Dinosaurier-Eier Kurt Schläpfer 2. überarbeitete Auflage Copyright ©2017 2. Auflage Kurt Schläpfer St. Gallerstrasse 60 9032 Engelburg [email protected] Der Autor und seine Frau Béatrice mit einem Präparat eines Dinosaurier-Geleges, hergestellt von Urs Oberli, St. Gallen. 2 Vorwort zur 2. Auflage Die 2011 erschienene erste Auflage dieser Broschüre fand in unserem Freundes- und Bekanntenkreis einen unerwartet schnellen Absatz. Anstatt die Broschüre nachzudrucken, entschied ich mich für eine Überarbeitung. Allerdings haben sich auf dem Gebiet der Dinosaurier-Eier in den vergangenen Jahren weniger Neuerkenntnisse ergeben, als ich erhofft habe. Zwar gab es beispielsweise allein im Jahr 2012 achtzig wissenschaftliche Publikationen über Dinosaurier-Eier. Man kennt aber nach wie vor weniger als 100 Eierarten, und die meisten kann man keiner bestimmten Dinosaurierart zuordnen. Auch von den bekanntesten Dinosauriern (z.B. Tyrannosaurus rex) kennt man ihre Eier nach wie vor nicht. Ferner lassen sich auch über die Zahl der bisher bekannten Dinosaurierarten noch keine übereinstimmenden Angaben finden. April 2017 Kurt Schläpfer 3 Vorwort zur 1. Auflage Kenneth Carpenter schreibt in seinem Buch über DinosaurierEier und -Nester: «Dinosaurier-Eier sind ein grossartiges Thema für Cocktailparties, denn die Leute wollen nichts davon hören und wenden sich ab, und man kann dann die feinen Häppchen am Buffet allein geniessen.» Als Verfasser der vorliegenden Broschüre habe ich dieses Thema jedoch aus einem anderen Grund gewählt: Meine Frau Béatrice besitzt eine grössere Sammlung von Vogel- und Reptilieneiern, die aber nur Eier von heute noch existierenden Tierarten umfasst. Für einen Eiersammler stellt sich daher die naheliegende Frage: «Was war denn vorher?» Eierlegende Tiere gibt es seit 600 Millionen Jahren. Aber von keiner anderen ausgestorbenen Tierklasse hat man mehr Eier gefunden als von den Dinosauriern. Und nebenbei: Das Thema Dinosaurier ist vor allem bei Kindern sehr populär, denn neun von zehn Dinosaurierbüchern sind Kinderbücher. Man hat also nach dem Studium dieser kleinen Broschüre auch ein Thema, worüber man mit seinen Kindern oder Enkelkindern sprechen kann. Ich möchte mich bei folgenden Personen bedanken, deren Hilfe ich in Anspruch nehmen durfte: Herr Urs Oberli, paläontologischer Präparator, hat in verdankenswerte Weise den Text und die Bilder zum Anhang 3 dieser Broschüre geliefert. Dann danke ich Herrn Urs Bünter, der die Bilder für die vordere Umschlagseite und Seite 2 aufgenommen hat. Ferner bedanke ich mich bei den Herren Stefan Fritsche und Klaus Lantz, die für mich Aufnahmen im Dinosaurier-Eiermuseum in Heyuan, China, gemacht haben. Mai 2011 Kurt Schläpfer 4 Inhaltsverzeichnis Wann lebten die Dinosaurier? 6 Wie viele Dinosaurierarten gab es? 7 Klassierung von Dinosauriern 8 Was man über Dinosaurier-Eier weiss 10 Gelegegrösse 14 Die Eigrösse im Verhältnis zur Tiergrösse 16 Besitzen heute gefundene Dinosaurier-Eier noch echte Eierschalen? 19 Kann man Dinosaurier-Eier auch sammeln? 22 Anhang 1: Vergleich von Vogel-, Dinosaurier- und Reptilieneiern 26 Anhang 2: Wie bestimmt man das Alter von Dinosaurier-Eiern? 27 Anhang 3: Gelege mit 10 Eiern eines Hadrosauriers im Naturmuseum St. Gallen 28 Anhang 4: Das Problem der Gewichtsbestimmung von Dinosauriern 30 Anhang 5: Daten von Dinosaurier-Eiern 33 5 Wann lebten die Dinosaurier? Mit der Tierklasse der Dinosaurier verbindet sich eine spezielle Zahl, die man sich merken sollte: Es ist der Zeitpunkt, an welchem die Dinosaurier plötzlich ausstarben. Dies war vor 65 Millionen Jahren der Fall. Dieser Zeitpunkt ist – im Gegensatz zu anderen erdgeschichtlichen Datierungen – ziemlich exakt belegt. Über die Frage, weshalb die Dinosaurier so plötzlich ausstarben, gibt es viele Theorien. Diese seien hier nicht thematisiert, da diese Broschüre nicht den Dinosauriern selbst, sondern nur deren Eiern gewidmet ist. Immerhin gibt es auch eine Theorie, die mit den Eiern zu tun hat, nämlich dass die Eierschalen durch unbekannte Einflüsse immer dünner wurden und zerbrachen, bevor die Jungtiere schlüpfen konnten. Diese Ursache hat schon einmal eine Vogelart an den Rand des Aussterbens gebracht. Das war der WeisskopfSeeadler, dessen Eierschalen in den Siebzigerjahren immer dünner wurden, nachdem das Umweltgift DDT den CalciumHaushalt dieser Vögel geschädigt hat. Erstes Auftreten Wirbellose Tiere Fische Landwirbeltiere Reptilien Dinosaurier Säugetiere Menschenaffen Homo erectus Homo sapiens vor Millionen Jahren 600 500 350 300 235 200 25 1.9 0.16 Zeitverlauf vom Auftreten der ersten Tiere bis heute Wie lange aber gab es die Dinosaurier? Zur Beantwortung dieser Frage muss man sich mit der Evolution der Tiere befassen. Die Zeitachse seit dem Auftreten der ersten Tiere reicht 6 600 Millionen Jahre zurück. Die ersten Dinosaurier tauchten vor 235 Millionen Jahren auf und starben nach weiteren 170 Millionen Jahren bereits wieder aus. Die mit dem Menschen verwandten Säugetiere, nämlich die