das Getümmel des Riesentumiers stürzte und von den anwesenden Dichtem einem König Artus, Alexander und Caesar verglichen wurde. Schon hatte ihm damals die durch den Sturz des Löwen ge- strahlt. festigte deutsche Machtstellung einen weiteren Erfolg in Italien einDie Lombarden mochten, als der sechsjährige Stillstand getragen. seinem Ende entgegenging, jetzt erst recht nicht einen neuen Waffengang wagen. Die eröffneten Unterhandlungen führten zum Er ist früher Abschluß des Konstanzer Friedens (Juni 1183). wohl einem Zusammenbruch der kaiserlichen Herrschaft in Oberitalien gleich erachtet worden, aber nichts wäre verkehrter als das. Denn die Undurchführbarkeit der roncalischen Beschlüsse hatte sich schon vor der Niederlage von Legna.no herausgestellt Den damals bereits angebotenen Zugeständnissen gegenüber aber bedeuteten die Konstanzer Bestimmungen eine erneute Steigerung der kaiserlichen Rechte, die dem Wachstvun seiner Macht entsprach, aber daneben doch auch der hier ähnlich wie in Venedig bewährten diplomatischen Kunst Friedrichs verdankt wurde. Noch größer war natürlich der Abstand des jetzt Erreichten von den Verhältnissen Oberitaliens unter der ohnmächtigen Herrschaft Konrads III. Es erleichterte die Verständigung imgemein, daß ein Hauptstreitpvmkt durch ein Sonderabkommen vorher aus dem Wege geräumt wurde. Alessandria hielt es für geraten, sich durch Unterwerfung unter die Gnade des Kaisers seine Existenz als Stadt zu sichern. Es wurde als solche formell neu begründet, auf den Namen Caesarea umgetauft und schützte künftig als kaiserliche Feste das Machtgebiet des Reiches in der westlichen Lombardei: also vmd sachlicher Erfolg Friedrichs, der seine Der Konstanzer Friede selbst suchte die Anerkennving des Bundes xmd des gegenwärtigen Besitzstandes zu verbinden mit einer Befestigung imd Nutzbarmachung der kaiserlichen ein voller moralischer Stärke verriet. Oberhoheit § 13. Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedrichs dem L (1178 — 1190). i^-t Den Städten überließ er die Regalien innerhalb ihrer Mauern völlig, in stadtischen Gebiete aber nur dann, wenn sie nicht durch Schiedsgericht Rechte erwiesen oder statt dessen von den Kommunen durch Entrichtung einer Pauschsumme abgelöst wurden. Auch eine erhebliche einmalige Zahlung für den Frieden kam den Finanzen des Reiches zugute. Die kaiserlichen Hoheitsrechte aber wurden viel weiter ausgedehnt, als den Lombarden lieb war: die Konsuln ihrer Städte sollten zwar nicht mehr vom Kaiser als Beamte eingesetzt werden, sondern freigewählte Vertreter sein, aber doch zur Einholung der Investitur vom Kaiser und zur Leistung des Treueids verpflichtet, wie alle Bürger zur Ablegung eines Untertaneneides; die kaiserliche Appellationsinstanz blieb für wichtigere Gerichtssachen gewahrt, nur erleichtert durch Bestellung von Vertretern des Kaisers in den Städten, die herkömmlichen Leistungen der Heeresverpflegung wurden nicht nur auf die Krönungsfahrt nach Rom beschränkt, sondern galten far alle Durchzüge durch die Lombardei. als kaiserliche jährliche Wohl und blieb ein Bund innerhalb des Staates stets bedenklich, war der Stellimg der Fürsten in Deutschland vergleichbar. Aber wie hier die kluge Politik eines Barbarossa noch Handhaben genug besaß, seinen Herrscherwillen durchzusetzen, so bewahrte der Konstanzer Friede der obersten Reichsgewalt in den lombardischen Städten nicht niu: eine ergiebige Finanzquelle, sondern sicherte ihr auch ein notwendiges Mindestmaß von Hoheitsrechten. Die heftigen Rivalitäten innerhalb des Bundes eröffneten überdies einer geschickten Diplomatie stets Wege genug, um den kaiserlichen Einfluß geltend zu machen. Endlich lagen zwischen den städtischen Gebieten noch allenthalben die Selbständigkeit der oberitalischen Städte imd weltliche Territorien und Fetzen von Reichsdurch das Emporsteigen der Städte nur um so mehr Anlehnung an die kaiserliche Gewalt suchen mußten, und es war ein feiner Erfolg von Friedrichs Politik, daß er die Lombarden zum. Schutze des zerstreuten Reichsbesitzes, darunter auch der von der Kurie beanspruchten mathildischen Hausgüter, verpflichtete. Zusammen mit dem geschlossenen piemontesischen Machtgebiet und den Erwerbungen in der Romagna blieb so auch die unmittelbare Herrschaft des Reiches in Oberitalien noch ansehnlich genug. Der Friede von Konstanz hat sich in der Tat als eine annehmbare Ausgleichimg der beiderseitigen Ansprüche erwiesen und blieb für diese Verhältnisse in den folgenden Jahrzehnten Staatsgrundgesetz. Alles kam freilich für das Reich darauf an, wie weit es gelang, die verbliebenen Rechte dauernd wahrkleinere geistliche besitzimgen, die mm zunehmen. Wesentlich war insbesondere die Behaupttmg des mathildischen Erbes gegenüber den Ansprüchen der Kvirie. Friedrichs Entschlossenheit, zum mindesten die strategisch imd wirtschaftlich wichtigsten Gebiete desselben festzuhalten, war ebenso vmverkennbar, we sein ernstliches Streben nach einem Ausgleich. Sein an I II- 54 I^'c Zeit der Staufer. sich weitgehendes Angebot, als Ersatz je ein Zehntel der gesamten italienischen Reichseinkünfte für Papst und Kardinäle mußte doch abgelehnt werden, weil So kam des Kaisers gemacht hätte. es Neue es Kurie sicherzustellen, zum Pensionär zu keiner Verständigung. der Papst die Henschaft die Sollte tauchten auf. über die deutsche Kirche auf die Dauer unangetastet Eben war es zu einer Doppelwahl im Erzbistum Trier lassen? gekommen (1183). Der Kaiser hatte, im wesentlichen nach den Normen des Wormser Konkordats dem Erwählten der einen Partei die Investitur erteilt, aber der unterlegene Kandidat appellierte an Andrerseits wünschte Friedrich nach dem Vorbilde die Kurie. Karls des Großen und Ottos des Großen seinen Sohn Heinrich schon zu seinen Lebzeiten zum Kaiser gekrönt zu sehen, um für den Fall seines Todes jede Störung der Herrschaft zu vermeiden, und erbat die Einwilligung des Papstes. Aber bedeutete das nicht fast schon Erblichkeit der Kaisei"würde und für die Kurie noch eine Steigerung des immer lästiger empfundenen Druckes der imperialen Streitpunkte Friedrichs Macht? Die beiden Häupter der Christenheit hofften diese und andre Meinungsverschiedenheiten am leichtesten durch eine persönliche Aussprache beseitigen zu können, die im Herbst 1 1 84 in Verona Lucius IH., als Kardinal gelegentlich Vertrauensmann stattfand. des Kaisers, blieb ihm auch als Papst (11 81 85) versöhnlich und — wohlwollend gesinnt. Aber solche persönlichen Beziehungen konnten höchstens den Zwist vertagen. Nur auf dem unpolitischen Gebiete der Ketzerbekämpfung kam es zu einem Zusammenwirken der Die Gefahr des kaiserlichen Acht mit dem päpstlichen Banne. heil. Landes regte zu dem Plane eines neuen Kreuzzuges an, und der auf englische Vermittlung zurückgehenden Verwendung des Papstes gestand der Kaiser die Rückkehr Heiruichs des Löwen nach Deutschland zu. Im übrigen standen die freundlichen Verkehrsformen im Mißverhältnis zu den Ergebnissen der Verhandlungen. Beklemmung und Mißtrauen, vereinigt mit Kampfesscheu, Und ergaben zunächst noch eine hinhaltende Politik der Kurie. vielleicht erreichte sie noch in Verona die niederschmetternde Kunde von der am 29. Oktober in Augsburg vollzogenen Verlobung des deutschen Thronfolgers mit der Erbin des sizilischen Reiches. Von da ab gab es für das politische Papsttum nur noch die Losung heimlicher oder offener Feindschaft gegen das Kaisertum. Es war ein Ereignis von grundlegender Bedeutung für die weitere Geschichte Europas, aber in seiner Entstehung ist es noch in fast völliges Dunkel gehüllt. schwächlichen Wilhelm II. Parteiintriguen und ein am Hofe des kinderlosen, gemeinsamer Gegensatz Deutsch- § 13. Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedrichs I. (1178— 1190). 165 gegen das griechische Kaisertum scheinen förzu haben, daß des Königs Tante und dernd Erbin, Konstanze, die nachgeborene, damals dreißigjährige Tochter des großen Roger II., dem um elf Jahre jüngeren Heinrich die Hand reichte. Was bedeutete dieser Bund und die dadurch in nahe Aussicht gerückte Vereinigung beider Reiche für die deutsche Man wird unbedenklich der namentlich von Ficker Geschichte? energisch verfochtenen Ansicht beipflichten, daß zum mindesten die tatsächlichen Folgen dieses Hinausgreifens über die jahrhundertelang innegehaltenen Grenzen des Imperiums im höchsten Grade verhängnisvoll gewesen sind. Der Versuch, so ganz verschieden geartete Länder wie Norddeutschland und Sizilien dauernd in einer Hand zusammenzufassen, mußte sich früher oder später lands und Siziliens darauf eingewirkt und undurchführbar erweisen. Das Zentnergewicht, das nun auf die transalpine Wagschale des Reiches gesetzt wurde, mußte sie zu Ungunsten Deutschlands herabdrücken und zwar zu einem Zeitpunkte, wo ein energischer und zielbewußter Ausbau der deutschen Königsmacht notwendig und gerade noch möglich war. Endlich mußte das Papsttum, seines südlichen Rückhalts beraubt als unnatürlich imd in Zukimft dort selbst in seinen oberlehnsherrlichen Rechten vom Imperium nun rings umklammert und in seiner freien Bewegung gehemmt, zum Vemichtungskampfe getrieben werden, gefährdet, der schließlich die kaiserliche Gewalt entwiu-zelt hat. Indessen wird man sich hüten müssen, allein hier die Ursachen für eine Entwicklung zu sehen, die in ihrem für Deutschland unheilvollen Verlaufe doch sehr wesentlich durch eine Reihe schwerer Unglücksfälle mit- bestimmt worden Und für den Staatsmann von 1 1 84 konnten Erwägungen wenig in Betracht kommen. Es bot ist. solche historischen oft gefährdete Südgrenze des Reiches zu zu erweitem, dem päpstlichen Nebenbuhler seine Hauptstütze zu entziehen, mit dem Imperium die hervorragenden Mittel des am straffsten und modernsten organisierten Staates von Europa zu vereinigen, der durch seine staunenerregende Finanzkraft und seine maritime Bedeutung gerade die am schmerzlichsten empfundenen Lücken in der Machtstellung des Reiches auszufüllen geeignet war: und das alles nicht auf dem Wege anfechtbarer Er- sich Gelegenheit, die so sichern und Den Politiker unantastbaren Erbrechtes! der solche Vorteile um unsicherer Zukunftbefürchtungen willen in den Wind geschlagen hätte! Wahrlich, wenn die imperialen Hoffnungen, die damals stärker als je am kaiserlichen Hofe genährt wurden, überhaupt in Erfüllung gehen konnten, so war es auf diesem Wege! Jene Verlobung schien den Zeitgenossen und war in der Tat der glänzendste Erfolg der Macht- oberung, hätte sondern man erst kraft finden müssen, H. l66 I>ie Zeit der Staufer. Sie stand denn auch im Hintergunde seines Kampfes mit der Kurie ^), aber mangels einer Handhabe wurden geflissentlich andre Streitpunkte in poIitik Barbarossas. neuausbrechenden rechtlichen den Vordergrund geschoben. Friedrich erschien schon im Beginn des Konfliktes als weit überlegene Teil in der klugen Sicherung seiner Stellung, der dem zähen Festhalten des Rechtsstandpunktes und der unbeirrten Verfolgung seiner Ziele. Um einem erneuten Bunde zwischen Papsttum und Lombarden die Spitze abzubrechen, wußte er mit überraschender Schwenkung Mailand und seinen mächtigen Anhang durch Sondervorteile gänzlich auf seine Seite zu ziehen, sie sogar zur Beschirmung Völlig ausgesöhnt, des italienischen Reichsbesitzes zu verpflichten. rechnete die alte Feindin es sich zur hohen Ehre, daß die Vermählung des deutschen Thronfolgers mit der Erbin Siziliens in Mauern prunkvoll gefeiert, und dabei Heinrich vom Patriarchen von Aquileia zum König von Italien gekrönt wurde (Jan. 1 1 86). ihren man damit ein in das Gewohnheitsrecht des Mailänder Erznach spätantikem Vorbild Heinrich verliehene Tites eines Caesar, daß man nötigenfalls auch ohne päpstliche Zustimmung auf dem Wege der kaiserlichen Mitregierung vorzuschreiten gedachte. Mailänder Erzbischof imd Papst aber waren damals schon Griff bischofs, so zeigte der und ein dieselbe Person. Die Ende letzten Tage Lucius' III. gemahnen in ihrer Stimmung an oder Hadrian IV., und wie damals, so fanden auch jetzt Spannung vmd Kampfesbereitschaft ihren schärfsten Ausdruck in der Erhebung eines ganz ausgesprochenen kaiserlichen Gegners auf den Stuhl Petri (Ende 1185). Urban III. (11 85 1187), ob der früheren Verfolgung seiner Mailänder Familie von persönlicher Rachsucht gegen Friedrich erfüllt, begabt und hochgebildet, aber leidenschaftlich und skrupellos, begnügte sich bald nicht mehr mit heimlichen Gegenwirkungen, sondern stürzte sich blind in den Kampf, indem er in offener Mißachtung der im Einklang mit dem Wormser Konkordat bisher geübten Rechte des Kaisers den Trierer Gegenkandidaten anerkannte und ohne vorhergehende Regalienbelehnung zum Erzbischof weihte. Zu spät suchte er dann nach Bundesgenossen. In Italien bot sich einzig Cremona dar, das durch das Mailänder Bündnis Friedrichs in die schärfste Oppositionsstellung gedrängt und von der kaiserlichen Acht bedroht das eines Alexander II. — Aber die geheime Förderung der Kujie war. rettete die stolze Darüber unterrichtet am besten das noch heute unübertroffene, auch nur wenig zu berichtigende Buch von Scheffer-Boichorst, Vgl. dazu Simsons Darstellung Kaiser F. I. letzter Streit m. d. Kurie. 1866. *) in Einzelheiten in Giesebrecht VI. § 13. Die Zeit der letxten großen Erfolge Friedrichs Stadt nicht vor demütigender Unterwerfung. I. (1178 — 1190). 167 Dvirch eine furchtbare Verheerung des Kirchenstaates auf das tiefste verletzt, durch Einschließung seines damaligen Aufenthaltsortes Verona in seinem Einfluß auf Italien völlig lahmgelegt, richtete Urban seine Hoffnvmg auf Deutschland. Gelang es, die Bande zwischen Friedrich imd der deutschen Kirche zu zerschneiden, so wankte das Fundament seiner Machtstellung. Die Forderungen, die der Papst jetzt erhob, entsprachen zwar durchaus den kanonischen Grundsätzen, aber daß er eben in diesem Augenblicke mit ihnen hervortrat, verriet deutlich ihren Kampfzweck. Er verlangte Beseitigung des königlichen Redie von dem deutschen Episkopate ganz ungesetzlich beanstandet, aber in ihrer scharfen Handhabung durch Friedrich doch als eine lästige imd nicht recht anständige Bedrückung empfunden wurden. Er wollte femer die kirchlichen Besitzungen vor den so viel beklagten Übergriffen der Laiengewalten besser sichern, indem er die Übertragimg von Kirch envogteien und Kirchenzehnten an sie verbot, denn solche Verleihungen hatten oft genug zu widerrechtlichen Entfremdungen geführt. Diese Forderungen, die den kirchenpolitischen Kampf auf andere Gebiete hinüberzuspielen und unter den deutschen Bischöfen eine Oppositionspartei gegen den Kaiser zu schaffen suchten, blieben vielleicht nicht ganz ohne Eindruck. Eine wirkliche Gefahr aber brachte erst der Abfall des mächtigsten geistlich-weltlichen Reichsfürsten, des Erzbischofs Philipp von Köln, für den der kirchliche Streit freilich mehr den Vorwand abgab'). Dieser einst so ergebene und einflußreiche Helfer und Ratgeber des Kaisers war seit der bedeutenden Erweiterung seines Machtkreises durch das westfälische Herzogtum mehr imd mehr aufgegangen in den Sonderinteressen seines Hochstifts: der Abrundung des Gebietes, der Erweiterung des Lehnshofes, der Förderung des emporstrebenden Kölner Handels. Diese Bestrebungen galien- und zwar nicht kreuzten Spolienrechtes^), als im Westen ähnliche staufische die Konkurrenz königlicher Städte und Pläne, Zollstellen stießen rings auf und führten zu persönlichen Reibungen mit König Heinrich. Der Erzbischof suchte und fand Bundesgenossen. Er knüpfte mit Heinrich dem Löwen an; von diesem aus leiteten die Fäden nach England und Dänemark; auch Frankreich nahm in den flandrischen Händeln eine feind- Haltung ein. Diese Gefahren riefen den Kaiser nach Deutschland zurück; aber wenn er Besorgnisse wegen der deutschen Kirche hegen selige Vgl. oben S. 121. Über seine Territorial- und Reichspolitik sind die beiden brauchbaren Arbeiten von H. Hecker (1883) und A. Peters (Marb. Diss. 1899) su vergleichen. ») *) n. Die l68 Zeit der Staufer. mochte, so beseitigte sie völlig der glänzende Reichstag von Gelnhausen (1186). Die überwältigende Mehrheit der deutschen Bischöfe, auch die eifrigsten der ehemaligen Alexandriner, scharte sich mitsamt den weltlichen Fürsten um den greisen Herrscher, billigte seine von überzeugendem Rechtsgefühl getragenen Darlegungen und mahnte den Papst durch ein Sendschreiben zum Nachgeben und Frieden. Je aufrichtiger der kirchliche Sinn der Versammelten, je maßvoller ihre Sprache, desto vernichtender die moralische Niederlage der Urban III. hat sie nicht lange überlebt; von den widerstreitenden Meinungen der Kardinalsparteien hin- und hergerissen, persönlich, wie es scheint, zu den schroffsten Maßnahmen, selbst der Bannung des Kaisers geneigt, ist er kaum ein Jahr nach dem Gelnhausener Tage gestorben (1187). Mit der Überzeugung der meisten Kardinäle von der Notwendigkeit eines Einlenkens trafen nun die schmerzlichen Nachrichten aus dem heil. Lande zusammen, die den Fall Jerusalems von Tag zu Tag erwarten ließen und gebieterisch die Eintracht zwischen den Häuptern der Christenheit forderten. Von den beiden Kurie! kaiserfreundlichen Männern, die unter solchen Eindrücken kurz nach- zu Päpsten erhoben wurden, hat Gregor VIII. (1187) das Friedenswerk eingeleitet, Klemens III. (11 87 91) es vollendet. Es bedeutete ein Nachgeben auf der ganzen Linie; insbesondere wurde die lange verweigerte Kaiserkrönung Heinrichs jetzt in sichere einander — Aussicht gestellt, und kommene Neuwahl in der Trierer Streitsache durch eine voll- angebotener und ihn zufriedenstellender Ausgleich getroffen, der wenigstens die brennendste Verletzung des Reichsrechtes durch das Papsttum rückgängig machte. Und mittlerweile hatte nun auch die immer weitere Kreise ergreifende ein von Friedrich selbst Kreuzzugstimmung dem Kölner Erzbischof allen Wind Durch das erneute Zusammengehen aus den Segeln genommen. des Kaisers mit Frankreich seines Rückhaltes beraubt, vom sonstigen Auslande nicht unterstützt, in Deutschland selbst durch geschickte Schachzüge Friedrichs isoliert, war er ein zu kluger Rechner, um Löwe, das jetzt auch gegen ihn eröffnete Rechtsverfahren bis zum Ende zu mißachten. Noch in letzter Stunde sicherte er sich durch Unterwerfung unter die Gnade des Kaisers seine Stellung; über ungelösten sachlichen Gegensätzen spannte sich scheinbare Freundschaft. Demütigung und Vergebung wurden erleichtert durch die Kreuzzugbegeisterung, denn der Ausgleich vollzog sich auf dem „Hoftage Christi" zu Mainz (Frühjahr 1 1 88), wo Barbarossa und sein Ältester selbst das Kreuz nahmen und viele der Fürsten und Großen zur Nacheiferung entin leidenschaftlichem Trotz, wie einst Heinrich der flammten. § 13- Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedrichs Dieser Entschluß zur persönlichen I. (l Leitung 178— 1 190). des j6q gewaltigen Unternehmens, während Frankreich und England noch durch ihren Hader gehemmt waren, und das Papsttum in Schwäche zur Seite stand, entsprang bei Friedrich ebensowohl religiösen Antrieben, als dem Bewußtsein der aus seiner universalen Stellimg hervorgehenden Pflichten. In der Überzeugung, daß er nach einer abermaligen Verbannung Heinrichs des Löwen das Reich in der energischen Obhut seines demnächst mit der Kaiserkrone zu schmückenden Sohnes und Mitregenten beruhigt zurücklassen könne, ja, daß die heilige Fahrt den Frieden nur noch mehr verbürge, griff er für das Kaisertum nach höheren Zielen und rückte es wieder an den Platz, von dem es seit den Tagen Urbans IL verdrängt war, an die leitende Stelle Wenn es gelang, die in den gemeineuropäischen Angelegenheiten. Sehnsucht der Christenheit zu stillen und das heilige Grab noch einmal den Ungläubigen zu entreißen, wie unermeßlich mußte das Ansehen des Imperiums steigen! Die kühne Inangriffnahme dieser Riesenaufgabe durch den von der Last der Jahre ungebeugten Helden imd ihre großartige Durchführung bis zu dem Augenblick seines Todes bildeten den letzten seiner Erfolge^), Wie einst gerade die Spaltungen des Orients die Erfolge der Kreuzfahrer ermöglicht und den Bestand ihrer staatlichen Gründungen gewährleistet hatten, so drohte ihnen jetzt die Vereinigung Ägyptens und Syriens unter dem an Kraft, Schwung und sittlicher Energie Leichtso unendlich überlegenen Sultan Saladin den Untergang. fertig herausgefordert, hatte er die lateinischen Streitkräfte bei Hittin geschlagen (1187) und einen festen Platz nach dem andern, auch Der Zweifel, ob nicht auch die letzten SeeJerusalem, erobert. städte, wie Tyrus, bis zur Ankunft der Kreuzfahrer gefallen sein würden, wirkte bei Friedrich neben den allzu geringen Beziehungen Der bedeutende Eindruck der Kreuzfahrt auf die Zeitgenossen spiegelt besten unterrichtet darüber Simsen bei Giesebrecht VI, 313 S. Außer wertvollen Briefen sind namentlich her\'orzuheben: die Tagcbuchaufzcichnungen des Domdcchanten Tageno von Passau (aufgenommen in die Chronik des Priesters Magnus von Reichersberg, M. G. SS. XVII); die Historia de expeditione Friderici impcratoris von einem österreichischen Kleriker (Ansbert?), gedruckt in den Fontes rer. Austriac. I, 5, aufgenommen in die Annalcn des Gcrlach v. Mühlhausen, vergl. oben S. 86; Ober die die Historia Peregrinonim bei Canisius, Lectiones antiquae V, 2. ') sich in einer reichen Literatur. Am verwickelten Beziehungen zwischen diesen drei Quellen hat zuletzt Chroust (1892) eingehend gehandelt. Daneben ist das etwas später niedergeschriebene Werk des Griechen Nicetas trotz vieler Irrtümer bemerkenswert (Corp. script. Die gnmdlegende neuere Darstellung ist die von Riezler hist. Byz. 1835). Ergänzungen dazu in der Arbeit von in Forsch, z. deutsch. Gesch. 10. Alle Ergebnisse Fischer (1870) und mehreren Abhandlungen von Röhricht. — sind zuletzt zusammengefaßt von Simson. n> ^>c I?0 Zeit ^Ici' SUufer. des Imperiums zum Seewesen wohl auch auf die Wahl des Landweges ein. Gleichwohl war das ein schwerer Fehler. Man unterschätzte trotz der Erfahrungen des zweiten Klreuzzuges noch immer die ungeheiu-en Schwierigkeiten dieses Marsches; durch bessere Vorbereitungen glaubte man ihrer leichter Herr werden zu können. Und in der Tat war die Organisation unvergleichlich umsichtiger und energischer als in den Tagen Konrads III.: statt schwärmerischer, ungeordneter Massen ein schon durch die hohen Vermögensbedingungen begrenztes, kriegstüchtiges Ritterheer, leichter zu be- wegen und zu ernähren, von dem besten Geiste beseelt und in eiserner Zucht gehalten; Durchmarsch und Verpflegung durch Abmachungen mit dem König von Ungarn, dem Großzupan von Serbien, dem griechischen Kaiser und dem Sultan von Ikonium scheinbar auf das bündigste sichergestellt; an der Spitze ein als Feldherr wie Diplomat gleich erprobter, allverehrter Herrscher, der in nie erlahmender Tatkraft lich selbst die und unerschütterlicher Zuversicht schließ- gewaltigen Hindemisse zu überwinden verstand, welche die Vertragsbrüchigkeit der fremden Fürsten heraufbeschwor. Diese Schwierigkeiten begannen nach dem Durchzuge durch Ungarn und Serbien, sobald man den Boden des griechischen Reiches betrat: anfangs mangelnde Verpflegung, Räubereien, Ränke der Beamten und Reibereien mit der Bevölkerung, dann nach der mühevollen Balkanübersteigvmg in der reichen Ebene von Philippopel offene Feindseligkeiten, Gefangennahme von Friedrichs Gesandten, eine Verbindung des griechischen Kaisers mit Saladin. In der Politik des Isaak Angelos mischten sich Kopflosigkeit und Mißtrauen. Wie, wenn Friedrich trotz gegenteiliger Versicherungen sich als ein Fortsetzer normannischer Eroberungsgelüste entpuppte oder auch nur dem alten Gedanken Raum gab, dem Kreuzzuge durch sogar Einnahme von Konstantinopel eine sichere Basis zu gewinnen? damals fernliegen, was wenig später von Heinrich VI. Hätte geplant, was im vierten Kreuzzuge verwirklicht wurde? Isaak Angelos freilich einen Blick in die Seele Friedrichs tim können, er hätte nichts als das tief eingeprägte Kreuzeszeichen darin erschaut. Nur weil ihm diurch die Feindseligkeit des Griechenkaisers der Weg zu dem fernen Ziele versperrt wurde, dachte er einen Atigenblick an die Eroberung von Konstantinopel, um diesen Plan sofort wieder fallen zu lassen, als Isaak Angelos sich endlich im Vertrage von Adrianopel (Februar 1190) den maßvollen, aber mit Stolz imd Zähigkeit festgehaltenen Mindestforderungen Friedrichs anbequemte. Hieß das nicht eine große Gelegenheit versäumen?^) die Warum ') sollte Das betont vor allem Ranke in seiner Weltgeschichte. § 13. Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedrichs Luden nicht herrschaft zu errichten, zvir (ii 78—1 190). 171 ein, auf den Trümmern des deutsche Herrschaft oder ZweigHerstellung der einst gespaltenen Ein- die Verhältnisse morschen Griechenreiches I. dazu eine römischen Imperiums und als ein künftiges Bollwerk Ob freilich das VerEurojjas gegen den andringenden Orient? waltungsvermögen der damaligen Deutschen einer so unermeßlich schwierigen Aufgabe auch nur annähernd gewachsen war, ob es irgend stärkere und dauerndere Gebilde hätte schaffen können, als die Franzosen in der Staatenwelt des lateinischen Kaisertums, bleibt mehr als zweifelhaft. Wie immer, Friedrich war kein Alexander; wir dürfen ihn nicht tadeln, wenn er der Lockvmg widerstand. Er blieb sich selbst und der Kreuzzugsidee treu! Die Überfahrt über den Hellespont ward nun mühelos bewerkstelligt, aber beim Marsch durch das unwirtliche Innere Kleinasiens erlitten die ELreuzfahrer durch die Angriffe der vmbotmäßigen Turkomanen und die Wortbrüchigkeit des Sultans von Ikoniiun noch Trotzdem blieb die weit größere Entbehrungen und Verluste. Spannkraft des geschwächten und erschöpften Heeres vmd seines Führers stark genug, um die Truppen des Sultans aufs Haupt zu schlagen, Ikoniiun zu nehmen imd den Frieden zu diktieren. Schon waren imter neuen Mühen die Gebirge Cilidens überschritten, schon dehnte sich das christliche Armenien, dessen Fürst Leo II. ebendamals von Friedrich die Königskrone erbat, vor den lechzenden da Blicken der Kreuzfahrer und versprach ihre Not zu stillen, traf sie der härteste von allen Schlägen: ihr kaiserlicher Anführer wiurde bei einem Bade in den kühlen Fluten des Saleph vom Tode ereilt (10. Juni 1190). „Bei dieser Stelle und bei diesem traurigen Bericht," so heißt es in der Kölner Königschronik, „versagt vmser Griffel und verstummt unsre Rede." Das Schicksal des deutschen Kreuzzuges war damit entschieden. Wohl bewährte sich der tapfere Schwabenherzog Friedrich auf dem weiteren Marsche als umsichtiger Heerführer, aber die Siegeszuversicht war dahin, und bald sank auch er ins Grab. Neben den frischen Heeren der Engländer und Franzosen, die nun zur See eintrafen, traten die Deutschen ganz in den Hintergrund. Ebendeshalb berühren ims hier die ferneren Ereignisse des Kreuzzuges Die Ergebnisse waren ja auch diesmal im Verhältnis nicht weiter. zu den Aufwendungen kläglich genug: nur ein schmaler Küstensaum auf dreijährige Frist gesichert, das Hauptziel, die Befreiung Trotzdem erfolgte kein starker des heil. Grabes nicht erreicht! Rückschlag der Völkerstimmung, wie nach dem zweiten Kreuzzuge, Insbesondere das Ansehen des Imperiums blieb unerschüttert; denn aus der Bahn seiner Erfolge hatte den kaiserlichen Helden wie heit des — I ^iß Zeit der 72 Statifcr. zweiten Moses nur ein unzeitiger einen Tod gerissen, und dieser märchenhaften Feme des Orients, in begeisterter Hingabe an eine große Idee umgab sein Haupt mit romantischem Schimmer. Die Erinnerung an ihn ist im deutschen Volke nie erloschen, aber die nationalen Regungen, die heute bei dem Klange des Namens Barbarossa in Schwingung geraten, erklären sich doch nur durch die späte Verknüpfung seiner Person mit der Sage von dem Erst heimlichen und dereinst wiederkehrenden deutschen Kaiser. durch Rückerts Gedicht (1813) ist er da in der Volksphantasie an die Stelle seines Enkels Friedrich II. getreten, und ein halbes Jahrhundert der Sehnsucht nach dem neuen deutschen Einheitsreiche hat die Verbindung seines Namens mit der Kaisersage unlöslich gemacht. Noch nach dem glorreichen Wiedererstehen der alten Reichsherrlichkeit in neuer Form hat man, wenn auch vergeblich, in Syrien nach seinen Gebeinen gesucht, um sie als ein vaterländisches Heiligtum auf deutschen Boden zu überführen. i) Inzwischen hat gelehrte Forschung 2) die alte Sage in ihrer ur- Tod selbst in der sprünglichen Gestalt aus der modernen Umdichtung herausgeschält. die auf einen engen Kreis beschränkte Erkenntnis wird schwer- Aber der breiten Volksvorstellung den freien Strom der SagenAuch tut das nicht not, denn die Phantasie hat hier das Vorrecht vor dem Verstände; sie aber hat mit richtigem Gefühl die vaterländischen Hoffnungen verknüpft nicht lich in bildung zurückdämmen. mit der Person des halbsizilianischen Enkels, sondern mit der echtdeutschen Heldengestalt Barbarossas. § 14. Heinrich VI. (1190—1197). Seltsam hebt sich der des Vaters, neben Jüngling, ') 154 neben die Persönlichkeit Heinrichs VI.^) ab dem dem Helden Vergl. Scheffer-Boichorsts von jugendfrischen Greise der frühgereifte die Charakterfigur! Von Friedrich kritische Auseinandersetzung, Schriften II, ff. *) Ich weise neben den älteren Forschungen von G. Voigt und Riezler, Bezold und R. Schröder hier nur hin auf die zusammenfassende Darstellung der deutschen Kaisersage von Kampers, Die deutsche Kaiseridee in Prophetie u. Sage 1896. ^) Die frühere Beurteilung Heinrichs als Tyrannen schlechthin, wie sie etwa noch bei Gregorovius fortlebt, ist schon durch Abel, König Philipp der Hohenstaufe (1852) beseitigt. Toeche, Jahrb. d. d. Gesch.: Kaiser H. VI, {1867) hat sich dann durch die nahezu vollständige Zusammentragung und Verwertung des Quellenstoffes und eine schwungvolle Darstellung um die Geschichte Heinrichs große Verdienste erworben, doch genügt der kritische V. § 14. Heinrich VI. (i 190— 1 197). 17^ große Politik eingeführt und selbständig mit wichtigen Aufgaben betraut, zum Mitregenten erhoben imd zuletzt als Vertreter im Abendlande zurückgelassen, tritt er uns jetzt mit seinen 25 Jahren als ein völlig Fertiger entgegen. Der magere, schwächüdie Körper, das bleiche, ernste, fast bartlose Antlitz, das ganz von der mächtigen Stirn beherrscht wird, verrät die Gedankenarbeit In der Tat des Staatsmannes, nicht die Faustkraft des Kriegers. ist von dem reicheren, harmonischeren Wesen des Vaters hier nur eine Seite in großartiger Steigerung auf Kosten aller anderen Eigenschaften entwickelt: der Sinn für Macht und die Kunst staatsmännischen Handelns. Wenn die kurze Regierungszeit einen vollzeitig in die gültigen Schluß gestattet, ist die Fähigkeit, die politischen Gelegen- beim Schöpfe zu fassen, die Mittel haarscharf abzumessen, die größten Wirkungen mit dem geringsten Einsatz zu erreichen, aber die letzten Ziele nur um so weiter zu stecken, vielleicht niemals einem mittelalterlichen 'deutschen Herrscher in solchem Grade zu eigen gewesen, wie Heinrich VI., der auch die in gewisser Hinsicht wesensverwandte, aber kleinere und unedlere Natur Heinrichs V. Ein glühender Ehrgeiz, „das Reich noch weit hinter sich läßt. größer vmd mächtiger als unter seinen Vorgängern zu gestalten," trieb ihn vorwärts, verscheuchte ihm Ruhe und Genuß, machte ihn unliebenswürdig, streng und, soweit es seinen Zwecken frommte, auch rücksichtslos, grausam, für Gefühlswerte unzugänglich. Ohne den ritterlichen Sinn, das gerechte Maßhalten und die sittliche Größe des Vaters, von keinem ebenbürtigen Gegner in Schranken gewiesen, umspannte sein Herrschergeist immer weitere Kreise der heiten Weltpolitik, bis ihn ein früher Der Reichtum der Tod sizilischen aus der Bahn Erbschaft war seiner Erfolge riß. für die Staufer, was der Nibelimgenhort für die alten Sagenhelden; er lockte und bannte ihr Sinnen und Trachten und ward schließlich zu ihrem und Deutschlands Verhängnis. Auch die Politik Heinrichs VI. war in viel höherem Maße, als man früher meinte, von der Rücksicht auf Gewinnung und Sicherung Siziliens beherrscht, und selbst die imperialistischen Bestrebungen seiner letzten Jahre trugen einen starken Einschlag normannisch-sizilischer Tendenzen. Anforderungen, und die Auffassung ist noch mehr roDie für alle Abschnitte nötige Nachprüfung ist fUr einzelne bereits geleistet, namentlich durch die scharfsinnigen Untersuchungen von H. Bloch, Forsch, z. Politik Kaiser H. VI. 1 191— 94 (Berl. Diss. 1892). Für Einzelheiten brauchbar auch Ottendorffs Bonn. Diss. über die beiden letzten Normannenkönige 1899 und Is. Caro's Rost. Dis». über H.s Beziehungen Leider gestattet das verhältnismäßig dürftige Quelienmaterial, z. Kurie 1903. namentlich an Urkunden und Briefen, vielfach keine gesicherte Erkenntnis; doch stehen die Hauptzüge hinlänglich fest. Unterbau nicht mantisch als allen realistisch. Die Zeit der ly^ Staufer. Als es nach dem Tode Wilhelms IL von Sizilien (Ende 1189) den Erbanspruch Konstanzens zu verwirklichen, schloß Heinrich, der eben mit dem eidbrüchig nach Deutschland zurückgekelurten Heinrich dem Löwen im Felde lag, mit diesem, statt ihn zu ver- galt, nichten, einen raschen Frieden für das sizilische (Juli Unternehmen und für 1190), um sich den Vollzug der freie vom Hand Papste versprochenen Kaiserkrönung zu verschaffen, die noch dringender wurde, als die Nachricht vom Tode des Vaters aus dem Orient eintraf. Aber vor beiden Zielen türmten sich nun die erheblichsten Schwierigkeiten. Eine sizilische Nationalpartei hatte voll Abneigung gegen die deutsche Herrschaft einen unehelichen Sproß des normannischen Königshauses auf den Thron gehoben (Januar Tancred, eine tüchtige imd gewinnende Persönlichkeit, II 90). wenn auch ohne Größe, war der Förderung des Papstes von vornherein gewiß, der jedes Mittel ergreifen mußte, vun sich vor der drohenden Umstrickung dvurch die staufische Macht zu retten, und der als Oberlehnsherr ein Mitwirkungsrecht bei der Regelung der Eine weitere Stütze bot ihm Thronfolge wenigstens beanspruchte. ein Bündnis mit Richard Löwenherz, das bei dem Winteraufenthalt des Kreuzfahrers in Messina ( 1 1 90/9 1 ) nach feindseligen Reibungen und Erpressungen des englischen Königs zustande kam imd Durch diesen Rückhalt im seine Spitze gegen Heinrich richtete. Süden ermutigt, weigerte sich nun der damals neuerwählte Papst Coelestin HL (1191 98), das Krönungsversprechen seines VorEr war fast schon ein halbes Jahrhundert gängers einzulösen. Kardinal gewesen, ein fünfundachzigj ähriger Greis, heroischer Entschlüsse für die kirchliche Freiheit kamn fähig, von der Überlegenheit der kaiserlichen Macht schmerzlich diurchdrungen, trotzdem das Ringen gegen sie nie ganz aufgebend, aber im Bewußtsein seiner Ohnmacht auf passiven Widerstand, hinhaltende Maßregeln, geheime Charakteristisch, Zettelungen imd Verschwörungen angewiesen, i) daß er jetzt, um einen Vorwand für die Verzögerung der Kaiser- — krönung zu haben, seine eigne Weihe hinausschob. Für Heinrich wären ein längerer Aufenthalt oder ein vorsizilischen und deutschen Indes war er nicht der Marm, Nicht durch brutale sich durch Ausflüchte hinhalten zu lassen. läufiger Verzicht Gegner im Hinblick auf seine gleich bedenklich gewesen. *) Hauck IV, 680 sucht Coelestin gegen den Vorwurf der Schwäche in Schutz zunehmen; ähnlich die JenenserDiss. v. Leineweber (1906). Wie viel von energischeren Maßnahmen der letzten Jahre bereits auf den Einfluß des Kardinals Lothar von Segni (Innozenz III.) ztu-ückzufiihren ist, wird sich schwer Immerhin war die damalige ausmachen lassen; wahrscheinlich recht viel. Lage des Papsttums eine der schwierigsten aller Zeiten. § 14. Heinrich VI. (1190 — 1197). 175 — Gefangennahme, xvie einst Heinrich V. erreichte er sein Ziel, sondern dxirch das hätte nur Gegenwirkungen hervorgerufen, kluge Verwertung der Schwäche des Gegners. Wie er die römische Abstammung und Neigung Coelestins, die nachbarlichen Rivalitätskämpfe der Römer ausnutzte, um durch die Preisgabe des kaiserfreundlichen Tuskulum zunächst jene zu gewirmen und dvuch ihren Druck auf den Papst seinen Zweck, die Kaiserkrönvmg, zu erreichen, das war ein Meisterstück der politischen Rechenkunst, wie es für — Heinrichs Art bezeichnend ist. i) Als er nun aber zur Eroberung Siziliens schritt, häufte sich das Mißgeschick und führte zu einer ernstlichen Gefährdvmg seiner An den Mauern Neapels brach sich die Wucht des eine furchtbare Seuche im Heere warnte noch in letzter Stunde vor der unnatürlichen Länderverbindung, ergriff auch den Kaiser und zwang ihn zum Abbruch der Belagerung. Eine falsche Nachricht von seinem Tode Schon vorher war aus überlieferte seine Gemahlin den Feinden. seinem Lager der als Geisel mitgeführte älteste Sohn Heinrichs des Löwen entflohen, hatte eine Verbindimg mit Tancred angeknüpft, wie einst zur Zeit Konrads III. Weif mit Roger IL, und suchte nun den Aufruhr in Deutschland zu entfesseln. Noch hätte der eiligst heimkehrende Kaiser, der auch jetzt im Hinblick auf Sizilien zu weitem Entgegenkommen bereit war, wohl den Frieden hergestellt, hätte nicht eine Untat die Funken zu loderndem Brande geschürt Heinrich verfolgte auch in der innerdeutschen Kirchenpolitik die vom Vater vorgezeichnete Richtung, aber seinem Wesen entsprechend Hatte jener sich bei in schrofferen und rücksichtsloseren Formen. bischöflichen Doppelwahlen nur theoretisch ein Devolutionsrecht') zuHerrschaft. zur See ungenügend unterstützten Angriffs, Heinrich es jetzt wirklich ztu Anwendimg. In den Wirren, die daraus in Lüttich entstanden, wurde der päpstliche Gegenkandidat Albert, ein Bruder des Herzogs von Brabant, von deutschen Rittern ermordet (Ende 1192). Die noch frische billigen lassen, so brachte Es wäre endlich an der Zeit, daß die sentimentale Auflassung diese« von ungenügend eingeweihten zeitgenössischen Chronisten ausgehend, bis in die neuesten Darstellungen hinein findet, schwände. Die Auslieferung von Tuskulum an den Papst zugleich mit den anderen okkupierten putzen des engeren Kirchenstaates war ja schon im Vertrage Heinrichs mit Eine Treulosigkeit ist höchstens der Kurie v. 3. April 1189 vorgesehen. darin zu erblicken, daß er auf Bitten der Bewohner überhaupt eine Besatzung in die Stadt legte und dadurch Hoffnungen erweckte, in seinem Sinne aber wohl nur den Wert dieses Verhandlungsobjektes steigerte. Was war ihm Tuskulum? Um seinetwillen die verbrieften Versprechungen an die Kurie zu brechen war von Heinrich und die Verständigung mit ihr auüi Spiel zu setzen ') Aktes, die sich , nicht zu verlangen. ') Vgl. oben S. I30. Die Zeit der Staufer. 