8 Stevia qualitativ aus der Pflanze extrahieren 8.1 Vorwort Stevia ist der mit Abstand am teuersten Zuckerersatzstoff den wir untersucht haben, deshalb beschäftigte uns die Frage, wie der hohe Preis zu Stande kommt. Aus diesem Grund wollten wir den Zucker direkt aus den selbst getrockneten Blättern einer Steviapflanze extrahieren und anschleißend destillieren, um einen möglichst großen Teil des Lösemittels zu entfernen. Welche Masse an Stevia lässt sich aus einer bestimmten Menge trockener Blätter extrahieren, sofern es überhaupt möglich ist und erklärt das die hohen Kosten? 52 8.2 Theoretische Grundlagen Die Extraktion von Substanzen beruht auf der Löslichkeit von zu extrahierender Substanz in dem verwendeten Lösemittel, wodurch die aus dem in der Extraktionshülse vorliegenden Festkörper zu extrahierenden Substanzen in die flüssige Phase überführt werden können. Je größer dabei die Oberfläche des festen Materials, desto besser kann das Lösemittel „reagieren“ und je größer ist die lösbare Menge. Je nach Anzahl an Durchläufen wird die zu extrahierende Substanz weiter ausgelaugt und dessen Konzentration im Lösemittel folglich größer. Durch anschließende Destillation erhält man eine reinere Substanz. Unter der Destillation versteht man ein Verfahren zur Trennung eines flüssigen Stoffgemischs durch abwechselndes verdampfen und kondensieren, was auf unterschiedlichen Siedepunkten der einzelnen Komponenten beruht, die dann so nach und nach separiert werden können. In diesem Fall bedeutet das, das Lösemittel von den vorher extrahierten Substanzen zu trennen. 53 8.3 Apparaturbeschreibung und Versuchsdurchführung Bei der hier durchgeführten Soxlet-Extraktion wird zunächst je eine Extraktionshülse aus Pappe mit ca. 5g der zerkleinerten, zuvor bereits getrockneten und anschließend gemörserten Steviablätter befüllt. Das Mörsern dient zur Schaffung einer größeren Oberfläche. Eine Soxlet-Apparatur läuft mit Wasser und die andere zum Vergleich mit Ethanol, um den Einfluss des Lösemittels bzw. die Löslichkeit verschiedener Substanzen in den Blättern zu vergleichen. Der Aufbau ist in Abbildung 8.1 dargestellt. Abbildung 8.1: Aufbau einer Soxlet- (links) und einer Destillationsapparatur (rechts) Der in einem Ölbad befindliche Rundkolben wird jeweils mit 100 ml des zu verwendenden Lösemittel befüllt. Dieser wird nun über das Ölbad bis zum Sieden des Lösemittels erhitzt. Das Lösemittel kondensiert am Rückflusskühler und tropft so in die Extraktionshülse. Die im 54 jeweiligen Lösemittel löslichen Bestandteile werden in ebenjenes überführt. Hat sich genug Lösemittel in und um die Extraktionshülse gesammelt, so fließt es wieder zurück in den Kolben, um dort wiederum zu kondensieren, sich wieder in der Extraktionshülse zu sammeln und die Steviablätter so effektiv wie möglich auszulaugen, um entsprechend eine größtmögliche Menge an Stevia zu extrahieren. Nach drei Überlaufperioden wird die Extraktion beendet, der Rundkolben aus der Apparatur entfernt, in die Destillationsapparatur überführt und dort nahezu vollständig destilliert, um möglichst wenig Lösemittel zu behalten. 55 8.4 Auswertung Für die Extraktion mit Ethanol als Lösemittel wurden 5,02 g der zuvor gemörserten Blätter eingesetzt, während in die Extraktionshülse der Extraktion mit Wasser mit 5,06 g eine äquivalente Menge eingesetzt wurde. Das bei der Extraktion gewonnene Extrakt unterscheidet sich zwischen den Lösemitteln deutlich. Während Ethanol als Lösemittel eine grünliche Flüssigkeit lieferte, hatte das durch Wasser als Lösemittel erhaltene Extrakt ein bräunliche Farbe und enthielt braune Stückchen, welche sich von der Extraktionshülse nach zu starkem Erhitzen ebenjener ablösten. Durch Ethanol konnte demnach der grüne Farbstoff der Blätter, Chlorophyll extrahiert werden, während sich anhand des Extrakts durch Extraktion mit Wasser keine vorläufigen Schlüsse auf dessen Inhaltsstoffe ziehen lassen. Das durch Ethanolextraktion gewonnene Extrakt wurde in eine Vakuumdestillation überführt, wo ein Großteil des Lösemittels entfernt und so 7,5 ml Extrakt gewonnen wurde. Das durch Destillation mit Wasser gewonnene Extrakt wurde mit Stickstoff gefriergetrocknet, da Wasser mittels Vakuumdestillation nicht zu destillieren ist. Auf diese Weise ließen sich 1,53 g festes Extrakt gewinnen, was bei der eingesetzten Menge ungefähr 30 % entspricht, wenn man davon ausgeht, dass das Lösemittel Wasser nahezu vollständig entzogen wurde. Bei einer anzunehmenden Menge von 7% von Steviosid in getrockneten Steviablättern entspricht das einer anzunehmenden Masse von 0,11 g Steviosid im Extrakt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sich Steviosid, der eigentliche Süßstoff der für die Süßkraft des Stevias verantwortlich ist, eher in Wasser gelöst hat, da es sich um eine polare Substanz handelt. 56 8.5 Diskussion und Fehlerbetrachtung Bei der Extraktion mit Wasser mussten zusätzlich 50 ml Wasser hinzugegeben werden, da die Extraktion kaum voranschreitete. Generell lässt sich sagen, dass eine Extraktion für die angenommene Ausbeute an Steviosid sehr aufwändig und zeitintensiv ist. Es ist außerdem auf eine ausreichende Wärmeisolation zu achten, damit die Extraktion schnellstmöglich voranschreitet. Durch Einsatz eines Bunsenbrenners zur Beschleunigung der Extraktion mit Wasser wurde die Extraktionshülse beschädigt, sodass ein Teil davon ebenfalls im Extrakt landete, wodurch eine noch geringere Ausbeute an Steviosid anzunehmen ist. Sollte eine Extraktion mittels Ethanol möglich sein, so wäre es ebenfalls von großer Bedeutung, dass Ethanol vollständig abzutrennen, da es gilt, ein für den Menschen unbedenkliches Produkt zu erhalten. 57 8.6 Zusammenfassung Aufgrund der reinen Extraktion mit anschließender Destillation lassen sich kaum Schlüsse auf die Inhaltsstoffe ziehen. Lediglich eine Extraktion von Chlorophyll anhand von Ethanol ist zu erwarten. Die Frage nach einer geglückten Extraktion des Süßstoffes Stevia aus den Blättern der zugehörigen Pflanze bleibt noch unbeantwortet und lässt sich erst nach einer anschließenden Analyse durch Dünnschichtchromatographie beantworten. Sollte es uns jedoch gelungen sein, Steviosid zu extrahieren, so nur eine sehr geringe Masse, was den hohen Preis für käufliches Stevia von ca. 10 € für 50 g bei einem rund 96 prozentigem Steviosidgehalt. 58