Menschenaffen, gibt es erst seit 25 Millionen Jahren. Und der eigentliche Mensch (Homo sapiens) kam «erst» vor 160'000 Jahren ins Spiel. Es interessiert vielleicht auch, wie man Altersdatierungen in der Grössenordnung von Millionen von Jahren einigermassen zutreffend vornehmen kann. Dies ist in Anhang 2 kurz beschrieben. Wie viele Dinosaurierarten gab es? Man hat bis heute aufgrund von Knochenfunden gegen 1500 Arten von Dinosauriern benannt, teils aber aufgrund sehr spärlicher Funde. Was braucht es, um eine neue Dinosaurierart zu definieren? Oft findet man einige Wirbel- oder Beckenknochen, die von der Form und Grösse her nicht zu bereits bekannten Skelettfunden passen, was die Entdecker dann veranlasst, diese einer neuen Dinosaurierart zuzuordnen. Dabei kann es vorkommen, dass solche Funde mit bereits früher entdeckten Funden übereinstimmen, sodass man für die mutmasslich gleiche Art dann zwei verschiedene Namen hat. Oder es ist auch möglich, dass Knochen, die man einer vermeintlich neuen Dinosaurierart zugeschrieben hat, zu einer bereits bekannten Art gehören, da sie sich nur in der Wachstumsstufe unterscheiden. Nach der Meinung führender Paläontologen könnten bis ein Drittel aller bis heute benannten Dinosaurier nie existiert haben, da diese nur verschiedene Wachstumsstufen von anderen Dinosaurierarten repräsentieren. Nicht selten werden neue Dinosaurierarten sogar nur aufgrund von Zahnfunden benannt. Von einigen Dutzend Dinosaurierarten besitzt man immerhin vollständige oder fast vollständige Skelette. Die wohl am besten dokumentierte Dinosaurierart ist der Tyranno- 7 saurus rex, von dem man 20 Skelette, teils in verschiedenen Alterstufen, kennt. Annahmen gehen davon aus, dass insgesamt nicht mehr als 2200 Dinosaurierarten je existiert haben. Verglichen mit den Vögeln, von denen man über 10'000 Arten kennt, bilden die Dinosaurier somit keine sehr artenreiche Tierklasse. Heute glaubt man, etwa 1000 Arten zu kennen. Aber auch diese Zahl gilt nicht als gesichert. Eine Liste aller bekannten Dinosauriergattungen, die im Juli 2015 aufdatiert wurde (und die von den Autoren als bereinigt deklariert wird), kommt auf eine Zahl von 989 Gattungen. Da eine Gattung eine oder mehrere Arten umfassen kann, müsste die Gesamtzahl der heute bekannten Dinosaurierarten wohl bei über 1000 Arten liegen. Aber von vielen kennt man nur einen einzigen Knochen oder sogar nur Zähne oder Fussabdrücke. Zuverlässig beschrieben sind nur etwa knapp 650 Arten. Man muss dazu auch noch wissen, dass nicht alle Dinosaurier zur gleichen Zeit gelebt haben, sondern dass in den 170 Millionen Jahren, während welchen es diese Tierklasse gegeben hat, die ersten Arten schon ausgestorben waren, bevor sich spätere Arten entwickelt haben. Klassierung der Dinosaurier In einem ersten Schritt kann man Dinosaurier nach ihrem Beckenbau unterscheiden, nämlich ob ihr Becken eher jenem von Reptilien oder jenem von Vögeln ähnlich ist. Daraus ergeben sich zwei Ordnungen, die weiter in Unterordnungen, Familien, Gattungen und Arten unterteilt werden. Den Unterordnungen lassen sich Merkmale zuordnen, wie beispielsweise ob sie zweibeinig oder vierbeinig laufen, oder ob sie Fleisch- oder Pflanzenfresser sind. Unterordnungen haben auch weitere Gemeinsamkeiten, wie z.B. ob die Tiere einen gepanzerten 8 Körper oder einen langhalsigen Körperbau besitzen. Die sogenannten Flugsaurier werden jedoch nicht zur Klasse der Dinosaurier gezählt, da Dinosaurier als Landwirbeltiere definiert sind. Untergruppe Raubfusssaurier Theropoda Echsenfusssaurier Sauropodomorpha Schildsaurier Thyreophora Neornithischia Fortbewegung zweifüssig Nahrung Fleisch Anzahl Arten* 231 vierfüssig Pflanzen 178 vierfüssig Pflanzen 59 zwei- oder Pflanzen 171 vierfüssig * Quelle: The Princeton Field Guide to Dinosaurs, 2010 Während die Einteilung von Dinosauriern in zwei Ordnungen allgemein anerkannt ist, gibt es bei der weiteren Unterteilung sehr unterschiedliche Vorschläge. Allgemein anerkannt ist die Unterteilung der Echsenbecken-Dinosaurier in die zwei Unterordnungen Raubfusssaurier und Echsenfusssaurier. Bei den Vogelbecken-Dinosauriern findet man dagegen keine einheitlichen Vorschläge. In der obigen Tabelle ist eine Unterteilung gewählt, wie sie in mehreren modernen Publikationen gefunden werden kann. Die meisten bisher bekannten Dinosaurierarten gehören zur Unterordnung der Raubfusssaurier. Dort wird auch eine Familie mit dem Namen Avialae eingereiht. Nach heute gängiger Lehrmeinung sind die heutigen Vögel Abkömmlinge aus dieser Dinosaurierfamilie. Die grössten Dinosaurier finden sich in der Unterordnung der Echsenfusssaurier. 