Dingden Dingden in Nordrhein-Westfalen 2 Prolog Bezirksregierung Düsseldorf Schon bei der Begrüßung durch die aktiven Damen die teilnehmenden Fachleute der Architektur- des Vereins „Dorfentwicklung Dingden e.V.“ zu werkstatt. Diese Begeisterung und das hoch- Beginn der Architekturwerkstatt sprang für mich der gradige Interesse der Dingdener Bevölkerung Funke über. machten die drei Tage von Dingden zu einem Erlebnis – menschlich und fachlich! Als zuständiger Bearbeiter der Bezirksregierung Ich freue mich außerordentlich, dass nun mit der Düsseldorf für die Fördergelder aus dem EU- digitalen Präsentation und der Möglichkeit, darüber LEADER-Programm war ich von Beginn an über einen Bildband zu erzeugen, ein zeitgemäßes die erste Idee bis zum förmlichen Antrag für die Medium entwickelt wurde, um dieses beispielhafte Werkstatt gut informiert. Die Prüfung des Antrags Projekt, seine Umsetzung und seine Ergebnisse nach bürokratischen Kriterien warf auch keine über die Grenzen Dingdens hinaus bekannt- besonders schwierigen Fragen auf, war doch im zumachen. Sinne der LEADER-Kriterien gewährleistet, dass Ich bin sicher, dass viele Menschen in der Region d ies ein v o n d en B ürg ern g ewo lltes und Lippe-Issel-Niederrhein – aber auch weit darüber entwickeltes Projekt war („bottom-up“) und dass hinaus – großes Interesse zeigen werden und sich sich trotz der Konzentration auf das Ortsbild von vielleicht auch anstecken lassen von der Be- Ding den durch die Leuchtturmf unktio n des geisterung in Dingden. Projektes zudem die Chance bot, auch in die Für mich ist klar: Das eingesetzte öffentliche Geld gesamte Region Lippe-Issel-Niederrhein aus- ist ausgesprochen gut investiertes Geld! LEADER = ”Liaison entre actions de développement de l’économie rurale” zustrahlen. Diese wohlwollende distanzierte Begleitung ließ bei mir d en Entschluss reif en, selb st an d er Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft Architektenwerkstatt in Dingden teilzunehmen und Das Projekt wurde finanziert aus dem Europäischen Landwirtschaftfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER) im Rahmen des LEADER-Schwerpunktes und von der Stadt Hamminkeln. vor Ort mitzuerleben, wie diese eher ungewöhnliche dörfliche Aktivität wohl ablaufen würde. Der Armin Huber Enthusiasmus der Dingdener Akteure erfasste Hauptdezernent für ländliche Entwicklung und Bodenordnung schon nach einer nur kurzen Findungsphase auch Bezirksregierung Düsseldorf 3 Prolog Bürgermeister Liebe Bürgerinnen und Bürger, liebe Leserinnen und Leser, „Zusammenkunft ist ein Anfang. Zusammenhalt ist ein Fortschritt. Zusammenarbeit ist der Erfolg.“ Henry Ford beck und Hünxe gehören. Die überregionale und lokale Vernetzung geben sich immer wieder wechselseitig Nach diesem Motto hat der Verein „Dorfentwicklung wertvolle Impulse. Dingden e.V.“ einen Prozess in Gang gesetzt, der für alle Teile der Stadt und darüber hinaus vorbildlich ist und Auch Bürgerinnen und Bürger der Stadt Hamminkeln vielleicht sogar wegweisend sein kann. machen sich im Rahmen dieser vernetzten Ebenen darüber Gedanken, wie sich die Lebensqualität im ländlichen Raum Die Ursprünge dieses Gedankens liegen in den vielleicht verbessern lässt. In Dingden wurde deshalb der Verein nicht so bekannten ILEK- und LEADER-Konzepten, die im „Dorfentwicklung Dingden e.V.“ gegründet. Rahmen der ELER-Verordnung für finanzielle Förderungen ländlicher Entwicklungskonzepte stehen, mit denen die Dem Verein ist es gelungen, viele Dingdenerinnen und Europäische Union und das Land Nordrhein-Westfalen Dingdener darüber ins Gespräch zu bringen, wie sie ihr einen Anstoß zu neuen Überlegungen im ländlichen Raum Dorf schöner, ansprechender, interessanter, attraktiver gegeben haben. gestalten können und wollen. Ziel ist es, die Kommunen und Bürgerinnen und Bürger zu 4 unterstützen, die sich für eine funktionierende und Viele Aktionen haben sie seit ihrer Gründung 2007 auf den nachhaltige Wirtschaft, einen attraktiven Wohnstandort, ein Weg gebracht. Es gab Bilder aus dem „Phantastischen intaktes Sozialgefüge, eine starke regionale Identität, ein Dingden“ zu bestaunen; „Gassen, Gärten und geheime f unktio nierendes Öko sy stem und eine attraktiv e Winkel“ zu entdecken; Osterglocken wurden gepflanzt und Landschaft einsetzen. ein Frühschoppen organisiert. Geld wurde zusammen- Mittlerweile hat sich unter dieser Prämisse die Region getragen und mit offensiver Öffentlichkeitsarbeit deutlich Lippe-Issel-Niederrhein zusammengefunden, zu der neben gemacht, dass jede Mitbürgerin und jeder Mitbürger die Hamminkeln die Städte Wesel, Rees, Raesfeld, Scherm- Möglichkeit hat, den Entwicklungsprozess mitzugestalten. Die rege Beteiligung des vom Verein professionell von unschätzbarem Wert und ich hoffe, dass von für seine herausragende Initiative und liebevolle organisierten dreitägigen Architektur-Werkstatt im den Ergebnissen auch die anderen Stadtteile Gestaltung all seiner Projekte ganz herzlich danken Oktober des Jahres 2008 ist ein vorläufig profitieren können. Natürlich werden die Inhalte von möchte. besonders gelungenes Resultat. Diese Ver- Ort zu Ort verschieden sein, aber die Prozesse anstaltung fand mit hochqualifizierter Unterstützung lassen sich auch in anderen Orten umsetzen. Die Sie – liebe Leserinnen und Leser – möchte ich nun der Universität Münster statt. Architektur-Professor Resonanz ist regional wie überregional sehr groß. ganz herzlich einladen: Franz-Josef Höing, ein kompetentes Architekten- Le Corbusier, einer der bedeutendsten und ein- team und Architekturstudenten berieten die flussreichsten Architekten des 20. Jahrhunderts, hat „Wirken Sie an der Dorfentwicklung Dingdens mit! Dingdener Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser einmal gesagt: Es lohnt sich!“ Veranstaltung fachlich versiert. Sie konfrontierten sie nicht mit Ergebnissen, sondern forderten die „Wir müssen danach streben, Natur, Gebäude und Teilnehmer auf, ihre eigenen Vorstellungen und Menschen in einer höheren Einheit zusammen zu Erwartungen zu formulieren. bringen.“ Eine außerordentlich engagierte Moderatorin, die Landschaftsarchitektin Frau Lohaus, verstand es, in Ich habe den Eindruck, dass die Dingdenerinnen der kurzen Zeit die Gedanken und Anregungen, und Dingdener auf diesem Weg erfolgversprechend Holger Schlierf Visionen und konstruktiven Vorschläge aller unterwegs sind. Sie haben mit dem Verein Bürgermeister der Stadt Hamminkeln Beteiligten so zu bündeln, dass die Ergebnisse des Dorfentwicklung Dingden e.V. eine Organisation, die Workshops eine gute Grundlage für weitere mit Kompetenz in der Sache, Hartnäckigkeit und Aktivitäten bildeten. Nun müssen die Ergebnisse Ausdauer in der Durchführung und Transparenz für festgehalten, veröffentlicht, weiterverfolgt und die alle Beteiligten die Entwicklung Dingdens voran- Dorfgespräche fortgeführt werden. treibt. Für die Stadt ist dieses anspruchsvolle Engagement Das ist die besondere Stärke des Vereins, dem ich 5 Prolog Dorfentwicklung Dingden e.V. "Ein Buch kann man zuschlagen und weglegen. Musik kann man abschalten und niemand ist gezwungen, ein Bild aufzuhängen, das ihm nicht gefällt. An einem Haus aber kann man nicht vorbeigehen, ohne es zu sehen. Architektur hat die größte gesellschaftliche Wirkung.“ Bundespräsident, Johannes Rau Es gibt Bauwerke, die beeindrucken uns. Wir spüren, dass Häuser eine wohltuende Harmonie ausstrahlen können. Architektur bewirkt unter anderem, dass wir uns an manchen Orten besonders wohl fühlen und an anderen weniger. Der Ort, an dem wir uns befinden, entscheidet mit über unsere Stimmung, so wie es auch das Wetter tut. Ist Dingden, wie zu Beginn des Jahres 2009, in eine dicke weiße Schneehülle getaucht, fahren die Autos langsamer, Kinder sind mit ihren Schlitten auf den Straßen – die Welt erscheint hell und freundlich. Und wir Menschen lächeln uns an, wenn wir uns auf der Straße begegnen. Herr Rau hat Recht, wenn er sagt: „Architektur hat die größte gesellschaftliche Wirkung.