176 Erinnerung an das Schicksal des Thomas Becket war es vielleicht zum wenigsten, die den Verdacht der Mitschuld sofort, wenn auch ungerechtfertigterweise, auf den Kaiser selbst lenkte. Von der weitverzweigten Vervi^andtschaft des Ermordeten ausgehend, ergriff Und der Aufruhr alsbald die gesamten niederrheinischen Gebiete. nun schlössen sich jene beiden norddeutschen Kreise, deren Rivalität der Kaisermacht Barbarossas lange zugute gekommen war, die sich dann beim Abfall des Erzbischofs Philipp von Heinsberg erstmals berührt hatten, der niederrheinisch-kölnische und der sächsischweifische, zu einer gefährlichen Verbindung zusammen, aus der bald genug das Gegenkönigtum Ottos IV. erwachsen sollte. Hinter beiden stand England, das mit Köln durch wirtschaftliche, mit den Weifen durch verwandtschaftliche Bande verknüpft war. Erwägt man, daß sich die deutsche Fürsten Verschwörung noch weiter, auch nach Oberdeutschland erstreckte, daß der englische König mit dem sizilischen Usurpator verbündet war, daß im Hintergrunde der Papst alle Feinde des Kaisers mehr oder weniger offen unterstützte, so sah sich Heinrich in der Tat einem internationalen Bunde von großer Ausdehnung und Bedeutung gegenüber. Da ermöglichten ihm Glück und diplomatische Meisterschaft, mit einem lächerlich geringen Kräfteaufwand diesen Bund zu zersprengen. Schon längst war er mit Philipp II. August von Frankreich übereingekommen, auf Richard Löwenherz, ihren gemeinsamen Feind, bei seiner Rückkehr aus dem Orient zu fahnden, obwohl er als nicht Für den Herzog Leopold Kreuzfahrer hätte gesichert sein sollen. von Österreich kam noch persönliche Rache hinzu, als er den König, der sich in Pilgertracht unerkannt durch das Reich hindurchgefangennahm und dem Kaiser auslieferte. Wie dieser nun den Glücksfall ausbeutete, wie er durch wiederholte Drohung einer Auslieferung Richards an seinen Todfeind, den französischen König, schließlich die harten Freiheitsbedingungen in zähen, mit imzweifelhafter Überlegenheit gefühlten Verhandlungen erpreßte, das war freilich weder ritterlich, noch vornehm, aber es brachte ihm Erfolg auf der ganzen Linie. Zunächst durch Richards Eine die Plane der hohen Einfluß die Befriedigung Deutschlands! Politik durchbrechende, rasch vollzogene Liebesheirat zwischen dem jüngeren Weifen Heinrich und einer Base des Kaisers, dem einzigen Kinde Konrads, des staufischen Pfalzgrafen bei Rhein, schien überzuschleichen versuchte, geeignet, die Weifen durch die Anwartschaft auf die Pfalz dauernd zufriedenzustellen. Weitere Erfolge waren die Preisgabe Tancreds, die Zahlung einer enormen Lösesumme, die zugleich die dies Mittel für ein neues sizilisches die Lehenshoheit Heinrichs über Unternehmen bereitstellte, endlich den englischen König, ein bedeut- § 14. Heinrich VI. (i 190— 1 197). 17-r Einzig das samer Schritt auf der Bahn der Weltherrschaftspolitik demütigende Ansinnen, als Vasall dem Kaiser gegen seinen bisherigen Verbündeten Tancred persönlich Heeresfolge zu leisten, hat Richard standhaft verweigert vmd schließlich durch eine Erhöhung ! des Lösegeldes abgekauft. Die Bedingungen beweisen aufs neue, wie ausschließlich noch immer der Gedanke der Erwerbung Siziliens Heiruichs Politik beWeit gesicherter im Rücken, nach vunfassenderen Zuherrschte. Abmachungen mit Genua und Pisa auch zur See 1194 seinen zweiten Zug in sein Erbreich an. Auch dort war ein bedeutsamer Wandel zu seinen Gunsten eingetreten. Tancred, der inzwischen in beständigen Kämpfen stetige rüstungen, durch gefördert, trat Fortschritte er gemacht, gegen kirchliche Zugeständnisse die feierliche Belehnung mit Sizilien erlangt vom Papste und vmter Vermittlung Coelestins den aussichtslosen Versuch gemacht hatte, durch großmütige Freigabe Konstanzens auch Heinrichs Großmut wachzurufen, hätte dem neuen Angriff schwerlich zu wderstehen vermocht. Aber er war schon im Beginn des Jahres plötzlich gestorben, vmd gegen den an seiner Stelle auf den Thron gehobenen unmündigen Sohn Wilhelm IH. hatte mm Heiiuich von vornherein gewonnenes Spiel Noch Ende 1 1 94 zog er triumphierend in Palermo ein. Der junge König mit seinen Angehörigen wiurde nach anfänglicher Abfindung infolge einer Verschwörung der Barone in die Verbannung nach Deutschland geschickt. Heiruich stand an dem ersehnten Ziel. Jetzt galt es, das Errungene zu sichern und dauernd mit dem Imperium zu vereinigen. Dafür war von vornherein von unermeßlicher Bedeutung, daß ihm ebendamals seine bereits vierzigjährige Gemahlin ihren ersten und einzigen Sohn gebar {26. Dez. 1194), der, gleichsam als ein Eckstein beide Dynastien imd ruhmreiche Überlieferungen in seiner Person vereinigend, Friedrich Roger wenn gelang, es herzustellen, so erhielt^) eine mußte die großen Er war der geborene Erbe staatsrechtliche Namen Siziliens; Vereinigung beider Reiche sich das sizilische Erbrecht auf das römische König- vmd Kaisertum übertragen. Beides hing unlöslich zusammen. So entsprang der Plan eines Erbkaisertums') nicht eigentlich den Bedürfnissen Deutschlands, sondern dem Wunsche einer dauernden Angliederung Siziliens; seine Durchführung hätte dem Reiche an Stelle des deutschen endgültig den römisch-imiversellen Charakter Denkwürdig genug bleibt der Versuch auch so für die aufgeprägt. ^) UrsprilQglich war der Name Konstantin in Erinnerung an Konat d. Gr. beabflichtiKt. *) Die grundlegende Arbeit darüber ist die lateinische Bonner Diss. Ton Ficker 1849, seitdem im einzelnen überholt; vgl. auch Krammer, s. 0. S. 131. Uampe, Doutache KaisergMchicbte. 13 lyQ . deutsche Geschichte. Die Zeit der Staufer. Fürstlicher Sonderpolitik und päpstlichen Ein- wäre damit für alle Zukunft der Boden entzogen. Von einem Staatsmanne wie Heinrich dürfen wir voraussetzen, daß er solche Folgen klug erwog. Aber so despotisch dachte doch auch er nicht von seiner Machtstellung, daß er eine derart grundstürzende Verfassungsänderung einfach von sich aus hätte anordnen können; dazu bedurfte er der Zustimmung der deutschen Fürsten oder des Papstes. Er hat es mit beiden versucht. Die Zugeständnisse, die er den Fürsten bot, waren unzuDer Erblichkeit der Krone sollte eine über die direkte reichend. männliche Deszendenz hinaus auch auf weibliche Glieder und Seitenlinien ausgedehnte Erblichkeit der weltlichen Reichslehen entsprechen, aber einzelne Fürsten besaßen derartige Rechte schon durch Sonderprivilegien, und die andern hofften sie wohl im Laufe der Entwickelung leichteren Kaufs zu erlangen. Den geistlichen Fürsten mischungen in die Thronfolge — wurde die Preisgabe des lästigen Spolienrechts angeboten, aber dies Recht wurde in kirchlichen Kreisen als ein Mißbrauch empfunden, dessen Abstellung man ohne so hohen Entgelt glaubte erwarten zu Für so dürftige Zugeständnisse sollte man also verzichten dürfen. auf das wertvollste Recht zur Stärkung der Fürstenmacht, auf alle eignen Thronhoffnungen, sollte wohl gar zum Range sizilischer Barone herabsinken und die eignen Mittel und Kräfte im Dienste sizilischer Unternehmungen vergeuden? Als er damals Heinrichs Machtstellung war furchtgebietend. (1195) die Mark Meißen in Ermangelung eines direkten männlichen Erben als erledigtes Reichslehen einzog und gegen das geltende Gewohnheitsrecht auch nach Jahr und Tag nicht wieder austat, da wagte sich kein Widerspruch hervor gegen die neue Übung, die, folgerichtig weitergehandhabt, nach Art des französischen Königtums, zu einer gewaltigen dauernden Kräftigimg der deutschen Krone Auch gegenüber dem Erbkaiserplan trat zuhätte führen müssen. nächst kein offner Widerstand zu Tage, sondern nach einem schüchternen Verschleppungsversuche gelang es Heinrich, auf einem neuen Reichstage (1196) unter Druck und Drohungen die Stimmen der Anwesenden auf das Projekt festzulegen. Aber noch fehlten angesehene Fürsten, wie der neue Kölner Erzbischof Adolf, das Haupt auch ihr Widerstreben zu brechen, einer rheinischen Opposition. Um neue nach Italien begab, an Bedingungen das Anzu haben, seinen noch im frühesten Kindesalter nun Heinrich, der scheint sich aufs den Papst unter ungewöhnlich sinnen gestellt vorteilhaften stehenden Sohn Friedrich zum Caesar oder Mitkaiser zu krönen, i) *) Diese Nachricht der sog. ungeret") ist in ihrer Deutung viel Marbacher Annalen („et quod in regem umstritten. Die Möglichkeit ihrer Aus- § 14. Heinrich VI. (1190 — 1197). 17g so die höchste kirchliche Autorität dem Köhier Erzbischof Trotz die imperialistischen Bestrebungen gefördert und ein Erbrecht für das Kaisertum ohne vorhergehende Fürstenwahl aner- Wenn zum kannt hätte, wer hätte darm in Deutschland noch fem er in der Aber durch diese Rechnung Gegnerschaft zu verharren gewagt? machte die Kurie einen Strich; in dem klaren Bewußtsein der Einbuße, die auch sie durch eine solche Neuordnung erleiden würde, Dadurch setzte sie der Forderung eine zähe Weigerung entgegen. erstarkte dann auch die Opposition in Deutschland, und Heinrich begnügte sich nun in klugem Einschwenken zunächst mit einem Erfolge, mit dem er immerhin zufrieden sein konnte. Durch die Wahl Friedrichs II. zum deutschen Könige schien das, was er für die Dauer festgesetzt wissen wollte, Vereinigung beider geringeren Reiche unter dem staufischen Herrscherhause, wenigstens für die nächste Generation gesichert zu sein, und der weitergehende Plan, der jetzt fallen gelassen wurde, konnte zu gelegenerer Zeit wieder aufgenommen werden. Aber auch von sizilischer Seite drohte der Vereinigung ernste Heinrich war dort der Nationalpartei weit entgegengekommen, indem er die Verwaltung unverändert ließ und die Regentschaft seiner Gemahlin, der Sizilianerin, der Tochter des großen Gefahr. Aber eben diese, eine stolze Frau von starkem, Roger, übertrug. selbständigem Geiste und leidenschaftlichem Temperament, ganz i), erfüllt von den Überlieferungen des normannischen Königtums nahegestanden zu haben und ist selbst über den Verdacht der Mitwisserschaft um die letzte große Verschwörung gegen ihren Gemahl nicht ganz erhaben. Sicher ist der geheime Anteil des Papstes daran. Die Umlage einer hohen Steuer und der Versuch Heinrichs, nach dem Vorbilde Rogers alle früheren königlichen Privilegien einer scharfen Revision zu imterziehen, hatten scheint jener Partei sehr legung als Krönung zum Mitkaiser suchte ich, im Anschluß an Winkelmann u. Ich freue mich, dadurch den Caro, Mitt. d. Inst. f. öst. Gesch. 27 darzutun. Anstofi zu der sehr beachtenswerten Studie v. Krammer (s. S. 131) gegeben Seinen mehr nach der Seite von Toeche u. Hauck (römische zu haben. Königskrönung) neigenden Darlegungen kann ich mich hier freilich nicht anschließen, vielmehr scheinen mir die sonstigen Ausführungen seines Buches Kr.s Meinung berührt sich gerade zugunsten meiner Auffassung zu sprechen. damit freilich viel näher, als er selbst zugibt; denn ist eine Krönung, durch den Papst in den üblichen Formen einer Kaiserkrönung vollzogen, die den Caesartitel gewährt, zur Nachfolge im römischen Imperium berechtigt, eine künftige Kaiserkrönung überflüssig macht (vgl. Krammer S. 35), überhaupt noch als eine „Krönung zum römischen König" von einer „Krönung zum Mitkaiser* zu unterscheiden? *) Vgl. über sie neuerdings auch P. Kehr, Quell, u. Forach. aus iL Arch. i3flF., Soflf. 1 Die Zeit der jgo die Unzufriedenheit mit der Staufer. deutschen Herrschaft gesteigert. Es handelte sich um nichts Geringeres, als eine Art von sizilianischer Vesper, um die Ermordung des Kaisers und aller Deutschen im Lande, um die Erhebung eines einheimischen Königs. Da ward der Plan vorzeitig entdeckt, und die Verschwörer nun mit blutiger Die Grausamkeit der niedergeworfen (Mai, Juni 1197). Strafen hat dem Kaiser viele entrüstete Vorwürfe eingetragen; sie entsprach immerhin Ort und Zeit und der Furchtbarkeit des Ge- Strenge planten. Indem aber nun die Nationalpartei völlig am Boden lag, dem Kaiser nur zu einem neuen Erfolge verholfen und die Verbindung Siziliens mit dem Reiche neu Und auf dem Grunde dieser Vereinigung hatte Heinrich gefestigt. inzwischen immer sicherer und stolzer die Bahnen der Weltpolitik hatte die gescheiterte Verschwörung beschritten. Dahin sah er sich gewiesen schon durch machtvolle die und Ansprüche in den Zeiten und Kreisen, die für seine Entwickelimg maßgebend Die Reichsministerialität, verstärkt noch durch den Anfall waren. der weifischen Besitzungen Schwabens nach dem Tode Welfs VI. Steigerung der imperialistischen Vorstellungen 1 ( 9 1 ) , stand damals auf dem Gipfelpunkt ihrer politischen Bedeutung. Jenseits der Alpen verharrte die Lombardei im wesentlichen auf dem Boden des Konstanzer Friedens, ward aber von Heinrich durch kluge Ausnutzung der inneren Gegensätze politisch lahmgelegt. Das übrige Italien schien sich immer entschiedener in der Richtung immittelbarer kaiserlicher Beamtenverwaltung zu entund deren Organe waren vor allem die überschüssigen Nirgends aber lebten Kräfte der deutschen Reichsministerialität. so weitausgreifende Vorstellungen von den Aufgaben des deutschen Kaisertmns, wie in diesen Kreisen, in denen sich die Anschauimgen eines Reinald von Dassel in ungeminderter Kraft erhalten hatten. Die Weltherrschaft galt hier geradezu 'als der nationale Beruf der Deutschen, und mit unverhohlener Verachtung blickte man auf die andern Völker und ihre „armen Könige", die dem Kaiser zu wickeln, dienen hatten, i) Der vornehmste Träger solcher Ideen war Heinrich selbst. Schon hatte er in der Person Richards Löwenherz den mächtigsten König Europas in Lehensabhängigkeit gezwungen. Durch die Herrschaft der Plantagenets über mehr als die Hälfte des heutigen Frankreichs war England selbst eine Weltmacht. Und Heinrich betrachtete das Lehensverhältnis nicht nur als bloße Form, sondern beanspruchte 1) Vgl. Burdach, Walter v. d. Vogelweide (1900) auch die Ausfilbruogen von Krammer. S. 135 fif. Dazu jetzt § 14. Heinrich VI. (1190— 1197). 181 einen maßgebenden Einfluß auf Richards auswärtige Politik vmd übte dadurch einen Druck auch auf die französische ICrone. Das Königreich Burgund im Süden Frankreichs konnte für das Reich durch Barbarossa als neugefestigt gelten. Gewisse Ansprüche reichten von dort selbst nach Aragonien, das vorübergehend schon in den Kreis der Heiratspolitik Friedrichs I. getreten war. Im Norden und Osten Deutschlands hielt man an den alten Rechten der Lehnshoheit natürlich fest, werm auch, der allgemeinen südlichen Tendenz ent- sprechend, ohne besonderen Nachdruck und Dänemark gegenüber auch ohne Glück. Und mit diesem gewaltigen Umkreis imperialistischer Ansprüche verbanden sich nun die großen Überlieferungen der normannischen Sizilien war das Zentrum des Mittelmeers, die Politik Süditaliens. Schwelle des Orients. Heinrich erbte hier von Süden her die jähr- Almohadenherrschers von Nordafrika, nach bedeutsame Ansprüche und Eroberungstendenzen gegen das griechische Kaiserreich, die von Robert Guiscard bis auf Wilhelm II. nie ganz geruht und noch zuletzt zu einer erfolgreichen Dazu Heerfahrt gegen die Balkanhalbinsel (1183) geführt hatten. traten für Heinrich die Erinnerungen an so manche Feindseligkeit der griechischen Kaiser gegen seinen Vater und neuerdings Erbansprüche seiner eignen Familie. Im Palaste von Palermo hatte er die einem Sohne Tancreds zur Gattin bestimmte byzantinische Prinzessin Irene vorgefunden und sie mit seinem Bruder Philipp vermählt. Ihr Vater Isaak Angelos aber ward durch seinen Bruder Alexios III. vom Thron gestoßen. Eine Zeitlang trug sich Heinrich in der Tat mit dem Gedanken einer Eroberung Konstantinopels und stand nur davon ab, als Alexios sich zu einer demütigenden Tributzahlung herbeiließ. Aber die Tage des griechischen Reiches schienen Schon suchten ehemalige oströmische trotzdem gezählt zu sein. Gebiete Anlehnung an das abendländische Imperium; die Könige von Armenien und Cypem nahmen von Heinrich ihre Krone zu Lehen. Schon eröffnete sich die Aussicht auf weitere Erwerbungen liche Tributzahlung des dem Osten hin in Syrien. Denn der Eroberungsplan gegen Konstantinopel war doch nur zugunsten eines andern großen Unternehmens, das zurückgestellt aller Energie betrieben wurde, eines neuen Kreuzzuges, aber eines Kreuzzuges, der nicht sowohl eine allgemeineuropäische Schwarmbewegung sein sollte, als vielmehr ein festgefügtes Glied in Er sollte der Kette von Heinrichs weltumspannenden Entwürfen. eimnal den Frieden im Reiche sichern helfen. Heinrich wußte nur nun mit zu gut, macht wie ingrimmig die Kurie den Zustand politischer Ohnder in jenen Tagen sogar einmal den Gedanken einer ertrug, I^'* Zeit der Staufer. j82 völligen Säkularisation des Kirchenstaats hat aufkommen lassen i), wie sie jedes noch so verwerfliche Mittel zu geheimen GegenDer Kreuzzug mußte wirkungen und Friedenstörungen ergriff. ihrer Agitation gewisse Schranken setzen. Er stand femer in enger Beziehung zu dem gleichzeitig betriebenen Erbkaiserplane, dessen Annahme Heinrich vielleicht zur Voraussetzung einer persönlichen Teilnahme gemacht hat. Er sollte den Glanz des Kaiserturas steigern, seine Herrschaft und seinen Einfluß noch weiter ausdehnen. Die Aussichten im Orient hatten sich durch den Tod Saladins, dem neue Spaltungen folgten, erheblich gebessert. Der Kaiser selbst stellte für das Unternehmen eine besoldete Kemtruppe, an die sich die zahlreich teilnehmenden Fürsten und Großen des Reiches anschlössen. Je mehr von ihnen außer Landes gingen, desto unbeschränkter konnte sich unterdes der Einfluß des zurückbleibenden Kaisers, der sich gleichwohl die Leitung des Unternehmens wahrte, geltend machen. Diesmal wurde der bequemere und gefahrlosere Seeweg gewählt. Alles war in Bereitschaft. September 1197 von Sizilien ab. Kvu"z darauf Hoffnungen ist Die Flotte segelte im der Herrscher, der ihre Fahrt mit den kühnsten dem eben die Ernte mühevoller Saaten zu begleitete, reifen begann, plötzlich mit zweiunddreißig Sommers Jahren als ein Opfer des worden (28. Sept. 1197). Seine Gebeine ruhen noch heute im Dom von Palermo. Sein früher, unerwarteter Tod war die furchtbarste Katastrophe der mittelalterlichen Geschichte Deutschlands. Ein Rückschlag wäre ja auch ohne das einmal auf die Überspannung der imperialistischen Tendenzen eingetreten, denn an ein organisches Zusammenwachsen sizilianischen aller dieser dahingerafft beherrschten, verlehnten oder beanspruchten Länder- Aber solange dieser große war ja nicht zu denken. politische Rechner mit seiner kühlen Phantasie an der Spitze stand, hätte immerhin ein zeitliches Gebilde, wie etwa das Weltreich Karls V., erstehen können, und wie alsdann dessen ungeheure Machtmittel zur Stärkung der Monarchie gegenüber Papsttum und Fürstengewalt verwandt worden wären, das können wir an der Hand bedeutsamer Ansätze nur ahnen. Freilich nicht das war das Schlimmste, daß solche Pläne unausgeführt blieben, sondern daß der Führer eben in dem Augenblicke zu Boden sank, wo er in unwiderstehlichem Vorsturm die gegnerischen Kräfte ringsum zwar zurückgeworfen, aber auch zusammengeballt hatte, und der gedoppelte Widerstand, dessen er selbst Herr geworden wäre, einem unmündigen Kinde und einem zerrissenen Deutschland gegenüber das Bild nun mit einem Schlage in sein Widerspiel verkehrte. massen ^) Vgl. V. Heinemann, Mitt. d. Inst. f. öst. Gesch. 9. — § 15. Innozenz III. und die deutschen Thronwirren. (1198 Kaum die jemals, selbst nicht beim Lage einigermaßen erinnert, — 1316). igj Ende Heinrichs III., an das dem Leben eines Mannes hat an Schon die zeitgenössischen deutschen so schlechthin alles gehangen. Chronisten zeigten das lebendigste Gefühl des unersetzlichen Verlustes und die Ahnung eines drohenden Umschwungs. man suchte damals, so erzählte von Bern das deutsche Reich riesenhafte Erscheinung auf sich in Köln, der alte Voller Sorge Recke Dietrich auf; an der Mosel hatte man seine kohlschwarzem Rosse gesehen. Er weissagte künftiges Unheil. $ 15. Innozenz Während und die deutschen Thronwirren. (1198—1216). III. die Verhältnisse im Reiche zu Spaltung imd Bürgernach dem Tode Heinrichs VI. krieg führten, bestieg ein Vierteljahr der Mann den Stuhl Petri, der in der ganzen Reihe der großen politischen Päpste vielleicht als der herrschbegabteste zu bezeichnen ist Das erst vollendete den Umschwung. — Schon daß man den 37jährigen Lothar von Segni, den jüngsten der Kardinäle, zum Papst wählte, spricht für seine überragende Bedeutung. Innozenz III. (1198 1216)^) war von zartem Körperbau und feinen, schmalen Gesichtszügen, in denen man Klarheit vmd gesammelte Energie erkeimt. Genuß imd Muße waren ihm unbekarmt Er beschränkte sogleich den Aufwand der päpstlichen Hofhaltung, ohne indes zu kargen, wo es das Ansehen der Kirche galt. Seine persönliche Bedürfnislosigkeit weckte wohl Klagen der in Mitleiden*) Hauptquelle sind seine bewunderungswürdigen Registerbände (hrsg. von BaJuze (1682) und von Brequigny u. La Porte du Theil (1791); danach, zusammen mit den sonstigen Schriften des Papstes, bei Migne, Patrol. lat. Bd. 214—217). Von besonderer Wichtigkeit für die Reichsgeschichte ist das leider unvollständige „Registrum de negotio imperii". Die „Gesta Innocentii III. papae" von einem unbekannten Zeitgenossen aus der Umgebung des Papstes sind ganz tendenziös, aber stofflich sehr wertvoll (Migne 214). Von neueren Darstellungen ist noch immer die einzige vollständige Biographie die von Fr. Hurter in 4 Bänden, zuerst 1834 ff. wenn auch unkiinstlerisch, so doch gründlich und lehrreich, aber von so schrankenloser Bewunderung des Papstes, daß sie den Übertritt des protestantisch-theologischen Verfassers zur Folge hatte, der dann als Hofhistoriograph des österreichischen Kaiserhauses endete. Das heute veraltete Werk sucht neuerdings A. Luchaire, teilweise mit gutem Erfolg, durch eine Reihe von Monographien über den Papst zu ersetzen: Inno, cent III: Rome et l'Italie (1904), La Croisade des Albigeois (1905), La Papaut^ et l'Empire (1906); La question d'Orient (1907); Les royaut6s vassales du Saint-si^ge (1908); dazu eine Anzahl vorbereitender Abhandlungen, aufgezählt Hist. Zeitschr. 94, 474. Von deutschen III u. d. deutsche Kirche (1882). J. Monographien vgl. Schwemer, I^i^ Z^it der Staufer. 184 Umgebung. Die ungeheuren Anstrengungen, die Körper zumutete, untergruben allmählich seine Gesundheit; wie der Vogel zum Fliegen, so meinte er, sei der Mensch dazu geschaffen, Mühsal zu ertragen. Und diese stete Rastlosigkeit Schaft gezogenen er seinem eines vemunftbeherrschten Schaffens ist für ihn so bezeichnend, wie Gregor VII. die stoßweis hastende, dämonische Leidenschaftlichkeit. Seine Natur barg nicht unerforschliche Abgründe und überraschte nicht durch Blitze blendender Genialität, aber sie wußte vielleicht ebendeshalb umso besser ihr Lebenswerk vor Klippen und Schiffbruch zu sichern. Die scholastische Universitätsbildung seiner Zeit hatte sich Innozenz in einem seltenen Grade der Vollkommenheit angeeignet. Eine scharfe Dialektik spricht aus jeder seiner Äußerungen. Als theologischer Schriftsteller und Redner erscheint er uns zwar ohne Tiefe und Wärme, aber auf seine Zeitgenossen machte der „Abraham des Glaubens" durch seine Rhetorik doch einen tiefen Ein- für druck. Unübertrefflich aber war er als Jurist. Indem er einen großen Teil seines Lebens der persönlichen Rechtsprechung widmete, wm-de das päpstliche Tribunal unter ihm in Wahrheit zu einem Richterstuhl für ganz Europa, vor dem man in rechtlichen und sittlichen Fragen aller Art die vielbewunderten Entscheidungen des „andern Salomo" erwcirtete. Für Innozenz selbst waren solche Vergleiche i) kaum zu hoch gegriffen. Er war daran gewöhnt,' daß man ihm einen unmittelbaren Verkehr mit Gott zuschrieb. Vom ersten Tage seiner Amtsführung an hatte er sich ganz mit den hohen Vorstellungen erfüllt, die seit den Zeiten Nikolaus' I. und Gregors VII. mit seiner Würde verknüpft waren, und fühlte sich als die Verkörperung der hierarchischen Idee. Als Mittler stand er zwischen Gott und Menschen, „weniger als Gott, mehr als Mensch", nicht mehr ein bloßer Stellvertreter des Apostels, sondern Christi selbst. Die Anekdote, nach der er sich einmal den im Lateran bewahrten ungenähten Rock des Herrn angelegt habe, um festzustellen, ob jener nicht kleiner gewesen sei, als er selbst 2), ironisiert die tatsächlichen Ansprüche des Papstes. Diese aber bezogen sich nicht nur auf das Mittleramt zwischen Diesseits und Jenseits, sondern im allerweitesten Umfange auch auf die Herrschaft dieser Welt. Hier trat er ganz in den Ideenkreis Gregors VII. ein und wußte die Überlegenheit des Priestertums über das Königtum, die Überordnung des Papstes über alle Fürsten der Welt in immer neuen Wendungen mit dem *) Vgl. Histor. Viertelj. 8, ) Salimbene M. 509 ff. G. SS. XXXII, 31. § IS. Innozenz III. iind die deutschen Thronwirren. (1198 — 1216). 185 ganzen Schatz überlieferter Bilder und Vergleiche darzutun, insbesondere die Abhängigkeit des Kaisertums aus seiner angeblichen Übertragung durch den Papst von den Griechen an die Deutschen herzuleiten. Und indem er sich nun mit allem Ernst an die Durchführung Ansprüche machte, kamen ihm die Gvmst der allgemeinen der Z\\'iespalt im Reiche, die Minderjährigkeit des siziLage lischen Thronfolgers, die deutschfeindliche Strömung in Italien, der dieser — — französisch-englische Gegensatz ebensosehr zu statten, vAe seine hervorragende Begabung für Verwaltung und Finanzen, sein kritischer Scharfsinn, den er etwa durch die Prüfung verdächtiger Papstvurkunden fast nach den Grundsätzen modemer Forschimg glänzend bewährte, vor allem andern aber seine meisterhafte Diplomatie. Wohl hat ihm mancher außer aller Berechnung stehende Glücksfall die Wege geebnet, aber Innozenz verstand eben ihn zu nutzen, er wußte auch widrigen Entwicklungen sich geschmeidig anzupassen, stets das letzte Ziel im Auge den Weg dahin ständig zu wechseln, sich gelegentlich mit geringem Vorteil zu begnügen oder gar einen Schritt zurückzuweichen, um bald zwei von\'ärts zu tun. Da hat er stets rücksichtslos und unbekümmert um ängstliche Moralbedenken seinen Vorteil, den Vorteil von Kirche und Welt, wie er ihn verstand, wahrzunehmen gewußt, nach echter Diplomatenart die Dinge stets unter dem Gesichtswinkel seiner augenblicklichen Absichten gesehen, beleuchtet und zurechtgerückt. Alles, was man ihm da vom Standpunkte der Moral aus von^'erfen kann ^), geht schwerlich hinaus über das Durchschnittsmaß jedes Realpolitikers und fällt hier eben nur bei dem Papste besonders auf. Daß aber die höchste religiöse und moralische Autorität auf Erden jetzt ganz zum Realpolitiker herabsank, der heute guthieß, was er gestern verworfen, der die kirchlichen Strafmittel zu rein weltlichen Zwecken anwandte und abnutzte, der es mit der Wahrheit nicht eben genau nahm und auf seine politische Tätigkeit selbst das Sprüchwort „wer Pech angreift, besudelt sich" bezogen haben soll, das bedeutete allerdings in der zunehmenden Verweltlichung der Papstkirche einen großen Schritt über Alexander III. hinaus und wurde vorbildlich für die folgenden Jahrhunderte. Freilich, wie sollte man die Weltherrschaft erringen ohne die Mittel der Politik ? Innozenz III., der sie am gewandtesten von allen Päpsten gehandhabt hat, ist dem letzten Ziele vielleicht von allen auch am nächsten gekommen. Zunächst galt es, die Kirche aus der erdrückenden Umklammerung durch das mit Sizilien vereinigte Reich zu befreien und *) Sehr scharf namentlich das Urteil von Hauck; vgl. dazu Hist. Ztschr.93, 417. I^i« Zeit der Staufer. l86 ihre Unabhängigkeit auf eine selbständige Machtgrundlage zu stellen. der Kurie hatte man schon in den Tagen der Ohnmacht unter Coelestin III. durch eine Sammlung der wirtschaftlichen und politischen Rechte und Ansprüche des Papsttums die künftige Erhebung vorbereitet. Man hatte aus den alten Privilegien der Kaiser jene umfassenden karolingischen Versprechungen hervorgeholt, die da widerspruchsvoll genug neben den späteren beschränkten und sie ersetzenden Schenkungen standen und daraus für den Ausbau des Kirchenstaats die weitesten Folgerungen gezogen. Wenn schon ein so maßvoller Verwaltungsmann wie der Kämmerer Cencius in dem großen, 1192 angelegten Zinsbuche der römischen Kirche bemerkte, zum Patrimonium Petri gehörten eigentlich einige vollständige Herzogtümer und Markgrafschaften, so formten sich solche Ansprüche in dem Kopfe eines Innozenz schon damals zum Programm. Aus der höchsten Bedrängnis erwuchsen, wie um die Mitte Im Schöße Gleichwohl die kühnsten Forderungen. wenig wahrscheinlich, daß man sie schon dem gewaltigen Kaiser gegenüber zu erheben wagte, und es darf keineswegs für sicher gelten, daß Heinrich selbst in seinem Testamente Zugeständnisse gemacht habe, die diesen Wünschen begegneten. Wohl hat er auf seinem Sterbebette voll Sorge in die Zukunft geschaut und, wie es scheint, in seinem letzten Willen der Kurie weitgehende Anerbietungen für die Anerkennung seines Sohnes als Kaiser und König von Sizilien, also für die Aufrechterhaltung der Union jener beiden Reiche gemacht; die sizilische Lehensfrage sollte befriedigend und für den Papst recht vorteilhaft geregelt, das Patrimonium Petri und die vielumstrittenen mathildischen Eigengüter ihm herausgegeben werden. Ob aber auch auf den größten Teil Mittelitaliens zu seinen Gunsten verzichtet werden sollte, scheint mehr als zweifelhaft.^) Mag indessen das uns überlieferte Bruchstück jenes Testaments echt, gefälscht oder verunechtet sein, eine tatsächliche Wirkung hat es kaum des ist achten Jahrhunderts, es *) Wir haben es hier mit einer der schwierigsten Fragen der mittelalterlichen Geschichtsforschung zu tun, bei deren Lösung mangels ausreichender Quellen dem subjektiven Gefühl, ein breiter Spielraum bleibt. Sind die An- gaben der Gesta Innocentii, die allein ein angebliches Bruchstück des Testaments bringen, richtig, so wurde es erst nach der Schlacht bei Monreale (1200) von den Päpstlichen in dem Gepäck des zum Vollstrecker bestimmten Markward v. Anweiler erbeutet. Die heute herrschende Meinung hält im Anschluß an die Ausführungen v. Winkelmann (zuletzt in seinem Philipp S. 483 fif.) das ganze Fragment für echt. Abgesehen von den obigen Bestimmungen hätte danach Markward v. Anweiler seine mittelitalischen Gebiete, insbesondere die Mark Ancona und das den Reichsbesitz in der Romagna umfassende Herzogtum Ravenna vom Papste zu Lehen nehmen sollen, und in diesem Falle wäre das Fragment wohl durch eine ähnliche Bestimmung über das Herzogtum Spoleto zu ergänzen, das die notwendige Verbindung zwischen dem Patrimonium und § 15. Innozeni geübt; denn als III. es und die deutschen Thronwirren. (1198 dvirch seltsame hatten die Ereignisse nach Heinrichs — 12 16). 187 Fügung spät bekannt wurde, Tode die Lage bereits völlig verschoben. nach seiner Erhebung sicherte Innozenz seine Hoheit gegen die Ansprüche des Kaisers und des römischen Volkes. Dann wußte er die päpstliche Landesherrschaft über das Patrimonium bis in die strittigen Grenzgebiete Südtusziens hinein zur Anerkennung zu bringen, und indem er die deutschfeindliche Bewegung, die als Rückschlag gegen die straffe Fremdherrschaft Heinrichs bei seinem Tode in allen Teilen der italienischen HalbSofort über insel Rom Zwecke ausnutzte, gelang es Mark Ancona an Stelle Regiment aufzurichten und dvirch ausbrach, schürte iind für seine dem Herzogtum ihm, in Spoleto und der der Reichsgewalt das päpstliche diese Eroberungen, die man geflissentlich als „Rekuperationen" bezeichnete, den Kirchenstaat durch ganz Mittelitalien hindurch von einem Meere zum andern zu erweitem. Nicht das Gleiche gelang in den ebenfalls beanspruchten Gebieten der ward zwar mit Hilfe der Romagna und Tus- Joch der kaiserdoch nicht in dem Papste einen neuen Herrn über sich setzen, und ebenso nahm der Lombardenbund wohl eine reichsfeindliche Haltung ein damals ward der Name „Caesarea" wieder gewandelt in „Alessandoch auch er behauptete seine Selbständigkeit. dria" Innozenz hatte inzwischen neue Erfolge in Sizilien errungen. Dort gewann nach dem Tode Heinrichs die Nationalpartei mit Das Reich der Norder Kaiserin an der Spitze die Oberhand. mannen sollte unverändert neu erstehen, die deutsche Fremdherrschaft nur als ein kurzes Zwischenspiel erscheinen. Konstanze löste die Verbindung mit dem Imperium, wies die Deutschen mit dem von Heinrich anscheinend zum Regenten bestimmten Markgrafen Markward von Anweiler aus ihrem Reiche, verzichtete auf das ziens; hier Kvirie das lichen Herrschaft abgeschüttelt, aber die Städte wollten — — , Mir scheinen indes die ebenso scharfsinnigen, wie von Kicker (Wiener S. B. phil.-hist. Kl. 67), der den Markward betrefifenden Abschnitt als eine Fälschung Markwards selbst aus dem Anfang des Sommers 1198 wahrscheinlich macht, durch die Einwendungen Winkclmanns keineswegs widerlegt zu sein, und ebensowenig kann ich Politik und Charakter Heinrichs VI. in diesem Punkte mit der herrschenden Aber auch nach der andern Seite hin möchte Meinung in Einklang bringen. ich vorderhand von der hier ausgesprochenen Ansicht nicht abweichen, nachdem ich die Schrift von Gerlich, D. Testament Heinrichs VI. (1907) gelesen. der Mark Ancona bildete. vorsichtigen Erörterungen — nachdrücklich die Annahme einer völligen kurialen Fälschung, auch im Tode uneingeschränkt an seinen Ansprüchen Obwohl ich im ganzen nicht überzeugt bin, meine ich, dafl festhalten läßt. weiterer Diskussion gedie beachtenswerten Ausführungen als Grundlage G. verficht während er Heinrich eignet sind. I^'e Zeit der Staufer. l88 römische Königtum ihres Sohnes und ließ ihn zum Könige von Eine solche Trennungspolitik war ganz Sizilien krönen (1198). nach dem Herzen des Papstes, aber doch erst, nachdem er der stolzen Normannentochter ein Konkordat abgerungen hatte, das die kirchlichen Vorrechte der sizilischen Krone noch über das Maß der von Tancred gemachten Zugeständnisse hinaus beschränkte und nur den geringen Rest eines königlichen Konsensrechtes bei den Bischofswahlen bestehen ließ, stellte Innozenz das alte Lehensvergerade rechtzeitig, um nun nach dem unerhältnis wieder her, — Kaiserin (1198) auf ihre Verfügung hin Oberlehnsherr die Vormundschaft über den jungen Friedrich zu gewinnen und damit die Bestimmung über die Geschicke Siziliens Das Land sollte ihm freilich bald in seine Hand zu bekommen. Sorge genug bereiten, denn die deutschen Truppenführer, in steter Verbindung mit der staufischen Reichsregierung, wichen nicht aus den starken Burgen des Festlandes, und in diesen anarchischen Tode der wartet schnellen als das Königtum Friedrichs hier Indes welcher Wandel der politischen Verhältnisse Italiens hatte sich nun doch in dem einen kxirzen Jahre vollzogen: von der Allgewalt Kaiser Heinrichs sah man nur noch zersprengte Trümmer, imd über all' den deutschfeindlichen Lokalmächten ragte das eben noch regungslos eingeschnürte Papsttum Solcher Umschwung wäre unjetzt frei und beherrschend empor. Kämpfen und Parteiungen zeitweilig völlig schien zu versinken. — möglich gewesen ohne die deutsche Zwietracht. Die imselige Doppel wähl des Jahres 1198 ist das verhängnisvollste Ereignis der Geschichte Deutschlands im Mittelalter, der Wendepunkt in der äußeren Machtstellung des Reiches wie in dem inneren Widerstreit zwischen Krongewalt und Sonderbestrebungen. Dem apulischen Kinde die Krone zu wahren, erwies sich angeder schon vollzogenen Wahl nur ein Mann konnte das Reich Heinrichs VI. zusammenhalten. Im wohlverstandenen Reichsinteresse, nicht aus selbstsüchtigem Ehrgeiz ließ sich daher Philipp ^), der jüngste Bruder des verstorbenen Kaisers, zur Annahme der Krone bewegen.^) der bedrohlichen sichts sogleich als völlig Lage trotz untunlich; Aber gegen ihn schlössen sich nun die weifisch-niederrheinischen Interessen, deren wachsende Annäherung schon seit dem Sturze Grundlegend über ihn Winkelmann, Jahrb. *) Schwaben 1873. *) Aus dem es sich, künftig daß stets Tendenzen tonte. Gesch.: Philipp v. imperialistischen Reichsbegriff der letzten Jahrzehnte erklärt Wahl ursprünglich „zum Kaiser" erfolgte, und Philipp seine die vertrat, Vgl. d. d. das deutsche Königtum verflüchtigenden während Otto zunächst das engere deutsche Königtum be- imperialistischen, Krammer (s. S. 131). § 15- Innozenz III. und die deutschen Thronwirren. (1198— 1216). Löwen zu beobachten Heinrichs des fürstlichen Elemente, die ein war, staufisches jgg zusammen, und Erbkaisertvun alle fürchteten, an. So kam es vor allem auf Betreiben des Erzvon Köln, der durch die Abwesenheit des Mainzers im heiligen Lande an Einfluß gewann, zu der Gegenwahl Ottos IV,, Zu einem Zeitpunkte, des dritten Sohnes Heinrichs des Löwen. in dem es mehr denn je der Zusammenfassimg aller Volkskräfte gegen einen gewaltigen Papst und das ringsum drohende Ausland gliederten sich bischofs Adolf alte Wvmde Deutschlands, der staufischwieder auf. Ein verheerender Bürgerkrieg begann, ohne rasche Entscheidimgen im offnen Felde, mnso langwieriger und entsittlichender. Deutschlands größter politischer Dichter, Walter von der Vogelweide, der damals mit der ganzen bedurft hätte, Wucht Staufers brach die Gegensatz, welfische seiner leidenschaftlichen eintrat, Überzeugung für die glaubte die Vorzeichen des jüngsten Sache Gerichts des zu erkennen. Die Thronbewerber, beide Jünglinge von wenig mehr als zwanzig Jahren, waren in ihrem Wesen sehr verschieden. Philipp war als der jüngste von Barbarossas Söhnen ursprüngbestimmt und entsprechend herangebildet, lich zum Geistlichen dann aber, als der Tod die Reihen der Staufer lichtete, hatte ihn Heinrich VI. dem geistlichen Stande entzogen (1193) vmd mit Tuszien und dem mathildischen Gute (1195), bald darauf mit dem Herzogtum Schwaben (1196) belehnt. Während der schwierigen Amtswaltung in Mittelitalien hatte er durch Eingriffe in päpstliches Gebiet die Anwendung einer allgemeiner gehaltenen Banndrohung Wenn er aber mit der politischen Richtung auf sich gezogen.^) Heinrichs VI. durchaus übereinstimmte, so reichte er doch nicht entfernt an die staatsmännische Größe und durchgreifende Energie des Was der Vater in seinem Wesen vereinigt hatte, Bruders heran. schien getrennt und gesteigert auf diese beiden Söhne gekommen zu sein. Philipp war ein zartgebauter Jüngling mit blondem Lockenhaar, fein in Aussehen, Umgangsformen vmd Bildung, der liebenswürdigste unter den Staufem und wohl imter allen Herrschern des deutschen Mittelalters, milde, heiter, leutselig, von makellosem Wandel, ein „süßer, jvmger Mann", wie ihn Walter nannte. Ihm -zur Seite, in innigster Gemeinschaft mit ihm die byzantinische Prinzessin — Irene, die „Rose ohne Dom, die Taube ohne Galle", ein Königspaar, wie es sich Deutschland für eine Friedensherr- schaft nicht edler und besser hätte wünschen können. Den wilden ') Ober die Streitfrage betr. der Bannung u. Ldaung Philipps vgl. Hauck, Berichte der Sachs. Ges. d. Wiss., ph.