9 Bezüglich der Namensgebung sei erwähnt, dass Dinosaurier ausschliesslich mit lateinischen Namen benannt werden. (Die lateinischen Namen sind offenbar kein Hindernis dafür, dass Dinosaurier bei Jugendlichen ein populäres Thema sind.) Wie in der Tierwelt üblich, umfasst die Artenbezeichnung zwei Namen (z.B. Tyrannosaurus rex), wobei der erste Name für die Gattung steht. Was man über Dinosaurier-Eier weiss Man nimmt an, dass alle Dinosaurier eierlegend (ovipar) waren. Es sind um die 240 Fundstätten von Dinosaurier-Eiern beschrieben, und an einer Fundstätte in Spanien vermutet man, dass sich dort 300'000 Dinosaurier-Eier befinden könnten. Daraus könnte man schliessen, dass es eine Fülle von Daten und Informationen über diese Eier geben muss, was aber leider nur zum Teil zutrifft. Wie bereits erwähnt wurde, kennt man heute etwa 1000 Dinosaurierarten, wovon aber nur etwa 650 genauer beschrieben sind. Aber ganze Eier besitzt man von höchstens 100 Arten. Und man kann in diesen Fällen nicht einmal jedes Ei einer bestimmten Art zuordnen. Dem Autor dieser Broschüre ist es nur bei knapp 30 Dinosaurierarten gelungen, Angaben über ihre Eier zu finden, was bei der Gesamtzahl der bekannten Dinosaurierarten keine grosse Ausbeute ist (siehe Anhang 5). Ein Problem ist, dass Zuordnungen von Eiern zu einer bestimmten Dinosaurierart oft auf Spekulationen beruhen. Findet man an einem Ort Skelettteile, die man einigermassen sicher identifizieren kann, und findet man am gleichen Ort auch Eier oder Schalenreste, so ist es zwar wahrscheinlich, aber eben doch nicht sicher, dass die Eier von der betreffenden Saurierart abstammen. Ein konservativer Paläontologe würde eine solche Zuordnung nicht vornehmen, da die Eier vielleicht nur Beutestücke der dort gefundenen Saurierart waren. Immerhin heisst 10 ja ein bekannter Dinosaurier Oviraptor, was so viel wie Eierräuber bedeutet. Findet man allerdings an mehreren Orten die gleichen Skelette und die gleichen Schalenreste, ist eine Zuordnung eher erlaubt. Auch wenn sich in einem Ei noch ein Embryo befindet (was selten genug der Fall ist), ist die Zuordnung zu einer bestimmten Dinosaurierart oft spekulativ, da man von Skelettmerkmalen, die man bei erwachsenen Tieren kennt, nicht immer auf das Aussehen des Embryos schliessen kann. Und Skelette oder grössere Teile von Skeletten besitzt man nur von etwa 100 Dinosaurierarten. Es gibt eigentlich nur zwei Fälle, in denen man von einem Ei sicher auf die entsprechende Dinosaurierart schliessen kann, nämlich, einerseits wenn sich ein Ei noch im Becken eines Dinosaurierskeletts befindet, und anderseits wenn sich das Skelett direkt über einem Eiergelege befindet. Was macht man, wenn man die Eier klassieren möchte, aber die dazu gehörende Tierart nicht kennt? Man klassiert die Eier nach ihrer äusseren Form (rund, elliptisch usw.) und nach der mineralischen Struktur ihrer Schalen. Dies ist dann eine Parallelklassifikation zur nicht bekannten eigentlichen Klassifizierung, die als Ordnungskriterium das zugehörige Tier hätte. Auf diese Weise hat man bis heute knapp 100 Eierarten beschrieben. Davon kann man etwas mehr als zwei Dutzend einer bestimmten Dinosaurierart zuordnen. Bei einigen anderen kann man nur mit einiger Sicherheit sagen, aus welcher Unterordnung der entsprechende Saurier stammt. Gefühlsmässig neigt man zur Annahme, dass Dinosaurier-Eier – angesichts der Grösse dieser Tiere – viel grösser gewesen sein müssten als die grössten Vogeleier. Dies trifft aber nicht zu. So hat der vor gut 350 Jahren ausgestorbene Elefantenvogel (Aepyornis maximus) noch grössere Eier gelegt als jene, die man bisher bei Dinosauriern gefunden hat. Bis vor Mitte der 90er Jahre waren die grössten gefundenen DinosaurierEier etwa so gross wie ein Fussball. Dann fand man in China 11 überraschend noch wesentlich grössere Eier von länglicher Form, die etwa das doppelte Volumen eines Fussballs hatten. Das grösste dieser Eier ist mit einem Volumen von knapp zehn Litern aber immer noch kleiner als das grösste Ei, das ein Elefantenvogel je gelegt hat. Leider konnte man diese Eier bisher noch keiner Dinosaurierart zuordnen. Gelegentlich wurde auch von noch grösseren Eiern berichtet, was aber nie mit Daten bestätigt wurde. Zwillingseier (Eier aus zwei parallelen Eileitern), die zu den grössten bisher gefundenen Dinosaurier-Eier gehören: Diese konnten noch keiner Tierart zugeordnet werden. Die Eier auf dem Bild sind etwa 37 cm lang. Die grössten bisher gefundenen Eier dieser Art sind 60 cm lang. 12 Das kleinste bisher gefundene Dinosaurier-Ei ist fast fünfzigmal kleiner als ein Hühnerei und entspricht mit einem Gewicht von 1.2 Gramm etwa dem Ei einer Kohlmeise. Auch hier kennt man die Dinosaurierart nicht, die dieses Ei gelegt hat. Dinosaurier-Eier können wie Vogel- oder Reptilieneier entweder rund oder elliptisch oder länglich gestreckt sein. Dieses Merkmal wird mit dem Längen-Breiten-Verhältnis des Eis beschrieben. Während bei Vogeleiern dieses Verhältnis stets kleiner als 1:2 ist, kann dieses Verhältnis bei DinosaurierEiern bis über 1:3 betragen. Eine klassische ovale Eiform, wie sie das Hühnerei besitzt, findet man jedoch bei Dinosauriern nicht. Ein weiteres Merkmal ist die Schalendicke. Grundsätzlich sind der optimalen Schalendicke enge Grenzen gesetzt: Ist die Schale zu dünn, kann sie schon bei der Eiablage zerbrechen. Man spekuliert, dass bei grossen Dinosauriern die Eier trotz