Spezial Tore: Form follows function Design: von Nullbis Top-Priorität Welcher Tor-Typ sich für welchen Einsatzzweck eignet Gewerbliche Bauten stellen spezifische Anforderungen an das Tor. Worauf achten Kunden beim Kauf? Welche Rolle spielt Design für gewerbliche Objekte und wie wichtig ist der Preis? sicht+sonnenschutz gibt Antworten. So viel vorab: Funktion ist wichtiger als Design. Form follows function. Je nach Bedürfnis bieten die Hersteller dem Kunden eine Fülle an Steuerungsmöglichkeiten sowie Lösungen für die Bedien- und Einbruchsicherheit. Beim Thema Energieeffizienz sind neben dem Energieverbrauch des Antriebs vor allem drei Dinge wichtig: wie viel Licht durch das Tor fällt, wie lange es offen steht und wie gut es gedämmt ist. Welcher Typ für welche Anwendung der richtige ist: Tor auf für den Vergleich! Felix Blersch Schön: fassadenintegrierte Lösung Anwendung: für schicke, repräsentative Fassaden, die Tore in der Ansicht nicht durchbrechen „Fassadenbündige Tore eignen sich, wenn das Tor in der Fassade nicht sichtbar sein soll“, sagt Katharina-Stefanie Buschhaus von Belutec. Kunden, die diese Art von Toren wählen, legten also großen Wert auf Architektur. „Weitere Vorteile sind die großen Breiten und Durchfahrtshöhen.“ Ein wichtiges Kriterium für Kunden sei außerdem, wie viel zusätzliches Gewicht durch die Verkleidung das Tor stemmt. „Standardmäßig sind bis zu 1.500 Kilo pro Torblatt möglich“, sagt Buschhaus. Foto: Belutec 14 sicht+sonnenschutz 4 /2017 Spezial Tore: Form follows function Groß: Sektionaltor Anwendung: für große Toröffnungen in Industriebauten, bei denen Wärmedämmung wichtig ist „In Logistikzentren sind Außentore zu mehr als 90 Prozent Sektionaltore“, sagt Peter Steinmetz, Vertriebsleiter für den Bereich Industrietore Deutschland bei Novoferm. „Sektionaltore bieten eine gute Wärmedämmung, da sie dicker sind als etwa Rolltore; außerdem schließen sie zwischen den einzelnen Elementen wesentlich dichter ab, als das etwa Rolltore tun“, erklärt Steinmetz. Beim Thema Wärmeerhalt punkten sie also. Weiterer Vorteil: Laut Novoferm lassen sie sich für fast alle Gebäude realisieren. Und in der optischen Gestaltung hinsichtlich Farben und Verglasungsvarianten seien dem Kunden nahezu keine Grenzen gesetzt, merkt Steinmetz an, der beobachtet, dass Design immer wichtiger werde. Foto: Novoferm Schnell: Spiraltor Anwendung: Spiraltore sind schnell. Dadurch eignen sie sich für stark frequentierte Öffnungen und Räume mit großen Temperaturunterschieden zwischen drinnen und draußen. „Das Helix-Spiraltor ist sechs Mal schneller als herkömmliche Sektionaltore“, erklärt Georg Bruch von Alpha Deuren. Durch die hohe Öffnungsgeschwindigkeit von 1,1 Meter pro Sekunde eigne es sich etwa für die Logistik- oder Lebensmittelindustrie. „Das verbaute Torblatt mit einer Dicke von 40 Millimeter hat einen U-Wert von 1,77 W/m2K“, berichtet Georg Bruch weiter. Ein Kaufkriterium für Kunden seien außerdem die geringen Einbaumaße. Bis zu 200.000 Lastwechsel ist das Tor nach Herstellerangaben „nahezu wartungsfrei“. Foto: Alpha Deuren Sicher: Schiebetor Anwendung: bei niedrigen Deckenhöhen; besonders für den Brandschutz geeignet „Schiebetore unterscheiden sich von anderen Toren v.a. in ihrem Platzbedarf: Sektional- oder Rolltore etwa benötigen wesentlich mehr Platz über dem Sturz“, erklärt Sven Diembeck, Chief Technical Officer bei Teckentrup. Freilich brauchen sie dafür Raum neben der Öffnung. Außerdem eigneten sie sich besonders als Feuerschutztore. Teckentrup hat Tore bis zur