Welt der Wissenschaft: Astrophysik Astrophysik mit Neutrinos Teil 1: Rätselhafte Neutrinos von der Sonne Neutrinos sind schwer zu fassende Teilchen. Aber gerade deshalb finden sie einen Weg direkt aus dem Innersten der Sonne und der Sterne bis in die riesigen Detektoren, mit denen sie sich heute in unterirdischen Labors nachweisen lassen. Und die Astronomen lernen daraus Dinge, die ihnen sonst für immer verborgen blieben. Von Lothar Oberauer und Michael Wurm In Kürze O hne Licht und Wärme von bachtung auch gleich das Ende der Meteo- der Sonne wäre das Leben auf ritentheorie bedeutete. der Erde undenkbar. Woher Als Nächstes kam die Kontraktions- kommt aber die ungeheure hypothese auf. Sie erklärte die Ener- Energiemenge, die unser Zentralgestirn gieerzeugung in der Sonne durch eine abstrahlt? Was ist ihr Ursprung? Diese Frage Umwandlung dass dort ihre abgestrahlte Ener- hat die Menschheit von jeher, auch abseits in Licht und Wärme: Falls die Sonne sich gie auch gegenwärtig durch Fusi- der Naturwissenschaften, beschäftigt. Hier langsam zusammenzieht (kontrahiert), onsreaktionen freigesetzt wird. werden wir dieser Frage nachgehen und wird Gravitationsenergie frei, welche die ó Die heutigen Neutrino-Detektoren dabei erkennen, dass in den letzten beiden Sonne erhitzt und von ihr als Strahlung sind sogar richtungsempfind- Jahrhunderten Erklärungsversuche abgegeben wird. Diese Hypothese ging lich. Mit dem Strom der solaren von neuen, überraschenden physikalischen schon auf Isaac Newton zurück und wurde Neutrinos lässt sich die Sonne wie Erkenntnissen begleitet wurden. Erst seit später vonHermann von Helmholtz und mit Licht in einer Kamera direkt wenigen Jahren können wir behaupten, die Lord Kelvin wieder aufgegriffen. Deren abbilden. im Herzen der Sonne wirksamen Mechanis- Berechnungen ergaben, dass die Sonne men wirklich zu verstehen. mit diesem Mechanismus ihre heutige ó Ein gewaltiger Strom von Neutrinos erreicht uns direkt aus dem Innersten der Sonne. Er beweist, ó Das Rätsel der solaren Neutrinos, die für lange Zeit bestehende 30 alle von Gravitationsenergie Leistung etwa 25 Millionen Jahre lang auf- Diskrepanz zwischen dem gemes- Die Energie der Sonne senen und dem aus Modellen der Mitte des 19. Jahrhunderts formulierte der Diese so genannte Helmholtz-Kelvin- Fusionsreaktionen berechneten Naturforscher Julius Robert Mayer, von Zeitskala galt im auslaufenden 19. Jahr- Fluss ist inzwischen erklärt. Die Lö- dem der Satz der Erhaltung der Energie hundert als die beste Abschätzung für sung liegt in einer merkwürdigen stammt, eine erste naturwissenschaft- das Alter der Sonne und des Sonnensy- intrinsischen Eigenschaft der liche These zur Energieerzeugung in der stems. Allerdings gab es damals bereits Neutrinos, um die es im zweiten Sonne. Sie wurde als Meteoritentheorie erste Anzeichen dafür, dass die Erde in Teil dieses Beitrags gehen wird. bekannt und postulierte, dass die Sonne Wahrheit viel älter ist. Charles Darwin durch einen stetigen Beschuss von Mete- wies in seiner berühmten Arbeit über die oriten aufgeheizt wird. Da sich dadurch Evolution der Arten darauf hin, dass diese aber die Masse der Sonne kontinuierlich Evolution einige hundert Millionen Jahre vergrößern würde, müssten mit der Zeit in Anspruch nimmt. Geologische und die Keplerbahnen der Planeten deutlich paläontologische Untersuchungen über- schrumpfen – ein Effekt, dessen Nichtbeo- raschten mit dem Ergebnis, dass das Min- Februar 2010 rechterhalten könnte. Sterne und Weltraum Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik Photosphäre Granulation Konvektionszone Chromosphäre Protuberanz Strahlungszone Kern Sonnenflecken Korona Im Kern der Sonne herrscht eine Gleichgewichtstemperatur von rund 15 Millionen Grad. Dort laufen die Kernfusionsreaktio­ nen ab, welche die solaren Neutrinos freisetzen und die Sonnenenergie erzeugen. Die Neutrinos verlassen die Sonne sofort, die thermonukleare Energie wird zunächst durch Strahlung, dann durch Damit Schüler aktiv Konvektion langsam nach außen transpor- mit den Inhalten dieses tiert. In der Photosphäre, der sichtbaren Beitrags arbeiten können, Oberfläche der Sonne, beobachten wir stehen auf unserer Inter- Sonnenflecken und das wabenartige netseite www.wissenschaft-schulen.de didaktische Materialien zur freien Verfügung. Muster der Granulation. Nur mit speziellen Darin wird gezeigt, wie das Thema im Rahmen des Physikunterrichts in der gymnasi- Filtern sind die Chromosphäre und die alen Oberstufe behandelt werden kann. Unser Projekt »Wissenschaft in die Schulen!