Kauerstellung noch aus über einem Meter Höhe herunterfielen. Ist jedoch die Schale zu dick, kann sich der Embryo nicht mehr selbst aus der Schale befreien. Schalen dürfen daher nicht dicker als etwa 6 mm sein. Die bisher gemessenen Schalendicken liegen in einem Bereich von 0.3 mm bis 4.75 mm. Wie man an Embryo-Skeletten festgestellt hat, haben schlüpfende Dinosaurier gleich wie Vögel zum Aufbrechen der Schale einen Eizahn besessen. Und wie bei den Vogeleiern weisen die Schalen Poren auf, damit der darin enthaltene Embryo atmen konnte. Eine Beschreibung der knapp 30 Dinosaurier-Eier, die man einer bestimmten Tierart zuordnen kann, findet sich in Anhang 5. In einigen Fällen wurden sehr unterschiedliche Daten zu den Eiern der gleichen Dinosaurierart gefunden. Vom Oviraptor sind beispielsweise in Anhang 5 vier verschiedene Eier beschrieben, deren Volumen sich bis um den Faktor drei un- 13 terscheiden. Da solche Unterschiede in der Eigrösse bei der gleichen Tierart eher unwahrscheinlich sind, sind die angegebenen Daten mit einer gewissen Skepsis zu betrachten. Dinosaurier-Eier und Hühnerei im Grössenvergleich: A kleinstes bekanntes Ei (Tierart unbekannt) 18×11 mm B Oviraptor philoceratops 150×63 mm C Hadrosaurus foulkii 130×120 mm D Titanosaurus blanfordi 215×2215 mm E Tarbosaurus bataar 400×175 mm F grösstes bekanntes Ei (Tierart unbekannt) 610×179 mm Hühnerei 57×43 mm Das grösste Ei hat ein etwa 9000-mal grösseres Volumen als das kleinste Ei. 14 Gelegegrösse Bei Vögeln kann die Gelegegrösse zwischen eins und etwa 25 variieren. Bei Reptilien ist die maximale Gelegegrösse sehr viel grösser: z.B. bei Schildkröten bis zu 240 Eier, bei Krokodilen bis 150 Eier und bei Schlangen über 100 Eier. Zur Erklärung sei hier angefügt, dass Vögel nur immer ein Ei nach dem anderen legen, während sich bei Reptilien mehrere Eier gleichzeitig im Eileiter befinden können. Nur so ist es möglich, dass Reptilien in kurzer Zeit so viele Eier legen können. Relativ grosses Dinosaurier-Eiergelege mit 22 Eiern Bei Dinosauriern liegt die maximale Gelegegrösse bei höchstens 40 Eiern. Dabei hat man festgestellt, dass viele Dinosaurier zwei Eileiter besessen haben, sodass sie zwei Eier miteinander ablegen konnten. Diese klebten oft zusammen und werden daher als Zwillingseier bezeichnet. Für die Fortpflanzung ist neben der Gelegegrösse auch die Zahl der Gelege pro 15 Jahr, oder eigentlich die Zahl der Eier pro Jahr, ein Kriterium. Hier nimmt man an, dass Dinosaurier höchstens 200 Eier pro Jahr gelegt haben. Eine bemerkenswerte Entdeckung wurde erst kürzlich bei Dinosaurier-Eiern gemacht: Man konnte in der Eischale eines kleineren Dinosauriers den blaugrünen Farbstoff Biliverdin nachweisen. Dieser Farbstoff ist auch für die blaugrüne Färbung bei Vogeleiern verantwortlich, beispielsweise bei den Amseln und Drosseln. Die Eier des betreffenden Sauriers (der mit dem Oviraptor verwandt ist) sind etwa 260 Gramm schwer, was einem kleineren Schwanenei entspricht. Die Entdeckung ist insofern bemerkenswert, als der Eifarbstoff Biliverdin eine organische Substanz ist, die eigentlich nach 65 Millionen Jahren vollständig abgebaut sein müsste. Man kann wohl annehmen, dass auch noch andere Dinosaurier-Eier farbig waren – etwa im Gegensatz zu Reptilieneiern, die alle farblos sind. Die Eigrösse im Verhältnis zur Tiergrösse Ein interessantes Merkmal eines Eies ist seine Grösse in Bezug auf das eierlegende Tier. Aus der Vogelwelt hat man darüber sehr genaue Daten. Allgemein gilt, dass die Eier von kleinen Tieren relativ grösser sind als jene von grossen Tieren. Die kleinsten Vögel, beispielsweise die Kolibris, legen Eier, deren Gewicht etwa 15% des Körpergewichts beträgt, während bei den grössten lebenden Vögeln, den Straussen, die relative Eigrösse nur 1.5% beträgt. Dann gibt es allerdings bei den Vögeln auch noch Extremwerte: So gibt es eine Kiwi-Art in Neuseeland, deren Ei über 25% des Körpergewichts wiegt. Zu betonen ist, dass bei den Vögeln solche Daten auf zuverlässigen Durchschnittswerten beruhen. Bei den Dinosauriereiern muss man sich mit sehr viel rudimentäreren Daten begnügen. Wie bei den Vogeleiern gibt es auch bei den Dinosaurier-Eiern 16 Grössenunterschiede innerhalb eines Geleges oder von Tier zu Tier. Aber man findet Dinosaurier-Gelege der gleichen Tierart nicht so häufig, dass man Durchschnittswerte bilden könnte. So sind Angaben über die Eigrösse bei Dinosauriern, sofern man die Zuordnung überhaupt kennt, sehr schwankend, oder im Fall von Messungen an einzelnen Eiern nicht repräsentativ. Will man die Eigrösse bei Dinosauriern in eine Beziehung zum Körpergewicht des Muttertiers bringen, begegnet man allerdings dem Problem, dass man auch nicht genau weiss, wie schwer solche Tiere gewesen sind (siehe dazu Anhang 4). Der bisher kleinste Dinosaurier (Qiliania graffini), den man bis heute entdeckt hat, ist etwa so gross wie ein Rotkehlchen und wiegt ungefähr 15 Gramm. Dessen Eier kennt man nicht. Sie dürften jedoch grösser sein, als die kleinsten Dinosauriereier, die