-hist. Kl. 1904 S. 137 ff. Die Zeit der IQO Staufer. im Anfang, staatsmännisch und Weise gewachsen; erst durch die bitteren Erfahrungen des folgenden Jahrzehnts ist er gereift und erstarkt, und diese kräftige Aufwärtsbewegung verhieß immerhin eine gute Zukunft. Ganz anders sein weifischer Gegner! Otto IV. war als Knabe seinem Vater in die Verbannung gefolgt imd am normannischenglischen Hofe auferzogen als der besondere Liebling seines Oheims Richard Löwenherz, der ihn mit der Grafschaft Poitou belehnte. Blutsverwandtschaft, gleiche Züge des weifischen Familiencharakters und bewußte Nacheiferung hatten ihn in der Tat seinem königEr war von hohem Wuchs lichen Oheim sehr ähnlich gemacht. und gewaltiger Körperkraft, kriegseifrig und abenteuerlustig, tollkühn und verwegen, wie nur je ein normannischer Ritter, aber auch hochfahrend, schroff und derb, dabei doch ohne die innere Sicherheit, die die Bildung verleiht, schwankend zwischen Überhebung und Verzagtheit. Es charakterisiert seine unfeine Habgier, daß man ihm den Plan zuschrieb, die Bordelle im Reiche zu einer staatlichen Einnahmequelle zu gestalten i.) Ein solcher Mann war nicht zum klug berechnenden Politiker geboren, ihm fehlte jegliche diplomatische Feinheit. Sein rücksichtsloses Zugreifen mochte gefährlich sein, wenn die Macht hinter ihm stand, aber er wußte sie sich nicht dauernd zu sichern; er konnte die Schlingen seiner Gegner wohl durchhauen, aber er besaß nicht die Gewandtheit, sich ihnen auf die Länge zu entwinden. Wahl und Klrönung waren bei beiden Königen nicht einwandHatte Philipp weitaus die Mehrheit der Wahlfrei verlaufen. stimmen und trug er die echten Reichsinsignien so war Otto an dem rechten Orte Aachen von dem dazu befugten Kölner ErzEs gab keine höhere Instanz als das Schwert. bischof gekrönt. Zwischen dem staufischen Süden und dem weifischen Norden schwankten die Fürsten „dahin, daher," um sich dem zuzuwenden, der ihnen von den Besitzungen und Rechten der Krone jeweils am meisten preisgab; Landgraf Hermann von Thüringen verschaffte Zeitläuften war Philipp, wenigstens kriegerisch in keiner , damals durch vollendete politische Grundsatzlosigkeit die Mittel glänzenden Musenhof auf der Wartburg. Neben den Lockungen von Geld und Gut wirkte der Einfluß des Auslandes. Die verwandtschaftlichen Bande und die Handelsbeziehungen Kölns, seines Hauptstützpunktes, wiesen den Weifen gleichmäßig nach sich für seinen wo durch König Richard mit reichen Geldmitteln so enger schloß sich Philipp an Frankreich gemeinsamer Abwehr des englisch- weifischen Bimdes. England, von unterstützt wurde. (1198) ^) zu Ann. V. er Um Reinhardsbrunn, M. G. SS. XXX, 583. 1 § 15. Innozenz III. und die deutschen Thronwirren. (1198 — 1216). jgi Spaltungen steigerten den Einfluß des Papstes. der Kirche innerlich enger verbunden war, als sein Gegner, konnte von vornherein kaum ein Zweifel darüber beDenn Philipp vertrat stehen, auf wessen Seite Innozenz neigte. Alle Obschon diese Philipp die staufischen Überlieferungen, die Reichsherrschaft in Mittelitalien, die Vormundschaft über Friedrich von Sizilien, während Otto, der der schwächere Teil ganz anders auf die Unterstützung der Kurie angewiesen war, sogleich zu verstehen gab, er werde die italienischen Ansprüche des Papstes anerkennen^), und durch den Verzicht auf das Spolienrecht auch hinsichtlich der deutschen Kirche Indessen Irmozenz war klug weitere Nachgiebigkeit erwarten ließ. genug, seine Entscheidung nicht zu übereilen; denn der Bürgerkrieg brachte eine erwünschte Schwächung der gefürchteten deutschen Macht Freilich nur so lange, als der eine Teil nicht unbedingt Dahin aber schien die Entwicklung der die Oberhand gewann. Während Innozenz, wie einst beiden folgenden Jahre zu führen. Gregor VII., die Anerkennung seines Schiedsgerichtes von beiden Thronbewerbern forderte, erließ eine glänzende Versammlung von fürstHchen Anhängern Philipps, unter denen insbesondere die Bischöfe in noch ungebrochener Treue gegen das staufische Haus nahezu vollzählig vertreten waren, einen gehamischten, ganz imd gar von imperialistischem Geiste erfüllten Protest gegen die Einmischung des Papstes in den deutschen Thronstreit, sowie gegen seine italienischen Ansprüche und stellte einen Romzug Philipps zur Einholung der Kaiserkrone in nahe Aussicht. Diese Speyrer Erals vom 28. Mai 11 99*) reiht sich den Kvmdgebungen von Besan^on, Würzburg und Gelnhausen würdig an und schließt die Kette. Von da ab sah Deutschland nichts Ähnliches mehr bis zu Als dann der ehrwürdige den Tagen von Rense und Frankfurt. Erzbischof Konrad von Mainz aus dem Orient zurückkehrte, konnte sein Vermittlungsversuch für Otto jedenfalls nur ungünstig ausfallen (1200). Dieser selbst sah sich seit dem Tode Richards Löwenherz 1 99) von England im Stich gelassen, sein Königtum schien sich, ( wie er selbst schrieb, „in Staub und Asche aufzulösen". Da endlich trat Innozenz III. in einer berühmt gewordenen Denkschrift (Deliberatio) mit seiner Entscheidung hervor (Ende 1200). Indem er mit scheinbarer Unparteilichkeit die Rechte der drei demx auch Friedrichs II. Anspruch Thronbewerber erörterte klärung — — ') Durch Krabbo, Neues Arch. 27, 5 15 ff. ist festgestellt, daß 1198 von Otto zwar Verhandlungen mit dem Papste eingeleitet, aber noch keine eidlichen und urkundlichen Zusicherungen gegeben wurden. ') Dies Jahresdatum darf jetzt gegenüber früheren Schwankxingen als sichergestellt gelten. Die Zeit der 192 — Staufer. suchte er mit gewandter Sophistik zu das politische Interesse des Papsttums Natürlich entschied er zugunsten Ottos, der Ausschlag gab. darauf seine früheren Anerbietungen urkundlich verbriefte stand noch in Frage daß schleiern, Frieden (Neuß, mit 8. Und , allein Frankreich nach dem Wunsche der Kiurie ver- den bald und gelobte Juni 1201). griff der mm Papst mit Energie in den Kampf ein, bannte Philipp und seine Anhänger und suchte seine Stellung durch eine zielbewußte Agitation zu unterhöhlen. Wie einst Gregor VII. gegen die reichstreuen Bischöfe, so ging jetzt Innozenz mit klug berechneter Abstufung von Strafen und Belohnungen, mit jurisdiktionellem Druck, erzwungenen Gehorsamseiden, Vorladungen, Suspensionen und Bannungen gegen die geistlichen Unterzeichner der Speyrer Protestation vor. Die einen stürzte er in schwere Gewissensnöte, die andern trieb er zu offnem Abfall oder wohl gar, wie Philipps eignen Kanzler, zu schmählichem Verrat an der Seite ihres staufischen Herrn, der in seiner oft an Schwachheit grenzenden Arglosigkeit sich erst allmählich in einen solchen Kampf mit Indem dann der Papst bei allen vergifteten Waffen hineinfand. Neubesetzungen und Doppelwahlen, wie etwa in Mainz nach dem Tode des Erzbischofs Konrad, rücksichtslos die weifischen Bewerber zur Geltung brachte, wußte er die Reihen der stauferfreundlichen Bischöfe noch mehr zu lichten. Diese Säule, auf der das deutsche Königtum seit den Tagen Ottos des Großen zu allermeist geruht hatte, geborsten im Investiturstreit, aber von Barbarossa aufs neue mit eisernem Reif umspannt, brach damals für immer zusammen. Manches andre kam hinzu, tun die Macht Ottos IV. in den beiden folgenden Jahren (1202/3) gewaltig anschwellen zu lassen: der Anschluß auch weltlicher Fürsten, wie des Böhmen imd Thüringers, ein Abkommen mit dem Dänenkönig, dem Nordalbingien und Slawien preisgegeben wurden, erneute Unterstützung Englands, Krieg mit Frankreich verstrickt, dessen König Johann, abermals sich mit Otto zu Schutz imd Trutz verbündete. Indes bald zeigte es sich, daß die großen Erfolge des Weifen Die allgemeine Erschütterung der doch mehr scheinbar waren. Treue entzog auch ihm jeden festen Halt, imd eben seine wachsende Macht war es, die ihm Gegner schuf und den reißenden Abfall Der eigne Bruder erzeugte, der seit dem Jahre 1204 begann. Pfalzgraf Heinrich wandte sich von ihm, ja selbst der Schöpfer m Königtiuns Adolf von Köln, der nicht ohne Grund eine des alten sächsischen Stammesherzogtums von dem Weifen befürchtete. Als Philipp nun auch am Niederrhein vordrang, vollzog der Erzbischof an dem rechten Orte Aachen an seines Wiederherstellvmg § 15. Innozenz III. und die deutschen Thronwirren. (1198 — 1216.) 103 Krönung (6. Januar 1205). Es war ein unerhörter Eindas Reichsrecht, daß der Papst ihn daraufhin seines geistlich-weltlichen Fürstenamtes entsetzte und ihm einen neuen Erz- ihm die griff in Aber er vermochte den immer weiter um von Otto IV. dadurch nicht zu hemmen. Schon bedrohten staufische Erfolge in Mittelitalien und ein erneutes Hinübergreifen nach Sizilien ^) die Grundlage der päpstlichen Politik. Als Otto schließlich mit der Stadt Köln seinen Hauptstützpunkt verlor (November 1206) und den deutschen Boden verließ, um in England neue Hilfsgelder flüssig zu machen, hielt es der Papst für geraten, in letzter Stvmde seine Sache von der verlorenen seines bischof entgegenstellte. sich greifenden Abfall Schützlings zu trennen und durch einen Ausgleich mit Philipp für die Kurie zu retten, was zu retten war. Diese Schwenkung, in längeren Verhandlungen vorbereitet, wurde Innozenz durch zwei Umstände erleichtert. In England hatte der seit den Tagen Heinrichs II. nie ganz ausgeglichene Gegensatz zwischen den Kronrechten und den Ansprüchen der Kirche sich eben infolge einer Doppelwahl in Canterbury (1205) zu einem schweren kirchenpolitischen Konflikt erweitert, der den weifischen Verbündeten König Johanns mittelbar auch zvun Feinde des Papstes machte. In Sizilien mußte der herannahende Termin der Mündigkeit des jungen Friedrich (26. Dezember 1208) jedes Vormundschaftsrecht seines Oheims beseitigen und die Trennung vom Imperimn Philipp konnte daher in diesem Punkte Ebenso vermochte Innozenz in den kirchlichen deutschen Streitfragen, wie den Spaltungen in den Erzbistümern Mainz und Köln, gegen geringe tatsächliche Zugeständnisse seinen grundsätzlichen Standpunkt aufrecht zu erhalten und sogar in dem deutschen Thronstreit von Philipp eine Anerkennung des päpstlichen Schiedsgerichts zu erlangen, dessen Entscheidung im staufischen Sinne jenem nun freilich ebenso wie die Kaiserkrone in Aussicht gestellt wurde. Gleichwohl blieb der Entschluß für den Papst schwer genug, denn zäher als in Deutschland verstand der Staufer in Reichsitalien seine Rechte zu wahren. Es scheint, daß hier die Vermählung eines päpstlichen Nepoten mit einer Tochter Philipps und seine Belehnung mit dem Herzogtum Tuszien ins Auge gefaßt wurde. Dadurch wäre Rom nach dieser Seite hin einstweilen vor Übergriffen gesichert worden; aber wie Tuszien dasichern. leicht Verzicht leisten. mit natürlich nicht aus Philipp dem Reichsverbande scheiden sollte, so hielt hier überhaupt die kaiserlichen Hoheitsrechte aus der Zeit *) Über den An^ff des Reichslegaten Lupoid Sommer 1205 vgl. Hist. Viertelj, 6, 473 ff. Hampe, Deutsche Kaiaergetchichte. v. Worms auf Sixilien im .. ir. 194 Die Zeit der Staufer. Heinrichs VI. in vollem Umfange aufrecht. Der Verlust der Rekuperationen vor allem war es, der den im Mai 1208 zum Abschluß gebrachten Abmachungen den Charakter einer offnen Nieder- lage der päpstlichen Politik aufprägte! Da hat eine jener unerwarteten Schicksalswendungen, an denen der Pontifikat Innozenz' III. so reich ist, ihm diese Niederlage erspart und alles zugunsten der Kurie umgestaltet. König Philipp, der sich eben anschickte mit unvergleichlich überlegener Heeresmacht die letzten Reste weifischen Widerstandes in Braunschweig niederzuwerfen, starb plötzlich in der Bischofspfalz von Bamberg als das Opfer einer Privatrache unter der Mörderhand des bayrischen Für DeutschPfalzgrafen Otto von Witteisbach (21. Juni 1208). land ein neues furchtbares Verhängnis Eben hatte sich der Staufer in jahrelangen Mühen den Weg zur Einheitsherrschaft gebahnt, da schien die unselige Tat das Reich in das Chaos zurückzustürzen. Indessen die deutschen Fürsten waren des Haders müde. Schon während der letzten Verhandlungen war der Gedanke aufgetaucht, Otto IV. mit einer Tochter des söhnelosen Königs Philipp zu verloben und ihn so durch die Aussicht auf die Nachfolge oder gar auf die römische Königswürde zur Seite eines staufischen Kaisers zu entschädigen. so eher erklärten sich jetzt die Anhänger Philipps mit diesem rettenden Ausweg, der neue Kämpfe Otto^) trat damit aus der Rolle eines vermied, einverstanden. ! Um Gegenkönigs heraus und vereinigte die beiden feindlichen Häuser Person ähnlich wie Barbarossa in seinen Anfängen. Und sofort zeigten sich die Wirkungen dieser Einung in bedeutender Steigerung des königlichen Ansehens und kräftiger Friedenswahrung. Nur nach einer Seite hin fühlte sich das neue Gesamtkönigtum auch jetzt noch durch seine Vergangenheit gebunden. Dem in seiner Papste, und erweiterte Otto März 1209 seine früheren der ihn freudig anerkannte, erneuerte sogleich in der Speyrer Urkunde vom 22. Zugeständnisse. Er gab alle jene strittigen Gebiete Italiens abermals preis, die Philipp noch eben für das Reich gerettet hatte, und sicherte dem Papste ausdrücklich zu: den um die Grenzgebiete Südtusziens erweiterten engeren Kirchenstaat, die Mark Ancona, das Herzogtum Spoleto, die mathildischen Güter, die Grafschaft Aber er zog auch für Bertinoro, den Exarchat Ravenna und die Pentapolis. Deutschland die Folgerungen aus der kirchenpolitischen Entwicklung des Indem er die Bischofswahlen allein an den Mehrheitsletzten Jahrzehnts. beschluß des Domkapitels knüpfte und die königliche Gegenwart und Entscheidung zwiespältiger Wahlen, jene noch im Wormser Konkordat anerkannten Kronrechte, stillschweigend fallen ließ, indem er die Appellationen nach Rom in kirchlichen Angelegenheiten schrankenlos zugestand, indem ^) Vgl. über ihn Winkelmann, Jahrb. d. deutschen Gesch.: Otto IV. 1878, § 15. Innozenz III. und die deutschen Thronwirren. (1198 — 1216). 105 auf Spolien- und Regalienrecht mit ihren fvlr die Krone so wertvollen Einkünften Verzicht leistete, zerschnitt er die alten Bande zwischen dem Königtum und der deutschen Kirche und hieß alle Errungenschaften gut, die Innozenz auf diesem Gebiete in den letzten Jahren für das Papsttum gewonnen hatte. Durch die Beherrschung der geistlichen Wähler, durch die Prüfung der vollzogenen Wahlen erlangte die Kurie den entscheidenden Einfluß, sank die königliche Investitur zu einer machtlosen Form herab. er Der so weittragende Versprechungen machte, ward als Herrmehr durch die Not dazu getrieben, schwerlich auch war er so ganz ohne Verständnis für die Machtinteressen des deutschen Königtums. Die Vermutung liegt nahe, daß es eben leere Versprechungen waren, die zu den Akten scher des geeinten Reiches nicht gelegt werden sollten, sobald Otto als Entgelt dafür die in Aussicht haben würde. Noch in demselben Jahre trat er seine Romfahrt an, und alsbald zeigte es sich, wie wenig ernst er seine Zusagen nahm. Er sah die Dinge mit den gestellte Kaiserkrone erlangt Augen der staufischen Reichsministerialen, die ihn hier berieten; zu den gewaltigen deutschen Krongutsverlusten noch die reichen Einkünfte der dem Papste versprochenen italienischen Besitzungen zu fügen, schien einem Selbstmorde des deutschen Königtums nahezukommen. So verwies Otto die kirchlichen Forderungen auf den Rechtsweg. Dem Papste trat er schon bei der ersten Zusammenkunft nicht ohne Schroffheit entgegen: seinen Versprechungen mangle die Zustimmung der deutschen Fürsten, und auch sein Krönungseid, stets ein Mehrer des Reiches sein zu wollen, stünde ihnen entgegen. Trotzdem ward die Kaiserkrönung noch glücklich vollzogen (4. Okt. 1209). Sie steigerte Ottos Selbstbewußtsein; auf seinen Kaisersiegeln sah man Sonne und Mond zur Seite der thronenden Majestät. Die Mißstimmung der Kurie über die Nichtbeachtung ihrer territorialen Ansprüche war im Wachsen^); Innozenz klagte wohl über Otto mit den Worten der Bibel, es reue ihn, den Menschen gemacht zu haben. Aber wenn er sich vor kurzem mit dem Standpunkte König Philipps abgefunden hatte, so blieb die Lage für ihn auch jetzt einstweilen wenigstens erträglich. Da hat eine überraschende Wendung in Ottos Politik den Bruch mit der Kurie unvermeidlich gemacht. Schon wenige Wochen nach der Kaiserkrönung ergriff er in Pisa den Gedanken eines Angriffs auf das Königreich Sizilien (Ende Nov. 1209). Lockende Aufforderungen der deutschen Truppenführer, die sich dort noch ') Das ist doch nach Ficker, Mitt. d. Inst. f. öst. Gesch. 4, 341 flf. scharf zu betonen, wenn auch Winkelmann gegenüber der älteren Auflassung darin durchaus Recht behält, daß erst der Angriff auf Sizilien den Bruch herbeigeführt hat. Über Chronologie und Auffassung der folgenden Ereignisse vgL Hampe, Hist. Yierlelj. 3, 173 ff. ^I« Iq6 ^ic Zcit^ dci* Staufer. immer gegen die schwache Herrschaft des jungen Friedrich benormannische Abenteuerlust, die ihn zur leichten Eroberung gerade dieses Normannenreiches antrieb, Versprechungen der Pisaner, die auf Kosten ihrer genuesischen Nebenbuhler von ihm die volle Verkehrsfreiheit an den sizilischen Küsten erhofften, haupteten, endlich das Vorbild Kaiser Heinrichs VI., dem er immer eifriger alles das wirkte zusammen und trieb nachzustreben begann, ihn im Widerspruche mit den deutschen Fürsten zu einem Entschlüsse, der aufs neue die verhängnisvollsten Verwicklungen heraufbeschwören mußte. Besprechungen mit den sizilischen Rebellen nahe der Grenze, diplomatische und kriegerische Vorbereitungen machten es in den nächsten Monaten offenkundig, daß Otto sich des Königreichs bemächtigen und so den ganzen Umfang der Herr- — Heimichs VI. wiederherstellen schaft Der Papst hatte sich von Otto gewährleisten sehrtheit Siziliens Entsetzen, wie Trennung Kreatur, seine Verpflichtungen wollte. noch vor der Kaiserkrönung die Unverbrutal hinwegstürmend, Siziliens ersten Augenblick vom ab Reiche, begriff er, lassen. über alle sah er mit Rücksichten und Jetzt das Werk seines Lebens, die Vom zu vernichten trachtete. daß das den offenen Bruch be- Solange der Kaiser noch in Reichsitalien seine Rüstungen betrieb, suchte er gemeinsam mit dem Könige von Frankreich, dem eifrigsten Gegner des Weifen, durch heimliche Agitation xmter den deutschen Fürsten den Abfall vorzubereiten und eine GegenAls Otto dann im November 1210 wirkpartei zu schaffen. 1) lich mit starkem Heere die sizilische Grenze überschritt, schleuderte der Papst gegen ihn den Bann (18. Nov.). Die schwachen Kräfte deutete. des Widerstandes, die sich in der Terra di Lavoro regten, suchte wenn auch nur, um Zeit zu gewinnen.') er eifrigst anzuspornen, wie hätte das zerklüftete Königreich der Wucht dieses AnIm folgenden Jahre die Dauer Trotz bieten sollen? beugte sich das gesamte Festland bis herab nach Kalabrien dem Gebote des Kaisers; er gedachte die Meerenge von Messina zu überschreiten, die Insel schien in seine Hand gegeben, schon soll im Hafen von Palermo eine Galeere bereit gelegen haben, um den Denn griffs auf jungen König für den Fall der äußersten Not nach Afrika hinüberzusetzen. Doch da war auch der Gegenplan des Papstes zur Reife gediehen; er bot 1) Da dem das Registrum Staufer die de negotio Hand zur Rettimg. imperii -) Vgl. betr. Aversa Hist. Viertelj. 6, dem 11. Okt. 1209 unMaßnahmen in der nächsten mit vollständig abbricht, so sind uns die päpstlichen Zeit nur vereinzelt bekannt. 479 ff. § 15- Innozenz IIT. und die deutschen Thronwirren. Den war vereinten es inzwischen Mitteldeutschlands königs zu bringen. zum die Abfall 1216). joy und päpstlichen gelungen, (1198— französischen Einwirkungen bedeutendsten Fürsten Süd- und und zur Aufstellung eines Gegenwar kein andrer als Friedrich sein süditalisches Reich dahinzu- Ihr Kandidat von Sizilien; eben als ihm schwinden drohte, bot ihm eine deutsche Gesandtschaft die Krone Innozenz hatte nur schweren Herzens dieser (Herbst 1211).^) von Frankreich empfohlenen Kandidatur zugestimmt, denn sie verbürgte eben das, was er vor allem bekämpfte, die Vereinigung Siziliens mit dem Reiche! Doch es gab für ihn keine Wahl. Wer sonst hätte sich dem weifischen Kaiser nur mit einiger Aussicht auf Erfolg in den Weg stellen sollen? Für Friedrich aber, so ohnmächtig er im Augenblick erschien, stritten sein auf Erblichkeit und Wahl gegründetes Kronrecht, die Überlieferung seines Hauses vmd der Glanz des staufischen Namens. Er erkannte die päpstliche Lehenshoheit über Sizilien an und bestätigte das, ebenso wie das Konkordat der Konstanze, noch einmal ausdrücklich; dies Verhältnis mochte auch auf das Kaisertum hinüberwirken. Gegen die Dauer der Personalunion konnten Garantien geschaffen werden, und mit der Krönung von Friedrichs einjährigem Söhnchen Heinrich zum König von Sizilien ward ein Anfang in dieser Richtimg gemacht. Zum mindesten war der jugendliche Schützling des Papstes vorderhand nicht so gefährlich, als der undankbare und treulose Weife, der die Drangsale der Kurie unter Heinrich VI. zu erneuern drohte. So wird uns diese Wendimg der päpstlichen Politik, die den Gnmd zu künftigen schweren Verwicklungen legte, immerhin verständlich. Die Zeitgenossen aber sahen nvir die ewig erneuten Schwankungen und wurden irre an der moralischen Autorität des Stellvertreters Christi. „Dein Mund ist Gottes Mund, aber deine Werke sind Werke des Teufels", so unterbrach ein römischer Ghibellinenführer Innozenz bei öffentlicher Predigt, und Walter von der Vogelweide stand mit seiner Meimmg in Deutschland nicht allein, wenn er in gehamischten Versen die Kiuie der Doppelzüngigkeit zieh und die Schenkung Konstantins als den Urgrund der unseligen Ven^'eltlichung der Kirche beklagte. Ein erster Erfolg der päpstlichen Gegenwirkung war es, daß Otto die sichere Beute Siziliens fahren ließ und nach Deutschland Aber seine Truppen hielten das Festland zurückeilte (Okt. 121 1). besetzt, imd die Gefahr mußte sich erneuern, wenn Friedrich sich ') Wieder war nach staufisch-imperialistischer Anschauung die Wahl zum römischen Kaiser erfolgt, wie Friedrich auch die nächsten Jahre den Titel „erwählter römischer Kaiser" führte; vgl. oben S. 188. igS 11. Die Zeit der SUufer. dem Rufe versagte. Eben die Notlage seines sizilischen Reiches gab denn auch für den jungen Staufer neben Rechtsgefühl, dynastischem Stolz und persönlichem Ehrgeiz gegen die abmahnenden Stimmen seiner Ratgeber den Ausschlag zugunsten des gewagten Unter- nehmens. Mit geringer Begleitung und fast mittellos gelangte er nach Rom. Dort leistete er seinem päpstlichen Lehnsherrn persönlich den Mannschaftseid, ward von ihm mit Geld unterstützt und mit seiner Zustimmung von den Römern als künftiger Kaiser ausgeWie ein Abenteurer schlug er sich dann von Genua aus rufen. dvu-ch die Lombardei, verschwand in den Alpen, tauchte in Chur Hier gelang es ihm wieder auf imd wandte sich nach Konstanz. festen Fuß zu fassen (Sept. 12 12), sein Anhang wuchs und aufs neue entbrannte in Deutschland der Bürgerkrieg. Wieder hatte der Papst, wie Walter sang, „zwei Deutsche unter eine Krone gebracht, daß sie über das Reich Unfrieden und Venväistung brächten". Dem Weifen war es letzthin gelungen, seine Stellung in Deutschland neu zu festigen. Wenn gleichwohl Friedrich, der nun formell gewählt und gekrönt ward (Dez. 12 12), seine Macht in kurzer Zeit über ganz Süd- und Mitteldeutschland ausdehnen und seinen Angriff bereits gegen Sachsen richten konnte, so wirkten verschiedene Momente zusammen, um diese überraschenden Erfolge zu erklären: Erinnerungen und die Geschicklichkeit Friedrichs ebensosehr, wie die Abneigimg gegen den gewalttätigen, habsüchtigen Weifen und die Furcht vor seinen zentralisierenden Bestrebungen. Dazu die überaus wirksame Unterstützimg des Papstes, die Friedrich vergalt durch die Goldbulle von Eger (v. 12. Juli 1 2 1 3), eine wörtliche Wiederholung von Ottos Speyrer Versprechungen, aber jetzt gesichert und zur reichsrechtlichen Gültigkeit erhoben durch die Zustimmung der Fürsten. So erhielten erst damals die Erweiterung des Kirchenstaates und die Aufhebung jener alten Kronrechte gegenüber der deutschen Kirche die gesetzliche Grundlage. Sehr erheblich fielen endlich die Einwirkungen Frankreichs, mit dem sich Friedrich sofort verbündet hatte, ins Gewicht, das die staufischen und kriegerischen Erfolge Philipp von allgemeineuropäischer, weltBedeutung war es denn auch, der den deutschen französische Geld, die politischen Augusts, und ein französischer Sieg geschichtlicher Thronstreit mit einem Schlage Entscheidung brachte. zu schildern, wie die durch die geographischen und lehensrechtlichen Verhältnisse bedingten französisch-englischen Verwicklungen damals zur Lösung drängten, wie durch das staufische und weifische Bündnis der beiden Gegner und das Hineinwirken kirchenpolitischer Kämpfe ganz Evuropa in Mit- Es ist hier nicht zvur der Ort, § 15. Innozeiu IQ. und die deutschen Thronwirren. (1198 — I3i6). inn und in zwei große Koalitionen gespalten wvirde, wie endlich Frankreich im Jahre 12 14 einem furchtbaren englischDie Schicksalswelfischen Doppelangriff Stand zu halten hatte. schlacht von Bouvines (südöstl. v. Lille, am 27. Juli 12 14), die das französische Königtum und den englischen Parlamentarismus Als in den Sattel hob, entschied auch über Deutschlands Zukvmft. Philipp August mit den Bürgertruppen der Städte die überlegenen Streitkräfte Kaiser Ottos trotz dessen verzweifelter Tapferkeit in die Flucht geworfen hatte, sandte er den vergoldeten Adler der erbeuteten kaiserlichen Standarte seinem staufischen Verbündeten ziun Geschenk und versinnbildlichte so den Übergang der Herrschaft, leidenschaft gezogen zugleich aber auch auf Frankreichs die schrieb der Chronist bei den von nun ab deutschen stets Geschicke. wachsenden „Seit dieser Einfluß Zeit", so von Lauterberg, „sank der Ruf der Deutschen den Welschen." Seit dieser Niederlage ist Kaiser Otto nichts mehr gelungen. Bald sah er sich vom Niederrhein vertrieben (12 15) und auf seine braunschweigischen Stammlande beschränkt, auch dort bedroht durch die neu geknüpfte Verbindung des Staufers mit dem Dänenkönig (12 14), die freilich nur durch abermalige Preisgabe Nordalbingiens und Slawiens auf Kosten des Reiches zu erkaufen war. So ist er nach einigen ruhmlosen Jahren auf der Harzburg in Zerknirschung, Sein Ende bildet doch ohne inneren Halt, gestorben (12 18). einen Einschnitt in der Geschichte des deutschen Kaisertvmis. Denn er war der letzte Herrscher, der wenigstens in seinen späteren Jahren das Streben, wenn auch nicht die erforderliche politische Begabung gezeigt hat, den alten Umfang kaiserlicher Rechte gegen Friedrich IL hat das Fürstentum imd Papsttum zu behaupten. nicht mehr Am versucht. von allen Mächten war das Papsttum aus den endlosen Verwicklungen hervorgegangen. Wie hatte es doch verstanden, auch aus Enttäuschungen wertvolle Lehren und aus der wechselnden Lage stets wieder Vorteil zu ziehen! Es hatte zuletzt seinen Schützling zur Anerkennung im Reiche gebracht, in glücklichsten Sizilien seine Hoheitsrechte, in Italien seine Gebietsansprüche, in Deutschland seine kirchlichen Fordervmgen durchgesetzt. Es stand auch sonst glänzend da in der Welt. Mit Frankreich, noch der einzigen politischen Macht von selbständiger Entschlußfähigkeit, war soeben durch die fortschreitende Befreiung Spaniens von der mohammedanischen Herrschaft, durch den kirchlichen Anschluß des neuerrichteten lateinischen Kaiserdurch die Christianisierung von Livland und Esthland reiches, hatte es zumeist freundschaftlich zusammengewirkt, England in die Lehensabhängigkeit herabgedrückt, 200 II- Die Zeit der Staufer. hatte das Papsttum seinen Machtkreis rings erweitert, in allen übrigen europäischen Ländern, ja darüber hinaus bis zu dem fernen Armenien entweder die volle Lehenshoheit oder doch den bedeutendsten politischen Einfluß gewonnen. Das Gefüge der kirchlichen Organisation war straffer gestaltet. Nicht nur in Sizilien und dem Reiche, sondern fast allenthalben, namentlich in England, war Bresche gelegt in die kirchlichen Hoheitsrechte des Staates, zugleich aber auch die absolute Gewalt des Papsttums innerhalb der Kirche auf Kosten der alten Selbständigkeit des Episkopates und jeglicher Mittelgewalten kräftig erweitert. Die Zentralisation der kirchlichen Gerichtsbarkeit in Rom, die dort mit ihrer Vielgeschäftigkeit allen echt religiösen Geist zu ersticken drohte, das unaufhaltsame Vordringen dieser Jurisdiktionellen Ansprüche gegen das weltliche Gebiet, wodurch zahllose Konflikte mit den staatlichen Gewalten bis in die kleinsten Kreise hinein entstanden, die wachsenden Geldforderungen der Kurie, die für ihre weltumspannende Politik und den Unterhalt ihrer riesenhaften Organisation entsprechender Mittel bedurfte; die übermäßige Anwendung der geistlichen Disziplinarmittel, die leicht eine Abstumpfung des religiösen Gefühls erzeugte, das alles waren freilich bedenkliche Züge in der neuerlichen Entwicklung der Papstkirche, die nicht zum wenigsten den Nährboden für die immer reichere Entfaltung ketzerischer Sekten abgaben. Aber schon war unter Innozenz gegen diese inneren Feinde der Kirche, gegen Katharer und Waldenser, mit aller Wucht der — Vemichtungskampf aufgenommen, in Südfrankreich ein erster greuelvoller Triumph errungen, \md in der Inquisition zur weiteren Vernichtung der Ketzer eine schneidige Waffe geschliffen. Und auch zur Wiedererweckung echter Religiosität waren im Schöße der Kirche neue Kräfte erwacht und vom Papsttum nach kurzem Schwanken anerkannt. Schon mehrere Jahre lehrte und lebte Franz von Assisi, der Religionsheld und gottbegnadete Künstler, das opfervolle Evangelium der Armut und Liebe. Er und sein wesensverschiedener Schicksalsgenosse, der willensstarke imd verstandesklare Spanier Dominikus traten noch an Innozenz HL mit der Bitte um Bestätigung ihrer neuen, freilich noch in der ersten keimartigen Entwicklung begriffenen Ordensschöpfvmgen heran, und tiefdringende Beurteiler, wie der Kardinal Ugolino von Ostia, erkannten in ihnen schon damals die Säulen, die bestimmt waren, Dinge den Bau der Kirche Franz den Papst in der Nacht vor der Bestätigimg der ersten Genossenschaft träumen läßt. bei einer allgemeinen Erschüttenmg der za tragen, wie es die Legende Denn in vom h. den beiden Bettelorden der Minoriten und Dominikaner, § 15- Innozenz III. und die deutschen Thronwirren. (1198 — 12 16). 201 den Augustinereremiten und Karmelitern Nachahmer dem Papsttum eine ihm unbedingt untergeordnete, schlagfertige Armee, die mit Durchbrechung der gesamten hierarchischen Ordnung die Massen durch die erneute Verkörperxmg der alten, hohen Ideale imd eine volkstümliche Predigt wieder an die Kirche zu fesseln und durch eine hinreißende Agitation nach dem die bald in fanden, erwuchs Willen der und Kurie zu lenken verstand, die durch ihr werktätiges der gemütlichen und wissenschaftlichen Seite dem kirchlichen Leben zurückgaben, den Widersachern ein gut Teil des Anklagestoffes entzog, „den Ketzern ihr Panier entriß". Vorbild die Vertiefung, die sie nach Triumphe und Zukunftsorgen der Kirche erfüllten die Versammlung des vierten lateranischen Konzils (12 15), die dem Pontifikate Innozenz' III. den glänzendsten Abschluß Ein neuer Kreuzzug ward hier ins Auge gefaßt. gab. Eben hatte Friedrich II. in einer seltsamen Mischung von Gefühlsaufwallung und politischer Berechnung bei seiner Königskrönung das Kreuz genommen; das belebte die Hoffnungen des Konzils. Damals ward auch der deutsche Thronstreit vor dem Forum der Alle große Kurie endgültig erledigt, Otto IV. für abgesetzt erklärt, Friedrich II. anerkannt, eine Entscheidung, die damals auf die tatsächlichen Ver- kaum noch hältnisse einwirkte, aber für die Zukunft einen verhäng- nisvollen Präzedenzfall schuf. Innozenz III., der seiner Eröffnungsrede auf dem Konzil das Textwort zugrunde gelegt hatte „Herzlich hat mich verlangt, dieses Osterlamm mit Euch zu essen, bevor ich leide", schien bereits damals eine Ahnung seines nahen Todes zu spüren. Ein halbes Jahr später ist er in Vorbereitungen für den neuen Kreuzzug in Perugia gestorben (16. Juli 12 16). Die beiden letzten Jahrzehnte der europäischen Geschichte hatten unter seinem maßgebenden Einflüsse gestanden. Für die trat noch einmal eine weltliche Figiu- in den Betrachtung und z\^'ang die Zeitgenossen zu Bewunderung oder Haß. Mit dem Tode Innozenz' III. begann die Epoche Kaiser Friedrichs II. nächste Generation Mittelpunkt der Das Emporsteigen Friedrichs IL, bis zum Frieden von Ceperano (1280). § 16. Die Namen vmd Roger, die der Erbe Heinrichs VI. bezeichnen die beiden Überlieferungsreihen, die auf ihn wirkten und sich in seiner Person uneinst in Friedrich der Taufe erhalten hatte, , M- ^^^ 202 Zeit der SUufer. harmonisch vereinigten, die staufische und die normannisch-sizilische. Die Ereignisse hatten ihm fast gewaltsam den Umfang der väterlichen Herrschaft zurückgegeben, aber in dem gleichen äußeren Rahmen welcher Abstand an Machtinhalt! Die furchtbaren Einbußen der beiden letzten Jahrzehnte waren schlechterdings nicht mehr rückgängig zu machen, die Aufgabe, die ihm hier zufiel, war unlösbar. Sein Genie mochte sich da ein Menschenalter lang behaupten, aber die Ergebnisse dieses Ringens mußten im wesentlichen negativ bleiben, auch so freilich durch den zähen Widerstand der Staatsgewalt gegen die Papstallmacht nicht ohne starken — Einfluß auf die weltgeschichtliche Entwicklung. Die positiven Wirkungen seines Schaffens lagen in der Fortführung der Überlieferung von mütterlicher Seite. Friedrich war durch Er„Der Gott der ziehung und Neigung ganz und gar Sizilianer. Juden", so soll er einmal in Palästina gesagt haben, „würde das Land, das er seinem Volke gab, unmöglich so haben preisen können, er sein sizilianisches Reich gekannt hätte." Man kann Friedrichs Wesen nicht verstehen, ohne die eigentümlich reiche, bunte und vorgeschrittene Mischkultur des Bodens zu kennen, aus dem Manche Züge, die man als besonders modern oder es erwuchs. eigenartig gepriesen hat, sind von seinen normarmischen Vorfahren übernommen, aber auch was man an ihm zu tadeln fand, entNur eine Wiederhersprach zum Teil einfach der Landessitte. stellung und Weiterführung der Leistungen seines großen Ahnherrn Roger IL war der Ausbau des sizilischen Staates, aber zugleich Er faßte die greifbarste und dauerhafteste Schöpfung Friedrichs. nur die Ausstrahlungen jener sizilisch- normannisch -arabischen Mischkultur in seiner universalen Persönlichkeit wie in einem Brennauch darin hatte er in Roger ein Vorbild punkte zusammen aber indem er zugleich Träger des Imperiums war und ein Kaiser, der die Welt zwang, jahrzehntelang die Blicke auf ihn zu richten, machte er für jene Kultur die denkbar erfolgreichste Propaganda und wirkte tief ein auf das Geistesleben des Abendlandes, insbesondere Italiens. So manche Strömung der beginnenden Renaissancebewegung nahm von seiner Person ihren Ausgangspunkt. Das sind Wirkungen von einer Tragweite, die derjenige in der Regel nicht voll ermißt, der sich nur mit Friedrichs deutschem Kaisertum be- wenn — — schäftigt, i) *) Die von Schefifer-Boichorst nachgewiesene zeitgenössische Biographie von dem Bischof Mainardino v. Imola hat sich leider noch nicht auffinden lassen; alle zu ermittelnden Bruchstücke von ihr sind zusammengetragen von Güterbock, Neues Arch. 30. Von den Neueren hat den ersten bedeutenden Fs. Versuch einer auf die gesamte Überlieferung gegründeten Beurteilung Fs. Böhmer § l6. Das Emporsteigen Friedr. Seit seine Mutter den dreijährigen um ihn zum II., bis mm Frieden v. Ceperano (i 230). Konstanze nach dem Tode Knaben aus Foligno nach Nationalsizilianer zu erziehen, Sizilien hat ihres 203 Gemahls kommen Friedrich ließ, seine ganze Kindheit in Palermo zugebracht, dort, wo die italischgriechisch-arabisch-normannisch-jüdische Völkermischung in Sitte und Recht, in Sprache und Kunst am allerbuntesten zutage trat, an jenem „Hauptsitz der Moslem", an dem der überlegene mohammeReg. Imp. V) gemacht (1849). Aber sein vom katholischen Standpunkt beeinflußtes Yerdammungsurteil hat sich als höchst einseitig erwiesen. In (Einl. zu der Auffassung ähnlich, aber gemildert u. bereichert ist das Bild, dasHuillardBr^h olles entworfen hat in der Introduction zu seiner großartigen Sammlung der Urkunden und Briefe Es. Historia diplomatica Friderici secundi, 12 Bde. 1852 61. Mit demselben Quellenstoff kam zu schrankenloser Bewunderung Fs. die nicht minder einseitige Darstellung v. Schirrmacher, Kaiser F. II. 4 Bde. 1859 65 und in der Richtung ähnlich, aber nüchterner und kritischer: Winkelmann, Gesch. Kaiser Fs. II. u. seiner Reiche, 1(1863), II, i bis 1239 (1865). Anregend wirkten auch die ^Staufischen Studien" v. Ni tisch, Hist. Zeitschr. 3. Eine ganz neue Grundlage schuf dann die Neubearbeitung von Reg. Imp. V, Dabei geriet Fi ck er zu Böhmers Auffassung, von der er ausging, mehr und mehr in kritischen Gegensatz; in den Vorbemerkungen gab er ein tiefbegründetes, in mannigfacher Hinsicht günstigeres urteil über F. Der Vollender der Regestenbearbeitung Winkelmann übernahm auf Grund dieses stark erweiterten Materials und zahlreicher vorbereitender Untersuchungen die Ausarbeitung der vortrefflichen ^Jahrbücher der deutsch. Gesch. unter F. II." I (1889), II bis 1233(1897), die durch den Tod des Verf. unterbrochen wurde. Seitdem scheint zunächst wieder eine Epoche der Quellenvermehrung eingesetzt zu haben. Zu den beiden schon früher aus einer Neapeler und Marseiller Hs. bekannten wichtigen Registerbruchstücken Fs. ist ein minderbedeutendes Heft Verwaltungsakten einer einzelnen Provinz, der Capitanata, aus einer Hs. in Montecassino hinzugekommen (Lo scadenziere inedito della Capitanata di Federico secondo, 1903); dazu wichtige urkundliche Einzelfunde. Das Preußische historische Institut in Rom plant unter Kehrs Leitung eine Neuausgabe sämtlicher Urkunden Fs. nach modernen diplomatischen Grundsätzen, sowie eine Durchforschung und Aufiiahme aller auf ihn zurückzuführenden süditalischen Baudenkmäler. Die von mir in Paris aufgefundene Capuaner Briefsammlung bot für Fs. Jugendgeschichte neue bemerkenswerte Funde, von denen ich die wichtigsten in einzelnen Abhandlungen bekannt machte (aufgezählt zuletzt Hist. Viertel]. 7, Auch die erst zu einem geringen Teil gedruckte Formelsammlung des 510). Thomas v. Capua (Hahn, CoUectio Monumentorum I von 1724) und die wichtige, nur in alten, ausschließlich die in 6 Büchern geordnete Redaktion wiedergebenden Drucken (von Iselin 1740) vorliegende Briefsammlung des Peter v. Vinea bedürfen dringend einer guten Ausgabe. Weitere Funde auf diesem Gebiete sind noch wahrscheinlich, wie auch das v. Kehr gefundene Briefbuch des Thomas v. Gaeta reigte (Quell, u. Forsch, aus it. Arch. 8 Neuere Darstellungen der Geschichte Fs. in weiterem Rahmen V. J. 1905). vgl. Ranke, Jastrow-Winter, Lindner. bei Die verfassungsgeschichtlichen Fragen behandelt auf Grund deutscher Forschungen Blondcl, £tude sur la politique de l'empereur F. II en AUemagne 1892. Neuere Schilderungen seiner Persönlichkeit v. Dove (Ausgewählte Schriftchen 1898) u. Hampe (Hist. — — — Zeitschr. 