« Protuberanzen zu sehen, und bei totalen führen wir in Zusammenarbeit mit der Landesakademie für Lehrerfortbildung in Bad Sonnenfinsternissen tritt auch die heiße Wildbad und dem Haus der Astronomie in Heidelberg durch. Korona in Erscheinung. www.astronomie-heute.de Februar 2010 31 destalter der Erde sogar eine Milliarde Jahre betragen sollte – ein Ergebnis, das später mit der Datierungsmethode mit Hilfe des radioaktiven Urans bestätigt wurde. Spätestens dann wurde klar: Auch die lange Zeit für gültig gehaltene Kontraktionshypothe- Die Energiequellen der Sonne D ie von der Sonne abgestrahlte Energie wird durch Fusion von Wasserstoffkernen (Protonen) zu Helium-4-Kernen gewonnen. Dies geschieht hauptsächlich über die pp-Kette. Dabei ist der grundlegende Prozess pp-I die Verschmelzung zweier Protonen se musste verworfen werden. Es ist in diesem Zusammenhang bemer- zu einem Deuteron (einem schweren Wasserstoff-Kern, bestehend aus einem Proton kenswert, dass bei dem Gravita­tionskollaps Im Folgeschritt entsteht aus der Anlagerung eines weiteren Protons ein Helium-3-Kern. eines massereichen Sterns, der in einer Zwei Helium-3-Kerne verschmelzen daraufhin zu einem Helium-4-Kern, zwei Protonen Supernova-Explosion endet, fast seine ge- bleiben übrig und stehen für weitere Fusionsprozesse zur Verfügung. Bei der Bildung samte Gravitationsenergie auf einen Schlag eines Helium-4-Kerns werden also zwei Protonen zu Neutronen umgewandelt, und freigesetzt wird. Dabei fällt der Eisen-Nickel- dabei auch zwei Neutrinos freigesetzt, die nach ihrer Entstehungsreaktion als pp-Neu- Kern des Sterns auf eine Kugel mit einem trinos bezeichnet werden. zusammen. Der gewaltige Energieausbruch p p der Supernova wird also genau durch den als langsamen, kontinuierlichen Prozess zur Erklärung der Leuchtkraft der Sonne n e+ vorgeschlagen hatten. Die Entdeckung der Radioaktivität be- He pp-I Be 7 He 3 p B 8 e+ n He He He 4 p p g Be 7 4 p Durchbruch im Verständnis der Energieer- He 3 e– 3 g deutete aber auch einen entscheidenden zeugung im Innern der Sonne selbst. Rasch p d Effekt genährt, den Helmholtz und Kelvin He 4 Die pp-Kette SuW-Grafik, nach M. Wurm Radius von ungefähr zehn Kilometern und einem Neutron), bei der neben einem Positron auch ein Neutrino freigesetzt wird. 4 He He 4 pp-II n 4 pp-III wurde deutlich, dass auf diesem Wege bei einzelnen Prozessen große Energiemengen zu gewinnen sind. Es wurde die Möglichkeit wird, um zwei (positiv geladene) Was- an die Oberfläche der Sonne transportiert der Umwandlung chemischer Elemente in serstoffkerne miteinander in Kontakt zu und abgestrahlt – ein Prozess, der mehrere nuklearen Reaktionen entdeckt. Schließ- bringen. Das bedeutet: Nach den Gesetzen lich entwickelte Francis William Aston im der klassischen Physik kann Wasserstoff hunderttausend Jahre benötigt. Bei einigen dieser Fusionsreaktionen Jahr 1918 den Massenspektrografen und in der Sonne gar nicht verschmelzen! werden auch Neutrinos freigesetzt. Das konnte mit diesem Instrument nachweisen, dass die Masse des Heliumkerns 4He Aber nach den quantenmechanischen Neutrino wurde 1930 von Wolfgang Pauli Gesetzen ist dies mit einer gewissen (1900 – 1958) in einer verzweifelten Aktion ein wenig geringer ist als die Summe der Wahrscheinlichkeit doch möglich. Wie der zur Rettung des beim Betazerfall anschei- 1H. In russische Physiker Georgi Antonowitsch nend verletzten Energiesatzes postuliert. Verbindung mit der einsteinschen Formel Gamow im Jahr 1928 zeigte, können die Es ist elektrisch neutral und reagiert mit E = mc2 bedeutet dies aber, dass in der Ver- Teilchen solche Energiebarrieren gewisser- Materie nur äußerst selten. Pauli selbst schmelzung (Fusion) von vier Wasserstoff- maßen durchtunneln. Er war es auch, der war sehr skeptisch, ob es jemals gelingen kernen zu einem Heliumkern im Inneren als erster die dafür maßgeblichen Wahr- würde, das Neutrino experimentell nach- der Sonne ein gewaltiges Energiepotenzial scheinlichkeiten berechnete, und schließ- zuweisen, aber er konnte seinen Triumph steckt. Helium und Wasserstoff sind in der lich schlugen Hans A. Bethe, Carl-Friedrich noch erleben: Frederick Reines und Clyde Sonne reichlich vorhanden. Dies wusste von Weizsäcker und Charles Critchfield in L. Cowan schafften es 1956, am Kernreaktor man schon lange durch die Beobachtung den Jahren 1937 bis 1939 zwei Zyklen zur in Savannah River, Neutrinos, die bei den der Fraunhoferlinien im optischen Spek- Verschmelzung von Wasserstoff zu Heli- zahlreichen Betazerfällen der Spaltpro- trum der Sonne. Der englische Astrophy- um vor: den direkten Weg über die so ge- dukte von Uran und Plutonium­isotopen siker Arthur S. Eddington formulierte nannte Proton-Proton- oder pp-Kette, und im Reaktor entstanden, eindeutig nachzu- daraufhin im Jahre 1920 die These, dass die den CNO-Zyklus, bei dem Kohlenstoff-, weisen. Reines erhielt für diese Entdeckung Fusion von Wasserstoff zu schwereren Ele- Stickstoff- und Sauerstoffkerne als Kata- 1995 den Nobelpreis für Physik. menten die Quelle für die Sonnenenergie lysatoren wirken (siehe oben den Kasten sein könnte. Die Details dieser Fusionsprozesse blie- »Die Energiequellen der Sonne«). Bei beiden Reaktionsketten werden über mehrere Der Nachweis der solaren Neutrinos ben noch für lange Zeit unbekannt. Ob- Zwischenschritte schließlich vier Protonen Wenn nun Fusionsprozesse in der Sonne wohl im hydrostatischen Gleichgewicht zu einem Heliumkern verschmolzen. Die tatsächlich die Quellen der solaren Energie die Temperatur im Zentrum der Sonne dabei gewonnene Energie wird entweder sind, wäre es dann nicht möglich, die dabei unvorstellbare 15 Millionen Grad beträgt, in