man bisher gefunden hat. Der Argentinosaurus im Grössenvergleich mit dem Tyrranosaurus rex, dem Elefanten und dem Menschen. Der grösste Dinosaurier, dessen Eier man kennt, ist der Argentinosaurus mit einem angenommenen Gewicht von 75 Tonnen (siehe Anhang 4). Seine Eier haben ein Gewicht von etwa 4.7 kg. Daraus errechnet sich, dass das erwachsene Tier etwa 15'000 mal schwerer gewesen sein muss als das Ei, aus dem es 17 geschlüpft ist. Diese Zahl ist insofern interessant, als sie etwas darüber aussagt, wie schnell ein Dinosaurier wachsen muss, bis er 75 Tonnen erreicht hat. Hätte dieser Dinosaurier 75 Jahre gelebt, hätte er durchschnittlich pro Jahr eine Tonne zunehmen müssen. Dinosaurier sind aber kaum je so alt geworden. Man hat das Wachstum von Dinosauriern vor allem am Beispiel des Tyrannosaurus rex studieren können, von welchem man 20 Skelette im Alter von 2 bis 30 Jahren besitzt. (Interessanterweise hat man jedoch bis heute noch kein entsprechendes Ei gefunden.) Man hat errechnet, dass die Gewichtszunahme beim Tyrannosaurus rex zwischen dem 15. und 20. Altersjahr am grössten war. Es gibt also eine maximale Wachstumsphase, in welcher im vorliegenden Fall die Gewichtszunahme etwa 500 kg pro Jahr betrug. Beim Argentinosaurus hat man errechnet, dass dieser in seiner maximalen Wachstumsphase etwa 56 kg pro Tag zugenommen haben muss, also in einem Jahr gut zwei Tonnen. Hinterfuss eines Argentinosaurus 18 Das kleinste Verhältnis zwischen Tiergewicht und Eigewicht findet sich beim Oviraptor: Seine grössten Eier sind gut 1 kg schwer, während sein Körpergewicht auf 36 kg geschätzt wird. Somit ist der Oviraptor nur etwa 35-mal schwerer als sein Ei. Dieses Gewichtsverhältnis ist bei vielen Vögeln sehr viel kleiner: Das Haushuhn ist beispielsweise nur 16-mal schwerer als sein Ei. Ein Vergleich der grössten und kleinsten Dinosaurier-, Reptilien- und Vogeleiern findet sich in Anhang 1. Besitzen heute gefundene Dinosaurier-Eier noch echte Eierschalen? Es sei nochmals festgestellt: Alle Dinosaurier-Eier sind älter als 65 Millionen Jahre. Was ist da von einem Ei noch übrig geblieben? Von den Tieren selbst weiss man, dass es keine organischen Überreste mehr gibt, also keine Weichteile, keine Haut und auch kein ursprüngliches Knochenmaterial. Selbst das Calcium der Knochen wird durch andere Mineralien ersetzt, wobei aber immerhin die Porenstruktur der Knochen erhalten bleibt. Bei den Eierschalen ist die Ausgangslage jedoch anders: Die Schale besteht aus Kalk (Calciumcarbonat), einem anorganischen Material, das nicht durch Mikroorganismen abgebaut werden kann. Die Eierschalen bleiben also mehr oder weniger in jenem Zustand erhalten, wie sie gelegt worden sind. Allerdings wird der organische Inhalt durch Bakterien, die durch die Poren eindringen, zerstört. Durch die Poren kann auch gelöstes Calciumcarbonat eindringen und im Innern kristallisieren. In vielen Fällen ist der Embryo bereits aus dem Ei geschlüpft, und die Eischale ist mehr oder weniger aufgebrochen. Falls ein Embryo noch nicht weit entwickelt war, findet man keine Skelettteile, da die Embryoknochen in dieser Phase noch aus Knorpeln bestehen, die durch den bakteriellen Abbau zerstört werden. Aber es gibt den sehr seltenen Fall, wo ein Embryo kurz vor dem Schlüpfen war, und damit im Ei ein mehr oder weniger intaktes Skelett zurückbleibt. Über einen 19 solchen bemerkenswerten Skelettfund in einem Dinosaurier-Ei machte die amerikanische Zeitschrift National Geographic in ihrer Ausgabe vom Mai 1996 eine Titelgeschichte. Auf der Titelseite wurde eine plastische Nachbildung des gefundenen Embroys unter dem Namen «Baby Louie» abgebildet. Künstlerische Nachbildung eines Embryos in einem Dinosaurier-Ei: Dieses Präparat ist als Titelbild der renommierten Zeitschrift NATIONAL GEOGRAPHIC unter dem Namen «Baby Louie» bekannt geworden. Trotzdem sehen aber Dinosaurier-Eier nicht gleich aus wie heutige Vogel- oder Reptilieneier. Zunächst sind sie in der Regel rötlich, schwarz oder auch grünlich verfärbt. Diese Verfärbungen entstehen durch Mineralsalze wie Eisenoxid (rot), 20 Eisensulfid (schwarz) oder Eisensulfat (grün) und bilden sich auf einer Kalkschicht, die über der eigentlichen Eischale noch entstanden ist. Die schwarze Eisensulfid-Schicht blättert oft leicht ab. Auf der eigentlichen Eischale finden sich häufig ornamentartige Einprägungen, deren Herkunft durch mechanische Einwirkungen während der Alterung erklärt wird. Kurz gesagt: Man findet also keine weissen Dinosaurier-Eier mit glatter Oberfläche. Typisches Aussehen eines Dinosaurier-Eis: Über der eigentlichen Eischale aus Kalk befinden sich zwei mineralische Oxid-Schichten. Die rötliche Schicht ist aus Eisenoxid, während die schwarze Schicht, die oft abblättert, aus Eisensulfid besteht. 