Einführung in die Arbeitswissenschaft Lehreinheit 7 Arbeitsökologie Sommersemester 2017 Univ.-Prof. Dr.-Ing. Frank Flemisch Dipl.-Ing. Christopher Brandl Dr.-Ing. Dr. rer. medic. Dipl.-Inform. Alexander Mertens Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft RWTH Aachen Bergdriesch 27 52062 Aachen Tel.: 0241 8099440 E-Mail: [email protected] © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen Lernziele Einflussfaktoren der Arbeitsumgebung kennen lernen Definition von Lärm und Schall kennen lernen Physikalische und physiologische Grundlagen erlernen Arten der Gehörschädigung durch Lärm sowie Schutzmaßnahmen kennen lernen Klassifikation und Auswirkung von Schadstoffen erlernen Grundlagen zur Beurteilung gefährlicher Arbeitsstoffe erlernen Technische, organisatorische und persönliche Schutz- maßnahmen bei gefährlichen Arbeitsstoffen kennen lernen © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7-2 Einflussfaktoren der Arbeitsumgebung Beleuchtung Arbeitsstoffe/ Gefahrstoffe Lärm Einflussfaktoren der Arbeitsumgebung mechanische Schwingungen © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen Strahlung Klima 7-3 Die am häufigsten anerkannten Berufskrankheiten Quelle: SUGA 2008 © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7-4 Was ist Lärm? Definition von Lärm Lärm wird definiert als: • unerwünschtes, • belästigendes oder • gehörschädigendes Schallereignis. Definition von Schall Schall stellt die Ausbreitung von kleinsten Druck- und Dichtestörungen in einem elastischen Medium (Gas, Flüssigkeit, Festkörper) dar. Schall bezeichnet das Geräusch, den Klang oder den Ton, wie er vom Menschen wahrgenommen wird. Die Definition von Lärm beinhaltet eine subjektive Bewertung. Schall ist dagegen ein objektiv erfassbares physikalisches Ereignis. Lärm ist Schall, der stört und potenziell schädigt! © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7-5 Schallarten Ausbreitung in Kugelwellen (Darstellung: 2-D) Luftschall Schall Durch die Luft weitergeleitete Schallwellen (cLuft ≈ 343 m/s bei 20 °C), Druckschwankungen Körperschall Druck- und Dichteschwankungen in elastischen Medien 0 Hz 20 Hz Infraschall Schwingungen in festen Körpern; durch Schwingung der Körperoberflächen wird wiederum Luftschall abgestrahlt (z.B. cStahl = 5.920 m/s) Frequenzbereiche 20.000 Hz Hörschall Ultraschall Physikalisch gesehen ist Schall eine Welle. In Gasen und in Flüssigkeiten ist Schall immer eine Longitudinalwelle (Schwingung in Ausbreitungsrichtung), in Festkörpern gibt es auch Transversalwellen (Schwingung orthogonal zur Ausbreitung). © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7-6 Ausbreitung von Schallwellen in Luft 1-dimensionale Wellengleichung in x-Richtung für Druckschwankungen 2 p( x, t ) 0 2 p( x, t ) x 2 K t 2 Schallgeschwindigkeit cS cS γ p0 K RT m γ 331 (beiT 0 C) ρ0 ρ0 M s m 343 (beiT 20 C) s p Schalldruc k; p0 Atmosphäre ndruck ρ0 Dichte Luft bei pa 1013 mbar und T 298 K K Kompressio nsmodul γ Adiabatenk oeffizient (γ Luft 1,40 ) R universell e Gaskonstan te M Molmasse T0 Referenzte mperatur ΔT Temperatur änderung cS (T0 ) Schallgesc„Schallstrahlen“ hwindigkei t bei T0 Temperaturabhängigkeit der T0 ΔT cS T0 T0 355 335 zunehmende Temperatur Schallgeschwindigkeit cS in m/s cS abnehmende Temperatur Schallgeschwindigkeit cS 315 295 -50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 