Form von Gammastrahlung oder als emittierten Neutrinos direkt nachzuwei- ist die dort verfügbare thermische Energie kinetische Bewegungsenergie der ent- sen? Dies wäre zum einen der endgültige noch um einige Größenordnungen gerin- stehenden Teilchen freigesetzt und über Beweis für die Fusionstheorie, und zum ger als die kinetische Energie, die benötigt Strahlung, und zuletzt über Konvektion, anderen könnte man mehr über die kom- Massen von vier Wasserstoffkernen 32 Februar 2010 Sterne und Weltraum He 4 Neben dieser grundlegenden und am häufigsten ablau- C 12 fenden pp-I-Kette der Fusion lässt sich Helium-4 auch durch die p p Anlagerung eines Helium-3-Kerns an einen schon vorhandenen N 13 N 15 wird sowohl im Nebenzweig pp-II über die Zwischenstation g Beryllium-7 als auch im Nebenzweig pp-III über einen Bor-8-Kern e+ ein instabiler Beryllium-8-Kern erzeugt, der sofort in zwei Helium4-Kerne zerfällt. In beiden Fällen werden wiederum Neutrinos ab- n e+ gestrahlt, die als Beryllium-7- beziehungsweise Bor-8-Neutrinos bekannt sind. Bei den entsprechenden Reaktionen wird jedoch e+ g mehr Kernbindungsenergie frei, so dass die erzeugten Neutrinos 13 O C 15 im Mittel energiereicher sind als die pp-Neutrinos. Während ein Großteil der Helium-4-Produktion der Sonne Der CNO-Zyklus über die direkte Verschmelzung von Protonen in der pp-Kette n p erfolgt, beschreibt der CNO-Zyklus einen alternativen Prozess: N 14 p g SuW-Grafik, nach M. Wurm Helium-4-Kern erreichen: Durch Einfang eines weiteren Protons Dieser verläuft über die in der Sonne in geringen Mengen auf- Helium-4-Kern zerfällt. Da auch in diesem Kreislauf zwei Pro- tretenden Elemente Kohlenstoff (C), Stickstoff (N) und Sauerstoff tonen innerhalb des Kerns zu Neutronen umgewandelt werden, (O), nach denen der Reaktionskreislauf benannt ist. Die Produkti- ergeben sich pro entstandenem Helium-4-Kern ebenfalls zwei on von Helium-4 basiert hier auf der nach und nach erfolgenden freigesetzte Neutrinos: Dies geschieht beim Beta-Zerfall von Anlagerung von Protonen an einem Kohlenstoff-12-Kern. Am Stickstoff-13 und Sauerstoff-15. Die Energie dieser Neutrinos ist Ende eines durchlaufenen Zyklus entsteht so ein angeregter im Durchschnitt höher als die der Beryllium-7-, aber niedriger Sauerstoff-16-Kern, der in einen Kohlenstoff-12- und einen als die der Bor-8-Neutrinos. anders sollte es möglich sein, sozusagen in 3 1011 MeV cm-2 s-1, woraus sich sofort ein zu erwartender Fluss solarer Neutrinos von das Innerste der Sonne zu schauen? etwa 6,5 3 1010 cm-2 s-1 ergibt. Pro Sekunde Fusionsreaktionen der Sonne erzeugten Neutrinos sind alle von dem Typ νe. Wir plizierten Fusionsprozesse lernen. Wie Reaktion insgesamt erhalten. Die in den Neutrinos durchdringen die Schichten sollten also fast hundert Milliarden Neutri- werden aber später sehen, dass es in der der Sonne ohne Mühe. Nach etwa zwei Se- nos durch einen Quadratzentimeter Fläche Natur noch zwei weitere Arten gibt, die kunden haben sie die Sonne verlassen und fliegen – und dies immerzu, Tag und Nacht nach weiteren 499 Sekunden erreichen sie – jedenfalls so lange, wie das nukleare Feu- so genannten Myon- (νμ) und die TauonNeutrinos (νt). die Erde. Sie sind also Botschafter aus dem Herzen der Sonne, die uns über die ge- er im Herzen unserer Sonne brennt. Kann man diese Neutrinos nachwei- atome verhalten sich chemisch ganz an- genwärtig ablaufenden thermonuk­learen sen? Die winzig kleine Reaktionswahr- ders als Chloratome. Insbesondere sind Fusionsreaktionen informieren. Dies war scheinlichkeit von Neutrinos mit Materie sie als Edelgasatome sehr flüchtig. Davis der Gedanke von Raymond Davis, dem lässt sie zwar praktisch ungehindert Son- und seine Mitarbeiter erstellten tief unter es mit seinem Pionierexperiment in der ne und Erde durchdringen, aber genau der Erde in der Homestake-Goldmine ei- Homestake-Goldmine bei Lead (South- diese Eigenschaft macht ihren Nachweis Dakota, USA) in den 1970er Jahren tatsäch- auch so schwierig. nen 380 Kubikmeter gro­ßen Tank, der mit Tetrachlorethen C2Cl4 gefüllt wurde (siehe Zurück zu obiger Reaktion. Argon­ US-amerika- Bild auf Seite 34). Das entspricht einer nischen Brookhaven National Labora- Menge von 2,2 3 1030 Chlor-37-Kernen. tory hatte dazu folgende Idee: Gewisse Der tief unter der Erde liegende Ort in der Atomkerne können Neutrinos einfangen Mine wurde gewählt, um das Experiment und sich dabei umwandeln. Ein Beispiel vor der kosmischen Strahlung zu schützen, die ebenfalls Argon-Atome erzeugen zu einem Heliumkern werden zwei Neutri- ist folgende Reaktion an Chlorisotopen der Massenzahl 37: νe + 37Cl → e– + 37Ar. nos emittiert. Dabei wird eine thermische Durch den Einfang des Neutrinos νe ver- könnte. Wir werden sehen, dass alle Energie von 26,14 MeV (Megaelektronvolt) wandelt sich das Chloratom mit der Mas- weiteren solaren Neutrinoexperimente in Form von Strahlung erzeugt. Diese En- senzahl 37 in ein Argonatom mit gleicher ebenfalls in solchen Untergrundlabors ergie wird im Sonneninnern zuerst über Massenzahl. Das Neutrino νe nennen wir durchgeführt wurden. Strahlungstransport und dann