Universität Hamburg, 9.-11. September 2004 Current congress 4. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen e.V. (DGBS) Drei Spannungsfelder Vor 15 Jahren startete das erste Trialog-Forum zur Begegnung von Experten aus eigener Erfahrung und solchen durch Ausbildung und Beruf. Das Forum hilft, sich auf das Wesentliche für ein besseres Verständnis bipolarer Störungen zu besinnen. Seite 3 Leben mit Manie und Depression Das Risiko für eine bipolare Störungen beginnt schon in der Vorpubertät – in vielen Fällen folgt später die Fehldiagnose „Depression“. 8–10 Jahre dauert es meist bis zur korrekten Diagnose, und die Periodizität hält meist lebenslang an. Seite 8 U Schiffe, Pötte und Barkassen... … all das ist auf den Gewässern in und um Hamburg zu sehen. Was die Stadt noch zu bieten hat, lesen Sie auf Seite 19 Leben mit Manie und Depression U Hans-Peter Unger nter diesem Titel wird die 4. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen e.V. (DGBS e.V.) stattfinden, die gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Eppendorf und dem Allgemeinen Krankenhaus Harburg durchgeführt wird. Wie in den Vorjahren soll auch auf dieser Tagung das Prinzip des Trialogs mit Leben gefüllt werden: Sie wendet sich deshalb mit ihren unterschiedlichen Beiträgen an Professionelle ebenso wie an Angehörige und Bipolar Erfahrene. Wir sind zu Gast im Hauptgebäude der Universität Hamburg an der Edmund-Siemers-Allee, mitten im Herzen der Stadt. Wir hoffen nach dem verregneten Sommer auf ein wenig Sonne im September und freuen uns, Sie auf der Tagung begrüßen zu können. Ein breites Angebot an wissenschaftlichen Sitzungen, Fortbildungsveranstaltungen, Workshops, Posterpräsentationen, Satellitensymposien und eingeladenen Hauptvorträgen von klinisch und wissenschaftlich Tätigen sowie Betroffenen und Angehörigen bieten ein sehr vielfältiges Programm. Dabei werden die unterschiedlichen Fassetten bipolarer Erkrankungen dargestellt: Genetische, neurobiologische, endokrinologische, psychopharmakologische, psychodynamische, verhaltenstherapeutische, familiendynamische und psychoedukative Ansätze werden in ihrer Auswirkung auf Verständnis, Diagnose und Behandlung diskutiert. Selbsthilfeund Angehörigenarbeit nehmen ebenfalls ein breites Feld ein. Der Psychotherapie bipolarer Störungen soll auf dieser Tagung ein verstärktes Augenmerk geschenkt werden. Die neuen medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten, z.B. durch atypische Neuroleptika und stimmungsstabilisierende Medika- mente, erlauben eine nebenwirkungsärmere Therapie. Die Belastungen in der Familie und im sozialen Umfeld, die negativen Veränderungen im Selbstbild der Erkrankten, Akzeptanz und Umgang mit der Erkrankung sind die wesentlichen Ansatzpunkte der Psychotherapie in ihren unterschiedlichen Ausrichtungen. Dabei sind bipolare Erkrankungen häufiger als bisher gedacht. Die so genannten BipolarI-Störungen mit ausgeprägten und gut erkennbaren manischen und depressiven Phasen haben eine Prävalenz von etwa 1% in der Bevölkerung. Bei Vorliegen von psychotischen Symptomen ist hier in der Vergangenheit oft zu schnell die Diagnose einer Schizophrenie gestellt worden. Unterschätzt werden in ihrer Bedeutung aber insbesondere die Bipolar-II-Erkrankungen, bei denen sich rezidivierende Depressionen mit hypomanischen Phasen im Verlauf abwechseln. Diese Hypomanien werden in der Regel vom Patienten und seiner Familie nicht als krankhaft angesehen. Deshalb werden viele Bipolar-II-Erkrankungen auch von den Behandlern als unipolare Depressionen verkannt. Die Unterscheidung einer bipolaren von einer unipolaren Depression ist aber für die Therapie bedeutsam. Deshalb freuen wir uns besonders, dass auf dieser Tagung Herr Prof. Dr. Jules Angst aus Zürich zum Ehrenmitglied der DGBS ernannt wird. Die Laudatio wird von Prof. Dr. Marneros gehalten. Im deutschen Gesundheitswesen findet zurzeit ein nachhaltiger Strukturwandel statt. Integrierte Versorgung heißt eine der Zauberformeln, mit denen die verkrusteten Strukturen in der Gesundheitsversorgung aufgebrochen werden soll. Parallel zu den Vorträgen und den Diskussionen der Tagung soll deshalb die Integrierte Versorgung als ein Rahmenthema aufgegriffen werden. Welche Angebote sind für einen Vertrag zur Integrierten Versorgung aus Sicht der Professionellen, Bipolar Erfahrenen und Angehörigen erforderlich? Dieser Frage soll im Verlauf des Kongresses trialogisch nachgegangen werden. Zur Qualitätssicherung der Behandlung bipolarer Störungen wird Herr Prof. Berger aus Freiburg referieren. Schließlich sollen aber auch Kunst und Kultur auf unserer Tagung nicht zu kurz kommen. Wir möchten die Tagungsteilnehmer deshalb sehr herzlich zum Rahmenprogramm einladen. Am Donnerstagabend geht es mit einem Filmabend im Abaton-Kino im nahen Uni-Viertel los. Gezeigt wird mit Einführung und Diskussion der italienische Film „Lampedusa“. Am Freitagnachmittag wird im Hörsaal C die Lesung „mit gebrochen Flügeln fliegen ...“ durch Bipolar Erfahrene und Angehörige erfolgen. Der Gesellschaftsabend wird dann im Logensaal der Hamburger Kammerspiele stattfinden, dort erwartet uns unter anderem die szenische Lesung „Beinfreiheiten und andere“, ein Theaterprojekt von Nicole Plinz und Sandra Strunz nach Texten von Psychose-Erfahrenen. Viele wichtige Vorträge werden in den folgenden Beiträgen ausführlicher aufgegriffen. Wir freuen uns, Sie in Hamburg herzlich willkommen zu heißen und wünschen Ihnen eine interessante und abwechslungsreiche Tagung. Hans-Peter Unger Tagungsvorsitzende Priv.-Doz. Dr. Dipl.-Psych. Thomas Bock, Hamburg Dr. Hans-Peter Unger, Hamburg 2 programm Veranstaltungen Current congress Programmauszug Donnerstag, 9. September 2004 19.00 Uhr Ort: Filmabend zum Thema bipolare Störungen „Lampedusa“ (Emanuele Crialese, Italien/ Frankreich 2002) Einführung und Diskussion: Prof. Dr. E. Weymann Abaton-Kino, Allendeplatz 3, 20146 Hamburg; Eintritt: 5,– Euro (Karten nur an der Abendkasse) Freitag, 10. September 2004 08.00 Uhr 09.30 Uhr 10.00 Uhr 12.00 Uhr 12.15– 13.15 Uhr 13.30 Uhr Forum 1: Frühstückssymposium für Professionelle: Valproat – Wirkmechanismus und klinische Relevanz in der Therapie bipolarer Störungen Vorsitz: Prof. Dr. P. Bräunig Wirkmechanismen von Valproat in der Behandlung bipolarer Störungen (Prof. Dr. Dr. D. van Calker) Effektivität von Valproat bei rapid cycling (PD Dr. T. Bschor) Therapie der schweren Manie – neue Entwicklungen und „alte“ Probleme (Prof. Dr. P. Bräunig) Mit freundlicher Unterstützung der SanofiSynthelabo GmbH Begrüßung und Grußworte: Dr. H.-P. Unger, PD Dr. T. Bock, Prof. Dr. D. Naber, Dr. H. Grunze, R. Gielen, Dr. H. J. Meyer Leben mit Manie und Depression Vorsitz: Prof. Dr. D. Naber Ernennung von Prof. Dr. J. Angst zum DGBS e.V.-Ehrenmitglied Laudatio: Prof. Dr. Dr. A. Marneros Bipolare Störungen als lebenslanges Schicksal (Prof. Dr. J. Angst) Bipolare Störungen als psychosomatisches Phänomen (Prof. Dr. J. Aldenhoff) Zur Psychodynamik und Psychotherapie Bipolarer Störungen (Prof. Dr. P. Hartwich) Spannungsfelder von Erfahrenen, Angehörigen und Professionellen (PD Dr. T. Bock) Mittagspause Pressekonferenz Forum 2: Forum 3: Vorsitz: Prof. P. Bräunig Als Arzt: Differenzialdiagnostik und Psychopharmakotherapie (Dr. H. Grunze) Als Psychotherapeut: Bedeutung psychologischer Therapieansätze (Dr. A. Schaub) Als Psychotherapeut: Manie und Stimmungsmodulation – Gegenübertragung im stationären Behandlungsteam und in der ambulanten Psychotherapie (Dr. J. Kipp) Als Krankenpfleger: Mögliche Fallen im ambulanten Setting (S. Hasenburg) Zwischen Höhen und Tiefen: Was geht in Selbsthilfe, was nicht? Vorsitz: R. Geislinger Selbsthilfegruppen: Die niederländische Geschichte (Dr. E. G. Th. M. Hartong) Erfahrungen mit dem Life-Chart-Programm, individuelles Krisenmanagement (Dr. L. Schärer, R. Gielen) Rahmenbedingungen für emotionale Stabilität: Arbeit, Beziehung, Stigma (M. Tillmann) Zwischen Nähe und Distanz – was können Angehörige aushalten, was können sie lernen? Vorsitz: Dr. H.J. Meyer 10.30 Uhr 11.00– 12.30 Uhr WS 1: WS 2: WS 3: WS 4: WS 5: WS 6: WS 7: Samstag, 11. September 2004 WS 8: 09.00 Uhr 09.00 Uhr Trialog und integrierte Versorgung: Was braucht wer, um mit der Erkrankung zurecht zu kommen? Zwischen Macht und Ohnmacht – State of the Art. Wie erkenne und behandele ich Manie und Depression? Forum 4: Bipolare Störungen: Therapie zwischen Selbstverantwortung und Kontrolle Vorsitz: Dr. H.-P. Unger Ambulanter Zwang und Bevollmächtigung der Angehörigen: Was bedeutet die Novellierung des Betreuungsgesetzes? (Prof. Dr. W. Crefeld) Stationäre Zwangsmaßnahmen und Selbstverantwortung des Behandlungsteams (Prof. Dr. E. Fähndrich) Wie wird die Therapie erreichbarer – aus Sicht des Angehörigen (Prof. Dr. R. Peukert) Forum 5: Wissenschaftliches Seminar für Professionelle Neues aus der Forschung – Konsequenzen für die Praxis Vorsitz: PD Dr. Dr. M. Bauer, Dr. H. Grunze Genetik der Bipolaren Störungen (Prof. Dr. W. Maier) Bildgebung und Bipolare Störungen (Prof. Dr. P. Falkai) Schilddrüsenhormonsystem und seine Bedeutung für die Therapie Bipolarer Störungen (PD Dr. Dr. M. Bauer) WS 9: WS 10: 12.45– 14.00 Uhr Komorbidität von Substanzabhängigkeit und Bipolarer Störung: Konsequenzen für die Praxis (Dr. C. Baethge) Kaffeepause Gemeinsame Workshops für Professionelle, Betroffene und Angehörige Zwischen Stimmungsmodulation und Selbstmanagement – aus Sicht der Betroffenen (Moderation: B. Touray, T. Riemenschneider) Was können Psychotherapie und Psychoedukation leisten? Einzel - und Gruppensetting (Moderation: Dr. A. Koesler, F. Ehnes) „Ich bin nicht nur krank“. Zum Selbstbild und Selbstmanagement bipolar Erkrankter (Moderation: Prof. Dr. P. Bräunig, M. Selo, J. Führhoff) „Bittere Pillen“. Die Rolle der Medikamenteneinnahme aus Sicht des Patienten und des Arztes (Moderation: Dr. J. M. Langosch, J.-U. Pagel) Arbeit und Rehabilitation (Moderation: R. Schlieszus, R. Kays) Sozialarbeit und Schulden (Moderation: A. W. Hamester, R. Marbach) Rechtsfragen: Betreuungs-, Sozial- und Zivilrecht (Moderation: RÄ S. M. Meier, H. Studt) Angst, Schuld und das Bedürfnis nach Kontrolle aus Sicht der Familie und Angehörigen (Moderation: A. K. Piening – Lemberg, Dr. H. J. Meyer) Paarbeziehungen und bipolare Störungen. Was macht die besonderen Beziehungskomponenten aus? (Moderation: PD Dr. T. Bock , I. Pöhland) Wie gründe ich eine Selbsthilfegruppe? Wie kann ihre Auflösung verhindert werden? (Moderation: R. Geislinger, H.-P. Köther, B. von Mickwitz) Abschlussplenum Unsere Affekte in der Evolution – zur Bedeutung von Depression und Manie in der Menschwerdung (Dr. M. Preiter) Hintergründe der Stigmatisierung, Erfahrungen im Kampf dagegen (Irre menschlich Hamburg e.V.) Leben mit bipolarer Erkrankung und was wünsche ich mir (R. Gielen, Hamburg) Resümee der Jahrestagung, Ausblick, Verabschiedung (Dr. H. Grunze, PD Dr. T. Bock, Dr. H.-J. Unger) Manie und Stimmungsmodulation Gegenübertragung im stationären Behandlungsteam und in der ambulanten Psychotherapie Dr. med. Johannes Kipp aus der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Kassel weist darauf hin, dass vor allem auch in Trennungsphasen hypomanische Schwankungen auftreten W esentlich für den Umgang und für die Psychotherapie manischer Patienten ist es, Symptome der manischen Erkrankung nicht nur als Krankheitsfolge, sondern vielmehr auch als Form der Stimmungsmodulation zu betrachten, mit denen es den Patienten gelingt, ihre brüchig werdende Stimmung (erneut) nach oben zu modulieren. Viel sprechen, Einkäufe, Alkoholexzesse und Schlafentzug und andere Symptome der Manie werden zur Steigerung oder Erhaltung der Stimmung nicht nur von Maniekranken eingesetzt. Im therapeutischen Umgang ist es zwar notwendig, Regeln und Grenzen zu vertreten, jedoch auch sinnvoll, ein Stück weit mit- zuschwingen, sich über die erreichte Hochstimmung zu freuen und die Angst vor der Depression zu thematisieren. Dies ermöglicht den Patienten die Zusammenarbeit, in der es um die Einnahme von Medikamenten, um Informationen über den Krankheitsverlauf und um die Begrenzung von schädigenden Handlungen geht. In der ambulanten Psychotherapie ist es notwendig, sich klar zu machen, dass (hypo-)manische Schwankungen häufig in Verliebtheits-, vor allem aber auch in Trennungsphasen auftreten. Berichten Patienten, dass es ihnen plötzlich sehr gut geht und dass sie deshalb jetzt die Therapie beenden möchten, dann müssen sich Psychotherapeuten klar sein, dass es sich nicht um eine Wunderheilung, sondern um eine manische Schwankung handelt, die mit Trennungsabsichten verbunden ist. Die psychodynamischen Hintergründe lassen sich differenziert beschreiben. Literatur J. Kipp u. H.