21 Dinosaurier-Ei, links befreit von der mineralischen Oxid-Schicht, die über der Eischale liegt, und rechts aufgeschnitten, sodass das kristalline Calciumcarbonat (Calcit) im Innern sichtbar wird. Es müssen sehr viele günstige Umstände zusammenkommen, bis ein Dinosaurier-Ei überhaupt erhalten bleibt. Man muss wissen, dass die Kalkschale zwar mechanisch relativ stabil ist, dass sie aber durch Säurebestandteile leicht aufgelöst werden kann. Dazu genügt schon das Kohlendioxid in der Luft, das sich mit Wasser zur Kohlensäure verbindet. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das Ei in einem Sumpfgelände abgelegt wird. Dort löst sich die Schale in einigen Jahrzehnten auf. Eine günstigere Ausgangssituation ist hingegen, wenn das Ei auf Sand abgelegt wird, was bei Dinosauriern – wie heute bei Schildkröten – offenbar häufig der Fall war. Aus diesen Sandschichten entstehen im Verlauf der Zeit Sedimente, worin das Ei in der Regel intakt erhalten bleibt. Kann man Dinosaurier-Eier auch sammeln? Wie bereits erwähnt wurde, gibt es über 200 Fundstellen auf der Erde und solche mit mehreren Tausend Gelegen. Könnte man somit auch eine Sammlung von Dinosaurier-Eiern aufbauen? Da man von vielen Dinosauriern nur Schalenreste und keine ganzen Eier besitzt, würde eine solche Sammlung weniger als 100 Arten von Eiern umfassen. Und zudem gibt es 22 bestimmte Eier nur in wenigen Exemplaren auf der ganzen Welt. Und was auch nicht ermutigend ist: Man kennt von vielen Eiern die entsprechende Dinosaurier-Art, die das Ei gelegt hat, nicht. Die sonst schon kleine Sammlung könnte also nicht einmal durchgehend beschriftet werden. Immerhin haben die Dinosaurier grosse Gelege gelegt, was die Sammlung wieder etwas vergrössern würde. Von einem chinesischen Privatsammler weiss man, dass er in weniger als zehn Jahren weit über 1000 Dinosaurier-Eier zusammengetragen hat. Die grösste Sammlung von Dinosaurier-Eiern befindet sich im HeyuanMuseum in China mit einem Bestand von 18'000 Eiern. Gelege mit 19 Dinosaurier-Eiern, versteigert 2006 für 420'000 Dollar Wie kommt man zu Dinosaurier-Eiern? Wenn man die Möglichkeit ausschliesst, solche selbst auszugraben, kann man Dinosaurier-Eier nur noch kaufen. Während dies in den 90erJahren noch für wenig Geld möglich war, liegen die Kosten für ein einzelnes Ei heute bei 500 bis 1000 US-Dollar, und der Preis für ein Gelege ist das entsprechend Vielfache davon. Gelege von 10 oder 20 Eiern werden oft in Einheiten von zwei oder vier Eiern aufgeteilt und dann zu 2000 oder 4000 Dollar 23 angeboten. Man kann im Internet Dutzende solcher Angebote finden. In den meisten Fällen sind es Oviraptor- oder Hadrosaurus-Eier. Grössere Gelege kann man auch an Auktionen erwerben. So wurde 2006 für ein Oviraptor-Gelege mit 19 Eiern 420'000 Dollar bezahlt. Dann gibt es aber auch die Möglichkeit, für sehr viel weniger Geld gute Nachbildungen von Dinosaurier-Eiern zu kaufen. Echtes Hadrosaurus-Ei Nachgebildetes Hadrosaurus-Ei Die Preise für ein einzelnes Ei liegen hier etwa bei 30 bis 50 Euro, wobei wiederum am häufigsten Abgüsse von Hadrosaurus- und Oviraptor-Eiern angeboten werden. Diese beiden Eierarten decken auch vom Aussehen her zwei sehr verschiedene Typen ab, da die einen fast rundlich (Hadrosaurus) und die anderen länglich-gestreckt (Oviraptor) sind. Die Nachbildungen sehen den echten Eiern äusserst ähnlich, was bei Interessenten an echten Eiern die Frage aufwirft, ob die als echt angebotenen Eier tatsächlich keine Nachbildungen sind. Soweit darüber von Experten Stellungnahmen zu finden sind, vertreten diese die Meinung, dass Angebote auf der eBayPlattform in der Regel als vertrauenswürdig einzustufen seien, dass man aber bei Internet-Anbietern aus China vorsichtig sein sollte. 24 Nachbildungen in Form von Gelegepräparaten können in einer Sammlung durchaus ihre Berechtigung haben, da sie wegen ihrer leichten Handhabbarkeit auch didaktisch einen Zweck erfüllen. Zusammengefasst ergibt sich, dass man unter Einsatz von einigen zehntausend Franken durchaus noch eine kleine Sammlung von einigen Dutzend Eiern, ergänzt mit einigen didaktisch wertvollen Nachbildungen, aufbauen könnte. Dinosaurier-Eier, die anfangs 2017 im Internet zum Verkauf angeboten wurden: 1 2 3 4 Titanosaurus, 20.3 x 19 cm, Preis 12'000 US$ Segnosaurus, 11.4 x 11.4 cm, Preis 500 £ Oviraptor, 17.5 x 6 cm, Preis 1100 £ Hadrosaurus, 16.5 x 15.9 cm, Preis 850 US$ 25 Echtes Oviraptor-Ei Nachgebildetes Oviraptor-Ei Anhang 1: Vergleich von Vogel-, Dinosaurier- und Reptilieneiern Merkmal Ei-Gewicht (gefüllt) minimal Vögel 0.24 g Bienenelfe Lophorna ornata 12'700 g Elefantenvogel Aepyornis maximus 3.9 : 1 Zwergkiwi Apteryx owenii Dinosaurier 1.14 g Art unbekannt Gewichtsverhältnis Tier zu Ei maximal 62.5 : 1 Strauss Struthio camelus Maximale Gelegegrösse (Anzahl Eier) 25 Perlhuhn Numida meleagris ca. 26'000 : 1 Therizinosaurus (basierend auf unsicheren Daten) 40 Protoceratops (und möglicherweise weitere Arten) Ei-Gewicht (gefüllt) maximal Gewichtsverhältnis Tier zu Ei minimal 26 10'710 g Art unbekannt 33 : 1 Oviraptor Reptilien 0.021 g Jaragua-Zwerggecko Sphaenodactylus ariasae 314 g Tiger-Python Python molurus 16.8 : 1 BarbadosSchlankblindschlange Leptotyphlops carlae 6100 : 1 Nil-Krokodil Crocodylus