Brandschutzklasse T90 in seinem Produktportfolio. Die Bedeutung des Designs variiere nach der Erfahrung von Diembeck stark: Null- bis Top-Priorität. sicht+sonnenschutz 4 /2017 Foto: Teckentrup 15 Spezial Tore: Form follows function Platzsparend: Rolltor Anwendung: für Industriegebäude, Hallen, Einkaufsläden oder Thekenbereiche; besonders geeinet, wenn das Tor keinen Platz im Raum verbrauchen soll „Rolltore eignen sich als äußerer Gebäudeabschluss, wenn für das Tor wenig Platz im Raum ist oder dieses außen an der Fassade angebracht werden soll“, erläutert Frank Di Patre von Meißner Toranlagen. Ein Rolltor erreiche aber nie die Dämmwerte anderer Typen, etwa eines Sektionaltores. „Beim Rolltor steht in der Regel die Funktion im Vordergrund“, weiß Di Patre. Dennoch sei es möglich, eine schöne Optik durch farbliche Gestaltung, Lichtlamellen oder eine ansichtsgleiche Seitentüre zu schaffen. Foto: Meißner SCHWERPUNKT MEINUNG sicht+sonnenschutz: Funktion oder Design – was ist wichtiger bei Toren für gewerbliche Bauten? „Für Kunden steht die Funktion im Vordergrund; Design ist nebensächlich. Architekten legen dagegen auf Design viel Wert – je mehr Einfluss diese auf den Bauherrn haben, desto mehr schaut er selbst auf das Optische. Beides lässt sich unter einen Hut bringen. Es gibt viele Hersteller, die funktionale Tore anbieten, die gut ausschauen. Im Trend sind derzeit glatte, schlichte Oberflächen und dunkle Farben. Häufig wählen Kunden für das Tor dieselbe Farbe wie für die Fassade. Mit der Torfarbe kann man aber auch einen Farbtupfer in die Fassade bringen.“ Moritz Reiser, Sonnenschutztechnikermeister Foto: Kober 16 „Das Design steht hinter Funktionalität und Sicherheit. Der Einsatz ist entscheidend: Die Feuerwehr benötigt einen Schnellläufer, eine Kühlhauskette ein Klimator, eine Fließbandproduktion ein Schnelllauftor und ein Großlager ein sicheres Tor. Alle diese Varianten und noch mehr bestimmen das Tor, bevor das Design zum Tragen kommt. In den Oberflächen ist die Corporate Identity der einzelnen Firmen bestimmend. Beim privaten Endkunden steht zur Zeit Anthrazit hoch im Kurs. Designvarianten in Form von Rahmen und Gläsern werden selten abgefragt.“ Michael Hoffmann, GF von TSD Tortechnik in Pulsnitz Foto: Hoffmann „Meine Erfahrung ist, dass dem Kunden die Farbe des Tores wichtig ist. Sie muss zum Gebäude passen, vor allem bei einem Neubau. Wenn ein Architekt den Bauherrn berät, spielen Farbe und Design tendenziell eine größere Rolle als ohne sein Zutun. Zur Entscheidung trägt auch der Preis bei: Am Anfang haben die Kunden immer konkrete Designvorstellungen. Wenn es zum Preis kommt, sieht häufig alles wieder anders aus. Im Moment ist die Farbe Grau angesagt. Natürlich muss das Tor aber in erster Linie funktional sein, es ist ein Gebrauchsgegenstand.“ Peter Huber, GF von Jalousien Huber in Wasserburg Foto: Jalousien Huber „Meine Erfahrung ist: Wenn man es dem Kunden erklärt, geht es ihm bei Toren für gewerbliche Gebäude um die Funktion. Das Design ist lediglich dem Architekten wichtig; der will ein schönes Foto für seine Mappe. Ob das Tor letztlich funktioniert, ist ihm egal. Allerdings lassen sich Design und Funktion vereinbaren – wenn der Kunde das nötige Kleingeld hat. Wichtig ist: Zuerst muss feststehen, welche Funktionen der Kunde benötigt, danach muss er entscheiden, welches Design er wünscht. Häufig läuft es andersherum – das ist zum Scheitern verurteilt.“ Michael Heidrich, GF Erich Heidrich und ö.b.u.v. Sachverständiger Foto: Heidrich sicht+sonnenschutz 4 /2017