» Blick auf die Cité du Design mit „Platine“ und Ausichtsturm im Hintergrund © Jan-Oliver Kunze Auszeichnung Cité du Design, Saint-Etienne Architektur: LIN Finn Geipel + Giulia Andi, Berlin Tragwerk: Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart (Stahltragwerk/ Fassade); Bétom Ingénierie, Paris/Lyon (Massivbauplanung/ Haustechnik) Energiekonzept: Transsolar Energietechnik GmbH, Stuttgart Stahlbau: Groupement Renaudat, Chateauroux und HeFi France, Straßburg (Platine); Gagne, Le Puy (Aussichtsturm) Bauherr: Saint-Etienne Métropole Laudatio Das Areal einer ehemaligen Waffenmanufaktur in Saint-Etienne/ Zentralfrankreich sollte zu einem attraktiven Standort für Unternehmen und Institutionen aus dem Bereich des Design und der Informationstechnologie umgeformt werden, um Impulse für einen Strukturwandel in der ganzen Region zu geben. Diese anspruchsvolle und vielschichtige Aufgabenstellung ist in einer sehr hohen Gestaltungsqualität und mit großer Phantasie umgesetzt worden. Die gelungene Sanierung und Instandsetzung eines Teils der historischen Gebäude aus dem 19. Jahrhundert bewahrt dem Ort seine Identität und lässt die Geschichte dieses kleinen Quartiers in einen spannenden Kontrast zu den neuen Nutzungen und Aufgaben treten. Neues Zentrum dieser Cité du Design ist die so genannte „Platine“, ein knapp 200 m langes und 31 m breites Gebäude, das neben einer Bibliothek und einem Gewächshaus Platz für Meetings, Vorlesungen und Ausstellungen bietet. Die Entwurfsidee ist eine Raumstruktur, die nicht zwischen Dach und Fassaden unterscheidet und so die unterschiedlichen Funktionen in einem weiten, stützenfreien Raum „einhüllt“. Sie ist zugleich recyclinggerecht konstruiert. Der 32 m hohe Aussichtsturm mit Leuchtkörpern an den Knotenpunkten seines Fachwerks setzt sich zugleich als Lichtkunstinszenierung in Szene. Mit der „Platine“ und dem Aussichtsturm als weithin sichtbares „Stadtzeichen“ ist den Architekten, Ingenieuren und Bauherrn eine unverwechselbare, gestalterisch sehr anspruchsvolle Gesamtanlage gelungen, die beispielhaft für vergleichbare Aufgabenstellungen zum Thema Stadtumbau und Stadterneuerung in Europa ist. » Lageplan, M 1:4000 Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 bauforumstahl » Oben, Mitte: Längsschnitt, Querschnitt, M 1:1000 » Unten: Stützenfreier Innenraum mit sichtbarem Raumtragwerk © Jan-Oliver Kunze Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 bauforumstahl © Jan-Oliver Kunze » Oben: Auf- und Untersicht der Gebäudehülle » Unten: Fachwerkabschnitt, M 1:400 Tragwerk „Platine“ Das Raumfachwerk der Platine ist aus vorgefertigten Querfachwerk-Abschnitten zusammengesetzt, die aufgrund der leicht bombierten Dachgeometrie alle voneinander verschieden sind. Die einzelnen Abschnitte wurden im Werk aus miteinander verschweißten Rechteck-Hohlprofilen mit Abmessungen von 60 x 60 bis 180 x 60 Millimetern gefertigt. Auf der Baustelle wurden die Abschnitte miteinander verschraubt und so zu einem zusammenhängenden Tragwerk verbunden. Die Auflagerpunkte sind über Stahleinbauteile gelenkig und nachjustierbar an den Massivbau angeschlossen. Die Struktur ruht auf den Deckenrändern der Kellerdecke aus Stahlbeton. Das Untergeschoss in Massivbaubauweise ist auf Pfählen gegründet und von einem „Graben“ mit etwa einem Meter Breite umgeben. Der Zugang zum Gebäude erfolgt über Stege aus Stahlblech. Gebäudehülle » Oben: Eckausbildung des Raumfachwerks » Links: Stahltragwerk Die Außenhaut der