Prof. Dr. Christophe Kunze: Neue Helfer? Perspektiven technischer Hilfen für Menschen mit Demenz heute und in Zukunft Technische Hilfen zur Unterstützung von Menschen mit Demenz (MmD) wird in Fachkreisen ambivalent gesehen: Einerseits besteht Zuversicht, dass es durch Einsatz technischer Hilfen gelingen kann, MmD länger in der eigenen Häuslichkeit zu versorgen und deren Lebensqualität zu verbessern (Cahill et. al. 2007). Das Anwendungsfeld ist allerdings bisher nur unzureichend erforscht und es gibt wenig belastbares Wissen zum Technikeinsatz (Topo, 2009). Auch werden technische Hilfen häufig sehr skeptisch gesehen und ethische Bedenken in den Vordergrund gestellt. Dies läßt sich am Beispiel von GPS-Tracking-Systemen verdeutlichen: Diese werden zum Teil mit elektronischen Fußfesseln verglichen werden und als Überwachungssysteme betrachtet, die die Privatsphäre einschränken. Auf der anderen Seite zeigt die Versorgungsrealität, dass angesichts einer hohen Rate freiheitseinschränkender Maßnahmen insbesondere in der häuslichen Versorgung GPS-Systeme Freiheiten für Betroffene erhöhen können. Ein weiteres Problem ist, dass Aspekte ausgehend von einer Perspektive der Pflegenden Aspekte der Sicherheit bei der bisherigen Entwicklung von technischen Hilfen häufig im Vordergrund stehen, während das Erleben und Wohlbefinden der Betroffenen selten zentral ist. Ausgehend von Befragungen von MmD haben Sixsmith et. al. (2007) eine „Technik-Wunschliste“ für MmD entwickelt, die ganz andere Unterstützungsbereiche in den Vordergrund stellt, nämlich u.a. die Förderung der Erinnerung und des Erhalts der eigenen Identität, die Unterstützung bei der Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen, die Unterstützung bei Konversationen oder auch die Förderung der Nutzung von Musik. Entsprechende Lösungen sollten in Zukunft verstärkt erforscht und entwickelt werden. Ein wesentliches Problem bei der Nutzung technischer Hilfen in der Versorgungspraxis ist heute, dass technische Unterstützungsmöglichkeiten kaum bekannt sind und ihr Einsatz Angehörige in der Praxis häufig vor große Herausforderungen stellt. Notwendig ist daher eine Begleitung und Betreuung des Technikeinsatzes vor Ort durch Fachkräfte (Pflederer et. al., 2013). Als Informationsquellen für mögliche technische Hilfen für die Betreuung von MmD können folgende Ressourcen empfohlen werden: • • • Das Internetportal „Wegweiser Alter + Technik“, http://wegweiseralterundtechnik.de Das Internetportal „ATDementia“ (in Englischer Sprache): http://atdementia.org.uk Der Produktkatalog „Technische Unterstützung bei Demenz – Fokus eigene Häuslichkeit“ der Demenz Support Stuttgart Literatur: Cahill, S. et al., 2007. Technology in dementia care. Technology and Disability, 19, pp.55–60. Topo, P., 2009. Technology Studies to Meet the Needs of People With Dementia and Their Caregivers A Literature Review. Journal of Applied Gerontology. Sixsmith, A. & Gibson, G., 2007. Developing a technology “wish-list”to enhance the quality of life of people with dementia. Gerontechnology, 6(1), pp.2–19. Pflederer, C., Radzey, B. et. al., 2013. Technische Unterstützung bei Demenz - Fokus eigene Häuslichkeit. Demenz Support Stuttgart (Hrsg.), dess@work_2