“ Häuser prägen nicht nur Städte und Dörfer, sie prägen auch unser Lebensgefühl, uns selbst. „Architektur ist die Kunstform, von der wir am meisten umg eben sind. Gleichzeitig aber auch die Kunstform, von der wir Menschen am wenigsten wissen. In der Schule erfährt man etwas über Literatur, Malerei, Musik; aber nichts über Architektur. Dabei wäre sie am wichtigsten, denn sie wirkt sich auf jeden aus." Alain de Botton, Philosoph D i es e E rkennt ni s s e hab en uns motiviert, lange und ausdauernd nach pro fessio neller Unterstützung zu suchen. Wir freuen uns, dass wir bei dem Förderverein Bundesstiftung Baukultur in Berlin und bei Prof. Franz-Josef Höing, msa – münster school of architecture, auf Verständnis und auf Interesse für unser Dorf gestoßen sind. Mit deren Engagement ist die Dingdener Architektur–Werkstatt unter der Leitung von Irene Lohaus, Landschaftsarchitektin, in und für Dingden im Oktober 2008 möglich geworden. Die harmonische und konstruktive Zusammenarbeit war wunderbar. Für das überaus große Engagement und f ür die Erg ebnisse, die unsere Erwartungen weit übertroffen haben, bedanken wir uns bei allen Beteiligten. Agnes Küpper Vorstand Dorfentwicklung Dingden e.V. Die Architekturwerkstatt Index Aufgabenstellung Ablauf Teilnehmer 8-13 14-16 17 Raumstruktur und bauliche Entwicklung 18-29 Ideen zur Gestaltung öffentlicher Räume 30-35 Öffentliche Straßen und Plätze im Ortskern 36-47 Öffentliche Grünflächen und Vernetzung 48-49 Grenzen des öffentlichen und privaten Raumes 50-53 Beleuchtung im Ortskern 54-55 Die Wirkung der Gebäude 56-65 Stimme einer Kunsthistorikerin 66-69 Das ist auch mein DINGden 70 Die Architekturwerkstatt – Aufgabenstellung Prof. Franz-Josef Höing msa – münster school of architecture Die Ausgangslage Die Gemeinde Dingden liegt an der Nahtstelle zwischen Niederrhein und Münsterland und entspricht noch in vielen Teilen dem Bild einer intakten ländlichen Ortschaft, die sich ihre städtebaulichen und freiräumlichen Qualitäten erhalten hat – trotz aller kleinen und größeren meist schleichenden Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte. Die Kirche steht noch in der Mitte des Dorfes, der Kirchplatz ist von schönen alten Linden gesäumt, die Maßstäblichkeit des Ortes wurde gewahrt und die öffentlichen Räume im Kern wurden durchaus sorgsam gestaltet. Historisch wertvolle Gebäude stehen unter Denkmalschutz und v ermitteln, welche Pro p o rtio nen, T y p o lo g ien und Materialitäten den Ort über eine lange Zeit hinweg geprägt haben und das heute noch tun. Selbstverständlich wohnt man noch im Kern der Gemeinde und große Gärten bilden ein plausibles Pendant zu den engen und eher steinernen Räumen des Ortes. Der Kirchplatz 8 Übergang zur freien Landschaft ist noch klar lesbar und der Ort durchaus vital. Und dennoch ist das Bild an vielen Stellen jeweils harmlos und scheinbar unbedeutend sein sicherlich eine Feinjustierung im Umgang mit den eingetrübt und müsste deshalb dringend nach- können, in der Summe das Ortsbild aber deutlich Verkehren innerhalb der kleinteiligen Mitte von geschärft werden. Für den Umgang mit dem verbessern werden. Und es braucht natürlich einen Dingden. Gebäudebestand braucht es eine architektonische längeren Atem bei der Umsetzung. Vieles wird Richtschnur, für neue Häuser muss der architek- nämlich etwas Zeit brauchen und ist vor allem vom Regeln für den Verkehr to nische Ko rrido r neu abg esteckt und das Mittun der Haus- und Grundeigentümer abhängig. Ein wirkliches Verkehrsproblem ist in Dingden heute nicht auszumachen. Vielmehr ist es auch hier eine historische Vokabular auf seine Plausibilität und Tragfähigkeit hin kritisch überprüft und gegebenen- Plan für den Rahmen Vielzahl von kleinen Problemen, die aber in Summe falls neu interpretiert werden. Natürlich braucht es darüber einen Konsens und in einem nicht unerheblichen Maß das Bild des Kerns Für Dingden braucht es gleichwohl nicht den alles einen Plan, in den sich die einzelnen Maßnahmen bestimmen. Große Stellplatzanlagen dominieren regelnden großen Plan. Und es braucht ganz sicher einordnen und sich jeweils erklären lassen. Es wichtige Stadträume oder wirken in den öffentlichen nicht die ganz großen Veränderungen und die braucht eine Fortschreibung des historischen Raum hinein. Hierfür gilt es, angemessene Lösungen großen neuen Projekte. Das schließt gleichwohl nicht Stadtgrundrisses, es braucht plausible Aussagen zu finden. Die Eingänge in den Kern müssen aus, dass es an prominenten Stellen im Koordi- zur Bebaubarkeit noch freier Areale im Kern, es deutlicher herausg earbeitet werden und die natensystem des Ortes auch neue Akzente und braucht einen Ansatz, wie man das spannungsvolle verkehrliche Rolle der innerörtlichen Straßen mit ihrer Anziehungen braucht. Natürlich sollen und müssen Zusammenspiel von Bebauung und Freiraum auch stadträumlichen Bedeutung noch besser zur sich diese in die Logik des Ortskerns einfügen. weiterhin kultiv ieren will. Die an den Kern Deckung gebracht werden. Darüber hinaus gilt es, ein Bündel von einzelnen angrenzenden Quartiere müssen noch besser mit Maßnahmen zu entwickeln, die mitunter für sich dem Kern verknüpft werden und dazu braucht es 9 Nordbrocker Straße 10 Regel für den Umgang mit dem Bestand unkoordinierte Vielgestaltigkeit ersetzt. Stadt- und bedienen, Maßstäbe und Proportionen verletzen Viele Häuser in Dingden sind in die sprichwörtlichen freiräumliche Zusammenhänge lösen sich schnell auf und kaum einen Beitrag zur Stadtbaukultur leisten. Jahre gekommen. Das trifft in besonderem Maße für und werden durch ein sprachloses Nebeneinander Regionales Bauen wird mit Regionalismus ver- die Gebäude der Nachkriegszeit zu. Die Häuser sind ersetzt. Der Workshop soll exemplarisch für wechselt. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Kinder ihrer jeweiligen architektonischen Zeit und wichtige Häuser erste architektonische Vorschläge dem historischen Vokabular ist bislang leider die haben mittlerweile hier und dort an Plausibilität und Regeln für den Umbau entwickeln. Diese lassen Ausnahme ausgeblieben. Der Workshop soll auch ei ng eb üßt . Si e b ed ürf en ei ner s ens i b el n sich auch übertrag en auf den übrig en Ge- eine Suche nach zeitgemäßen Regeln für das Bauen architekto nischen und sicherlich auch bau- bäudebestand. Natürlich gibt es auch einige in dieser Region sein. Es soll überlegt werden, technischen Weiterentwicklung – im Innern wie im sperrige Nutzungen und Volumen, die es besser welche Vorgaben für neue Häuser und Hüllen gelten äußeren Erscheinung sb ild . Daz u sind v iele zu integrieren gilt. Hierfür müssen Lösungs- sollen und welcher Material- und Formenkanon trotz Bauherren bereit und erwarten zu Recht dafür von möglichkeiten erarbeitet werden. aller Schnelllebigkeit und sich ändernder Rahmen- der Stadt eine fachliche Flankierung. Das ist sehr zu bedingungen noch Gültigkeit und Verbindlichkeit begrüßen – kennt man doch nur allzu gut den Regeln für Neues ansonsten üblichen Weg: Jeder plant und baut für Schleichend sind in den letzten Jahren neue Häuser sich innerhalb der oft losen Regeln und das in das historische Passepartout des Ortes gebaut Ergebnis ist meist unbefriedigend. Der ursprüngliche worden, die sich in sehr vordergründiger Art und Kontext wird meist verlassen und durch eine Weise des historischen Vokabulars des Bauens beanspruchen kann. 11 Konturen für die öffentlichen Räume Die öffentlichen Räume sind in vielen Bereichen bereits heute in einem nahezu tadellosen Zustand und schon vor geraumer Zeit mit viel Sorgfalt aufgewertet worden. Die Materialien sind zeitlos gewählt, die Profile der Straßen und Wege sind gut proportioniert und lassen auch dem Fußgänger, den Bewohnern und Besuchern genügend Raum. Dieses Netz gilt es noch auszuweiten, weitere Straßen in die Gestaltlogik einzubeziehen. Wichtige offene Flächen wie etwa die rund um die Kirche haben die Begabung zu wirklichen Plätzen und Stadträumen zu werden. Die Zielsetzung Ziel des kompakten Verfahrens ist es, zeitnah einen stadtund freiräumlichen Rahmen für die Weiterentwicklung des Dingdener Ortskerns zu entwickeln. Die Planung soll anschaulich werden und das im wirklichen Sinne des Wortes. Allzu oft werden Planungen zu abstrakt diskutiert. Sie bleiben unanschaulich und können von den Bürgern häufig nicht nachvollzogen werden. Konkret heißt das, dass sich die Vorschläge nicht auf die üblichen Marienvreder Straße 12 Maßstäbe und Darstellungen beschränken, sondern beispielhaft in die konkrete Objektplanung vordringen sollen. Das Verfahren Planungsverwaltung und weitere Planungs- oder Werkberichte, Kulinarisches und Musikalisches Die Themen, um die man sich in Dingden zu Ortsexperten als BeraterInnen teil. bieten abends die Möglichkeit zum öffentlichen kümmern hat, liegen auf der sprichwörtlichen Straße Ziel ist es, vor Ort konzeptionelle Ansätze für die Gespräch, geben Anregung und sollen Lust machen, und die Probleme sind eigentlich überschaubar. Das schrittweise Weiterentwicklung der Dingdener Mitte sich am Umgestaltungsprozess zu beteiligen. notwendige Maßnahmenbündel kann in einem zu entwickeln und diese mit der Bevölkerung, mit Die Ergebnisse des Verfahrens werden dann kompakten Zeitraum entwickelt und anschaulich den ortsansässigen Gewerbetreibenden und den Grundlage für eine politische Debatte in Hamminkeln gemacht werden. Die Initiatoren gehen deshalb Grundstücks- und Hauseigentümern zu diskutieren. und Richtschnur für die planende Verwaltung sein. davon aus, dass es Sinn macht, vom üblichen Studierende der msa I münster scho o l o f Darüber hinaus sollen die Ergebnisse über den Ort Prozedere abzuweichen – zugunsten einer schnellen, architecture begleiten den Workshop, bauen hinaus Anregung geben und fundierter Beitrag zu intensiven und öffentlichkeitswirksamen Erarbeitung Modelle und setzen die Ideen ins Bild. Ziel der einer ernsthaften Debatte um regionales Bauen. Wie eines Gestaltleitrahmens für den Dingdener Ortskern. Veranstaltung ist es, den Korridor für mögliche das eingebettet sein kann in die realen Bedingungen Daher wird die Arbeitsform eines dreitägigen Veränderungen auszuloten, konkrete Maßnahmen zu der Region, wie es Spiegel sein kann einer Workshops gewählt. An dem nehmen sechs benennen, sie im wahrsten Sinne des Wortes auf konkreten Lebensumwelt und wie es offen sein und ausg ewiesene Architekten, Stad tp laner und ihre Regelhaftigkeit für das Ganze zu befragen, ins auf die Zeit reagieren kann. Landschaftsarchitekten und Vertreter der örtlichen Bild zu setzen und damit anschaulich zu machen. 