Platine besteht aus über 14 000 dreieckigen Plattenelementen. Diese dienen dem Witterungsschutz und der Wärmedämmung, haben darüber hinaus aber noch unterschiedliche Funktionen und Eigenschaften. Ein Teil der Platten ist transparent, zum Teil in Kombination mit Lichtlenkelementen, und trägt so zur Versorgung des Gebäudeinneren mit natürlichem Licht bei. Ein anderer Teil dient durch integrierte PhotovoltaikElemente der Stromerzeugung. Wieder andere Elemente dienen der natürlichen Belüftung des Gebäudes, der Entrauchung oder einer gezielten Verbesserung der akustischen Eigenschaften im Innenraum. Es handelt sich also um eine multifunktionale Gebäudehülle, die ohne großen Aufwand gezielt an sich ändernde Nutzerbedürfnisse angepasst werden kann. Die Verteilung der Paneele wurde auf der Grundlage von detaillierten thermischen und lichttechnischen Gebäudesimulationen festgelegt. Mehrere der eingebauten Elemente wurden speziell für das © Jan-Oliver Kunze Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 bauforumstahl » Aussichtsturm bei Nacht Bauvorhaben entwickelt. Die multifunktionale Gebäudehülle war wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Nachhaltigkeitszertifizierung des Gebäudes nach dem französischen HQEStandard. Aussichtsturm Der 32 Meter hohe Aussichtsturm mit seiner auskragenden Besucherplattform setzt ein weithin sichtbares Zeichen. Das Rahmen-/Fachwerkgerüst des Turms hat ein Rastermaß, das – in Anlehnung an die historischen Bindertragwerke in den umliegenden Hallen und an das engmaschige Tragwerk der Platine – bewusst auf 1,20 Meter begrenzt wurde. Das rund 120 Tonnen Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 © Jan-Oliver Kunze schwere Tragwerk wurde im Werk vormontiert, in mehreren Transporteinheiten nach St-Etienne gebracht und dort in liegender, einfach zugänglicher Position mittels Baustellenschweißung montiert. Anschließend wurde der Turm im Laufe eines Nachmittags von vier Mobilkränen aufgerichtet und auf der vorbereiteten Pfahlgründung mit vorgespannten Ankerschraubenverbindungen befestigt. Die Aussichtsplattform ist mit einem vorelementierten Betonfußboden und einem beweglichen Sonnen- und Witterungsschutz ausgestattet. An den Knotenpunkten des Tragwerks befinden sich Leuchtkörper, die für Lichtkunstinszenierungen verwendet werden. bauforumstahl Auszeichnung Ozeaneum Stralsund Architektur: Behnisch Architekten, Stuttgart Tragwerk: Schweitzer GmbH Beratende Ingenieure, Saarbrücken Brandschutz: TÜV Nord Systems GmbH & Co. KG, Hamburg Energiekonzept: Transsolar Energietechnik GmbH, Stuttgart Stahlbau: Arbeitsgemeinschaft Rohbau Ozeanum, Wolgast Reiners, Donges SteelTec, Köthenbürger Bauherr: Deutsches Meeresmuseum, Stralsund Laudatio Die Aufgabe, in unmittelbarer Nachbarschaft zu der 2002 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärten Altstadt der Hansestadt Stralsund einen großen Museumsneubau umzusetzen, verlangt Fingerspitzengefühl und Visionen. Das Grundstück ist gezeichnet durch die Spuren der Hafennutzung und ist bis heute ein eigenständiger Stadtbaustein, der bis zur Wende 1990 Sperrgebiet war. Das Konzept der Architekten, ein offenes Haus zu errichten, das – wie vom Wasser umspülte Steine im Meer – von allen Sei- ten von Besuchern und Licht durchströmt wird, ist die richtige Antwort auf diesen Standort. Die Baumasse des Baukörpers ist nur zu erahnen. Die Fassade wurde mit Technologien des Schiffbaus aus großformatigen, vorgebogenen Stahlblechen