niloticus 240 Suppenschildkröte Chelonia mydas Anhang 2: Wie bestimmt man das Alter von DinosaurierEiern? Eine direkte Altersbestimmung an einem Dinosaurier-Ei ist nicht möglich. Befindet sich ein Ei einmal in einer Sammlung, ist sein Alter nicht mehr bestimmbar. Was man aber in den meisten Fällen bestimmen kann, ist das Alter der Gesteinsschicht, in welcher das Ei gefunden wurde. Viele Gesteine enthalten nämlich chemische Elemente, die radioaktiv zerfallen. Ein Beispiel ist das radioaktive Element Uran, das in BleiAtome zerfällt. Da man die Zerfallsgeschwindigkeit genau kennt, kann man in einem heutigen Gestein die Menge der Blei- und Uran-Atome bestimmen, und aus diesem Verhältnis schliessen, wann der radioaktive Zerfall begonnen hat. Das Ergebnis solcher Analysen muss aber sorgfältig interpretiert werden: Das Alter des Gesteins kann nämlich nur dann mit dem Alter des gefundenen Dinosaurier-Eies gleichgesetzt werden, wenn die Gesteinsschicht gerade zur Zeit der Eiablage frisch gebildet wurde. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das noch frische Ei bei einem Vulkanausbruch durch Vulkanasche zugedeckt wird. Wenn man nicht weiss, wann die Ascheschicht nach der Eiablage entstanden ist, kann man immerhin sagen, dass das Ei unter dieser Schicht nicht jünger sein kann als die darüber liegende Schicht. Wenn man Glück hat, findet man unter dem Ei noch eine ältere Vulkanascheschicht, sodass man das Alter des Eies dadurch eingrenzen kann. Ein Problem ist aber, dass gerade Sedimente, in denen Eier oft gefunden werden, keine radioaktiven Elemente enthalten, die zur Altersbestimmung geeignet sind. Ergänzend sei noch erwähnt, dass die bekannte Kohlenstoff14-Methode nicht für Datierungen geeignet ist, die 100 Millionen Jahre zurückliegen. Der relativ schnelle Zerfall von Kohlenstoff 14 begrenzt den Datierungszeitraum dieser Methode auf maximal 70'000 Jahre. 27 Anhang 3: Gelege mit 10 Eiern eines Hadrosauriers im Naturmuseum St. Gallen (Präparation, Text und Bilder von Urs Oberli, St. Gallen) Alter des Geleges: ca. 75 Millionen Jahre Fundort: Choteau, Montana, USA. Die Eier sind mit der unteren Hälfte im Sediment plastisch erhalten geblieben. Die jungen Saurier sind ausgeschlüpft, noch ein wenig im Nest herumgetrampelt, und deshalb sind die Schalenreste auf der Oberseite des Geleges eingedrückt. Gelege von oben betrachtet: Man sieht die eingedrückten Schalenreste. 28 Normalerweise werden solche Gelege an der Fundstelle eingegipst und in den Museen von unten präsentiert. Die Eier im Naturmuseum St.Gallen sind in der richtigen Fundlage ausgestellt und zudem von unten (in einem Spiegel) ebenfalls sichtbar. Hadrosaurier-Gelege werden in Amerika extrem selten gefunden. Gelege von unten betrachtet. 29 Anhang 4: Das Problem der Bestimmung der Grösse und des Gewichts bei Dinosauriern Welches Gewicht Dinosaurier gehabt haben, ist innerhalb weiterer Grenzen ungewiss. Man kennt ja die organische Körpermasse bei fossilen Dinosaurier-Funden nicht. Im besten Fall kennt man das Skelett in fossiler Form oder nur als Abguss, und oft genug besitzt man sogar nur wenige Teile des Skeletts. Schon die Rekonstruktion des Tiers aufgrund seines Skeletts beinhaltet sehr viele Unsicherheiten, und eine Abschätzung des Gewichts aufgrund einer solchen Rekonstruktion ist noch viel weniger präzis. Trotzdem besteht eine anerkannte Methode zur Bestimmung des Gewichts darin, die Wasserverdrängung eines rekonstruierten Dinosauriers zu messen. Eine andere Methode ist die Gewichtsabschätzung aufgrund der Dimensionen von Hüft- oder Oberschenkelknochen. Hier kann man Rechenmodelle von noch lebenden Landsäugetieren, vor allem von Elefanten, ableiten, da man deren Gewicht und Knochen präzise messen kann. Es bleibt aber die Frage, ob das an einem fünf Tonnen schweren Elefanten abgeleitete Rechenmodell auch für einen 50 Tonnen schweren Dinosaurier gilt. Immerhin gibt es aber viele Dinosaurierarten, die nicht viel schwerer als ein Elefant waren, so z.B. auch der Tyrannosaurus rex. Soweit man also intakte Becken- und Oberschenkelknochen für eine bestimmte Dinosaurierart kennt, sind solche Berechnungen heute wissenschaftlich akzeptiert. Spekulativer wird es, wenn die Knochenfunde spärlicher sind. Gerade von jenen Dinosauriern, die man heute als die grössten und schwersten bezeichnet, besitzt man keine grösseren Knochenfunde und kann daher das Gewicht nur in Grössenordnungen angeben. Wie unsicher Gewichtsbestimmungen sein können, kann am Beispiel des Brachiosaurus brancai gezeigt werden. Dies ist der grösste Dinosaurier, von dem man ein fast vollständiges 30 Skelett besitzt. Man kann also in diesem Fall sowohl mittels Wasserverdrängung als auch mittels Hochrechnung aus verschiedenen Knochendimensionen das Gewicht bestimmen. Es gibt mindestens zwölf Autoren, die vom Brachiosaurus brancai Gewichtsberechnungen publiziert haben. Diese variieren zwischen 23,3 Tonnen und 78,3 Tonnen, also um einen Faktor von über drei. Es liegt daher auf der Hand, dass in Fällen, in denen nur wenige Knochen vorliegen, Gewichtsabschätzungen noch unsicherer ausfallen. Hier ein Beispiel, wie anhand eines einzigen Oberschenkelknochens das Gewicht eines Dinosauriers berechnet wird: Es sei angenommen, dass dieser Knochen 30% grösser ist als der eines Dinosauriers mit einem anerkannten Gewicht von 50 Tonnen. 