13 Ablauf Veranstalter Verein Dorfentwicklung Dingden e.V. c/o Agnes Küpper Hamminkeln – Dingden Veranstaltungsort „Altes Amt“ Hamminkeln – Dingden Unterstützung bei der Betreuung des Verfahrens Irene Lohaus Peter Carl Landschaftsarchitektur, Hannover 1. Tag Donnerstag, 23.10.2008 Gemeinsame Ortsbesichtigung und Vorstellung der Aufgabe Arbeitsphase 1 Gesamtbetrachtung Ortskern – Analyse Raumstruktur Baustruktur Öffentliche Räume Verkehr Nutzungen Gesamtbetrachtung Ortskern – Gesamtkonzept Entwicklungsziele ableiten, Handlungsbedarf aufzeigen, Arbeitsschwerpunkte definieren Interne Diskussion erster Ergebnisse Arbeitsschwerpunkte für die Arbeitsgruppen definieren Drei Themenschwerpunkte für drei Arbeitsgruppen Kirchplatz 14 Erstes Dorfgespräch: Die teilnehmenden Architekten, Stadtplaner, Landschaftsarchitekten präsentieren sich mit vergleichbaren Aufgaben aus ihrem Arbeitsspektrum und ersten Eindrücken von Dingden 2. Tag Freitag, 24.10.2008 Offen für Besucher Arbeitsphase 2 Gemeinsame Ausarbeitung mit öffentlichem Publikum Interne Diskussion der Zwischenergebnisse – Rückkopplung zum Gesamtkonzept 15 3.Tag Samstag, 25.10.2008 Arbeitsphase 3 Gemeinsames Gespräch zur Abstimmung der Präsentation Zweites Dorfgespräch als öffentliche Abschlusspräsentation und Diskussion der Ergebnisse der Architekturwerkstatt 16 Die Teilnehmer Architekten Gäste und fachliche Beratung der Architektur-Werkstatt Peter Bastian, Jens Matzken Peter Bastian Architekten BDA, Münster Holger Schlierf Bürgermeister der Stadt Hamminkeln Johannes Bielefeld Architekturbüro Bielefeld, Dingden Manfred Boshuven Amt für Bauverwaltung Planung und Umwelt der Stadt Hamminkeln Heiner Farwick farwick + grote Architekten BDA/ Stadtplaner, Ahaus Irene Lohaus, Lina Kunze IreneLohausPeterCarl Landschaftsarchitektur, Hannover Josef Sauerbier, Steffan Stegemann Josef Sauerbier Architekturbüro, Dingden Manuel Thesing Thesing & Thesing Architekten BDA, Heiden Martina Bauhaus Amt für Bauverwaltung Planung und Umwelt der Stadt Hamminkeln Armin Huber Bezirksregierung Düsseldorf Mechthild Evelt-Neite Bezirksregierung Düsseldorf Manuela Vergoossen Technische Universität Dresden – Kulturinstitution Studenten der msa – münster school of architecture Anka Geißdörfer Carla Gertz Julia Hayduk Björn Helm Steffen Kronberg Rosario Ligori Ariane Müller Christian Thomann Nilüfer Yurdalan Hermann Ostendarp Vertreter des Heimatvereins Dingden e.V. Verein Dorfentwicklung Dingden e.V. Agnes Küpper Christa Scheper Irene Hannich Thomas Michaelis Ursula Maibom Monika Scheper Maria Vierhaus und viele Dingdenerinnen und Dingdener 17 Raumstruktur und bauliche Entwicklung Manuel Thesing Thesing & Thesing Architekten BDA Heiden 18 Tatsächlich sind es ja immer Räume, um die es geht, ob in der Stadt, die von Straßen, Plätzen, Parks, Gewässern gegliedert, rhythmisiert und letztlich geprägt wird, wo Gebäude alle diese öffentlichen Räume fassen – oder ob in der Architektur, die zum allergrößten Teil wiederum Innenarchitektur, also gestalteten Raum darstellt. Grundlage aller Betrachtungen ist die Erfassung und Bewertung alter Bausubstanz, die Analyse von Städtebau, Konstruktion, Materialien, Art der Fügungen und Funktionalität. Hieraus können sinnvolle Reparaturansätze entwickelt werden, welche die Identität alter Orte und Gebäude erhalten, jedoch Möglichkeiten der Interpretation und neuer Qualitäten eröffnen. In diesem Zusammenhang geht es um: Bewahren Erneuern Rekonstruieren Entfernen Hinzufügen Weiterbauen 19 Bauen im Bestand umfasst die Belange des städtischen Raumes bis hin zum Innenraum des Gebäudes. Dabei wird besonderer Wert gelegt auf Materialität, Struktur, Oberfläche, Licht und Atmosphäre. Der Bestand bietet hierbei sowohl Orientierung als auch Verpflichtung zum sorgfältigen Umgang mit der Substanz speziell in Bezug auf die zu fällenden entwurflichen Entscheidungen. Dabei sprechen wir über folgende Techniken der Ergänzung: - Kontrast zwischen Alt und Neu - Dialog zwischen Alt und Neu - Verschmelzen von Alt und Neu - Umnutzung - Reparatur 20 Bauen im Bestand heißt beispielsweise äußerst sorgfältig die Übergänge zwischen verschiedenen Gebäuden, Bauteilen oder Materialien zu gestalten. Gleichwohl bedeutet die Kombination zwischen histo rischem Bestand und zeitg enö ssischer Ergänzung einen Balanceakt. Wie weit wird durch einen Umbau in die vorhandene Substanz des Denkmals eingegriffen? Für den Umgang mit dem historischen Baubestand ist es notwendig, aus einer sorgfältigen und gründlichen Bestandsanalyse und Bewertung heraus ein architektonisches Konzept zu entwickeln, das sich aus den Gegebenheiten des Bestands entwickelt. Dabei sollte genau abgewogen werden, welche Nutzung zu welchem Denkmal passt, den nur so lässt sich der Umfang der notwendigen Eingriffe minimieren. Wünschenswert ist die Verbindung von qualitätvoller archi tekto ni s cher Aus ei nand ers etz ung und größtmöglicher Substanzschonung. Denkmale baulich zu ergänzen oder zu erweitern bedeutet gleichermaßen eine Herausforderung und eine Gratwanderung. Gleichwohl sind Umnutzungen häufig der einzige Weg, ein Denkmal auf Dauer zu erhalten. Die Architektur der Umnutzung kann jedoch nur dauerhaften Bestand haben, wenn sie ebenso funktional interpretierbar und großzügig bleibt und ebenso Spielräume behält wie der Altbau selbst. Andernfalls läuft ihr Haltbarkeitsdatum mit der nächsten Nutzungsänderung ab. B ewahren der Vielschichtig keit histo rischer Gebäude, belassen seiner Geschichtsspuren und ergänzen der Denkmalsubstanz um qualitätvolle architektonische Anbauten sind Ziel unseres Ansatzes. Der Ortskern Dingdens bietet eine homogene, ruhige Quartiersstruktur. Diese sinnvoll zu ergänzen und zu stärken war Intention der Untersuchung zu Raumstrukturen und baulichen Entwicklungen. Anhand einiger Beispiele soll dies verdeutlicht werden. 21 Bereich Kirche Im Bereich der Kirche St. Pankratius gilt es, das alte Gotteshaus freizustellen und so in seiner kulturellen und auch optischen Bedeutung zu stärken. Durch die bauliche Ergänzung Ecke Thingsstraße sowie auf der Südseite der Kirche würde es gelingen, dem Kirchplatz seine klar gefasste zentrale Form wiederzugeben. Mittels einer B aumb ep flanz ung entlang d er Thingsstraße würden eine Raumkante entstehen, die jedoch trotzdem ihre Durchlässigkeit behält. 22 Bereich St. Josef Haus Im Bereich des St. Josef Hauses ist ein Baukörper entlang der Marienvreder Straße denkbar, um den dortigen überdimensionierten Platz zu fassen und in seiner Maßstäblichkeit an die vorhandenen Strukturen anzupassen. 23 Bereich Kirmesplatz Im Bereich des Kirmesplatzes schließlich wird eine Gerüststruktur vorgeschlagen, welche zum Einen begrünt werden kann und zum Anderen die Voraussetzung für äußerst flexible Nutzungsmöglichkeiten des Platzes schafft. Hierbei sind keine massiven Eingriffe in vorhandene Strukturen notwendig. Unterschiedlichste Varianten v o n Z el tüb erd achung en d er Fl äche wurd en durchgespielt. Wegeführung 24 Besucherströme Lärmbelästigung Variante Winter-Schlittschuhfläche Variante Sommer-Fest- und Tanzfläche 25 Bereich Kirmesplatz 26 Während verschiedener Gespräche mit den Bürgern von Dingden stellte sich heraus, dass die zentrale Lage des Kirmesplatzes nicht ausschließlich als positiv beurteilt wird. Vor allem die direkten Anwo hner müs s en b ei d en v ers chied enen Festivitäten mit Lärmbelästigungen umgehen. Um den Wünschen einiger Bewohner gerecht zu werden, sind im Konzept zur Gestaltung der öffentlichen Räume alternative Flächen für einen Kirmesplatz festgelegt worden, die als Diskussionsgrundlage zu verstehen sind. Eine Verlagerung des Platzes sollte gut überlegt werden, da dieses einen wichtigen Teil des öffentlichen Lebens aus dem Ortskern von Dingden entfernen würde. 