zusammengesetzt und von der Tragkonstruktion getrennt. Sie vermittelt den Eindruck von freischwingenden Bändern, die auch vom Wind geblähte Segel sein könnten. Sie wirken an ihren auskragenden Rändern leicht und elegant, verbinden die unterschiedlichen Funktionen der einzelnen Gebäudeteile und lassen so ein einheitliches Ganzes entstehen. Eine besondere Lösung fanden Architekten und Ingenieure bei der stählernen Konstruktion der Walhalle. Die atemberaubende, aber gleichzeitig auch stabile und räumliche Tragstruktur mit der verspielten Außenhaut steht für wirtschaftliche und nachhaltige Konstruktionen. Im Bereich der energetischen Performance sind alle modernen Technologien zur Anwendung gekommen, die für eine Museumsnutzung zielführend waren. Insgesamt entsteht ein einprägsames und identitätsstiftendes Element im Stadtbild, das Modernität transportiert, den maritimen Standort unterstützt und sich in das Stadtbild einfügt ohne sich zu verleugnen. Den Architekten ist es gelungen, gemeinsam mit den Fachplanern und ausführenden Gewerken einen spektakulären Museumsneubau zu errichten. Der sensible Standort wird für die Stadt und die Menschen zurück gewonnen. Das Bauwerk ist ein hervorragendes Beispiel dafür, dass sich Modernität, Nachhaltigkeit und Bewahrung des kulturellen Erbes gut miteinander verbinden lassen. » Haupteingang © Roland Halbe Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 bauforumstahl © Roland Halbe Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 » Oben: Hafenansicht » Unten: Grundriss, Schnitte, M 1:1000 bauforumstahl » Oben, Mitte: Isometrie und Untersicht der tragenden Stahlstruktur » Links: Eine Halle für die Riesen der Meere © Johannes-Maria Schlorke Das Ozeaneum ist in vier einzelne, den Themen des Ausstellungskonzepts zugeordnete Baukörper gegliedert: Die Walhalle (Riesen der Meere), das Ausstellungsgebäude, das Ost- sowie das Nordsee-Aquarium. Ein zentrales, über mehrere Ebenen reichendes Foyer erschließt die einzelnen Museumsbereiche durch Stege, Treppen und Aufzüge. Formal und konstruktiv von der eigentlichen Baumasse unabhängig, umgeben monumentale Skulpturen aus frei gebogenen Stahlplatten die unterschiedlichen Baukörper und fassen sie zu einem einheitlichen Erscheinungsbild zusammen. Alle Neubauten, außer der Walhalle, wurden in Stahlbeton- und Stahlverbund-Skelettbauweise ausgeführt, um beispielsweise weit auskragende Decken wie in den Aquarien realisieren zu können. Im Ausstellungsgebäude wurde ein großer Teil des vertikalen und horizontalen Lastabtrags durch Konstruktionen aus Verbundhohlprofilen ermöglicht. Die Stahlstützen der Fassaden in den Gebäuden Ost- und Nordsee belasten die Decke über dem Erdgeschoss an den freien Rändern, daher wurden Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 für die Lasteinleitung an den Fuß- und Kopfpunkten der Stützen stahlbautypische Details entwickelt. Walhalle Im Gegensatz zu den anderen Baukörpern wurde die Tragkonstruktion der Walhalle hauptsächlich in Stahl realisiert. Aneinandergereihte, über Querriegel angeschlossene StahlrahmenVerbundkonstruktionen ermöglichen Spannweiten von mehr als 20 Metern. Horizontal ist die Konstruktion durch eine Stahlverbunddecke und Windverbände ausgesteift. Durch die freie Gebäudeform sowie das Vor- und Zurückspringen der Decken sind alle Fassadenstützen im Raum geneigt, was, neben unterschiedlichen Anstellwinkeln, auch zu unterschiedlichen Längen der Stützen führt. Um den gekrümmten Formen der