83). n. Die 204 Zeit der Staufer. danische Einfluß auf die Kultur sich mit besonderer Kraft geltend machte, in einem großen städtischen Gemeinwesen, wo die tägliche Berührung mit einem fortgeschrittenen Bürgertum auf die Entwicklung des königlichen Knaben nicht ohne Eindruck bleiben konnte. Denn Friedrich wuchs nicht auf in der vornehmen Zurückgezogenheit eines geordneten Hofwesens, sondern trotz der scheinbar geregelten, durch „Familiarenkollegium" ein von geistlichen und weltlichen Großen des päpstlichen Vormundes geübten Als vater- und Regierung in wahrhaft anarchischen Zuständen. mutterlose Waise, ohne den Beistand irgendeines Verwandten, wanderte der Knabe, von gewissenlosen und habgierigen deutschen unter Siziliens und Oberleitung italienischen betrachtet, Gegenstand der Ausbeutung bald durch die Versolche Not gestürzt, daß Bürger von Machthabem nur von einer Hand in als die andere, schleuderung des Krongutes in Palermo wechselnd für seinen Unterhalt sorgten. Schon bei dem siebenjährigen Kinde gewahrt man seltsam frühreife Regungen eines durch die unwürdige Ohnmacht seiner Bei dem heranwachsenden Stellung tiefverletzten Herrscherstolzes. Klnaben verdichteten sie sich zu dem brennenden Wunsche nach Vergeltung, auf reitung zu einer mit eiserner Willenskraft betriebenen Vorbe- den künftigen Herrscherberuf. Als er mit vierzehn Jahren die Mündigkeit erlangte, hatte ihn die durchmessene Schule der Leiden bereits hellsehend und lebenskundig gemacht, aber auch Undie Keime zu Mißtrauen und Menschenverachtung gepflanzt. vergleichlich treten schon in der Schilderung, die einer seiner Lehrer in jener Zeit von ihm entworfen hat, die Rastlosigkeit einer genialen Begabung und die Selbstdurchsetzung eines unbändigen Herrscherwillens hervor. Alsbald begann der junge König, an der Nord- und Ostküste der Insel seine Hoheit zur Geltung zu bringen^), indes die Absicht, mit der Ritterschar, welche ihm die vom Papste für ihn auserlesene Festlande Gemahlin Konstanze von Aragonien zuführte, nach dem hinüberzugehen, ward durch eine Seuche vereitelt, vmd kurz darauf stellte der Angriff Ottos IV. seine ganze Existenz in in den folgenden Ereignissen, die ihn auf Wir sahen, wie Frage. den deutschen Königsthron führten, Begabung und Geschicklichkeit Rasch genug spielten. des frühreifen Jünglings keine geringe Rolle er lebte sich in die universalen Herrschaftsideale des zu einem Deutschen vermochte ihn doch nicht umzuschaffen. aber ein, ^) 3, 161 flf. Kaisertums der neue Schon vor der Aug. 1209 vollzogenen Vermählung, vgl, Hist. Besitz Viertel]. § i6. Das Emporsteigen Friedr. Man ihm II., bis lum Frieden v. Ceperano (1230). 205 die heftigsten Vorwürfe gemacht i), daß er daStunde eine Wiederherstellung der deutschen Monarchie möglich gewesen wäre, seine übernommenen Pflichten vernachlässigt und die bequemere Aufgabe im Süden vorgezogen habe. Indes seine Verbindung mit Deutschland war im wesentlichen dynastischer Art, Heimatgefühl hegte er nvu* für Sizilien. Auch das war für sein Handeln schwerlich entscheidend, vielmehr in erster Linie die politische Berechnung. Wenn er auch auf Heinrichs VI. Plan einer staatsrechtlichen Vereinigung Siziliens mit dem Reiche weder zurückgreifen konnte, noch wollte, so mußte er doch den Umfang der überkommenen Gebiete schon vom Standpunkte der Selbstbehauptimg aus als eine Einheit betrachten, und wenn er sich nun fragte, in welchem der Länder: Deutschland, Reichsitalien oder Sizilien am ehesten darauf zu rechnen sei, an Stelle der gegenwärtigen Scheinherrschaft eine wirkliche Macht neu zu begründen, so mußte ihn ein richtiges politisches Augenmaß notwendig auf Sizilien weisen, wo das starke normannische Königtum zwar seit zwei Jahrzehnten am Boden lag, aber abgesehen von den Zugeständnissen an die Kurie noch keines seiner Rechte preisgegeben hatte, wo die inneren Widerstände doch auch keineswegs unüberwindlich schienen. Viel schwieriger war eine Herstellung schon in hat wo eben noch mals, in zwölfter zum größten Teil Gewinne ohne Zusammenstoß mit ihm kaum einzuaussichtslosesten lagen die Dinge in Deutsch- Reichsitalien, weil die dortigen Verluste des Papsttums bringen waren. und Am land, das mit seinem überwiegenden Verharren und Lehenswesen den anmuten mochte. Es in Naturalwirtschaft vorgeschritteneren Italiener fremdartig genug mag zugegeben werden, daß sich einer deutschen Königtums damals noch immer Handhaben genug boten. Aber wenn hier die Entwicklung der letzten Jahrzehnte dem Fürstentum und der Papstkirche zugute gekommen war, so konnte eine Gegenbewegung nur im Kampfe mit eben den beiden Mächten sich Bahn brechen, mit deren Hilfe Friedrich bisher empoi^estiegen war, denen er rechtlich bindende Zusicherungen gegeben hatte. Das war vorderhand völlig imtunlich. Aus den Verhältnissen heraus ist es daher verständlich genug, daß das Reorganisationswerk Friedrichs seinen Gang von Süden nach Norden nahm. Das brachte es daim mit sich, daß er, um durch Ruhe in Deutschland Bewegungsfreiheit für seine italienischen Unternehmungen zu gewinnen, den deutschen Fürsten auch weiterhin in die Hand arbeitete und durch Preisgabe neuer ICronrechte hier ein späteres Einlenken noch mehr erschwerte. Sammlungspolitik *) So noch des Ficker. Kirche, HisL Aufs, Vgl. dagegen Rodenberg, Friedrich II. a. G. Waitz gcwidm. 1886. dem Andenk. u. d. deutsche 2o6 II. Die Zeit der Staufer. Mit dieser allgemeinen politischen Tendenz Friedrichs kreuzte sich nun das Bestreben der dem Reiche, die bei längerer Dauer lich Kurie, die Personalunion Siziliens mit werden mußte, wie eine dem Papsttum ebenso gefährso bald Dafür hatte Inno- staatsrechtliche Verbindung, möglich durch Abspaltung Siziliens zu lösen. zenz III., der in der Kaiserkrone noch immer einen Trumpf besaß, kurz vor seinem Tode Vorsorge getroffen, i) Friedrich hatte sich (i2i6) verpflichten müssen, vom Augenblicke der Kaiserkrönung ab zugunsten seines minderjährigen Sohnes Heinrich und einer mit dem Papst zu vereinbarenden Regentschaft auf Sizilien Verzicht zu leisten. Ob es ihm damit jemals Ernst gewesen ist, steht dahin. Wahrscheinlich hoffte er von vornherein, die Zusage später umgehen zu können, und dem Nachfolger Innozenz' III. gegenüber gewann er in der Tat diplomatisch das Oberwasser. Honorius III. (1216 27)2), der uns schon unter dem Namen des Kardinals und Kämmerers Cencius als ausgezeichneter Finanzmann und Verwaltungsbeamter der Kurie entgegengetreten ist, glaubte auch als Papst nach der gewaltigen Machtausdehnung der Kirche unter seinem Vorgänger vor allem den begonnenen inneren Ausals — bau fortführen und für eine sichere wirtschaftliche Grundlage Sorge Überdies hatte er die große Aufgabe des neuen Kreuzzuguntemehmens überkommen, die ihm ganz besonders am Herzen lag. Auch machte seine ehrliche, milde und versöhnliche Natur den hochbejahrten, kränklichen Mann dem Ränkespiel der hohen Politik abhold, während Friedrich sich da alsbald als der gelehrige Schüler seines päpstlichen Vormundes erwies. Er erkannte mit Scharfblick den schwachen Punkt des Vertrages: für sich selbst hatte er zwar auf die Personalunion in Zukunft verzichtet; daß sie sich aber unter seinem Sohne erneuerte, widersprach zum mindesten nicht dem Wortlaut der Abmachung. Auf dies Ziel nun strebte Friedrich alsbald ganz offen hin; war die Verbindung der Reiche erst einmal in der Person Heinrichs gesichert, konnte die Kurie dann gegen die gleiche Vereinigung unter dem Vater, mit dem sie ja fortdauernd die besten Beziehungen unterhielt, noch begründete tragen zu sollen. Einwendungen machen? Die Einholung des Sohnes nach Deutschland (12 16), seine Belehnung mit dem Herzogtum Schwaben {12 17) und dem Rektorat über Burgund ( 1 2 1 9) waren vorbereitende Schritte, um den jungen sizilischen König diesseits der Alpen Fuß fassen zu lassen. Die Hauptfrage war dann, ob die deutschen Fürsten sich zu seiner Über die Unionsfrage vergl. v. Kap-herr, Deutsche Zeitschr. f. Gesch. i. Seine Register sind herausgegeben v. Pressutti, 2 Bde. 1888, 1895; über die sonstigen Quellen zur Geschichte des Papstes vergl. Reg. Imp. V, S. 1120. ^) ') § l6. D»3 Emporsteigen Friedr. II., bis zum Frieden v. Ceperano (1230). 207 Königswahl geneigt zeigen wiirden, die vor der Kaiserkrönung des wenn auch nicht unerhört, so doch einigermaßen ungewöhnBedenkt man indes, daß sie die Voraussetzung für die lich war. Errichtxmg einer Nebenregierung in Deutschland war, die den Fürsten bei der Minderjährigkeit Heinrichs auf lange hinaus den Haupteinfluß sicherte, so begreift man trotz der Förderung der Erblichkeit, Vaters, die das bedeutete, ihre Bereitwilligkeit. Nur die geistlichen Fürsten, Lockungen und päpstlichen Abmahnungen hin und her schwankten, mußten erst durch neue, große Zugeständnisse gewonnen werden, die in der deutschen Verfassungsgeschichte die zwischen königlichen eine bedeutende Stelle einnehmen, i) Nachdem die Krone auf die Besetzung der geistlichen Fürstentümer jeden entscheidenden Einfluß eingebüßt hatte, gab sie dort jetzt auch ihre Ansprüche auf die Nutzung des Reichskirchengutes und ihre allgemeinen Hoheitsrechte in weitgehendem Maße preis. Die Zentralgewalt begann sich aus diesen geistlichen Territorien zurückzuziehen und verlor immer mehr die Einwirkung auf deren innere Verhältnisse. Jede Neuerrichtung von Zoll- und Münzstellen ward dort an die Zustimmung des betreflfenden Fürsten geknüpft, der Heimfall der Regaliennutzung bei persönlicher Anwesenheit des Königs auf die förmlich angesagten Hoftage beschränkt, die höchste Äußerung der königlichen Gerichtsbarkeit, die Achterklärung, eingeengt durch die Bestimmung, daß sie dem kirchlichen Banne ohne weiteres zu folgen habe, der Lehenshof des geistlichen Fürsten gegen Entfremdungen durch das lehentragende Königtum gesichert. Zugleich aber verpflichtete sich das Reich auch zum Schutze dieser geistlichen Territorien gegen die Anmaßungen der Lajengewalten Usurpation des von der Krone aufgegebenen Spolienrechtes, Übergriffe der Vögte, Anlage von Befestigungen im Gebiete der geistlichen Fürsten gegen deren Willen, endlich gegen die Anziehungskraft, die auf ihre ünfi-eien die benachbarten Städte ausübten. Das war eine Summe wertvoller Zugeständnisse, denen die geistlichen Wähler erlagen. : Und Wahl die Kurie, hielt gestellt, es vor die vollzogene Tatsache nun doch für geraten, von Heinrichs einzulenken und mit der Personalunion des Sohnes auch die des Vaters stillschweigend weiter zu dulden. Wie seine staufischen Vorfahren: Konrad HI., und Heinrich so hat auch Friedrich H. die bewirksamen Hebel für die Einsetzung eines Vertreters benutzt und mit solcher Begründung gerade auf einen Honorius HI. Eindruck gemacht. Noch in demselben Jahre wurde zu Rom die Kaiserkrönung vollzogen (Nov. 1220). Friedrich hatte über die Kurie einen vollständigen diplomatischen Sieg Friedrich I. vorstehende Kreuzfahrt VI., als errungen. Doch war von feindseligen Gedanken gegen sie weit enthatte, war für ihn ein Gebot der Notwendigkeit gewesen. Im übrigen war ihm an dem Was fernt. politischen ') er durchgesetzt er Privilegium M. G. Const. II, 86 in ff. favorem principum ecclesiasticorum v. 26. Apr. 1220, n. Die 2o8 Zeit der Staufer. Zusammengehen mit dem Papsttum gelegen. Er erfüllte und Italien in vollem Umfange; erst die Macht des Reiches vermochte damals in dem erweiterten Kirchenstaate die Anarchie zu beseitigen und den Papst nach Rom zurückzuführen. In seinem bei der Krönung erlassenen großen engsten seine Versprechungen in Deutschland') — Gesetze verhieß der Kaiser der italienischen Geistlichkeit zumeist auf Kosten der Städte wertvolle Befreiung von weltlichen Ab- — gaben und Gerichten. Dem Kirchenbanne sollte auch hier die kaiserliche Acht folgen, und zur Vernichtung der Ketzer ward nach dem Vorbilde Friedrichs I. der Kirche von Seiten des Kaisers der weitestreichende Vorschub geleistet, und das weltliche Schwert zur Verfügung gestellt. Als Gegendienst war dabei an eine Bekämpfung der Reichsrebellen mit den Waffen der Kirche gedacht, flössen doch in der Tat die Begriffe Ketzerei und Abkehr von der bestehenden Staatsordnung damals vielfach in eins zusammen. Endlich erneuerte Friedrich bei der Kaiserkrönung sein Kreuzzugsgelübde und verhieß für das nächste Jahr die Erfüllung. Diese Frage trat nun in den Mittelpunkt der Politik des folgenden Jahrzehnts. Nachdem der vierte Kreuzzug sein ursprüngliches Ziel verfehlt hatte, war die Bewegung im Abendlande nicht mehr ins Stocken gekommen. Sie führte zu so krankhaften Auswüchsen wie dem Kinderkreuzzug des Jahres 12 12. Da war es gut, daß der Beschluß des großen Laterankonzils sie wieder in geordnete Bahnen zu lenken suchte. Innozenz III. hätte sich vielleicht persönlich an die Spitze der Heerscharen gestellt; sein Nachfolger, einer so gewaltigen Aufgabe nicht gewachsen, bemühte sich zwar mit aller Kraft um das Unternehmen, vermochte aber die verschiedenen Einzelströme nicht in eine große Flutwelle zusammenzufassen. Insbesondere mußte man der Lage Friedrichs IL notgedrungen Rechnung tragen, der den ungeordneten deutschen Verhältnissen unmöglich seine Gegenwart entziehen konnte. Der Ruf an ihn wurde dringlicher, als ein vorwiegend aus Deutschen bestehendes Kreuzheer, dessen Leitung der päpstliche Legat Pelagius an sich gebracht hatte, mit der Eroberung der ägyptischen Hafenstadt Damiette (12 19) zwar einen verheißungsvollen Erfolg davontrug, ihn aber ohne erheblichen Truppennachschub nicht fruchtbar machen konnte. Nach der Ordnung Deutschlands imd der Erneuerung seines Gelübdes wurde nun Friedrichs Eingreifen für das Jahr 122 1 mit Bestimmtheit ange- — vmd der Legat angewiesen, Unternehmungen zu enthalten. kündigt, *) mit dem Nur bis dahin sich aller kriegerischen ein beschränktes Regalienrecht wurde, oflFenbar im Einverständnis Episkopat, bald wieder geübt. § i6. Das Emporsteigen Friedr. II., bis zum Frieden v.Ceperano (1230). 209 nach der Kaiserkrönung endlich dem Zustande der Anarchie, in dem er es vorfand, lassen sollen, um sich sogleich nach dem War doch der Erfolg seines Kreuzzuges nicht Orient zu wenden? ziun wenigsten abhängig von den Mitteln, die ihm dies Reich Allein wie hätte Friedrich, als er wieder sein sizilisches Indem bieten sollte! Siziliens sation Reich betrat, es in hinterhältige Absicht nun mit aller Energie die Reorganinahm, verwickelte er sich ohne alle er aber Angriff in in ein neues Unternehmen, das ihn nicht so den rasch gesammelten Kräften 1221 hintereinander zwei Flotten mit erheblichen Truppennachschüben nach Ägj-pten voraussenden konnte; er selbst blieb bald losließ. Es war schon etwas, das er mit Inmit stillschweigender Billigung des Papstes einstweilen zurück. Von der zwischen aber ereilte die Kreuzfahrer das Verhängnis. Wartepflicht entbunden, ließ sich der Legat, ohne nur die zweite Flotte des Kaisers abzuwarten, mit völlig unzureichenden Kräften Wagnis eines Eroberungszuges in das innere Ägypten ein, während er die Auslieferung Jerusalems wiederholt vertragsmäßig hätte erlangen können, ward durch das Dvu-chstechen der Dämme vom Nilwasser eingeschlossen und nur durch die weise Mäßigung des Sultans El Kamil vor völliger Vemichtvmg bewahrt. Aber die Erfolge waren dahin, der Abzug des Kreuzheeres wurde durch die Rückgabe von Damiette erkauft, und ein achtjähriger Waffenstillstand zugestanden, den nur ein gekrönter christlicher König auf das sollte unsinnige kündigen dürfen. IL blieb nicht ganz unberührt von dieser Schmach. Trotzdem war der Ausgang für ihn nicht vmgünstig: alle Hoffntmg richtete sich fortan auf ihn, und da nun der Anlaß zur Eile fortumfassendere Vorbereitungen fiel, und der neue Kreuzzug vun so erforderte, gewann er eine Spanne Zeit zur Durchführung seiner Friedrich dringendsten europäischen Aufgaben. Zunächst bedurfte noch Sizilien seiner emsigsten Fürsorge. Das Werk der Assisen von Capua (Dez. 1220) und ihrer Ergänzung in Messina (Juni 1221)^) war nicht Neuschöpfung, sondern Her- stellung. Es galt der Monarchie ihre alte, starke Grundlage wieder zu gewinnen, daher Rückführung aller Dinge auf den Stand von 1189*), Einforderung aller seitdem entfremdeten Besitzungen und Rechtstitel, Kassierung der darüber ausgestellten Königsurkunden, selbst oft der eignen aus Friedrichs Kindheit*), ') Beide vollständig u. im Wortlaut erst durch die 1888 aufgefundene erste Redaktion der Chronik Richards v. S. Germano bekannt. die Verleihungen Heinrichs VI. an Deutsche galten *) Auch als Entfremdungen. *) Nicht in Frage gestellt aber wurden die älteren Königsurkunden vor 1189, vergl. gegen Winkelmann Schefier-Boichorst, Schriften II, 3488. Hamp«, Deutsche Kaisergexhichte. |. n. Die 2IO Aufhebung Zeit der Statifer. neu errichteten Verkehraabgaben und Märkte aller (seit 1 198) und der Regungen städtischer Selbständigkeit. Dazu nun erneute Wehrhaftmachung des Staates: Sicherung zwar der leistungsfähigen Lehen vor Zersplitterung, aber auch Ausnutzung der ersten Gelegenheit zu umfassender Einziehung für die Krone, Niederlegung aller seit 1189 gebauten Burgen der Barone und Errichtung königlicher Festungen, Vertreibung der italienischen Seestädte aus ihrer bevorrechteten Stellung und Neubau einer sizilischen Flotte. Endlich Bestimmungen zur Friedenssicherung, strafrechtliche und polizeiliche Verfugungen, Die nächsten Jahre (bis 1225) galt es diese Maßregeln zur zu bringen gegen den Widerstand einzelner Barone und gegen die Ungebundenheit der im Innern und Süden vollen Durchführung Siziliens noch staatlos hausenden Mohammedaner, von denen eine große Zahl auf das Festland nach der in der Capitanata angelegten sarazenischen Militärkolonie Lucera verpflanzt wurde. Die Herstellung der sizilischen Monarchie war eine umso bedeutendere Leistung, als sie ohne auswärtige Gewaltmittel mit den zum Teil doch gerade erst zu bekämpfenden Kräften des Landes selbst erfolgte. Das Ergebnis rechtfertigte das allgemeine Programm von Friedrichs Politik; wäre nicht erreichbar gewesen, wenn er sich nicht inzwischen die ein Gewährenlassen der Fürsten erkauf t hätte. Die Regierung des dort als Vertreter des Kaisers zurückgelassenen, unmündigen Heinrich (VII.) war fürstliche Klassenherrschaft, nur nach einer Seite hin gemildert durch den Einfluß der im königlichen Rate stark vertretenen Reichsdienstmann en. Wenn diesem Regimente trotzdem ein größerer nationaler Zug nicht ganz fehlte, so lag das ausschließlich an der Persönlichkeit des Mannes, den Friedrich mit glücklichem Griffe zum Reichsgubemator und Vormund seines Sohnes bestellt hatte. Erzbischof Engelbert von Köln^), eine bedeutende, noch jugendlich-kräftige Erscheinung, in seinem Territorium die Sonderinteressen der Herren rücksichtslos zugunsten der allgemeinen Wohlfahrt brechend, zeichnete sich vor allen seinen Standesgenossen aus durch die Gabe, über die landesherrliche Enge den Blick zum Ganzen Deutschlands zu erheben. Ebendamals bot ein Zufall im Norden die Möglichkeit eines großen nationalen Gewinns. Seit dem unseligen Thronstreit lastete hier auf dem Reiche die unnatürlich vorgeschobene Machtstellung Dänemarks, das im Besitze der deutschen Kolonisationsgebiete von der Eider bis nach Rügen, auch in Samland und Esthland sich festsetzte, gegen Livland vordrang und im Begriffe stand, das baltische Meer in einen dänischen Binnensee zu verwandeln. Da geriet mitten im Frieden König Waldemar IL durch List und Verrat in die Gewalt des von ihm imgnädig behandelten Grafen Heinrich von Schwerin es Ruhe Deutschlands durch ^) Vergl. die (Böhmer, Fontes II) zeitgenössische u. Biographie des Caesarius die neuere v. Ficker 1853. v. Heisterbach 1 § i6. Das Emporsteigen Friedr. II., bis zum Frieden t. Ceperano (i 230). 2 1 und so wenig anständig der Fang war, so bestand bei den maßgebenden deutschen Persönlichkeiten doch kein Zweifel, daß er ähnlich wie einst die Haft Richards Löwenherz zum Vorteil des Reiches auszubeuten, und womöglich die Herausgabe der deutschen (1223), Ostseegebiete zu erzwingen sei. Engelbert ging in dieser Richtung weiter als der Kaiser, der bei grundsätzlichem Einverständnis doch durch Rücksicht auf seine universale Politik und den sich einmischenden Papst zu Milderungen des abgeschlossenen Vertrages Besser als die hohe Diplomatie wußte schließlich das bereit war. scharfe Schwert der nächstbeteiligten deutschen Großen den Vorteil des Reiches und ihren eigenen wahrzunehmen. Nach der gewaltsamen Befreiung Nordalbingiens von der dänischen Herrschaft verstand sich Waldemar endlich dazu, den Vertrag zu beschwören, der seine Freilassung nicht nur an ein hohes Lösegeld, sondern auch an die Abtretung der Gebiete von der Eider bis Pommern knüpfte (Ende Jedoch sobald er aus der Haft entlassen war, erklärte er 1225). den Vertrag für erzwungen imd ließ sich durch den Papst von seinem Eide lösen. Er gab seinen deutschen Gegnern nur erwünschte Gelegenheit, die Errungenschaften des durch Gewalttat erpreßten Vertrages auf der Ebene von Bomhövde (s. v. Kiel) um Die so ehrenvoller mit den Waffen zu behaupten (Juli 1227). dänische Niederlage bezeichnet den Rückgang der stark überspannten Großmachtpolitik Waidemars auf der ganzen Linie, zugleich ein Das Reich war an erneutes Vordringen des deutschen Einflusses. diesem großen nationalen Erfolge nicht unmittelbar beteiligt. Immerhin hat der Kaiser, von der Rücksicht auf die Kvirie damals einigermaßen befreit, die letzten Ereignisse aus der Feme mit förderndem Interesse begleitet, wie etwa die Erneuerung der Reichsfreiheit Lübecks (1226) bekundete, und die Gestaltung der Dinge durchBedeutsam fielen mit diesem Aufschwxmge des aus anerkannt. Deutschtums in den Ostseegebieten die Anfänge des Deutschordens im Preußenlande zusammen, der berufen war, in den nächsten Jahrzehnten die Brücke zu den deutschen Brüdern in Kurland und Livland zu schlagen. Friedrich fügte damals (1226) dem Orden zu dem vom Herzog Konrad von Masovien versprochenen Kulmerland alle künftigen Erobenmgen im preußischen Gebiet hinzu imd Wenn nicht andre erhob den Großmeister zum Reichsfürsten. Gesichtspunkte, so waren zum mindesten seine engen Beziehungen zu dem Orden und seinem hervorragenden Großmeister Hermann von Salza^) Anlaß für den Kaiser, diesen Dingen dauernd seine Aufmerksamkeit zu schenken. ') Vergl. die Biographie von A. Koch 1885. 212 I^' I^Jß Zeit der Stauler. Vielleicht noch freudiger als er würde der Reichsgubemator Engelbert diese letzten Entwickelungen begrüßt haben, aber er sollte sie nicht denen mehr erleben. Es fehlte in den Jaliren (1224 u. 25), ganz persönlich die deutsche Politik leitete, nicht an einer gewissen Spannung zum kaiserlichen Hofe, der die letzte Entscheidung der wichtigsten Fragen doch immer in seiner Hand behielt nach dem Grundsatz, daß Deutschland an jedem Ort sei, an dem der Kaiser mit einigen seiner Fürsten zusammenkomme. Meinungsverschiedenheit entstand namentlich über die Frage der Verheiratung des jungen Königs, für den Engelbert, seinem kölnischen Standpunkt entsprechend, aber auch aus nationaldeutschen, antifranzösischen Erwägungen heraus eine englische Verbindung wünschte, während Friedrich, an seinem capetingischen Bündnis festhaltend, schließlich für Margaretha, die Tochter des Herzogs Leopold von Österreich entschied. Eben als die Hochzeit des jungen Paares gefeiert wurde, erscholl die grause Kunde von der durch einen Verwandten des Erzbischofs mit anderen Helfershelfern aus Privatrache vollführten Ermordung Engelberts (7. Nov. 1225). Er hatte sich dem Willen des Kaisers bereits unterworfen und hätte, damals erst ein vierzigjähriger, seine Dienste dem Reiche weiter zur Verfügung gestellt; da ward dieser glänzenden und für Deutschland bisher nur segenvollen staatsmännischen Laufbahn durch Mörderin hand er jähes Ende bereitet! Man versteht den entsetzlichen den der alternde Walter von der Vogelweide gegen den ein Fluch, ruchlosen Täter schleuderte! Der Charakter der fürstlichen Klassenherrschaft blieb auch Herzog Ludwig von Bayern, der an Engelbesaß weder die Gesichtsweite, noch die Begabung hinfort unverändert, aber berts Stelle trat, des Kölners, und als der ausbrechende Papsttum die Verhältnisse verwirrte, Kampf des Kaisers mit dem schob der achtzehnjährige junge König alsbald den unzuverlässigen Herzog beiseite und übernahm von da ab selbst die Verantwortung für die Leitung der deutschen Angelegenheiten (1228). Inzwischen war der Termin für die Kreuzfahrt Friedrichs vmter mißmutiger Zustimmung der Kurie mehrfach hinausgeschoben. Schon hatten Reibereien in Mittelitalien, wo der Kaiser die Hinderung Verbindungen durch die päpstlichen Rekuperationen doch und Eingriffe des Papstes in das Konsensrecht der Krone bei sizilischen Bistumsbesetzungen Mißtrauen und Ärger hüben vmd drüben geweckt. Noch einmal kam es zu der Vereinbarung von S. Germano (1225). Sie legte Friedrich die seiner schmerzlich empfand, bindendsten Verpflichtungen auf: Abfahrt mit festbemessener Mannschaft und Flotte im August 1227 bei Strafe des Bannes und bei § i6. Das Emporsteigen Friedr.n., bis lum Frieden v.Cepcrano (1230). 213 Aber durch die noch in demselben Verfall einer hohen Kaution. Jahre vollzogene Vermählung des verwitweten Kaisers mit Isabella von Brienne, der Erbtochter des Königreichs Jerusalem, wurde sein eigenstes Interesse eng mit dem Unternehmen verknüpft, und er gewann immerhin zwei weitere kostbare Jahre. Wie er sie anzuwenden gedachte, verkündete er schon in S. Germano: zwischen der unmittelbaren Herrschaft über Sizilien und der mittelbaren über Deutschland sollte als das notwendige Bindeglied der kaiserlichen Rechte in Reichsitalien eingefügt werden, die in der Tat in den letzten Jahrzehnten in den ärgsten Als er damals auf das folgende Jahr (1226) Verfall geraten waren. zur Ordnung dieser Verhältnisse einen Reichstag nach Cremona ausschrieb, hat er schwerlich schon weitergehende Absichten gehabt, als die Rechtsgrundlage des Konstanzer Friedens herzustellen. Aber er täuschte sich über die Stimmung der Lombarden, die angesichts der absolutistischen Tendenzen Friedrichs in Sizilien von lebhaftem die Herstellung Mißtrauen erfüllt waren, er vmterschätzte die in der Ungebimdenheit der letzten Generation neuerstarkten Widerstandskräfte und \\nürdigte nicht genug die stille, aber dauernde Interessengemeinschaft zvs'ischen Lombardei und Papsttum. Diese Irrtümer führten zu einem ersten imliebsamen Mißerfolge seiner Politik. Sofort erneuerten die meisten Städte der Lombardei, Romagna und Mark Treviso den alten Lombardenbund, nahmen eine feind- hinderten durch Sperrung der Etschklause den Zuzug deutscher Truppen unter König Heiruich und reizten den Kaiser durch demütigende Zmnutungen weit über die Bedingungen des Konstanzer Friedens hinaus. Wie hätte Friedrich solch' offene liche Stellung ein, Auflehnung ruhig hinnehmen sollen? Aber von Deutschland abin Oberitalien nur von Cremona und seinem Anhang unterstützt, konnte er an ein kriegerisches Vorgehen nicht denken, sondern mußte sich mit der Verkündigung der Reichsacht gegen die Bundesmitglieder, der Aufhebung des Konstanzer Friedens und aller Privilegien begnügen. Nur der Einmischung der Kurie war es dann zu danken, daß, im Hinblick auf den Kreuzzug, dem aus dem Zwiespalt ein neues Hemmnis zu erwachsen drohte, vorderhand ein leidlicher Friedenszustand geschaffen wurde, der zwar die Verhältnisse vor 1226 wiederherstellte und dem Kaiser keine Genugtuung gewährte, aber wenigstens keine grundsätzliche Entscheidung traf und so die Erledigung der Streitfrage der Zukunft geschnitten, vorbehielt. letzte Tat Honorius' III. Als er kurz darauf starb konnte er hoffen, daß der langersehnte Kreuzzug ohne weitere Gefährdung von statten gehen \\i\rde. Aber eben der Papst- Es war die (1227), n. Die 214 Zeit der Staufer. Wechsel war es, der die Welt aufs neue in Unruhe stürzen sollte; wie so oft, brachte er die Gegenpartei ans Ruder. Gregor IX. (1227 41)^), ein naher Verwandter Innozenz' III., war noch mit seinen annähernd sechzig Jahren eine schöne, kraftvolle Erscheinvmg, — schon seit samkeit einem Menschenalter gepriesen und Zierde guter Sitten" dächtniskraft, juristischen Scharfsinn als als „Spiegel der Bereddurch Ge- 2), hervorragend und gelehrte Bildung. Bereits Kardinalbischof Ugolino von Ostia hatte er als eine Säule der Kaum Kirche gegolten. in einer andern Figur der Papstgeschichte inneren Widersprüche der Hierarchie so unver- liegen die großen und doch so selbstverständlich nebeneinander. Der Freund imd Förderer der Minoriten, der freilich die sonnigen Ideale des h. Franz mit hartem Druck in die kältere Wirklichkeit führte, aber eben dadvuch sein tiefes Verständnis für ihren praktischen Wert mittelt bewies, der sich auch sonst für religiöse Verinnerlichung, Entsagimg, als Papst den glänzenden Pomp und die und hat den Kampf um die Weltherrschaft mit den weltlichsten Mitteln bis zur Verflachung und Entsittlichung geführt. Nach innen und außen verkörperte er so fast noch in einer Steigerung die Reformtendenzen vmd Herrschaftsbestrebungen der Papstkirche Aber wenn über dessen Maßnahmen stets imter Innozenz III. eine kühle, überlegene Vernunft gewaltet hatte, die ihm die Erfolge Armut erwärmte, liebte eindrucksvolle Pose sicherte, so lebte in Namen mag Gregor IX. etwas von der dämonischen LeidenWillenskraft des großen Papstes, dessen und bergestürzenden schaft er sich erwählte. viele versagte häßliche ihm auch Eben Auswüchse diese zügellose Leidenschaftlichkeit seiner Kampfesweise die durchschlagenden Erfolge. erklären, Wie Gregor sie VII. war er der Mann der von einer großartigen Einheitlichkeit imd Kraft der Weltanschauimg getragenen, stürmischen Initiative, nicht Zweimal hat er die furchtbare Verder mühevollen Vollendung. antwortung eines Weltkampfes auf seine Schultern genommen, sein Temperament vor allem hat dem Schicksalsstreit seinen Charakter aufgeprägt und eine Wendung zur Versöhnung auch für die Zukunft verbaut, aber trotz noch nicht der aller Wucht des Angriffes war er für Friedrich gefährlichste Gegner! Nicht die zufälligen Ereignisse des Jahres 1227 haben den hervorgerufen, sie gaben nur den Anlaß zu dem überlegten Kampf Die Register hrsg, von Auvray 1890 ff. Für die sonstigen Quellen Neuere Biographien v. Balan (1872) u. Feiten Reg. Imp. V, S. 1170. (1886) kritisch wenig verwendbar. Beachtenswerte Bemerkungen v. W. Goeti, Hist. Viertelj. 5, 43 ff; der Politiker Gregor dürfte aber doch etwas un*) vergl. günstiger zu beurteilen sein. ») Vergl. Hist. Viertelj. 7, 519. § i6. Das Emporsteigen Friedr. 11., bis zum Frieden v. Cepenmo (1230). 21^ und gewollten Angriff der römischen Kurie gegen Friedrich 11.^). Gregor IX. hatte mit Sorge und Unwillen beobachtet, wie das versöhnliche Walten seines Vorgängers es dem Kaiser ermöglicht hatte, seine volle Machtstellung gegen die Absichten Innozenz' III. zu behaupten imd ungemein zu befestigen, wie er von der starken Grundlage Siziliens aus bereits nach Reichsitalien hinübergriff und durch so manche temperamentvolle Äußerung zu erkennen gab, daß er bei allem Streben nach Frieden mit der Kirche nicht aus der staufischen Art geschlagen war und die alten politischen Ziele fest im Auge behielt. Zugeständnisse, wenn Was frommten die politische schließlich alle Umklammerung des kirchlichen Papsttvuns mm Darauf spitzten sich die alten Gegensätze mit aller Schärfe zu: Das Papsttum, das eine selbständige weltliche Herrschaft als Voraussetzung für seine freie Willensentschließung sich erneute? suchte seinen politischen Einfluß von dem erweiterten Kirchenstaat aus auf das sizilische Lehensreich geltend zu machen betrachtete, und auch gegen Oberitalien vorzuschieben. Der Kaiser, der Herr in seinem sizilischen Hause bleiben wollte, konnte die Verbindung mit Deutschland nur aufrecht erhalten, wenn er sich auch des Mittelgliedes versicherte. Italien, durch das Vordringen des Abendlandes im Mittelmeerbecken, durch den Umschwung des Welthandels seit den Kreuzzügen, durch das Emporblühen der wirtschaftlichen und geistigen Kultiir ganz anders als früher in den Mittelpunkt der Welt gerückt, bildete das große Streitobjekt z>\TSchen den beiden Häuptern der Christenheit. Gregor war es, der zuerst die Unlösbarkeit des Knotens erkannte und den Vemichtungskampf mit bewunderungs^vürdiger Folgerichtigkeit und Entschlußkraft begann, der aber die politischen Gründe seines Vorgehens stets sorgfältig verschleierte und, indem er kirchliche, agitatorisch wirksame Momente vorschob, der ktuialen Politik den Stempel unwahrer Hinterhältigkeit aufdrückte. Indes und moralische Beurteilung Wucht der großen Weltgegensätze. die persönliche der hat zurückzutreten hinter Der Aufbruchstermin für den Kreuzzug war von der Kuiie unklug auf den heißen August gesetzt, Friedrich mehrte die Gefahr, indem er über die festen Normen des Vertrages von S. Germano hiiuus auch für alle Pilger Schiffe bereitzuhalten erklärte. So ergriff in der Ebene von Brindisi eine furchtbare Seuche die Massen. Der Kaiser selbst erkrankte schon vor der Einschiffung, nach der Abfahrt starb sein Begleiter, der Landgraf Ludwig von Thüringen. Friedrich selbst kehrte um und suchte Heilimg in den Bädern von ') Über die aggressive Tendens der damaligen Kirche merkungen Fickers, Reg. Imp. V, S. XXIII ff. vergl. die Be> 2 1 !!• I^ie Zeit 6 Da der Staufer. i) Gregor war im Recht; die Rücksicht auf eine höhere Gewalt, wenn auch nicht ausbedungen, wäre freilich menschlich gewesen, aber der Papst dekretierte sie hinweg mit der haltlosen Pozzuoli. traf ihn der Bannstrahl des Papstes, formell unzweifelhaft Behauptung, Friedrichs Krankheit sei nur eine Fiktion. ständigung hätte sich unschwer erzielen lassen, denn Eine Verder Kaiser war bereit, den unfreiwilligen Vertragsbruch durch eine Kirchenbuße zu sühnen und das Versäumte baldigst nachzuholen, aber nun begründete Gregor den Bann mit neuen, auf Sizilien bezüglichen Beschwerden und erklärte, bei fernerer Mißregierung dies päpstliche Lehen als erledigt einziehen zu müssen. Es wurde klar, das Papsttum wollte die Vernichtung des Kaisers oder seine Demütigung und dauernde Schwächung. Da war es ein meisterhafter Schachzug Friedrichs, daß er, um aller Welt den Ernst seiner Absicht zu beweisen und den Papst in der öffentlichen Meinung ins Unrecht zu setzen, im folgenden Jahre trotz des Bannes die Fahrt nach dem Orient antrat. — Der fünfte Kreuzzug (1228 29) unterschied sich scharf von seinen Vorgängern durch die Führerrolle eines Gebannten, dem die Kurie ob dieses Trotzes nur um so mehr grollte, durch die dynastischen Pläne des Leiters, dem seine Gemahlin soeben sterbend den Erben des Königreichs Jerusalem, seinen zweiten Sohn Konrad, geboren hatte, und durch die von vornherein auf diplomatische Erfolge gerichteten Absichten Friedrichs, der mit dem Sultan ElKamil von Ägypten wie mit so manchem mohammedanischen Gelehrten freundliche Beziehungen unterhielt und ihre Hochachtung genoß. Das hat in der Tat neben dem für die Christen wertvollen Zwiespalt zwischen Ägypten und Damaskus dem Kaiser sein Unter- nehmen erleichtert und schließlich den Vertrag ermöglicht (1229), den die Hauptandachtstätten: Jerusalem, Bethlehem, Nazareth und ihre Verbindungen mit dem namentlich um die Stadt Sidon verstärkten Rest des Königreichs Jerusalem an der Meeres*küste an Friedrich als neuen König des Landes abgetreten wurden, während für die Mohammedaner auf zehn Jahre Waffenstillstand, unbedingte Neutralität bei Angriffen auf sie von andrer Seite und freie Religionsübung in der Moschee von Jerusalem ausbedungen ward. Dieser Vertrag hatte unleugbare Schwächen. durch Schwerer stenheit als die letztgenannten Zugeständnisse, die in der Chri- kaum ganz berechtigten Anstoß erregten, fielen die schmalen Gebietsstreifen mangelhafte Verteidigungsfähigkeit dieser imd die fortdauernde Feindschaft des ^) Sultans von Damaskus Erste Ankündigung 29. Sept., feierliche Verkündigung 18. Nov. 1227. § i6. Das Emporsteigen Friedr. n., ins Gewicht. erreicht! bis zum Frieden v, Ceperano (1230). 71 7 Aber unter welchen Schwierigkeiten war der Abschluß El-Kamil hatte angesichts des offenen Zwiespalts der entgegenkommende Haltung geändert, nach einer Einigung mit Damaskus gestrebt, die Verhandlungen in die Länge gezogen und dem Kaiser manche Demütigungen bereitet. Friedrichs militärische Lage war bei schwacher Truppenzahl gefährdet, Zwietracht und Verrat herrschten im eignen Lager. Denn der Papst Christenheit seine betrachtete ihn nicht als Kreuzfahrer, sondern als Piraten, der von Jerusalem predigte offenen Widerstand und arbeitete ihm selbst beim Sultan entgegen, die Johanniter waren unzuverlässig, die Templer sind vielleicht nicht einmal vor dem Versuche zurückPatriarch dem Feinde Kunde von dem geschreckt, die Person des Kaisers verräterisch in Hände zu Einfall Endlich drängte die spielen. Truppen und Beschränkung. die Reich zu äußerster Beschleimigung alledem ward viel mehr gewonnen, als durch die riesenhaften Opfer der letzten Jahrzehnte: das Königreich Jerusalem wenigstens zu einem Bruchteil hergestellt, die geweihten Stätten alle aufs neue dem Strome der Pilger geöffnet Mehr noch als der Jubel der Pilger vmd die Anerkennung des deutschen Freidank sprachen die Trauerkundgebungen der Mohammedaner zugunsten des Vertrages. Aber die Realpolitik und Toleranz Friedrichs vertrugen sich schlecht mit der Kreuzzugsbegeistenmg, und auf päpstlicher Seite verschloß man absichtlich die Augen vor dem päpstlicher in das Und sizilische trotz Erfolge. zu übermütigem Triumphe lenkte er Friedrich zu kluger Als er sich in der Grabeskirche zu Jerusalem die Königskrone aufs Haupt setzte, bot er dem Papste die Hand zum Frieden und sprach in einer Rede und einem kurz darauf erlassenen Manifest von dem Verhalten Gregors in den schonendsten Ausdrücken. Ohne Verzug kehrte er dann über Akkon, wo der vom Patriarchen aufgehetzte Pöbel den Kaiser und seine Begleitvmg bei der Einschiffung mit Kot bewarf, nach Europa zurück und Statt Versöhnlichkeit." landete unverhofft in Brindisi (10. Juni 1229). Auf offene Feindseligkeiten des Papstes hatte Friedrich sich schon bei seinem Aufbruch zur Kreuzfahrt gefaßt machen müssen. Der von ihm als Statthalter in Sizilien zurückgelassene Herzog Reinald von Spoleto hatte daher die Weisung, einen päpstlichen Angriff durch einen Einfall in den Kirchenstaat und Rücknahme der Rekuperationen zu beantworten ^). Er überschritt seine Vollmacht rückte über die Grenze, als Gregor die Untertanen des Kaisers und erst ') Dafi CS sich nur Ficker, Mitt. d. Inst. um f. einen solchen Eventualauftrag bandelte Gesch. 