27 Bereich Kreisverkehr Im Bereich des Kreisverkehrs ist eine starke Ergänzung der Gebäudeformationen gewünscht. Ecke Bocholter Straße – Am Spiegelkamp kann durch eine mehrgeschossige Bebauung einen Akzent setzen und die Wegekreuzung betonen. Im Verlauf der Bocholter Straße, Am Spiegelkamp und der Weberstraße ist eine Ergänzung der Straßenfluchten notwendig um einer Zergliederung dieser Bereiche entgegenzuwirken. Modell im Ist-Zustand 28 Modell-Planung Architektur bauen ist nicht genug, es sind Orte der Erinnerung, sie zu heilen und weiterzudenken soll das Ziel sein. Dieses muss wie ein roter Faden die Baupraxis durchziehen, erst dann schafft man eine Vernetzung. 29 Ideen zur Gestaltung öffentlicher Räume Irene Lohaus IreneLohausPeterCarl Landschaftsarchitektur, Hannover 30 Das Dorf Dingden hat einen schönen lebendigen Ortskern mit der Kirche, Läden und Gastronomie mitten im Ort. Er hat sowohl für die Dingender als auch für Besucher eine hohe Anziehungskraft. Mitten im Ortskern wird gleichzeitig gewohnt, gearbeitet und gelebt. Handel/Dienstleistungen Gewerbe/Handel Wohngebäude mit Gewerbe + Industrie/Handel+Dienstleistungen Schule, Kirche, Kindergarten Wohnhaus Landwirtschaftliches Gebäude, Gewächshaus etc. 31 Zur Lebendigkeit des Ortskerns tragen auch seine städtebauliche Struktur und die freiräumlichen Qualitäten bei: Die Kompaktheit des Kerns, seine klare Struktur mit auf die Kirche ausgerichteten historischen Straßenzügen, eine in weiten Teilen einheitliche und nachvollziehbare Gestaltlogik innerhalb des Ortskerns sowie eine gute Erreichbarkeit des Kerns auch für Fußgänger und Radfahrer. Die Kirche mit ihrem von Linden gesäumten Kirchplatz ist der zentrale Ort Dingdens, der schon von weitem wahrnehmbar ist. Neben dem Kirchplatz spannen sich, z wischen dem histo rischen Gebäudebestand und den neueren Gebäuden, abwechslungsreiche öffentliche Räume auf. Diese Räume zeigen die historischen Proportionen durch den Kontrast von steinernen Gebäudekanten und offenen Plätzen.Es sind Räume, in denen sich das öffentliche Leben Dingdens abspielt, in denen man sich trifft, sich unterhält, sich austauscht, seine täglichen Besorgungen macht und tatsächlich spürt, dass man sich in der Mitte des Ortes befindet. Kirchplatz 32 Hohe Straße Im direkten Umfeld des Kirchplatzes sind diese Räume, vor allem die vor geraumer Zeit aufgewerteten Straßenräume, durch eine zeitlose Materialwahl geprägt. Eine gute Proportionierung der Straßen- und Wegeprofile ermöglicht hier ein nahezu gleichberechtigtes Nebeneinander aller Verkehrsteilnehmer. Der Verkehr verringert und verlangsamt sich in diesem Teil des Ortskerns und gibt auch den Fuß- und Radfahren, den Bewohnern und den Besuchern, die Möglichkeit den Raum zu nutzen, wahrzunehmen und zu beanspruchen. 33 Zusätzlich zu den Straßenräumen zieht sich ein feines Netz von Pfaden und Wegen durch den Ortskern. Dieses Netz verbindet auf kurzen Strecken wichtige Räume innerhalb der Ortsmitte und es ermöglicht Verknüpfungen zu den Wohngebieten, die im Laufe der Zeit an den Rändern von Dingden entstanden sind. Auch im Ortskern von Dingden sind den meisten Häusern private Gärten zugeordnet. Die meisten Privatgärten im Ortskern sind gut gepflegt und unterstreichen das Bild einer Kippelpatt 34 Gräfte intakten ländlichen Ortschaft. Im Kern sind einige wenige öffentliche Grünund Freiflächen unterschiedlicher Qualitäten und Funktionen. Beispielsweise lieg t am PaterTerörde-Weg ein öffentlicher Sportund Spielplatz. Der leider selten für d i e Öf f entl i chkei t z ug äng l i che Pastoratsgarten prägt mit seiner Gräfte den Weg dorthin und der Kirmesplatz ist nur wenige Gehminuten vom Kirchplatz entfernt. Diese genannten städtebaulichen und freiräumlichen Qualitäten prägen den Ortskern von Dingden. Dennoch s i nd b ei d er Ges t al t ung d er öffentlichen Räume im Ortskern auch Defiz ite f estz ustellen. So sind beispielsweise ledig lich wenig e Straßenzüge in den zurückliegenden Jahren saniert und umg estaltet worden, andere auch zum historischen Kern zählende Straßenräume zeigen noch heute das typische Bild einer von KFZ-Verkehr dominierten Gestaltung aus breiten, asphaltierten Fahrbahnen und schmalen Gehwegen. Die Eingänge in den Ortskern Nordbrocker Straße/Weberstraße und die ursprünglich so typische Ausrichtung der Straßenräume auf den Kirchturm sind mit dem Bau der Bocholter Straße verwischt worden. Der Kirchplatz mit seinem Lindensaum ist zwar ein markanter Ort, do ch parkende Auto s an allen Rändern und eine unklare Kontur und Gestaltung an der Thingstraße und R i chtung B ahnho f l as s en d as Potenzial ungenutzt. Öffentliche Aufenthaltsmöglichkeiten, z.B. zum Warten vor der Kirchtür, sind nicht vorhanden und auch im gesamten Ortskern rar. Ziel des Konzeptes zur Gestaltung und zum Umgang mit den öffentlichen Räumen ist daher, Ideen aufzuzeigen, die die Qualitäten und Potenziale des Ortskerns herausarbeiten und stärken, um ihn auch in Zukunft in seiner Lebendigkeit, Wohnlichkeit, in seiner Attraktivität und Aufenthaltsqualität für Bewohner und Besucher zu erhalten und weiterentwickeln. eine Umsetzung der Konzeptbestandteile an ausgewählten Stellen präsentieren. Im Folgenden werden die einzelnen Bestandteile des Konzeptes beschrieb en und d urch ko nkrete Maßnahmen erläutert, die anschaulich Konzeptplan 35 Öffentliche Straßen und Plätze im Ortskern 36 Ziel des Konzeptes ist es, den Kirchplatz und die vier auf ihn zuführenden Straßen – Weberstraße, Nordbrocker Straße, Hohe Straße, Marienvreder Straße – im historischen Kern von Dingden, der gleichzeitig der Einkaufsschwerpunkt ist, in einer einheitlichen Gestaltungssprache zu gestalten, die an die Gestaltung aus den neunziger Jahren angeknüpft. Mit leichten, sorgsam ausgewählten Veränderungen kann diese an die aktuellen Wünsche z.B. nach einer besseren Benutzbarkeit für ältere, gehbehinderte Menschen angepasst werden. Insgesamt sind die Aufenthaltsqualität, Angebote dazu und das Miteinander zwischen PKW-Verkehr und Fußgängern- und Radfahrern zu verbessern. 37 38 Die Gestaltung des Kirchplatzes unterscheidet sich gegenwärtig durch den roten Pflasterbelag vom übrigen Ortskern. Um den Platz besser in die Gesamtgestaltung des Ortskerns einzufügen, sollte er bei einer Neugestaltung seiner Bedeutung im Ort entsprechend mit einer hochwertigen Pflasterung versehen werden. Diese sollte, in Anlehnung an das vorhandene Pflaster vor dem Heimathaus in der Hohen Straße, ein kleinteiliges Natursteinpflaster sein und durch eine ebenflächige Oberflächenbehandlung barrierefrei für Fußgänger, Radfahrer oder Rollstuhlfahrer begeh- und befahrbar sein. Die Traufseite der Kirche könnte mit einem breiten Band aus großformatigeren Natursteinplatten markiert werden. Dieser „Sockel“ hebt die Kirche vom übrigen Platz ab und betont ihre besondere Position im Ort. Unmittelbar vor dem Haupteingang in der Straße Am Kirchplatz und an der Thingstraße in Verlängerung der Straße Am Bahnhof, die wieder auf den Kirchturm ausgerichtet werden sollte, wird der Verzicht auf Stellplätze empfohlen, um die einladende Geste zum Betreten und Benutzen des Kirchplatzes zu stärken. Der Verkehr sollte vor allem im direkten Umfeld der Kirche auf Anliegerverkehr bzw. gezielten Besucherverkehr – Kurzzeitparken – beschränkt werden. Somit wird die heute schon sehr ausgeprägte Nutzung des Fahrrads als wesentliches Verkehrsmittel zum Besuch des Ortskerns weiter gestärkt. Die den Kirchplatz säumenden, alten Linden sind heute in einem schlechten Zustand und müssen saniert oder gegebenenfalls entfernt werden. Für den Fall, dass die Bäume so schadhaft sind, dass sie nicht erhalten werden können, sind in jedem Fall erneut Linden zu pflanzen, da die kreisförmige Anordnung der Bäume seit je her die Kirche und ihren Vorplatz im Zentrum des Ortes prägt und darüber hinaus die Linden im Wappen von Dingden vorkommen. Das Wappen nimmt Bezug auf die germanische Thingstätte, der Dingden seinen Namen verdankt und die vermutlich in Kirchplatznähe lag. Historischer Kirchplatz Plan Kirchplatz Vorschlag für Pflasterung Da es an Sitz- und Verweilmöglichkeiten auf dem Kirchplatz fehlt, könnten um einige der Linden Rundbänke installiert werden. Diese bieten den Bewohnern und Besuchern nicht nur an Sonntagen und Kirchenfeiertagen, sondern auch an den übrigen Tagen des Jahres, eine Möglichkeit sich zu treffen, beisammen zu sitzen und sich auszutauschen. Neben diesen Rundbänken wird ein Wasserbecken mit breitem Sitzrand und ruhigem Wasserspiegel vorgesehen, dieses kann ebenso den Wartenden als Treffpunkt dienen. Ausgangssituation Idee 39 Südlich der Kirche grenzt an den Kirchplatz die Bücherei mit einem kleinen Vorgarten an. Hier ist es vorstellbar, im Vorgarten ein öffentliches B ücherreg al mi t ei nem o f f enen Les ep l atz einzurichten. Das Bücherregal funktioniert nach dem Prinzip, dass Bücher kostenlos von jedermann entliehen, durch eigene ersetzt und wieder zurück gebracht werden können. Der Vorgarten der Bibliothek kann in diesem Zusammenhang neu gestaltet werden und durch die Einfriedung mit