Fassaden folgen zu können, sind die Stützen teilweise zusätzlich gebogen. Die Verankerung erfolgte durch Knaggen und vorgespannte Anker, sodass ein Ausrichten der Stahlkonstruktion auch im Nachhinein noch möglich war. bauforumstahl © Johannes-Maria Schlorke » Oben: Stahlplattenfassade bei Nacht » Unten: 3D-Modell der Fassade Stahlhüllen Die frei geformte Außenhaut der vier Neubaukörper wurde aus bis zu 16 Meter langen und drei Meter breiten Stahlblechen mit Dicken von acht bis 30 Millimetern gefertigt, wie sie im Schiffsbau verwendet werden. Die 360 Stahlbleche sind etwa 60 Zentimeter vor dem eigentlichen Baukörper auf Ringträgern hängend und gleitend gelagert, um Temperaturdehnungen zwängungsfrei zu ermöglichen. Der Lastabtrag erfolgt größtenteils über die Stahlstützen mit hohen Biege- und Torsionsmomenten. Die komplexe Geometrie konnte im Wesentlichen vorgefertigt und mit einem vergleichsweise geringen Aufwand in kurzer Zeit montiert werden. Alle geometrischen Fragen wurden vor Produktion und Montage anhand von 3D-Modellen geklärt. Durch die Entscheidung, nur die äußere Hülle der Fassade in selbsttragenden, frei geformten Stahlplatten auszuführen, konnte bei der Haupttragkonstruktion die Geometrie aus linearen Elementen erstellt werden. Wegen der hohen Festigkeit der gebogenen Stahlbleche konnte auf eine entsprechend aufwendig geformte Unterkonstruktion verzichtet werden. Die Stahlbleche selbst sind punktuell an der Primärkonstruktion befestigt. Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 bauforumstahl Auszeichnung Dornier Museum Friedrichshafen Architektur: Allmann Sattler Wappner Architekten GmbH, München Tragwerk: Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart Brandschutz: Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz mbH, Kleve Stahlbau: Friedrich Bühler GmbH & Co. KG, Altensteig Bauherr: Dornier Stiftung für Luft- und Raumfahrt, München Laudatio Die Situierung des Neubaus in unmittelbarem Bezug zum Flugfeld des Flughafens Friedrichshafen veranlasst die Architekten zu einer baulichen Antwort, die sowohl typologisch als auch in der Wahl der Materialien und Konstruktionen die Inhalte des Unternehmens Dornier und Themen der Luftfahrt transportiert. Die Architektursprache nimmt Bezug auf den Industriebau und unterstreicht damit die Intention der Architekten, einen Hangar als Museum zu gestalten. Mit der weit spannenden Stahlkonstruktion werden Prinzipien des Flugzeugbaus hinsichtlich eines möglichst reduzierten und dabei höchst effizienten Einsatzes von Ressourcen bildhaft und nachvollziehbar auf die Architektur des Gebäudes übertragen. Der Museumsbau vermittelt über seine Geometrie, die gewählte Materialität, die Präzision in der Detaillierung, aber auch über sein transluzent-weißes Erscheinungsbild in gelungener Weise die Dynamik, Leichtigkeit und Eleganz, die der Besucher mit den ausgestellten Flugobjekten verbindet. © Jens Passoth » Oben: Lageplan, M 1:5000 » Unten: Eingangsbereich Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 bauforumstahl © Jens Passoth » Geschützte Terrasse auf der Rück seite mit Blick auf das Flugfeld Von weitem unterscheidet sich das Museum mit seiner an den Industriebau angelehnten Architektur kaum von den umliegenden Bauten des Flufhafens – lediglich die unter dem rechteckigen Dach zurückweichenden Fassaden, die aus der Überlagerung der Halle und einer neu geschaffenen, bogenförmigen Abzweigung vom Rollfeld entstehen, stören das vertraute Bild