4, 351 erkannt. öst. , hat lu- n. Die 2l8 Zeit der Staufer. vom Treueid löste und zur Empörung aufrief, ihm seine Reiche absprach und sich mit den Lombarden verbündete. Dieser nicht ohne selbstsüchtige Absicht unternommene Einfall Reinaids in den Kirchenstaat, der ihm nachmals die Ungnade des Kaisers zuzog, gab dem Papst in den Augen der Welt wohl die Berechtigung, ihn mit schnell geworbenen Söldnerscharen zurückzuweisen und nun selbst die Eroberung des Königreichs, das er unter die immittelbare Herrschaft der Kirche zu nehmen gedachte, zu beginnen. Noch war der Bau nicht gefestigt genug, um ohne die Person seines Leiters Widerstand zu leisten; schon war mehr als die Hälfte des Festlandes in den Händen der Päpstlichen, als Friedrich zurückkehrte. Die Untätigkeit der geistlichen Heerführer ließ ihm Zeit, zu erstarken; mit rasch gerüsteten Truppen jagte er dann in raschem Siegeslaufe die päpstlichen Schlüsselsoldaten aus dem Lande. An der Grenze löste er sein Heer auf und bot dem Papste Friedensverhandlungen an. Wäre es Gregor nur um Genugtuung für die Verletzung des Vertrages von S. Germano zu tun gewesen, so hätte er die ausgestreckte langem Sträuben, als Hand freudig ergriffen. Aber erst ihn die Unfähigkeit seiner Truppen, nach Geld- mangel, Mißerfolge der Lombarden und Versagen der Agitation in Deutschland in eine sehr bedenkliche Lage brachten, ging er auf Die Verhandlungen, in S. Germano geführt das Anerbieten ein. und in Ceperano zum Abschluß gebracht, sind gekennzeichnet durch Zäheste Hartnäckigkeit des Papstes und äußerstes Entgegenkommen Erst die Einmischung der deutschen Fürsten, die des Kaisers.^) im eignen Interesse den Frieden brauchten, auf die Kurie drückten, aber auch auf die sizilischen Rechte Friedrichs wenig Gewicht legten, Der Kaiser erlangte die Absolution, hatte brachte die Einigung. aber dafür der Kirche nicht nur volle Besitzrückgabe und umfassende Amnestie zuzusichern, sondern auch wertvolle Zugeständnisse in Bezvig auf die innerkirchlichen Verhältnisse Siziliens zu machen. 2) Die Beurteilung dieses Friedenschlusses wie überhaupt der gesamten Kirchenpolitik Friedrichs vmterliegt noch jetzt den stärksten Schwankungen. Man 3) hat sein unterwürfiges Entgegenkommen an *) Die Korrespondenz des päpstlichen Unterhändlers Thomas v. Capua, Kardinalpriesters v. S. Sabina, hat darüber Aufschlüsse gegeben, vergl. Rodenberg, Neues Arch. 18, 177 ff. *) Exemption des sizilischen Klerus von weltlicher Gerichtsbarkeit (ab- gesehen von Lehenssachen) und allgemeiner Besteuerung (unter Vorbehalt der bestehenden Verpflichtungen einzelner Kirchen und Geistlichen). Das Konsensrecht bei Bischofswahlen wurde von Friedrich mühsam behauptet. •) Winkelmann, Jahrb. II, 189. Ich kann ihm nicht zustimmen, stehe dagegen der völlig entgegengesetzten Beurteilung, die gleich darauf in demselben Buche vorgetragen wird, sehr nahe. § i6. Das Emporsteigen Friedr.II., bis zum Frieden v.Ceperano (1230). 219 Kaisertum mit dem Tage von Canossa verglichen Verkennung der wahren Absichten des Papsttmns vorgeworfen.^) Solche Beurteiler betrachten die beiden Gegner doch zu sehr als gleichstehende Mächte und rechnen nicht genug mit der von vornherein hoffnungslosen Lage Friedrichs der Kirche gegenüber. Es dürfte schwer halten, die Bahn zu bezeichnen, die er sonst hätte gehen sollen! Auf kirchlichem Gebiete war die päpstliche Macht unerschütterlich gefestet bis zu der Zeit, da die Nationalstaaten oder die Massen selbst gegen die Kiuie mobil machen würden. Dieser Tag lag noch fem. Das Ziel Friedrichs konnte daher nur sein, durch diplomatische Mittel und kirchliche Zugeständnisse den Vemichtungskampf des Papsttums gegen ihn möglichst lange aufzuhalten und derweil seine politische Machtstellung nach Kräften auszubauen. Für die Beurteilung der einzelnen Schritte wäre danach ausschlaggebend, ob sie diese Gelegenheit boten oder aber durch wesentliche Einräumungen das Papsttum für den letzten Entscheidungskampf nur kräftigten. Der Friede von Ceperano brachte der Kirche höchst wertvolle Zugeständnisse für Sizilien; aber sie haben Friedrichs unbedingte Herrschaft dort schließlich nicht zu erschüttern vermocht und daher dem Papsttiun nicht den erhofften politischen Gewinn eingetragen. Und für diesen Verlust, ohne den der Friede anscheinend doch nicht zu erreichen war, nun der überaus eindrucksvolle moralische Sieg, den der Kaiser über den Papst in den Augen der damaligen Welt davontrug: der Bann trotz alles Sträubens zurückgenommen, Schmach oder ihm für das völlige als Piraterie gebrandmarkten Kreuzzuges anerkannt, Eroberung Siziliens kläglich gescheitert, alle Bemühungen des Papsttums um eine Empörung im Reiche vergeblich, der Weltfriede Die Dinge liegen nur der weisen Mäßigung Friedrichs verdankt. hier doch genau umgekehrt wie bei Canossa: dort ein augenblicklicher politischer Erfolg erkauft durch dauernde moralische Einbuße des Kaisertums; hier durch faktische Zugeständnisse eine ungeheure Steigerung des kaiserlichen Ansehens erzielt, wie sie in den dreißiger Jahren deutlich zu Tage trat. Gerade in solchen Fragen ist vielleicht der Haupteindruck, den ein aus großer Gesichtsweite beobachtender Zeitgenosse, der Araber Abu al Fadayl, von den Ereignissen ziuUckbehielt, nicht ganz gering zu schätzen; er schrieb von Friedrich: „Seit den Zeiten Alexanders gab es in der Christenheit keinen Fürsten wie diesen, nicht allein in Anbetracht seiner Macht, sondern auch wegen der Kühnheit, mit der er gegen den Papst, ihren das Ergebnis des die ^) 93, 422 Vergl. ff. Hauck IV, 783 ff. Dagegen meine Bemerkungen Hist. Ztacbr. 220 II' I^'C Zeit der Staufer. und in die Flucht jagte." Frieden bezeichnete auch ein abendländischer Zeitgenosse ^) als Khalifen, aufzutreten wagte, ihn bekämpfte Den einen Schimpf für die heilige Kirche. Wenn er freilich die her- gestellte Eintracht für mehr erheuchelt nicht minder Recht. Darüber durften die persönliche Zusammen- als ehrlich hielt, so hatte er Gregors und Friedrichs in Anagni und theoretische Ausführungen über das harmonische Zusammenwirken der beiden Gewalten nicht täuschen. Der erste Vemichtungsanfall war abgeschlagen, das Kaisertum hatte einstweilen seinen Platz neben dem Papsttum kunft zurückerobert, aber der unheilvolle Gegensatz war mitnichten gelöst. Immerhin hatte Friedrich Macht gesichert. sich eine Grundlage für weitere Befestigung seiner § 17. Friedrich auf der Höhe (12S0— 1239). 11. seiner Macht Friedrich stand damals in seinen kräftigsten Jahren. große, später etwas volle Figur mit dem bartlosen Antlitz Die 2) mittel- und dem Haar war nicht eben an sich von überwältigendem Eindruck, aber von unermüdlicher Leistungsfähigkeit und gehoben durch Sicherheit und Pomp des Auftretens. Der dabei entfaltete Prunk, fremdartige Gestalten von Äthiopiern und Mauren, seltene Tiere der kaiserlichen Menagerie, wie Elefanten, Dromedare, Löwen und Panter, erregten lebhaft die Phantasie der Deutschen, aber zeigten ihnen auch handgreiflich, wie wenig sie doch eigentlich diesen Herrscher als den ihrigen betrachten konnten. In der Tat rötlichblonden war dieser ganze Luxus, der sich in seinen apulischen Schlössern noch und berauschender entfaltete, war die ganze Üppigkeit des Sinnenlebens und die fast mohammedanische Auffassung der Ehe, die dem Herrscher eunuchenbewachte Harems daheim wie im Feldlager gestattete, in Art und Unart sizilianisch und bei Friedrichs normannischen Vorfahren ganz ähnlich anzutreffen. Das verschlang gewaltige Summen und erregte manchen Anstoß; aber Friedrichs weit glänzender war weit entfernt, davon entnervt zu werden. er den vielseitigen und aufreibenden Pflichten seines Amtes nach. Imperialistische, normannische und mohamgeniale Kraftnatur Rastlos *) kam Abt Wilhelm von Andres; vgl. Winkelmann, Jahrb. II, 210. Einer Identifizierung der eindrucksvollen Büste von Acerenza mit Friedrich II. (R. Delbrück, Ztschr. f. bild. Kunst 1902) wird man auf Grund weiterer Untersuchungen (ebenda 1903) bis auf weiteres ablehnend gegenüber stehen müssen. ') § 17. Friedrich IL auf der Höhe seiner Macht (1230 — 1239). 22 1 medanische Überlieferungen wirkten, unterstützt durch die Lehren des römischen Rechts, mit angeborenem Genie und energischer Schulung zusammen, um ihn zum wahrhaften Selbstherrscher zu machen, der alle wichtigen Entscheidungen von sich aus traf. Die eigentümliche Stärke seiner politischen Begabung lag unzweifelhaft dem Felde der Organisation vmd Verwaltimg, ähnlich wie bei seinem Großvater Roger, dessen Vorbilde er so viel verdankte, ohne indes bei der bloßen Nachahmung stehen zu bleiben. In der großen Politik durch seine Stellung von vornherein an eine hoffnungslose Sache geknüpft imd durch die staufische Überlieferung vielfach festgelegt, hat er doch auch da Festigkeit der Ziele mit Beweglichkeit und Unerschöpflichkeit der Mittel verbimden. Dem Diplomaten schadete öfters die impulsive Art, die die Karten zu früh aufdeckte, seine scharfe Zunge, die den beißenden Witz auf imd Leidenschaftlichkeit, die ihm den und unnötige Mißstimmung erzeugten, im wohl der kurialen Diplomatie, namentlich unter den nicht vmterdrückte, Heftigkeit — Blick verdunkelten ganzen ist er — beiden Innozenzen, nicht gewachsen gewesen, aber bis zu einem gewissen Grade entschädigten dann wieder scharfsinnige Berechnung, überraschender Wechsel und phantasievolle Kombinationsgabe. Der kriegerische Beruf lag Friedrich an sich femer, aber er hat sich ihm nie versagt, und wenn er auch schwerlich ein großer Feldherr genannt werden kann, so kamen ihm auch da Organisationstalent, vmd Belagenmgswesen, Entund Unermüdlichkeit zu statten, vmd einen über- technische Kenntnisse im Festungsbau schlußfähigkeit legenen Gegner lernte er auf diesem Gebiete nicht keimen. Der Reichtum von Friedrichs Natvir aber fand in diesen durch seine Stellung bedingten Betätigungen nicht entfernt Genüge. Man wird seiner Bedeutung nicht gerecht, wenn man sich nur auf sie Die Aufnahmefähigkeit und Verarbeitungskraft seines vmd es war doch nicht allein diese Zugänglichkeit für alle kulturellen Reizungen, sondern fast noch mehr die Voraussetzungslosigkeit, das Eindringen in die Geheimnisse der Natur, die Vemünftigkeit und Zweckmäßigkeit seines ganzen Denkens und Tuns, die auf die Mitwelt befreiend und befruchtend wirkten und in die Zukunft wiesen.^) beschränkt. Geistes darüber hinaus waren erstaunlich, *) Das Schlagwort von dem „ersten modernen Menschen" ist besser fu meiden, weil gelegentlich übertreibende Unmöglichkeiten darunter begriffen werden und jede derartige historische Aufstellung nur bedingt zu verstehen ist. Die fortschreitende Erkenntnis sizilisch-normannischer Zustände hat das Urteil über F. vielfach abgewandelt, und man könnte natürlich auch Roger II. den „ersten modernen Menschen" nennen. Aber dieser hat abgesehen von immerhin geringerer Vielseitigkeit in seiner sizilischen Sonderexistenz doch , — — n. Die 222 Wann hatte sich Zeit der Staufer. ein deutscher Herrscher selbständig wissen- Man müßte etwa zurückgehen auf die kümmerlichen Versuche des Merowingers Chilperich oder die Ansätze Karls Friedrich ward durch seine Liebhaberei für die Falkenjagd d. Gr. schaftlich betätigt? zu ernsten zoologischen Studien geführt, die seinem durch jahrdurchdringende Beobachtvmg und kritischen Scharfsinn ausgezeichneten Buche „über die Kunst der Jagd mit Vögeln" einen höchstbedeutenden Niederschlag fanden. Er eröffnete so die kurze Reihe der großen Empiriker des dreizehnten Jahrhunderts, eines Albertus Magnus und Roger Bacon. Für andre Wissensgebiete, für Heilkunde und Mathezehntelangen, matik, echt Philosophie in wissenschaftlichen Sammelfleiß, und Astrologie zeigte er angeregtes vmd anre- gendes Interesse und Verständnis, disputierte vmd korrespondierte mit den bedeutendsten christlichen, mohammedanischen vmd jüdischen Gelehrten seiner Zeit, sammelte sie nach Möglichkeit an seinem Hofe zu einer Art von Akademie und suchte die Kenntnis wichtiger griechischer, arabischer und hebräischer Werke, die er selbst bei dem Reichtum seiner durch die sizilische Völkermischung erklärten Sprachkenntnisse im Urtext las, durch Übersetzungen dem Abendlande zugänglich zu machen. Die von ihm gegründete Universität Neapel, nächst kleineren spanischen Schöpfxmgen die erste nach arabischem Muster errichtete Staatsuniversität in Europa, hatte zwar in erster Linie die Aufgabe, dem Kaiser juristisch geschulte, vor dem freiheitlichen Geiste Bolognas behütete Beamte großzuziehen, diente aber doch auch den allgemeinen Bildvmgsinteressen. Die Ausgestaltung einer in sich geschlossenen, den christlichen abgewandten philosophischen Weltanschauung wäre seiner ganzen skeptischen Geistesrichtung ebensosehr, wie seinem Vorstellvmgen historischen Berufe als christlicher Kaiser entgegen gewesen. Seine Haltung wird da etwa der doppelten Buchführung des Averroismus und der Stellung der modernen aufgeklärten Romanen zur Kirche entsprochen haben: autoritätsfeindlicher Zweifel, pietätloser Spott ein aus dem täglichen Umgang mit Andersgläubigen erwachsener toleranter Indifferentismus bei voller Bewahrung und Betonung der kirchlichen Zugehörigkeit, so daß trotz eigner häretischer Nei- und gimgen sich seine Behandlvmg der Ketzer immerhin auch aus andern als rein politischen Gründen begreift. nicht annähernd eine ähnliche Wirkung auf die europäische Kultur geübt; das große geographische Werk des Edrisi etwa blieb nahezu ganz unbekannt. Neueren Versuchen, wie etwa dem von Hauck, bei F. die moderneren Züge stark zurücktreten zu lassen, kann ich mich nicht anschließen, vergl. Hist. Ztschr. 93, 422 ff. Von Hauck stark beeinflußt ist auch Seeliger in dem Prachtwerk „Deutsche Gedenkhalle" (o. J., c. 1907), dem ich auch io seiner sonstigen Beurteilung F.s nicht durchgehends zustimme. § 17. Friedrich II. auf der Höhe seiner Macht (1330 — 1139). 223 schon die Beschäftigung mit der Wissenschaft diesem Mußestunden, so hat er gewiß seine Kunstliebhabereien noch mehr als Erholvmg vmd Luxus betrachtet. Aber auch ihre Wirkimg war höchst bedeutend. Die Kanzonen, die er Füllte rastlosen Geiste nur die imd in Musik setzte, machten mit ihrer frühen Anwendung der Vulgärsprache ihren Verfasser nach Dantes Urteil zum Vater der italienischen Poesie. Die bildenden Künste^), die unter seinem Antriebe in Süditalien einen mächtigen, wenn auch ganz und gar dichtete durch die persönlichen Bedürfnisse und Neigungen des Herrschers bestimmten Aufschwung nahmen, weisen, wie das Wesen Friedrichs Die selbst deutlich hin auf die kommende italienische Renaissance. in den Resten zahlreicher Schloßbauten, insbesondere in dem wohl von dem Kaiser selbst entworfenen, reizvollen Castel del Monte (w. V. Barletta) noch heute zu uns redende Baukunst weist dorthin nicht nur dvu-ch einzelne verblüffende Renaissancemotive, sondern noch mehr durch Zweckmäßigkeit und Monumentalität, die Skulptvu: in den Werken der Capuaner Bildhauerschule vmd der Prägimg der goldenen Augustalen durch direkten Anschluß an die griechisch-römischen Vorbilder, deren Verehrung der Kaiser, auch darin seiner Zeit weit voraneilend, durch die Anlage einer ersten Antikensammlung bezeugte. Schon die stark persönliche Note in allen diesen Betätigungen zeigt, daß er sein Selbst nicht nach Art geistreicher Dilettanten in Dafür sorgte schon der hochgespannte dieser Vielseitigkeit verlor. Herrscheretolz, der unbeugsame Eigenwille und das reizbare SelbstWo sie geschont wvu-den, konnte Friedrich leutselig, freigefühl. gebig, großmütig sein; wurden sie jedoch durchkreuzt, so erwachten vfüde, dämonische Triebe vmd suchten Selbstdurchsetzung um jeden Preis zu erzwingen: rücksichtslose Willkür, unbarmherzige Grausamkeit, hinterlistige Treulosigkeit, die gegen Rebellen und Verräter fast erlaubt erschien, und leidenschaftlicher Rachedurst, der in jenen Worten vor dem abtrünnigen Viterbo grandiosen Ausdruck gefunden hat: „auch nach seinem Tode A^-ürden seine Gebeine nicht Rvihe ehe er nicht die Stadt zerstört habe; schon den Fuß im finden, Paradiese, würde er ihn zurückziehen, wenn er an Viterbo Rache nehmen könne". Mam begreift, daß gerade diese jähen Wandlvmgen seines Wesens, das der gleichmäßigen Wärme ermangelte, die unberechenbar Hauptwerk ist jetzt Bertauz, L'art dans l'Italie mdridionale I ^) Das (1904); vgl. Dehio Hist. Ztschr, 95. Populäre Daritellungen mit Illustrationen von Schubring, D. Baukunst II. Serie, 5. Heft (1903) u. Haseloff, Westermanns Monalsh. loo (1906). Weitere Aufklärung werden die im Auftrag des Preufl. hist. Instituts vorgenomnicnen Forschungen v. HaselofI bringen. 224 II. Die Zeit der Staufer. hervorbrechende, durch keine Pietät gebundene Leidenschaft geeignet waren, das Gefühl von Unsicherheit und Mißtrauen ihm gegenüber zu erwecken, und daß er auch ohne die wilden Kämpfe seiner ausgehenden Regierung sich niemals die allgemeine Achtung und Verehrung erworben haben würde, wie etwa sein Ahnherr Barbarossa. An seiner Person schieden sich die Geister, und noch heute ringen um ihn Haß und Bewunderung. Die dringendste Aufgabe nach dem Frieden von Ceperano war für Friedrich, die erschütterte Herrschaft seiner Reiche neu und umso widerstandsfähiger zu befestigen. Der Plan seines Vorgehens war dabei genau der gleiche, wie in den zwanziger Jahren: zunächst die Neuordnung Siziliens und Deutschlands nach völlig entgegengesetzten Gesichtspunkten, dann die Herstellung der Hoheit in Reichsitalien, alles unter möglichster Wahrung des Einvernehmens mit der Kurie. Die Gesetzgebung und Verwaltungsreform Siziliens, wie sie 1231 in den Konstitutionen von Melfi^) und den großen Finanzplänen ihren Ausdruck fand, stellen die glänzendste und dauerhafteste — Leistung dar, die Friedrich vollbracht hat, bei aller Mitarbeit seiner ausgezeichneten Juristen, des Erzbischofs Jakob von Capua und Großhofrichters Peter von Vinea^) doch sein eigenstes Werk. Es war keine Schwäche, sondern eine Stärke dieser Gesetzgebung, daß mit angesprochen autoritätsfeindlichem Rationalismus zugleich einen Zug verband, indem sie mehr als die Hälfte der Artikel den älteren Konstitutionen Rogers IL entlehnte, wie dieser selbst bei dem Corpus Justinians ähnlich starke Anleihen gemacht sie stark historischen hatte.3) ersetzen, um viele neuen und Gewohnheitsrecht aber das buntgemischte bürgerliche Recht im allge- Friedrichs große Kodifikation, bereichert Bestimmungen, ließ sollte das ältere Gesetzes- meinen unberührt. Eine abschließende Ausgabe und Analyse der später durch Novellen vermehrten Konstitutionen fehlt noch. Ältere Ausgaben von Carcani 1876 u. Huillard-Br^hoUes IV, l ff. Ein näheres Eingehen auf die Reorganisation Siziliens würde den Rahmen der obigen Darstellung überschreiten, die nur wenige, auch für die Reichsgeschichte indirekt bedeutsame Hauptzüge herausheben kann. Für Weiteres vergl. die zahlreichen Arbeiten v. Winkelinann, insbes. seine Dissertation (1859), sein älteres Friedrichwerk (1863) I, 350 ff., Aufsätze in Forsch, z. deutsch. Gesch. 12 u. Jahrbücher II, 262 ff. Vieles Brauchbare Dissertationen von Wilda (1889) und Maerker (1889). Vergl. femer natürlich auch in Fickers Forsch, z. Reichs- u. Rechtsg. Italiens. Capasso, Sulla storia esterna delle costitutioni del regno di Sic. (1896); Brandileone, II diritto nelle leggi Normanne e Sueve del regno di Sic. (1884); auch Caspar, Roger II (1904), S. 275 ff. ') Über seinen Anteil vergl. Winkelm. Jahrb. II, 270 u. unten. Diese Sätze des römischen Rechts sind vor allem von F. übernommen, vergl. Caspar S. 281. ^) stark •'') § 17. Friedrich 11, auf der Höhe seiner Macht (1230 — 1239). 225 Wenn der normannische Staat neben manchen Elementen der bjzan* und arabischen Verwaltung vor allem doch auf dem germanischen Lehenswesens beruht hatte so lag der Fortschritt der neuen Monarchie Friedrichs in der Überwindung des Lehenswesens durch ein mehr durch Bildung als Geburt ausgezeichnetes, großenteils juristisch geschultes, auf Zeit und Besoldung angestelltes und in straffer Abhängigkeit gehaltenes Beamtentum, das in dem absoluten Königtum seine Spitze fand. In diesem modernen Beamtenstaate sanken alsbald alle andern Körperschaften zu politischer Undie Vereinigung der königselbständigkeit und Bedeutungslosigkeit herab lichen Vasallen auf den Hoftagen, die nur noch selten und lediglich zu Zwecken der Beratung berufen wurden, die Städte, denen der König die Vorsteher ernannte, und denen er, wenn er gelegentlich bürgerliche Sachverständige zur Begutachtung heranzog, damit doch nicht das mindeste Recht politischer Vertretung zugestehen wollte^); die Kirchen, denen gegenüber die Krone, zwar in ständigen Reibungen mit dem Papsttum, aber im wesentlichen erfolgreich und gelegentlich selbst über die Zugeständnisse von Ceperano Diese zentralisierte und stark hinaus*), die notwendigsten Rechte festhielt. bürokratische Verwaltung blieb trotz genauer Umschreibung der Befugnisse des Einzelnen gewiß nicht ohne Übergriffe der allregierenden Beamtenschaft, aber es war doch auch für Rechenschaftsablegung, Überwachung und freie Beschwerdeführung ausgiebig gesorgt, und gegenüber dem unbeholfenen, kraftzersplittemden Lehenswesen bedeutete sie zum mindesten unter dem Gesichtspunkte staatlicher Leistungsfähigkeit und Schlagfertigkeit einen gewaltigen Fortschritt, dem für ganz Europa die Zukunft gehörte. Allmächtig war in diesem Staate nur das Königtum, das sich auch im Heerwesen durch die unbedingt ergebenen sarazenischen Soldtruppen, die Anlage königlicher Festungen und den Ausbau der Flotte von dem Feudalismus unabhängig zu machen wußte. Die Schrankenlosigkeit seines in alle Gebiete eingreifenden und oft genug mit rechtbrechender Willkür verfahrenden Regiments wurde vom Lande bald als ein schwerer Druck empfunden, aber von den Mächtigeren mehr als von der Masse der Tieferstehenden, denen Friedrich eine in dem früheren Lehensstaate ungewohnte Gerechtigkeit und soziale Fürsorge zuteil werden ließ. Und es war eben doch keine launenhafte Tyrannei, sondern ein aufgeklärter, die Vernunft allein zum Maßstab nehmender Absolutismus. In seiner allseitigen Fürsorge, seiner Freiheit von Dogmatismus und Mystizismus, seiner Beeinflussung durch nationalökonomische, statistische, hygienische, volkscrzicherische Gesichtspunkte, seinen handelspolitischen Maßnahmen und Landesmeliorationen, seinem fortgeschrittenen Strafrecht, daa Gottesurteile als widernatürlich und unwahrhaftig abschaffte, Zweikampf und Folter eng begrenzte in der zunehmenden Schriftlichkeit des Verwaltungswesens und Gerichtsverfahrens, in diesem ganzen kühlen Rationalismus mutet er uns doch wenig mittelalterlich mehr an und deutet weit voraus in tinischen , : , — das siebzehnte Jahrhundert. Fürsorge hatte doch auch diese vielgeliebte Heimat anders als Deutschland, aber kaum minder schwer zu empfinden, daß sie nur noch der Teil eines Universalreiches war, dessen Behauptung und Ausbau unendliche Mittel erforderte. Die Bei aller Friedrichs, ') Vergl. Paolucci, II parlamento di Foggia 1240, taner Akad. 1897 gegen Winkeimanns höhere Wertung. •) Vergl. Winkelm. Jahrb. II, 268. Hampe, Oeatacbe Kals«rge*cliichte. Akten der Palerml- ., n. Die ^z6 Zeit der Staufer. Kämpfe der Zukunft waren gegen Städte und die kapitalkräftigen lombardischen die größte Finanzmacht der damaligen Welt, das Papst- Mochte das männerreiche Deutschland für die aufkommen, die Geldmittel waren allein dem Reichtum des sizilischen Landes abzugewinnen, und diese Aufgabe hat Friedrich nun sofort nach dem Frieden von Ceperano mit tum, zu führen. kriegerischen Kräfte rücksichtsloser Folgerichtigkeit gelöst. Abgesehen von wiederholten Rückforderungen des entfremdeten Kronden Abgaben stark herangezogen wurde, war hier das meiste Neuschöpfung und dem früheren Normannenstaate noch unbekannt; so die guts, das jetzt zu Umgestaltung der früheren Vasallenbeiträge zu einer allgemeinen, regelmäßigen Grundsteuer, der kunstvolle Ausbau der bereits be.-tehenden indirekten Steuern, der Grenzzölle, Lager- und Hafengelder, Verbrauchs- und Nutzungsabgaben, der überaus gewinnbringende staatliche Getreidehandel und die noch ergiebigeren, auf jüdisch-orientalische Einwirkungen zurückzuführenden Monopole. auch Die Ergebnisse schienen in der Tat glänzend und waren es vom Standpunkt der universalen Machtpolitik aus; denn der durch die Unsummen, die ihm von Jahr zu Jahr abwarf, geradezu an die erste Stelle der Welt, und das Geld ward schon damals immer mehr zur Vorbedingung der Kriegführung! Aber diese Ergebnisse wurden doch nur erzielt durch einen Raubbau, der die übermäßig Kaiser rückte als Kapitalkraft diese Finanzwirtschaft angespannten Kräfte des Landes, weil er sie nicht zu ersetzen verDie immer erneuten stand, in absehbarer Zeit erschöpfen mußte. Steuerforderungen erregten mehrfache Unruhen der betroffenen Bevölkerung; das künstliche Zoll- und Abgabensystem schraubte die Lebensmittelpreise zu unerträglicher Höhe; der staatliche Getreidehandel wirkte lähmend auf den Privathandel und machte den Getreideanbau außerhalb der Domänen kaum mehr lohnend; die Monopolwirtschaft endlich hemmte völlig die Untemehmungskraft für eine Reihe wichtiger Geschäftszweige. Friedrich war keineswegs blind für die Schädigungen, er verfolgte sie mit Sorge und versuchte wiederholt, noch zuletzt in seinem Testament, durch Steuerreduktionen Erleichterungen zu gewähren. Er war sich vollkommen klar darüber, daß „die sichere und wohlhabende Lage der Untertanen den Ruhm der Könige begründe". Aber der furchtbare Existenzkampf, der das ganze letzte Drittel seiner kaiserlichen Regierung erfüllte, trieb ihn wider Willen in der verhängnisvollen Richtung vorwärts^ Trotzdem ist die auf die Dauer zum Niedergang führen mußte. gerade dieses Finanzsystem, das ja in der Tat eine grandiose Leistung darstellte und in Friedenszeiten bei maßvollerer Anwendung wohl auch bessere Wirkungen erzielt haben würde, von den Zeitgenossen mehr als alles andre bewundert und nicht nur in den kleinen italienischen Stadtstaaten und in Aragonien, sondern auch § 17. Friedrich IL auf der Höhe seiner — 1239). Macht (1230 227 im fernen Deutschordenslande weitgehend nachgeahmt worden. Im sizilischen Reiche aber hat Friedrichs Verfassungswerk den Sturz der staufischen Herrschaft auf Jahrhunderte ohne wesentliche Änderung überdauert. Nicht minder bedeutsame, aber völlig entgegengesetzte Wandlungen vollzogen sich zu derselben Zeit in dem Verfassungsleben Deutschlands. Die Steigerung der Regierungsgewalt kam hier nicht mehr der Krone, sondern dem Territorialfürstentiun zugute, dessen Fördeiung durch die universale Politik des Kaisers bedingt war. Wer wie der junge König Heinrich die Dinge imter dem deutschen Gesichtswinkel eine betrachtete, mußte diese Politik für verkehrt vmd der Krone für Bruche mit Ludwig von Bayern, Eindämmung der Fürstenmacht im Interesse dringend geboten halten. Seit dem der einige Jahre später auf unaufgeklärte Weise ermordet wiu-de (1231)^), fehlten fürstliche Stimmen im königlichen Rate fast ganz. Heinrich, im Kreise der ritterlichen Reichsdienstmannen aufgewachsen, begann unter ihrem Einflüsse der fürstenfreimdlichen Politik seines Vaters entgegenzuarbeiten, vmd Folgerichtigkeit. Denn als er — freilich ohne Nachdruck die Abwesenheit der mächtig- sten Fürsten, die den Frieden von Ceperano vermittelten, benutzte, um gegen sie an den Städten eine Stütze zu gewinnen, reizte er die gerade jetzt, im erhöhten Bewiißtsein der Gunst rückkehrend, mit geschlossener ICraft dem jvmgen Könige ihren Willen aufzwangen (Wormser Privileg Heinrichs vom I. Mai 1231). Wollte Friedrich dann nicht seine gesamte nur seine Gegner, kaiseriichen und mit dem deutschen Fürstentimi brechen, so wenn auch mit schon die Zugeständnisse des Sohnes in allem Wesenteinigen für die Krone vorteilhaften Änderungen Er tat es auf dem Hoftage von Cividale in lichen bestätigen. Politik verleugnen mußte — — er im Mai 1232'). Kein Chronist hat des Vorgangs gedacht, gleichwohl war er für die deutsche Verfassungsgeschichte von epochemachender Bedeutung, denn er drückte das Siegel auf die Entwicklung der letzten Jahrzehnte, die den politischen Schwerpunkt des Reiches verschoben hatte aus der Monarchie in die Fürstenaristokratie. Friaul Hatte die Krone schon 1220 den größten Teil ihrer Hoheitsrechte aus den geistlichen Territorien zurückgezogen, so dehnte sich diese Bewegung jetzt «ich auf die weltlichen Füritentümer aus. Münz- und Geleitrccht eines jedeq Fürsten in seinem Gebiete wurden vom Reiche als allein gültig anerkannt. ') Über den unbegründeten, aber 1245 auch Tom Papsttum genShrten Verdacht, der sich auf den Kaiser als Urheber lenkte, vcrgl. luletxt Winkelmann, Mitt. d. Inst. f. Ost. Gesch. 17. *) Vergl. M. G. Const. II, 211 flF. »5* n« 228 I>ie Zeit der Staufer. Das wichtigste Moment in dem Verselbständigungsprozesse dieser werdenden war der Ausschluß aller fremden, insbesondere der königlichen Gerichtsbarkeit. Indem die Krone sich auch auf diesem Gebiete zurückzog und die Vorsteher der Niedergerichte, auch wo sie bis dahin noch von den Gaugrafen abgehangen und im Namen des Königs nach Landrecht gewaltet Territorialstaaten hatten, den Fürsten zur Beleihung überwies, eben diese Niedergerichte auch vor Usurpationen von unten her sicherte '), die Ritterbürtigen des Territoriums aber dem fürstlichen Gerichte unmittelbar unterstellte, ging sie über die früheren Zugeständnisse erheblich hinaus, und die Sprache des Privilegs brachte die Bedeutung dieser neuen Entäußerung zu unwillkürlichem Ausdruck, indem sie eben in diesem Zusammenhang zuerst den Begriff der „Landesherrschaft" prägte. Freilich wie diese Landesherrschaften künftighin das Reich zersetzten, so begannen mit dem Augenblick ihres Entstehens ähnliche Tendenzen in ihrem eigenen Innern, die auf einen Anteil der Territorialstände an der Regierung hinwiesen-). Das große Privileg Friedrichs II. war der Abschlnß einer langen Entwicklung, aber zugleich der Anfang einer neuen. Denn weder begnügten sich auf die Dauer die Fürsten mit dieser Abschlagszahlung, sich noch waren die kleineren Territorialherren ähnlicher Vorrechte entsagungsvoll zu bescheiden. geneigt, Die Ge- staltung der deutschen Geschicke in der Folgezeit hat dieser Ent- wicklung kräftigen Vorschub geleistet, bis endlich mit der goldenen Bulle zunächst von einem engeren, dann immer ausgedehnteren Kreis von Fürsten eine weitere Stufe der Verselbständigung er- klommen Daß wiu-de. Sondermächten gehörte, schon 1232 entschieden. Schon damals erschienen mehr fast, als das Königtum, die emporblühenden Reichsstädte als Heinrich (VII.) die Hauptgegner solcher Territorialentwicklung. hatte die schwächlichen Ansätze einer bürgerfreundlichen „kapetingischen" Politik auch nach dieser Richtung mit den demütigendSo sten Zugeständnissen an das Fürsteninteresse büßen müssen. geben die städtefeindlichen Verfügungen auch dem bestätigenden war die Zukunft Deutschlands diesen freilich Privileg Friedrichs II. fast Hebimg des Fürstentums noch mehr als die auf die unmittelbare Bestimmungen den Charakter. gerichteten Da die Städte damals der vorwärtsdrängende Teil waren, der in jugendlichem Kraftgefühl sich manche rechtlosen Übergriffe erlaubte, so zeigten diese Verfügungen einen stark konservativen Zug. Eine größere Gruppe von ihnen suchte die Ausdehnung des städtischen Besitzes, Gerichts- und Machtkreises auf die ländliche Umgebung zu hemmen wie ^) Diese Wirkungskraft der betreffenden Paragraphen kann man mir scheint, A. Heusler, Deutsche Verfassungsgesch. S. 171 ff. zugestehen, ohne den Hauptzweck der Loslösung nach oben hin zu bezweifeln. -) Das von Heinrich (VII.) verkündete Reichsweistum vom i. Mai 1231 knüpft allgemeine Verfügungen und neue Rechtsfestsetzungen (Steuern) in den Territorien an die Zustimmung der höheren Stände. , § 17. Friedrich IL »uf der Höhe seiner Macht (1230—1239). 229 befreienden Wirkungen der städtischen Anziehungskraft auf die Abder benachbarten Landesherren aufzuheben. Andre wollten die Territorien und ihre städtischen Verkehrsmittelpunkte schätzen vor den verderblichen wirtschaftlichen Folgen einer in der Nähe neu erwachsenden reichsetädtischen Konkurrenz und nahmen das alte königliche Strafienregal zur Aufrechterhaltung der Verkehrsfreiheit und Abstellung von Markt- und Straßen- und die hängigen zwang in Anspruch. Auch sonst leistete ja die damalige Reichsregierung oft genug der fürstlichen Interessenpolitik gegen die Städte Vorspanndienste, so schon 1226 dvu-ch die Aufhebung eines ersten rheinischen Städtebundes, der 1231 ein allgemeines Verbot von Städtebündfolgte. So kam man auch den bischöflichen Stadtherren gegen die Selbständigkeitsgelüste ihrer eignen Städte zu Hilfe, indem man (1231) alle autonomen Regvmgen, mochten sie in der Einsetzvmg eines Stadtrates, in den Einimgen der Handwerker oder in andern genossenschaftlichen Bildimgen der Bürger zu Tage treten, von Reichswegen untersagte. In dieselbe Richtung wies eine Fülle von Einzelmaßnahmen. Gleichwohl darf man in dem allen nicht ein gnmdsätzliches Widerstreben gegen die neue städtische Entwicklimg erblicken, weder bei Heinrich (VII.), der ja oft genug entgegengesetzte Wünsche zu erkennen gab, noch bei Friedrich II., der schon als Italiener die wirtschaftliche Bedeutimg der Städte richtig einzuschätzen wußte. nissen Überall er es einer da, wo keine fürstlichen Interessen entgegenstanden, hat an Begünstigung der königlichen Städte durch Gewährung gewissen privilegien, Und Selbstverwaltung, Straßenfürsorge Verkehrserleichterungen, und Mauembau nicht fehlen Meßlassen. auch die Wirkvmgskraft jener feindlichen Bestimmimgen werden schwerlich allzu groß vorzustellen haben, wie schon die ständigen späteren Wiederholungen anzeigen. Die Bedeutvmg der Reichsstädte blieb gleichwohl in beständigem Wachsen, und ihr natürliches Interesse trieb sie in den großen Kämpfen der vierziger Jahre trotz allem, was geschehen war, imbedingt aufdie staufische Seite. Die eigenwillige Politik Heinrichs, die schließlich doch nur zu einer weiteren Schwächung der Königsgewalt führte, hatte eine starke Mißstimmung des Kaisers gegen ihn erzeugt. Auf einer persönlichen Zusammenkunft in Aquileia (1232) ward noch einmal durch völlige Unterwerfung des Königs unter den Willen des Vaters eine Aussöhnung erzielt, doch nur unter demütigenden Bedingungen legte der mißtrauisch gewordene Kaiser die Regierung Deutschlands aufs neue in die Hände des Sohnes. Heinrich versprach eidlich Gehorsam und Begünstigung der Fürsten, die andernfalls ihres Treueides entbunden und gegen ihn, der dann ohne weiteres der Exkommunikation verfallen sollte, verpflichtet wurden. wir uns II, 230 Die Zeit der Staufer. Diese Fesselung wirkte auf den reizbaren, unruhigen Geist des jungen Königs nicht anders wie einst der Vasalleneid auf Heinrich V. Der Druck dieses Fürstenregiments und der berichtigenden Eindes Vaters wurde ihm immer unerträglicher und trieb ihn der griffe Empörung zu.^) Es scheint, daß neben einigen Ministerialen ins- besondere die aufstrebenden gräflichen und freiherrlichen Dynasten des deutschen Südwestens, die aus der Spaltung zwischen Königtum und Fürstentum Vorteil zu ziehen suchten, Heinrich ungünstig beeinflußten. 2) Die religiöse Aufregung, die eben damals Deutschland ergriffen war nicht geeignet, beruhigend zu wirken sie sollte überdies noch den Konfliktstoff zwischen dem königlichen und kaiserlichen Regiment vermehren. Man begann in Deutschland die Wirkung der neuen Bettelorden zu spüren. Seit dem Anfang der zwanziger Jahre mehrten sich dort die Niederlassungen der Minoriten erstaunlich schnell. Das Bild des Stifters erstrahlte nach seinem Tode (1226) und seiner Kanonisation (1228) nur in umso leuchtenAuch viele, die seinem Orden nicht beitreten derem Glänze. konnten, erfüllte es mit den Idealen der Armut, Selbstaufopferung xmd einer persönlich gefärbten Religion. Aber daneben machte sich auch der starrere glaubenseifrige Geist der Dominikaner geltend, denen Papst Gregor IX. 1233 die Aufgabe der Inquisition überTypische trug, in der sie sich bereits hervorragend betätigt hatten. Vertreter beider Richtungen in ihren Extremen und doch in ihrem Schicksal auf das engste miteinander verbunden sind die Landgräfin Elisabeth von Thüringen und ihr Beichtvater Magister Konrad von Elisabeth, das ungarische Königskind, weich und einMarburg.') drucksfähig, tief ergriffen von dem Armutsideal der Franziskaner und nach dem Tode des Gemahls (1227) auch als Tertiarierin dem hatte, ; Minoritenorden angegliedert, endlich bis zu völliger Selbstentäußerung dem Magister Konrad und in maßlos gesteigerten asketischen Übungen und Liebeswerken rasch ihre jungen Kräfte gelenkt von ') Eine ausreichende neuere Darstellung der Empörung Heinrichs Vergl. Rohden, Forsch, z. deutsch. Gesch. 22. *) Vergl. Redlich, Rud. v. Habsb. S. 48 gegen Nitzsch, wärtstreibenden Einfluß allein bei den Ministerialen suchte. fehlt. der den vor- Von den Quellen sind nur die protokollierten Aussagen von ElisaDienerinnen, der Libellus de dictis quattuor ancillarum (Mencken, Script, rer. Germ II) und der Bericht Konrads von Marburg an Gregor IX. von Ende 1232 (Hess. Urkundenb. I. 31 ff.) glaubwürdig, wenn auch tendeniiö«. Alles andre ist legendarisch. Aus der überreichen neueren Literatur seien hier nur zur ersten Einführung die Aufsätze von K. Wenck (Hist. Ztschr. 69 und in dem Prachtwerke „Die Wartburg-* 1907) über Elisabeth und von Winkdmann (Deutsche Rundschau 28) über Konrad hervorgehoben. ^) beths § 17- Friedrich II. auf der Höhe seiner Macht (1230 — 1239). 23 t schon im Tode (1231) vom reliquiensüchtigen Volke nahezu in Stücke zerrissen, bald genug (1235) von der Neben ihr der Dominikaner Konrad wie ein Kirche kanonisiert. Martergemälde aus der spanischen Gegenreformation neben einem kölnischen Madonnenbilde, hart und eng, finster und fanatisch. Er vor allem war es, dem Deutschland bald nach dem Tode Elisabeths die erste große und allgemeine Ketzerverfolgung verdankte. Fanatismus und Aberwitz, Blutgier imd Eigennutz feierten einige Jahre hindurch in deutschen Landen wüste Orgien, während verzehrend, als Heilige Spannung der Gemüter der Andachtbewegung des „großen Hallelujah" auslöste (1233) und auch dort einen Dominikaner, Johann von Vicenza*), in den Mittelpunkt der Bewegung führte, der kurze Zeit in der Mark sich etwa gleichzeitig in Italien die religiöse in Treviso eine eigenartige, Savonarolas Rolle vorwegnehmende geistlich-weltliche Herrscherstellung behauptete. Kurz vor seinem Sturze (Sept. 1233) war auch in Deutschder Dominikaner Konrad von Marburg dem aufgesummten Hasse seiner Gegner auf offener Straße zum Opfer gefallen (Juli 1233), und die Hochflut der Bewegung damit überschritten. Noch freilich hatten die Stedinger Bauern an der Unterweser die „Ketzerei" ihrer Zehntverweigenmg an den Erzbischof von Bremen nach tapferer Gegenwehr mit ihrer Vernichtung zu büßen (1234). Aber land die Ausschreitungen des ketzerrichterlichen Treibens hatten damals bereits in den maßgebenden Kreisen Deutschlands einen tiefen Widerwillen erzeugt, der bei den Bischöfen durch den übel vermerkten Einbruch der Bettelorden in ihre kirchliche Gerichtsbarkeit noch verstärkt wurde. König Heinrich machte sich zxun Organ der allgemeinen Wünsche, als er im Februar 1234 auf dem Frankfurter Hoftage in Übereinstimmung mit den Fürsten den jede staatliche Ordnung über den Haufen werfenden Kreuzpredigten und Heerfahrten gegen angebliche Ketzer durch Verkündigung eines allgemeinen Landfriedens ein Ziel setzte und die Anklagen w^en Ketzerei wieder einem billigen Urteil der ordentlichen weltlichen Gerichte überwies. So berechtigt und wohltuend uns aber auch dies Vorgehen erscheinen mag, es stimmte schlecht überein mit der damaligen Politik des Kaisers, der eben 1232 das Krönungsgesetz gegen die Ketzer, wesentlich verschärft und jetzt auf das gesamte Reich als Geltungskreis ausgedehnt, erneuert hatte und auf ein einmütiges Zusammenwirken mit der Kurie, namenslich soweit es ihm politisch nichts kostete, das allergrößte Gewicht legte, wie er sich auch durch eifrige Bekämpfung der rebellischen Römer den Papst verpflichtete. ') Vergl. über ihn das anziehende Büchlein von Satter (1891). 