8. Die Milchstrasse Die Galaxis – unsere Milchstrasse – ist eine grosse Spiralgalaxie (oder Scheibengalaxie) mit folgenden Parametern: • Hubble Typ SBc (ausgedehnte Balkenspirale) • Masse ca. 1012 MS • Anzahl Sterne ca. 3 · 1011 • Durchmesser ca. 35 kpc • Distanz der Sonne zum Galaktischen Zentrum 8.3 kpc Die IR-Karte (5 μm) zeigt die Verteilung der Sterne in der Scheibe und den zentralen Balken. 19.11.2014 8. Milchstrasse, H.M. Schmid 1 8.1 Verteilung und Bewegung der Sterne Aus der Verteilung und Bewegung der Sterne kann die lokale Struktur der Milchstrasse abgeleitet werden. Mit den Resultaten des GAIA-Satelliten werden in wenigen Jahren exakte Daten für einen grossen Teil der Milchstrasse vorhanden sein. Die 6 Messparameter, 3 Orts- und 3 Geschwindigkeitskomponenten, für die Sterne sind: • Position RA und Dec (α,δ) im Äquatorsystem Länge und Breite (l,b) in galaktischen Koordinaten – l=0o, b=0o ist die Richtung zum galaktischen Zentrum – die Scheibenebene liegt entlang der Linie mit b=0o • Die Distanz (jährliche Sternparallaxe) π [arcsec] = 1/d [pc] • Die tangentialle Eigenbewegung vt oder πα und πδ [arcsec/yr] • Die radiale Eigenbewegung vr oder RV [km/s] 18.11.2015 8. Milchstrasse, H.M. Schmid 2 Sterndichte Die Dichte von Objekten eines bestimmten Typs S mit bekannter absoluter Helligkeit M kann die Dichte aus der Verteilung der Anzahl Sterne A(m,S) der scheinbaren Helligkeit m in Intervallen [m-Δm/2,m+Δm/2) in einer Himmelregion abgeleitet werden. Man bestimmt z.B. die totale Anzahl der Objekte bis zur Helligkeit m 𝑚𝑚 wobei 𝐴𝐴 𝑚𝑚, 𝑆𝑆 = 𝑁𝑁 < 𝑚𝑚, 𝑆𝑆 = � 𝐴𝐴 𝑚𝑚, 𝑆𝑆 𝑑𝑑𝑑𝑑 ∞ Ω ∫0 𝐷𝐷 −∞ 𝑟𝑟, 𝑠𝑠 Φ 𝑀𝑀, 𝑆𝑆, 𝑟𝑟 𝑟𝑟 2 𝑑𝑑𝑑𝑑. D(r,s): die gesuchte Dichteverteilung entlang der Sichtlinie Φ(M,S,r): die Leuchtkraftfunktion für Sterntyp S (in einem einfachen Fall ist Φ unabhängig von der Distanz r) Für eine homogene Verteilung gleichartiger Quellen A(m,S) ≈ r3 erhält man: log N(<m) = const + 0.6 (m-M+5) 18.11.2015 8. Milchstrasse, H.M. Schmid 3 Sternstatistik Die rote Kurve veranschaulicht schematisch die Sternstatistik für eine Sichtlinie senkrecht zur Scheibe. Weil die Sonne sich fast in der Mittelebene der Scheibe befindet, ist die Sternverteilung zuerst homogen und die Anzahl Sterne ist log N(<m) ≈ 0.6 m + c Ab ca. m ≈ 9 mag gibt es wegen dem vertikalen Dichteabfall ein Defizit von Sternen verglichen zur homogenen Veteilung. Bei m ≈ 16 mag erreicht dieses Beispiel die Empfindlichkeitsgrenze der Beobachtungen. 18.11.2015 log N(<m) [deg-2] 8 6 4 2 5 10 15 m 20 Schematisches Diagram für die Sternstatistik N(<m) senkrecht zur Scheibe 8. Milchstrasse, H.M. Schmid 4 Die Sterndichte in der Sonnenumgebung Die Anzahl Sterne pro 1000 pc3 (Kugel mir r=6.2 pc) hängt sehr stark vom Sterntyp ab: O B A Riesen Hauptreihensterne 3 10-5 Weisse Zwerge F G K M 0.05 0.16 0.4 0.03 50 0.1 0.5 2.5 6.3 10 1.3 2 1.3 0.6 1 Diese Verteilung widerspiegelt die Entstehungsrate und Lebensdauer der einzelnene Sterntypen. Die Verteilung senkrecht zur galaktischen Scheibe ist auch ein guter Altersindikator für eine Sterntyp. Beschreibt man die Verteilung mit 𝐷𝐷𝑠𝑠 𝑧𝑧 = 𝐷𝐷𝑠𝑠 (0)−𝑧𝑧⁄𝛽𝛽 wobei β die Äquivalenthöhe ist, so misst man für verschieden Typen Hauptreihensterne O B A F G K M β [pc] 50 60 115 190 340 350 350 