einer Flugzeughalle. Die Dachflächen, die an den Längsseiten über die Grundfläche auskragen, werfen ihre Schatten auf die geschwungenen weißen Wände und verleihen dem Gebäude eine überraschende Dynamik. Eine vorgelagerte Raumschale auf der Südseite, die über die auskragende Stahlkonstruktion mit der Ausstellungshalle verbunden ist, formt einen überdachten Eingangsbereich. Vorbei an Rezeption, Cafeteria und Museumsshop startet der Rundgang durch das Museum über eine Wendeltreppe in das Innere der Ausstellungsbox, die als aufgeständerter Baukörper in die Halle eingestellt ist. Im Obergeschoss verlässt der Besucher die geschlossene Box und tritt hinaus auf die Galerie, die dem Schwung der Fassade folgt. Aufzug und Treppe führen zurück in das Erdgeschoss der lichtdurchfluteten Halle. Durch die dunkel getönte Westfassade, die raumhoch geöffnet werden kann, lässt sich die Spur des Rollweges in die Halle hinein verfolgen. » Oben: Schnitt, Grundrisse EG und OG, M 1:1500 » Links: Rezeption unter der aufgeständerten Ausstellungsbox © Jens Passoth Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 bauforumstahl den Verzicht einer konstruktiven Unterteilung auf der Außenseite. Je nach Blickwinkel erscheinen die Fassaden wie ein Filter, der nur schemenhaft das Innenleben wiedergibt, oder wie ein Spiegel, der die lichte Weite des Rollfeldes reflektiert. Deutlich setzen sich dagegen die West- und Ostfassade ab, die mit ihren dunklen Rahmenkonstruktionen und Sonnenschutzgläsern eine Art Torfunktion übernehmen. Konstruktion » Galerie mit farbigen Schaukästen © Jens Passoth Material und Farbe Das Tragwerk der eingeschossigen Halle besteht aus Stahlprofilen. Die Decke, in der sichtbar und auf mehreren Ebenen Primärund Sekundärträger, Licht- und Installationssysteme orthogonal verwoben sind, ist einerseits strukturell differenziert. Gleichzeitig werden Hierarchien, die sich aus der Art der Fügung ergeben, sowie Komponenten mit unterschiedlichen Funktionen über eine einheitlich weiße Farbgebung ausgeglichen. Auch die Fassadenstützen, die Galerie oder die Untersicht der Ausstellungsbox sind weiß beschichtet. Der Lichteinfall von allen Seiten lässt einen zurückhaltenden, hellen Raum entstehen. Lichtdurchlässige Polycarbonatplatten bilden die geschwungenen Längsfassaden. Um die Sonneneinstrahlung zu verringern, wurde auf der Südseite zusätzlich ein Punktraster aufgebracht. Das Montagesystem der gebäudehohen Elemente ermöglicht Das Hallentragwerk verläuft in einem Bogen über die gesamte Grundrisslänge, wobei die Hallenbreite von 33 bis 37 Meter variiert. In Gebäudelängsrichtung misst das Stützenraster vier Meter, in Querrichtung passt sich der Stützenabstand dem Verlauf von Nordfassade, Südfassade und Galerie an. Dabei bilden die Stahlstützen des Tragwerks mit ihrem Querschnitt die Kurvenform des Gebäudes ab. Sie sind als geschweißte I-Profile in Rautenform ausgebildet, mit Seitenabmessungen von 650 x 360 Millimetern an der Nord- und Südseite und 360 x 360 Millimetern bei den Galeriestützen. Der Aussteifung des Gebäudes kommt wegen seiner Lage in Erdbebenzone 2 eine nicht unerhebliche Rolle zu. Aufgrund des Hangartores und des Lichtraumprofils von neun Metern wird die Halle in Querrichtung über Zweifeldrahmen mit Fußgelenken ausgesteift. Durch Einbeziehung der ohnehin erforderlichen Galeriestützen in das Rahmensystem wird eine effiziente Abtragung der Horizontallasten erreicht. In Längsrichtung sind Verbände angeordnet. Die