Hecken einen geschützten Lesebereich bieten. Kirchplatz 40 Kirchplatz und Parkplatz Plan Kirchplatz und Parkplatz Nordwestlich des Kirchplatzes, an der Ecke Thingstraße und Stockkamp, liegt ein größerer Parkplatz, dessen funktionaler Charakter durch Elemente wie Glas- und Abfallcontainer unterstrichen wird. Sein heutiges Erscheinungsbild beeinträchtigt den übrigen Ortskern. Auf die hier angebotenen Stellplätze kann aber zunächst nicht v erz i chtet werd en, s o d as s d i e stadträumliche sinnvolle bauliche Ergänzung der Platzkontur (siehe Kapitel Raumstruktur und bauliche Entwicklung) vermutlich erst mittel- bis langfristig realisiert werden kann. Daher wird er gestalterisch überarbeitet und neu strukturiert. Durch die Begradigung der Straßen Stockkamp und Thingstraße kann einerseits der Parkplatz klarer strukturiert, der Kirchplatz vergrößert und vor allen Dingen der Blick von der Ortsmitte und dem Bahnhof auf die Kirche freigegeben werden. Gleichzeitig erhält das gegenüberliegende historische Haus, in dem ein Café entstehen soll, einen eigenen größeren Vorplatz. Die Stellplätze werden parallel zur Straße Stockkamp angeordnet und mit begradigter Straßenführung und Heckenpflanzung durch eine rasterförmige Baumpflanzung gegliedert. Die Glas- und Abfallcontainer werden entfernt und optional könnte an der westlichen Seite des Platzes eine Hecke gepflanzt werden. 41 Im direkten Umfeld des Kirchplatzes soll der Verkehr eine zurückhaltende Rolle einnehmen bzw. behalten. Das Verkehrssystem soll nicht mehr als eigenständiges System verstanden werden, das die Funktion eines Ortskerns von dem übrigen Ort trennt. Für den Ortskern ist vielmehr die Integration und Einbindung in das Gesamtgefüge des Ortes und seiner Räume besonders wichtig. Dieser Zusammenhang kann aber nur erlebt werden, wenn Wege und Straßen ein sicheres und anregendes Kontinuum von Räumen bieten. Fußgänger und Radfahrer sind hierauf angewiesen. Gleichz eitig sind sie T eil einer Wohnumwelt und erfüllen wichtige kommunikative und soziale Funktionen. Die Ästhetik dieser Straßen ers chl i eßt d i e Ges chi cht e und Schö nheiten des Ortes. Sie ist 42 gekoppelt an das Erleben einer sicheren und angenehmen Atmosphäre. Aus diesem Grund müssen sich selbst die Hauptstraßen, die den Autoverkehr aufnehmen, als städtische Straßen mit eigener Atmosphäre und besonderen Qualitäten über die Verkehrsfunktion hinaus bewähren. Ihre Erscheinung und ihr Charakter lassen sich nicht aus den Regeln der Verkehrsplanung ableiten. Sie bedürfen einer eigenen Gestaltung, die das städtische Raumgefüge positiv verbindet und nicht trennt. Die Verkehrsflächen müssten daher neu organisiert werden und einzelne Räume könnten durch kleine Maßnahmen wie neue Materialitäten, Ausstattungselemente und Baumpflanzungen aufgewertet werden. Die Gestaltung sollte auf die verschie- denen Raumcharaktere der einzelnen Abschnitte wie z.B. platzartige Aufweitungen eingehen. Die angestrebte Atmosphäre muss sich an den Bedürfnissen und Erwartungen der Fußgänger orientieren. In diesen Straßen sollen der Verkehr und seine Geschwindigkeit wesentlich reduziert und ein gleichberechtigtes Nutzen des Straßenraumes ermöglicht werden Die Organisation, die Materialität und die Profile der vorhandenen bereits sanierten Straßenräume können in diesem Zusammenhang mit leichten Aktualisierungen auf weitere Straßen übertragen werden. Durch einen Umbau der vier auf die Kirche ausgerichteten historischen Straßenzüge Weberstraße, Nordbrockerstraße, weiteren Teilen der Hohen Straße und Marienvrederstraße sowie der weiteren Straßen Stock- kamp, Thingstraße, Am Kirchplatz und Neustraße tritt der Ortskern wesentlich deutlicher in Erscheinung. Neben der Verringerung und Verlangsamung des Verkehrs in ausgewählten Straßen des Ortskerns können die Bocholter Straße und die geplante Umgehungsstraße den Durchgangsverkehr aufnehmen. Die Eingänge in den historischen Kern sollten dabei deutlich herausgearbeitet werden, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und in den Kern zu locken. Der Kreisverkehr an der Bocholter Straße und die Kreuzung zwischen der Bocholter Straße und der alten/neuen Nordbrocker Straße bilden in diesem Zusammenhang eine wichtige Schnittstelle zum Ortskern. Hohe Straße Thingstraße 43 Im Ortskern ist der westliche Teil der Hohen Straße durch eine einheitliche und harmonische Materialwahl für den Straßenraum geprägt. Kurz nach dem Heimathaus wird dieses nicht fortgeführt und durch einen Asphaltbelag (für die Straße) und unterschiedlichste Pflastersteine (f ür die Gehweg e) ersetzt. Zukünftig sollte der gesamte Straßenraum gleichberechtigt von Ausgangssituation 44 allen Verkehrsteilnehmern nicht nur als Fortbewegungsraum, sondern auch als Aufenthaltsraum genutzt werden können und muss daher einem einheitlichen Gestaltungsmuster folgen. Die Straße selbst sollte sich dann nur noch durch ein anderes Pflasterformat und einen schmalen Bord von den Gehwegen abgrenzen. Die Gehwege könnten mit einem kleinteiligen Idee Natursteinpflaster, welches sich bereits vor dem Heimathaus befindet, gepflastert werden. Sowohl direkt vor dem Heimathaus als auch vor dem Humberghaus spannen sich zwei kleine dreieckige Plätze auf. Diese sind zurzeit nicht als solche wahrnehmbar und bieten keine Aufenthaltsqualitäten. Durch kleine Maßnahmen wie die Schaffung von Sitzgelegenheiten und die Pflanzung von schattenspendenden Bäumen kann die Qualität dieser Plätze erheblich gesteigert werden. Der kleine Platz zwischen dem Floristikgeschäft Scheper und der Gaststätte Villa Kunterbunt wird im Sommer als Biergarten genutzt und fungiert gleichzeitig als Parkplatz und Abstellfläche. Wie aus historischen Fotos zu erkennen ist, wurde der Platz in früheren Zeiten als Garten genutzt. Zu dieser Zeit war der Raum als Rückseite des Gebäudes wahrnehmbar, was heute nicht mehr gegeben ist. Der Platz wird vielmehr als zweite Vorderseite des Gebäudes verstanden und wirkt durch seine Nutzungen undefiniert. Um seinen ursprünglichen Charakter wieder herzustellen, könnte der Platz durch eine Hecke abgegrenzt und als „lauschiges Gartenlokal“ gestaltet werden. Historische Ansicht Idee Ausgangssituation 45 Die Nordbrocker Straße könnte nach dem gleichen Konzept wie die Hohe Straße umgestaltet werden. Zusätzlich sind hier Baumpflanzungen vorgesehen, um die Unterschiedlichkeit der angrenzenden Gebäude abzuschwächen und den Straßenraum angenehmer zu gestalten. Die Baumpflanzungen sind ausgewählt zu positionieren, da der freie Blick zur tatsächlichen Ortsmitte – dem Kirchturm – nicht beeinträchtigt werden soll. Da der Straßenraum gleichberechtigt für alle Verkehrsteilnehmer gestaltet wird, ist eine Reduzierung der Verkehrsgeschwindigkeit zu erwarten. Dieses bietet die Chance, in der Nordbrocker Straße auf Einbauten wie das Drängelgitter an der Schulbushaltestelle zu verzichten. Ausgangssituation 46 Idee Die Weberstraße bildet zurzeit einen wichtigen Ortseingang und wird mit hohen Geschwindigkeiten als Ortsdurchfahrt genutzt. Bis zum Bau der geplanten Ortsumgehung kann dieses kaum vermieden werden. Zukünftig ermöglicht die Ortsumgehung eine Umgestaltung der Weberstraße zu einem verkehrsberuhigten Raum, wie es bereits im Ortskern von Dingden umgesetzt ist. So ist es vorstellbar, dass vor der Gaststätte Hoffmann die bis dahin asphaltierte Straße in einen platzartigen Straßenraum übergeht. Es entsteht ein Platz, indem die Straße mit den Gehund Radwegen zu einer einheitlichen Fläche verschmilzt. Vor der Gaststätte Hoffmann stehen zwei hohe Linden. Sie schließen eine ab dem Ortseingang die Weberstraße flankierende Allee ab. Der wechselnde Bodenbelag, der sich vor der Gaststätte platzartig aufweitet, markiert in Verbindung mit den beiden Linden deutlich den Beginn des Ortskerns. Idee Ausgangssituation 47 Öffentliche Grünflächen und Vernetzung Das bestehende Netz von Pfaden und Wegen sollte innerhalb Dingdens verdichtet und zum Ortsrand hin aufgeweitet werden. Vor allem ein Ausbau dieses Wegenetzes zum nördlichen und südlichen Ortsrand kann eine Verknüpfung zu attraktiven Landschafts- und Erholungsräumen und bestehenden Radwegenetzen der Umgebung herstellen. Gleichzeitig wird für Fußgänger und Radfahrer eine Erreichbarkeit der benachbarten Städte und Ortschaften wie Bocholt, Hamminkeln und Ringenberg erleichtert. Dingden kann damit verstärkt in Freizeitangebote der Region eingebunden und zunehmend als Teil des regionalen Tourismusangebotes genutzt werden. 