30% heisst, dass der Knochen um den Faktor 1.3 grösser ist. Zur Berechnung des Gewichts wird dann dieser Faktor in der dritten Potenz mit dem Gewicht des bekannten Dinosauriers multipliziert: also 50 × 1.3 × 1.3 × 13 = 109.85 Tonnen. Man hat auf diese Weise für Dinosaurier schon Gewichte von 150 Tonnen berechnet. Fachleute geben aber zu bedenken, dass ein auf dem Land lebendes Tier aufgrund physiologischer Überlegungen und aus Gründen der Schwerkraft kaum wesentlich über 80 Tonnen schwer werden kann. Im Wasser lebende Tiere wie z.B. Blauwale können jedoch über 100 Tonnen schwer werden. In der vorliegenden Broschüre wird das Verhältnis zwischen Eigrösse und Tiergrösse am Beispiel des Argentinosaurus besprochen, dessen Gewicht mit 75 Tonnen angenommen wird. Auch bezüglich der Grösse und der Länge der Dinosaurier sind die publizierten Angaben mit grossen Unsicherheiten 31 behaftet. Man muss dazu wissen, dass es kein Dinosaurierpräparat gibt, dessen Skelett zu 100% vollständig ist. Skelette, die zu 80% erhalten sind, sind bereits eine Seltenheit. Gerade beim hier speziell betrachteten Argentinosaurus kennt man beispielsweise nur etwa 5% aller Skelettteile. Die fehlenden Teile werden daher von anderen Skeletten, die dem gefundenen Saurier am ähnlichsten sind, grössenmässig angepasst kopiert und mit den gefunden Skelettteilen kombiniert. Ein Problem bei der grössenrichtigen Rekonstruktion stellt vor allem die Schwanzpartie dar. Bei vielen Dinosauriern entspricht nämlich der Schwanz etwa der halben Tierlänge. Ein Saurierschwanz besteht aus 50 bis 80 Wirbeln, von denen meistens nur wenige gefunden werden. Die Schwanzwirbel müssen daher rekonstruiert werden. Kennt man die Zahl der Schwanzwirbel nicht genau, und muss auch der Wirbelabstand noch geschätzt werden, sind Fehler von 20% bis 30% bei der Rekonstruktion leicht möglich. Bei einem grossen Dinosaurier kann dies zu Längenangaben führen, die um fünf oder mehr Meter falsch sein können. Der grösste Dinosaurier, von dem ein Skelett mit allen Schwanzwirbeln (aber mit nur einem Teil der Halswirbel) erhalten ist, heisst Dreadnoughtus schrani. Dessen Länge beträgt 26 m (hier im Vergleich mit einem Flugzeug von 42 Meter Länge). Es gibt Dinosaurier, deren Länge mit über 40 Metern angegeben wird. Von diesen sind aber nur wenige (und nicht immer intakte) Skelettteile vorhanden, sodass eine Hochrechnung auf deren Gesamtlänge unsicher ist. 32 Anhang 5: Daten von Dinosaurier-Eiern Tierart L(mm) B(mm) L/B Argentinosaurus huinculensis Titanosaurus blanfordi Oviraptor philoceratops 200 200 1.0 215 237 150 175 200 190 250 300 110 190 175 215 171 62.5 84.3 97 72 230 250 79 72 158 88 114 130 82 114 94 150 130 Hypselosaurus priscus Maiasaura peeplesorum Citipati osmolskae Telmatosaurus transsylvanicus Segnosaurus galbinensis Lourinhanosaurus antunesi Troodon formosus Protoceratops andrewi Bactrosaurus johnsoni Hadrosaurus foulkii Therizinosaurus cheloniformis Saltasaurus Saurolophus angustirostres Tarbosaurus bataar Mussaurus patagonicus Schalendicke (mm) Volumen (ml) 4188 EiGewicht (g) 4732 1.0 1.4 2.4 2.08 2.06 2.64 1.09 1.3 3.1 0.6 1.4 2.6 1.1 1.0 0.6 2.3 5203 3628 307 634* 985 502* 6923 9563* 360 515 2287 5853 3863* 332 693* 1084 549* 7754 10'452* 407 556 2630 1.07 1.0 1.4 0.9 310 756* 601 335 826* 685 70 65 2.14 2.0 1.0 0.85 385 288 296 424 317 314 153 150 85 57 54 67 2.68 1.3 1.0 1.8 130 84 120 60 1.08 1.4 260 223* 200 230 980 158 291 244* 226 251* 1058 171 190 150 190 150 1.0 1.0 3591 1767 4058 1908 400 25 175 25 2.3 1.0 6413 8.18 6926 8.6 33 1.26 Tierart L(mm) Hypacrosaurus 190 stebingeri Massospondylus 60 carinatus Deinonychus antirrhopus Byronosaurus jaffei Nemegtomaia barsgoldi Torvosaurus gurneyi 150 Bonapartenykus ultimus 70 Machairasaurus leptonychus Heyuannia huangi 200 Grösstes Ei (Raubfuss- 610 Saurier) Kleinstes Ei 18 Total: 27 Eier mit bekannter Tierart B(mm) L/B 190 60 Schalendicke (mm) 1.0 Volumen (ml) 3.59 EiGewicht (g) 3.92* 1.0 110* 128 178 231 1721* 175* 231 189 245 1881* 191* 245 70 0.45 150 70 1.0 1.2 78 179 3.41 4.75 621 9968* 276 10'895* 11 1.63 0.354 1.11* 1.21* Wenn bei Dinosaurier-Eiern nur die Länge und die Breite der Eier angegeben sind, jedoch nicht das Volumen und das Gewicht, können das Volumen V (ml) und das Gewicht G (g) aus der Länge (cm) und Breite (cm) wie folgt berechnet werden: V = 0.51 × L × B2 Daraus folgt: G = 0.557 × L × B2 G = 1.093 × V Die in der Tabelle mit * bezeichneten Volumen- und Gewichtswerte wurden berechnet. Während die Volumenformel ziemlich genau ist, spielt bei der Gewichtsberechnung noch das in der Formel nur summarisch berücksichtigte Schalengewicht eine Rolle. Daher sind grössere Ungenauigkeiten möglich. 34