-J. Stolzenburg (2000): Stimmungsmodulation und Psychodynamik der Manie. Psyche 54 (6): 544-566. J. Kipp u. P.M. Wehmeier (2003): Therapeutische Überlegungen zur Stimmungsmodulation bei Patienten mit Manie. Verhaltenstherapie und psychosoziale Praxis 35 (1): 65-72. [email protected] [email protected] Freitag, 10. September Forum 1: Zwischen Macht und Ohnmacht – State of the Art 13.30 Uhr Highlights Current congress Qualitätssicherung in der Behandlung bipolarer Patienten Prof. Dr. Mathias Berger, P. Sitta und M. Härter aus der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Freiburg betonen den Nutzen eines Qualitätsmanagements T rotz gestiegenem Bewusstsein für die Notwendigkeit von Qualitätsmanagement in der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung beschränken sich bisherige Maßnahmen hauptsächlich auf interne Qualitätssicherung. Es fehlen Studien zur externen Qualitätssicherung, die Art und Erfolg der stationären psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung bei bipolaren Erkrankungen systematisch erfassen und anhand geeigneter Indikatoren vergleichen. Die Prozess- und Ergebnisqualität der stationären Depressionsbehandlung in Deutschland wurde im Rahmen einer Multizenterstudie in zehn Kliniken in Nordrhein-Westfalen, BadenWürttemberg und Bayern untersucht. Dazu wurden Dokumentationsmaterialien mit depressionspezifischen Qualitätsindikatoren entwickelt. Die Ergebnisse dienten zum einen als Basis für eine klinikinterne Qualitätssicherung und zum anderen für den externen Klinikvergleich (Benchmarking). tion durchgeführt, bestehend aus Leitlinienfortbildung, Benchmarking und datengestützten Qualitätszirkeln. Methode Die Behandlungen von über 2000 depressiven Patienten, darunter 6% mit einer bipolaren Störung, wurden bei Aufnahme, Entlassung sowie im wöchentlichen Verlauf dokumentiert. Mithilfe von Selbst- und Fremdratings wurden Daten zu Soziodemographie, Krankheitsgeschichte, Psychopathologie (Hamilton-Depressionsskala, BeckDepressionsinventar, Clinical Global Impressions, GAF), Therapieverlauf sowie Patientenzufriedenheit erhoben. Die anonymisierten Daten der teilnehmenden Kliniken wurden an die Projektzentrale übermittelt und dort statistisch ausgewertet. In fünf Kliniken wurde eine umfassende Qualitätsmanagement-Interven- Ergebnisse Die Behandlung von 2133 depressiven Patienten wurde erfasst. Die Schwere und Chronizität der bipolaren Störung zeigte sich in den Daten sehr deutlich. Im Mittel wiesen Patienten mit einer bipolaren Störung eine Erkrankungsdauer von 15 Jahren auf, die signifikant über der der anderen depressiven Erkrankungen lag. 39% aller Patienten mit bipolarer Erkrankung hatten in ihrem Leben bereits einen Suizidversuch unternommen, was signifikant über der Häufigkeit der übrigen Erkrankungen lag. 50% der bipolar erkrankten Patienten wurden als schwer bis extrem schwer krank von den Behandlern eingestuft (CGI). Entsprechend hoch lag die mittlere Be- handlungsdauer bei 55 Tagen, nur von Patienten mit einer Dysthymia mit 56 Tagen übertroffen. Dass aber gerade diese chronischen und schwer kranken Patienten mit einer bipolaren Störung von der stationären Behandlung profitierten, zeigte sich an den Effektstärken. Die individuellen Effektstärken lagen im Durchschnitt sowohl in der Fremdbeurteilung (HAM-D) mit 2,2 als auch in der Selbstbeurteilung (BDI) mit 1,8 deutlich über denen der übrigen depressiven Erkrankungen. Die Ergebnisse zeigen darüber hinaus, dass die Kliniken signifikant hinsichtlich ihrer Prozessund Ergebnisqualität differieren, was sich nur zu einem geringen Teil durch Unterschiede in der Patientenstruktur erklären lässt. Diskussion Im Rahmen des Modellprojektes wurde die stationäre, psy- Drei Spannungsfelder: Die Situation von bipolaren Patienten, ihren Angehörigen und Therapeuten Priv.-Doz. Dr. Dipl.-Psych. Thomas Bock aus dem Universitäts-Klinikum für Psychiatrie und Psychotherapie in Hamburg über den Umgang mit bipolar Erkrankten, die Vorteile der Gruppentherapie und die Notwendigkeit, die Angehörigen mit in die Therapie einzubeziehen V or 15 Jahren startete in Hamburg das erste „Psychoseseminar“, ein Trialog-Forum zur Begegnung von Experten aus eigener Erfahrung und solchen durch Ausbildung und Beruf. Inzwischen gibt es im deutschsprachigen Raum weit über 100 solcher Foren – eine breite und lebendige AntistigmaKampagne von unten. Vor zehn Jahren erreichte die Entwicklung mit dem ersten sozialpsychiatrischen Weltkongress auf deutschem Boden „Abschied von Babylon – Verständigung über Grenzen“ internationales Niveau. Der fachlich/wissenschaftliche Diskurs kann so nur gewinnen: Einbeziehung subjektiver Perspektiven, frühzeitiges Ringen um Akzeptanz, Korrektur von ideologischen Sackgassen, Relativierung von allzu reduktionistischen Konzepten, kürzere Wege von der Grundlagenforschung zur Anwendung. Auch umgekehrt profitieren Erfahrene und Angehörige von der Teilhabe am wissenschaftlichen Diskurs. Günstigenfalls kann uns gemein- sam Folgendes gelingen: Besinnung auf das Wesentliche für ein besseres Verständnis bipolarer Störungen und dabei auch das dem Wesen des Menschen Entsprechende, sowie Entwicklung von Achtung und Respekt im therapeutischen Handeln. Dem dient auch die folgende Darstellung der Spannungsfelder, dem alle Beteiligten bei bipolaren Störungen ausgesetzt sind. Zwischen Höhen und Tiefen – Spannungsfeld der Patienten Bipolare Patienten schwanken insbesondere hinsichtlich Stimmungen und Energie zwischen Höhen und Tiefen. Immer ein zu Viel – welche Anstrengung! Bipolare Menschen haben in der Regel nicht zu wenig, sondern zu viel Normierung erfahren, haben sich oft zu un-hinterfragt die Maßstäbe anderer zu eigen gemacht, wollten es allen recht machen, ohne das Fundament der Achtung eigener Bedürfnisse. So sehr uns der manische Patient auf der Akutstation auch dazu verführt: Letztlich geht es nicht darum, ihm „Manieren beizubringen“, sondern mit ihm zu suchen, wie Ungewöhnliches im Alltag unterzubringen ist, anstatt es immer für die Manie aufzuheben. Maniker sprengen viele Normen, doch ihre Unkonventionalität kann nicht befreiend wirken, denn in der Erkrankung schlagen die eigenen Normen erbarmungslos zu. Eine Therapie muss durch die Phasen begleiten, braucht den Spiegel jeweils einer Seite, braucht die Suche nach dem auslösenden Konflikt – um dann zu entdecken, dass längst nicht jede Subdepression zur Depression, längst nicht jede Hypomanie zur Manie führen muss. Der Spielraum ist größer als alle Beteiligten bisher denken. Die Erkrankung ist phasisch, auch wenn die Bewegung manchmal nicht spürbar ist. Wie klein muss der erste Schritt sein, um den Erfolg unvermeidlich zu machen? Wie lange kann ich steuern, ab wann „geht die Post ab“? Wenn Menschen im affektiven oder kognitiven Sinne psychotisch werden, handeln sie nicht wie Wesen von einem anderen Stern, sondern zutiefst menschlich. Dies gilt es bei allen Behandlungsversuchen im Auge zu behalten, denn nur so ist der Gefahr der Selbst-Stigmatisierung entgegenzuwirken. Gerade bei einer Erkrankung, bei der die Störung des Selbstwertgefühls wesentlich ist, ist alles zu vermeiden, was zusätzlich kränkt. Zwischen Nähe und Distanz – Spannungsfeld der Angehörigen Wenn Menschen hinsichtlich Stimmung und Energie zwischen Extremen schwanken, wenn sie dabei ihr Wesen verändern und auch, wenn sie in den Extremen verdrängte eigene Seiten wiederentdecken, dann geht all das an den nahen Angehörigen nicht spurlos vorbei. Sie fühlen sich mitgerissen, ausgeliefert und eingespannt. Sie strengen sich an, um die Minderleistung des Depressiven auszugleichen, um ihn trotz Rückzug emotional zu erreichen, um die Eskapaden der Manie auszubalancieren und den 3 chiatrisch-psychotherapeutische Versorgung depressiver Patienten anhand von Qualitätsindikatoren abgebildet. Es ist gelungen, die Prozess- und Ergebnisqualität der stationären Behandlung systematisch zu erfassen und den Kliniken zurückzumelden. Als wichtigstes Ergebnis kann die hohe therapeutische Ergebnisqualität bei der Behandlung von so schwer und chronisch erkrankten Patienten mit einer bipolaren Störung hervorgehoben werden. Die klinikspezifischen Ergebnisse zur Behandlungsqualität konnten von den Kliniken sinnvoll genutzt werden. Sie ermöglichen ein gezieltes Qualitätsmanagement – zum einen in Form von klinikinterner Qualitätssicherung, zum anderen in Form von externen Klinikvergleichen und Orientierung am „Model of best practice“. Freitag, 10. September Trialog und integrierte Versorgung: Was braucht wer, um mit der Erkrankung zurecht zu kommen? 13.30 Uhr wirklichen Schaden in Grenzen zu halten. Allzu oft geraten sie selbst ins Schwanken zwischen Höhen und Tiefen. Vor allem Partner, die mit einer solchen Erkrankung zurechtkommen müssen, erwecken manchmal nach außen den Eindruck, als würden sie wie Paternoster-Fahrstühle aneinander vorbeirauschen, um sich nur noch selten auf gleicher emotionaler Ebene zu begegnen. Die nahen Verwandten stehen dabei vor allem vor folgender Frage: Wie nah erlaubt das kranke Familienmitglied mir noch zu sein? Wie weit weg lasse ich mich drängen? Wie viel Abstand brauche ich selber, um angesichts der Depression des anderen nicht selbst zu verzweifeln und angesichts der Manie des anderen nicht unendlich gekränkt zu werden? Wie viel Sicherheitsabstand brauchen meine Gefühle? Wie viel Distanz brauche ich, um eine Liebe zu retten? Zwischen Macht und Ohnmacht – Spannungsfeld der Profis Auch als erfahrener Therapeut kann ich mich der Rasanz und Dramatik des Geschehens manchmal kaum entziehen. In der Depression versuche ich, Vertrauen in die therapeutischen Möglichkeiten zu wecken, Hoffnung zu vermitteln und die Phasenhaftigkeit der Erkrankung ins Bewusstsein zu rufen. In der Manie muss ich manchmal Grenzen setzen, konfrontieren und unter Umständen für den anderen, oder sogar gegen seinen Willen han- 4 Highlights Current congress deln. Grundsätzlich ist Optimismus angebracht; denn mit unseren therapeutischen Möglichkeiten können viele Phasen verkürzt oder sogar vermieden werden. Dennoch wirken die Medikamente alleine keineswegs so sicher, eindeutig und schnell, wie es wünschenswert wäre, und sind die psychotherapeutischen Möglichkeiten noch nicht so ausgereift und erst recht im psychiatrischen Alltag noch nicht so akzeptiert wie bei den unipolaren Depressionen. Und so bleibt es dabei, dass wir als Profis in einem Spannungsfeld von Macht und Ohnmacht landen. In der aktuellen Situation ist die Entscheidung für die Macht genauso schwer wie das Aushalten der Ohnmacht. Bei der Behandlung bipolarer Störungen darf der Therapeut nicht unipolar sein, darf nicht mit einem allzu engen Repertoire in einer einseitigen Ideologie oder ausschließenden therapeutischen Schule eingesperrt sein, sondern muss selbst Spielraum haben zwischen verschiedenen Techniken und Methoden, zwischen geduldigem Zuhören und klarer Abgrenzung, zwischen der Suche nach biografischem Verständnis und dem klaren Hinweis auf die Mechanismen psychologischer, sozialer und biologischer Eigendynamik. Als Therapeut muss ich den Mut haben, Polaritäten aufrecht zu erhalten und allzu schnelle harmonisierende Regelungen im Intervall zu konterkarieren. Mischung der Spannungsfelder – für alle Natürlich ist die Aufteilung der drei Ebenen idealtypisch. Die drei Spannungsfelder betreffen alle Beteiligten, jedoch mit unterschiedlicher Gewichtung. Auch Angehörige werden mit eigenen Höhen und Tiefen konfrontiert und kennen das Gefühl von Ohnmacht und die Verlockungen der Macht. Auch Patienten schwanken gegenüber ihren Angehörigen und abgemildert auch gegenüber Therapeuten zwischen Anlehnungsbedürfnis und Entfremdung, müssen balancieren zwischen Nähe und Distanz. Auch Therapeuten schwanken unter Umständen zwischen Erschöpfung und der Flucht nach vorn, brauchen Abstand, um nicht verstrickt zu werden, und Nähe, um Energien zu mobilisieren. Besonderheit der bipolaren Störung Die Erkrankung ist phasenhaft, d.h. die Störungen sind begrenzt, aber wiederholbar, unterbrochen von Zeiten unterschiedlich langer Gesundheit und psychischer Stabilität. Es reicht nicht, die Phasen schnellstmöglich zu beenden, sondern es ist möglich, aus ihnen zu lernen. Es ist nicht nur wichtig, ob jemand nach der Depression auftaucht oder nach der Manie landet, sondern auch, wie er es tut, welche Wahrnehmung verborgener Wünsche und/oder vergangener Kränkung er mitbringt und wie die Suche nach eigenen inneren Werten und Maßstäben vor- ankommt. Gerade weil die bipolare Störung wie auch jede andere Depression vor allem eine Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls bedeutet, ist jede weitere Kränkung zu vermeiden. Gerade deshalb sind Patienten und Angehörige als Dialogpartner ernst zu nehmen. Gerade deshalb ist der Blick auf die Ressourcen wichtig und sind Situationen zu schaffen, in denen sich der Patient nicht nur als Empfänger von Ratschlägen, Anordnungen oder Medikamenten begreift. Konsequenzen für das therapeutische Setting Die Sozialpsychiatrische Ambulanz des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf ist eine der ersten universitären Ambulanzen gewesen, die ein spezifisches therapeutisches Programm für Patienten mit bipolaren Störungen entwickelt und erprobt hat (Bock, 2004). Danach lassen sich drei wichtige Bedingungen für die erfolgreiche therapeutische Arbeit mit bipolaren Patienten formulieren. Vorteile des Gruppensettings Das gruppentherapeutische Setting birgt für die allermeisten Patienten besondere Chancen. In der Gruppe begegnen sich die unterschiedlichen Phasen. Dadurch wird eine Tendenz zur Mitte eingeleitet. Außerdem erweitert die Gruppe therapeutische Möglichkeiten. Die Interventionen werden vielseitiger, weil Gruppenmitglieder und Therapeuten sich ergänzen oder widersprechen können, weil bestimmte Botschaften von „peer experts“ formuliert und entsprechend besser angenommen werden können und weil die Polarität der Erkrankung besser abgebildet und so konstruktiv genutzt werden kann. Im Unterschied zu anderen Settings und zu rein edukativen Programmen erleben die Patienten sich nicht nur als Objekte von Interventionen oder Informationen, sondern als Experten in eigener Sache, deren Erfahrung von wechselseitigem Nutzen ist. Einbeziehung von Angehörigen Bipolare Patienten zu behandeln ohne ihre Angehörigen einzubeziehen, kommt einem Kunstfehler gleich. Gerade weil die Angehörigen zwangsläufig mitgeschleudert werden und weil die familiäre Dynamik den Krankheitsverlauf günstig oder ungünstig beeinflussen kann, ist es notwendig, insbesondere die Familienmitglieder wahrzunehmen und zu unterstützen, die mit dem Patienten unmittelbar zusammenleben. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass schon die Unterstützung der Angehörigen alleine in entsprechenden therapeutisch geleiteten Gruppen den Krankheitsverlauf von ansonsten schwer erreichbaren Patienten günstig beeinflusst. Aber auch die Familiengespräche vor oder in akuten Krisen sowie die getrennte Beratung und Unterstützung der Familie sollten zum Repertoire gehören. Strukturübergreifende Kontinuität Gerade weil die Erkrankung phasisch verläuft, muss die Behandlung kontinuierlich sein. Gerade weil die Erkrankung in den verschiedenen Phasen unterschiedlich behandelt werden muss, muss die Kontinuität strukturübergreifend sein, also unabhängig vom ambulanten oder auch teilstationären Behandlungsstatus sein. Auf diese Weise ist es möglich, beispielsweise in den therapeutischen Gruppen, Patienten in akuten Stadien zu erreichen, deren Abwehr anschließend wieder lückenlos funktioniert. Notwendige stationäre Einweisungen sind so in aller Regel rechtzeitiger und undramatischer einzuleiten und in der Dauer deutlich abzukürzen. Es ist möglich, die Patienten anders kennen zu lernen und die akuten Phasen nicht nur als Katastrophe, sondern auch als Anstoß zu neuen Erkenntnissen zu nutzen. Literatur Bock, Thomas: Achterbahn der Gefühle – Leben mit Manie und Depression, Psychiatrieverlag 2004) Arbeitsgemeinschaft der Psychoseseminare: Es ist normal verschieden zu sein – Verständnis und Behandlung von Psychosen, Vertrieb über den Verfasser, über die Bundesverbände der Psychiatrieerfahrenen und der Angehörigen sowie die deutsche Gesellschaft für Sozialpsychiatrie, 2004). Freitag, 10.September Leben mit Manie und Depression 10.00 Uhr Ambulanter Zwang und Bevollmächtigung der Angehörigen: Was bedeutet die Novellierung des Betreuungsgesetzes? Prof. Dr. med. Wolf Crefeld warnt vor den Folgen einer geplanten Änderung des Betreuungsrechts I nitiiert von den Justizministern der Länder berät der Deutsche Bundestag derzeit über eine Änderung des Betreuungsrechts. Der Gesetzentwurf des Bundesrats sieht unter anderem vor, dass Angehörige künftig anstelle des betroffenen Patienten selbst über dessen Behandlung entscheiden. Voraussetzung dafür ist, dass ein Arzt den Patienten für „nicht handlungsfähig“ (nicht entscheidungsfähig) erklärt. Ferner soll es mithilfe eines Betreuers möglich werden, einen Patienten gegen seinen Willen zu einer ambulanten Behandlung zu bringen. Beide Vorschläge werden sehr kontrovers diskutiert. Eingriff in die Autonomie der Patienten Die Justizminister erhoffen sich mit der von ihnen vorge- schlagenen Angehörigenvertretungsmacht eine Minderung der Zahl von Betreuerbestellungen. Ehepartner, Eltern oder Kinder sollen künftig kraft ärztlicher Erklärung den Patienten gegenüber dessen Therapeuten für ihn verbindlich vertreten. Dagegen wenden sich unter anderem der Bundesverband der Psychiatrie-Erfahrenen und die Aktion Psychisch Kranke (siehe auch Psychosoziale Umschau Heft 3/2004). Es würde damit eine Grauzone für Zwangsbehandlungen ohne rechtsstaatliche Kontrolle eingeführt werden. Auf jeden Fall würden psychisch Kranke dies als „Entmündigung“, als Eingriff in ihre Autonomie erleben. Ein Teil der Angehörigen werde es nicht wagen, den Behandlungsvorstellungen der Ärzte zu widersprechen, zugleich werde ihnen dann ein Konflikt mit ihrem kranken Familienmitglied aufgeladen. Die Regelung der „zwangsweisen Zuführung des Betreuten zur ambulanten ärztlichen Heilbehandlung“ sehen ihre Befürworter als einen Fortschritt im Interesse psychiatrischer Patienten, denen damit erneute stationäre Behandlungen erspart würden. Allerdings würde sich eine auf diese Weise erzwungene Behandlung faktisch auf die Gabe von Psychopharmaka reduzieren, da eine therapeutisch wirksame Kommunikation mit dem Patienten so wohl kaum zustande käme. Soweit sich die Regelung als kaum praktikabel erweisen würde (soll z.B. der Betroffene dann regelmäßig aus seiner Wohnung mithilfe der Polizei abgeholt werden?), diente sie wohl eher der Erpressung gegenüber behandlungsunwilligen Patien- ten, einer Medikamentenbehandlung zuzustimmen. Doch es geht hier neben dem Konflikt zwischen der Autonomie der Patienten und der Sorge um sein Wohl auch um den Preis, dass dieses angesichts einer psychischen Störung fremdbestimmt wird. Verlängerter Arm der Psychiatrie Welche Auswirkungen hätten solche Regelungen auf den psychiatrischen Behandlungsalltag? Würden in psychiatrischen Einrichtungen die Tendenzen zu einer reduzierten Kommunikation mit den Patienten damit weiter gefördert? Statt schwieriger Verhandlungen mit ihm über seine Krankheitssituation würde vielleicht eine Art des Behandelns gefördert, die sich über seine Krankheitserlebnisse und Ängste hinweg setzt. Das in der sozialen Realität recht diffuse Bild vom rechtlichen Betreuer würde damit weiter Schaden nehmen. Nach dem Gesetz soll er den Rechten, dem Willen und den Interessen des betreuten Menschen in seinem Aufgabenbereich Geltung verschaffen. Die vorgesehene Regelung zur ambulanten Zwangsbehandlung würde ihn wieder mehr an das aus dem alten Vormundschaftsrecht geläufige Bild vom verlängerten Arm der Psychiatrie heranrücken. Samstag, 11.September Forum 4: Bipolare Störungen Therapie zwischen Selbstverantwortung und Kontrolle 9.00 Uhr Highlights Current Current congress 5 Nachrichten aus der Industrie Neue Optionen für die Behandlung therapieresistenter Depressionen nahme der Lebensqualität bei Remittern. In den beiden Postern wird nicht auf den antidepressiven Wirkmechanismus von Risperidon eingegangen. Wie Bernhard (1997) und Myers und Thase (2001) darlegen, könnte die antidepressiven Wirksamkeit durch die sehr starke Hemmung der serotonergen 5HT2- und 5-HT3-Rezeptoren bei nur mäßiger Hemmung des 5HT1A-Rezeptors bestehen. Hier- Literatur Fazit Diese Studien weisen auf das Potenzial von Risperidon bei therapieresistenten Depressionspatienten hin, auch wenn Risperidon in dieser Indikation in Deutschland noch nicht zugelassen ist. Der Effekt zeigt sich sowohl in einer Re- 1. Rapaport MH, Canuso CM, Rouillon F, et al. Treatment augmentation with risperidone for patients with resistant depression. 2. Walling D, Rupnow MFT, Canuso CM, Gharabawi G, et al. Improvement in quality of life with risperidone augmentation in resistant depression. Beide Poster wurden auf dem Jahrentreffen der American Psychiatric Association in New York, 2004, präsentiert !hcim gnaf Zurück ins Leben Julia F., 29, Patientin mit bipolaren Störungen: Durch die Therapie mit Risperdal® kann sie in ihren manischen Episoden aufgefangen werden. Manische Episoden NEU Neue Studiendaten Zwei auf der Jahrestagung der American Psychiatric Association (APA) präsentierte Poster stellen den Effekt einer Risperidon-Augmentation auf die Depressionsschwere und die Lebensqualität bei therapieresistenten depressiven Patienten dar. 489 therapieresistente Patienten (mindestens eine, höchstens jedoch drei nicht wirksame Antidepressiva-Vorbehandlungen), wurden offen für weitere vier bis sechs Wochen mit Citalopram (Zieldosis 60 mg/Tag für Patienten bis 54 Jahre, 40 mg/Tag für ältere) behandelt, um die Therapieresistenz zu sichern. 455 Patienten beendeten diesen Studienabschnitt, hiervon erwiesen sich 97,5% (n=434) als weiterbestehende Non-Responder. Von diesen wurden 386 dann für vier bis sechs Wochen zusätzlich mit 1,0 bzw. 0,5 mg/Tag Risperidon im Sinne einer Augmentierung behandelt. Es zeigte sich ein deutlicher Abfall auf der Montgomery-Åsberg-Depressionsskala (MADRS) von etwa 26 auf zirka 14 (p<0,001). 68,1% der Patienten respondierten (MADRS-Reduktion > 50%), 59,1% der Patienten erreichten eine Remission (MADRS-Gesamtscore < 12). Der Abfall der Depressionswerte in der RisperidonAugmentationsphase war wesentlich ausgeprägter als in der vorangegangenen offenen CitalopramMonotherapiephase. Die Verträglichkeit in der Augmentierungsphase war ausgezeichnet, trockener Mund und Kopfschmerzen traten bei jeweils 12,9% der Patienten als führende Nebenwirkung auf. EPS-Nennungen waren unter der Zugabe von Risperidon nicht häufiger als unter der Citalopram-Monotherapie. In dieser Studie wurde der Erfassung der bei depressiven Patienten in der Regel erheblich verminderten Lebensqualität besondere Aufmerksamkeit geschenkt, indem das Quality of Life Enjoyment und Statisfaction Questionnaire (Q-LES-Q) mehrfach er- hoben wurde. Der Ausgangswert des Q-LES-Q vor Beginn der Augmentierung mit Risperidon betrug 42,8 (Standardabweichung 14,6), was einer erheblichen Beeinträchtigung entspricht, und besserte sich bereits nach einer Woche Risperidon-Augmentation auf 51,7 (17,6), um am Ende der Studie einen Wert von 56,0 (18,7) zu erreichen, was dem Wert einer gesunden Probandengruppe entspricht. Besonders ausgeprägt war die Zu- duktion der Depressionswerte als auch in einer raschen Verbesserung der Lebensqualität. Sollten sich diese deutlichen Effekte in doppelblinden Studien verifizieren lassen, stände eine neue Augmentationsoption bei der Behandlung der therapieresistenten Depression zur Verfügung. www.risperdal.de T herapieresistente Depressionen sind ein Standardproblem bei der antidepressiven Pharmakotherapie. Hochdosierung, der Wechsel auf ein Antidepressivum einer anderen Klasse oder die Kombination zweier Antidepressiva aus unterschiedlichen Wirkklassen sind dann übliche Strategien. Daneben können auch Augmentationsstrategien angewandt werden. Hierunter wird die Zugabe eines Nicht-Antidepressivums zu einer bestehenden Antidepressivum-Therapie verstanden. Am besten etabliert ist dann die Zugabe von Lithium, gefolgt von T3, Buspiron und Pindolol. durch wird die serotonerge Transmission an 5-HT1A-Rezeptor, der bei Stimulation die antidepressive Wirksamkeit vermittelt, relativ erhöht. Im Übrigen gibt es bei unterschiedlichen Indikationen antidepressive Wirkhinweise für Risperidon (in eher niedrigen Dosen, siehe Übersichtsarbeit von Myers und Thase, 2001). bei manischen Episoden RISPERDAL® Lösung 1 mg/ml; RISPERDAL® 1 mg/- 2 mg/- 3 mg/- 4 mg, Filmtabletten; RISPERDAL® Filmtabletten 0,5 mg; RISPERDAL® QUICKLET® 1 mg/- 2 mg, Schmelztabletten. Wirkstoff: Risperidon. Zusammensetz.: 1 ml Lösung enth. 1 mg Risperidon. 1 Filmtbl. RISPERDAL 0,5 mg/ - 1 mg/- 2 mg/- 3 mg/- 4 mg enth. 0,5 mg, 1 mg, 2 mg, 3 mg bzw. 4 mg Risperidon. 1 Schmelztabl. RISPERDAL QUICKLET 1 mg/- 2mg enth. 1 mg bzw. 2 mg Risperidon. Sonst. Bestandt.: RISPERDAL Lösung 1 mg/ml: Benzoesäure, Weinsäure, Natriumhydroxid, ger. Wasser. RISPERDAL 0,5 mg/- 1 mg/- 2 mg/- 3 mg/- 4 mg: Lactose-Monohydr., Maisstärke, Magnesiumstearat, Natriumdodecylsulfat, Propylenglyc., Hypromellose, mikrokristall. Cellulose, hochdisp. Siliciumdioxid; zusätzl. bei: RISPERDAL Filmtabletten 0,5 mg: E171, E172, Talkum; RISPERDAL 2 mg: E171, E110, Talkum; RISPERDAL 3 mg: E171, E104, Talkum; RISPERDAL 4 mg: E171, E104, E132, Talkum. RISPERDAL QUICKLET 1 mg/- 2 mg: Polacrilex Harz (Methacrylsäure-Polymer mit Divinylbenzen), Gelatine, Mannitol, Glycin, Simeticon, Carbomere, Natriumhydroxid, Aspartam, E172, Pfefferminzöl. Anw.geb.: RISPERDAL 1 mg/- 2 mg/- 3 mg/- 4 mg, Filmtabletten/- QUICKLET 1 mg/- 2 mg/- Lösung 1 mg/ml: Chron. schizophrene Psychosen einschl. Exazerbationen; auch für d. Erhaltungstherapie zur Rezidivprophylaxe v. stabil eingestellten Patienten. Mäßig schwere bis schwere manische Episoden im Rahmen bipolarer Störungen. Es wurde nicht gezeigt, dass Risperidon e. erneutes Auftreten v. manischen od. depressiven Episoden verhindert. RISPERDAL Filmtabletten 0,5 mg/- 1 mg, - QUICKLET 1 mg/- Lösung 1 mg/ml: Schwere chron. Aggressivität, durch die sich d. Pat. selbst u. andere gefährden od. psychot. Symptome b. Demenz, durch die d. Pat. erhebl. beeinträcht. werden. Verhaltensstörg. in Form v. Impulssteuerungsstörg. m. selbst-/fremdaggressivem od. bhdlgs.bedürftigem störenden Verhalten b. Intelligenzminderung od. Intelligenz im unteren Normbereich. Gegenanz.: Überempfindl. gg. Wirkst. od. sonst. Bestandt.; besteh., nicht durch Arzneim. bed. Hyperprolaktinämie; Kinder unter 5 Jahren. Stillzeit. Vorsicht bei: Leber- u. Niereninsuff.; vorbest. Parkinson-Krankheit; Lewy-Body-Demenz; anamn. bek. Epilepsie; Prolaktin-abh. (z.B. Prolaktinom d. Hypophyse) u. möglicherw. Prolaktin-abh. Tumoren (z.B. Mamma-Ca); pathol. Blutbildveränd.; bek. schwere Herz-Kreisl.-Erkr. (angebor. langes QT-Syndr., Bradykardie, Herzinsuff., Myokardinfarkt, Reizleit.störg., Dehydrierung, Hypovolämie od. zerebrovask. Erkr.); Elektrolytstörg.; Kombin. m. QT-Intervall-verlängernden Arzneimitteln; Demenzpat. m. Bluthochdruck, kardiovask. Erkr., Pat. m. vaskulärer Demenz; b. ält. Pat. Nutzen u. Risiken d. Verschreib., insbes. b. prädispon. Faktoren f. einen Insult, individ. sorgf. abwägen (die Pat. in regelmäß. Abständen untersuchen, ob weiterhin eine Bhdlgs.bedürftigkeit besteht); Schwangerschaft. Nebenwirk.: D. Nebenwirk. werden nach Organklassen u. Häufigkeiten (häufig: ≥ 1 % bis < 10 %; gelegentl.: ≥ 0,1 % bis < 1 %; selten: ≥ 0,01 % bis < 0,1 %; sehr selten: < 0,01 %, inkl. Einzelfälle) gegliedert. Nervensyst. u. Psyche: häufig: Kopfschm., Schlaflosigk., Agitat., Angstzust., Sedierung (b. Kdrn. u. Jugendl. häufiger berichtet, als b. Erw.); gelegentl.: EPS (Tremor, Rigidität, Hypersalivation, Bradykinesie, akute Dystonie). B. Pat. m. akuter Manie traten in klin. Stud. sehr häufig EPS auf. Selten: Somnolenz, Benommenh., Konzentr.störg.; sehr selten: tard. Dyskin., malig. neurolept. Syndr. m. Fieber, Muskelrigid., autonom. Instabilität, Bewusstseinstrüb., erhöht. CK-Werten, Hypothermie; Krampfanfall, Panikreakt.. Sinnesorg.: selten: Sehstörg.. Atemwege: selten: Rhinitis. Herz-Kreislauf-Syst.: gelegentl.: orthostat. Dysregulat., erhöh. Blutdruck. Gastrointest.trakt: selten: Obstipat., Dyspepsie, Übelk./Erbr., Bauchschm.. Urogenitaltrakt: selten: Priapismus, erekt. Dysfunkt., Ejakulat.störg., Störg. d. Orgasm., Harninkont.. Endokrin. Syst.: Erhöhung d. Prolaktinspiegel (dosisabh.); gelegentl.: Amenorrhö, Galaktorrhö; selten: Gynäkomastie. Muskulatur u. Beweg.app.: sehr selten: Muskelschwäche. Haut: selten: Hautausschl. u. and. allerg. Reakt.; sehr selten: Pruritus, Exanth., Photosensitiv.. Stoffw. u. Elektrolyte: sehr selten: Hyperglykämie u. Exazerbat. e. vorbesteh. Diab. mell., Störg. d. Wasserhaush. (b. schizophr. Pat., durch übermäß. Flüssigk.aufn. od. d. Syndr. d. inadäqu. Sekret. v. antidiuret. Hormon [SIADH]). Blut- u. Lymphsyst.: sehr selten: Leukopenie, Thrombozytopenie. Sonstiges: selten: Schwäche; sehr selten: Regulat.störg. d. Körpertemp.. Ferner wurden Gewichtszunahme, Ödembildg. u. Erhöh. d. Leberwerte beob.. Unter d. Bhdlg. wurde üb. zerebrovask. Ereign. einschl. Insult (auch mit Todesfolge) u. transitor. ischäm. Attacken (TIA) berichtet.Risperdal Lösung 1 mg/ml: Aufgr. d. Gehaltes an Benzoesäure können b. entspr. veranlagt. Pat. Überempfindlichkeitsreakt. in Form v. Reizungen an Haut, Augen u. Schleimhäuten auftreten. RISPERDAL 2 mg, Filmtabl.: Gelborange S kann allerg. Reakt. auslösen. RISPERDAL QUICKLET 1 mg/- 2 mg: Phenylalanin-Quelle. Stand d. Inform.: 03/04. Verschreibungspflichtig. JANSSEN-CILAG GmbH, Neuss. 