48 Die öffentlichen Grün- und Freiflächen Dingdens sind in der Mitte des Ortes rar und teilweise nicht nutzbar. Doch auch ein Ort wie Dingden, der in einer ländlichen Umgebung eine gute Anknüpfung zu Landschafts- und Erholungsräumen aufweist, braucht in direkter Nähe zu den Wohnstandorten und dazu gehört in Dingden auch und in Zukunft noch verstärkt der Ortskern attraktive Freiräume, die kurzfristig erreich- und nutzbar sind. Grüne Plätze, baumbestandene Straßen und Grün- und Freiflächen Gärten schaffen eine angenehme Atmosphäre für Aufenthalt und Spiel im Ort. Eine Aufwertung des wenig gepflegten öffentlichen Sport- und Spielplatzes am Pater-Terörde-Weg in Verbindung mit einer landschaftsparkartigen Entwicklung der angrenz enden Wiesenflächen und eine zumindest tagsüber Öffnung des wunderschönen Pastoratsgartens mit Gräfte, kann einen wichtigen Erholungs- und Freizeitraum bilden. Durch eine angenehmer gestaltete Wegeverbindung kann auch der Friedhof noch stärker als bisher auch zum ruhig en und beschaulichen Aufenthalt mitgenutzt werden. Ein wichtiges Potenzial für Grünverbindungen stellen auch die Bachläufe dar, die durch den Ort verlaufen. Sie sollten auf jeden Fall erhalten und nach Möglichkeit renaturiert werden. Parter-Terörde-Weg/Sport- und Spielplatz 49 Grenzen des öffentlichen und privaten Raumes 50 Die wichtigste Aufgabe der Straßen und Plätze innerhalb eines Ortes ist die Gewährleistung des Öffentlichen. Je prägnanter der Raum gefasst ist und je stärker der öffentliche Raum auf ein erforderliches Minimum konzentriert wird, umso tragfähiger ist er als öffentlicher Raum. Das Eindringen des Öffentlichen in die inneren Hofbereiche, die Auflösung des Privaten und das Verwischen der physischen Grenzen stellen eine Gefährdung der jeweiligen Eigenschaften dar. Die fehlende Klarheit schwächt die Einzelhandelsfunktion, beeinträchtigt das Wohnen und lässt Erkennbarkeit des Kerns verschwimmen. Private Hofflächen sollten eindeutig zu identifizieren sein. Es wird daher vorgeschlagen, dass die Grenzen zum öffentlichen Raum durch Parter-Terörde-Weg Mauern, Zäune und Tore in anspruchsvoller Gestaltung ausgebildet werden. Dieses könnte analog zur Gebäudegestaltung in eine Gestaltungssatzung einfließen. Innerhalb Dingdens werden die Pfade und Wege, wie beschrieben, meist von Hecken, kleinen Mauern und Zäunen gerahmt. Diese regionaltypische Gestaltung bietet den Benutzern Orientierung und Schutz und müsste, um den Charakter des Ortes zu festigen, erhalten, fortgesetzt und stellenweise ergänzt werden. Neben den Wegen und Pfaden begleiten kleine Mauern, Hecken, Zäune und Alleen viele Straßen innerhalb des Ortes. Am Kirchplatz 51 Ausgangssituation 52 Idee Hier ist es empfehlenswert, ein deutlicheres Ge- zwischen den Fuß- und Radwegen und Privat- staltungsmuster zu entwickeln, welches den grundstücken an der Weberstraße regional- Bewohnern und Bes uchern Dingdens eine typische Elemente, welche fortgesetzt werden Orientierung erleichtert und sie durch den Ort lei- könnten, um den typischen Charakter des Ortes tet. Stellenweise wird dieses Muster unterbrochen zu stärken. und gibt Blicke auf funktionelle Flächen, Rest- Beispielhaft am Pater-Terörde-Weg wird hier auf- räume oder Straßen frei. Damit geht der ge- gezeigt, dass durch kleine Maßnahmen, wie eine schützte und „ländliche“ Charakter der Pfade und Hecke zu pflanzen, eine klare Wegeführung er- Wege verloren und eine klare Orientierung wird zeugt werden kann. Der Weg wirkt durch die erschwert. Beispielsweise sind die kleinen Mauern Heckenergänzung beruhigt, gefasst und eindeutig. 53 Beleuchtung im Ortskern Auch in den dunklen Abendstunden, insbesondere in den Wintermonaten, ist der öffentliche Raum ein wichtiger Teil des Dorflebens. Daher sollte die Beleuchtung innerhalb des Ortskerns ausgewogen sensibel installiert werden. Eine gut arrangierte Beleuchtung kann interessante Räume betonen, also wichtiges hervorheben und unwichtiges unaufdringlicher erscheinen lassen, ohne den Gesamtcharakter des Ortes zu beeinträchtigen. Zurzeit findet man in Dingden sehr unterschiedliche Beleuchtungsbeispiele, die kaum einem einheitlichen Konzept folgen. Da im Ortskern von Dingden keine hohen Verkehrsgeschwindigkeiten möglich sind, bedarf es hier nicht stark ausgeleuchteter Geschäfte, die mit Neonreklamen auf sich aufmerksam machen. Vielmehr wäre eine punktuelle und zu54 rückhaltende Beleuchtung wirksam, die dem Charakter des Ortes entspricht und beispielsweise durch Wandleuchten rund um den Kirchplatz bereits gut umgesetzt ist. Damit entfallen auch die Poller, die aktuell jede Mastleuchte vor Beschädigungen durch PKW schützt. Nur die Kirche wird als wichtigster Orientierungspunkt im Ort durch dezentes Anstrahlen besonders hervorgehoben. 55 Die Wirkung der Gebäude Heiner Farwick farwick + grote Architekten BDA/Stadtplaner, Ahaus 56 Neben der baulichen Struktur, dem Wechsel von Straßen und Plätzen und der Gestaltung der Freiräume bestimmen die einzelnen Gebäude, einige weniger, einige mehr, das Erscheinungsbild eines Ortes. In ihrer Summe werden insbesondere die Bauten des inneren Kerns einer Stadt oder eines Dorfes als identitätsstiftend und imagebildend empfunden, weshalb der gestalterischen Ausformung dieser Gebäude besondere Bedeutung zukommt. Dies ist auch in Dingden nicht anders. Einige Gebäude erscheinen dem Betrachter als harmonisch, als typisch für den Ort oder einfach nur als schön. Manche Gebäude lassen aber das Bewusstsein der Eigentümer für die Bedeutung und die erforderliche Sorgfalt vermissen. Orientiert an den Wesensmerkmalen der vorhandenen Gebäude soll daher heraus gearbeitet werden, was prägend für den Ort ist und wie sich Gebäude, teils nur mit geringen Eingriffen, wieder positiv in den baulichen Kontext zurück führen lassen. In der dörflichen Baustruktur finden sich Häuser, die aufgrund ihrer Stellung im Straßen- oder Platzraum oder auch nur in einer kleinen Aufweitung des Straßenraums eine starke Ausstrahlung haben. Sie prägen das Bild des Dorfes mehr als andere Häuser, weshalb ihnen auch in ihrer Gestaltung eine hohe Aufmerksamkeit zukommen sollte. 57 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Pastorat Gasthof Küpper Wissing's Scheune Haus Wissmann „Alte Schmiede” Humberghaus Heimathaus Apotheke Kaplanei Sack, Malermeister Haus Kösters Gasthof Küpper Einige Häuser strahlen unverkennbar aus, dass ihnen die erforderliche Sorgfalt zu Teil geworden ist, weshalb sie schon heute als prägend für Dingden und eben auch als besonders typisch für Dingden erscheinen. Der Übersichtsplan zeigt exemplarisch einige Häuser, die für den Ort besonders wichtig sind und deren Gestaltung im Wesentlichen positiv zu bewerten ist. Heimathaus – Humberghaus Haus Wissmann „ Alte Schmiede” 58 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. Dieser Übersichtplan zeigt Gebäude, die zwar in ihrer Grundstruktur noch positiv zu bewerten sind, jedoch in dem Zustand einzelne Bauteile deutlichen Verbesserungsbedarf haben. An den Fo to s unten rechts so ll dies deutlich gemacht werden. Das Gebäude Haus Michelbrink geht auf das Jahr 1755 zurück, was in den abstrahierten Ziffern der Balkenanker ablesbar ist. Es ist bekannt und durch Fotos belegt, dass dieses Haus verschiedene Umbauten erlebt hat, in seiner Grundausformung aber die Zeit überdauert hat. Es sind hier insbeso ndere die architekto nischen Details, die die Harmonie und Stimmigkeit des Hauses stören: Fenster ohne die typischen Teilungen, ein für das Haus überdimensioniertes Schaufenster, die darüber befindliche breite Aluabdekkung und eine zu grelle Farbwahl. Gaststätte Hoffmann Haus Braun – Salon Mathilde Haus Michelbrink Haus Wissing St.-Josef-Haus Villa Kunterbunt Pfarrheim Haus Kösters – Obicom Haus Hopen – Kathage Für das Haus Wissing trifft das Gesagte für die Fenster und Schaufenster zu, hinzu kommt hier, dass das Ziegelmauerwerk durch eine Reinigung und Neuverfugung aufgewertet werden könnte. Die Ausbildung des Ortgangs mit Gesims und Zahnfries könnte dann deutlicher zur Geltung kommen. Gaststätte Hoffmann Haus Michelbrink Haus Wissing 59 Verbandssparkasse 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. Fahrrad Feldmann Haus Klein-Wiele – Eisdiele Juwelier van der Linde Modehaus Groß Post Herrenmoden Egeling Haus Schleiting Rewe Center Bürokomplett Messing Gaststätte El Paso Parfümerie Hülsken Verbandssparkasse Bäckerei Wanders Kruse Wienand Haus Overbeck Bäckerei Wanders Dieser Plan verweist auf die Gebäude, deren städtebauliche Bedeutung aufgrund ihrer Lage und Ausrichtung im Dorf besonders hoch ist, deren baulicher Zustand im Hinblick auf Maßstab, Detailausbildung oder Materialwahl jedoch erheblich von der möglichen Qualität abweicht. 