Schallquelle 40 Temperatur in °C © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7-7 Begriffsdefinitionen von Tone, Klang und Geräusch p (0,t) Ton Einfache, sinusförmige Schallwellen mit einer definierten Frequenz. Bsp.: Kammerton a‘ mit der Frequenz 440 Hz. 0 Geräusch 0 Überlagerung statistisch verteilter (nicht periodischer) Frequenzen. Bsp.: Turbulente Luftströmungen, Maschinengeräusche, Zischen ausströmender Pressluft etc. p (0,t) 0 p (0,t) Klang Gemisch von mehreren Tönen, deren Frequenzen in definierten Verhältnissen stehen. Bsp.: „Klavierton“ bestehend aus Grundton und Obertönen. © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7-8 Begriffsdefinitionen von gemessenen Variablen Schalldruck 𝑝 𝑥, 𝑡 𝑝 𝑥, 𝑡 = 𝐹(𝑥,𝑡) 𝐴 Einheit Pascal [Pa]; 1 Pa = 1 N/m2 Akustik nutzt effektiven Schalldruck peff Frequenz 𝑓 𝑓= 𝑐𝑠 λ Einheit Hertz [Hz] Luftdruckverlauf 𝑝 0, 𝑡 peff pu t statischer Anteil dynamischer Anteil 𝑝 𝑥, 𝑡 = 𝑝𝑢 + ∆𝑝𝑚𝑎𝑥 ∙ sin 0 t 1/f © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen ∙ 𝑥 + 𝑐𝑠 𝑡 [Pa] 𝑝𝑢 Umgebungsdruck ∆𝑝𝑚𝑎𝑥 Amplitude des dynamischen Anteils 𝑝𝑒𝑓𝑓 = Δpmax 2𝜋 λ 1 2 ∙ ∆𝑝𝑚𝑎𝑥 Effektivdruck λ Wellenlänge [m] 𝑐𝑠 Schallgeschwindigkeit 7-9 m s Kenngrößen des Schalls (I) Physikalische Größe Effektiver Schalldruck 1T 2 p (T ) p (t )dt Pa eff T0 T Meßdauer Schallleistung P(t ) ~ p 2 (t ) W eff Schallintensität P(t ) W I (t ) A m2 Bewertungsmaße Schalldruckpegel (Schallpegel) Lp log 20 log peff p0 dB Schallleistungspegel Lp 10 log P dB; P0 10 12 W P0 Schallintensität LI 10 log I dB;I0 10 12 W2 I0 m Gesamtschalldruckpegel von n Schallquellen mit additiver Überlagerung Lpges © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 2 peff p 2 log eff B ; p0 20 µPa (Ton 1000 Hz ) 2 p0 p0 n Lpi 10 10 log 10 dB i 1 7 - 10 Kenngrößen des Schalls (II) Gesamtschalldruckpegel von n Schallquellen mit additiver Überlagerung: n Lpi 10 Lpges 10 log 10 dB i 1 © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7 - 11 Der Hörsinn des Menschen (I) Ohrmuschel Paukenhöhle Innenohr Gehörgang Äußeres Ohr Trommelfell Mittelohr Hammer Amboß Mittelohr Eustachische Röhre Innenohr Bogengänge Animation Cochlea Steinbügel Steigbügel Schnecke © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7 - 12 Der Hörsinn des Menschen (III) Schalldruckpegel (dB) Lautstärke (phon) Kurven gleicher subjektiver Lautstärke nach DIN ISO 226 Frequenz (Hz) Frequenz (Hz) © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7 - 13 Prinzipieller Aufbau von Schallpegelmessern Aufbau eines Kondensatormikrofons Mikrofon Metallische Membran Uo Vorverstärker R U Meßverstärker Kondensatorplatte Bewertungsfilter 1. Frequenzbewertung 2. Zeitbewertung Isolator Auswerteeinheit Kapilare Quelle: www.bruelkjaer.de 87.2 Display dB(A) © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen Gehäuse 7 - 14 Messung des Schallpegels (I) Frequenzbewertung • Anpassung des Messgeräts an das Hörvermögen mit Hilfe von Filtern • Gemessene Werte werden frequenzabhängig bewertet • International 3 Bewertungskurven normiert: A, C, Z (keine Bewertung) • Lärmbewertung am Arbeitsplatz typischerweise mit A-Kurve: LA [dB(A)] 10 0 Dämpfung [dB] -10 -20 -30 -40 -50 A-Filer nach DIN EN 61672-1 C-Filter nach DIN EN 61672-1 -60 -70 10 100 1.000 10.000 Frequenz [Hz] © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7 - 15 Messung des Schallpegels (II) Zeitbewertung ___ Slow ___ Fast ___ Impuls ___ Peak Reaktion des menschlichen Gehörs abhängig von der Dynamik des Energietransports Einfluss sowohl der Zeitstruktur als auch der Frequenzzusammensetzung auf die auditive Wahrnehmung 4 Hauptmodi des Schallpegelmessers für die Zeitbewertung: - Slow (1 s, Abfallrate 3,4 – 5,3 dB/s, nach DIN EN 61672) - Fast (125 ms, Abfallrate min. 25 dB/s, nach DIN EN 61672) - Impuls (35 ms, nach DIN EN 61672) - Peak (50 μs, nicht genormt!) © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7 - 16 Spektralanalyse Spektralanalyse Schallpegel Frequenzverteilung Spektralanalyse in Terz- oder Oktavschritten vornehmen, da das Ohr eine angenähert logarithmische Empfindlichkeit aufweist. Oktave Frequenzbereich, dessen Anfangs- und Endfrequenz im Verhältnis 1 : 2 steht (z.B. 25 Hz : 50 Hz) Beispiel: Abkantpresse 85 80 75 Terz Bereich einer Dritteloktave mit einem Frequenzverhältnis von 1 : 21/3 dB(A) 70 65 60 55 50 45 31 63 125 250 © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 500Hz 1 2 4 8 16KHz 7 - 17 Lärmbewertung über größere Zeitabschnitte nach DIN 45645 T Einzelne Schallpegelmessungen über die Beurteilungszeit T werden zusammengefasst zum t1 t2 t3 LpA1 LpA2 LpA3 A-bewerteten Mittelungspegel LpAm (T) [dB(A)] (auch äquivalenter Dauerschallpegel LpAeq) LpAm (T ) LpAeq L pAi 1 n 10 log ti 10 10 [dB(A)] T i 1 Für eine Beurteilungszeit von 8 Stunden wird dieser bewertete Mittelungspegel als Beurteilungspegel LAr bezeichnet. LAr LpAm (T 8h) [dB(A)] L pA i A bewerteter Mittelungspegel in der Messdauer t i t Teildauer i T Mittelungsdauer Der Beurteilungspegel LAr entspricht dem Tages-Lärmexpositionspegel LEx,8h nach 2003/10/EG © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7 - 18 Gehörschädigung durch Lärm Akute Lärmschäden: 8000 : 1 Zilienverklebung • Reparabel: Knalltrauma, treten auf bei explosionsartigen Druckanstiegen mit Schalldruckpegeln von 140-200 dB • Irreparabel: Schwere Schäden an Trommelfell oder Gehörknöchelchen, Innenohrschäden (z.B. geplatzte Basilarmembran) Chronische Lärmschäden: 8000 : 1 Totaler Steifeverlust • TTS (Temporary Threshold Shift) - zeitlich begrenzte Hörschwellenverschiebung aufgrund mangelnder Sauerstoffversorgung der Haarzellen; bildet sich nach 12-14h Ruhe zurück • PTS (Permanent Threshold Shift) - bleibende Hörschwellenverschiebung; Degeneration der Haarzellen 8000 : 1 Zilienabbrüche © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen Quelle: Schlick et al. 2010 7 - 19 Hörschwellen bei Lärm- und Altersschwerhörigkeit C5-Senke © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7 - 20 Hörbeispiele Lärm-/Altersschwerhörigkeit Technischer Lärmschutz Minderung der Lärmentstehung: Geräuscharme Arbeitsverfahren Keilleistenwelle Drallmesserwelle Hobelmaschine schlechter besser Stanzwerkzeug schlechter besser vgl. VDI 3720 Bl. 2 © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7 - 21 Organisatorischer Lärmschutz • Räumliche Trennung der geräuschintensiven und geräuscharmen Arbeitsplätze • Arbeitsplatzwechsel während einer Schicht, so dass nur eine begrenzte Zeit an einem lärmintensiven Arbeitsplatz gearbeitet wird Beispiel: Fabrikhalle mit getrennten Büros für geistige Arbeit © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7 - 22 Persönlicher Lärmschutz L Ar ≥ untere Auslösewerte LEx,8h = 80 dB(A) Lpeak = 135 