6 Highlights Current congress höhen die Behandlungszufriedenheit, verlängern die rezidivfreien Zeiten, verkürzen den stationären Aufenthalt und verbesssern somit die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Strukturierte psychologische Interventionen sind daher sehr wichtig, um die Behandlung bipolarer Erkrankungen zu optimieren. Bedeutung psychologischer Therapieansätze in der Behandlung bipolarer Störungen Dr. Annette Schaub und Dr. Britta Bernhard aus der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der LMU München betonen den Wert der Kombination kognitiv-psychoedukativer Interventionen mit der Psychopharmakotherapie Literatur T rotz Fortschritten in der Pharmakotherapie besteht dringender Bedarf, die Behandlung bei bipolaren Störungen weiterhin zu optimieren: Probleme der Betroffenen in der Krankheits- und Lebensbewältigung, mangelnde Compliance als häufiger Grund für Rezidive, medikamentös weniger beeinflussbare soziale Defizite sowie der familiäre Interaktionsstil (HEE). Psychoedukativer Therapieansatz In den letzten zehn Jahren haben daher kognitiv-psychoedukative Interventionen in Kombinination mit Psychopharmako- therapie an Bedeutung gewonnen, da ihre Wirksamkeit eindrücklich belegt wurde. Der psychoedukative Ansatz von Colom und Mitarbeitern (2003) zeigte in einer kontrolliert randomisierten Studie mit 120 Patienten eine erhebliche Überlegenheit der strukturierten psychoedukativen gegenüber einer unstrukturierten Gruppenintervention während der Behandlungsphase (Rückfallrate: 38 vs. 60%) und in der Zwei-Jahres-Katamnese (67 vs. 92%). Ein von uns entwickeltes Manual für Betroffene und ihre Angehörigen (Schaub et al. 2004) greift die Behandlungselemente auf, deren Effizienz bereits in Therapiestudien bestätigt wurden: Psychoedukation über die Erkrankung und ihre Behandlungsmöglichkeiten zur Förderung eines funktionalen Krankheitsmodells, anhand dessen der Betroffene seine Einflussmöglichkeiten erkennen und mit der pharmakologischen Behandlung kooperieren kann; das Erkennen und der angemessene Umgang mit Frühwarnsignalen zur Rezidivprophylaxe; das Einüben von Strategien (wie Aktivitätenaufbau und kognitive Umstrukturierung), um die für die bipolare Störung typischen Symptome besser bewältigen zu können; Sensibilisierung Erfahrungen mit der Familientherapie bei manischdepressiven und schwer depressiven Erkrankungen Günter Reich vom Zentrum für soziale Medizin der Kliniken der Universität in Göttingen und Prof. Dr. Manfred Cierpka aus der Psychosomatischen Klinik der Universität Heidelberg betonen, dass man zwar von einer multikausalen Verursachung ausgehen muss, dass sich aber in Familien manisch-depressiver Patienten immer wieder typische Muster zeigen W ie alle seelischen Erkrankungen entstehen auch manisch-depressive und depressive Störungen im Kontext von Familien- und Paarbeziehungen und wirken auf diese zurück. In den letzten Jahren sind beziehungsdynamische Ansätze zugunsten eines biologischen Verständnisses dieser Erkrankungen in den Hintergrund getreten. Paar- und familientherapeutischen Interventionen wird zumeist lediglich auf der Ebene der Psychoedukation ein Platz zugewiesen. Typische Muster Auch wenn man von einer multikausalen Verursachung dieser Erkrankungen ausgehen muss und es – ähnlich wie bei den hier gefundenen pathophysiologischen Prozessen – keine Spezifität bestimmter familiendynamischer und paardynamischer Merkmale gibt, so finden sich doch immer wieder typische Muster in Familien manischdepressiver und schwer depressiver Patienten. Diese kann man als „depressive Konstellation“ (Reiter 1990) bzw. als „manisch-depressive Konstellation“ (Massing und Reich 2000) beschreiben. Familiendynamische Hypothesen zur Entstehung dieser Erkrankungen beschreiben ein familiäres „symbiotisches Überlebensmuster“ mit einem auf den Erfolg bezogenen „Double-bind“ für die späteren Patienten, die einerseits erfolgreich sein müssen, um das narzisstische Gleichgewicht mindestens eines Elternteils zu regulieren, andererseits eng an die Ursprungsfamilie gebunden bleiben sollen. Dabei spielen Störungen der interpersonellen Grenzen in den Beziehungen über mehrere Generationen eine Rolle. Dichotome Muster von „Schwäche“ und „Stärke“, von chaotischer Unordentlichkeit und zwanghafter Ordentlichkeit stehen nebeneinander in einer „restriktiven Komplementarität“ (Stierlin et al. 1986). für einen ausgeglichenen Lebensrhythmus durch das Erkennen von Belastungsfaktoren und von Möglichkeiten, diese zu reduzieren und die Belastbarkeit zu steigern; die Mitarbeit der Angehörigen, denen Gelegenheit zu entlastenden Gesprächen und einem vertieften Krankheitsverständnis gegeben wird. Sinnvolle Ergänzung der Pharmakotherapie Folgendes Fazit kann gezogen werden: Psychoedukation und kognitiv-verhaltenstherapeutische Interventionen sind eine sinnvolle Ergänzung zur Pharmakotherapie. Diese Ansätze er- Auslöser oft Trennungs- und Verlusterfahrungen Aus mehrgenerationaler Perspektive erscheint als der wesentliche Konflikt häufig ein Traditionskonflikt (Massing et al. 1999). Aufgrund eines tatsächlich stattgefundenen oder erlebten Verlustes ist in den Familien das Bestreben stark, Ansehen und Prestige zu gewinnen. Vorstellungen von Grandiosität und gleichzeitig von Verlust und Niederlage beherrschen die Familienphantasien. Außerhalb der manischen bzw. depressiven Phasen erscheint die Familie als schablonenhaft normal. Als auslösende Situationen werden häufig Trennungs- oder Verlusterfahrungen beschrieben, die den brüchigen Zusammenhalt der Familie und damit die brüchige Ich-Struktur des Patienten gefährden. Hierzu gehören auch Veränderungen, die – von außen betrachtet – positiv erscheinen, z.B. Abschlüsse von Ausbildungen oder beruflicher Aufstieg. Hier kommen Angst vor Neid und Entwertung sowie Schuldgefühle zum Tragen, die durch Realitätsverleugnung bis hin zum Realitätsverlust abgewehrt werden müssen. Ein Beispiel Die Behandlung einer Familie bzw. eines Paares mit einem manisch-depressiven Index-Patienten soll anhand eines Fallbeispiels skizziert werden. Der Patient war vor 33 Jahren erstmals nach dem Tod seines Vaters an einer schweren Manie erkrankt. Es folgten eine Reihe von stationären Behandlungen und nach zirka acht Jahren eine Lithiumtherapie sowie in den 70er Jahren eine fünfjährige Familientherapie unter Einbeziehung seiner Ursprungsfa- 1. Colom F, Vieta E, Martinez-Aran A, Reinares M, Goikolea JM, Benabarre A, Torrent C, Conmes M, Corbella B, Parramon G & Corominas J (2003): A randomized trial on the efficacy of group psychoeducation in the prophylaxis of recurrences in bipolar patients whose disease is in remission. Archives of General Psychiatry, 60, 402-407. 2. Schaub A, Bernhard B, Gauck L (2004): Kognitiv-psychoedukative Therapie bei bipolaren Erkrankungen. Verhaltenstherapeutische Konzepte, Behandlungsanleitung und Materialien für Betroffene und Angehörige. Göttingen: Hogrefe. Freitag, 10. September Forum 1: Zwischen Macht und Ohnmacht – State of the Art 13.30 Uhr milie. Er nahm weiterhin Lithium ein, woraufhin sich zehn Jahre vor der erneuten Aufnahme der Therapie ein inkompletter trifaszikulärer Block am Herzen entwickelte. Die Implantation eines Herzschrittmachers oder das Absetzen des Lithiums mit eventuell erneuter Gefahr einer manischdepressiven Dekompensation standen zur Diskussion. In der daraufhin begonnenen, über zwei Jahre dauernden Paartherapie entschied sich der Patient zum Absetzen des Lithiums. Zudem wurden in dieser Zeit die Paardynamik und die depressive Problematik der Ehefrau, die sich unter anderem in einer Sexualstörung äußerte, bearbeitet. Hierbei spielten in der familiären Dynamik der Ehefrau ebenfalls eine fusionäre Beziehung zur Mutter, ein brüchiges Selbstgefühl sowie schwere Schuldgefühle aufgrund der Trennung aus der Familie eine bedeutende Rolle. Mit der Bearbeitung dieser Dynamik stabilisierten sich das Paarsystem und auch der Index-Patient. Literatur 1. Cierpka M, Reich G, Massing A. (2001): Phasen einer Mehrgenerationen-Familientherapie bei einer manisch depressiven Psychose. Psyche 55: 1193-1216. 2. Massing A., Reich G. (2000): Familienund Paartherapie bei Depressionen. In: N. Hoffmann, H. Schauenburg (Hg.): Psychotherapie der depressiven Störungen. Stuttgart (Thieme), 95-106. 3. Massing A., Reich G., Sperling E. (1999): Die Mehrgenerationen-Familientherapie. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 3. Aufl. Freitag, 10. September Forum 3: Zwischen Nähe und Distanz – was können Angehörige aushalten, was können sie lernen? 13.30 Uhr Highlights Current congress 7 Rahmenbedingungen für emotionale Stabilität: Arbeit, Beziehung, Stigma Michael Tillmann, 40 Jahre alt, zwei Kinder, getrennt lebend, seit elf Jahren manisch-depressiv, drei Jahre intensive therapeutische Behandlung, etwa 21 Monate Behandlungen in einer Psychiatrie erlebt, nach 2,5 Jahren Auszeit, den Versuch ins Arbeitsleben zurück zu finden, Konstrukteur, Projektleiter und technischer Betriebswirt, ein kreativer Mensch S eit ich 30 Jahre alt geworden bin, habe ich wohl das manisch-depressive in mir und Anfang 2001 hatte ich meinen ersten Aufenthalt in der Psychiatrie. Nichts ging mehr und ich sah nur noch den Ausweg im Suizid. Dies ist nun drei Jahre her, dass ich einen konkreten Selbstmordversuch hinter mir habe, den ich überlebte, und heute bin ich wesentlich stabiler, als dies vor drei Jahren der Fall gewesen ist. Was ist geschehen, was sind die Rahmenbedingungen für emotionale Stabilität? Eines ist gewiss, jede Krankheitsgeschichte ist individuell und jeder hat seine „Rahmenbedingungen“, die zur Krankheit führten und ebenso zur Stabilität beitragen können. Meine Art mit der Krankheit umzugehen, kann man auf meiner Homepage www.herztilly.de nachlesen und sich ein Bild verschaffen, wie ich persönlich zur Stabilität finde – ein langer Prozess. • • • • • Grundvoraussetzung für meine emotionale Stabilität Dass meine Krankheit von den Ärzten, Psychologen, Neurologen usw. nicht nur auf eine „Stoffwechselerscheinung im Hirn“ reduziert wird, sondern meine Absurditäten ganzheitlich betrachtet werden. Dass ich als Patient mit meiner Lebensgeschichte ernst genommen werde. Die Kombination aus der Prophylaxe mit Medikamenten und Gesprächs-Gruppentherapie (in der ich meine Gefühle hinterfragen kann). Selber etwas für den Gesundungsprozess tun zu können, Hilfe zur Selbsthilfe erfahren. Mich selber einschätzen und ein Feedback erhalten und die Abweichungen professionell im vertrauensvollen Umgang miteinander herausarbeiten und Lösungsstrategien entwickeln. Dass ich mein Verhaltensmuster ändere (Ergebnisse aus der Therapie umsetze), ein langwieriger Prozess. Die Krankheit zu verstehen und angemessen danach lebe (auf Symptome achte). Rahmenbedingungen für emotionale Stabilität im Bereich Arbeit Erst seit ich in einem BerufsTrainings-Zentrum (BTZ Dortmund) an einer REHA-Maß- nahme teilnehme und speziell auf den Wiedereinstieg ins Berufsleben vorbereitet werde, bin ich in der Lage, auch emotional stabil auf der Arbeit zu sein. Frühere Wiedereingliederungsmaßnahmen (Hamburger Modell) sind gescheitert. Für mich waren folgende Gesichtspunkte sehr wichtig: Den Zusammenhang zwischen Erkrankung und Arbeit (ZERA) transparent darzustellen, genauer hinzuschauen, was mich in der Vergangenheit in die Manie und in die Depression gestürzt hat. Im Sozialtraining mit Rollenspielen bestimmte Konfliktsituationen darzustellen und gemeinsam in der Gruppe die damit erfahrenden Gefühle und Stimmungen zu analysieren. Verhaltensmuster offen zu legen und Lösungswege aufzeichnen. Konflikte anzusprechen und neue Wege zu finden, diese zu lösen ohne nachhaltige Verletzungen hinzunehmen. Genau zu analysieren, was man tatsächlich noch im Stande ist zu leisten und den Mut zu bekommen, auch nach Jobs Ausschau zu halten, die seinen Talenten und Neigungen entsprechen. Grenzen zu setzen, lernen, auch mal nein zu sagen, um sich nicht zu überfordern. Der offene Umgang mit meiner Krankheit auch im Berufsleben, dazu gehört aber auch eine neutrale Aufklärung des Arbeitgebers, die durch das BTZ Dortmund erfolgte. Ein aufgeschlossenes und modernes Unternehmen, das den Mut hat, einen Arbeitsplatz nach den Anforderungen des seelisch kranken Menschen zu gestalten (flexible Arbeitszeit, Freiraum für Ruhephasen, flache Organisation, offene Konfliktbewältigung ohne Restriktionen). Rahmenbedingungen für emotionale Stabilität im Bereich Beziehungen Die Beziehungsproblematik ist mein Kernbereich, der Auslöser für ein Wechselbad der Gefühle. Die Kernfrage hierbei ist, wie ich zu meiner eigenen Person stehe. Bei der Achterbahnfahrt der Gefühle habe ich mich selbst verloren und hatte keine gesunde Einstellung mehr zu mir selbst. Menschen, die sich selbst hassen sind schlechte „Vertragspartner“ im Beziehungsgeflecht der Gefühle. Nach dem totalen Zusammenbruch musste ich neu aufgebaut werden und vieles neu da- zulernen. Es gibt nicht viele Partner, Freunde und Bekannte, die dieses Wechselbad der Gefühle ertragen können, und selbst Familienangehörige sind schlichtweg überfordert. Was folgt, ist die Vereinsamung und die damit verbundene Ohnmacht, sich selber ausgeliefert zu sein. Die Krankheit wirkt wie ein „Gefühlsverstärker“, und es sind die Verletzungen, meist unterschwellig, die instabil wirken. Was also sind die Rahmenbedingungen für emotionale Stabilität im Bereich der Beziehungen, eine schwierige Frage. Ich musste meine Krankheit verstehen lernen, Schuldkomplexe mussten abgebaut werden, und ich musste den Mechanismus verstehen, wie ich in Beziehungen „funktioniere“, welche Gefühle wann auftreten. Meine engsten Freunde, Familienmitglieder und nahe stehende Bekanntschaften mussten verstehen, dass mein Verhalten durch die Krankheit stark beeinflusst wird und so manche Aktion keine Charakterschwäche ist, sondern eben „krank“ ist. Ich musste lernen, mir selbst zu verzeihen. Beziehungen hinterfragen, welche tut mir gut und welches Beziehungsgeflecht schadet mir, um dementsprechend mich