Ausstellungsbox, die innerhalb der Halle angeordnet ist, besitzt aufgrund einer späteren Demontagemöglichkeit bei Umnutzung ein separates Tragwerk. Das statische System des zweigeschossigen Einbaus besteht aus zwei Stahlträgerrosten mit Pendelstützen. Die Aussteifung erfolgt über den Treppenhauskern aus Stahlbeton. © Brigida Gonzales » Innen- und Außenansicht der Halle mit geöffnetem Hangartor Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 bauforumstahl » Oben: Isometrie des Stahltragwerks » Unten: Blick von der Galerie in die Ausstellungshalle © Jens Passoth Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 bauforumstahl Hotel Kameha Grand Bonn Architektur: Karl-Heinz Schommer, Bonn Tragwerk: Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart Brandschutz: H + L Brandschutz Uhlig, Willich Stahlbau: Stahlbau Frenken & Erdweg GmbH, HeinsbergDremmen Bauherr: BonnVisio Real Estate GmbH & Co. KG, Bonn Eine multifunktionale Veranstaltungshalle bildet das Zentrum des neuen 5-Sterne Hotels in Bonn. Die 21 Meter hohe und 55 Meter lange Halle fällt zum Rhein hin ab und weitet sich trapezförmig von 24 auf 30 Meter. Die filigrane und transparente Stahl-Glas-Konstruktion, die zwischen den beiden Massivbauteilen spannt, ermöglicht aus allen Geschossen im Inneren des Hotels den freien Blick nach außen. Gleichzeitig wird der äußere Landschaftsraum in das Gebäude optisch mit einbezogen. Konstruktion Das Haupttragwerk des Hallendachs wird durch sechs Stahlträger gebildet, die durch Doppelseile und runde Luftstützen unterspannt sind. Die letzten beiden Träger sind zur horizontalen Aussteifung durch sich kreuzende Zugstäbe miteinander verbunden. Um Temperaturzwängungen zu minimieren, sind die Hauptträger an einem Ende gelenkig, am anderen Ende entlang der Trägerachse beweglich an der angrenzenden Stahlbetonkonstruktion des Hotels angeschlossen. Die rechtwinklig mit den Hauptträgern verschweißten Sekundärträger sind im Bereich der flussseitigen Fassade gebogen und » Isometrie des Stahltragwerks gehen schließlich in die an beiden Seiten der Halle gelenkig gelagerten Fassadenpfosten über. Haupt- und Nebenträger bestehen aus geschweißten Hohlkastenprofilen mit einer Breite vom 140 Millimetern, weisen aber – je nach Beanspruchung – variable Höhen und Wandstärken auf. Neben ihrer tragenden Funktion dienen sie auch als Kabeltrassen. Das Dach der Halle ist mit Sonnenschutzgläsern eingedeckt, ein zusätzlicher Blend- und Sonnenschutz wurde zwischen den Stahlbindern eingehängt. Die Klimatisierung erfolgt über die Fassadenkonstruktion in Verbindung mit den Heiz- und Kühlflächen des Fußbodens, die über eine Geothermieanlage gespeist werden. © Tomas Riehle » Blick vom Rhein auf die Südfassade des Hotels Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 bauforumstahl © Tomas Riehle » Abgerundeter Übergang des Glasdaches © Karl-Heinz Schommer » Oben rechts: Ansicht, Schnitt des Hauptträgers, M 1:20 » Unten: Blick durch die Halle auf den Rhein Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 bauforumstahl » Links: Haupteingang des Besucherzentrums » Mitte: Lageplan, M 1:1500 » Unten links: Stahlstäbe zeichnen den ehemaligen Mauerverlauf nach » Unten rechts: Gitterrost auf dem Dach © Klemens Ortmeyer Besucherzentrum Gedenkstätte Berliner Mauer Architektur: Mola Winkelmüller Architekten, Berlin Tragwerk: Wetzel & von Seht, Hamburg Stahlbau: Karl Dieringer Blechbearbeitung, Berlin Bauherr: Stiftung Berliner Mauer vertreten durch die