weiter au- Elektronneutrino (daher der Index e), weil Die Gruppe in Homestake extrahierte ßen über konvektive Prozesse an die Son- es bei der Reaktion ein Elektron e– mit ne- von Zeit zu Zeit, typischerweise in Ab- nenoberfläche transportiert und von dort gativer Einheitsladung erzeugt. Im Chlor- ständen mehrerer Wochen, das flüchtige als elektromagnetische Strahlung in das isotop wird ein neutrales Neutron in ein Weltall abgestrahlt. Auf der Erde messen Proton mit positiver Einheitsladung um- Argon mit Heliumgas aus dem Tank, um schließlich 37Ar über seinen radioaktiven wir einen solaren Energie­fluss von etwa 8,5 gewandelt. Daher ist die Ladung bei der Rückzerfall (die Halbwertszeit beträgt 35 lich als Erstem gelang, solare Neutrinos nachzuweisen. Radiochemische Neutrinoexperimente Bei der Fusion von vier Wasserstoffkernen www.astronomie-heute.de Raymond Davis vom und damit das Messergebnis verfälschen Februar 2010 33 Tage) in kleinen Proportionalzählrohren nachzuweisen und die einzelnen Zerfälle zu zählen. Pro Monat Expositionszeit hat man etwa 10 Argonatome gezählt! Hier sieht man, wie winzig die Reaktionswahrscheinlichkeit von Neutrinos wirklich ist. Das Experiment lief von 1970 bis 1996 und führte erstmals zum erfolgreichen Nachweis extraterrestrischer Neutrinos. Raymond Davis erhielt dafür 2002 den Nobelpreis für Physik. Mit diesem Experiment hatte Davis bewiesen, dass thermonukleare Fusionsreaktionen die Quellen der solaren Energieerzeugung darstellen – der Nachweis solarer Neutrinos lässt keine andere Deutung zu. Gleichzeitig wurde damit aber auch das »Rätsel der solaren Neutrinos« begründet. Das Rätsel liegt in Folgendem. Brookhaven National Laboratory Das Rätsel der solaren Neutrinos Vergleicht man die gemessene Argonproduktionsrate mit der aufgrund der bekannten Leuchtkraft der Sonne erwarteten, so ergibt sich eine klare Diskrepanz: Das Experiment von Homestake registriert nur etwa ein Drittel der erwarteten Neutrinos, also deutlich zu wenig! Was ist falsch? Das Experiment selbst? Wurde Dieser mit Tetrachlorethen C2Cl4 gefüllte Tank ist das Herzstück des seine Effizienz überschätzt? Durch unzäh- Homestake-Experiments in der gleichnamigen Mine in South Dakota (USA), lige Nebenversuche konnten im Laufe der mit dem erstmals der Nachweis solarer Neutrinos gelang. Jahre alle nur erdenklichen Möglichkeiten experimentell ausgeschlossen werden. Vielleicht verstehen wir die Fusions- niedrigerer Energieschwelle, so dass im Beide Experimente begannen Anfang prozesse im Inneren der Sonne doch nicht Idealfall alle solaren Neutrinos gezählt der Neunzigerjahre mit der Datennahme. genau genug? Diese astrophysikalische werden könnten? Damit ließe sich eine as- Das dabei angewandte Prinzip ist dem des Lösung des » Rätsels der solaren Neutrinos« trophysikalische Ursache der Diskrepanz Homestake-Experiments ähnlich, nur sind war in der Tat möglich! Der Grund liegt da- die Extraktionsverfahren für die Germa- rin, dass das Homestake-Experiment nur nachweisen. In der Tat eignet sich die Reaktion für einen sehr kleinen Teil des gesamten νe + Spektrums solarer Neutrinos empfindlich schwelle für die Neutrinos von 0,236 MeV (siehe Bild rechts unten). Wieder wird der Rückzerfall, diesmal derjenige der 71Ge- ist (Bild rechts oben). Das liegt an der re- dafür hervorragend, und es wurden zur Kerne in Proportionalzählrohren, beob­ lativ hohen Energieschwelle der nachge- Nutzung dieser Möglichkeit weltweit zwei achtet. Da die Halbwertszeit dieses Isotops wiesenen Reaktion von 0,814 MeV. Der bei Experimente durchgeführt. Bei SAGE 11,43 Tage beträgt, sind die Zeiträume zwi- weitem größte Anteil der solaren Neutrinos (Soviet-American Gallium Experiment) schen den einzelnen Extraktionen etwas liegt darunter und löst die Reaktion an den wurden in Tanks in einem Stollen unter- kürzer als im Homestake-Experiment. Chlorkernen gar nicht aus. Der verblei- halb des Elbrus-Gebirges im Kaukasus 60 Mit großer Spannung erwarteten die bende Teil aber wird erst nach mehreren Tonnen flüssiges metallisches Gallium Physiker die ersten Messdaten. Um den komplizierten Reaktionen erzeugt, und verwendet, während bei GALLEX (GAL- Vergleich mit den aus dem Sonnenmo- so präzise waren diese Rekationen damals Lium EXperiment) im italienischem Un- dell abgeleiteten Werten greifbarer zu nicht bekannt. Trotzdem, ein Faktor drei als tergrundlabor (Laboratori Nazionale del machen, wurde die Einheit SNU (Solar Quotient zwischen erwarteter und gemes- Gran Sasso) in den Abruzzen 101 Tonnen konzentrierter GaCl3-HCl-Lösung zum Neutrino Unit) eingeführt. Ein SNU ent- sener Rate ist schon recht seltsam. Deshalb wurde bereits in den Siebzigerjahren zum Einsatz kamen. Sprecher von GALLEX spricht einem Neutrinoeinfang pro Sekunde in 1036 Atomkernen. So lautet das ersten Mal diskutiert, ob das Defizit nicht war Till Kirsten vom Max-Planck-Institut Endergebnis von Homestake: Der Fluss an bisher unbekannten Eigenschaften der für Kernphysik in Heidelberg, und auch solarer Neutrinos am Ort der Erde beträgt Neutrinos liegen könnte. Gibt es weitere Reaktionen von Neu- die Technische