232 n. Die Zeit der SUufer. Der damaligen Machtstellung Friedrichs gegenüber erscheint die Aufflehnung seines Sohnes, wenn wir auch ihre Ursachen begreifen, doch nur als ein knabenhafter Trotz. Eigenwillig und unstät, ausschweifend in seiner Lebensführung, vorwärtshastend und zurückweichend ohne Zielsicherheit, Überlegung, Rechtsgrundlage und Abschätzungsvermögen, erweckt der übelberatene Jüngling mehr Bedauern als Anteil. In Spannung mit den stärksten Mächten des damaligen Deutschland, Fürstentum und Kirche, vorwärtsgetrieben von den kleinen Dynasten Südwestdeutschlands, sonst nur von einigen Bischöfen, Städten und Ministerialen unterstützt, wagte er die Empörung gegen den eben damals dem Gipfel seiner Machtstellung zustrebenden kaiserlichen Vater und brach alle Brücken der Versöhnvmg ab, als er nicht nur in Frankreich Hilfe suchte, sondern auch mit dem reichsfeindlichen Lombardenbunde eine verräterische Verbindung knüpfte (Dez. 1234). Er mochte seine Hoffnimg auf eine Spemmg der Alpenpässe für die kaiserlichen Truppen richten. Indes Friedrich bedurfte keines Heeres, er kam allein (1235)« In Alles war vorbereitet, er brauchte nur das Netz zuzuziehen. kurzem sah sich der leichtfertige Empörer von seinen Feinden verlassen, von allen Hilfsmitteln entblößt und zur Unterwerfung gezwungen. Seiner harrten apulische Kerkermauem zu frühem Tode Dem Vater ist dies Vorgehen sicher nicht leicht ge(t 1242). die Aussichten worden, aber dem Politiker blieb keine Wahl. seiner Dynastie, deren Fortführung nvm auf zwei Augen stand, zu mehren, schloß er kurz darauf unter rauschenden Festlichkeiten eine neue Ehe mit der englischen Prinzessin Isabella. Vielleicht hatte der Kaiser, als er eben diese Verbindung ins Auge faßte, damit den Zweck verfolgt, ein Hineinspielen der alten englisch-welfischen Die Gegnerschaft in die Empönmg seines Sohnes hintanzuhalten. Verwandlung der weifischen Hausbesitzungen Braimschweig-Lüne- Um burg in ein reichslehnbares Herzogtum diente derselben Aufgabe Der glanzvolle Mainzer Hoftag von 1235, auf der Versöhnung. dem sie erfolgte, ward aber auch sonst bedeutungsvoll für Deutschland. Die mühelose Bewältigimg des Aufstandes und das imgemein vielleicht nicht fördernde Zusammenwirken mit der Kurie, die eifrig zu der Vernichtung Heinganz ohne Hintergedanken i) richs mitgeholfen hatte, steigerten gewaltig das kaiserliche Ansehen und erleichterten dadurch die Maßnahmen zur Herstellung der — — durch die Wirren der letzten Jahre bedenklich gestörten Ordnung. ^) Wenn es richtig ist, daß der Papst sogleich in Mainz gegen eine Königswahl Konrads zu arbeiten begann, so hoffte er mit Heinrichs Königtum vielleicht die Fortdauer der staufischen Dynastie auf dem deutschen Throne überhaupt zu beseitigen. § 17. Friedrich II. auf der Höhe seiner Macht (1230 — 1239). 233 Der große Mainzer Landfriede von 1235, in dem sie ihren Ausdruck fanden, ragt an Bedeutung über alle ähnlichen früheren oder späteren deutschen Reichsordnvmgen des Mittelalters empor. Schon in der Form, denn er war das erste in deutscher Sprache Mehr noch durch ausgefertigte imd verkündigte Reichsgesetz. i) seinen umfassenden Inhalt, der, frühere Satzimgen wiederholend, aber auch neue hinzufügend. Strafrecht und Strafvollzug entscheidend weiterbildete, die regelmäßige Gerichtstätigkeit zu beleben, künftigen Friedensbrüchen vorzubeugen, den Verkehr zu sichern und die durch die großen Fürstenprivilegien zwar in ihrer Ausübung beschränkten, aber keineswegs preisgegebenen Zoll-, Münz- und Geleitsregalien des Reiches Spätere Zeiten haben diese vor Usurpationen zu schützen suchte. Bestimmungen oftmals wiederholt imd zur Grundlage aller Weiter- Bedeutsam waren endlich die Spvuren eines bildvmgen genormnen. Herüberwirkens sizilischer Einrichtimgen imd Rechtsvorstellungen, die hier mehr oder weniger deutlich zu Tage traten, am unverkennbarsten in der Einsetzung eines Reichshofrichters, eines auf Zeit und nach Amtsrecht angestellten freien Mannes zur ständigen Vertretxmg des Königs im Hofgericht, und in dem Wert, der durch die Zuweisung eines besonderen Notars mit genau bestimmten Funktionen auf geregelten schriftlichen Geschäftsgang und eine Sammlung von Präzedenzfällen kaiserlicher Hofgerichtsprüche gelegt wurde. Hier wie in anderen Fällen handelte es sich nicht um eine gewaltsame Aufpfropfung fremden Rechts, sondern imi durchaus nützliche Einwirkungen der vorgeschrittenen sizilischen Verfassung, die freilich nur bei sorgfältiger Pflege fruchtbringend für DeutschVielleicht ist damals nach dieser Richtung land geworden wären. hin mehr geschehen, als der zufällige Bestand imserer Quellen erkennen läßt Wenigstens avif das Steuerwesen scheinen sich ähnDer glückliche liche fördernde Einwirkxmgen erstreckt zu haben. Fund eines Eingangsverzeichnisses von Steuern königlicher Städte aus dem Jahre 1241 hat uns eine einheitliche Zentralverwaltvmg in der königlichen Kammer und eine beträchtliche Höhe der regelmäßigen Abgaben, zu denen unter Umständen noch außerordentliche Umlagen hinzutreten konnten, gezeigt, wie man sie früher nicht vermutete.') ^) K. Zeumer hat nachgewiesen, daß die lateinische Bearbeitung erst auf Grund des deutschen Textes und nicht ohne sachliche Mißverständnisse erfolgte. Er hat auch den verlorenen deutschen Urtext aus Ableitungen wiederhergestellt. Der Text Vgl. Neues Archiv 28; Ztschr. t RechUgesch., germ. Abt., 23. auch in Zeumers Quellensamml. z. Gesch. d. deutsch. Reichsverf. 1904, der zu der Ausgabe M. G. Const. II, 241 ff. zu vergleichen ist. Neues Arch. 23; dazu Zeumer, Hiat. Zcitschr. 81, *) Vgl. Schwalm, Schulte, Ztichr. £ Gesch. d. Oberrh. N. F. 13. II. 234 Die Zeit der Staufcr. sonst war dieser letzte Avifenthalt Friedrichs in Deutsch- Auch — 37, unterbrochen durch die italienische Heerfahrt von August bis Dezember 1236) reich an bedeutungsvollen Ansätzen zu einer Stärkung der Kronmacht. Das königliche Gut war wieder im Wachsen; so suchte etwa der Kaiser die nördlichen Vorlande des neueröffneten Gotthardpasses dem Reiche zu sichern, so kaufte er mit sizilischem Gelde dem Böhmenkönige als dem Schwiegersohne seines Oheims Philipp, seine Ansprüche auf umfangreiche staufische Hausgüter in Schwaben ab. Nichts zeigt besser die einland (1235 Machtsteigerung, getretene Schwierigkeiten als daß die Fürsten gelang, es für jetzt ohne erheblichere die Nachfolge seines erst Sohnes Konrad IV. im Kaisertum zu verpflichten das bedeutete seine Wahl „zum römischen König und künftigen Kaiser"; indem er so unmittelbar als der Erbe des Imperiums erschien, ohne daß eine Königskrönung in Deutschland je an ihm vollzogen worden wäre, wurden in gewissem Sinne die großen Gedanken Heinrichs VI. wieder aufgenommen, zugleich aber neunjährigen Denn {1237). einem deutschen Regimente Konrads jede Eigenständigkeit neben kaiserlichen von vornherein entzogen, einer Wiederholung der Und schon machte Schicksale Heinrichs (VII.) klug vorgebeugt. i) Friedrich im deutschen Südosten den kühnen, an Bedeutung weit über die Meißener Bestrebungen Heinrichs VI. hinausgehenden dem dem Reiche in Österreich imd Steiermark ein unmittelzu gewinnen. Der letzte Babenberger, Herzog Friedrich II. der Streitbare, ein jugendlich ungestümer und ausschweifender Fürst, war dort durch den auf Grund des Barbarossaprivilegs hastig betriebenen Ausbau seiner Landeshoheit und durch eine Fülle persönlicher Motive in einen Konflikt mit Kaiser und Reich geraten, der mit der Erhebung Heinrichs kaum äußerliche Berührungspunkte hatte (i 236/3 7).2) Das Vorgehen des Kaisers gegen ihn in steter Fühlung mit der übrigen Fürstenschaft, die wiederholten, mit Trotz beantworteten Ladungen, die Achterklärung, die Übertragung der Exekution zunächst an die fürstlichen Gegner Österreichs, endlich das persönliche Eingreifen Friedrichs, der allgemeine Abfall vom Herzog, die Erhebung von Wien zur reichsunmittelbaren Stadt, das alles gemahnt lebhaft an die ErFriedrich eignisse, die zum Stvirze Heinrichs des Löwen führten, wollte jetzt mehr, als damals sein Ahnherr; er gedachte, dem bestehenden Gewohnheitsrecht zuwider, die beiden Herzogtümer Versuch, bares Herrschaftsgebiet ') Vgl. Krammer (s. S. 131). von A. Ficker (1884), Juritsch, Gesch. der Babenberger (1894), für Einzelheiten auch die Untersuchungen von Thiel (1905). JEine Verbindung des Herzogs mit König Heinrich ist nicht anzunehmen. ') Vgl. die Biographie Friedrich 11^ auf der §17. Höhe seiner Macht (1230 — 1239). 235 dauernd in die unmittelbare Verwaltung des Reiches zu nehmen. freilich einem unAber während Barbarossa seine ganze Kraft auf das beschränktere gleich mächtigeren Fürsten gegenüber Ziel vereinigt und es dadurch voll erreicht hatte, glaubte sein Enkel den weitergehenden Plan nebenbei durchführen zu können und Der Herzog behauptete verscherzte sich so den dauernden Erfolg. sich in einem Teil des Landes, und die Kämpfe nahmen kein Ende. Immerhin war hier dem deutschen Königtum eine zukunftreiche Bahn gewiesen, die Friedrich selbst später noch weiter verfolgt hat, die aber erst Rudolf von Habsburg bis zu dem weltgeschichtlichen Ziele durchmessen sollte. Wenn Friedrich sich damals der von ihm gewiß richtig eingeschätzten Aufgabe gleichwohl ohne nachhaltige Kraft widmete, so erklärt sich das aus den ungleich größeren Kämpfen, in die er Denn das Eingehen der Lombarden gleichzeitig verwickelt war. auf die hochverräterischen Pläne König Heinrichs hatte auch in Oberitalien eine neue Lage geschaffen und dem Kaiser die langersehnte Möglichkeit zum offnen Kriege gegen den Bund geboten. Nach dem Fqeden von Ceperano hatten sich (1231/32) die Vorgänge von 1226 in nahezu getreuer Wiederholung noch einmal abgespielt ^) Berufung eines Reichstages zur Herstellung der kaiserlichen Rechte, Erneuerung des Lombardenbundes, Sperrung der Alpenpässe, Verkündigung der Reichsacht und Annahme der päpstAuch jetzt war Friedrichs militärische Lage lichen Vöinittlung. durch die Femhaltung des deutschen Zuzugs und die Unzuverlässigkeit König Heinrichs durchaus unzureichend. Sie besserte sich erst durch den Anschluß Veronas unter seinem Machthaber Ezzelin HL von Romano (1232), der dem Kaiser die Brennerstraße sicherte, aber freilich im folgenden Jahre vorübergehend durch das bundesfreundliche Regiment Johanns von Vicenza abgelöst wurde. So ließ Friedrich sich den päpstlichen Spruch, der ihm für die neuen Beleidigungen keine Genugtuung gewährte, gefallen (1233) und übertrug dem Papste sogar gemeinsam mit den Lombarden die Aufgabe, in den grundsätzlichen Rechtstreitigkeiten einen Ausgleich zu vermitteln (1234). Dadurch nicht zum wenigsten hielt er die Kurie bei seinem Vorgehen gegen den abtrünnigen Sohn noch auf seiner Dann brachte der Anschluß der Lombarden an König Seite. Heinrich (Ende 1234) in die Entwicklung ein ganz neues Moment, das von Friedrich gewiß als eine Erlösung aus imbehaglicher Lage Dieser erneute Friedensbruch machte das Ausbegrüßt wurde. — — : ') liältais Über die Entwicklung der lombardiichen Frage Tgl. Köhler, Kaiser F. II. z. d. Päpsten seiner Zeit, 1888. Das Ver- 236 II- I^ie Zeit der S taufer* gleichsmandat des Papstes hinfällig und riß die deutschen Fürsten dem großen Mainzer Hoftage (1235) fort zu dem einmütigen Beschlüsse des Reichskrieges gegen die Lombarden. Mit der Erhebung der Gebeine seiner Verwandten, der heiligen Elisabeth und ihrer feierlichen Beisetzung in Marburg gab der Kaiser dem beginnenden Feldzuge des Jahres 1236 gleichsam die religiöse Weihe. Die Ktirie geriet durch diese Vorgänge in eine überaus mißliche Lage. Die Macht des Kaisers mehr als sein Recht mahnte Gregor noch von einer offnen Unterstützung der Reichsrebellen ab, aber mußte sie nicht nach Niederwerfung dieses letzten Widerstandes zu einer alle Freiheit imd zuerst die des Papsttums erdrückenden Allmacht anschwellen? So begannen heimliche Gegenwirkungen der Kurie, Kaiun noch verborgen zu haltende Förderungen der Lombarden und lange Beschwerdelisten gegen den Kaiser, die alles andre vorbrachten, nxu: nicht den eigentlichen Konfliktsgnmd, wechselten mit erneuten vergeblichen Ausgleichsversuchen. An der Weigerung des Kaisers, den Konstanzer Frieden jetzt noch als Rechtsgrundlage anzuerkermen, scheiterten alle Bemühungen. Die Entscheidung stand bei den Waffen. Und da bot nun der glänzende Sieg Friedrichs über die Bundestruppen bei Cortenuova (s. o. v. Bergamo) plötzlich die Möglichkeit einer Lösung ganz nach den Wünschen des Kaisers {ly. Nov. 1237). In den Friedensverhandlungen, welche die Mailänder imter dem Eindruck der fiu-chtbaren Niederlage eröffneten, hätte der Sieger aUes erlangen können, was Ehre und Nutzen des Reiches erforderten, noch über die Bedingxmgen des Konstanzer Friedens hinaus. Es ist Friedrichs Verhängnis geworden, daß er im Glücke nicht die kluge Mäßigvmg zu üben verstand, die seinem Ahnherrn nach dem Unglück von Legnano so schöne Erfolge eingetragen hatte, daß viel eher die Erinnerung an die Gewaltpolitik von 1162 vor seinem Geiste schwebte. Den Rebellen gegenüber war überdies sein politisches Augenmaß durch persönliche Gereiztheit getrübt; wie er es von seinem Sohne getan, verlangte er auch von ihnen, ganz wie Barbarossa, bedingungslose Unterwerfung auf Gnade oder Ungnade. Zu dieser äußersten Demütigung wollten sich die Mailänder vmd ihre Verbündeten nicht verstehen. Der Krieg nahm seinen Fortgang. Es war der kritische Moment in Friedrichs Leben. Anstatt einen ehrenvollen und nutzbringenden Frieden in der Lombardei anzvmehmen, der ihm verstattet hätte, sich mit ungeteilter Kraft seinem versteckten Hauptfeinde, der dann völlig isolierten römischen Kurie, gegenüber aufzustellen, setzte er vun einer formalen Befriedigung seines Stolzes willen, die sachlich kaum eine Änderung bedingt hätte, alles aufs Spiel und beschwor die endlosen Kämpfe herauf, die schließlich auf § 17. Friedrich II, auf der Höhe seiner Macht (1230 — 1239). 237 deutschen Kaisertum wie dem staufischen Hause den Untergang bringen sollten. Aber es scheint auch sonst, daß der blendende Erfolg den Kaiser über die bisher inn^ehaltenen Linien seiner Politik hinausführte und Stimmungen auslöste, die an Reinald von Dassel geWie immer deutlicher Tendenzen hervortraten, durch mahnen. Übertragung des sizilischen Beamtenregiments die Selbstverwaltung dem der reichsitalischen Städte zu verdrängen, so ließ Friedrich jetzt im Vollgefühl seiner Machtstellung auch der römischen Kvm"e g^enüber alle gebotene Rücksicht fahren, reizte sie durch die höhnische Übersendung des erbeuteten Mailänder Fahnenwagens an die Römer und schreckte sie durch die Ankündigung, Rom zur Hauptstadt seines Reiches machen zu wollen und so erst in Wahrheit Kaiser Er wird durch solche unpolitischen, imder Römer zu werden. pulsiven Äußerungen nichts anderes erreicht haben, als daß er in dem Ringen der Parteien, das in den letzten Jahren das Kardinalskoll^um zerrissen hatte, der reichsfeindlichen Kampfpartei endgültig die Herrschaft sicherte. Noch wagte man unter dem Eindruck des kaiserlichen Sieges nicht offen hervorzutreten, aber der erste Mißerfolg Friedrichs, der nun an die schwierige Unterwerfung der einzelnen Städte herangemacht hatte, die vergebliche Belagerung von Brescia im Sommer 1238 gab Gregor IX. das ersehnte Signal zum offnen Bruche. sich Noch nahmen die gereizten Auseinandersetzimgen zwischen Papst und Kaiser kurze Zeit ihren Fortgang, galt es doch für die Kurie den rein politischen Charakter des Konflikts zu verschleiern und ihn vor den Augen der Welt mit kirchlichen Beschwerden, insbesondere Bedrückimgen des sizilischen Klerus zu begründen. Eben im Herbst 1238 gab Friedrich dem Papste überdies durch eine unnötige Rücksichtslosigkeit neuen Stoff zur Anklage, indem er seinen natürlichen Sohn Enzio mit der Erbin eines Teils von Sardinien vermählte und ihn künftig als König der Insel bezeichnete, obwohl die Kurie, welche die Oberhoheit über Sardinien beanspruchte, gegen die Eheschließung protestierte. Alles das aber hätte natürlich nicht genügt, um einen neuen Weltbrand zu entzünden. Die zahlreichen Beschwerdepunkte, deren Beantwortung durch den Kaiser der Papst gar keiner Beachtung würdigte, waren durchaus nur Vorwände. Die große Lebensfrage für das politische Papsttum war, ob es dem Kaiser gelingen würde, den letzten namhaften Widerstand, der sich in Italien seinem Herrscherwillen entgegenstemmte, niederzuwerfen und so den lastenden Druck der väterlichen Machtstellung auch der Kirche gegenüber zu erneuern. Daß der greise Gregor mit der klaren Erkennt- n. Die 238 Zeit der Staufer.« dieser Gefahr noch die Entschlußkraft zur Eröffnung dnes solchen Riesenkampfes fand, entbehrt nicht der historischen Größe. Palmsonntag den 20. März 1239 schleuderte er gegen Friedrich zum zweiten Male den Bannstrahl. An demselben Tage starb nis Am Hermann von und Kurie. Salza, der treueste Vermittler zwischen Kaiserhof Die Zeit der Versöhnung war vorbei! Der Entscheidungskampf zwischen Kaisertum und Papsttum (1239—1250). § 18. Der politische Gegensatz, das Ringen um Italien, hatte den Bruch unvermeidlich gemacht und schloß auch künftig die Versöhnung aus. Wenn die Tendenz auf Zentralisation und Absolutismus auch für Reichsitalien seit den lombardischen Erfolgen nur erst in ver- Maßnahmen dem Beginn des einzelten hervorgetreten war, so vollzog Friedrich jetzt großen Kampfes bewußt und schroff jene Umgestaltimg der italischen Reichsverwaltung, die sich an Bedeutung wohl der Organisation des sizilischen Staates an die seit völlige Seite stellen darf.^) Es war eine gewaltsame Übertragung des absolutistischen Beamtenregiments, wie es in Sizilien mit einer gewissen Notwendigkeit erwachsen war und sich bewährt hatte, auf die so vielfach andersgearteten Verhältnisse Reichsitaliens. Nun ward auch hier das einzig ausschlaggebende politische Moment der unumschränkte Herrscherwille des Kaisers, an dessen Hofe große und kleine Entscheidungen fielen, Ger cht und Kanzlei zugleich für Sizilien und das Reich arbeiteten. Nur noch die Generallegatschaft König Enzios war ein Sonderamt Italiens, aber nicht unter ihm, sondern unmittelbar unter dem Kaiser standen die zahlreichen, häufig wechselnden Generalvikare (Generalkapitäne), deren Sprengel sich bald über die gesamte Halbinsel erstreckten, auch über die jetzt (1239/40) für das Reich zurückeroberte päpstliche Rekupcrationen und sogar das Patrimonium Petri (seit 1240/41). Aber auch ihre Unterbeamten: die Vikare (Kapitäne) und städtischen Podestäs wurden vora^ Kaiser eingesetzt und waren ihm zum Gehorsam verpflichtet. Verwaltungskundige Sizilianer, für deren Treue der mißtrauische Herrscher an ihren Gütern und Angehörigen allein hinreichende Bürgschaft zu besitzen glaubte, traten in allen diesen Ämtern weitüberwiegend an die Stelle der Deutschen und Italiener. In dieser straffen Zentralisation blieb kein Raum mehr für die Rechte des Feudalismus oder auch nur die Selbständigkeit und Dauer der bisherigen Beamtenherzöge und -Markgrafen; ebensowenig freilich für die städtische Selbstverwaltung, und auch hier ging Friedrich II. über die roncalischen Bestrebungen Barbarossas und Reinolds von Dassel hinaus, indem er nicht einmal den treuergebenen Städten die freie Wahl ihres Podestä zugestand, deren Amtsführung allgemein reglementierte, immer neue Kriegssteuem forderte, in allen den Kaiser berührenden Angelegenheiten unbedingtesten Gehorsam *) Grundlegend Ficker, Forsch, Neues Arch. 31, 721 ff. Veü^l. auch z. Reichs- u. Rechtsg. It, II, 492 flf. § EntBchcidung8kampf«wischen Kaisertum i8. u. Papsttum (1239 — 1250). 23Ö heischte und im Notfall jedes entgegenstehende, auch das von ihm selbst verliehene Recht brach. Es war ein System, das auf Gewalt und Mißtrauen aufEs mußte den heftigsten gebaut war lind eine geniale Leitung voraussetzte. Widerstand aller selbständigeren Elemente wecken und oft genug selbst ergebene Freunde in die Gegnerschaft treiben. Aber es war für Italien in langen Jahrhunderten die einzige gr^ße Gelegenheit, aus der leidenvollen und opferreichen Zerklüftung heraus zum straff organisierten, friedenverbürgenden, auch nach außen Geltung erzwingenden, nationalen Einheitsstaate zu gelangen. Und weit mehr noch, als in den roncalischen Beschlüssen, war hier Fortschritt Denn allenthalben in den italienischen Städten war mit Reaktion verknüpft. das Volk die blutigen Segnungen einer jahrzehntelangen Freiheit gründlich satt; gleichgültig, nur erfüllt von brennender Friedenssehnsucht, schaute es dem auf und abwogenden Kampfe der allmählich sich aufreibenden Adelsparteien zu; kaiserliche oder kirchliche Herrschaft galt ihm gleich, wenn sie nur die ewigen Störungen und Gefahren für den ruhigen Bürger beseitigte. So drängte die Entwicklung, wie im Altertum, aus der aristokratischen Selbstverwaltung zum demokratischen Cäsarismus und kam den Zielen Friedrichs mächtig entUnd daß dieser in der Tat nicht etwas schlechthin Ungesundes und gegen. Undurchführbares erstrebte, wird durch nichts schlagender erwiesen, als durch die Fortentwicklung seiner Schöpfungen nach seinem Tode selbst unter den allerungünstigsten Verhältnissen. Aus der Wurzel der Generalvikariate, die sich teilweise auch da zu behaupten vermochten, erwuchsen Signorien'), die die fi-eie Selbstbestimmung der Bürger ganz ebenso ausschalteten, und nicht nur die letzten Staufer, sondern auch Karl von Anjou und die späteren deutschen Herrscher, die in Italien eingriffen, haben an die Reste von Friedrichs Verwaltungsorganisation als an die allein noch lebenskräftigen und entwicklungsfähigen Einrichtungen angeknüpft. Nicht in lingens, und dem System für sich allein selbst also lagen die Ursachen des Mißwären die Widerstandskräfte der italienischen Städte gewiß nicht zureichend gewesen. Wohl aber begreift sich aus diesen Bestrebungen die schlechthin notwendige Unversöhnlichkeit des politischen Papsttums, denn in diesem absolutistischen italienischen Einheitsstaate blieb für eine selbständige päpstliche Landesherrschaft auf die Dauer kein Raum; sie aber galt seit langem und war als die einzige damals wohl auch tatsächlich. Erst an dem Widerstände des Papsttums, das alle Gegner des Kaisers um sich scharte und seinem zentralistischen System eine ebenso straffe und noch viel weiter greifende OrganiBürgschaft kirchlicher Entschlußfreiheit es sation entgegensetzte, sind Friedrichs Pläne gescheitert. In dem nun ausbrechenden Kampfe war die Stellung des Kaisers, politisch-militärisch betrachtet, unzweifelhaft weit überlegen. Von der durch gesteigerte Zentralisation und gewaltsame Grenz- sperren nach außen dauernd gesicherten Grundlage seines sizilischen Königreichs, aus dem er immer neue Gelder für die Kriegführung erpreßte, ausgehend, in Mittelitalien zunächst übermächtig, suchte ^) (1900). Vergl. auch Salier, Über die Anfange der Signorie in Oberitalien 2AO I^' ^i^ 2^^' "icf Staufer, er in Oberitalien möglichst die Verbindung mit der ergebenen Mark den Apenninpaß La Cisa^) und das •wichtige Parma, zu wahren und die beiden feindlichen Hauptherde: Lombardenbund und Romagna getrennt zu halten. Das getreue Verona Ezzelins sicherte ihm weiter die Verbindung mit Treviso, namentlich Deutschland. Dort über erzielten die eifrigen Bemühungen des geschäf- Beham, Archidiakons von Passau *) zunächst doch nur im äußersten Südosten einige Erfolge; im übrigen waren die Fürsten schwer zu bewegen, ihre eben erst von Friedrich tigen päpstlichen Agitators Albert verliehene, überaus vorteilhafte Stellung durch die Wenn Empörung aufs alledem im Felde die letzten Entscheidungen zugunsten des Kaisers ausblieben, so trugen die Unberechenbarkeit des schwankenden Parteienspiels und die UnvoUkommenheit der damaligen Kriegstechnik festen und verproviantierten Städten gegenüber daran nicht zum wenigsten Schuld. An dem Enderfolg würde freilich nicht zu zweifeln gewesen sein, wäre der Papst eben nicht unendlich viel mehr gewesen, als ein einfacher politischer Gegner; er war das Haupt einer kirchlichen Gemeinschaft, welche die ganze abendländische Staatsgewalt umspannte, als solches in der Lage, in alle Verhältnisse einzugreifen, sie von innenheraus zu erschüttern, immer neue Bundesgenossen und Geldmittel zu gewinnen, selbst aber vor äußersten Gewaltmaßregeln doch einigermaßen gesichert, da ein Märtyremihm die päpstliche Sache nur gestärkt hätte, und dem Rumpfe der Kirche statt Diese eines abgeschlagenen Hauptes ja stets ein neues erwuchs. ganze hoffnungslose Lage muß man stets klar im Auge behalten, will man die Politik unserer Kaiser seit der großen Kirchenreform und insbesondere die Friedrichs IL nicht ungerecht beurteilen. Da bei Festigkeit des Gegners ein völliger Sieg ausgeschlossen war, so ist Friedrich noch lange bestrebt gewesen, bald durch Druck, bald durch Zugeständnisse einen leidlichen Frieden von Papst oder Kardinälen zu erlangen, bis erst zu allerletzt in dem wilden Bis dahin erscheint er, Existenzkampfe dies Ziel dahinschwand. gewiß mehr aus kluger Würdigung der Lage denn aus haltloser Schwäche, stets als der nachgiebige, friedfertige, nvu" einen gewissen Kern politischer Forderungen zäh festhaltende Unterhändler. Denn befand sich der Papst als Landesherr wirklich in Notwehr, als Kirchenoberhaupt war er, wiewohl er sich auch da gern als den Verfolgten hinstellte, ohne Zweifel der vordringende Angreifer, der ganz im Geiste Gregors VII. dem Imperium, wie allen Spiel zu setzen. trotz D. Apenninenpaß des Monte Bardone (1901). Sein Briefregister, hrsg. v. Höfler im Bibl. d. lit. Yer. 16 (1847) bildet für diese deutschen Vorgänge die wichtigste Quelle. *) ') Vgl. Schütte, § l8. Entscheidungskampf zwischen Kaisertum U.Papsttum (1239 — 1250). 24 1 bestritt und unter Berufung auf göttliche Sendung und die konstantinische Schenkung die Ober- andern Staaten, jede Eigenberechtigung Anspruch nahm. Dem gegenüber war Friedrich, der an die Aufstellung eines Gegenpapstes niemals gedacht hat, stets mit der Nebenordnung der beiden Gewalten zufrieden, und es war ein kluges Zurückweichen hinter den höchstgespannten staufischen Reichsbegriff seiner Vorgänger, daß er von den andern Staaten für das Kaisertum wohl einen gewissen Vorrang, aber keine Überordnung in Anspruch nahm, vielmehr den Königen und Fürsten Europas auf das eindringlichste zurief, er kämpfe für ihrer aller Ehre, für das Recht des weltlichen Staates schlechthin, wenn er mit seinem Schilde die ersten Stöße des gemeinsamen Feindes aufIn der Tat ist es seiner geschickten Diplomatie gelungen, fange. wenigstens die Neutralität dieser Mächte, die ihn vor der Bannung in seinem Kampfe gegen die Lombarden größtenteils geradezu durch Hilfstruppen unterstützt hatten, aufrechtzuerhalten. In leidenschaftlichen Manifesten, die aber diesmal, anders als im Investiturstreit, fast ausschließlich den beteiligten Kanzleien entstammten '), wurden solche Ansichten hüben und drüben verfochten. Die gehässigeren Anschuldigungen, die unverantwortlicheren, bis zur Mordanklage gegen den Kaiser sich steigernden Verdächtigungen waren auch hier auf päpstlicher Seite zu finden, worauf dann Friedrich leitung für sich in und Antworten nicht schuldig blieb. Bann, Lösung vom Untertaneneid, Interdikt, übten jetzt nicht mehr die einstige Wirkung, wenn auch dem Papsttum in den neuen Bettelorden eine furchtbare Agitationsarmee erstanden war. Man bedurfte noch schärferer Abschreckungsmittel. Da haben die Päpste und kurialen natürlich Die schroffe feindselige alten kirchlichen Disziplinarmittel : Publizisten miteinander gewetteifert, das Grauen der abergläubischen Massen vor dem Kaiser wachzurufen, indem sie ihn als die Bestie der Apokalypse, den leibhaftigen Antichrist schilderten, der, vom Glauben abgefallen, an der Zerstörung der Christenheit arbeite. Denn seine Ketzerei, so behauptete Gregor IX., werde erwiesen durch seine Äußerung: „Die Welt sei durch drei Schwindler, Moses, Christus und Mohammed betrogen, und es sei einfältig, zu glauben, daß von einer Jungfrau der Gott hätte geboren werden können, der die Natur und alles geschaffen habe." Friedrich hat diese "berühmt gewordene Anklcige (1239) sofort zurückgewiesen, und er hat die Äußerung so schwerlich getan.*) Trotz seiner skeptischen die Publizistik dieser Kampfzeit wird demnächst einer meiner Graefe, eine umfassendere Arbeit veröffentlichen. ') Der von Simon Satz von den drei lietrügcra ist schon 1201 Toumay, Professor der Theologie in Paris, als Schulbeispiel Tcr') Schüler, von Über F. Uampe, Deutsche Kaisergeachich te. lg II. ±^2 Die Zeit der Staufer. Gebot der Selbsterhaltung gezu erscheinen, selbst wenn er sich innerlich schon völliger der mittelalterlichen Kirche entfremdet hätte, Noch 1246 hat er sich als es tatsächlich der Fall sein konnte. einer förmlichen Glaubensprüfung unterzogen, um seine Übereinstimmimg mit den christlichen Lehren vor der Welt kundzutun. Aber inzwischen hatte er den Spieß umgedreht und gegen Papsttum und Hierarchie die schwersten Vorwürfe geschleudert, die er auf einem allgemeinen Konzil zu erweisen sich erbot: Gregor sei ein unwürdiger, durch manche Unregelmäßigkeiten der Amtsführung schwerbelasteter Vertreter des Papsttums, die Prälaten insgesamt in Hochmut und Üppigkeit verkommen, der alten apostolischen Einfachheit völlig entfremdet. Ähnliche Gedanken hatte einst schon mit äußerstem Nachdruck Arnold von Brescia ausgesprochen, und wenigstens in ihren positiven Forderungen waren sie auch in den Anfängen des Franziskanerordens hervorgetreten, mit dessen abge-^ setztem General Elias von Cortona der Kaiser nahe Beziehungen Er hätte vielleicht keinen geschickteren Stoß führen unterhielt. können, um die Wirkungskraft der päpstlichen Anklagen zu brechen. Die Zeitstimmung kam seinen Vorwürfen bis zu einem gewissen Grade entgegen. In Frankreich und England fielen sie auf fruchtbaren Boden und wurden genutzt, vun gegen die Übergriffe der Auch in Kirche die nationale Selbständigkeit zu verteidigen. Deutschland wagten gegen Ende der vierziger Jahre einzelne kühne Agitatoren, den Papst als Antichrist zu verdammen, Friedrich aber Geistesrichtung wäre es für ihn ein wesen, als als rechtgläubiger Christ gerechten Reformkaiser zu preisen^), und da durch und in Italien langjährige Interdikte eine kirchenlose wurde hier Gesinmmg in An eine der heranwachsenden Generation geradezu großgezogen. Massenbewegung gegen das Papsttum war gleichwohl auch jetzt nicht im entferntesten zu denken, und Friedrich hat diese MöglichDie Reformforderung war für ihn nicht keit schwerlich erwogen. Selbstzweck, sondern Entgegenkommen wäre eine Waffe neben andern. Bei politischem er jederzeit bereit gewesen, das als entartet gescholtene Papsttvun kirchlich in vollem Umfange anzuerkermen. Immerhin gab es diesem gewaltigen Ringen erhöhte Bedeutung, Eine Schrift darüber, die man fälschlich auf Friedrich bezog, ist ein MachDer Zweifel an der jungfräulichen Geburt Christi wäre 16. Jahrh. Friedrich eher zuzutrauen. Innozenz IV. nahm diese Anklage seines Vorgängers bezeichnenderweise nicht wieder auf. ^) Vgl. das Sendschreiben eines Dominikaners Arnold (hrsg. v. Winkelmann 1865) und ähnliche kurze Schriften, auch das von den Stader Annalen lu 1248 berichtete Auftreten von waldensisch gefärbten Predigern in Schwäwertet. werk des bisch Hall. § i8. daß EntscheiduDgskampf zwischen Kaisertum U.Papsttum (1239 hier große, zukunftreiche Gedanken in — 1250). 2AZ den Machtstreit ge- worfen wurden. Aus den Schwankungen des hin und her wogenden Kampfes Hauptmomente herauszuheben. Vor einem allgemeinen, von den Kardinälen zu berufenden, vmparteiischen Konzil wollte Friedrich seine Anklagen gegen den Papst vertreten. In anderm Sinne aber berief Gregor, der sich bei einem ersten kaiserlichen Angriff nur mit Mühe der schon wankenden Treue gilt es hier nur einige der Bevölkerung versichert hatte (1240), auf Ostern 1241 eine Synode nach Rom. Sein Einfluß auf sie war von vornherein gesichert; dem Kaiser wurde die Rolle einer gleichberechtigten Partei nicht zugestanden, wie Otto IV. sollte er gerichtet, seines Amtes keinen Zweifel darüber, daß er ein solches Konzil mit allen Mitteln verhindern werde, und als die auswärtigen Prälaten gleichwohl wagten, auf genuesischer Flotte von Südfrankreich her Rom zu erreichen, schlug sein Admiral mit sizilischen und pisanischen Schiffen die Genueser in einem glänzenden Seesiege südöstlich von Elba imd nahm über hundert Geistliche, darunter drei Kardinäle, gefangen (Mai 1241). Dieser Erfolg machte zwar in den Weststaaten böses Blut, aber steigerte doch auch die Furcht vor der Macht des Kaisers und Als Friedrich dann den Papst aufs hinderte den Absetzungsplan. neue in Rom selbst bedrängte und bei der Bürgerschaft, ja im Kardinalskolleg wachsenden Anhang fand, stand er etwa auf dem Punkte Heinrichs IV. von 1084 oder Friedrichs I. von 1167. Diesmal entwischte der Papst zwar nicht, aber er starb (Aug. 1241), und wenn nun auch die nach dem kurzen Pontifikate Coelestins IV. eintretende über anderthalbjährige Sedisvakanz dem Kaiser willkommene Gelegenheit zu weiterer Machtbefestigimg gab, so machte sie doch auch einen Friedenschluß immöglich, und die Kardinäle verschoben die Neuwahl, bis Friedrich den letzten ihrer gefangenen Kollegen entsetzt werden. Friedrich ließ öffentlich in Freiheit setzte (1243). Inzwischen hatte eine furchtbare auswärtige Gefahr das deutsche Die neue Weltmacht des Mongolenherrschers Reich bedroht.^) Temudschin Dschingiskhan hatte zuerst den fernen asiatischen Osten verbunden mit den Grenzlanden Europas. Trotz der Teilung der Gewalt nach seinem Tode (1227) war die Stoßkraft gegen den Westen unvermindert. Seinem Enkel Batu erlagen die russischen Fürstentümer (1237 40) und Ungarn (April 1241); eine andre — Heeresabteilung unterwarf Polen, brachte Herzog Heinrich ') D. II. dem Statt aller sonstigen Literatur verweise ich nur auf Strakoioh-Grafimann, Einfall der Mongolen in Mitteleuropa (1893). i6* IL Die Zeit der Staufer. ?44 Frommen von Niederschlesien auf der Wahlstatt bei Liegnitz eine vernichtende Niederlage bei (9. April 1241)^) und verwüstete Mähren. Der Schrecken lief durch das Reich und ließ die tatsächlich große Gefahr vielleicht noch furchtbarer erscheinen, denn an den befestigten Städten Deutschlands hätte sich der Anprall wohl ohnehin, wenn auch erst nach entsetzlichen Verheerungen und Leiden, gebrochen. Dem Kaiser hätte sich hier eine große Aussicht geboten, Retter von Europa zu werden und die ihm angebotene Lehenshoheit über Ungarn zu gewinnen, hätte er nur die Hände freigehabt. So blieb ihm nichts, als durch Befehle, Aufforderungen und Hilfsgesuche wenigstens von fem die deutsche Abwehr unter seinem Sohne Konrad zu organisieren, während der Papst diesen Maßnahmen Auch nach Gregors Tode hielten die eher entgegenarbeitete. dauernde Spannxmg und die alles überragende Bedeutung der Papstwahl Friedrich an Italien gefesselt.') Inzwischen war die mongolische Das vorläufige GeGefahr für den Augenblick vorübergegangen. nügen an den vmgarischen Ebenen, die starke österreichisch-böhmische Verteidigungstellung und mehr als alles Thronwirren in Innerasien nach dem Tode des Großkhans Ogotai (Ende 1241) hemmten den drohende Gefahr einer Häupter der Christenheit eine ernste Mahnung zur Einigkeit, als nun endlich (25. Juni 1243) in dem Genuesen Sinibald Fieschi, aus dem Hause des Grafen von Lavagna, ein neuer Papst, Innozenz IV. ( 1243 54), gewählt ward.^) Friedrich, der mit ihm in durchaus freundlichen Beziehungen gestanden, begrüßte Indessen Siegeslauf. Wiederaufnahme für blieb die die jederzeit beiden — als eine Bürgschaft des Friedens und ordnete in einen allgemeinen Dankgottesdienst an; er hat sich noch die ganze nächste Zeit an die Hoffnung geklammert, daß sich mit diesem Papste die Möglichkeit eines friedlichen Auskommens finden das Ereignis Sizilien lassen müsse. Es war die größte und verhängnisvollste Täuschung seines Lebens! Schon der Name Innozenz hätte ihm über das Programm des neuen Papstes die Augen öffnen sollen; er war vom ersten Augen*) stimmt Daß die immcrhia tapfere Gegenwehr die Mongolen zur Umkehr be- hätte, ist irrig. Die auf Matthäus Paris, zurückgehende, namentlich von Schirrmacher, zuletzt von Schirmer (Grcifsw. Diss. 1904) verfochtene Annahme eines letzten, heimlichen Aulcnthalts Friedrichs in Deutschland in dieser Zeit entbehrt der überzeugenden Begründung. ^) IV, 499 ff., dem Minoriten Nikolaus ") Vgl. seine Biographie v. scinetn Beichtiger, Calvi (de Carbio; Curbio ist Lesefehler!^, Archivio della soc. Rom. etc. 21. Seine Register hersg. v. Berger 1881 ff.; dazu Mitt d. Inst. f. öst. Gesch. 24. Eine neuere vollständige Biographie fehlt; Vgl. auch Reg. Imp. V, S. 1260. V. jron Monographien nenne ich schon hier C. Rodenberg, Inn. IV. 1245 — 1254 (1892). Sizilien u. d. Königr, § i8. blicke EnUcheidungskampf zwischen Kaisertum U.Papsttum (1239 an auf das und klarste sicherste entschlossen, — 1250). 