dB(C) ppeak = 112 Pa ≥ obere Auslösewerte LEx,8h = 85 dB(A) Lpeak = 137 dB(C) ppeak = 140 Pa Maßnahmen Beispiele • Bereitstellung von persönlichen Gehörschutzmitteln • Informations- und Unterweisungspflicht durch den Arbeitgeber • Tragepflicht für persönliche Gehörschutzmittel • Kennzeichnungspflicht des Lärmbereichs • Durchführungspflicht arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen • Aufstellen von Lärmminderungsprogrammen Die Expositionsgrenzwerte sind unter Berücksichtigung der dämmenden Wirkung von Gehörschutzmitteln einzuhalten! Grenzwerte sind der höchstzulässige Tages-Lämexpositionspegel LEx,8h = 87 dB(A), der Spitzenschallpegel Lpeak = 140 dB(C) sowie der maximale Schalldruck ppeak = 200 Pa Richtlinie 2003/10/EG (gültig seit 15.01.2006), Umsetzung in BGV B3 © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7 - 23 Gliederung der Schadstoffe nach Aggregatzustand Schadstoffe Feste Schadstoffe Flüssige Schadstoffe In der Luft schwebende Schadstoffe Aerosole Feste Schwebstoffe Staub (z.B. Kalk) © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen Rauch (z.B. Blei) Gasförmige Schwebstoffe Flüssige Schwebstoffe Nebel Dampf Gas (z.B. (z.B. Ölnebel) (z.B. Benzol) Stickoxid) 7 - 24 Aufnahmewege der Schadstoffe in den menschlichen Körper Die Wirkung von gefährlichen Arbeitsstoffen ist abhängig von: • Art der Einwirkung (Einatmen, Verschlucken, Hautresorption) • Art des Stoffes (bei Stäuben zusätzlich von der Partikelgröße) • Stoffkonzentration • Einwirkdauer Einatmen Gase, Dämpfe, Aerosole Nasenraum • individuelle Konstitution der Person • Tätigkeit Verschlucken Verschlucken Stäube, Flüssigkeiten, Flüssigkeiten Feststoffe Luftröhre Massenanteil an gesamten Schwebestoffen Speiseröhre Alveolen Bronchien Lunge Aerodynamischer Durchmesser © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen Hautresorption Hautresorption Stäube, Gase, Dämpfe, Flüssigkeiten Schwebstoffe, Flüssigkeiten [μm] 7 - 25 Bewertung von Gefahrstoffen I – Grenzwerte nach TRGS 900 ff. und GefStoffV Biologische ArbeitsplatzToleranzwerte Luftgrenzwerte Staubgrenzwerte GefStoffV 2005: MAK-Werte TRK-Werte Arbeitsplatz-Grenzwert (MAK-H: auch hautresorptive Stoffe) Biologischer Grenzwert zusätzl.: Bewertung der physikalisch-chemischen Wirkung (insb. Brand- und Explosionsgefahr) Spezifität: stoffunspezifisch stoffspezifisch Erfassung: Umweltmonitoring kollektiver Werte (i.d.R. Schichtmittelwerte) Biomonitoring individueller Werte TRGS: Technische Regeln für Gefahrstoffe © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7 - 26 Bewertung von Gefahrstoffen II – stoffspezifisches Umweltmonitoring Auslöseschwelle Zur Beurteilung von gefährlichen Arbeitsstoffen gibt es verschiedene Schwellen, ab denen Maßnahmen ergriffen werden müssen, und Grenzwerte. Dies ist zu allererst die Auslöseschwelle, die durch verschiedene Grenzwertkonzepte konkretisiert wird. MAK-Wert (TRGS 900) Maximale Arbeitsplatz-Konzentration Höchstzulässige Konzentration eines Arbeitsstoffes als Gas, Dampf oder Schwebstoff in der Luft am Arbeitsplatz, bei der keine gesundheitliche Beeinträchtigung und unangemessene Belästigung bei wiederholter und langfristiger, in der Regel täglich 8stündiger Exposition zu erwarten ist. AGW (TRGS 900) Arbeitsplatzgrenzwert Nach der GefStoffV ist der AGW der Grenzwert für die zeitlich gewichtete durchschnittliche Konzentration