Universität München be- 2,56 ± 0,22 SNU. Nach dem Standardmodell teiligte sich an diesem internationalen der Sonne wurden aber 7,7 ± 1,2 SNU erwar- trinos mit anderen Atomkernen, aber mit Projekt. tet! (Die Zahlen hinter dem gemessenen 34 Februar 2010 71Ga → e– + 71Ge mit einer Energie- niumatome hier wesentlich aufwändiger Sterne und Weltraum Dargestellt sind die verschiedenen Beiträge pp zum Energiespektrum solarer Neutrinos aus 1011 ca. 15 MeV. Diese konnten als erste experimentell nachgewiesen werden. Im niederenergetischen Bereich dominieren die pp- und die monoenergetischen Berillium-Neutrinos. Letztere wurden erstmals 2007 im Borexino-Experiment spektroskopisch nachgewiesen. N 13 109 Be 7 O 15 Be SuW-Grafik, nach L. Oberauer Sonnenmodell. Das Spektrum erreicht mit den 8B-Neutrinos maximale Energien von relativer Neutrinofluss dem pp- und dem CNO-Zyklus nach dem 7 107 pep B 8 105 0,1 1 0,3 3 10 Energie der Neutrinos in Megaelektronvolt und dem theoretisch vorhergesagten Wert nen. Vergleicht man die experimentellen perimenten etwas geringer ausfällt. Of- geben jeweils die Unsicherheiten an.) Ergebnisse der Helioseismologie mit theo­ fenbar wird von den niederenergetischen Das SAGE-Experiment ist seit 1990 retischen Erwartungswerten, die sich aus Neutrinos ein höherer Anteil erfasst als in Betrieb, und GALLEX nahm in den dem Sonnenmodell ergeben, so findet von jenen mit höheren Energien. Welcher Jahren 1991 bis 1997 seine Daten auf. Es man eine sehr gute Übereinstimmung. Effekt auch immer die solaren Neutrinos wurde von 1998 bis 2003 in einer ver- Dies bestätigt, dass unsere Vorstellung für die bisherigen Experimente unsicht- besserten Version unter dem Namen vom inneren Aufbau der Sonne und den bar macht, er scheint demnach von der GNO (Gallium Neutrino Observatory) im dort ablaufenden Prozessen nicht so falsch Energie der Teilchen abzuhängen. Gran-Sasso-Labor weitergeführt. Alle Galliumexperimente wurden unter großem sein kann. Betrachtet man die Ergebnisse der ra- mischen Experimenten können wir die experimentellem Aufwand mit künstlich diochemischen Neutrinoexperimente nä- Energie der nachgewiesenen Neutrinos hergestellten Neutrinoquellen geeicht. her, dann fällt auf, dass die Unterdrückung nicht direkt messen: Hier werden die Neu- der solaren Neutrinos in den Galliumex- trinos (ab einer bestimmten Schwellen- Aus dem Sonnenmodell ergaben sich In den hier beschriebenen radioche- als Vorhersage 131 ± 12 SNU. GALLEX/ GNO beobachtete 69,3 ± 5,5 SNU und SAGE fand 66,9 ± 5,3 SNU. Die Resultate beider Experimente stimmen also sehr gut miteinander überein. Wieder werden solare Neutrinos beobachtet, aber mit deutlich geringerer Rate als vorhergesagt. Weil aber in den Galliumexperimenten tatsächlich Neutrinos von allen Reaktionszweigen des pp-Zyklus nachgewiesen werden, musste eine astrophysikalische Lösung des Rätsels endgültig verworfen werden. Jetzt war klar: Des Neutrinorätsels Lösung lag in bis Neutrinos selbst! Dazu kamen noch Beobachtungen aus In dieser Anlage im italienischen Gran- einer ganz anderen Ecke der Physik, näm- Sasso-Untergrundlabor wurde für die lich aus der Helioseismologie. Hier wer- Zählrohre des GALLEX-Experiments die den über den Dopplereffekt im optischen Synthese von »German« (GeH4) im Spektrum der Sonne Schwingungen gasförmigen Zustand durchgeführt. Jeden (stehende Wellen) der Sonnenoberflä- Monat konnten so eine Handvoll Germa­ che beobachtet (Bild auf Seite 36 unten). nium-Atome nachgewiesen werden, die Diese Schwingungen entstehen durch durch den Einfang solarer Neutrinos Druck- oder Schallwellen, die in der gleich gebildet wurden. Die Ergebnisse von darunter liegenden brodelnden Konvek- GALLEX zeigten, dass das solare Neutrino­ tionszone gebildet werden, die aber auch rätsel nicht astrophysikalisch erklärbar war. tief in das Sonneninnere eindringen kön- Die Diskrepanz liegt an den Neutrinos! www.astronomie-heute.de Laboratori Nazionali del Gran Sasso (LNGS) dahin unverstandenen Eigenschaften der Februar 2010 35 Wo kommen Neutrinos in der Natur vor? Im Urknall sollten Neutrinos aller Arten (bzw. Supernovae vom Typ II: Im Gravitationskol- im Amerikanischen »Flavors«, d.h. Düfte) in laps massereicher Sterne werden Neutrinos sehr großer Zahl entstanden sein, die das heu- aller Arten gebildet. Ungefähr 99 Prozent der tige Universum ausfüllen. Wegen ihrer kleinen gesamten Gravitationsenergie werden dabei in Reaktionswahrscheinlichkeit entkoppelten sie bereits eine Sekunde nach dem Urknall von Form eines Neutrinoausbruchs weggetragen! In den Tscherenkow-Detektoren Kamiokande (Japan) und IMB der restlichen Materie und Strahlung. Seitdem unterliegen sie, (USA) konnten am 23. Februar 1987 zum ersten (und bisher auch analog zur elektromagnetischen Hintergrundstrahlung, wegen einzigen) Mal Neutrinos aus einer Supernovaexplosion nachge- der Expansion des Universums der Rotverschiebung, und ihre wiesen werden. Dabei konnte die mittlere Energie der bei der Energie muss heute nur noch winzige 0,2 meV (Millielektronvolt) Explosion freigesetzten Teilchen zu ca. 4 MeV bestimmt werden betragen. Aus