245 den gesamten Herrschaftsansprüche seiner großen Voi^nger mit dem Einsatz aller Kraft zu behaupten. Von der schrankenlosen Leidenschaft tmd stürmischen Wucht Gregors IX. zeigte er freilich nichts, Umfang der Urban II. um so gegenüber Gregor VII., war er eben gefährlicherer politischer Gegner. In seinen verbindlichen, weltmännischen Formen, in seiner verschlagenen, völlig skrupellosen Diplomatie, in der Vereinigung von kluger Vorsicht und zugreifendem Wagemut, in der jedem Wechsel sich anpassenden Kombinationsgabe, in der raschen Erkenntnis und rücksichtslosen Ausbeutung jeglichen Vorteils, in der ganzen realistischen Lebensauffassung und Menschenbehandlung verriet er deutlich genug den Genuesen. Jede innerliche Religiosität, alle Tiefen der Mystik, jeglicher Aufschwung des ethischen Gefühls waren ihm fremd; seine kühl-ironische Natur arbeitete nur mit den greifbaren Werten dieser Welt, aber innerhalb dieses Kreises, dessen Umgrenzvmg freilich jeden Anspruch auf echthistorische Größe ausschließt, bewegte er sich mit vollendeter Meisterschaft; hier war er seinem kaiserlichen Gegner, den er an Reichtum und Tiefe der Veranlagung nicht entfernt erreichte, unbedingt überlegen. Und dieser klare und nüchterne Staatsmann setzte sich zum einzigen Lebensziel die Vemichtimg des staufischen Kaiserttmis Unter bewußter Vernachlässigung aller andern kirchlichen Aufgaben, unter Aufhebung aller hinderlichen kanonischen Satzungen, unter Preisgabe von Rechtsgefühl und feinerem sittlichen Empfinden wiu-den alle Werte, über die die Papstkirche nur irgend verfügte: Besitztümer und Rechte, Steuern tmd Zehnten, wie aber deswegen einst nur ein mm ! geistliche Ämter und Anwartschaften, Disziplinarmittel und Indulgenzen, Kreuzzugsgelübde und Schlüsselgewalt, irdische vmd himmlische Verheißungen umgemünzt in politische, militärische, finanzielle Kampfmittel! Der Erfolg dieser beispiellosen Konzentration war in der Tat die Behauptung, solange Friedrich lebte, der Sieg nach seinem Tode. Aber die Kehrseite war, daß der kirchliche Organismus sich seinen eigentlichen Daseinszwecken völlig entfremdete, religiös vmd sittlich verödete vmd auf der Gipfelhöhe weltlicher Macht doch schon die Keime inneren Verfalls in sich aufnahm. Die Rücksicht auf das allgemeine Friedensbedürfnis der Christenheit zwang Innozenz IV., der nicht von vornherein unversöhnlich erscheinen durfte, zunächst auf die vom Kaiser angebotenen Unter- handlungen einzugehen.^) Friedrich setzte sie fort, obwohl er sich Die Arbeiten von Tammen (Leipz. Diss. 1886) und H. Weber (1900) Dinge dringen nicht tief. Besser die zeitlich daran anschließende Schrift von A. Folz, Kaiser F. II. u. P. Inn. IV. Ihr Kampf i. d. J. 1244 u. 1245 {^9°$)'> d<^u vgl. Hist. Ztschr. 101, 371 ff. ') fiber diese : II- 246 I^ie Zeit der Staufer. durch den währenddessen vom Kardinal Rainer, dem Haupte der Kriegspartei an der Kurie, angezettelten Abfall der kaiserlichen Stadt Viterbo (Sept. 1243) auf das tiefste verletzt fühlen mußte i); er hoffte noch immer auf das Übergewicht der Friedensfreunde unter den Kardinälen. Daß aber am Gründonnerstag 1244 nach schwierigen Verhandlungen und demütigenden Zugeständnissen des Kaisers von diesem wirklich ein Friede beschworen und der Welt als frohe Osterbotschaft verkündet werden konnte, war doch nur dadurch ermöglicht, daß der heikelste Punkt, über den keine volle Einigung erzielt war, die Regelung der lombardischen Verhältnisse, ausgemerzt und weiteren Ausführungsverhandlungen vorbehalten war. Als diese dann kurz darauf an dem grundsätzlichen Gegensatze scheiterten, klagte Innozenz den Kaiser öffentlich des Eidbruches an 2) und begann insgeheim seine Flucht vorzubereiten. Es ist schwer zu verstehen, daß Friedrich sich trotzdem noch eine Zeitlang mit leeren Hoffnungen hinhalten ließ und so dem Papste das Entweichen auf genuesischen Schiffen ermöglichte (Ende Juni 1244). Als Innozenz den Boden seiner Heimatstadt betrat, jauchzte er mit dem Psalmisten „Unsere Seele ist entronnen, wie ein Vogel dem Strick des Voglers; Aber für sicher hielt er noch zum Reiche gehörige, tatDorthin, sächlich aber damals schon unabhängige Lyon erreichte. wo eine Behinderung nicht, wie wenige Jahre vorher in Rom, zu befürchten war, berief er auf den 24. Juni 1245 ein allgemeines Konzil, das über den Kaiser das von Gott selbst eingegebene Urder Strick ist zerrissen, und wir sind los." sich erst, als er das nominell zwar teil fällen sollte. Die Vernichtungsabsicht des Papstes schien offenkundig zu werden. .Gleichwohl ist es noch einmal zu einer ernstlichen Schwankung gekommen, die allein den übertriebenen Optimismus des Kaisers bis in die Tage des Die Hiobspost vom Falle Jerusalems Konzils hinein verständlich macht. (1244) und den weiteren Bedrängnissen der lateinischen Christen im Osten war dafür von entscheidender Einwirkung. Wie Friedrich sie aufgriff, um einen dreijährigen Kreuzzug als Friedenspreis in Aussicht zu stellen, so mußte Der Innozenz auch dem Drucke von anderen Seiten Rechnung tragen. Patriarch Albert von Antiochia und der Deutschordensmeister Heinrich von Hohenlohe waren diesmal die Unterhändler des Kaisers, der der Kurie für das Vergangene die weitestgehende Genugtuung versprach, für die Ein- ^) Für das einzelne vgl. Winkelmann in Hist, Aufsätze dem Andenken an G. Waitz gewidmet (1886), *) Da die rechtlose Einmischung Gregors IX. in die lombardischen Verhältnisse wohlweislich 1239 nicht zur Motivierung des Bannes verwertet war^ konnte auch jetzt die Verweigerung der Absolution nicht mit der rein poliüber die lombardische Frage begründet tischen Meinungsverschiedeaheit werden. Daher verschleierte Innozenz den Tatbestand durch den Vorwurf des Eidbruchs. Vgl. Fickers Ausführungen in Reg. Imp. V. § l8. Entscheidungskampf zwischen Kaisertum u. Papsttum (1239 — 1250). 247 haltung seiner Verpflichtungen die denkbar sichersten Bürgschaften bot*) und selbst in der Lombardenfrage oflFenbar noch einen Schritt weiterging. Innozenz hat daraufhin wirklich noch einmal die Absolution Friedrichs in Aussicht geAber nun begann die Kriegspartei eine fieberhaft leidenstellt (6. Mai 1245). schaftliche Gegenwirkung. Kardinal Rainer, der zum Schutze des Patrimoniums in der Umgebung Roms zurückgelassen war, sandte Flugschriften von maßAls eben loser Gehässigkeit, aber bedeutender Eindruckskraft nach Lyon. damals die kaiserlichen Truppen bei dem Marsche Friedrichs von der sizilischen Grenze nach Verona sich im Gebiete des Kirchenstaates, wohl nur zum Teil nach dem Willen des Kaisers, Übergriffe zu Schulden kommen lieSen, bauschte sie Rainer, um das Mißtrauen zu schüren, zu einem schweren Friedensbruche auf.*) Vielleicht gab das den Vorwand zu erneutem Umschwung an der Kurie. Jedenfalls war bis zum Beginn des Konzils jegliche Schwankung überwunden, ohne daß man indes den Kaiser darüber aufgeklärt hätte. Das Konzil von Lyon') war trotz der verhältnismäßig geringen Zahl der Teilnehmer, unter denen die Romanen stark überwogen, gnmdsätzlich als ein allgemeines zu betrachten. Die geschickte und eindrucksvolle Verteidigung Friedrichs durch seinen Sachwalter, den Großhofrichter Thaddäus von Suessa, erzielte tage den vom Papste am zweiten Sitzimgs- widerwillig zugestandenen Erfolg einer kurzen Vertagung, damit der Kaiser persönlich erscheinen oder neue Vollmacht schicken könne. Aber dem sicheren Vemichtungsplane der Kurie gegenüber war doch alles vergeblich. In der dritten Sitzxmg (17. Juli 1245) überraschte Innozenz, ohne weitere Botschaft des Kaisers abzuwarten, das Konzil mit der feierlichen Verkündigimg der heimlich vorbereiteten Absetzvmgsentenz.*) An die tendenziöse Darstellimg der in den letzten Jahren geführten Friedensverhandlungen schloß sich eine lange Aufzählung der Verbrechen des Kaisers, die indessen des Hauptstreitpunktes, der Lombardenfrage, nicht gedachte, endlich seine Absetzimg und Verfluchung. Thaddäus, der eine Verurteilung seines Herrn umsonst für nichtig erklärt und ein allgemeines Konzil appelliert hatte, rief imter Tränen: „Dies ist ein Tag des Zornes, des Unglücks und des Elends", aber die Mehrheit des Konzils erhob gegen das Vorgehen keinen Widerspruch. Friedrich, dem ja noch kurz zuvor vom Papste die Aussicht auf Absolution eröffnet war, scheint von dieser plötzlichen Verurteilung an den zukünftigen Papst und mm *) U. a. sofortigen Verlust seiner Reiche und Bann bei Bruch der Versprechungen, Garantien von Königen und Fürsten. ') Vgl. Hampc, Hist. Viertelj. 10, 297 flf. HauptqueUen außer den Aktenstücken selbst die sog. „Brevis nota** M. G. Const. II, 5133. und der auf einen Augenzeugen zurückgehende, trotz mancher Ungenauigkeiten höchst bedeutsame Bericht des Matthacus Parisiensis. Von neuerer Literatur vgl. ausschließlich die angeführte Schrift von Fols, ) M. G. Const. n, 508 ff. u. Ep. saec. XIIL n, 88 ff. ') 248 II. Töllig er überrascht habe Die Zeit der Staufer. worden zu sich auf die sein. Bekannt Kunde von Lyon ist jene Erzählung*), seinen Reiseschatz bringen Krone auf die Stime gedrückt und die Nächststehenden ob sie ihm denn schon verloren sei. Jetzt endlich wußte er, daß ihm keine andre Wahl bleibe, als der Avildeste Kampf auf Leben und Tod, und er selbst kündigte ihn mit den Worten an: ^lange genug sei er Ambos gewesen, nun wolle er Hammer sein". Die nächste Folge der Lyoner Absetzung war, daß nun auch Deutschland ganz anders als bisher in den Streit hineingezogen wurde. Lange hatte die Agitation der Kurie hier nvu spärliche Erfolge im Südosten zu verzeichnen gehabt, die sich überdies bald genug in nichts auflösten. Endlich (bis 1242) war es ihr gelungen, lassen, eine gefragt, sich wenigstens der drei rheinischen Erzbischöfe nun dauernd den Kern der zu versichern, die staufischen Opposition bildeten. Der Kaiser hatte sofort die Folgerung daraus gezogen, indem er das Reichsregiment, das für Konrad IV. die Geschäfte führte, statt der geistlichen an weltliche Fürsten, Landgraf Heinrich Raspe von Thüringen und König Wenzel von Böhmen übertrug, die indes in ihrem unmittelbaren Einfluß auf den jungen König neben einer Anzahl von ReichsministeriaJen zurücktraten (1242). Innozenz IV, hat dann auch auf diesem Gebiete, namentlich seit dem Konzil von Lyon, mit noch ungleich wirksameren Mitteln gearbeitet, als sein Vorgänger. Er sandte einen besonderen Legaten und ließ es an Gold nicht fehlen; er sorgte allenthalben für die Verkündigung der kirchlichen Sentenzen gegen Friedrich und der Strafandrohungen gegen seine Anhänger, verhängte das Interdikt über die Besitzungen seiner Hauptgegner und gebot die Kreuzpredigt gegen den Kaiser statt des heiligen Landes. Insbesondere aber hat er die Treue, die der Kaiser seit seinen großen territorialen Zugeständnissen trotz aller Kämpfe mit dem Papsttum immer noch bei der Mehrheit des Episkopats gefunden hatte, bis auf wenige Ausnahmen allmählich völlig zu erschüttern vermocht durch eine Fülle von Versprechungen, Drohungen und Gewaltmaßnahmen, die sich schließlich gar zu der Aufhebung des Wahlrechtes aller Kapitel imd Besetzimg aller Prälaturen durch den Papst selbst steigerten. 2) Auf seinen Befehl haben denn auch die rheinischen Erz- nachdem man die Krone lange vergeblich in Deutschland, Dänemark und Frankreich ausgeboten, die Erhebung eines Gegenkönigs vollzogen (Mai 1246). Der Landgraf Heinrich Raspe^) war bischöfe, Matth. Paris, ed. Luard IV, 474. Vgl. außer Hauck namentlich Aldinger, D. Neubesetzung der deutscken Bistümer unter Papst Inn. IV. (1900). *) Vgl. C. Wenck in „Die Wartburg" (1907) S. 3 15 ff. ') *) § l8. Entscheidungskampf zwischen Kaisertum u. Papsttum (1239 — 1250). 240 es, dessen eitle Großmannssucht schließlich seine ängstlichen Bedenken überwand. Als ihm König Konrad vor Frankfurt entgegentrat, gelang es ihm, einige schwäbische Grafen und Herren, die auch künftig von einem Zusammenbruch der staufischen Landes- herrschaft ihr eignes Emporkommen erhofften, durch päpstliches Geld zum Verrat zu bewegen und dadurch einen wenig rühmlichen Sieg zu gewinnen. Doch wie sein Königssiegel auf der Rückseite nach Art päpstlicher Bullen die Köpfe der beiden Apostelfürsten zeigte, so galt er im Volke mit Recht nur als „Pfaffenkönig", sein Anhang blieb beschränkt; und wenn die Staufer in diesen Kämpfen durch Entfremdungen, Veräußerungen und Verpfändungen schwere Einbußen an Reichsgut und Hausgut erlitten, so erwuchsen ihnen doch auch neue Stützen, vor allem in den finanzkräftigen Reichsund Bischofsstädten, die trotz aller früheren Maßregelungen im wohlverstandenen eignen Interesse für die staufische Sache, an die sich die Hoffnung einer kräftigen Zentralregierung knüpfen konnte, mit allem Eifer eintraten und nun auch wirklich von oben begünstigt wurden.^) Weiter knüpfte die Vermählung Konrads IV. allein einer Tochter Herzog Ottos von Bayern dies Herzogtvun eng an das Schicksal des staufischen Hauses (1246), und zur selben Zeit eröffnete sich abermals eine bedeutende Aussicht im äußersten Südosten. Friedrich II. hatte das Herzogtum Österreich trotz seines ersten Mißerfolges imd seiner Behinderungen in Italien nicht aus mit dem Auge verloren. Babenbergers, hatte Gertrud, er sich die Nichte selbst und Erbin des zur vierten Gemahlin letzten ersehen; dem Herzoge winkte für seine Zustimmung die Königskrone. Auf dem glänzenden Fürstentage, den der Kaiser während des Lyoner Konzils in Verona abhielt (Juni 1245) war bereits alles abgemacht, da haben verleumderische kirchliche Einflüsterungen Gertrud ziu* Weigerung bestimmt, an der dann der ganze Plan scheiterte.*) Jetzt aber starb imverhofft, vor der Zeit und kinderlos, Herzog Friedrich der Streitbare (1246); der Kaiser griff sofort zu, zog das Herzogtum als erledigtes Reichslehen ein, tat es aber nicht nach Jahr imd Tag wieder aus, sondern ließ es, indem er hier die Grundsätze seines italienischen Regierungsystems in höchst bedeutsamer Weise auf Deutschland übertrug, dauernd durch einen Reichskapitän verwalten. So war der gesamte Süden, abgesehen von dem geringen schwäbischen Anhang, dem Landgrafen verbaut; auch sonst standen ') Vgl. Friedrichs Zugeständnis einer unabhängigen Ratsverfassung an Regensburg Nov. 1245, in schroffem Widerspruch zu dem früher im Interesse der Fürsten eingenommenen Standpunkt. *] Vgl. die oben S. 234 angeführte Literatur und Histor. Viertelj. 10,311. 250 II, Die Zeit der S taufer. die weltlichen Reichsfürsten den Staufem, als und sogar noch zu den plötzlichen Tod einige Bischöfe treu die päpstliche Sache durch des Gegenkönigs (Pebr. 1247) einen empfindlichen Schlag erlitt. Denn damit traten nicht nur die thüringischen Lande in die staufische Einflußsphäre 1), sondern es hielt schwer genug, einen neuen päpstlichen Thronkandidaten zu finden. Graf Wilhelm von Holland 2), der sich endlich dazu bereit erklärte und ähnlich wie der Landgraf auf Geheiß des Papstes fast ausschließlich von den geistlichen Fürsten des Rheinlandes gewählt ward (Okt. 1247), ein ritterlicher und mutvoller junger Herr, aber täuschte die Hoffnungen der Kurie nicht einmal Reichsfürst, ent- imd vermochte seinen Geltungs- bereich nur wenig über die niederrheinischen Gebiete auszudehnen. Diese beiden schwächlichen Gegenkönige reichten in der Tat nicht einmal an die Schulterhöhe eines geistlichen Fürsten wie des von Mainz heran, auf dessen bekanntem zwergenhafter Erscheinung dargestellt sind, wie sie aus seiner Hand die Krone empfangen. Und eben deshalb gelang Erzbischofs Siegfried III. Grabmal sie in der Kurie trotz der verzweifeltsten Anstrengungen schließlich nicht, solange Friedrich IL lebte, die staufische Herrschaft diesseits der Alpen zu stürzen. Die Vorgänge in Deutschland behielten nur sekundäre Bedeutung neben dem gewaltigen Ringen auf dem italienischen Kriegsschauplatze, wo schon allein die Persönes doch des Kaisers die Aufmerksamkeit Europas bannte. Hier ward nun alles noch wilder und grandioser! Was Wunder, wenn der zum Teil mit teuflischen Mitteln geführte Vemichtungsangriff auf der andern Seite maßlose Leidenschaften entflammte, und in dem fieberhaften Drange nach Selbstbehauptung, Machtsteigerung, Zerschmetterung des Gegners allmählich alle edleren Gefühle erstickten. Für diese letzten Kampfesjahre ist etwa ein Ezzelin von Romano') lichkeit die charakteristische Figur, der bei einer gewissen Wesensverwandtschaft mit Friedrich II. aus dessen unendlich reicherer und verwickelterer Natur nur eine einzige Richtung, das rücksichtslose Machtstreben und Durchsetzen der eignen Persönlichkeit, in verblüffender Einseitigkeit zum Kolossalen gesteigert hat. Als veronesischer Landadliger in den Fraktionskämpfen seiner Standesgenossen emporgekommen, aber erst durch die Verbindung mit der Volkspartei zu wirklichem Einfluß gestiegen, war er aus persönlichen Gründen vom Lombardenbunde abgeschwenkt und hatte den Anschluß an den Kaiser ^) Der erbberechtigte Sohn des Markgrafen Heinrich von Meißen, Albrecht, war mit des Kaisers Töchterlein Margarethe verlobt. ^) Vgl. über ihn die Arbeiten von Hintze u. Hasse, beide 1885. ') Über ihn ein reiches Material in dem älteren Werke von Verci, Storia degli Ecelini 1779. Neuere Darstellungen seines Lebens können sämtlich nicht befriedigen. Eine Biographie wird demnächst von einem meiner Schüler, F. Stieve, erscheinen § i8. Entscheidungskampf zwischen Kaisertum u. Papsttum (1239 — 1250). 25 I gefunden, um zunächst neben dessen Beamten, dann auch ohne und gegen sie, aber von Friedrich, der ihn brauchte, nie gehindert, ohne festumgrenztes Amt in der Trevisaner Mark eine tatsächliche Tyrannis zu begründen und sie durch die stets gesteigerten Gewaltmittel eines entsetzlichen Schreckensregiments zu behaupten, das indes weniger auf dem Volke als auf dem Adel lastete. So gab er ein Vorbild schrankenloser Selbstdurchsetzung und verbrecherischer Machtbegründung, das trotz aller Schrecken von den italienischen Renaissanceherrschem nur zu häufig nachgeahmt werden sollte. In jenen Jahren war er nur der furchtbarste Gewaltmensch unter vielen andern, und auch unter den geistlichen Heerführern des Papstes fehlten ähnliche Naturen, wie etwa die Legaten Philipp von Ferrara und Gregor von Montelongo, nicht. Von einem Rückgang der kaiserlichen Machtstellung infolge der Absetzung war zunächst nicht das mindeste zu spüren. Freilich umlauerten jetzt Verrat und Mord Friedrich imd die Seinen. Im März 1246 ward eine weitverzweigte Verschwörung entdeckt, an der höchststehende und vertrauteste Beamte des Kaisers beteiligt waren, und deren Fäden mindestens zu den Spitzen der päpstlichen Partei reichten, wenn auch Innozenz selbst vermutlich noch nicht eingeweiht war. Geplant war nichts geringeres, als eine Ermordung Friedrichs und eine allgemeine Erhebung. Die nach Rom geflüchteten Attentäter und ihre ziun Losschlagen gezwungenen Mitverschworenen im Königreiche wurden nun vom Papste belobt und durch Legatensendung vmd Kreuzpredigt gefördert, aber es gelang Friedrich, der in Eilmärschen Sizilien erreichte, doch binnen kurzem, den AufEnthüllte der Vorgang stand mit blutiger Strenge niederzuwerfen. auch mit schauerlicher Deutlichkeit, wie sehr der Boden unter seinen Füßen schwankte, und mußte er das ohnehin zum Mißtrauen geneigte Gemüt des Herrschers noch mehr vergiften, so bedeutete die rasche Niederwerfung doch unzweifelhaft einen neuen Sieg, an den sich andre Erfolge wie die Rückgewinnung Viterbos (Mai 1247) in Mittelitalien und wertvolle Übertritte in der westlichen Lombardei anreihten. neuen Sicherungsmaßregeln laielt Friedrich schon im 1247 seine Herrschaft in Sizilien und Reichsitalien für Er gefestigt genug, um einen Zug nach Deutschland anzutreten. gedachte ihn über Lyon zu richten und dort dem Papste persön- Nach Frühjahr lich gegenüberzutreten. denn auch Dieser geriet in nicht geringe Bedrängnis, ihm keinen genügenden Rück- die Weststaaten boten von England vmd die gegen die Kurie gerichteten nationalen Beschwerden der englischen Gesandten waren schon auf dem Lyoner Konzil höchst unbequem geworden. Ludwig IX. von Frankreich aber hörte nicht auf, im Interesse eines Kreuzzuges an einem Ausgleich zu arbeiten, den halt Mit unterhielt Friedrich seinem Friedrich Schwager König Heinrich III. freundschaftliche Beziehungen, mit bedeutsamer Zurücksetzung seiner Person hinter die 2^2 n. Die Zeit der Staufer. sachlichen und dynastischen Zwecke sogar durch seine Abdankung zugunsten seines Sohnes Konrad zu erkaufen bereit war, und im französischen Adel hatte sich ebendamals (Ende 1246) eine bedrohliche, den Einfluß der kaiserlichen Manifeste verratende Bewegung gegen die gerichtlichen und steuerlichen Anmaßungen der Elirche erhoben. Schon war der Kaiser mit seinen Truppen im Begriff, von Turin aus die Alpen zu übersteigen, als der Abfall des wichtigen Parma den Papst aus seiner Beklemmung befreite; durch einen kühnen Handstreich geriet die von Friedrich in schädlichem Mißtrauen ihrer Befestigungen beraubte Stadt in die Hände der päpstlichen Außenpartei {Juni 1247), die nun von ringsher ansehnliche päpstlich-lombardische Truppenmassen heranzog und sich in Verteidigungszustand setzte. Indem nun auch der Kaiser in Gemeinschaft mit Enzio und Ezzelin bedeutende Heereskörper um die Stadt legte, wurde die Belagerung gleichsam zu einer großen Kraftprobe, auf deren Ausgang die Welt mit Spannung wartete. Nach langen Monaten schien endlich die Aushungerung der Belagerten in naher Aussicht zu stehen, als eine böse Nachlässigkeit auf Seiten der Kaiserlichen die mühsamen Erfolge in furchtbare Niederlage wandelte. Während einer kurzen Abwesenheit Friedrichs auf der Jagd wurde die schlechtbewachte hölzerne Lagerstadt, der man in voreiliger Vorwegnahme des Sieges den Namen Vittoria gegeben hatte, von den ausbrechenden Feinden überrumpelt und verbrannt, das Heer unter schweren Verlusten zersprengt, Thaddäus von Suessa getötet, Krone und Reichssiegel erbeutet (Febr. 1248). Der rückkehrende Kaiser entkam nur mit genauer Not nach Cremona,. um mit bewunderungswürdiger Schwungkraft schon nach drei Tagen von da mit rasch gesammelten Truppen aufs neue vorzudringen. Konnte aber auch die Einschließung in weiterem Umkreise fortgeführt, und der wichtige Apenninübei^ang behauptet werden, so hatten die Belagerten doch Luft und Kraft zu fernerer Behauptung gewonnen, und das schlimmste waren die Femwirkungen des moralischen Eindrucks. Unmittelbar machten sie sich vor allem in der Romagna geltend, die nach dem Abfall Ravennas (Mai 1248) sogut wie ganz den Kaiserlichen verloren ging, während auch im übrigen Mittelitalien die Schwierigkeit der Behauptung wuchs. Mittelbar waren sie wohl allenthalben in Europa zu spüren, und man kann sagen, sie haben fortgedauert bis in unsere Tage! Denn bis in die neuesten Darstellungen hinein^) behauptet sich xmausrott*) So etwa in Davidsohns Gesch. v. Florenz II, i, dem ich in den die allgemeine Geschichte dieser Zeit betreffenden Abschnitten auch sonst mehrfach nicht zuzustimmen Tcrmag. § i8. Entscheidungskampf zwischen Kaisertum u. Papsttum (1239 — 1250). 2$^ bar die Vorstellung, jene Niederlage vor Parma bedeute den entscheidenden Wendepunkt in Friedrichs Geschicken; seitdem sei er ein besiegter, gebrochener Mann gewesen, dem nichts Rechtes mehr habe gelingen wollen,^) Dieser Eindruck ist wohl wesentlich mit hervorgerufen durch die beiden furchtbaren Schicksalsschläge, die den Kaiser in seinen letzten Jahren ganz persönlich trafen imd ihm seine sinkende Lebenssonne verfinsterten. Der eine war die Untreue seines erprobtesten und vertrautesten Staatsmannes. Peter von Vinea*) war durch seine hervorragende juristische Bildung und seine seltene, in der Schule seiner Heimat Capua entwickelte, stilistische und redaus niederer Herkunft zu den höchsten Lange als Großhofrichter an Rechtsprechung und Gesetzgebung') Siziliens hervorragend beteiligt, zu den wichtigsten diplomatischen Missionen verwandt und neben Thaddäus von Suessa mit der tatsächlichen Leitung der Kanzlei nerische Formgewandtheit Ämtern emporgestiegen. Reichsprotonotar und Logothet des KönigVorstand der nun auch offiziell die ReichsDa angelegenheiten erledigenden kaiserlichen Kanzlei geworden.*) er das vollste Vertrauen des Monarchen besaß und in Wahrheit „zu seinem Herzen die Schlüssel führte", indem er zu bestimmen hatte, welche Briefe imd Bittschriften überhaupt an ihn gelangten, welche kurzerhand erledigt wurden, so galt er mit Recht nächst dem betraut, war er 1247 als reichs Sizilien alleiniger Dieser verantHerrscher als der mächtigste Mann im Staate. wortungsvollen und versuchungsreichen Stellung ist offenbar seine moralische Festigkeit auf die Dauer nicht gewachsen gewesen; er hat, wie wir annehmen dürfen, sein Amt in unerhörter Weise zu eigner Bereicherung ausgenützt und Gelder bis zu einer Höhe veruntreut, daß dem Reiche daraus in der durch den langjährigen Krieg hervorgerufenen schweren Finanznot nach des Kaisers eignen Diese EntWorten*) geradezu eine ernstliche Gefahr erwuchs. deckung und schmerzlichste Enttäuschung seines Lebens traf Friedrich während seines Aufenthaltes in Cremona (Febr. 1249), als sein Gemüt eben durch einen noch viel furchtbareren Vertrauensbruch verdüstert war. Sein eigner, vielbegünstigter Leibarzt, der von ') Diese Vorstellung ist nach den Ausführungen Ficken in der Einleitung von Reg. Imp. V unhaltbar. ^ Vgl. Huillard-Br^hoUes, Vie et Correspondancc de Pierre de la Vigne (1864). erscheint mir namentlich der von Friedrich selbst ange*) Schlagend wandte Vergleich Peters mit Moses, den Reg. (mp. V, 3764 voraussetit. *) Den ihm ron neueren Darstellern meist beigelegten Kanzlertitel hat er nie geführt. »> Reg. Imp. V, 3764. 254 II. Die Zeit der Staufer. den Päpstlichen gefangen und bestochen, dann durch Auswechselung an den Hof zurückgekehrt war, hatte seinem Herrn einen Gifttrank gereicht. Der Kelch war an dem rechtzeitig gewarnten Herrscher noch eben vorübergegangen, der nun befahl, den geständigen Hochverräter unter entsetzlichen, fortwährenden Martern diu^ch das sizilische Reich zu führen und schließlich hinzurichten. Auch gegen Peter von Vinea ließ er unnachsichtige Strenge walten. Er ward gefangen und vor der Wut des Volkes, das ihn lynchen wollte, durch nächtliche Fortführung geschützt. Als dann der Kaiser sich zur Herseiner zerrütteten Finanzen, zur erneuten Reinigung des Beamtenkörpers und Bekämpfung der päpstlichen Agitationen nach seinem sizilischen Erbreiche zurückwandte, ward jener gefesselt mitgeführt, und als sich Friedrichs Aufenthalt in Tuszien in die Länge zog, in S. Miniato eingekerkert und nach erfolgter Verurteilung geblendet. Dort im Gefängnis hat er sich, wie es scheint, selbst den Tod gegeben. Sein Stvirz erregte ungeheures Aufsehen in der ganzen Welt und gab, da die Gründe zurückgehalten wurden, Anlaß zu abenteuerlichem Gerede. Die Verquickung mit jenem Giftmordversuch und die Annahme verräterischer Beziehvmgen zum Papsttum lagen nur allzu nahe. Von diesem Verdacht ist Peter mit Sicherheit freizusprechen. Aber bei allem Anteil, den der Untergang des hochverdienten Mannes auslöst, wird der Historiker sich Dantes warmherzigem Eintreten für seine volle Unschuld nicht anschließen dürfen. Es liegt auch nicht der mindeste Grund vor, an der Gerechtigkeit des kaiserlichen Urteils zu zweifeln, imd schon diese Untreue gegen die Majestät des Herrschers galt der Zeit als stellung schwerer Verrat.^) ^) Indem ich mir ausführlichere Darlegungen über die durch Dürftigkeit und Unsicherheit der unmittelbaren Quellen, legendarische Entstellungen und kritiklose Forschung arg verwickelte Schuldfrage vorbehalte, bemerke ich hier das Folgende. Schlechthin entscheidend für die Auffassung ist Reg. Imp. V, 3764, wo Peter vom Kaiser selbst nur der unerlaubten, allerdings in geradezu staatsgefährlichem Maße ausgeführten Bereicherung durch sein Amt bezichtigt wird. Solche Vergehen, ausgeführt in längerer Amtswaltung, lassen Wie sollte sich Friedrich sich denn doch wahrlich beweisen oder widerlegen! seines fähigsten Helfers beraubt imd dies furchtbare Odium auf seine Regierung gewälzt haben, wenn er nicht durch zweifellose Beweise zum Einschreiten gezwungen war? Daß uns heute die Akten der Amtsführung nicht soweit erhalten sind, um die Schuldfrage nachprüfen zu können, ist selbstverständlichi Eine erstaunlich reiche Hinterlassenschaft Peters steht übrigens fest, und unter den Belegen der folgenden Jahre spricht keiner auch nur entfernt dafür, daß nachträglich zu der Erkenntnis gekommen wäre, man habe ihm doch Im Grunde ist es ja auch nur Dantes ehrwürdiges Urteil zu viel getan. (Inferno 13), das hier, wie in so manchem andern Punkte^ der Erkenntnis der Eine Verquickung historischen Wahrheit hemmend im Wege gestanden hat. mit dem Mordversuche des Arztes ist aber wohl sicher abzuweisen, wenn man etwa — § iS. Entscheidungskampf zwischen Kaisertum u. Papsttum (1239 — 1250). 2^ S Nur wenige Monate nach seinem bedeutendsten Staatsmann Friedrich seinen zuverlässigsten und fähigsten Feldherm, verlor König Enzio.*) Einer deutschen Liebschaft des Kaisers entsprossen, imd jugendkräftig, war er von allen seinen Söhnen der begabteste, in der Vereinigung von schneidiger Willenskraft imd reichem geistigen Interesse der dem Vater ähnlichste. blondhaarig, schön Oftmals schon allzu tollkühn im Kampfe, geriet er in einem unbedeutenden Gefecht bei Fossalta (unweit Modena, Mai 1249) in die Hände der Bolognesen, die ihn zwar anständig behandelten, aber trotz aller Drohungen und Versprechvmgen des Kaisers nicht herausgaben. Seiner wartete das furchtbare Los, in jahrzehntelanger fangenschaft zur Untätigkeit verdammt, Ge- den Untergang seines Ge- schlechts zu betrauern (f 12 72). 2) Die Wirkung aller dieser Schicksalsschläge auf das Gemüt des gewiß ebenso wenig zu imterschätzen, wie ihr moralischer Eindruck auf die Parteien und das Ausland; aber es waren doch am Ende nur Unglücksfälle, die die politisch-militärische Gesamtlage wohl hier und da beeinflussen, aber nicht dauernd bestimmen Nichts aber wäre verkehrter, als hier von einem ständigen konnten. Rückgang, wohl gar völligen Unterliegen der kaiserlichen Sache zu reden oder anzunehmen, Friedrich selbst habe, geistig und körperDürfte man nach lich gebrochen, an einem Erfolge verzweifelt. der Lage der Dinge in seinem letzten Lebensjahre urteilen, so stand er eher vor dem Siege, als vor der Niederlage. Kaisers ist Das sizilischc Königreich bildete noch immer die feste, unberührte Grundlage seiner Macht. Eben hatte es von neuem reiche Mittel zu umEin Angriff, den der Papst durch seinen Karfassenden Rüstungen gewährt. dinallegaten Peter Capoccio von Mittelitalien aus versucht hatte (Sommer 1249) war mühelos abgeschlagen, und auch die schon errungenen Erfolge der Päpstlichen in der Mark Ancona größtenteils rückgängig gemacht (Sommer 1250). In TuBzien wurde freilich die Behauptung der kaiserlichen Herrschaft immer fraglicher, denn in Florenz erhob sich das durch Steuern und Kriegsleistungen erbitterte Volk und errichtete ein unabhängiges, parteiloses Regiment (Sept. Der 1250); aber noch konnten hier neue Erfolge alles zum Guten wenden. Abfall der Romagna war seit der Wiedergewinnung von Ravenna (Okt. 1249) man nur den irreführenden Bericht des Matthäus Paris, als phantasievolle, durch ihn selbst oder das Gerücht geschaffene Kombination erkennt und mit Ficker den Erlaß Reg. Imp. V, 3768 gewiß richtig auf den Arzt, statt auf Peter beTrifft meine Auffassung im Wesentlichen die Wahrheit, die sich im zieht. Einzelnen natürlich nicht mehr einwandfrei zurückgewinnen läßt, so sind freilich simtliche neueren Darstellungen zu ändern. *) Vgl. über ihn die nicht eben bedeutenden Schriften von Großmann (Gott. Diss. 1883) und Blasius (1884). *) Über diese Gefangeoscbaft und die mancherlei Legenden, die sich — darum gesponnen haben, (1902). vgl. Frati, La prigionia dcl Re Enzio in Bologna. n. Die 256 Zeit der Staufer, Ezzelin hatte im östlichen Oberitalien seinen Machtkreis nur noch weiter ausgedehnt, in der Lombardei aber der Markgraf Hubert Pallavicini, der hier König Enzio ersetzte, geradezu glänzende Erfolge errungen und in einem bedeutsamen Siege über die Farmesen Rache für Vittoria genommen (Aug. 1250). Den Genuesen war zur See eine empfindliche Niederlage beigebracht.') Innere Spaltung bedrohte den Lombardenbund; in Rivalität mit Mailand neigte Piacenza zur kaiserlichen Partei. Westlich aber erstreckte sich seit dem Gewinn von Vercelli (Okt. 1248), der weitere Übertritte zur Folge fcatte, und durch die Treue des jetzt auch verwandtschaftlich dem staufischen Hause verbundenen Grafen von Savoyen ein geschlossenes kaiserliches MachtEinem Zuge dorthin Gebiet über die Alpen bis vor die Tore von Lyon. Und auch Frankreich bot dem Papste keine Rückenstand nichts im Wege, deckung mehr. Ludwig IX., der auf seinem Kreuzzuge die mangelnde Unterstützung der Kirche bitter empfand und sich mit seinem Heere eben aus der rückläufig geworden. ägyptischen Gefangenschaft (April 1250) losgekauft hatte, forderte aus dem Orient auf das bestimmteste den FriedcnschluÜ mit dem Kaiser; Innozenz richtete bereits eine Anfrage an den englischen Hof, ob man ihn in Bordeaux dulden würde. Seine Finanzmittel waren der Erschöpfung nahe. Friedrich selbst war damals trotz gelegentlicher Krankheitsan- so wenig lebensmüde, daß er vielmehr im Begriff stand, zur Sicherung seiner Dynastie eine vierte Ehe mit einer Tochter Herzog fälle Albrechts von Sachsen zu schließen. 2) Eben war er im Begriff, endgültigen Niederwerfung aller italischen Rebellen gegen Nordea 2u ziehen; seine letzten Briefe an den griechischen Kaiser Johannes Vatazes atmen das gehobenste Siegesbewußtsein. In diesem Augen2vir blick ist Friedrich völlig unerwartet an einer leichtsinnig behandelten dem kleinen apulischen Fiorentino*) im Alter von 56 Jahren gestorben (13. Dez. 1250).*) Nach seinem Testament sollte Konrad IV. die gesamten Reiche erben, nur während seiner Abwesenheit Manfred in Italien und Sizilien Statthalter sein. Dysenterie in fast Von einer Nachgiebigkeit gegen die römische Kirche findet sich keine Spur; die entrissenen Besitzungen sollten ihr nur dann zurückgegeben werden, wenn sie dem Reiche gegenüber ebenso handle. Des Kaisers Leiche wurde neben denen seiner Eltern im Dom von Palermo beigesetzt. Friedrich selbst schied unbesiegt aus •eben sein bracht; Tod denn dem großen Streite, aber hat doch der staufischen Sache den Untergang geein wahrer Nachfolger seines Geistes fehlte, und furchtbar wüteten alsbald Tod und Zersplitterung in seinem Hause.^) Reg. Imp. V, 3823. Vül. Simonsfeld, S. B. d. Manch. Ak. phil.-hist. Kl., IL, 443 ff*) Die angebliche astrologische Weissagung, die ihn vor Florenz warnte und dann so trügerisch in Erfüllung ging, schmeckt doch nach späterer Erfindung. *) Gegen die Annahme einer anfänglichen Verheimlichung seines Todes gl, Davidsohn, Forsch z. Gesch. v. Florenz IV, 98 ff. Wenn dieser Untergang des staufischen Hauses hier nicht mehr mit •behandelt wird, so geschieht das nicht nur aus Raummangel, sondern auch, -weil es sich nicht empfehlen würde, die Geschicke Manfreds und Konradins ') ') •'•) § Entscheidungskampf zwischen Kaisertum l8. Wenn trotz unsäglich dieser u. Papsttum (1239 — 1250). ungünstigen Verhältnisse der ^^y Kampf noch achtzehn Jahre fortgesetzt werden konnte, und die Entscheidung, die noch mehrmals auf des Messers Schneide stand, von der Kurie schließlich doch nur durch Hereinziehen der französischen Macht herbeigeführt wiirde, bald genug selbst die jenes „Rohrstabes, Hand durchbohren" besser als alles andre für die Stärke, Tode trotz allem sein Deutschland hat Grund, zu wünschen, in der sollte, — als Stütze der Friedrich bei seinem Werk noch immer zurückließ, vom nationalen Standpunkt aus daß es ihr so spricht das gesiegt hätte; denn da schwerlich es für die Beamtenregiments viel weniger Spielraum bot als Italien, so wäre es wohl sicher zum Nebenland des Imperiums herabgesunken. Aber eine tiefe Sehnsucht nach der entschwundenen Kaiserherrlichkeit blieb doch in den Gemütern von Tausenden zurück und wuchs in der Not der folgenden Zeiten. Sie fand ihren Niederschlag in der deutschen Kaisersage ^), in der die Person Friedrichs II. zum Mittelpunkt ward von Weltuntergangsvorstellungen, mythologischen Beimischungen und nationalen Hoffnungen, und die sich nicht zum wenigsten deswegen in dem thüringischen Berge Kyffhäuser lokalisierte, weil sich auf den Sohn der Kaisertochter Margarethe, den Wettiner Friedrich den Aufrichtung eines zentralistischen später die letzten Hoffnungen der Ghibellinen richteten. Aber auch die Erinnerung an die kirchlichen Kämpfe hat in Deutschland lange nachgewirkt, und es ist kein geringerer als Ranke, der in seiner Weltgeschichte die Behauptung wagt, „daß die Un- Freidigen •gerechtigkeit, lag, welche in der erste Grund zu dem Verhalten des siegreichen Papsttums dem späteren Abfall von der Kirche wurde, sondern auch in den fort, „im Eingang seiner Schrift an den christlichen Adel deutscher Nation beklagt, daß die teuren Fürsten Friedrich der Erste und der Andere und viel mehr deutscher Kaiser so jämmerlich von den Päpsten mit Füßen getreten und verdrückt seien, davon hat sich eine Empfindung, zumal in den deutschen Städten, welche sich zuletzt eben deswegen für die untergehende staufische Sache schlugen, durch die Jahrhunderte des sinkenden Mittelalters erhalten". insofern diese nicht allein in der Theologie, populären Gefühlen wurzelte". aus „Was Luther", so fährt er dem Zusammenhang der Geschichte des deutschen Interregnums herauseinem späteren Bändchen Torbehalten bleibt. Vgl. oben S. 172. .zureißen, die *) £ampe, Deutsche Kaiseq^etchichte. I« Register der Orts- und Personennamen. Aachen 71, 143, 190, 192. Aba, Kön. v. Ungarn Abälard s. Peter. Abdinghof 3. 17. Agnes, Tochter Kaiser Heinrichs IV. 55, 85. Agnes, Gemahl. Heinrichs, Pfalzgr. b. Rhein 176. Alexandriner 135, 153, 168. Alexios ni., griechischer Kaiser 181. Abotriten 27, 32, 157. al Fadayl 219. Akkon Abu Alba 75; Acerbus Morena 87. Acerenza 220. Alberich, römischer Patri- Adalbero, Erzb. v. Bremen Alberich v. Troisfontaines 88. Albero, Erzb. v, Trier 103. Albert, Patriarch v. Anti- 232, Altaich ochia 246. Albert, Bisch, v. Lüttich 256. Amalrich, Kön. 3, 26 bis 28, 31, Adalbert, Erzb. v. Mainz 3. Salimbene. Adelasia, Gemahlin König Enzios 237, Adolf V. Nassau, deutscher König Beham, Archidia- Passau 240. Albert Milioli, Notar v, V. Adolf, Erzb. Albert v. Stade 85. Albertus Magnus 222. Albrecht, Herz. v. Sachsen 256. V.Köln 178, 179,189,190,192,193. d. Adolf I., Graf v. Schauen117, 160. Albrecht der Unartige, burg 99. Markgr. v. Meißen 250. Adolf II., Graf v. SchauenAlessandria(Caesarea) 1 46, burg 99, 113. Adrianopel 170. Ägypten 169, 208, 209, 216, 256. Äthiopier 220. Afrika 181, 196. Agnes V. Poitou, Gemahlin Kaiser Hein30 bis 32, richs III. 19, 36, 39. 149,150,152,162,187. Alexander II., Papst (Anselm, Bisch, v. Lucca) 36, 42, 43. 46, 123, 135, 166. Alexanderlll., Papst (Kar35. 62, zweite Roland) 123, 127, 135 bis 147, 150, 153 bis 156, 185. dinal s. Rainulf. Almohaden 181. Alpen 13, 23, 64, loi, 67, 99, 146, 198, 252, 256. 119, 235, I. Amadäus, Graf v. Savoyen Cypem v. Amatus v. Montecassino4. Anagnii53, 154, 159, 220. Anaklet H., Gegenpapst (Peter bis 97, Ancona Pierleoni) loi, 143, 95 102. 144, 149. Ancona, Mark i86, 187, 194. 255- Bär v. Ballenstädt, Markgr. v. Brandenburg 99, 103, 114, Albrecht 55. Alife 181. Reggio 87. 26. s. Albert kon 82, 92. Adam, Domherr v. Bremen Adam Benzo. 175. 37. 39. 