60 Kruse Wienand positiv negativ Zu den wesentlichen Kriterien im Umgang mit den vorhandenen Häusern gehören insbesondere dann, wenn diese auf Grund von funktionalen oder konstruktiven Gründen baulich verändert werden sollen, die Beachtung der Gliederung des Hauses, der Fassadenaufbau, der Einsatz der richtigen Materialien, die Wahl der Farben, Fenster und Türen sowie insbesondere auch die qualitätvolle gestalterische und handwerkliche Ausbildung der Gebäudedetails. Dass Dingden geographisch im Übergang vom Münsterland zum Niederrhein gelegen ist, zeigt sich z.B. an den vorzufindenden Backsteinarten. Sowohl der dunklere Ziegelstein des Niederrheins al s auch d er rö t l i chere Z i eg el s t ei n d es Münsterlandes finden sich als typische Materialien in Dingden gleichermaßen. Am Beispiel des Anschlusses vom Dach zum Giebel (Ortgang) ist der Wandel der handwerklichen Traditionen erkennbar, wobei leider festzuhalten ist, dass keinesfalls eine Verbesserung der Handwerkskunst zu bilanzieren ist. Das linke Bild zeigt eine sich über Jahrhunderte ausgeformte handwerkliche Ausbildung eines Ortgangs, welches eine hohe Detailqualität zeigt und gestalterisch die Differenziertheit aufweist, die im Allgemeinen an historischen Häusern geschätzt wird. Das rechte Bild zeigt hingegen die fehlinterpretierte und oberflächliche Ausbildung des Ortgangs bei einem neueren Gebäude. Des Weiteren seien hier die Fenster, mitunter auch als die „Augen des Hauses“ bezeichnet, genannt. Während das historische Fenster in Proportion und Gliederung auf das Gebäude abgestimmt, die Teilung funktional sinnvoll und die Ausbildung der Profile handwerklich gut gearbeitet ist, erscheint das „moderne“ Plastikfenster rechts unangemessen und undifferenziert. 61 An den folgenden Beispielen soll aufgezeigt werden, wie Gebäuden unter Beachtung der derzeitigen Nutzungsanforderungen mit einer den Gebäuden angemessenen Architektursprache die Material- und Detailqualität zurückgegeben werden kann. Hierzu wurden die Fotos der Gebäude entsprechend bearbeitet, um möglichst anschaulich aufzuzeigen, wie mit einem relativ überschaubaren Aufwand erhebliche Verbesserungen erreicht werden können. Das erste Beispiel ist das Haus Michelbrink an der Straßengabelung Weberstraße/Nordbrocker Straße. Durch wenige Interventionen wird das Verhältnis der architektonischen Elemente des Hauses wieder in ein ausgewogenes Verhältnis gesetzt. Die Skizze zeigt, mit welchen Mitteln diese Veränderung erreicht wird: Die Fenster im Obergeschoss erhalten geteilte Fenster aus Holz mit profilierten Rah- 62 men, die Fassade im Erdgeschoss ist neu aufgeteilt, sodass die Schaufenster für die Proportionen des Gebäudes angemessene Größen erhalten und Wandpfeiler das Tragen und Lasten der Wandflächen wieder deutlich machen. Die Farbgestaltung ist dezenter gewählt und die den Außenputz gliedernden Elemente (Gesimse, Faschen etc.) sind farblich abgesetzt. Am Beispiel des Hauses Egeling in der Weberstraße ist deutlich ablesbar, wie durch bauliche Veränderungen am Erdgeschoss das Gebäude in zwei Teile zerfällt, die miteinander nichts mehr zu tun haben: Die Erdgeschosszone und die Obergeschosszone mit Dach. Der Rückbau der Erdgeschosszone unter Beachtung der derzeitigen funktionalen Anforderungen an die Schaufenster kann das Gebäude wieder zu einem Ganzen machen und ihm damit seine Ausstrahlungskraft wieder zurück geben. Wenn die Wandflächen einheitlich wieder in Ziegel ausgeführt sind, Schaufenster angemessen und gegliedert ausgebildet sind und auch die Fenster des Obergeschosses wieder gegliederte Holzfenster erhalten, gewinnt das Gebäude im Ganzen wieder eine starke Präsenz im Straßenraum, mehr, als dies durch Aluminiumbekleidungen oder sonstige ortsfremde Materialen erreicht werden könnte. 63 Wie am dritten Beispiel aufgezeigt, sind es oft nur wenige Elemente, die dazu führen, dass eine Fassade überladen wirkt. Reduziert man die Fassade dieser Häuser am Kirchplatz wieder auf die wesensbestimmenden Elemente, kann ein Gebäude mit einem relativ geringen Aufwand „beruhigt“ werden, sodass es sowohl für sich allein als auch im Kontext der dörflichen Bebauung Dingdens wieder als positiv besetztes wichtiges Gebäude wirken kann. 64 Das Ziel sollte dabei keineswegs die historisierende Verbrämung der Gebäude sein, sondern der zeitgemäße Umgang unter Berücksichtigung der Grundregeln der Architektur wie Maßstab, Gliederung, Proportion, dem Verhältnis von Wandflächen zu Öffnungen, der Verwendung angemessener Materialien und die Ausbildung der Details. Nur dann können die Bauten aus unterschiedlichen Zeitepochen zusammen wirken und Dingden ein unverwechselbares Gepräge verleihen. Werden die Grundregeln der Gestaltung bei künftigen Um- oder Neubauten beachtet, kann Dingden die vorhandenen Potenziale weiter ausbauen und die Qualität des Ortsbildes weiter verbessern, ohne sich neuen Entwicklungen zu verschließen. 65 Stimme einer Kunsthistorikerin Dr. Manuela Vergoossen Kunsthistorikerin Technische Universität Dresden Institut für Kunst- und Musikwissenschaften im Herzen immer noch Dingdenerin 66 Viele Telefonate, noch mehr Emails und einige besonders schöne Abende haben in den letzten zwei Jahren nicht nur eine alte Bekanntschaft, sondern auch ihre eigene Heimatverbundenheit neu aufleben lassen. Ihre „phantastischen“ Ideen und ihr Wissen haben uns immer wieder neu inspiriert. Dafür sagen wir „DANKE“. Lassen wir die Kirche doch mitten im Dorf, denn dass sie sich dort befindet, ist für Dingden und seine Ortsentwicklung ein Glück. Schon seit jeher ist dieser Standort ein beso nderer Platz , der sich unmittelbar mit der Funktion und dem daher rührenden Namen des Dorfes verbunden hat. Dingden ist abgeleitet aus „Thing“ – Gericht, das dort, wo heute die Kirche und das Wohnhaus Kösters steht, seine Autorität walten ließ. Dort befanden sich die Gerichtsbarkeit der Sueder, der Ritter von Ringenberg, und spätere Bestattung sflächen, deren menschliche Ü b erres te no ch b ei m B au d er Fundamente des Kösters-Hauses geborgen wurden. Die Linden, wie sie als typische Bäume für Rechtsprechungsplätze den Kirchenbau umgeben, und das Schwert wurden zu Wahrzeichen von Dingden und haben sich in seinem Wappen als Sinnbild der Ortswurzeln symbolisch erhalten. Dass dort eine Kultstätte ihre Aura entfaltete, davon zeugt auch die Wahl des Platzes für den Bau einer Kirche im 13. Jahrhundert, deren Turm die baustilistische Wesensmerkmale dieser Zeit mit spätromanischen bzw. frühgotischen Fenstern, dem niederrheinischen, schiefergedeckten Turmhelm und den längs gestreckten Proportionen noch heute weithin sichtbar für die Umgebung zeigt. Das Langschiff wurde zwar durch Bomben des zweiten Weltkriegs zerstört, sein Wi ed erauf b au unmi ttel b ar nach Kriegsende demonstrierte aber, wie sehr die Dingdener ihre Kirche als Dorf- und Exstenzmittelpunkt – als Herzstück – empfanden und den Schaden sobald als möglich wieder gut machen wollten. Die Dingdener Kirche war der Sammlungsort in einem ansonsten – zum Glück, wie heute angesichts wuchernder Dominanzansprüche von Autostraßen gesagt werden muss – eher unübersichtlichen Haufendorf, wo jeder sein Haus gerade so baute, wie es der übrige Platz erlaubte und Geschwindigkeit fördernde Straßen kaum Spielraum finden konnten. Sie war so der Fluchtpunkt in einem gewissermaßen perspektivisch anmutigen und stimulierenden Chaos. Hier traf und grüßte man sich und konnte sich unterhalten. Und so ist das immer noch, auch wenn die Bänke dazu fehlen. Das war in Ringenberg zum Beispiel anders, obschon es auch dort mit dem Schloss und den beiden Kirchen mögliche Zentrumspotenziale gab. Mit anwachsender Mobilität und abgeholzten Chausséen zerfiel Ringenberg in zwei Hälften und wurde zum Durchfahrtsort ohne Mittelpunkt, an dem sich die institutionellen Brennpunkte der weltlichen und geistlichen Macht wie Perlen an einer Kette aufreihen mussten oder eher die Logen am nicht wirklich unterhaltenden geradlinigen Fließband der Straße abgaben. In Dingden zeigte diese Tendenz zur Trennung durch eine Straße zwar auch Ansätze mit der Bocholter und Weberstraße, aber deren Zielstrebigkeit wurde durch Kurven erschwert und der heilige Platz an die Kirche wurde beim Bau späterer Entlastungsstraßen, wie zum Beispiel der Borkener Straße, nicht angetastet. Kleine Einzelhandelsgeschäfte im Dorfinneren und Gasthöfe, die ein gewissermaßen irdisches Gegengewicht zum ideellen Geistesraum der Kirche darstellten, verstärkten die Kernfunktion der Kirche und ihres Platzes. Dort wird eingekauft und essen und trinken gegangen, dort findet die tägliche Messe in der Kirche statt, die gerade samstags in einer Art Umkehrung sonst üblicher Machtverhältnisse zwischen Mobilität und Spiritualität sich den Dienst des größten Verkehrsaufkommens im Dorf als wirkliche Lebens-Autorität leistet. Dort lassen sich – ganz ungewöhnlich in einer Zeit elektronischer Geräuschund Musikproduktionen – in der Nüchternheit des hellichten Tages Gesänge beachtlich großer Chorgemeinschaften vernehmen. Dort finden immer noch oder mehr denn je große Inszenierungen von existentiellen Höhepunkten statt. Wenn in der Pankratiuskirche von Dingden geheiratet wird, stehen draußen die Menschen zur Bewunderung des Ereignisses bereit. Wenn andernorts im Dorf längst hinter Rollos der Fernseher läuft, stieben dort noch kreischend die Vogelscharen und Fledermäuse a us d e n B a um k r o ne n i n d e n Mondhimmel auf und umkreisen die Kirchturmspitze. Dafür muss so mancher in den Urlaub fahren, um das wahrzunehmen. 