diesem Grund wurden Neutrinos aus dem Urknall – das entspricht einer kinetischen Temperatur von 50 Milliarden bis heute noch nicht nachgewiesen. Grad! Insgesamt 19 Neutrinoereignisse wurden damals innerhalb von 10 Sekunden registriert. Für diese Entdeckung wurde 2002 Sterne: Nicht nur die Sonne, sondern alle Sterne im Universum erzeugen ihre ab- Masatoshi Koshiba mit dem Nobelpreis für Physik geehrt. Neutrinos dienen also auch als Sonden zum Studium von gestrahlte Energie durch thermonukleare Supernova-Explosionen. Mit dem heutigen Super-Kamiokande Fusionsreaktionen und emittieren dabei und künftigen Experimenten wie LENA (Low Energy Neutrino As- Neutrinos in großer Zahl. Nur in Sternen, tronomy) werden für eine galaktische Supernova mehr als 10 000 deren Masse bei einer Sonnenmasse oder registrierte Ereignisse erwartet. darunter liegt, ist dabei der pp-Zyklus dominant. Massereichere Diffuser Neutrino-Hintergrund: Seit es Sterne Sonne liegen die Energien dieser Neutrinos im MeV-Bereich. Im gibt, gibt es auch Supernovae. Massereiche BOREXINO-Experiment, an dem auch Forschergruppen aus Mün- Sterne haben deutlich kürzere Lebensdauern chen und Heidelberg beteiligt sind, und in anderen zukünftigen als unsere Sonne. Es hat also im Verlauf der Experimenten sollen erstmals solare CNO-Neutrinos nachgewie- kosmischen Entwicklung sehr viele Supernovae sen werden. gegeben. Daher erwarten wir einen diffusen, Steele Hill, NASA / ESA Sterne emittieren Neutrinos über den CNO-Zyklus. Wie bei der Sonnenflecken Die Helioseismologie erlaubt über die spektroskopische Messung der Dopplerverschiebung von Fraunhoferlinien im Sonnenlicht eine sehr genaue Messung seismischer Wellen in den oberen Schichten der Sonne. Diese Wellen geben Aufschluss über viele Parameter im Sonneninneren, einschließlich des relativen Anteils der schwe­rerern Elemente an der solaren Materie. Im linken Teil der Grafik sind die möglichen Moden helioseismischer Wellen angedeutet: Die gebogenen Linien entsprechen kurzen Oberflächenwellen; die Geraden stellen lange Druckwellen dar, die in die tieferen Bereiche der Sonne hinabreichen. 36 Februar 2010 Sterne und Weltraum das gesamte Universum ausfüllenden Hintergrund von Neutrinos hochinstabile Mesonen mit kurzen Lebens- aus diesen Explosionen. Auch diese Neutrinos unterliegen der Rotverschiebung. Trotzdem sind ihre Energien bei Weitem noch dauern gebildet. Bei deren Zerfall werden im Wesentlichen Myonneutrinos nμ gebildet. nicht so weit abgesunken wie jene aus dem Urknall. Wir erwarten Deren Energie liegt typischerweise im GeV- mittlere Energien im Bereich von mehreren MeV. Für den Fluss Bereich, also deutlich höher als zum Beispiel bei dieser Neutrinos konnten bisher nur obere Grenzen gefunden solaren Neutrinos. Im Super-Kamioande-Detektor konnten bei der werden. Ihr Nachweis ist eines der Ziele des LENA-Projekts. Messung des Flusses atmosphärischer Neutrinos in Abhängigkeit SuW-Grafik; Gerald Rhemann; HST; HST; ESA; Joachim Biefang; Auger-Kolloboration / SuW-Grafik vom Zenitwinkel erstmals Neutrinooszillationen nachgewiesen Erde, Planeten: Alle Elemente unserer Erde werden. schwerer als Eisen und Nickel wurden in mehreren Supernova-Explosionen gebildet. Kosmische Strahlung: Neben der klassischen, Die schwersten von ihnen, wie etwa Uran und geladenen Komponente der kosmischen Strah- Thorium, zerfallen radioaktiv über ihre jewei- lung erwarten wir auch Gammaquanten und lige Reihe bis zu stabilen Bleiisotopen. Dabei Neutrinos sehr hoher Energie. Erstere wurden werden über Betazerfälle Elektronantineutrinos emittiert. Deren bereits erfolgreich nachgewiesen. Neutrinos erstmaliger Nachweis gelang 2005 im japanischen KamLAND- sollen mit riesigen Tscherenkow-Detektoren Experiment, allerdings mit einer sehr kleinen Rate. Diese radio- nachgewiesen werden. Da sie Materie leicht durchdringen und im galaktischen Magnet- aktiven Zerfälle finden auch im Erdinneren statt, es ist allerdings noch unklar, welchen Beitrag sie zum gesamten Wärmestrom aus feld nicht abgelenkt werden, eignen sie sich zur Untersuchung dem Erdinneren leisten. Dessen Gesamtleistung beträgt immer- kosmischer Quellen hoher und höchster Energien. Das Experiment hin etwa 40 000 Gigawatt! Mit LENA könnte man diese geophysi- ICECUBE am Südpol nutzt das dortige Eis als Detektormaterial kalische Frage untersuchen. und steht kurz vor seiner Vollendung. Ein weiteres Observatorium ANTARES soll im Mittelmeer in Europa verwirklicht werden. Atmosphäre: Die kosmische Strahlung, hauptsächlich hoch- Das Volumen künftiger Detektoren dieser Art wird etwa einen energetische Protonen, trifft auf die obersten Schichten unserer Kubikkilometer betragen. Auch an diesen Projekten sind deutsche Atmosphäre. In Kernreaktionen werden dabei Myonen und andere Institute beteiligt. energie) nur gezählt. Die entscheidende tor, und die Lichtintensität ist korreliert Lichtgeschwindigkeit und n der Bre- Frage lautet also: Wie können wir die Neu- mit der Teilchenenergie. chungsindex des Mediums ist. Wenn die trinos von der Sonne nicht nur nachwei- Der Kamiokande-Detektor wurde ur- Energie