auch von Bezugspersonen trennen. Erfahrungsaustausch mit gleichermaßen Betroffenen führen und Freunde finden, die mich justieren, meine teilweise verzerrte Wahrnehmung in die rechten Bahnen lenken. Ich benötige Bezugspersonen im privaten und beruflichen Umfeld, die mich verstehen und achten. Diese Bezugspersonen sind meine „Versicherung“ für emotionale Stabilität. Mein Regelsystem hat eine große Bandbreite, größer als bei „Normalos“, und diese Bezugspersonen wirken wie ein Steuerungsorgan, das verhindert, dass mein Gefühlssystem außer Kontrolle gerät. Was so einfach klingt, muss erst einmal begriffen werden, und noch schwieriger ist die Umsetzung. Stigma Ein Stigma oder ein „Schandmal“ ist definiert als Merkmal, das eine Person von anderen unterscheidet, negativ bewertet wird und zur Ausgrenzung führt, wie z.B. Sprache, Aussehen, Hautfarbe, körperliche und seelische Beeinträchtigung. Ja, als manisch depressiver Mensch habe ich ein Stigma, des- sen muss ich mir bewusst sein. Ich unterscheide mich von der Gemeinschaft. Ich „ticke“ eben etwas anders. Dennoch liegt hier eine ganz besondere Gefahr, und dieses Stigma erschwert uns nur allzu oft das Leben und die Wiedereingliederung. Am schlimmsten ist es, wenn dies im Verborgenen geschieht (Mobbing) und Menschen sich von einem abwenden. Dies hat immer mit Verletzungen zu tun, und die emotionale Stabilität ist gefährdet. Ungerechtigkeiten sind an der Tagesordnung, und wir stellen fest, dass dies sehr oft geschieht. Ärzte tun es oft sehr unbewusst, Behörden machen es täglich, und selbst Freunde können sich davon nicht lossagen. Stigmatisierung Als Stigmatisierung bezeichnet man die Zuschreibung negativer Eigenschaften, die zur Diskriminierung führt. Betroffen sind in der Regel Randgruppen, die gemeinsame Merkmale haben, die sie von anderen Gesellschaftsmitgliedern unterscheiden (Etikettierung, Labeling). Ist es nicht ein Dilemma für Betroffene? Da werden wir im ICD-Code stigmatisiert, Medikamente werden verordnet, und die Gemeinschaft denkt, jetzt ist ja genügend getan worden. Nun gilt man als Kostenfaktor in der Gesellschaft, und Kosten müssen ja bekanntlich reduziert werden. Das Menschliche kommt dabei oftmals zu kurz, und es wird gerade das eingespart, was uns am ehesten hilft. Aufklärung, Verständnis und Fürsorge. Eine gute therapeutische Begleitung ist nur sehr schwer zu bekommen, und alternativen Konzepten begegnen die Kostenträger eben sehr defensiv. Freunde ziehen sich zurück, und bei der Arbeit hat man immer mit der Rechtfertigung zu kämpfen, als seelisch Kranker doch etwas leisten zu können. Stigmatisierung erleben wir täglich, oft ist es uns auch gar nicht bewusst und erst spät, dann nämlich, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, hat der Tatbestand einen Namen. Es wird Zeit, dass gegen diese Stigmatisierung öffentlich angegangen wird und den Menschen bewusst wird, was sie damit anrichten. Vorurteile müssen abgebaut werden, und da hilft eben nur die Aufklärung. Wir Betroffene haben dazu nicht immer die Kraft, dafür müssen sich Institutionen stark mache. Freitag, 10. September Forum 2: Zwischen Höhen und Tiefen: Was geht in Selbsthilfe, was nicht? 13.30 Uhr Impressum Redaktion (V.i.S.d.P.): Günther Buck Redaktion: Günther Buck, Tel. 07 11/89 31-9 55 Herstellung & Layout: Karl-Heinz Zobel Druck: Kohlhammer, Stuttgart Verlag: Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14 70469 Stuttgart 8 Highlights Current congress Nachrichten aus der Industrie Bipolare Patienten mit gemischten Episoden profitieren von Olanzapin Effektive Phasenprophylaxe unabhängig von der Indexepisode B ipolare Patienten mit gemischten Episoden haben insgesamt eine schlechtere Prognose als Patienten mit vorherrschend manischen oder depressiven Episoden. Auf der diesjährigen Jahrestagung der American Psychiatric Association (APA) in New York wurden viel versprechende Daten einer Langzeitstudie vorgestellt, die – unabhängig Prozent der Patienten davon, ob die Indexepisode manisch oder gemischt ist – für Patienten mit gemischten Episoden eine effektive antimanische und phasenprophylaktische Wirkung einer Monotherapie mit Olanzapin zeigen. Damit erfüllt Olanzapin eine wichtige Anforderung, um auch diesen Patienten wieder Hoffnung und Perspektive zu geben. Gemischte Episoden stellen Abb. 1 Auftreten einer neuen manischen nach den Ergeboder gemischten bipolaren nissen verschieEpisode dener epidemio100 logischer Unter90 p < 0,001 Olanzapin Plazebo suchungen die n = 45 80 häufigste Verp < 0,001 70 laufsform bipolan = 88 60 rer Erkrankunn = 76 50 gen dar, erläun = 144 40 terte Prof. Ste30 phan Heckers, 20 Boston. Ihre Prä10 valenz beträgt im 0 Mittel etwa 31%. gemischte Episode manische Episode Das Ersterkrankungsalter der zwölfmonatige Therapie mit Olanzapin oder Plabetroffenen Pazebo (Tohen et al., APA 2004) tienten und die Episodenlänge unterscheiden sich jedoch nicht von denen anderer Verlaufsformen. Patienten mit gemischten Episoden respondieren insbesondere auf Lithium deutlich schlechter als manische Patienten, auch ist die Dauer bis zu einer deutlichen symptomatischen Besserung oder Remission länger als bei vorherrschend manischen oder depressiven Episoden. Gleichzeitig müssen diese Patienten deutlich schneller mit dem Auftreten einer neuen Episode rechnen. Olanzapin: beste Datenlage für gemischte Episoden Eine reine Manie ist eher selten, denn auch bei den meisten Patienten mit einer vorherrschend manischen Episode finden sich leichte depressive Symptome, erläuterte Heckers. Umso erstaunlicher ist es für ihn, dass die Datenbasis für die Wirksamkeit bei Patienten mit gemischten Episoden deutlich schlechter ist als für Patienten mit vorherrschend manischen oder depressiven Episoden. Olanzapin ist der- zeit das international am besten untersuchte Antimanikum und Phasenprophylaktikum, und auch für gemischte Episoden besitzt es die beste Datenlage unter allen modernen Neuroleptika, die derzeit zur Therapie bipolarer Patienten untersucht werden. Ob die Art der Indexepisode das langfristige Therapieergebnis beeinflusst, fragten sich vor kurzem Tohen und Mitarbeiter. In einer Post-Hoc-Analyse einer großen prospektiven, randomisierten doppelblinden Langzeitstudie über zwölf Monate werteten sie die Daten von 351 bipolaren Patienten (im Durchschnitt etwa 40 Jahre, 61% Frauen) mit einer gemischten oder manischen Indexepisode aus, die mit Olanzapin (gemischte Indexepisode: n = 76; manische Indexepisode: n = 144) oder Plazebo (gemischte Indexepisode: n = 45; manische Indexepisode: n = 88) behandelt wurden. Als Remission wurde Symptomfreiheit (YMRS ≤ 12; HAM-D-21 ≤ 8) über mindestens zwei Wochen festgesetzt. Gemessen wurde das Auftreten neuer Episoden (YMRS ≥ 15 oder HAMD-21 ≥ 15 oder Hospitalisierung wegen einer akuten Episode) insgesamt sowie die Zeit bis zu einer neuen Episode. der Therapie mit Olanzapin gegenüber der Plazebo-Gruppe signifikant weniger neue Episoden auf (Olanzapin: 59,2%; Plazebo: 91,1%; p < 0,001). Gleichzeitig dauerte es unter Olanzapin insgesamt signifikant länger bis zu einer neuen Episode (p < 0,001) (Abb. 1). Auch bei Patienten mit einer manischen Indexepisode war Olanzapin signifikant überlegen (Olanzapin: 39,6% Plazebo: 73,9%; p < 0,001). Dabei war die Dauer bis zu einer neuen Episode insgesamt (p < 0,002) oder einer neuen manischen Episode (p ≤ 0,001) signifikant länger. Die Daten zeigen, dass Olanzapin die therapeutische Allianz zwischen Arzt und Patienten mit gemischten Episoden unabhängig von der Indexperiode stärkt. Prof. Paul Keck, Cincinnati, erklärt diese viel versprechenden Ergebnisse auch mit der Beeinflussung der Psychopathologie durch Olanzapin von beiden Seiten der Stimmungspole. Dies entspricht der Forderung an einen Stimmungsstabilisierer, dass eine Symptombesserung nicht mit einer erhöhten Switch-Rate oder einer Verschlechterung der Stimmung am entgegengesetzten Stimmungspol verbunden sein darf. Signifikant weniger neue Episoden, signifikant längere Dauer bis zur neuen Episode Bei Patienten mit einer gemischten Episode traten während Dr. Alexander Kretzschmar Bipolare Störungen als lebenslanges Schicksal Prof. Dr. Jules Angst und Dr. Alex Gamma aus der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich betonen, dass die Diagnose „bipolare Störung“ auch heute noch viel zu spät gestellt wird und weisen darauf hin, dass sie ein lebenslanges Problem ist – das aber therapiert werden kann J eder Mensch erlebt Stimmungsschwankungen, in denen er sich besser oder schlechter fühlt. Rasche und starke Schwankungen sind besonders für Kinder charakteristisch. Wenn die Stimmungsschwankungen in die Adoleszenz oder ins Erwachsenenalter anhalten oder gar zunehmen und für den Betroffenen oder seine Umgebung ein abnormes Ausmaß mit subjektivem Leiden oder sozialen Konsequenzen annehmen, spricht man von bipolaren Störungen. In etwa der Hälfte der Fälle beginnt die Störung schon vor dem 20. Lebensjahr; das Risiko beginnt in der Vorpubertät, d.h. ab dem elften Lebensjahr. Vorerst werden gewöhnlich nur die depressiven Schwankungen als störend empfunden und erkannt, was in vielen Fällen zur Fehldiagnose Depression führt. Die korrekte Diagnose einer bipolaren Störung lässt im Schnitt acht bis zehn Jahre auf sich warten. Hypomanische Symptome werden besonders bei Jugendlichen oft über Jahre als Sozialverhaltensstörung oder als Aktivitätsund Aufmerksamkeitsstörung (Hyperaktivität) verkannt. Frühmanifestationen sind oft schwer wiegend, weil dadurch der Erfolg in der Schule, Berufslehre oder im Studium gefährdet wird. Später sind die Ehe und die berufliche Karriere oft schwer beeinträchtigt. Der natürliche Verlauf bipolarer Erkrankungen wurde erst seit der Einführung von Antidepres- siva (1957) und Lithium als Prophylaktikum (Baastrup and Schou 1967) systematisch erforscht. Im Erfolgsfall stellte sich rasch die Frage nach der Lebenszeitprognose und wie lange die Lithiumprophylaxe deshalb aufrechterhalten werden muss. Bipolare Störungen heilen nicht „spontan“ Bis etwa 1960 galt unter dem Einfluss von Kraepelin die Faustregel, dass manisch-depressive Erkrankungen, im Gegensatz zur Schizophrenie, eine gute Prognose hätten, obwohl bekannt war, dass zwischen schwereren Phasen of Stimmungsschwankungen leichteren Grades oder gar anhaltende Veränderungen auftraten. Weil man ursprünglich annahm, bipolare Störungen heilten spontan, wurde irrtümlich die Lithiumwirkung von einzelnen Autoren als nicht existent verkannt (Blackwell und Shepherd 1968). Erst systematische LangzeitUntersuchungen schafften Klarheit über die Periodizität der bipolaren Störungen. Zu Beginn der Störungen nehmen oft über Jahre die Stimmungsschwankungen an Intensität zu, bis sie klar als Krankheit erscheinen. Dazu kommt nach deren Ausbruch eine Verschlimmerungstendenz in Form von Verkürzungen der Abstände (Intervalle) zwischen den Phasen. Neuste Untersuchungen zeigen, dass diese Verkürzungstendenz in den ersten Phasen am stärksten ist, aber auch nach vielen Phasen noch auftreten kann. Wird eine Jahre dauernde Prophylaxe plötzlich abgebrochen, was ein Kunstfehler ist, beobachtet man daher eine Verschlimmerung der Periodizität im Vergleich zur Krankheit vor Beginn der Prophylaxe. Lebenslange Langzeituntersuchungen zeigen, dass die Periodizität bis ins hohe Alter anhält, was für die Prophylaxe maßgebend ist. Vorträge und Poster auf der 157. Jahrestagung der American Psychiatric Association (APA), New York, 1.–6. Mai 2004 Außerdem können periodische Depressionen nach jeder neuen Phase auch noch nach Jahrzehnten in bipolare Störungen kippen. Etwa die Hälfte aller Depressionen ist daher bipolar. Mit der anhaltenden Periodizität ist oft zusätzlich eine anhaltende Selbstgefährlichkeit verknüpft. Die Lebenserwartung unbehandelter bipolar Kranker ist etwa um zehn Jahre verkürzt. Große Bedeutung kommt deshalb auch der Früherkennung der Suizidgefährdung zu. Unbehandelte bipolare Störungen sind also nicht nur beim Erstauftreten sondern während des ganzen Lebens ein anhaltendes Problem und prägen die Lebensentwicklung der Betroffenen und ihrer Umgebung sehr stark. Neuste Studien zeigen glücklicherweise, dass nicht nur die Rückfallgefährdung sondern auch die Selbstgefährdung durch eine kombinierte Behandlung von Stimmungsstabilisatoren mit Antidepressiva und/oder atypischen Neuroleptika wirksam behandelt werden können. Freitag, 10. September Leben mit Manie und Depression 10.00 Uhr Highlights Current congress 9 Nachrichten aus der Industrie Atypische Neuroleptika bei bipolaren Störungen Quetiapin bessert nicht nur die Manie sondern auch die Depression und Ängste des Patienten M it atypischen Neuroleptika lassen sich in der manischen Phase der Patienten nach Angaben von Professor Dr. Eduard Vieta, Barcelona, gute Therapieerfolge erzielen. So bewirkt einer Studie bei 208 Patienten zufolge der Wirkstoff Quetiapin (Seroquel®) bereits in nur vier Tagen eine signifikante Besserung der Symptomatik, und das nach Vieta nicht nur global im Symptomenscore, sondern praktisch in allen Einzelsymptomen. Besonders gut werden durch die Substanz Symptome wie Aggressivität und Feindseligkeit gemindert. Sie lindert aber nicht nur die manische Symptomatik sondern auch die Depression, wie die BOL- DER-Studie (The BipOLar DEpRession) belegt, deren Ergebnisse erstmals jetzt auf der diesjährigen Jahrestagung der American Psychiatric Association (APA) von Professor Dr. Josef Calabrese aus Cleveland/Ohio präsentiert wurden. 