18.11.2015 8. Milchstrasse, H.M. Schmid 5 Auch andere Komponenten der Milchstrasse zeigen eine mit dem Alter korrelierte vertikale Verteilung, z.B. Molekülwolken β = 40 pc HI-Wolken β = 110 pc Halo Sterne / Kugelsternhaufen β = 4000 pc Sternpopulationen mit charakteristischen Sterntypen wrden entsprechend dem folgenden Schema definiert. Typische Objekte Extreme Population I Population I Scheibenpopulation HaloPopulation II OB-Sterne Überriesen T Tau Sterne offene Haufen A-K Sterne mit starken Linien G-M Sterne mit schwachen Metallinien, PN Unterzwerge Kugelsternhaufen 0.5 – 5 GJ 0.3 – 1 150 2 - 10 GJ 0.03 – 0.3 350 ≈ 10 GJ 0.01 – 0.1 2000 < 0.5 GJ Alter Z/ZS (Metalle) 1 – 3 β [pc] 70 18.11.2015 8. Milchstrasse, H.M. Schmid 6 Bewegung der Sterne Bezugssysteme für die Definition der Eigenbewegung: • relativ zum Mittelpunkt der Galaxie • relativ zum Mittel der benachbarten Sterne (lokales Bezugsystem) Sonnenbewegung folgt aus der Relativbewegung zur mittleren Geschwindigkeit aller Sterne innerhalb eines Radius r um die Sonne: Sonne bewegt sich Richtung Sonnenapex: α=18h δ=30° mit ca. 20 km/s (Vega: α=18h 34m δ=38° 41′) 18.11.2015 8. Milchstrasse, H.M. Schmid 7 8.2 Galaktische Rotationskurve folgt aus 18.11.2015 8. Milchstrasse, H.M. Schmid 8 Radiobeobachtungen von HI und CO Die Übergangswahrscheinlichkeit des 21 cm Übergangs ist so klein, dass die ganze Galaxie durchsichtig ist 18.11.2015 8. Milchstrasse, H.M. Schmid 9 Interpretation der Radiobeobachtungen A, B, C, D sind H I Regionen 18.11.2015 8. Milchstrasse, H.M. Schmid 10 Karte HI - Galaktische Länge – Radialgeschwindigkeit 18.11.2015 8. Milchstrasse, H.M. Schmid 11 8.2 Rotationskurve der Milchstrasse Annahme: Masse der Galaxie mit ρ= const innerhalb Radius R: damit ist: Erwartete Rotationskurve 18.11.2015 8. Milchstrasse, H.M. Schmid 12 Galaktische Rotationskurve dunkle Materie 18.11.2015 8. Milchstrasse, H.M. Schmid 13 8.3 Das galaktische Zentrum Das galaktische Zentrum ist im visuellen Bereich wegen der starken interstellaren Staubabsorption nicht sichtbar. Es kann aber im IRoder Radio- und Röntgenbereich beobachtet werden. Der Balken im inneren Bereich erstreckt sich vom Zentrum bis ca. 3 kpc. In diesem Bereich gibt es praktisch kein kühles Gas ausser im allerinnersten Teil (d < 300 pc). Die Sterne bewegen sich wie in einem Sternhaufen in ungeordneten Bahnen um das galaktische Zentrum. Eine auffällige Gasscheibe befindet sich innerhalb der zentralen 300 pc, mit sehr viel Sternentstehung, jungen Sternhaufen und Supernova-Überresten (siehe Radiobild). Im innersten Bereich gibt es ein helle Quelle von nichtthermischer Radiostrahlung (Sgr A) und hochenergetischer Röntgenstrahlung. Ein superschweres Schwarzes Loch im Zentrum konnte durch die Bewegung der Sterne nachgewiesen werden. 18.11.2015 8. Milchstrasse, H.M. Schmid 14 Nachweis des Schwarzen Lochs In einer Distanz von etwa 8 kpc entspricht eine Halbachse von 0.12’’ etwa 960 AE. Typische Bahngeschwindigkeiten sind dann etwa ~ 5000 km/s. Die Masse folgt aus dem 3. Kepler’sches Gesetz für den Stern S2: 4𝜋𝜋 2 𝑎𝑎3 36 6 𝑀𝑀 = = 7 ∙ 10 kg = 3.5 ∙ 10 MS 2 𝐺𝐺 𝑃𝑃 wobei: a = 960 AE = 1.4 1014 m, P = 15.2 J ˑ 3ˑ107 s/J, G=6.7ˑ10-11 m3kg-1s-2. 18.11.2015 8. Milchstrasse, H.M. Schmid 15