Senatsverwaltung Berlin Das Besucherzentrum der Gedenkstätte Berliner Mauer ist, von der S-Bahnstation Nordbahnhof kommend, die erste Anlaufstelle für Besucher. Sein Standort markiert das Abknicken der Berliner Mauer nach Norden, deren ehemaliger Verlauf durch eine Reihung aus Rundstahlstäben nachgebildet wird. Das Gebäude ist als Mischkonstruktion in Stahlbeton-Massivbauweise im Erdgeschoss und als Stahlbau im Obergeschoss erstellt. Während das Erdgeschoss parallel zur Mauer verläuft, ist das Obergeschoss zum Gelände der Gedenkstätte ausgerichtet und um 27 Grad verdreht. Die auskragende Ecke über dem Haupteingang bildet einen gedeckten Vorplatz für die Besucher aus, die sich an den als Informationsstelen dienenden, blechbekleideten Stahlstützen über weitere Mauerorte informieren können. Durch die Verdrehung der beiden Geschosse entsteht eine Dachfläche über dem Erdgeschoss, die als fünfte Fassade mit pulverbeschichteten Gitterrosten belegt ist. Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 © Klemens Ortmeyer Eine hinterlüftete Kassettenkonstruktion aus gekantetem, wetterfestem Stahl bildet die Außenhaut des Gebäudes und signalisiert so die Zugehörigkeit zu den weiteren, in dem gleichen Material ausgeführten Objekten der Gedenkstätte. bauforumstahl Campushotel Berlin, Science & Conference Center Architektur: Murphy/Jahn Achitects, Chicago Tragwerk: Reichmann + Partner Ingenieurgesellschaft mbH & Co. KG, Erfurt Brandschutz: Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz mbH, Kleve Stahlbau: Peene Stahl GmbH, Neukalen; Scheldebouw, Kerkrade Bauherr: Kommunalprojekt ppp GmbH, Potsdam Diagonal verlaufende Stahlträger bilden den oberen Abschluss des Innenhofs. Die anfallenden Lasten werden über Scheiben aus Stahlprofilen abgetragen, die gleichzeitig als Rankgerüst dienen. Umlaufende Stahlroste auf den in Stahlbetonskelettbauweise erstellten Gebäuden vervollständigen die filigrane Überdachung des Ensembles. © Rainer Viertlböck Das neue Tagungszentrum der Freien Universität Berlin ist als stringenter Kubus mit Ausschnitt konzipiert. Das Gebäudeensemble aus Hotel und Tagungszentrum bildet ein Quadrat mit einheitlich hoher Bebauung. Der zwischengelagerte, L-förmige Hof bietet eine Trennung der unterschiedlichen Nutzungen und eine weitere Durchwegung des Geländes. » Oben: Verzinkte Stahlroste über den Dächern » Unten: Vertikale Begrünung des Innenhofs » Hotel und Kongresszentrum unter einem „Dach“ aus Stahl © Rainer Viertlböck Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 bauforumstahl © Iwan Baan Porschemuseum, Stuttgart » Städtebaulicher Kontext Architektur: Delugan Meissl Associated Architecs, Wien Tragwerk: Leonhardt, Andrä und Partner, Stuttgart Brandschutz: Sachverständigenbüro Halfkann + Kirchner, Erkelenz Stahlbau: Arge Stahl + Verbundbau GmbH, Dreieich mit Stahlbau Queck GmbH, Düren Bauherr: Dr.-Ing. h. c. Ferdinand Porsche AG, Stuttgart Die außergewöhnliche Gestaltung des neuen Porschemuseums ist Aufsehen erregend: Ein dynamisch geformter, monolithischer Baukörper, der von nur drei Pylonen getragen wird, scheint über dem Boden und dem Erdgeschossniveau zu schweben. Die schmalen Fugen der weiß beschichteten Metallelemente lassen die Oberflächen der Fassaden homogen erscheinen. Die Untersicht ist mit hochpoliertem Edelstahl verkleidet. Das reflektierende Material überträgt die Spiegelung der Glasfront optisch wie atmosphärisch in die großzügige Öffnung des Eingangsbereichs und akzentuiert