542 Patienten mit bipolarer Depression wurden acht Wochen lang doppelblind randomisiert mit 300 oder 600 mg Quetiapin täglich oder Plazebo behandelt. Eingeschlossen waren dabei auch Patienten mit schnellem Phasenverlauf (rapid cycling), deren Behandlung schwierig ist. In der Studie wurde bereits von der ersten Woche an eine statistisch eindeutige Reduktion der depressiven Symptomatik, gemessen am MADRS-Score (MontgomeryAsberg Depression Rating Scale), gesehen, und das sowohl unter 600 wie auch unter 300 mg Seroquel®. Es besserten sich auch alle im Rahmen der Depression erfassten Einzelsymptome wie Traurigkeit, innere Anspannung, reduzierter Schlaf sowie Konzentrationsstörungen und allgemein pessimistische Gedanken. Sogar die Suizidalität sowie Angstsymptome werden gebessert Auffallend war nach Calabrese, dass unter der Therapie auch suizidale Gedanken signifikant abnahmen. „Die Reduktion der Suizidalität war doppelt so Differenzialdiagnostik und Psychopharmakotherapie bipolarer Störungen E Lithium – noch immer meist primäre Option Bei den meisten Formen bipolarer Störungen stellt Lithium un- verändert die primäre Therapieoption - entweder in Monotherapie oder in Kombination – dar. In besonderem Maße gilt dies für Bipolar-I-Störungen mit relativ wenigen Episoden, überwiegend euphorischen Manien bei gleichzeitiger Abwesenheit psychotischer Symptome. Zeigt sich hingegen ein mehr „atypischer Verlauf“, d.h. dass eine andere Verlaufsform bipolarer Störungen mit anderen Symptomkombinationen vorliegt, so können bereits als erste Therapiewahl Antiepileptika, beispielsweise Carbamazepin, Valproat, Lamotrigin oder aber auch atypische Antipsychotika infrage kommen. Die meisten der erwähnten Substanzen haben ihre Stärke in der Verhütung neuer manischer Episoden, Lamotrigin hingegen scheint präferenziell eher depressiven als manischen Episoden vorzubeugen. Wie weit sich atypische Antipsychotika auch in der Langzeittherapie durchsetzen werden und ob sie präferenziell eher zur Verhütung neuer Manien oder neuer Depressionen Therapieerfolge bei Bipolar I und Bipolar II und beim „rapid cycling“ Positiv zu bewerten ist nach Calabrese ferner, dass die Besserung der depressiven Symptomatik sowohl bei Patienten mit einer Bipolar-I- wie auch einer BipolarII-Störung erfolgte und darüber hinaus auch bei Patienten mit einem raschen Phasenwechsel, bei denen die Therapieeffekte ebenfalls statistisch signifikant waren. Parallel zur Besserung der De- pressivität, die auch anhand der Hamilton-Depressions-Skala (HAM-D) belegt wurde, zeigte sich ferner eine signifikante Besserung der Angstsymptome (HAM-A). Außerdem wurden Schlaf- und Lebensqualität der Patienten signifikant gebessert. Quetiapin wurde von den Studienteilnehmern gut vertragen, gravierende Nebenwirkungen oder gar ein Suizid unter der Therapie wurden nicht gesehen. Auch traten weder Bewegungsstörungen auf noch eine nennenswerte Gewichtszunahme, wie es bei anderen Atypika zu beobachten ist. Gerechnet werden muss nach Calabrese lediglich mit Symptomen wie Müdigkeit, die jedoch meist nur in der ersten Behandlungswoche beklagt wird. Quelle: AstraZeneca-Symposium „Striking the balance: Recent breakthroughs in mood stabilization“ anlässlich der 157. Jahrestagung der „American Psychiatric Association“ am 3. Mai 2004 in New York Die Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen e.V. Dr. med. Heinz Grunze, 1. Vorsitzender des DGBS e.V., Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig Maximilians-Universität München zu Zielen und Aufgaben der Gesellschaft Dr. med. Heinz Grunze aus der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig Maximilians-Universität München betont, dass für eine richtige Pharmakotherapie der bipolaren Störungen eine korrekte Diagnostik Voraussetzung ist ine individuelle und adäquate Psychopharmakotherapie bei bipolaren Störungen hängt im entscheidenden Maße von einer korrekten Diagnostik ab. Sowohl die Charakterisierung des langfristigen Verlaufes als auch des Querschnittsbildes hat unmittelbaren Einfluss auf die Therapie der ersten Wahl. Beim langfristigen Verlauf gilt es zunächst, Bipolar-I-Störungen von Bipolar-II-Störungen und anderen Manifestationsformen des bipolaren Spektrums zu unterscheiden. Zusätzliche wichtige Entscheidungskriterien sind, ob zum Beispiel in den Manien gehäuft psychotische oder depressive Symptome auftreten, ob es Zeiten mit einem so genannten „rapid cycling“-Verlauf (vier oder mehr Episoden pro Jahr) gegeben hat und ob die Erkrankung bezüglich Häufigkeit und/oder Schwere der Episoden progredient verläuft. hoch wie unter Plazebo. Die gute antidepressive Wirkkomponente von Quetiapin bei der bipolaren Depression zeigt sich nicht zuletzt dadurch, dass mit Ausnahme des reduzierten Appetits praktisch alle Symptome gelindert wurden“. Dass der Appetit nicht gesteigert wurde, bewerte der Mediziner als positiv. Dieser Befund unterstreicht nach seinen Worten die gute Verträglichkeit von Quetiapin, unter dem anders als unter anderen Atypika in aller Regel keine Gewichtszunahme erfolgt. zum Einsatz kommen, bleibt abzuwarten. In den bisher vorliegenden Studien zeigte zum Beispiel Olanzapin eine tendenziell bessere Wirksamkeit in Verhütung neuer Manien. Umgekehrt konnte jedoch beispielsweise Quetiapin gute antidepressive Effekte bei bipolaren Patienten nachweisen. Insgesamt zeigt sich eine zunehmendere Differenziertheit in der Behandlung bipolarer Störungen, die mit in der Vergrößerung des Behandlungsportfolios einhergeht. Insbesondere jedoch für optimale Kombinationstherapien besteht noch ein deutlicher Mangel an wissenschaftlich abgesicherten Erkenntnissen. Freitag, 10. September 2004 Forum 1: Zwischen Macht und Ohnmacht – State of the Art 13.30 Uhr D ie Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen (DGBS e.V.) wurde 1999 anlässlich einer internationalen Konferenz gegründet. Ihren Ursprung hat sie in der Erkenntnis der Gründungsmitglieder, dass insbesondere in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit, qualifizierte Fortbildung und Entstigmatisierung bipolarer Patienten in Deutschland noch ein großes Defizit besteht. Dementsprechend wurden als Ziele die Weiterbildung von Fachkreisen sowie eine breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit definiert. Darüber hinaus versteht sich die DGBS e.V. jedoch nicht nur als eine professionelle Fachvereinigung, sondern gleichzeitig auch als Interessenverband für Patienten und Angehörige. Entsprechend setzen sich die Mitglieder aus verschiedenen Gruppen, nämlich Professionellen, Patienten und Angehörigen, zusammen. In den letzten fünf Jahren wurden bereits viele Ziele der Gesellschaft erfolgreich vorangetrieben. Die Mitgliederzahl stieg von ursprünglich sieben auf nunmehr mehr als 500. Im Bereich der Patienten- und Angehörigenarbeit definiert die Gesellschaft als Ziel, eine Katalysatorrolle für die Gründung neuer Selbsthilfegruppen einzunehmen. Die Website der DGBS e.V. (www.dgbs.de) bietet ein umfangreiches Informationsmaterial sowohl für Professionelle als auch für Betroffene und Angehörige an. Mehrere Buchprojekte wurden in Eigenregie verwirklicht. An herausragender Stelle ist dabei insbesondere das „Weißbuch bipolare Störungen“, die erste umfassende Bestandsaufnahme zu dieser Thematik in Deutschland, zu nennen. Ziele der näheren Zukunft sind die weitere Etablierung der DGBS e.V. in der Forschungsförderung, insbesondere der Versorgungsforschung, sowie die Etablierung von Netzwerken für Betroffene und Angehörige. Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen e.V. (DGBS e.V.) Postfach 920 249 21132 Hamburg Tel.: 0 40/85 40 88 83 (Di.+ Do., 14.00–18.00 Uhr) mailto: [email protected] www.dgbs.de 10 Highlights Current congress Stationäre Zwangsmaßnahmen und Selbstverantwortung des Behandlungsteams Prof. Dr. Erdmann Fähndrich aus der Psychiatrischen Abteilung im Krankenhaus Neukölln in Berlin betont, dass Zwang nur das letzte Mittel sein kann und häufig auch ein Zeichen minderer Versorgungsqualität ist Z wangsmaßnahmen gehören zum klinischen Alltag. Ziel des Beitrages wird es sein, den Entscheidungsprozess bis zur Anwendung einer Zwangsmaßnahme darzustellen. Dabei wird auch auf das Erleben der Patienten eingegangen. Beispielhaft werden Türschließung, Fixierung und Zwangsmedikation näher betrachtet. Grundlage sind die über Jahre laufenden Dokumentationen dieser Maßnahmen in einer Klinik mit Pflichtversorgung für 320 000 Einwohner und die systematische Befragung der Patienten zu erlebten Zwangsmaßnahmen. 1. Türschließung: Tägliche Dokumentation. Die Entscheidung wann und wie lange die Stationstür geschlossen wird, liegt weit gehend beim Pflegepersonal. In den vergangenen fünf Jahren waren die Stationstüren zu etwa 80% uneingeschränkt offen und zu zirka 6% völlig geschlossen. 2. Fixierung: Spezielle Dokumentation. Leitlinienorientiertes Vorgehen. Die Entscheidung fällt nach intensiver Abstimmung zwischen Arzt und Pflegepersonal. In den letzten fünf Jahren wurde pro Jahr durchschnittlich 174- mal fixiert (5,3% aller Aufnahmen), betroffen waren jährlich 88 Patienten (3,9% aller Patienten). 3. Zwangsmedikation: Trotz Operationalisierung ist die Grenze zwischen „Freiwilligkeit“ und „Zwang“ fließend. Es handelt sich um eine ärztliche Entscheidung. Jede (eindeutige) Zwangsmedikation wird auf speziell entwickeltem Beleg dokumentiert. Pro Jahr wurden 108 Zwangsmedikationen bei 90 Patienten durchgeführt. 4. Befragung der Patienten: 20% aller Patienten geben an, be- reits früher Zwangsmaßnahmen erlebt zu haben. Der Begriff „Zwang“ wird von den Betroffenen eindeutig weiter gefasst als von uns Professionellen. Diskussion Umgang mit Zwangsmaßnahmen ist ein wichtiges Element der Qualitätssicherung. „Weiche“ Zwangsmaßnahmen wie zum Beispiel Anbringen von Bettgittern, die Zuteilung der Zigaretten, der zeitlich limitierte „Parkausgang“ und vieles andere mehr sind in die Diskussion mit einzubeziehen. Als Voraussetzungen zur Minimierung von Zwangsmaßnahmen werden vor allem diskutiert: • rationale (operationalisierte) Entscheidungsfindung • Leitlinien (gemeinsam erarbeitet!) zur Durchführung und Dokumentation • die „Personalfragen“ (ausreichende Zahl von Pflegekräften in jeder Schicht, gute Ausbildung und hohe Motivation aller Mitarbeiter). Konsens aller ist, dass Zwang nur das letzte Mittel sein darf und häufig ein Zeichen von minderer Versorgungsqualität ist. Samstag, 11. September Forum 4: Bipolare Störungen: Therapie zwischen Selbstverantwortung und Kontrolle 9.00 Uhr Bipolare Störungen Welche Symptome kennzeichnen die einzelnen Pole der Erkrankung? • • Manische Episoden (Manie) Zumeist hervorstechende Merkmale der Manie sind ein intensives Hochgefühl, eine übersteigerte und meist unbegründete gute Laune, sowie das subjektive Gefühl erhöhter persönlicher Leistungsfähigkeit. In der eigenen Einschätzung empfinden sich die Betroffenen meist als außergewöhnlich leistungsstark, kreativ und schöpferisch. Damit geht ein sehr geringes Schlaf- und Erholungsbedürfnis einher, typisch ist, dass Schlaf als Zeitverschwendung und Unterbrechung des (oft ziellosen) Tatendrangs empfunden wird. Im Extremfall können sogar kurzfristige Halluzinationen auftreten, dann spricht man von einer psychotischen Manie. In der Manie leugnen die Betroffenen oft hartnäckig, dass in irgendeiner Art und Weise Probleme bestehen würden. Außerdem reagieren sie oft gereizt, wenn sie von anderen auf offensichtliche Schwierigkeiten hingewiesen werden. Daher ist es schwer, einen manischen Patienten von der Notwendigkeit einer Therapie zu überzeugen; oft müssen die Betroffenen in der akuten manischen Episode gegen ihren Willen in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses behandelt werden. Gerade wenn die Manie einer vorausgegangenen lang dauernden Depression folgt, wird sie von dem Betroffenen eher als Befreiung und Wiederaufleben, aber nicht als neue Krankheitsepisode empfunden. Die wichtigsten Symptome der Manie sind nachfolgend nochmals aufgeführt: • Intensives Hochgefühl, gesteigerte Leistungsfähigkeit und Kreativität • Deutlich vermindertes Schlafbedürfnis • Kritikunfähigkeit und Umschlagen der Hochstimmung in Gereiztheit, wenn der manische Patient Widerspruch erfährt • Distanzlosigkeit und Rededrang im Umgang mit anderen Menschen • Gedankensprünge und Beschleunigung des Denkens, sodass Außenstehende dem Inhalt des Gespräches oft nur schwer folgen können • Sprunghaftigkeit im Handeln: Viele Dinge werden begonnen, aber nicht zu Ende geführt • Eine Enthemmung in verschiedensten Bereichen, angefangen von exzessivem Kaufrausch weit über die finanziellen Möglichkeiten hinaus bis hin zu sexuellen unangepassten Handlungen. Oft stehen diese Enthemmungen im krassen Widerspruch zu der normalen, gesunden Persönlichkeit des Betroffenen und führen entsprechend nach Abklingen der Manie zu starken Scham- und Schuldgefühlen. rien ist sie deutlich kürzer definiert, man spricht bereits von einer hypomanen Episode, wenn die Dauer vier Tage erreicht. Während der Hypomanie fühlt sich der Betroffene wesentlich besser als üblich, verspürt mehr Kreativität und Lebensfreude, neigt aber nicht zu grob unvernünftigen und persönlichkeitsfremden Verhaltensweisen wie der Maniker. Gerade wenn der Patient aus der Depression herauskommt, wäre man geneigt, dem Patienten seine Hypomanie zu gönnen. Dem stehen jedoch zwei Argumente gegenüber, die sorgfältig bedacht werden sollten: • Zu Beginn der hypomanen Episode weiß man nie, wo sie endet. Auch eine typische Manie entwickelt sich erst langsam. So ist es durchaus möglich, dass die Hypomanie nach wenigen Tagen in eine Manie mit allen ihren schweren Konsequenzen umschlägt. • Jede neue Krankheitsepisode, die nicht behandelt wird, verschlechtert den Gesamtverlauf der Erkrankung. Die Abstände zwischen den einzelnen Episoden werden immer kürzer, die Zeiten ausgeglichener Stimmung immer seltener. Daher ist es wichtig, erste Anzeichen neuer Episoden zu erkennen und sie durch frühzeitige Behandlung abzuwenden. Hypomane Episoden Eine Hypomanie ist eine deutlich abgeschwächte Form der Manie. Auch von den zeitlichen Krite- Depressive Episode Die meisten Menschen setzen den Begriff „Depression“ mit Traurigkeit oder Trauer gleich. Eine Depression ist jedoch weit mehr als nur ein Gemütszustand. Sie ist eine Erkrankung, die sehr wohl unsere Stimmung, aber auch unser Denken, unser Handeln und selbst unsere körperlichen Funktionen betrifft. Hinsichtlich der Stimmungslage ist es dabei für den depressiven Menschen oft charakteristisch, dass er sich nicht traurig im eigentlichen Sinne fühlt, sondern dass er eher über ein Erlöschen der Gefühle klagt. Sowohl die Fähigkeit zur Freude als auch zur Trauer sind abhanden gekommen. Oft wirken depressive Menschen wie versteinert. Mit einher geht ein Verlust an sämtlichen Interessen sowie der Antrieb und die Energie, etwas zu unternehmen. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind stark vermindert; Denken und Konzentrieren wird als mühsam empfunden. Erfreuliche Ereignisse oder eine Veränderung der Lebenssituation haben wenig Einfluss auf die Stimmung. Die Schwere der Depression kann dabei im Tagesverlauf durchaus fluktuieren, viele Patienten beschreiben ein Morgentief und ein Aufklaren zum Abend hin. Die wichtigsten Symptome der Depression beinhalten: • Verlust der Gefühle und der Fähigkeit zu trauern und sich zu freuen • Antriebslosigkeit und Interesselosigkeit an Dingen, die normalerweise Freude bereitet haben • Verlust sexuellen Interesses • Neigung zu ständigem Grü- • • • • • beln und pessimistischer Zukunftsperspektive Schlafstörungen, oft Durchschlafstörungen und morgendliches Früherwachen, manchmal aber auch gesteigertes Schlafbedürfnis Veränderung des Hungergefühls: Sowohl Appetitverlust, aber auch in seltenen Fällen gesteigerter Appetit können auftreten Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen Gefühl der Wertlosigkeit, Schuldgefühle und mangelndes Selbstbewusstsein Todeswünsche bis hin zu Suizidversuchen Verschiedenste körperliche Missempfindungen: oft Engegefühl im Brustbereich, Durchfall oder Verstopfungen. Gemischte Episode (Mischzustand) Manie und Depression sind nicht immer streng voneinander getrennnt, sondern können bei vielen Patienten auch praktisch zeitgleich oder im kurzen Wechsel innerhalb weniger Stunden auftreten. Patienten fühlen sich energiegeladen, aktiv und schlaflos, zu gleicher Zeit aber auch gereizt und leicht irritierbar. Die Gedanken rasen, beinhalten aber überwiegend depressive Inhalte. Mischzustände sind oft nicht nur für den Patienten die unangenehmsten Manifestationen bipolarer Störungen, sondern gehen auch mit einer hohen Gefahr des Suizides aufgrund der Kombination von gesteigertem Antrieb bei gleichzeitigen depressiven Gedankeninhalten einher. (Aus: Rosa Geisinger, Heinz Grunze: Bipolare Störungen (manisch-depressive Erkrankungen). Ratgeber für Betroffene und Angehörige. 56 Seiten, € 8,60, BoD GmbH Nordenstedt, ISBN 3-83114519-9) Highlights Krisen früh erkennen Dr. Lars Schärer und R. Gielen aus der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Freiburg über die Möglichkeit, mithilfe eines Palm PC ein elektronisches Tagebuch zu führen und so aufziehende Krisen früh zu erkennen P atienten mit manisch-depressiver Erkrankung können mithilfe eines Tagebuchs frühzeitig erkennen, wenn sie auf eine Krise zusteuern. Das hat eine kürzlich abgeschlossene Pilotstudie mit dem elektronischen Patiententagebuch „Palm Life Chart“ (PLC) belegt. Rund drei Viertel der Befragten messen diesem Patiententagebuch einen hohen oder sehr hohen Nutzen zu. Die Studie hat außerdem gezeigt: Für Betroffene stellt ein elektronisches Tagebuch eine gleichwertige Alternative zur Papiervariante dar. Patienten, die PLC anwenden, erhalten einen Palm-Taschencomputer mit Tagebuch-Software. Die überwiegende Mehrheit der befragten PLC-Nutzer halten das elektronische System für mindestens ebenso handlich und einfach in der Handhabung wie ein Papiertagebuch, der Spaß am Eintragen ist beim PLC sogar größer. Patiententagebücher nach der so genannten Life-Chart-Methode nach R. Post und G. Leverich werden bei der Behandlung manischdepressiver Patienten eingesetzt. Die detaillierte und langfristige Beobachtung des Krankheitsverlaufs liefert hochwertige Informationen, ohne den Patienten zeitlich sehr zu belasten. Die Life-Chart-Daten sind keine Augenblickseindrücke und werden auch nicht durch den beobachtenden Arzt beeinflusst. Ein großer Vorteil der Methode: 72% der Patienten sehen darin ein Frühwarnsystem für sich selbst, 55% einen Weg zum besseren Verständnis der eigenen Erkrankung und 48% einen Beitrag zu mehr Stabilität. Elektronische Chart und ärztliche Einschätzung stimmen gut überein Unter Federführung der Arbeitsgruppe Neue Medien der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen (DGBS) wurde PLC als elektronische Variante der bewährten Life-Chart-Methodik entwickelt. Der vom Patienten genutzte Palm-Taschencomputer – in der Pilotstudie war es der Palm Pilot M100 – und die darauf installierte Tagebuch-Software automatisieren arbeitsintensive Schritte der Tagebuchführung. Täglich gibt der Patient über entsprechende Eingabemasken seine Stimmung, krankheitsbedingte Beeinträchtigungen im täglichen Leben, Schlafdauer, Bezeichnungen und Mengen der genutzten Medikamente, aufgetretene Nebenwirkungen und zusätzlich außergewöhnliche Lebensereignisse (etwa Verlust des Arbeitsplatzes) ein. Die vom Patienten eingetragenen Daten werden per Knopfdruck über eine Internet-Verbindung an einen Auswertungsserver gesendet. Der Server bereitet die Daten auf und schickt an den Patienten eine grafische Auswertung zurück. Diese Server-Übersicht zeigt auf einem Din-A4-Blatt alle Eintragungen eines Monats im Überblick. Als besonders hilfreich hat sich die Darstellung der krankheitsbedingten Beeinträchtigungen im täglichen Leben (funktionale Beeinträchtigung) erwiesen. Wiedergegeben wird sie als variabler Balken auf einer Skala von minus vier (Depression) bis plus vier (Manie), der für jeden Tag zugleich die Schwankungsbreite der funk- tionalen Beeinträchtigung und ihre Schwere zeigt. In Kombination mit der getrennt erfassten Stimmung werden so verlässliche Aussagen über den tatsächlichen Zustand des Patienten möglich. Die Pilotstudie hat die Ergebnisse aus dem PLC mit ärztlichen Einschätzungen verglichen und einen sehr hohen Übereinstimmungsgrad ermittelt. Insbesondere werden zuverlässig auch so genannte dysphorische Manien (hohe Energie verbunden mit negativer Stimmung) erkannt. Current congress Eine große Stärke von PLC besteht in den vielfältigsten Auswertungsmöglichkeiten. Auf Knopfdruck können beispielsweise Auswertungsgrafiken über mehrere Jahre erstellt werden, was die langfristige Beurteilung eines Krankheitsverlaufs enorm erleichtert. Die Tagebuch-Software kann um zusätzliche Fragen erweitert werden. Patienten berichten beispielsweise darüber, dass sie während manischen Phasen immer wieder die selben Gedanken haben, etwa den an ein bestimmtes Auto. So könnte die Frage „Haben Sie heute verstärkt über den Kauf eines 7erBMW nachgedacht?“ zusätzliche Warnhinweise auf eine beginnende Krise liefern. Mit entsprechenden Anpassungen kann PLC zudem als Unterstützung für eine Psychotherapie genutzt werden, wenn dabei so genannte Soziale Rhythmus-Metrik eingesetzt wird und Informationen über den genauen Tagesablauf eines Patienten gefragt sind. Weitere Informationen Arbeitsgruppe Neue Medien der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen (DGBS) unter [email protected]. Finanzielle Unterstützung von PLC ist möglich über die DGBS Konto Nr. 0005031826 BLZ 200 90 602 Stichwort „PLC“. Freitag, 10. September Forum 2: Zwischen Höhen und Tiefen: Was geht in der Selbsthilfe, was nicht? 13.30 Uhr DGBS Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen e.V. (manisch – depressive Erkrankungen) www.dgbs.de Fragen Sie die Experten! Chat – Woche Bipolare Störungen für Professionelle, Betroffene und Angehörige 5., 6. und 7. Oktober 2004 Treffen Sie Experten im Internet: www.manic-depressive.de/chat/ Stellen Sie Fragen, die Ihnen wichtig sind Dienstag, 5. Oktober 2004, 18.00 – 19.00 Uhr Rechtsfragen bei bipolaren Störungen Als Expertin steht Ihnen im Chat zur Verfügung Rechtsanwältin Sybille M. Meier Fachanwältin für Sozial- und Arbeitsrecht Berlin Mittwoch, 6. Oktober 2004, 18.00 – 19.00 Uhr Diagnose und Therapie bipolarer Störungen Als Experte steht Ihnen im Chat zur Verfügung Prof. Dr. Dr. Michael Bauer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Charité Campus Mitte, Berlin Donnerstag, 7. Oktober 2004, 18.00 – 19.00 Uhr Psychotherapie und Psychoedukation bei bipolaren Störungen Als Expertin steht Ihnen im Chat zur Verfügung Dr. phil. Dipl.-Psych. Petra Wagner Klinik für Psychiatrie, Verhaltensmedizin und Psychosomatik Klinikum Chemnitz 11 12 Highlights Current congress Wie wird die Therapie erreichbarer – aus Sicht des Angehörigen Prof. Dr. Reinhard Peukert von der Fachhochschule in Wiesbaden zeigt, dass es den Angehörigen gut geht, wenn es dem Patienten schlecht geht und dann schlecht, wenn die Manie beginnt und stellt das Konzept des „Familiengastes“ vor A lle Familienmitglieder leiden bei bipolaren Störungen unter den phasentypischen kontradiktorischen Selbstwahrnehmungen. Der „Rest der Familie“ fühlt sich in den Zeiten entlastet, in denen es dem verstörten Familienmitglied subjektiv besonders schlecht geht und es seine Hilfebedürftigkeit erkennt und kommuniziert. Den Angehörigen geht es in den Zeiten subjektiv besonders schlecht, sie fühlen sich belastet und unter hohem Druck, wenn sich das verstörte Familienmitglied zu Beginn seiner Manie als erfolgreich, glücklich, unwiderstehlich usw. erfährt, denn sie sind von der Angst vor dem, was folgen wird, erfüllt – und sie müssen das völlige Fehlen jeglicher „Hilfeannahmebereitschaft“ (häufig als „Krankheitsuneinsichtigkeit“ bezeichnet) erleben. Aber auch in der für das verstörte Familienmitglied schweren Zeit ist die Bereitschaft, professio- nelle Hilfen anzunehmen, häufig verlaufstypisch begrenzt: Die Zeit tiefster Verzweifelung und Hoffnungslosigkeit ist von weit reichendem sozialen Rückzug und der passiven Verweigerung von professionellen Hilfsmöglichkeiten geprägt. Dabei wäre aus Sicht der Angehörigen gerade jetzt intensive Hilfe erforderlich: Das Verhalten des verstörten Angehörigen löst bei ihnen nicht nur die Angst vor einem möglichen Suizid aus, sondern in dieser Zeit könnte eine therapeutische Beziehung wachsen, die unter anderem auch durch den Wendepunkt zur Manie trägt. Erwartungsfreie Anwesenheit der Therapeuten Dafür müssten – aus Sicht der Angehörigen – die Therapeuten die von ihnen definierten Settings verlassen und sich mit der Haltung der „erwartungsfreien Anwesenheit“ im Lebensumfeld des Erkrankten zur Verfügung halten. Diese neue professionelle Rolle nennen wir „Familiengast“ (Peukert in: Psychosoziale Umschau 4 2003, S. 12–15), da sich die Person auf Einladung des oder der Angehörigen ohne zielgerichtete Hilfeintention in der Wohnung aufhält, und „nur“ seine Aufmerksamkeit darauf richtet, ob das verstörte Familienmitglied irgendwie mit ihm in Kontakt treten möchte, z.B. von ihm, dem Gast, kleine alltägliche Hilfen wünscht, da die anderen Angehörigen „frei haben“ und während des Gast-Besuches angstfrei andere Erledigungen tätigen können. Was ist der erwünschte Effekt? Auch eine tief verängstigte, hoffnungslose und verstörte Person kann selbst mit jemand Fremdem Kontakt aufnehmen, der in der ihr gewohnten Umgebung zurückhaltend auftritt, keine Forderungen stellt und nur da ist. Angehörige haben Angst vor den manischen Zuständen und sind hin und wieder übersensibel. Dennoch berichten viele Ange- hörige über zumeist leichte krisenhafte soziale Entwicklungen, bevor „der manische Weg eingeschlagen“ wird. Auch hier besteht die Hoffnung, dass eine professionelle Begleitung durch soziale Alltagssituationen – eine frühe, intensive und „weiche“ Hilfe – spätere, harte und interventionistische Hilfen erübrigen könnte. Angehörige haben den Eindruck, dass das Familienmitglied in dieser Zeit am ehesten Hilfen von jemandem akzeptiert, der auch schon mal in alltäglichen Situationen alltäglich-banale Unterstützungen gab, z.B. beim Reparieren eines Fahrrades (diese Annahme hat sich in Untersuchungen zum Hilfesuchverhalten bestätigt) oder „störungsspezifisch“: Hilfe bei der Bewältigung von Folgeproblemen (z.B. Schulden). Hat der Angehörige einmal begonnen, seine Manie zu leben, besteht aus Angehörigensicht wenig Hoffnung, den Zug mit einfachen und „weichen“ Stoppsignalen zum Zur Psychodynamik und Psychotherapie bipolarer Störungen Dr. Peter Hartwich aus der Psychiatrischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses in Frankfurt betont, dass es beim Einzelschicksal eines depressiv oder manisch Erkrankten einer individuellen Gewichtung seiner lebensgeschichtlichen Faktoren bedarf W irksamkeitsstudien, die positive Effekte zur Psychotherapie affektiver Erkrankungen zeigen, sind unter anderem von Elkin et al., Leuzinger-Bohleber et al., Sandell et al., van Praag, sowie eine Metaanalyse von Geerson et al. erarbeitet worden. Die gewichtigen somatischen Komponenten in der Ätiologieforschung sowie in der Therapie begrenzen allerdings psychodynamisch orientierte Psychotherapien. Heute sehen wir in der Entstehungsgeschichte der Erkrankung das komplexe Zusammenspiel zwischen somatisch-biologischen, psychodynamischen und sozialen Faktoren. Es handelt sich um einen Kreisprozess, bei dem die Dimension Zeit, von Kindheit über Pubertät bis frühes Erwachsenenalter, hinzukommt, eine – bildlich gesehen – Spirale formt, auf der sich „Unwuchten“ einstellen können, die das Ganze aus der Bahn geraten und in eine bipolare Erkrankung münden lassen. Solche Unwuchten können beispielsweise Verlusterlebnisse, hormonelle Umstellungen, Geburt, somatische Erkrankungen etc. sein. Infolgedessen sind generelle Aussagen zu wenig prä- zise, statt dessen bedarf es beim Einzelschicksal eines depressiv oder manisch Erkrankten einer individuellen Gewichtung seiner persönlichen lebensgeschichtlichen Faktoren. Formal ähnliche Erkrankungen und ähnliche Psychopathologie spiegeln nicht die ätiopathogenetische Gewichtung des Einzelnen wider. Hierin liegt die Begrenztheit des nomothetischen Ansatzes bei Untersuchungen zur Wirksamkeit der Psychotherapie, was die empirische Überprüfbarkeit erschwert. Voraussetzungen zur Psychotherapie Für die Indikation der Psychotherapie bedarf es einer ätiologischen Gewichtung bezüglich der psychischen Einflussfaktoren beim Schicksal des Einzelnen. Dieses führt zu unterschiedlichen Prägnanztypen und erfordert auch unterschiedliche psychotherapeutische Vorgehensweisen. Hier verhaltenstherapeutisch, da psychodynamisch, wobei es zusätzlich Persönlichkeitsfaktoren (Intelligenz, Introspektionsfähigkeit, Kreativität etc.) gibt, die mehr für das eine, das andere oder weitere Verfahren sprechen. Historischer Beitrag psychoanalytischer Hypothesen Die Depression wurde als Abwehr der Aggression durch die Wendung gegen das eigene Selbst gesehen oder durch narzisstische Kränkung infolge von Verlusterlebnissen hervorgerufen und der synthyme Schuldwahn als verdrängter Sadismus interpretiert (siehe Abraham). Die Manie wurde als Triumph über den depressiven Affekt, als Abwehr der Depression (Winnicott) oder als regressive Aktivierung des Größenselbst (Jacobson) angesehen. Solche Kernaussagen, die hier nur beispielhaft wiedergegeben werden können, haben vertiefte Einblicke in das Erleben und die Psychodynamik bipolar erkrankter Menschen gegeben. Sie sind aber nur begrenzt zutreffend, wenn biologisch-somatische Aspekte in die Gewichtung von Ätiologie und Psychopathologie eingehen. Konzept der Parakonstruktion Heute stellen wir, die Tradition von Benedetti und Mentzos weiterführend, die somatopsychische Wechselwirkung in den Vordergrund. Dabei geht es um die Betrachtung der verschiedenen Ebenen des psychischen Strukturni- veaus in Hinblick auf ihre Stärke und Festigkeit. Bei höherem Strukturniveau, wie es Neurosekranken zugeschrieben wird, werden Abwehrmechanismen zum Schutz der Psyche eingesetzt im Sinne von Kompensation und Rekonstruktion. Ist das Strukturniveau psychotisch verändert, kommt es ebenfalls zu Schutz- und Gegenregulationsversuchen, diese sind aber nicht als gelungene Kompensationen oder Konstruktionen anzusehen, sondern als Parakonstruktionen (Hartwich, Grube). Das Konzept der Parakonstruktion verbindet zum Verständnis gegenwärtiger Symptome psychodynamische und somatische Modelle miteinander und grenzt sich damit vom rein psychodynamischen Abwehrkonzept ab. Beispiele sind der depressive und der maniforme Wahn; hier kommt entweder durch zu wenig oder zu viel an Dynamik die psychische Struktur in Gefahr. Sie versucht sich als Gegenregulation in Parakonstruktionen zu retten. Therapiehinweise Verschiedene Formen der Gegenregulation auf unterschiedlichem Niveau der psychischen Strukturstärke erfordern verschie- Halten zu bringen. Auf diese Situationen können aber alle Beteiligten vorbereitet sein (es sei denn, es handelt sich um eine Neuerkrankung), und zwar mit einer Behandlungsvereinbarung, die in den ruhigeren Zeiten zwischen den Behandlern und dem Familienmitglied abgeschlossen wurde – möglichst unter Einbeziehung der Angehörigen! Hat das Familienmitglied den Behandler bzw. jemandem aus dem Behandlungsteam schon als Familiengast, als „weichen Helfer“, in kleinen promordialen sozialen Krisen und hilfreich in sonstigen Alltagssituationen erlebt, und wurde eine frühere gegebenenfalls nicht zu umgehende harte Intervention anschließend intensiv besprochen, so sind das sehr gute Voraussetzungen für ein tragfähiges Bündnis auf der Basis einer Behandlungsvereinbarung – selbst dann, wenn in der Situation, in der die Vereinbarung zum Zuge kommen muss, das verstörte Familienmitglied den Vereinbarungen wieder einmal vehement widerspricht! Samstag, 11. September Forum 4: Bipolare Störungen – Therapie zwischen Selbstverantwortung und Kontrolle 9.00 Uhr denartige Behandlungsmaßnahmen. Die Kombination von Pharmakotherapie und Psychotherapie sollte sich nach dem jeweiligen individuellen Strukturniveau und der gegenwärtigen Gewichtung der beteiligten Faktoren richten. Individuelle psychodynamische Aspekte und interaktionelle Psychodynamik mit Angehörigen haben eine unterschiedliche Betonung und sind infolgedessen in psychodynamisch orientierte Einzeltherapie, Prophylaxe, Intervalltherapie, Paartherapie und Angehörigenberatung aufzugliedern. Neben der pharmakologischen Beeinflussung von Antrieb und Dynamik sind besonders kreative Therapieverfahren, die mit Medien und Objekten arbeiten, einzusetzen (Hartwich, Fryrear). Literatur 1. Hartwich P (2002) Psychodynamik und Psychotherapie schizoaffektiver Psychosen. In: Böker H, Hell D (Hrsg) Therapie der affektiven Störungen. Psychosoziale und neurobiologische Perspektiven. Schattauer, Stuttgart 2. Hartwich P (2004) Wahn – Sinn und Antikohäsion. In: Hartwich P, Barocka A (Hrsg) Wahn: Definition, Psychodynamik, Therapie. Wissenschaft & Praxis. Sternenfels 3. Hartwich P, Fryrear JL (2002) (Hrsg) Kreativität: Das dritte therapeutische Prinzip in der Psychiatrie. Wissenschaft & Praxis, Sternenfels 4. Hartwich P, Grube M (2003) Psychosen-Psychotherapie. Psychodynamisches Handeln in Klinik und Praxis. 2. Aufl. Steinkopff, Darmstadt Freitag, 10. September Leben mit Manie und Depression 10.00 Uhr Hamburg l l e r u t kul Sehenswertes Blankenese: Das einstige Fischerdorf unmittelbar an der Elbe ist das Ausflugsziel schlechthin. Einer der schönsten Wanderwege Deutschlands zieht sich am Ufer der Elbe entlang nach Blankenese. Ein Besuch lohnt, sei es wegen der malerischen Gassen, den eng beieinander stehenden Häuschen oder wegen der Blankeneser Bahnhofstraße. Restaurants und Cafés bieten Ausblick auf vorüberfahrende Schiffe. Und wer Blankenese vom Wasser aus sehen möchte, der sollte sich eine Hafenrundfahrt gönnen. Von April bis September fährt ein Liniendienst der HADAG ab den St. Pauli-Landungsbrücken regelmäßig nach Blankenese. * Der letzte erhaltene klassische Stückgutfrachter „Cap San Diego“ oder auch der „Weiße Schwan des Südatlantiks“ liegt an der Überseebrücke in Hamburg (Tel. 0 40/36 42 09). Er kann täglich von 10-18 Uhr besichtigt werden. * Ein Besuch von Hamburg ohne den Besuch des Fischmarkts ist nur eine halbe Sache: Also, den Wecker früh stellen und auf geht’s zum traditionsreichsten Markt (seit 1703) der Stadt. Sonntags von 5–9.30 Uhr wird dort so gut wie alles gehandelt, und wem bei dieser Uhrzeit noch nicht zum Handeln zumute ist, der sollte sich zum Brunch in 13 Kulinarisches die historische 100jährige Fischauktionshalle begeben, und sich dabei von Musik (Jazz, Skiffle, Country, Western) berieseln lassen. * Der Hamburger Hafen ist der zweitgrößte Hafen Europas und zählt zu den zwölf bedeutendsten Container-Häfen der Welt. Im Jahr laufen rund 13 000 Seeschiffe aus der ganzen Welt dort ein. Am besten unternimmt man eine Hafenrundfahrt und schaut sich vom Schiff aus die eindrucksvollen Hafenanlagen an. Täglich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang begrüßt die Willkommhöft jedes ein- und auslaufende Schiff über 500 BRT. Die Schiffsbegrüßungsanlage ist weltberühmt: Bei Ein- oder Auslaufen eines Schiffes wird die Hamburger Flagge halb niedergeholt, die entsprechende Nationalhymne gespielt und ein Grußwort in der jeweiligen Landessprache gesprochen. * Shoppen, flanieren, bummeln ... wer das in Hamburg tun möchte, sollte den Jungfernstieg an der Alster ansteuern. Auf der Hamburger Einkaufs- und Promenadenstraße kreist alles ums Einkaufen in großen Kaufhäusern und feinen Boutiquen. Exklusive Angebote liegen in den Auslagen und verführen zum Kauf. Außerdem bekannt und am Jungfernstieg gelegen, sind: das Alsterhaus, die Passage des Hamburger Hofes oder Streit’s Kino. * Historische Straßen gibt es in Hamburg einige: Einen Besuch wert sind der Bäckerbreitergang Nr. 49–58, eine geschlossene Reihe von einfach restaurierten Fachwerkhäusern aus dem 18./19. Jahrhundert, die Cremon, eine Straße, in der es früher Speicher und Wohnhäuser mit einer Fleet- und Straßenfront gab, was besonders für den Ab- und Antransport der Handelsgüter sowohl auf dem Wasser- als auch auf dem Landweg geeignet war, die Deichstraße, eine alte Kaufmannsstraße mit Kontorund Wohnhäusern aus dem 17.– 19. Jahrhundert mit sehr guten Restaurants und Kneipen, die Peterstraße mit wiederaufgebauten Alt-Hamburger Bürgerhäusern sowie die kleineren restaurierten Fachwerkspeicher der Reimerstwiete Nr. 17–21 aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. * Der wichtigste Barockkirchenbau Norddeutschlands ist die Hauptkirche St. Michaelis, die von 1751 bis 1762 erbaut wurde. Der 132 Meter hohe Turm, der „Michel“, ist das Wahrzeichen der Stadt Hamburg. Von seiner Besucherplattform aus hat man einen schönen Blick auf Hafen und Stadt. Außerdem trägt der Michel die größte Turmuhr Deutschlands mit Ziffer- blättern mit mehr als 24 Metern Umfang. Jeden Tag ist um 10 und 21 Uhr das Turmblasen angesetzt. * Nahe beim Michel liegen die Krameramtswohnungen aus dem 17. Jahrhundert. Eine dieser Wohnungen ist als Museum umfunktioniert worden und zu besichtigen: Krayenkamp 10/11, 20459 Hamburg, Öffnungszeiten: Di–So, 10– 17 Uhr, Tel. 0 40/4 28 41 23 60 * Begibt sich jemand auf die große Hafenrundfahrt, dann startet er an den Landungsbrücken, dem Hamburger Wasserbahnhof. Von der 700 Meter langen Anlegestelle aus schippern Fähren und Dampfer nach Finkenwerder, Övelgönne und Blankenese. Drumherum gibt es Andenken-Shops und urige Fischrestaurants, in denen Köstlichkeiten wie frische Kutterschollen oder Nordseekrabben auf den Tisch kommen. * Die Speicherstadt von Hamburg ist der größte zusammenhängende Lagerhauskomplex auf der Welt. Sie liegt zwischen Deichtorhallen und Baumwall im Freihafen und fällt auf durch die wilhelminische Backsteingotik der Gründerzeit und durch seltsam anmutende Giebel und Türmchen. Wertvolle Güter werden dort gelagert wie Kaffee, Tee, Gewürze, Kakao, Tabak, aber auch Computer und Orientteppiche. Ein Museum gibt Einblick in die heutige Arbeit der Speicherstadt, die – 800 Scheinwerfer machen’s möglich – mit Einbruch der Dunkelheit anfängt, zu erleuchten. * Eine heiße Meile ist die Reeperbahn in St. Pauli zwar immer noch, aber ihr Bild hat sich seit einigen Jahren doch verändert. Auf kleinstem Raum drängen sich dort etwa 400 Gastronomiebetriebe, von denen viele rund um die Uhr geöffnet haben. Nachteulen kommen hier voll auf ihre Kosten. Musicaltheater, Diskotheken, Clubs und Bars sorgen für Stimmung unter den Kiez-Besuchern. Alt Helgoländer Fischerstube Fischmarkt 4 22767 Hamburg Tel.: 0 40/3 19 46 96 Fax: 0 40/3 19 31 39 Öffnungszeiten: tgl. 12–24 Uhr (Küche: 12–22 Uhr) Die „Alt Helgoländer Fischerstube“ liegt direkt am Fischmarkt. Das Restaurant mit seinem stilvollen und maritimen Ambiente ist Anlaufpunkt für Liebhaber der exquisiten Fischküche und Treffpunkt der Reeder, Kapitäne, Schiffsmakler und anderer Hamburger Geschäftsleute. Genießen Sie die berühmte Hamburger Aalsuppe, eine Helgoländer Bouillabaisse oder eine Helgoländer Krebsrahmsuppe, zum Hauptgang dann ein Rotzungenfilet, ein Lachsfilet, oder Medaillons vom Seeteufel..., um nur eine kleine Auswahl der Speisen zu nennen. Selbstverständlich gibt es typische norddeutsche Gerichte wie Matjes, Labskaus und Scholle. Von der Terrasse aus blickt man auf die Elbe, den Hafen und den Marktplatz. Warsteiner Elbspeicher Große Elbstraße 39 22767 Hamburg/St. Pauli Kalender Dialog im Dunkeln Öffnungszeiten: Di–Fr 9–17 Uhr, Sa/So/Feiertags 11–19 Uhr, Mo geschlossen Kurze Tour ca. 60 Min., lange Tour ca. 90 Min. Speicherstadt, Alter Wandrahm 4 Natur ganz Kunst 16.01.04 – 16.01.05 Öffnungszeiten: Di–So 10–18 Uhr, Do 10–21 Uhr Museum für Kunst und Gewerbe liebe.komm – Botschaften des Herzens 25.03.04–9.01.05 Öffnungszeiten: Di–So 9–17 Uhr Museum für Kommunikation Im Garten von Max Liebermann 11.06.–26.09.04 Öffnungszeiten: Di–So 10–18 Uhr, Do 10–21 Uhr, Mo geschlossen Hamburger Kunsthalle Miss Berlin 24.07.–12.09.04 Komödie Winterhuder Fährhaus Hamburger Stadtgeflüster – Ein inszenierter Stadtspaziergang 13.08.–16.10.04 Jeden Fr+Sa um 21 Uhr, ab 1.10.04 um 20 Uhr Route: Treffpunkt am Michel (Rückseite, Eingang Nr. 4) – Krameramtsstuben - Michaelisbrücke - Stadthausbrücke vorbei am Rödingsmarkt Alte Börse - Nikolaikirchturm - Hopfenmarkt - Deichstraße Hamburg, Innenstadt Tel.: 0 40/38 22 42 Fax: 0 40/38 61 07 22 Öffnungszeiten: Mo–Fr 11–24 Uhr, Sa ab 11 Uhr, So ab 9 Uhr, Restaurant-Küchenzeiten: Mo–So 12–22 Uhr Im alten, sanierten Elbspeicher befinden sich ein Restaurant und ein Bistro. Vom Restaurant im ersten Stock aus hat der Gast einen schönen Blick auf den Hamburger Hafen und die Elbe. Die Speisekarte bietet Fisch in allen Variationen, aber auch verschiedene Fleischgerichte. Im Außenbereich gibt es einen Biergarten und eine Terrasse mit 80 Plätzen. Friesenkeller Jungfernstieg 7/Ecke Alsterarkaden 20354 Hamburg Tel.: 0 40/35 76 06 20 Fax: 0 40/34 23 85 Öffnungszeiten: tgl. von 11.30–24 Uhr Norddeutsche Spezialitäten, Deftiges aus Friesland, Suppen, Salate, Fleisch und natürlich Fisch von der Emder Fischpfanne bis zur Greetsieler Kutterfischerplatte, das ist die Friesische Antwort auf die Hamburgische Gastronomieszene. Das Feuerschiff im City Sporthafen Vorsetzen 20459 Hamburg Tel.: 0 40/36 25 53 Fax: 0 40/36 25 55 Öffnungszeiten: tgl. (Rezeption: 9– 19 Uhr, Turmbar: Mo–Sa 11–1 Uhr, So 9.30–22.30, Restaurant: Mo-Fr 18-22 Uhr, Sa 12–22 Uhr, So 10–17 Uhr) In der Leuchtturmbar und im Restaurant werden warme und kalte Speisen von 12 bis 22 Uhr serviert. Das gehobene Angebot besteht aus deutschen und internationalen Gerichten. Sonntags gibt es ab 10 Uhr Frühstück. Restaurant Calla im Steigenberger Hamburg Heiligengeistbrücke 4 20459 Hamburg Tel.: 0 40/3 68 06-0 Fax: 0 40/3 68 06-77 7 Öffnungszeiten: Di–Sa 18–23 Uhr; So, Mo und an Feiertagen geschlossen Kreative Verquickung von europäischer und asiatischer Küche. Das Ambiente ist stimmungsvoll und der Gast blickt auf das Alsterfleet mit vorbeigleitenden Barkassen. Fotos: Hamburg Tourismus GmbH Maximal 2,50 Meter tief ist die Alster, der bekannte künstliche See mitten in Hamburg. Mit seiner doch beträchtlichen Größe von 160 Hektar bietet er Bootsfans eine weite Fläche zum Rudern, Paddeln oder Segeln. Wem die dazu passenden Boote zu klein sind, der kaufe sich ein Ticket für den Alsterdampfer, der am Jungfernstieg startet und sich von dort seinen Weg über den See bahnt. Die Passagiere haben dabei einen schönen Blick auf die Silhouette von Hamburg. Wer lieber zu Fuß geht, und dabei den Weg um den See nimmt, wird auch mit einer schönen Ansicht – nämlich der auf den See – belohnt. Nach diesem benannt ist auch das „Alsterwasser“, ein sehr erfrischendes Getränk aus Bier und süßem Sprudel. * Current congress