hoch genug ist, fliegt das gestreute sen, sondern auch gleichzeitig die Energie sprünglich realisiert, um nach dem Zerfall Elektron fast exakt in der Einfallsrichtung eines jeden einzelnen von ihnen messen? des Protons zu suchen. Bald erkannte man des die Streuung verursachenden Neu- Mit anderen Worten: Die Spektroskopie aber, dass Kamiokande auch zur Messung trinos fort. Mit Tscherenkow-Detektoren solarer Neutrinos ist gefragt! solarer Neutrinos zu verwenden ist. Dabei kann man also die Flugrichtung solarer nutzt man die Streuung der Neutrinos Neutrinos bestimmen, und die Spuren an den Elektronen der Wassermoleküle. von Neutrinoereignissen im Detektor Bei dieser Streuung stößt das Neutrino sollten immer von der Sonne weg zeigen. Im Jahr 1987 wurde in der japanischen mit einem Elektron zusammen und kann Da der Zeitpunkt jeder Streuung genau Kamioka-Mozumi-Mine Wasser- ihm einen so hohen Impuls verleihen, bestimmt werden kann und die Sonnen- Tscherenkowdetektor errichtet. Dessen dass dessen Geschwindigkeit die nötige position natürlich bekannt ist, kann man Messprinzip beruht auf Folgendem. Ge- Schwelle c/n überschreitet, wobei c die damit demonstrieren, dass die Signale Neutrinodetektoren der zweiten Art ein ladene Teilchen mit Geschwindigkeiten Kamioka Observatory / Institute for Cosmic Ray Research / The University of Tokyo oberhalb der Lichtgeschwindigkeit in Wasser senden einen Lichtkegel aus, der sich im Medium unter einem bestimmten Winkel symmetrisch um die Spur des Dieses Bild der Sonne im »Licht« ihrer Teilchens ausbreitet. Dies ist physikalisch Neutrinos ist im Super-Kamiokande, dem analog zur Bildung und Ausbreitung eines Nachfolger des Kamiokande-Detektors akustischen Überschallknalls, wenn etwa entstanden. Dort lässt sich mit Hilfe von ein Jet mit Überschallgeschwindigkeit Wasser-Tscherenkow-Detektoren aus Lage fliegt. Der Lichtkegel kann mit hochemp- und Orientierung des charakteristischen findlichen Photosensoren (so genannten Tscherenkow-Kegels (ganz wie für die Photomultipliern) nachgewiesen werden. einfallenden Photonen in einer Kamera) die Die Lage des Lichtkegels verrät Position Flugrichtung der einfallenden Neutrinos und Flugrichtung des Teilchens im Detek- bestimmen. www.astronomie-heute.de Februar 2010 37 Der Super-Kamiokande-Detektor wird mit ultrareinem Wasser gefüllt. Das Schlauchboot mit den Wissenschaftlern macht die Dimensionen des 50 000 Tonnen Wasser fassenden Detektors deutlich. Lothar Oberauer lehrt als Physiker an der Kamioka Observatory / Institute for Cosmic Ray Research / The University of Tokyo Technischen Universität München und forscht mit seiner Arbeitsgruppe im Rahmen des Verbunds »Origin and Structure of the Universe«, kurz: »Cluster Universe«. Er ist an BOREXINO, LENA und anderen internationalen Neutrino-Experimenten beteiligt. Michael Wurm erforscht die Neutrinos in der Arbeitsgruppe von Lothar Oberauer. Kürzlich erhielt er den Universe PhD Award »Experiment« für die beste experimentelle Doktorarbeit innerhalb des Cluster Universe. tatsächlich von solaren Neutrinos stam- gemessen, der wiederum deutlich geringer men. Super-Kamiokande war der erste war, als der aus dem Sonnenmodell abge- Literaturhinweise in Echtzeit betriebene Detektor, mit dem leitete Wert (5,2 ± 1,0 3 106 cm–2 s–1). Brunner, J.: ANTARES – NeutrinoAstronomie in der Tiefsee. In: Sterne und Weltraum 5/2006, S. 38 - 45. Hampel, W.: Der Gallium-Detektor für Sonnenneutrinos. In: Sterne und Weltraum 9/1986, S. 455 - 459. Hampel, W.: Das SonnenneutrinoProblem: endlich gelöst? In: Sterne und Weltraum 6-7/1999, S. 540 - 547. Kirsten, T.: Neutrinoastrophysik. In: Sterne und Weltraum 7-8/1986, S. 375 - 381. Kirsten, T.: Gallex misst Sonnenneutrinos. In: Sterne und Weltraum 1/1993, S. 16 - 24. Rau, R.: Auf der Suche nach der Dunklen Materie. In: Sterne und Weltraum 1/2005, S. 32 – 42. Spiering, Ch.: Neutrinojagd am Südpol. In: Sterne und Weltraum 12/2004, S. 30 - 34. Spiering, Ch.: Astroteilchenphysik, Erfolge und Perspektiven. In: Sterne und Weltraum 6/2008, S. 46 - 54. Das Nachfolgeexperiment Super-Ka­ dies tatsächlich gelungen ist. Kamiokande bestand im Wesentlichen miokande (Bild oben) wurde 1996 in der aus einem mit etwa 2100 Tonnen ul- gleichen Mine in Betrieb genommen. Es trareinem Wasser gefüllten Zylinder. Die beinhaltet 50 000 Tonnen Wasser und be- Wände des Zylinders wurden eng mit den sitzt einen zusätzlichen äußeren Detektor, Photomultipliern bestückt, die das Tsche- der von außen eindringende kosmische renkowlicht nachwiesen und deren Signale Strahlung registriert und als solche er- elektronisch verarbeiteten. Um von außen kennt. Weitere Optimierungen erlaubten kommende wie es, die Energieschwelle auf ca. 5 MeV zu Gammastrahlung und Neutronen auszuschließen, wurde ein inneres Detektions- drücken. Innerhalb von fünf Jahren wurde ein 8B-Neutrinofluss von (2,35 ± 0,08) 3 volumen von 680 Tonnen Wasser definiert. 