89. n, s. zier 21. 100. Adalbert, Herz. v. Kämthen 8, 9. Adalbert, Erzb. v. Bre- men 217. 137, 139 bis 142, 145, 148, Andreas, Kön. v. Ungarn 29. Andres s. Wilhelm. Angelos s. Isaak. Anhalt 160. Anjou 81. Anno, Erzb. v. Köln 2, 31. 36, 37. 41. 42. Ansald de Mari, Admiral Friedrichs II. 243. Ansbert, österr. Kleriker, 169. Anselm, Bisch, v. Lucca s. Alexander IL Antiochia 246. Anweiler s. Markward. Register der Orts- und Personennamen. Apennin, 52, 240, 252. 58, 145, ApoUoniuskloster in Canossa 52. Apulien 23, 34, 96, 101, 188, Aquileja 220, 232, 256. 112, 166, 229. Aquitanieni4, 18, 19, 105. Araber 96, 202, 203, 219, 222, 225 S.Mauren , Mohammedaner, 16, ; Sarazenen. Aragonien 180, 204, 226. Aribert, Erzb. v. Mailand 14 bis 16, 19. Aribo, Erzb. v. Mainz 6. Arles 156. Armenien 171, 181, 200. Arnold v.Selenhofen,Erzb. Bayern 25,26, 28 bis 30, 9, 39, 40, 55, 67,69,89, 94, 103 bis 105, 108, 113, 117, 156, 157, 160, 194, 212, 249. Beatrix, zweite Gemahlin Kaiser Friedrichs I. 118, 119, 144, 155. Beatrix, Tochter Philipps Schwaben 194. Gemahlin des Beatrix V. , Markgr. Bonifaz v, Canossa 14, 28, 29. Beauvais s. Vinzenz. Becket s. Thomas. Beham Albert. s. Benedikt Vni., Papst 13, 23- Benedikt IX., Papst 259 Berthold IV., Herz. v. Zähringen, Rektor v. Burgund Il8. v. Reichenau Berthold BUlunger Bingen Hildegart. s. Bodfeld 30. Böckelheim 70. Böhmen 12, 17, 45, 3, 62, 70, 86, 100, 118, 137, 192, 234, 244, 248. Boleslaw I. Kön. V. 112, v. Brescia lll, 123, 242. Arnold, Dominikaner 242. Arnulf, Erzb. v. Mailand 4. Asien 243, 244, Franz. Asti 146. Augsburg 2,36,51,58,164. Augustin 44, 85. Augustiner 86, 93, iii. Augustinereremiten 200. Aura 3. Averroismus 222. Aversa 16, 23, 34, 196. Azzo II. V. Este 40. Bern 183. Bernardo Marangone 87. Bernhard v, Anhalt, Herz. Sachsen 160. Bernhard, Abt v. Clairvaux V. 92,93.95.97,99, 101, 102, 104, 106 bis 108, III, 121. IIO, Bernhardiner 93, 96. Bernhard, Sachse, Publizist Bemold Trier 103. Balkan 170, 181. Ballenstädt s. Albrecht. Baltisches Meer s. Ostsee. Bertha v. Turin, erste Gemahlin Kaiser Heinrichs IV. 38, 51, 59, 3, 5, 21, 24, 100, 194. Barbarossa s. Friedrich I. Bari loi. Basel 12, 35. Batu, Mongolenherrscher 243- , 132, 222, 255. Bonifaz, Markgr. v. Tuszien (Canossa) 14, 28. Bonizo, Bisch, v. Sutri Bomhövde 4, v. S. Blasien, 2, 62. Bemried Boso,Kardinalpriester 136. Bouillon s. Gottfried. Bouvines 199. Brabant 175. Brabantische Söldner, Bra- banzonen 144. Braga s. Burdinus. Brandenburg, Mark Bremen 65. Berthold, Herz. v. Schwa- Herz. I. V, v. Zähringen, Kämthen 30, 55- Berthold II., Herz. ringen 67, v. Zäh- 157, 99, 160. 160, 77, 199, 232. 3, 26 bis 28, 31,32, 46, 77, 100, 113, 127, 157, 160, 231. Brennerstraße 235. Brescia 11 1, 237; s. Arnold. Bretislaw, Herz. v. Böh- men ben 55. Berthold 117, Braunschweig 194, 2. 211. Bosau 84. 114, 9, 103, 116, 117, 234, 249. Balderich, Scholastiker in Bamberg Kühne, Bordeaux 256. 86. 62. Babenberger d. Polen 12. Boleslaw II. Herz, v, Polen 100. Bologna 122, 123, 130, 46, 62. Bergamo Askanier 99, 160. s. 144. 62. Askalon iio. Assisi 129, Benno, Bisch, v. Osnabrück 3. Beno, Kardinal 4, 62. Benzo, Bich. v. Alba 4, 157, S. Blasien 2, 62, 85. 13, Arnold, 103, 77, 160. 16, 20, 21. Mainz 140. Arnold, Abt desjohannis- Benediktinerorden 93. Benevent 23, 24, 96, 124, stifts in Lübeck 8 4, 1 1 9. V. i. Bertinoro, Grafschaft 194. Besannen 127, 191. Bethlehem 216. Bianello 52, 53. Brienne 17. s. Isabella. Brindisi 215, 217. Brixen 57. Bruno, Erzb. v. Köln, Bruder Ottos I. 160. 17* . Register der Orts- und Peraonennamen. 26o Bruno, Bisch, Toul v. Leo IX. Bruno, Domherr in s. Köln 92. Buch Magde- i. Christian. s. Cilizien Worms v. 10. Burchard, Propst v. Ursperg 86. Burdinus, Erzb. v. Braga, Gegen papst 78. Burghau^en Sigihard. s. 10, 12, 18, 30, 66,78, 79, 118 bis 120, 127, 133, 140, 156, 181, 206. Byzanz 58, 96, 114, 181, 189, 225; s. Griechenland, Konstantinopel. C auch (s. K Honorius Caesarea s. II. Alessandria. bach 87. bis 54, 64, ; 82, 228; Königtum. Provinz s. Gregor. Cencius, päpstl. Kämmerer Catina s. Honorius III. Ceperano 218, 219, 224, 12, 15, 16, 92. Chartres s. Ivo. Chiavenna 151, 158, 159. 1 b. v. Michels- 00. Salerno 86. Edessa 107, iio, Edrisi 222. Eger 1 18, 198. v. Frei- Bisch, Egilbcrt, sing 8. Eichstätt 24, 30. Eider 11, 210, 21 1. Ekbert, Markgr. v. Meissen v. Prag 3. t. Aura 85. Elba 243. Elblande 113. 86. Petrus. 134. Eleonore, französ. u. engl. Königin 105. Elias V. Cortona, Franriskanergeneral 242. Cypern 181. Elisabeth,Gemahlm König Konrads IV. 249. Elisabeth, Landgräßn v. Thüringen 230, 231, Dänemark 236. Elsaß 118. 21. 11, 27, 28, 45, ICD, 102, 127, 157, 160, 161, 180, 192, 199, 211, 217, 248. 137, 167, 2IO, Damaskus Damiani s. 1 10, 216. Petrus. Damielte 208, 209. Daniel, Bisch, v. Prag 86, 144. Allighieri 223,254. Dassel s. Reinald. David, Schotte 3. Desiderius, cassino Abt s. Elster 58. Emadeddin Zenki, Reichsverweser v. MossiJ Erzb. y. bis 2 12. England II, 28, 45, 78, 82, 88, 95, 109, 122, 137 bis 139, 141 bis 143, 164, 148, 167, 180, 153, itg, 160, 185, 190 171, 193, 198 bis 200, 212, 232, 242, 251, bis Monte- L, Köln 210 176, Viktor III. V. 107. Engelbert Dalmatien 45. Dante 235. Canossa 62. Dekan Crema 115, Cremona 64, i. Ekkehard, Abt Elias. s. 34, 37, 96, 203, 223, 224, 253; Assisen v. Capua 209. Castei del Monte 223. Champagne 179, 186. Coelestin IV., Papst 243. Como, Comersee 151. Corsica 45, 147. bis trizier 78, 16, bis 227, Johannes. Papst 174 Creszentius, römischer Pa- Capitanata, sizil. 203, 210. Capua Coelestin III., Mönch 52. EboU 9, 47, Thomas s. Becket. Capetinger 41, 212, 148, französ. s. 200, 1 1 berg 48, 52, 60, 63, 71. Codagnelius 227, Bern- 51 154, 219. 3. 211, Bern 183. Ebo, Mönch Clarendon 141, Clermont 66. Cluny, Cluniazenser s, v. Donizo, 87, 134, 145, 149 bis 154, 166, 213, 252, 253. Creszentier 20. 4, 14, 28, 38, Canterbury 1 93 s. ; 46, 230, 231. Dominikus 200. 4. Clairvaux 92, 93 hard. 3, 246. Dietrich Donau Civitate 24. Crassus Cafaro, genues. Annalist87. Calvi s. Nikolaus. Canossa 171. s. Deutschorden Döle 139. Dominikanerorden 240, 252. Citeaux b. Dijon 92. Cividale 227. Cortona Cosmas, Caesarea, Mönchv.Heister- Cambray 155. und Z). v. Parma Cortenuova 23 t). Cadalus, Bisch, s. 149. Erzb. bis 144, Cisapaß (Monte Bardone) Burchard, Bisch, Burgund Mainz 142 Kardinal Deusdedit, 62. Chur 198. Büren 55. 7, nig 222. Christian v. Buch, V. Bruno, Domherr burg 2. Kö- Chilperich, fränkischer 256. . Register der Orte- und Personennamen. Enzio, König III, Sardinien v, 252. 238. 237, 257. Epbesus 109. Erfurt 84, 85, Erich Emund, Dänemark König v. v. Würz- 212, Gelasius IL, Papst 78. Gelnhausen 168, 191. 232, 251, 242, 252, . Franz Erzpoet (Archipoeta) 125. Escbenbach s. Wolfram E^kil, Erzb. v. Lund 127. Este, Familie 14, 40. Freidarjk 88, 217. Freising 8; s. Olto. 199, 210. Etschklause Klause. Engen III., Franziskaner : Papst 106 bis 181, j ! Enpraxia Ezzelin s. Praxedis. 240, 250, 252, ! F*adayl s. Abu. Farfa 4. Fermo Fenara 62, 251. Sinibald. Flandern 28, 108, 167. Flavigny 3. Florenz II 2, 255, 256. F'oHgno 203. Folmar, Erzb. v. Trier 166. Forchheim 54, 55. Fossalta 255. Frangipani, Familie 95. Franken, fränkisch 5, 6, iranzOs. Franzosen, Königtum 3, 18, 22, 23, 28, 40, 41, 66, 44> 71, 46, 76, 61, 88, 94. 99. Friedrich von Rotenburg, Herzog v. Schwaben, 115, 144, 148. Friedrich , Sohn Barba- 78, 92, 93. 95. 99, 105, 107, 109 bis von Herzog von Schwaben 148, 161, v. Steter- Rei- Propst v. chersberg 93, 121, 142. Gerlach, Abt v. Mühl- bausen 86, 169. Germano 87, 209, 212, 213, 215, 218. Gerold, Patriarch v. Jerusalem 217. S. Gerbtungen 41. Gertrud, Gemahlin Herz, Heinrichs d. Stolzen 88, 105. Gertrud, Niihte Herzog Friedrichs d. Streitbaren v.österreicb 249. Gervasius v, Tilbury 87. Gemahlin Kaiser Konrads II. 9. Gisela, Gislebert v. Mons 86, 151. S. Giustina i. Padua 87. Godehard, Bisch, v. Hildesheira 3. rossas, Goslar 26, 152. 168, 171. Gotland 157. Gottfried, Herz. v. Ober- Friedrich, Herz. v. Oberlothringen 14. Friedrich II. d. Streitbare, Herzog von Österreich . M. 191,231, 12, 63, 82, IT., Kaiser 39, 40, 85, 87, 88, 96, 162, 172, 177 bis 179, 185, 186, 188, 190, Schwaben 55, 70. II., Herzog von Schwaben 82, 89, 90, 1 1 54. 94- 224, 234 238, 243, Friedrich Fiorentino 256, Erzb. Gerhoh, 194, V. s. Frankfurt a. 249. Frankreich, 236, 192, 19». 193. 197 bis 199, 201 bis 257. Friedrich I.v. Büren, Herz. Finnland 27. F'iscba Gerhard IL, 80, 81, 84 i 25. Fieschi 138, 177, 196, 198, 243 bis 246, 256. Gerhard, Propst burg 85. Barbarossa, 8, 189, 208, 207, bis 47. Bremen 231. 257Friedrich Romano v. III. 235, 256. Minoriten. bis 87, 92, 98, 113, 115 bis 172, 174, 175, j 108, 122. s. Friaul 227. Friedrich I. ! 3, loi, Assisi 200, 214, 230, Kaiser 10 bis 112, 114, 1 Gembloux ' Veroneser s. 243, 256, Viktor IL slätt s. Genua, Genuesen 87, 96, burg 2. Ernst IL, Esthlaisd 203. Gallen 3. Gebhard, Bisch, v. EichSt. 257. Herzog von Schwaben 9, 10, 12. Gaeta 141, 248, loo. Bisch, Erlurg, 113, 137, 138, 143, 148, 161, 167 bis 169, 171, 176, 178, 180, i8i, 185, 190, 192, 196 bis 2CO, 255, 261 117, 234, 249. Friedrich der Freidige, Markgr. 257Friedrich v. Meißen Lothringen, v. Kardinal 22. Frutolf, Prior v. Michels- berg Fulda 3, 3, 85. 24. lolhringen 28, 29, 32, 34. 37. Gottfried v. Bouillon.Herz. V. Niederlothringen 67. Gottfried, Graf v.Anjou8i. v. Patriarch , Aquileja 166. Gottfried v. Viterbo 86. Gotthardpaß 234. Gottschalk, Abotritenftirst Gottfried 27. Gratian 106. Gregor VI., Papst 20, tl. Register der Orts- und Persoaennamen. 262 Gregor VI!., Papst (Hil Harzburg 41, 42, 199. debrand) 2, 4, 21, 22, 33bis35,37, 42bis63, Heilige 66, 81, 98, 107, 112, 123, 127, 136, 153, 184, 191, 192, 214, Heinrich 245Gregorianer, gregorianisch 4, 46, 62, 66, 70, 73, 74, 76. 78 bis 80, 92, 123, 94, HO, 127, 155, 240. Gregor VIII., Papst 168. Gregor IX., Papst (Ugolino, Kardinalbisch, v. Ostia) 200, 214 bis 220, 230 bis 232, 235 bis 246. Gregor von Montelongo, päpstlicher Legat 251. Gregor v. Catina 4. Griechisches Reich, Griechenland, Griechen, griech. Kaiser i6, 23, 58, 96, loi, 109, HO, 112, 124, 140, 143, 149, 154, 165, 169 bis 171, 181, 185, 203, 222, 256; s.Byzanz, Konstantinopel. 144, Grönland 27. Günther v. Pairis 86. Guido, Erzb. v. Vienne Kalixt II. 235, Hadrian IV., Papst 122 bis 124, 127,128, 134, 166. Haimerich, päpstl. Kanzler 95Halberstadt 159. Halinard, Erzb. v.Lyon 20. Hall, schwäbisch 242. Hamburg 3, Hanse 157. 26. Hartwich, Bisch, gensburg 121. Harz 26, 30, 40, 76. 248; Palästina. deutscher L, König 117. Heinrich IL, Kaiser 5, 6, II bis 14, 23, 40. Heinrich Kaiser III., 8, 9, II, 4, 16 bis 30, 32, 34, 35, 37, 38, 61, 64, 83, 183. Heinrich IV., Kaiser i, 2, 16, 30 bis 73, 77, 81, 83, 85, 124, 144, 147, 75, 119, 148, 243- Re- 147 bis 149, 151, 152, 156 bis 162, 164, 167 bis 169, 174, 175, 189, 190, 234. Heinrich Herz. Babenberg, Bayern, Herz. v. V. V. Österreich 105, 117. Heinrich, Herzog v. Bra- bant 175. Heinrich II. d. Fromme, Herz. V. Niederschlesien 243. Heinrich der Erlauchte, Markgr. V. Meißen 250. Heinrich d. Jüngere, Sohn Heinrichs d. Löwen, Heinrich V., Kaiser 3, 67 bis82,89bis9i, 94, 150, 173, 17S> 230. Heinrich VI., Kaiser 86, 148, 161, 164 bis 167, 170, 172 bis 183, 186 bis 189, 196, 197, 201, 203, 205, 207, 209, 234, 237, 256. Pfalzgraf b. Rhein 175, 176, 192. Heinrich, Erzb, v. Mainz Heinrich, Sohn Konrads ni., deutscher König Heinrich, Vater Konrads 108, 114. Heinrich (VII.), deutscher König 197, 206, 207, 210, 212, 213, 227bis Heinrich Raspe, Landgr. V.Thüringen, deutscher Gegenkönig 248 bis 250. Heinrich I., Kön. land 78. Heinrich IL, Kön. v. Eng- v. Eng- reich 18, 28. Heinrich v. Lützelburg, Herz, V. Bayern 9. Heinrich d. Stolze, Herz. V. Bayern 89, 98, loi 105, 113, 100, 114. Heinrich, Graf v, Schwerin 210. IL 6. Heinrich v. Veldeke 161. Heinsberg s. Philipp. Heisterbach s. Caesarius. Hellespont 171. Helmold, Pfarrer v. Bosau 84, 100, 157. Helmstädt 77. Hennegau 86. Herbord, Mönch v.Michelsberg 100. 105, 117, 140, v. Salm, deutscher Gegenkönig 61, 62. Hermann Herz. II,, Schwaben 9. Hermann, Landgr. v. v. Thü- ringen 190, 192. Hermann, Bisch, v. Metz 56. Hermann, Bisch, v. Ver- den 144. Hermann v. Salza,Deutsch- 116. Heinrich d. Löwe, Herz. V. Sachsen u. Bayern 84, 108, Heinrich v. Hohenlohe, Deutschordensmeister 246. Hermann, Graf land 141, 148,160,193. Heinrich III., Kön. v. England 251. Heinrich L, Kön. v. Frank- bis v. iio, 232, 234 bis 236. s. Guiot V. Provins, Troubadour 161. Gunhild, Tochter Kanuds, erste Gemahlin Kaiser Heinrichs III. 11. Habsburg s. Land loS, 143, ordensmeister2i 1,238. Hermann d. Lahme Reichen au Hersfeld 62; l, s. v. 3. Lambert. Register der Orts- und PcrsonennameD. Isabella v. Brienne, zweite Heveller 114. Hildebrand Hildegart Gregor VII. Bingen 104. v. Hildesheim 125. Hillin, Erzb. v. Trier 1 26. Hirschau Hittin i, 3, Hohenlohe s. Wilhelm. Holstein 84, 99, 100, 113, 157. Homburg a. Unstrut 42. Honorius II., (Cadalus, Gegenpapst Bischof Isle V. de France 40. ital. Seestädte 65. V. Chartres 78. Jakob, Erzb.v. Capua 224. Jean de Losne 138, St. 139- 106. Honorius m., Papst (Cen- Jerusalem 168, 169, 209, 213, 216, 217, 246. dus,päpstl.Kämmerer) 186, 206 bis 208, 211, Johannes Vatazes, griechischer Kaiser 256. 213. 215. Kaiser 5, 7, Mohamme- Karl v. Parma) 35 bis 37. Honorius II., Papst 96, d. Gr., 27. Karl IV., Kaiser 92. I. V. Anjou, Kön. s. Italien oft; Ivo II, ser Friedrichs II. 232. daner. Island 27. Heinrich. Karl dänischer Gr., d. König 17, 44. 73. "5. 131. 132, 143, 164, 222. Islam 66; Holland Kanud engL Prinzessin, dritte Gemahlin Kai- Isabella, 47, 55. 2, 169. s. Cremahlin ICaiserFriedrichs n. 213. 216. s. ^63 Sizilien 239. Karmeliterorden 200. karolingisch Karolinger , 5, 186. 21, Karthäuserorden 92. Katharer 200. Kelten 161. Kiew 65. Kirchenstaat 79, 123, 147, 167, 175, 186, 187, 194, 208, 215, 217, 247; s. 134, 182, 198, 218, Patrimonium Petri. Mark- Johaun ohne Land, König Kleinasien iio, 171. V. England 192, 193. Klemens H., Papst (SuidHugo Candidus, Kardinal Johann XII., Papst 13. ger V. Bamberg) 21, XIX., Papst Johann 13. 22, 48, 57. 22. Hugo, Abt V. Cluny 52,71. Johannes Codagnellus, No- Klemens HI., Gegenpapst tar 87. Hugo V. Flavigny 3. (Wibert, Erzb. v. RaHumbert, Graf v. Savoyen Johann Parricida 10. venna) 33, 57 bis 59, v. Salisbury 137. Johann 146. 63, 6b. v. Vicenza, DomiJohann Humbert, Kardinal 22, Klemens m., Papst 168, Hubert Pallavicini, graf 256. nikaner 231, 235. Johanniter 217. 32. 33. 35III. Huss Jordan Pierleoni 106. Iburg 3. Ikonium 109, 170, 171. Dsenburg 84. Imola 202. Ingelheim 71. Innozenz H., Papst 95, 97 bis 99, loi, 103, 105,106,111,153,155. Innozenz III., Papst (Lothar v.Segni) 57, 136, 183 bis 201, 204, 206, 208, 214, 215, 22t. Innozenz IV., Papst nibald Fieschi) (Si- 138, 221, 242, 244 bis 248, 250 bis 252, 255, 256. Irene, Gemahlin Philipps V. Schwaben Irland, Iren 3, 202, 203, 222, 226. Mutter Kaiser Judith, Friedrichs I. 116. Justinian röm. Kaiser 112, 130, 224. K (5. auch C). Kämthen 6, 8, 9, 25, 26, bis 80, Kalixt 147. lU. 155. , Gegenpapst 153. 181, 189. Kamba Kamil, Sultan Köln 6. Ägj'pten 209, 216, 217. Kximpxuiien 37. v. 70. 6, 21, 31, 36, 61, 71, 86, 92, 103, 114, 135, 157, 160, 167, 171, 176, 2, 41, 178, 179, 183, 190, 193, 210, 212, 231. Kolmar Konrad 50. deutscher nig 114. Konrad 28, 30, 55. Kaiserswerth 31, 36. Kalabrien 23, 34, 65, 196. Kalixt II., Papst (Guido, Erzb. V. Vienne) 78 137, Isaak Angelos griech. Kaiser 170. 181. , Juden 66, 67, 95, 96, 108, 174- Koblenz bis I., II., Kaiser 17, 19, 25, 34. 38. 39, 89, Konrad III. König 82. , Köi, 5 30, "4- deutscher 85, 94, 99, 103 bis 115, 120, 130, 144, 148, 175. 207. 162, 170, deutscher Konrad IV., König 216, 232, 234, 244, 256. 248, 249, 252, Register der Orts- und Personennamen. 264 Konrad, Sohn Kaiser Heinrichs IV., deutscher König 42, 51, 64 bis 67, 124. Konradin, Herz. v. Schwaben 256. Konrad d. Rote, Herz. V. Lothringen 6. Konrad d. Jüngere, Herz. V. Worms, then 6, 5, Bayern 28, 29. v. Maso- vien 211. Konrad, Pfalzgr. bei Rhein 118, 16, 96. 176. v. Wettin, Mark- graf V. Meißen 99. den Kreuz- (in 1 10,246. Kaisertum Lateinisches 171. 199. Lateran, Laterankonzil 33, 76, 80, 97, 98, III, 127,153,184,201,208. Lausitz 12, 99. Lautenbach Salz- s. Manegold. Lauterberg (Petersberg) b. Halle 85, 151, 199. Lavagna, Grafen v. 244. Legnano 152,1 54,162,236. Leitha 11. Leo IL, Fürst von Ar- Querfurt, Bisch. Leo IX., Papst (Bruno, v.Würzb.,Kan2leri92, v. Marburg, Ma- Bisch. V. Toul) 22 bis Konrad Witteisbach, Kardinal, Erzbisch, v. Mainz, v. Salzburg, V. v. Mainz 142, 191, 192. 189, Konrad, Erzb. v. 153, menien 171, 181. burg 93. Konrad v. Konrad gister 230, Konrad 231. Pfaffe , Dichter des RolandsHedes 85. Konstantin d. Gr., röm. Kaiser 112, 177. Konstantinische Schenkung 23, 124, 197,241. Konstantinopel 109, 112, 170, 181; s. auch Byzanz, Griechenland. Konstanz 150. 180, 18, 122 bis 124, 153. 162, 163, 198, 213, 236. Konstanze, Gemahlin Kaiser Heinrichs VI. 164 bisi6b, 174.175. 177, 179, 187, 203, 256. 188, 197, 24, 34, 106. d. Fromme, Mark- Österreich 85. Leopold, Markgr. v. Östergr. V. Kyffhäuser 257. Lombarden, , Lombardenbund 13 35.36, 49, 51. bis 129, 131 bis 133, 137. «38, 144 bis 147, 149, 152 bis 156, 159, 163, 166, 180, 135, 141, 150, 162, 187, 218, 226, 235, 236, 246, 247, bis 252, 256. 238, 198, 213, 232, 240, Lorsch Lothar 8. III. 105, 124, 158. Supplin- v. Kaiser burg, 84, 250 89 77, 82, 102, 103, bis 117, 127, 120, 122, 144, 157, Lothar v. Segni zenz III. Lothringen 6, Inno- s. 7, 14, 9, 28 bis 30, 34, 37, 58. 62, 67, 71, 86, 94, 108, 109. 32. Lucca 58; s. Anselm. Lucera 210, reich, Herzog V. Bayern Lucius IL, Papst 106. 103, 105, Leopold V., Lucius III., Papst 1 64, 1 66. Herzog Ludwig V. Lesum Worms Ludwig Ludwig IL, Kaiser 124. VII., Kön. v. Frankreich 105, 107, 110, III, 138, 139, 141. Ludwig IX. Liemar, Erzb.v.Bremen46. Ligurien 1 44. Epos 86. Limburg a. d. Hardt 113, 11. 1 09. Liudolf, Sohn Ottos d. Gr. IG. Liutgard, Tochter Ottos d. Heilige, Kön.v.Frankreich 251, 256. Ludwig Ligurinus, Gr. 6. 71- 193. 28. Liegnitz 244. d. Fromme, Kaiser d. v. Österreich 176, Leopold VI., Herzog v. Österreich 212. Leopold (Lupoid), Bisch. Konstanze v. Aragonien, erste Gemahlin Kaiser Lissabon Friedrichs II. 204. Kulmer land 211. Kurland 211. Lombardei 16, 22, 26, Leo, Bisch, v. Ostia 4. Leo, Bisch, v. Vercelli 14, Leopold Livland 199, 210, 211. Lodi 86, Lörzweiler 6. 53. 57 bis 59, 64, 81, 87, lob, III, 122, 127 Laon 93. Lauenburg 157. Konrad Liutizen 12. bis 15, Laodicea iio. fahrerslaaten) v. Konrad, Herz. Landulf, JPriester 4. Langensalza 43. Langobardische Fürstentümer in Süditalien Kärn- Lateiner v. 9. Konrad, Herz. Lambert, Mönch v. Hersfeld 2, 38, 50 bis 52. L, Herzog v. Bayern 212, 227. Ludwig, Landgr. v. Thüringen 215. Lübeck 84, 157, 160, i6i, 211. Lüneburg 160, 232, Register der Orts- und Personeniuimen. Lüttich 3, 20, 61, 71, 86, 175- 97. 98, Lülzclburger 61. 9, Lukmanierpaß 152. Luad Lupoid Lyon 127. 100, Leopold. s. 20, 246 013248,251, Mähren 17, 244. Magdeburg 2, 84, 93, 120, 155, 40, Mosel 183. v. 103. v. 4, Reichersberg, 14 bis 16, 19, v. Lautenbach, Publizist 62, Manfred, natürlicher Sohn Kaiser. Friedr IL 256. Manuel, griechischerKaiser HO, 140, 143, 112, 149, Mühlhausen Mecklenburg 27, 157. Meinwerk, Bisch, v. Paderborn 2. Mark 62, 99, 157. 178, 234, 250. Melfi , Konstitutionen v. Meissen, 224. Nahe 222. 122, 154. 192. Nibelungenlied 162. Nicaea 109. Nicetas 169. Niederlande 99. Nienburg 60, I., S. 84. Papst 32, 44, 184. Nikolaus U., Papst 32 bis 35- Messina 174, 196, 209. 56, Michelsberg bei Bamberg 100. Migniano 106. Nizza v. Calvi, Minorit 12. Norbert, Erzb. v. Magdeburg 93, 95, 98, 100. Nordalbingien AJbert. 84, 192, 199, 211. Miniato 254. Minoritenorden (Franziskaner) 200, 214, 230, S. Nordheim 77; s. Otto. Normandie 160. Normannen, normannisch 242. Mohammed a. Nikolaus 244. Nil 209. s. s. 70. Nikolaus Milioli Böhmen Naimiburg 62. Nazareth 216. Neapel 16, 96, 175, 203, Merowinger 222. Merseburg 100. 3. i. Gerlach. 4, 16, 23. 24, 30, 34, 35. 37. 45. 46. 59. 64, 65. 77. 82, 96, 109, 122, 141, 170, 173, Mittelraeer 181, 215. 36, 42, 53. 109, Moslem 203. Mossul 107. Mauren 220; s. Araber, Neuß Mohammedaner, Sara- Metz 85. Neckar 55. Neuburg b. Hagenau 86. 247, 255. zenen. 236, 237, 256. Main 55, 119. Mainardino, Bisch. v.Imola 202. Mainz 3, 6, 66, 67, 70, 71, 77, 82, 89, 92, 103, 108, 114, 140, 142. 153. 155. »6«. 168, 189, 191 bis 193, 232, 233, 236, 250. Mancgold 154. 163,186,189,194. Sachsen Acerbus, Otto. s. Morimond l^fatthäus V. Paris 88, 244, 34. 35. 42. 47. 48. 64, 87, 94 bis 96, loi, 122, 128, 129, 133, 136. 137. 140. 145. M9. 152. 153. »66, Mantua Mathilde, Tochter Kön. Heinrichs I. v. England, Gemahlin Kaiser Heinrichs V. 78, 82. Mathilde, Gräfin v.Tus^ien 100, Priester 169. Mailand Morena 48, 51, 52, 58, 59, 64, 67, 77. Mathildisches Gut 94, 98, 105, 117, 147. 153. 157. Magnus, Herz. Magnus Marseille 203. Masovien 211. 4, 28, 256. Mäandertal 109. 265 241. Mohammedaner 109, 161, 199, 203, 210, 216, 217, 220, 222; s. Araber,Mauren ,Sarazenen. 179, 181, 187, 188, Marangone s. Bernardo. 190. 196, 202, 203, Marbach i. Elsaß 86, 178. 205, 220,221,225, 226. Marburg i. H. 230, 236. Molömes s. Robert. Nortbert, Abt v. Iburg 3. Margarethe, Gemahlin Kö- Mongolen 243, 244. Norwegern 1,123,137,157 nig Heinrichs (VII.) Mon reale b. Palermo 186. Nürnberg 94. 1 18. 212. Mons I. Gislebert. Nureddin y. Mossul iio. Margarethe,TochterKaiser Friedrichs II. 250, 257. Marianus Scotus 3. Mark ward von An weiter, Herz, von Ravenna, Markgr. von Ancona 186, 187. Mont Cenis 51. Monte, Castel del 223. Montebello 149, 150, 154. Montecassino 4, 60, loi, 203. Montegiovanni zane) 52. (Monte- Odilien 86. Odo, Graf v. Champagne St. 12, 15. 16. Österreich 70, 85, 94, 103, 117, 176, 212, 234, 344, 249. .; Register der Orts- und Personennamen. 266 Ogotai, mongolischer Groß- khan 244. Oktavian, Kardinal s. Vik- IV. tor s. heil. Land. Palermo 37, 96, 177, 181, Palästina 202; 182, 196, 203, 204, 256. Oppenheim Pallavicini 50. Hubert. s. Ordulf, Herz. v. Sachsen 28. 40. Orient 46, 66, 137, 169, 171, 172, 174, 176, 181, 182, 191, 209, 216, 226, 256. Paris Orkney in sein 27. Osnabrück 3, 62. 67, 73 bis 78, 97. Paschalis III., Gegenpapst Ostia 4, 63, 200, 214. Ostsee, Ostseeküste, bal- Passau 169, 240. Meer tisches 11, 157, 210, 211. Otto 6, 13, 21, II., 5, 47,99. 100, 131, 119, 192. Otto Kaiser d. Gr., I. 158, 164, Kaiser 10. OttoIII., Kaisers, 32, 100. Ottonen, ottonisch, 2, 7 bis 9, 21, 26, 32, 39, 40, 72, 8f, 83, 126. Otto rV., Kaiser 85, 87, 158, 176, 188, 189. 190 bis 199, 201, 204, 243. Otto von Nordheim, Herz. V. Bayern 30. 39, 40, 41, 50, 54, 61, 159. Ottov. Witteisbach, Pfalzgraf, Herz. V. Bayern 129, 135, 160. Otto d. Erlauchte, Herz. 124, V. Otto Bayern 249. V. Wittelsbach, Pfalz- graf V. Bayern 194. Otto, Bisch. V. Bamberg IOC. Otto, Bischof V. Freising 85, 86, 91, 107, 109, 120, 121, 133. Otto Morena, Pfalzrichter 87. Otto, Mönch in S. Blasien 85. 151. Paderborn i, 3, 84, 151, 160. Padua Pairis 87, i. 140. Oberelsaß 86. III, 125, 241; s. Matthäus. Parma 8, 35, 36, 87, 240, 252, 253, 256. Partenkirchen 151. Paschalis II., Papst 66, 139, 142 bis 144, 146. Pataria 35, III. 47, Patrimonium 48, Petri 64, 22, 143, 144, 153, 186, 187, 238, 247; s. Kirchenstaat. Paul, Chorherr v. Bem- Pavesen 14, 15, 21, 136,145,146,152. Pegau b. Merseburg 84. Pavia, Pelagius, päpstl.Legat 208. Pentapolis 194. Perugia 58, 201. König v. Ungarn 29. 17, Peter Pierleoni; s. Ana- Capoccio licher päpst, Kardinallegat 255Petrus Damiani, Kardinal 33, 42, 43, 73. Peter v. Vinea, Großhof- richter 203, 224, 253, 254Peter Abälard ill. Petrus Crassus 63. Petrus Diakon 4. Peter v. Eboli 86. Philipp von Schwaben, deutscher König 181, 188 bis 195, 234. König von Philipp I., Frankreich 71. Philipp II. August, Kön. von Frankreich 176, 196, 198, 199. 160, päpstlicher Legat 251. Philippopel 170. Piacenza 21, 65, 66, 87, 130, 256. Piemont 133, 137, 163. Pierleoni, Familie 95, 106 s. Peter. Pilgrim, Erzb. v. Köhi 6. Pippin, fränk. König 124. Pisa, Pisaner 87, 96, 99, loi, 138, 144, 177, 195, 196, 243. Plantagenet 82, 141, 180. Po 130, 52, Pöhlde a. Harz 84. Poitou 19, 190. Polen 12, 46, 100, 118, 243100, 118, 161, 211. Ponte Mammolo 75. Poppo, Abt V. Stablo 2. Portugal, Portugiesen 78, 109. Pozzuoli 216. Prämonstratenserorden 93. Prag 3, 86, iii, 144. Praxedis (Eupraxia), zwei- te klet II. Peter Heinsberg, Köln 167, 168, 176. Philipp, Bisch, v. Ferrara, Pommern ried 2. Peter, Philipp von Erzb. V. Gemahlin Kaiser Heinrichs IV. 65. Pr^montre 93. Preußenland 211. Hevellerfurst Pribislaw , 114. Provence 45. Provins s. Guiot. Pseudoisidor 27, 44, 106. Pyrenäen 105. Querfurt R.ahewin s. Konrad. 83, 86, 131. Viterbo, Kardinaldiakon v. S. Maria in Cosmidin 246, 247. Rainer v. Rainulf v. Alife, Herz, v. Apulien loi, 105. Rainulf v. Aversa 16. s. auch Rei Rai — Raspe — s. Heinrich. . ; Register der Orts- und PersonennameD. Ratzebarg 27. Ravenna, Ravennaten 57, 8, loi, 63, Roger n., Kön. 7» 126, Wibert. Ravenna, Herzogtum 1 86 Exarcbat 194. Regen, Fluß 70. 252, 255; s. Regensburg 69, 85, 89, 94, 97, 121, 249. Reggio (Emilia) 87. Reichenau i, 3. Reichersberg s. Gerhoh, in Lüttich 86. Reinhardsbrunn 85. Rei s. auch Rai — — Rekuf)erationen 187, 194, 217, 238. Rense 191. Rheims 114. Rhein, Rheinland, NiederMittelrhein, rhein , Oberrhein 29, 41, 66, 70, 76, 77. 99. 176, 178, 188, 199, 228, 248, "8, 192, 250. Rheinfelden 76 s. Rudulf. Rheinpfalz 118, 176. Richard Löwenherz, Kön. ; V. England 174, 176, 177, 180, 191, 211. Richard v. 181, 165, 175, 221, 224. Roger v. 112 109, 123, 179, Wendower Roland, Kardinal xander in. v. s. Padoa 190, Aversa, Fürst 31, 39 bis 42, 44, 45, 124, 202, 48 88. 87. 22, ! 24, 27, 32 bis 36, 42, 44. 46 bU 51, 53, 57, 59, 61, 64, 66, 75, 77, 78, 80, 95 bis 97, 100, 105, 106, III, 112, 120, 122 bis 124, 126 bis 128, 131, 134, 135. 138, 143 bis 147, 148, 153, 156, 163, 175, 193 bis 195, 198, 207, 231, 237, 145, 155, 187, 200, 243, Römisches Recht 63, 122, 130 bis 132, 221, 224. 58, 138, 186, 144, 187, 163, 240, 252, 255. Romano s. Ezzelin. Roncaglia, roncalische Beschlüsse 130 bis 134, 149, 213, 138, 150, 156, 162, 238, 239. Rosenfeld (Harsefeld Stade) 84. Rotenburg Ronen s. I I 114, 117, 125, 143, 147, 160, 156, 157, 192. 159, 198, 176, 256. Sächsischer Annalist 84. Saladin, Sultan 169, 170, 182. I I Saleph 171. Salemo Salier, 16, Name Salimbene Salisbury Salm s. Salza s. 23, 60. 7; sonst oft. v. s. Adam 87. Johann. Hermann. Hermann. Salzburg 89. 93, 120, 137, 142, 148, 153. 246, 247. Romagna 50,55,56,61 bis bis 63. 70, 77, 82, 84, 85, 89, 91, 94. 98, 99, 102 bis 104, 108, 113, Ale- Rom,Römeri3, 20 bis Reinald, Herz. v. Spoleto 217, 218. Reinald v. Dassel, Erzb. V.Köln 86, 125 bis 146, 155,156,180,237,238. Mönch 114, Rolandin Magnus, Reiner, 108, 106, bis Sabina, Bistum 20. S. Sabina s. Thomas. Sachsen 2, 6, 26, 28, 30, v. Sizi- 99 bis 102, 105, lien 96, 267 b. Friedrich. 141. Samland 210. Saone 138, 139. Sarazenen 210, 225; s. Araber, Mauren, Mo- hammedaner. Sardinien 45, 147, 237. Savonarola ili, 231. Savoyen 146, 256. Schauenburger 99, 113. Schlei II. Schlesien 118, 244. Schottland, Schotten 3, 1 1. Schwaben, schwäbisch i, 6,9. 10,25,30,40,54, 55, 62, 67. 76, 84, 86, Capua 34, 37. Rudolf von Habsburg, 89, 94, 103, 113,115, Richard, Abt v. St. Vannes deutscher König 235. 118, 125, 148, 159, 2. Rudolf m., König von 180, 189, 206, 234, Richard v. S. Germano, Burgund 12. 249. Notar 87, 209. Rudolf von Rheinfelden, Schweden 100, 127, 157. Richenza, Gemahl. Kaiser Herzog v. Schwaben, Schweiz 12, 118. V. Lothars IIL 91. Gegenkönig 30, 55 bis Robert Guiscard, Nor58. mannenherzog 23, 34, Rudolf IV., Herzog von Österreich 118. 37.46,58,59.96, 181. Rügen ICD, 210. Robeit v, Moltoes 92. Roger I., Graf v. Kala- Rußland 45,65, 157,343. brien u. Sizilien 37, Ruthard, Erzb. v. Mainz 65, 66, 96. 66, 70. Schwerin 210. Selenhofen s. Arnold. Sens III. Serbien 170. Sicard, Bisch, v. 87. Sidon 216. Siegburg 2. Cremen» Register der Orts- und Pcrsonenaamen. 268 Siegfried Erzb. III,, v, Mainz 250. Siena 58, 123. Sigebert v. Geinblouz 3,47. Sigihard, Graf v. Burgbausen 69. Silvester II., Papst 23. Silvester III., Papst 20, 2 1, Simon v. Tournay, Prof. in Paris 241. Sinibald Fieschi s. Innozenz IV, Sizilien 16, 34, 37, 40, 65, 66, 87, 96, 97, lOi, 109, 112, 113, 124, 138, 129, 135, 141, 140, Tancred, Kön. v. Sizilien 86,i74b.i77,i8i,i88. Tarent loi, Templerorden 217. Temudschin Dscbin^iskfaan, Mongolenberrscher 243, Terra di Lavoro, sizilische Provinz 16, 196, Tbaddäus 143, Thomas I45,i54bisi56,i64bis 166, 172; von da ab Skandinavien 27. Slawen, Slawenlande, Slawien 32, 84, 93, 113, 117, 161, 157, 192, 199. Spanien 141, 137, 45, Speyer 11, 71, 76, 108, 190, 192, 194, 198. Spoleto, Herzogtum 25, 147, 186, 194, 217. Stablo 2, 113. 117, 187, Stade 85, 242, Stauter oft. Stedinger 231. Stefan II., Papst 138. Stefan IX„ Papst 32, 34, 35- Steiermark 160, 234. Steterburg 85. s. v. Klemens Supplinburg Susa 146, s. Becket, Erzb. 148, v. 77, v. 176. Kar- Capua, v, Gaeta 203, Thüringen 26, 41, 55, 58, 85.157. 190.192.215, 230, 248, 250, 257, Tiber 59, 144, Tilbury s. Gervasius, Thüringer Wald 40, Tortona 122,129,146,154. Toul 22. Toulouse 137. Tournay s, Simon. Transalbingien 1 1 7, Mark 213, 231, 240, 251. Tribur 31, 50, 51. Trier 3, 62, 8b, 97, 103, 114,126, 164,166,168. Troisfontaines 88, Trond Sutri 21, 54, 59, 123; 4, s. Bonizo. Syrien iio, 169, 172, 181. Tageno, Domdechant Passau 169. v. Papst (Erzb, Mailand) 1 66 bis 1 68. Ursperg 86, 151, III., 4, Vatazes s, Johannes. Venedig, Venezianer 96, loi, 140, 147, 187, 194, 254, 255. Tyrus 169, 149, Verden 7, 144. Verdun 86, Verona, Veroneser Bund 146, 164, 235, 240, 247, 249, 250. Veroneser Klause, Etschklause 124, 213. 145, 140, 166, Vezelay 107, Vicehn, Priester 100. Vicenza 140, 231, 235. Vienne 76, 78. Viktor II., Papst (Geb- hard. Bisch, v, Eich- stätt) 24, 25, 30, 32. Viktor III,, Papst (Desi- Abt , (Oktavian, v. Monte- Gegenpapst Kardinal) 135 bis 140. v, 175. 144, 189, 145, 154. 155Vercelli 14, 2 $6. Viktor IV, 28 bis 30, 48, 138, Vaganten 89, Vannes 2. St, cassino) 60, 59,64, 101, 102, 117, 123, 169, 245, 147, Urban derius, 3. 13, 20, 22, Tuszien fco, 135, Tuikomanen 171, Tuskulum 144; Grafen II. 26, 63 bis 65, 97, 107, Troubadours 88, 161, Türken 109. Bamberg Turin 38, 252. Lotbar, 18, 17, nalbischof v, Ostia) Straßburg 86. Suessa s. Thaddäus. Suidger, Bisch, 11, 28, 7. Thomas St, Stormarn 99. Ungarn Uiban n., Papst (Kardi- dinalpriesier v, S. Sa- Treviso, Bam- v. 5. 252, bina 203. 199, 222, 231. Geistl, berg v. Canteibury Thomas Ulrich, Groß- Tbeodora, Gemahlin Herz, Heinrichs v, Österreich 117. Ulrich, Bisch, v. Halberstadt 159, 29, 31, 45, 66, 100, 109, 118, 137, 170, 230, 243, 244, 247, 253. Tbasselgard, Graf 137, oft, v, Suessa, hofrichter Ugolino, Kardinalbij!ch,v, Ostia s. Gregor IX. 145, 193, Vinea s, Peter. Vinzenz, Domheir . Prag 86, Vinzenz v, Beauvais 88. Viterbo 86, 143, 223, 246, 251Vittoria, Lagerstadt vor Parma 252, 256. Register der Orts- und Personetmimen. Wenden Vogelweide s. Walter. Vogtland Il8. Waimar, Fürst 16, v. Wendenlande Wilhelm, Abt , 27, 108, 113, 157, 160. \irahlstattb. Liegnitz 244. Salerno Wendower s. Roger. Wenrich, Scholastikus I., von Waldemar II., König v. Dänemark 192, 199, Böhmen 234, 248. Weser 99, 113, 125, 231. 210, 211. Waldenser 200, 242. Walram, Bisch, v. Naumburg 62. Westfalen 143, 160, 167. Wettin, Wettiner 99, 257. Walter v. d. 88, 161, Vogelweide 189, 197, 198, 212. Wartburg 190. Wazo, Bisch, v. Lüttich 20. Herz. 40, 55, 64, 67. Weif VI., Herzog 117, 159, 175, 105, 138, 180. 147, Weif Vn., Herzog 144, 14, 199, «32. v. Osna- brück 62. Wien 234. Wilhelm, Graf v. Holland, deutscher Gegenkönig 250. Wilhehn Wilhelm zilien 40, 67, 84, 85, 102, 103, 115 bis 117, 148, 158, 176, 180, 188, 189, 190, 198, Bisch, zilien 147. Weifen Stablo Wibert, Erzb. v. Ravenna s. Klemens III. Wichmann, Erzb. v. Magdeburg 120, 155. Wido, Erzb. v. Mailand 35. Wido, . Käm- then 28, 29. Weif IV., Herz. v. Bayern 113, v. 121. 113, Wido, Bisch, v. Ferrara 62. Weingarten 84. Weinsberg 105. Weif m., Abt Wibald, I., Kön. v. 143, 164, 174, Wilhehn m., König v. Sizilien 77. V., Herzog Andres v. Hirschau 47. I, 6. Witteisbacher 1 60; s. Konrad, Erzb. v. Mainz; Otto. Wladislaw, Kön. men y. Böh- 118. Wolfhere, Domhen von Hildesheim 3. Wolfram v. Eschenbach 162. Worms bis 6, 7, 50. 10, 41, 57, 76, 48 79, 193. 227- Wormser Konkordat 102, 79, 90, 97, 98, 107, 120, 164, 166, 194. 80, 89, Würzburg 142, 191. 2, 28, 141, 147, 148, 153, Si- 123, 124, 135. U., Kön. v. Si- 181. Wilhelm 2, Wipo König v. 220. Wilhelm, Abt v. Trier 62. Wenzel 23. 269 von Aquitanien 14, 19. Xanten 93. Zähringen s. Berthold L, Berthold 11, Zenki s. Emadeddin. Zisterzienserorden 92, 93, 106, 142. Zürich 67, III. Verlag von Quelle & Meyer Herausgegeben von Professor X>r. EI. Jeder Band von 10—12 Bogen in flexiblem in Leipzig Biraudenbiurgf Leinenband je ca. in Leipzig M. 2.40 bis 3.40 Mitarbeiter: E. Brandenburg-Leipzig A. Conradi-Leipzig P. Darmstaedter-Berlin Geh. RatA. V. Domaszewski-Heidelberg A. Fischer-Leipzig J.H. Haller0. Hoetzsch-Berlin Gießen K. Hampe-Heidelberg F, Keutgen-Jena Archivdirektor H. Kretschmayr-Wien G. Küntzel-Frankfurt F. SaloG. Steindorff-Leipzig mon-Leipzig H. Waentig-Halle M. BrahnLeipzig P. Herr e- Leipzig W. Struck-BerUn usw. usw. In VoibeieituDg befinden sich: Einfdhrnng Gesehichtswissensch. Geschichte des Alten Orients Griechische und römische Geschichte i. d. Der Hellenismas und die römische Kaiserzeit Politische Geschichte Dentschlands im Mittelalter (in drei Teilen) Politische Geschichte Deutschlands von 1517 bis 164S Politische Geschichte Deutschlands von 1648 bis 1806 Politische Geschichte Deutschlands von 1806 bis 1870 Politische Geschichte Deutsehlands von 1870 bis zur Gegenwart und Wirtschaftsgeschichte Deatschl. im Mittelalter in der Neuzeit Brandenburg -Preußische Geschichte Österreichische Geschichte Rechts-, Yerfassnngs- — Geschichte Frankreichs Englische Geschichte Geschichte Italiens Das Papsttum Die slavischen Staaten Die Staaten des Islam Die Vereinigten Staaten von Nord- amerika Geschichte Ostasiens Die europäischen Kolonien Diese kurzen handlichen Grundrisse aus dem Gebiete der Geschichte bieten den Stof^ den Jeder Studierende im Doktor- und Staatsexamen, jeder Lehrer zur Vorbereitung seines Unterrichts, Jeder Gebildete zur Weiterbildung und Vertiefung seiner historischen Kenntnisse braucht. der Feder unserer berufensten Fachgelehrten bringen sie unter Ausschaltung aller unwichtigen Details die wichtigsten historischen Tatsachen und Zusammenhänge in knapper und doch ansprechender Darstellung, Jedes der außerdeutschen Bändchen vereinigt die politische, Beehts-, Wirtsehaftsund Geistesgeschichte eines Landes. Aus VavlaQ von Quette 3Son ^3cof. Dr. gr. 3n (^ ^^ ie 8^ VIII u. VX^yzv in Cei^^sig Äart ©etl 314 ©cifcn. Driginatleinenbanb mit bas ganse, fei & , aber Konfcfftoncn, oon grünbltcbcm andf von Xüiffcn um aller IPelt Seutf(i;c Cttcroturjettung. /CIs ^^ ifi am bic <6e» bie (Eigcntjctten leiben« 3eugenbe Sud?, ber berKreife bringenb empfotjicn, weläjen bie an bie gebilbete I}entige 4.80 erroägcnber, tntjtg fdjaftslofer Beurteilung ber Ijcutigen Sadjlage Beachtung SQft. . famtentiridlung bcs C{|rtficnhims, iDte beiber DH. 4.40 ©el^. , 35onn in geftellte Sdjicffalsfrage etwas bebentet. Q. Qol^mann. Hr. 30. 1908. aber bodj ein geijiooües, tjod/ljersiges, gefdjriebenes, cblcn erangelifdjcn (Seift otmenbes tDerf, bas ondj bei nnb für nnfere 5^»* feltenc bodf nnfere DoQe IDücbigung unb nüchterne (Srroägung Beilade ber mandjenet ne«eßen tUidjxidtUn. prof))eCi;e Colerans feinem tjoc^gefpannten ^bcalismus oerbient. Ztr. 20. 1908. uncnigcUUc^ un6 {^ofiftci C VERLAG VON QUELLE nhromken \^ der — 1435. Stadt & MEYER Bamberg. IN LEIPZIG Äe™?"iSr«tJr- Mit einem Urkuodeu-Anhang. Nach einem Manualen (tte von neu bearbeitet Q. beraiiHgeg. von Prof. Dr. tou Chroust LXVII n. 868 S. Gelief^et M. 15.—, in Würzburg. gr. 8. Die älteste GeschlchtHaufzeichnung bürgerlicher Kreise, die uns ans Bamberg erhalten ist. ergänzt duroh Urkunden, die interessante AnlsolilQsse Über rechtliche und trirtschaftlicne Verhältnisse geben. Streites von 1430 An Tb. Knocbenbauer Fahnlehn undFahnenbeleliiiungiin alten dentscben Reich. Von Dr. J. Brück auf. gr. s. vi n. 113 s. Geheftet M. s.eo. Die Untersuchung behandelt das Fahnlehn nach der Lehre der mittelalterlichen Recbtsbfioher, den Investiturakt und die Investitur bis zam Aufhören der öffentlichen Belehuungen Ende des 16. Jahrhunderts. Gliederung im Fränkischen Reiche, Die soziale Josef Vormoor. von gr.S. Vllln. 106S. Geh. M. 8.50. Dr. Eine interessante, verfassungsgeschichtliche Studie ans der Zeit der Volksreohte. in DieVonMinisterialität Dr Jacob Ahrens. Köln nnd am Niederrhein. vi nnd 97 Seiten. Geheftet M. 3.50. Die Reichhaltigkeit des vnrhxnHenen Materials nnd die frQhe, kräftige Entwicklung Kölns gestatten es dem Verfasser, wichtige äohlUsse auf die Entstehung and Entwicklung der Ministerialität Aberhaupt su ziehen. gr. 8. Ursprung und Entwicklung der Niedergerichtsbarkeit in Niederösterreich, von Dr. Paui osswaid. VIII nnd 99 S. Geheftet M. 3.40. gr. 8. Die Entstehung und Weiterbildung der Dorf- und Vo^brigkeit in ihren ineinandergreifenden Kompeteuzen wird allseitig beleuchtet und in ihrer verfassungsgesohicbtliches Bedeutung aufgezeigt. von Bremen. Adam und Kosinograpbie. Von _ VIII und 135 Seiten. Ein Beitrag zur mittelalterUcben Textkritik Dr. Pbilipp Wilhelm Koblmann. gr. 8. Geheft'-t M. 4 40. Textkritisohe Erlänterungpn «nr HaraAns dem Inhalt: Adam und sein Werk. Tabeilarischa Adams kosmographisuhe Anschauungen. bnreisrhen Kirchen icescbichie. Übersicht dei von A. v. B. benutzten Quellen. — — — des Reichstages im XV. Jahrhundert ZurVonGeschichte Rudolf Bern mann. Dr. Der nnd gr. 8. viii u. 96 s. Geheftet M. 3.25. Inhalt: Die drei Kurien und ihr Verhalten zum Oberhaupt. Proposition und Abschied. päpstliche Legat und die Fremden auf dem Keichstage. Festsetzung des Reichstages die Teiluehmer. D venezianischen Relazionen und ihr Verhältnis zur Kultur der Renaissance, von Dr. wiiiy Andreas. ie X und 124 Seiten. Geheftet M. 3.50. bietet sich in dieser Arbeit, die bei gnter wissenanhaftlicher Pnndamentiemng sich der Form eines abgetönten Kssays nähert, nicht nur t-in wertvoller Beitrag zur Gescbi'bta der Diplomatie und zur Entwicklunt; dt-s Vfneziani«clieD Geistes, sondern auch eine interessante Beleuchtung der Weltauschaunng der Kenaisssance überhaupt von einrr bisht-r M. H. Mflnohner Neuesten Nachrichten. Nr. 75, 1V08. weniger beachteten Steile. «Es • 2