eines Stoffes in der Luft am Arbeitsplatz in Bezug auf einen gegebenen Referenzzeitraum. Er gibt an, bei welcher Konzentration eines Stoffes akute oder chronische schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit im Allgemeinen nicht zu erwarten sind (§ 3 Abs. 6 GefStoffV) Arbeitsplatzgrenzwerte sind Schichtmittelwerte bei in der Regel täglich achtstündiger Exposition an 5 Tagen pro Woche während der Lebensarbeitszeit. © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7 - 27 Bewertung von Gefahrstoffen III – stoffspezifisches Biomonitoring Biologischer Grenzwert (BGW) nach TRGS 903 „Der biologische Grenzwert ist der Grenzwert für die toxikologischarbeitsmedizinisch abgeleitete Konzentration eines Stoffs, seines Metaboliten oder eines Beanspruchungsindikators im entsprechenden biologischen Material. Er gibt an, bis zu welcher Konzentration die Gesundheit von Beschäftigten im Allgemeinen nicht beeinträchtigt wird.“ (§2 Abs. 8 GefStoffV) Stoffbelastung von 8 Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich Grenzwerte definiert als Konzentrationen, Bildungs- oder Ausscheidungsraten Untersuchungsmaterial zur Grenzwertbestimmung - Blutplasma , Urin, Vollblut u.a. Beispiel für biologischen Grenzwert von Aceton nach TRGS 903 - BGW: 80 mg/l - Untersuchungsmaterial: Urin - Probennahmezeitpunkt: Expositions- bzw. Schichtende © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH 1 - 28 Beispiele für technischen Arbeitsschutz Abschrankung, Abschirmung und Kapselung von Gefahrstellen oder Zugang bzw. Eingriff durch technische Einrichtungen (z.B. Lichtschranke) sichern Verarbeitung und Verwendung gefährlicher Stoffe möglichst in geschlossenen Systemen (z.B. Autoklaven) Absaugung gefährlicher Stoffe unmittelbar an der Entstehungsstelle Überwachung der Raumkonzentration gefährlicher Stoffe (Gasspürgeräte) Steuerung gefährlicher Arbeitsverfahren durch Fernbedienung Sicherung gefährlicher Einzelarbeitsplätze durch Fernüberwachung Schrank © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen Gasspürgerät Autoklave 7 - 29 Beispiele für organisatorischen Arbeitsschutz gewissenhafte Einweisung neuer Mitarbeiter, ausreichende fachliche Anleitung ausreichende fachliche und sicherheitstechnische Fortbildung Bestellung von Sicherheitsfachkräften und Sicherheitsbeauftragten gesundheitliche Überwachung der Beschäftigten, Vorsorgeuntersuchungen Bereitstellung der erforderlichen Schutzausrüstungen Erstellung von Rettungs- und Brandbekämpfungsplänen, Bereitstellung geeigneter Brandbekämpfungsmittel für den abwehrenden Brandschutz Arbeitsgenehmigungen für gefährliche Arbeiten Gebotszeichen © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen Warnzeichen Verbotszeichen 7 - 30 Beispiele für persönlichen Arbeitsschutz Personelle Umsetzung des Arbeitsschutzes Wenn alle geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen umgesetzt sind und noch kein ausreichender Schutz der Mitarbeiter bei der Arbeit und allgemein beim Aufenthalt in den Betriebsstätten bzw. auf dem Betriebsgelände gegeben ist, dann: Persönliche Schutzausrüstungen Dabei gilt: „So sicher wie nötig - nicht, so sicher wie möglich!“ © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7 - 31 Lernerfolgsfragen Was ist Schall? Was ist Lärm? Wie wird Schall klassifiziert? Welche Größen werden zur Bewertung von Schall verwendet? Was besagen die Kurven gleicher Lautstärke? Welche Arten von Gehörschädigung werden durch Lärm verursacht? Welche Faktoren beeinflussen die Wirkung von Schadstoffen im Körper? Welche technischen, organisatorischen und persönlichen Schutzmaßnahmen im Bereich von Schadstoffen kennen Sie? © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7 - 32 Literaturverzeichnis Bundesanstalt für Arbeitsschutz (Hrsg.) (1986) „Gefährliche Stoffe am Arbeitsplatz“. In: Beitrag der Bundesanstalt für Arbeitsschutz zu einer Forschungskonzeption. Amtliche Mitteilungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz. Dezember 1986: 3-16. Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2008 - Unfallverhütungsbericht Arbeit. DIN EN 61 672 Teil 1 (2003) Elektroakustik – Schallpegelmesser – Anforderungen. Beuth Berlin DIN EN ISO 6385 (2004) Grundsätze der Ergonomie für die Gestaltung von Arbeitssystemen. Beuth, Berlin DIN ISO 226 (2006) Akustik – Normalkurven gleicher Lautstärkepegel. Beuth, Berlin EG Richtlinie 2003/10/EG: Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkung (Lärm). Amtsblatt der Europäischen Union L42 Fastl H, Zwicker E (2007) Psychoacoustics 3rd edn. Springer, Berlin Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) Verordnung über gefährliche Stoffe Vom 23.12.2004, i.d.F. (Bundesgesetzblatt I S. 3758) vom 12.10.2007. Luczak, H.: Arbeitswissenschaft. 2. Auflage. Springer Verlag, Berlin. 1998 Schlick, C.; Bruder, R., Luczak, H.: Arbeitswissenschaft. 3. Auflage. Springer Verlag, Berlin. 2010 TRGS 402 (11.1986) Ermittlung und Beurteilung der Konzentration gefährlicher Stoffe in der Luft in Arbeitsbereichen. I.d.F. vom 26. August 1988. Veröffentlicht im Bundesarbeitsblatt Nr. 10 / 1988 TRGS 900 (01.1990) MAK-Werte 1989. Maximale Arbeitsplatzkonzentration und Biologische Arbeitsstofftoleranzwerte der Senatskommission zur Prüfung VDI Richtlinie 3720 (1982) Lärmarm konstruieren. VDI, Düsseldorf © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH 1 - 33 Nachtrag: Wirkung von Schadstoffen I Stäube Gewebeveränderungen Krebs fibrogener Staub (z.B. Chrysotil, Amosit) Kanzerogener Staub (z.B. Arsen, Nickel) Gifteinwirkung auf Körperorgane Toxischer Staub (z.B. Blei, Zink, Cadmium) Bildung von gewebezerstörenden Basen und Säuren Schädigung durch ionisierende Strahlung akute und chronische Entzündung der Atemorgane und der Haut Beeinträchtigung der Lungenfunktion Ätzender Staub (z.B. Kalk, Chrom) Radioaktiver Staub Allergisierender Staub (z.B. Chromate, Mehlstaub) Inerter Staub (z.B. Eisen-, Magnesiumoxid) durch Verstopfung der Alveolen Rauche Die Wirkung ist ähnlich der von Stäuben. Quelle: Packroff (baua), 2005 © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen 7 - 34 Nachtrag: Wirkung von Schadstoffen II Nebel Ölnebel nicht schädlich, solange keine giftigen Zusatzstoffe enthalten sind Verschlechterung der Sichtverhältnisse Gase Erstickung Lungenschäden durch Säurebildung (HNO3, H2SO3 bzw. H2SO4) Vergiftung starke oder tödliche Vergiftung Kanzerogenität Kohlenmonoxid, -dioxid Nitrose Gase (NO, NO2) Schwefeldioxid (SO2) Ozon (O3) Phosgen COCl2 beim Schweißen Formaldehyd CH2O Dämpfe Rausch, Konzentrationsschwäche, Leber- und Nierenschäden Blutbildung, Krebs, Haut Schäden am ZNS © Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft, RWTH Aachen organische Lösungsmittel Benzol Metalldampf 7 - 35