106 cm–2 s–1 gemessen. Dieses Ergebnis ist Nur solche Ereignisse, deren rekonstruier- verträglich mit dem des Vorläuferexperi- te Positionen innerhalb dieses Volumens ments, wobei die Unsicherheit allerdings liegen, kommen als Kandidaten für solare erheblich reduziert ist. Insgesamt haben Neutrinos in Frage. Trotzdem verblei- wir nun bereits fünf Experimente, die im ben niederenergetische Vergleich zu der aus dem Sonnenmodell Hintergrund­ereignisse: Die mit Kamiokan- abgeleiteten Vorhersage ein sehr deut- de erreichte Energieschwelle lag bei etwa 7 liches Neutrinodefizit zeigen. Hintergrundereignisse unerwünschte MeV. Wie auch alle späteren Tscherenkow- Da nun eine astrophysikalische Lösung Detektoren ist Kamiokande nur für die hochenergetischen solaren 8B-Neutrinos des Rätsels der solaren Neutrinos ausge- empfindlich. Die Anlage nahm von 1987 bis im zweiten Teil dieses Artikels (im näch- 1995 Daten auf, und es wurde ein Neutri- sten Heft) mit den intrinsischen Eigen- nofluss der Stärke (2,82 ± 0,38) 3 106 cm–2 s–1 schaften der Neutrinos beschäftigen. 38 Februar 2010 schlossen werden kann, werden wir uns Weblinks zum Thema: www.astronomie-heute.de/ artikel/1017834 Sterne und Weltraum Ihre Photospezialisten ED-APO Refraktoren Technische Daten / Lieferumfang ED 102/127 APO: 102mm bzw. 127mm Öffnung 700mm bzw. 950mm Brennweite f/7 bzw. f/7,5 Öffnungsverhältnis Vollvergütete Optik für maximale Transmission Vollständig einschiebbare Taukappe Aluminium Crayford Okularauszug mit 1:10 Untersetzung Aluminium Koffer Optional mit: Serie 5000 2" Zenitspiegel mit 99% Reflektivität jetz 100 t um red ,- € uzie rt! ED-127 APO 152mm Maksutov Newton 6" Maksutov Newton (MN-152 Optik Tubus) Der Maksutov Newton bietet mit seinem hoch korrigiertem, scharfen Bildfeld das neue Flaggschiff der Messier-Teleskope. Hochwertigste Verarbeitung in Verbindung mit Carbonfaser-Tubus und ausgezeichneter Optik machen die Beobachtung zum ungetrübten Vergnügen. Technische Daten / Lieferumfang MN-152 152mm Öffnung; 740mm Brennweite; f/7,5 Öffnungsverhältnis; Okularauszug mit 10:1 Untersetzung; Carbon-Tubus; Rohrschellen mit Handgriff und Prismenschiene; 8x50 Sucher beleuchtet; 26mm Super Plössl Serie 4000 8” Advanced Coma Free Optik Dieses Universalinstrument gehört aufgrund seiner Kompaktheit und Preisgünstigkeit zu den beliebtesten Teleskoptypen überhaupt. Hervorragende optische Leistung, in der Tat die gleiche Optik wie bei den LX200GPSModellen (jedoch ohne Hauptspiegelfixierung), garantiert maximalen Beobachtungsspaß und gute Ergebnisse bei visuellen und fotografischen Anwendungen. 8” ACF Technische Daten / Lieferumfang 8” ACF Optik/Tubus: Optischer Tubus mit Advanced Coma Free Optik; 203mm Öffnung; 2000mm Brennweite; f/10 Öffnungsverhältnis; UHTC-Beschichtung; 8x50 Geradesicht-Sucher (achromatisch, mit Fadenkreuz); Super-Plössl Okular f=26mm der Serie 4000 LXD75 GoTo Montierung Die deutsche Montierung LXD 75 ist mit Nachführmotoren in beiden Achsen ausgestattet, die astronomische Objekte genauestens nachführen und obendrein mit bis zu 4,5°/sec positionieren können. Die AutoStar Handbox mit GoTo Funktion steuert die LXD 75 genau und zuverlässig. Präzisionsgetriebe in beiden Achsen erlauben den Betrieb mit einem Minimum an Getriebespiel bei allen der neun möglichen Geschwindigkeiten. Der 12 V= Batteriepack wird bequem auf dem Ablagetisch befestigt und nimmt acht Batterien der Größe "D" auf. LXD75 Montierung mit AutoStar Computer Lieferumfang LXD75 Montierung: Montierung; AutoStar #497; Stativ; Bedienungsanleitung; AutoStar Suite Astronomer Edition ED 102 APO Preis 899,- €** ED 102 APO 999,- €** ED 127 APO 1.399,- €** ED 127 APO 1.499,- €** Optik mit Tubus Optik mit Tubus; 2” Zenitspiegel und Koffer Optik mit Tubus 999,- €* 1.099,- €* 1.499,- €* 1.599,- € Optik mit Tubus; 2” Zenitspiegel und Koffer 6” MN-152 Optik mit Tubus 8” ACF auf LXD75 LXD-75 Montierung * 998,- € 1.795,- €** ** 1.995,- €* 399,- €** beim Kauf eines ED-APO oder MN-152 mit #497 AutoStar Computersteuerung www.astronomie-heute.de *Unverbindliche Preisempfehlung in Euro (D). 599,- €* teil: ung r svor Prei ontioeder MN-152 o-MED-APO ! GboeimTKauf eines stigerelber zusamamufe:n. gün s en skop tierung htele on unsc und M W r n h Ih ube ie sic tische T en S p Stell itere O e W de ade. .me www MEADE ADVANCED PRODUCTS DIVISION MEADE Instruments Europe GmbH & Co. KG D-46414 Rhede • Gutenbergstraße 2 Tel.: (0 28 72) 80 74 - 300 • FAX: (0 28 72) 80 74 - 333 E-Mail: [email protected] • Internet: www.meade.de Februar 2010 39 MEADE und M-Logo sind eingetragene Warenzeichen der Meade Instruments Corporation. ® USA und ausgewählte Länder. © 2008 Meade Instruments Corp. Alle Rechte vorbehalten. Änderungen und Irrtümer vorbehalten. Hergestellt unter den US-Patenten Nr. 6.304.376 und 6.392.799; weitere Patente in den USA und anderen Ländern angemeldet. Linsenteleskope mit Premium ED-Glas sind in der Astronomie für ihre sehr gute Farbkorrektur bekannt. Die neuen dreilinsigen ED-Apochromaten der Serie 5000 von Meade bieten Ihnen die brillante Bildschärfe und den überlegenen Kontrast eines ED-Apochromaten – und das zu einem Bruchteil des bisher üblichen Preises. Der sehr hohe Kontrast und die praktisch farbsaumfreie ED-102 APO Abbildung werden auch einem Einsteiger sofort auffallen.