67 Was ist „Shared Space“? Mit Überlegungen zu Shared Space möchte ich Ihnen einen Perspektivwechsel vorschlagen, der ganz wesentlich zur Erhöhung der Lebensqualität beitragen könnte. Dieser veränderte Blickwinkel betrifft die Auffassung des öffentlichen Raumes. In den letzten Jahrzehnten wurde dieser Raum zunehmend von Verkehrs p lanern b es timmt und d ie verschiedenen Funktio nen dieses Raumes, der uns alle angeht, wurden voneinander isoliert. Dadurch ents tand en Funkti o ns b erei che, d i e zunehmend nicht mehr kompatibel sind. So wurden zum Beispiel der Raum der Kommunikation (von dem bezeichnender Weise auch das Wort Kommune abgeleitet ist), also der soziale Interaktionsraum, und der Raum der Mobilität als ungleichgewichtig aufgefasst. Die Orte wurden zugunsten der in den siebziger Jahre gültigen Devise „Freie Fahrt für alle“ verkehrsg äng ig g emacht. Jedem Verkehrsteilnehmer wurde ein spezifischer Bereich zugewiesen, dessen Recht entsprechend durchgesetzt wurde nach dem Motto: „Hier habe ich Recht, auf diesem Fahrradweg darf sich kein Fußgänger tummeln, auf d i es em B ürg ers t ei g hab en d i e Fahrräder zu verschwinden, auf dieser Straße haben Fußgänger und Fahrradfahrer nichts zu suchen!“ 68 Die Durchsetzung dieser Rechte erfordert ein Regelsystem, dessen sichtbarer Ausdruck die zunehmenden Schilderwälder sind. Dieses Regelsystem demonstriert Machtverhältnisse im öffentlichen Raum, die das doch eigentlich gewünschte Miteinander eher in ein Gegeneinander verwandeln und unfallträchtige Missverständnisse produzieren. Raum zu übersetzen, wäre ausgesprochen missverständlich. Darum geht es gerade nicht! Denn Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass der öffentliche Raum wieder an die Bedürfnisse der Menschen angepasst werden soll und alle Teilhaber auf demokratische Weise gleichberechtigt sind, sich den Raum also teilen, aber nicht den Raum selbst aufteilen. Nun wurde im Frühjahr 2008 durch Rundfunk und Presse ein in den Niederlanden gestartetes Pionierprojekt deutlich, das die Europäische Unio n auf g eg rif f en hat und das mittlerweile in sieben europäischen Gemeinden gefördert wird (für dieses Projekt konnten die Kommunen sich bewerben): 1. in der norddeutschen Kleinstadt Bohmte, 2. in der dänischen Gemeinde Ejby, 3. in der niederländischen Gemeinde Emmen, 4. der niederländischen Gemeinde Haren, 5. der englischen Stadt Ipswich, 6. im belgischen Ostende und 7. in der niederländischen Provinz Friesland. Dort wurden bestimmte verkehrstechnisch problematische Bereiche für eine Umgestaltung und Umstrukturierung durch das Projekt ausgewählt. Das Projekt nennt sich Shared Space, übersetzt lautet das soviel wie: Gemeinschaftsraum, Raum für alle oder Bürgerraum. Es mit geteiltem Dazu ist zunächst einmal zu klären, was öffentlicher Raum eigentlich bedeutet: Unterschieden werden können für den öffentlichen Raum die beiden Kriterien Verbleib und Verkehr, die das Projekt Shared Space wieder miteinander in Gleichgewicht bringen will. Der Raum des Verbleibs erfordert ein anderes Verhalten als der Raum des Verkehrs. Während der Verbleib durch soziale Interaktion gekennzeichnet ist und verschiedene kulturelle Kriterien umf asst, wie Wo hnen, Arbeiten, Ökologie, Wasserwirtschaft, Tourismus, Kultur zum Beispiel, die alle den kulturellen Wert unserer Umgebung erhöhen (dazu gehört auch, dass sich die Menschen hier auf ihre natürliche Art bewegen: Flanieren, Bummeln, stehen bleiben, sitzen wollen usw.), benötigt der Verkehr, der sich zwischen einem sogenannten Verbleibnetz abspielt, eine Zielstrebigkeit, die von einem Verbleib auf den anderen zielt. Dieses Verhalten ist eher abstrakt, muss in höchstem Maße eindeutig geregelt sein und nimmt Menschen und deren Bewegungsraum in letzter Konsequenz nicht mehr wahr. Der Verkehr hat darüber hinaus keinen Zweck an sich. Das ist der Grund dafür, dass Menschen nicht mehr als 10 Prozent unterwegs sein möchten. Werden die Fahrzeiten länger, ist das für die meisten Menschen ein Grund umzuziehen (dieses verhaltenspsychologische Phänomen wird mit dem sogenannten Bewerschen Gesetz bezeichnet) indem man schnell vom Autozubringer zum Osten des Dorfes zu gelangen kann, ohne den Ortskern zu passieren. Überhaupt sind in Dingden Ansätze für Shared Space zu finden, so am Kirchplatz mit abgeflachten Bürgersteigen und Aufhebung der Asphaltierung. In alten Ortschaften ist das Shared Space ohnehin vorherrschend, weil deren zumeist räumlich beg renz ten Ortskerne g ar keine anderen Möglichkeiten lassen. Dingdens Verweilraum profitiert unter diesem Blickwinkel noch heute von der alten Struktur eines Haufendorfes, obwohl man in den sechziger Jahren diese urbane Struktur auflösen wollte. Zum Glück für die Bewohnbarkeit des Ortes hat man das wieder aufgegeben, denn das hätte die Zerstörung der dörflichen Struktur bedeutet. Die Weberstraße, die den Ort immer noch als stark befahrene, auch mit LKWs belastete „Landstraße“ durchteilt, ist in dieser Hinsicht für alle Bewohner ein unzumutbares Relikt der Verkehrspolitik vergangener Zeiten, dessen Titel, nämlich „Landstraße“ schon lange nicht mehr zutreffend ist. Das Verhalten in Verbleib und Verkehr ist also unterschiedlich. Während im Verbleibraum Bewegungsabläufe unberechenbar sind und sich auf die Wahrnehmung der Umgebung konzentrieren, ist der Verkehrsraum von einer schnellen Zielstrebigkeit gekennzeichnet und richtet sein Interesse eher abstrakt auf einen noch nicht erreichten Verbleibraum. Deshalb sollte der Verbleibraum möglichst eindeutig erkennbar sein, um nicht mit einem Verkehrsraum verwechselt zu werden. Schilder und Ampeln sollten aus ihm entfernt werden, weil sie signalisieren: „Hier ist ein Verkehrsraum“. Das Projekt Shared Space betreibt dieses Experiment. Es entfernt die Schilder. Es gilt allgemein: „Rechts hat Vorfahrt vor links.“ Blickkontakte und Handzeichen regeln den Umgang z wi s chen d en T ei l hab ern ei nes öffentlichen Raumes, woraus sich natürlich eine Zunahme von sozialem Miteinander entwickelt. Die Teilnehmer fangen an, miteinander zu kommu- nizieren, wie es in einer Kommune nur förderlich sein kann (man achte auf den Wortstamm beider Begriffe!). Und siehe da (das haben erste Erfahrungen mit dem Projekt gezeigt), die Unfallraten sinken. Größere Unsicherheit führt – so der Verkehrsplaner und Vater des Projekts, der Niederländer Hans Mondermann, – zu größerer Sicherheit. Vorsicht und Rücksicht, und vor allem Eigenverantwortung machen sich geltend. Die Gestaltung des ö f f entlichen R a ume s s o l l t e e nt s p r e c he nd e kommunikative Signale setzen, die zeigen, dass Menschen anwesend sind, dass die Räume also Verweilcharakter haben, wenn sie tatsächlich Verweilräume sind. Für diese Entscheidung ist die Hilfe der Politiker mit verantwortlich. Denn es ist unerlässlich diese Räume klar zu unterscheiden, und es ist notwendig das deren Nahtstellen bzw. Übergangszonen so klein wie möglich gehalten werden. Das heißt, ergänzt wird Shared Space durch ausdrücklich so geartete Verk ehrs räume, d i e ei n s chnel l es Fortbewegen erlauben, aber auch durch Subsysteme in den Verbleibnetzen, die speziell Fußgängern und Fahrradf ahrern vo rbehalten sind. Deren Gestaltung richtet sich nach den jeweiligen örtlichen und historisch g ewachsenen Geg ebenheiten. In Dingden gibt es dafür das Beispiel des Weges am Mumbecker Bach, während die Straße hinter der Genossenschaft eher in Richtung eines Verkehrsraumes zielt, Zusammenfassend kann also nochmals betont werden: Shared Space legt das Gewicht auf folgende Punkte: 1. Die Straße soll ihre Geschichte erzählen. Sie soll individuell gestaltet sein und damit Verkehrsschilder ersetzen. 2. Der Verweilraum soll ein Menschenraum der Kommunikation und Interaktion sein, der auf demokratischen Prinzipien beruht. 3. Die Bürger, und zwar hier Bürger als Menschen, müssen ihre Bedürfnisse bei Planungsprozessen einbringen können und dann auch Eigenverantwortung für ihren Verweilraum tragen (die dann aber auch eher geleistet wird). 4. Eine liebevolle Gestaltung des Verweilraumes verhindert dessen Missachtung und Verwechslung mit einem Verkehrsraum. 5. Das Prinzip lautet: Besser durcheinander und situativ als von außen scheinbar sicher geregelt. 69 Das ist auch mein DINGden ... Das Interesse der Dingdener macht Mut auf einem richtigen Weg zu sein und diesen weiterzugehen ... Eine Fotoausstellung zeigte wie Dingden gestern war und wie es heute ist. In der Architekturwerkstatt wurden Pläne für 70 morgen geschmiedet. Dorfentwicklung Dingden e.V. Weberstraße 21 46499 Hamminkeln-Dingden www.dorfentwicklungdingden.de Layout: korhammer-design.de www.dorfentwicklungdingden.de