die Anziehungskraft der Erschließungszone. Die monochrome äußere Farbgebung wird im Inneren fortgeführt. Über eine sanft ansteigende Rampe erreichen die Besucher das Foyer im Gebäudeinneren. Eine besondere Attraktion ist, neben Empfang, Kaffeebar, Restaurant und Museumsshop, die mit einer Glaswand abgetrennte Werkstatt für die Instandhaltung klassischer Fahrzeuge. Der Weg in das Obergeschoss wird durch die langgezogene Erschließung über zwei Rolltreppen dramatisch in Szene gesetzt. Gleichzeitig verengt sich der Zugangsraum bevor die Besucher in die großzügige Weite der Ausstellung eintreten. Fließend entwickeln sich die Ausstellungsbereiche im Raum, wobei die verschiedenen Modelle in chronologischer Reihenfolge präsentiert werden. Vor dem Hintergrund der hellen Wand- und Deckenflächen setzen die » Oben: Grundrissebenen » Unten links: Unterseite mit poliertem Edelstahl » Unten rechts: Neutrale Farbgebung im Ausstellungsraum © Hertha Hurnus Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 © Delugan Meissl Associated Architects bauforumstahl © Brigida Gonzales » Front des Museums vom Porsche-Platz aus gesehen Konstruktion wurden. Darüber erhebt sich der eigentliche Ausstellungsbau auf drei hochbeanspruchten Kernen, deren Wände wegen der außergewöhnlichen Belastung und Geometrie mit Wandstärken von bis zu 75 Zemtimeter ausgebildet wurden. Einer der Kerne in Y-Form ist mit Spannstahllitzen vorgespannt. Die tragenden Gebäudekerne bestehen aus Stahl- und Spannbeton im Verbund mit selbstverdichtendem, hochfestem Beton. Die dreieckige Grundstücksfläche bestimmt die Grundform des Museums. 115 Bohrpfähle sichern das Untergeschoss und das so genannte „Basement“, die beide in Stahlbeton ausgeführt Mit einer Länge von etwa 160 Metern und einer durchschnittlichen Breite von 70 Metern erreicht der schwebende Oberbau ein Gesamtgewicht von 35 000 Tonnen. Exponate farbliche Akzente. Im Dachgeschoss sind eine Lounge, Konferenzräume sowie eine Terrasse untergebracht, die den Blick hinunter auf das Dach des „Basements“ freigibt, das für Sonderausstellungen genutzt werden kann und befahrbar ausgelegt ist. » Längsschnitt, M 1:1000 Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 bauforumstahl © Delugan Meissl Associated Architects » Rohbau der tragenden Stahlstruktur Die extremen Spannweiten und Auskragungen konnten nur durch dreidimensionale Stahlfachwerke im Verbund mit Ortbetondecken realisiert werden. Geschosshohe Stahleinbauten leiten die außergewöhnlich hohen Lasten aus dem Stahltragwerk in die Kerne ein. Für die Dach- und Deckenkonstruktionen wurden sowohl Vollwandträger (geschweißte Biegeträger) als auch Fachwerkträger als räumliche Trägerroste eingesetzt. Bei der Planung des Tragwerkes kamen parametrische Computermodelle zum Einsatz, mit deren Unterstützung sowohl die Dimensionen der Bauteile bestimmt als auch die Montageabläufe der zum Teil vormontierten Elemente simuliert werden konnten. Im Falle eines Rückbaues könnten, trotz der Komplexität des Gebäudes, bis zu 98 Prozent der 5 500 Tonnen verbauten Stahls demontiert und wieder verwertet werden. » Oben: Verbindung verschiedener Fachwerke in einem Knoten » Unten links: Vorbereitung des Deckeneinbaus » Unten Mitte: Montage der Unterkonstruktion für die Rolltreppe » Unten rechts: Blick in die verschiedenen Trägerebenen © Delugan Meissl Associated Architects Preis des Deutschen Stahlbaues 2010 © Delugan Meissl Associated Architects © Hertha Hurnus bauforumstahl