in Dingden

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Dingden
Dingden in Nordrhein-Westfalen
2
Prolog Bezirksregierung Düsseldorf
Schon bei der Begrüßung durch die aktiven Damen
die teilnehmenden Fachleute der Architektur-
des Vereins „Dorfentwicklung Dingden e.V.“ zu
werkstatt. Diese Begeisterung und das hoch-
Beginn der Architekturwerkstatt sprang für mich der
gradige Interesse der Dingdener Bevölkerung
Funke über.
machten die drei Tage von Dingden zu einem
Erlebnis – menschlich und fachlich!
Als zuständiger Bearbeiter der Bezirksregierung
Ich freue mich außerordentlich, dass nun mit der
Düsseldorf für die Fördergelder aus dem EU-
digitalen Präsentation und der Möglichkeit, darüber
LEADER-Programm war ich von Beginn an über
einen Bildband zu erzeugen, ein zeitgemäßes
die erste Idee bis zum förmlichen Antrag für die
Medium entwickelt wurde, um dieses beispielhafte
Werkstatt gut informiert. Die Prüfung des Antrags
Projekt, seine Umsetzung und seine Ergebnisse
nach bürokratischen Kriterien warf auch keine
über die Grenzen Dingdens hinaus bekannt-
besonders schwierigen Fragen auf, war doch im
zumachen.
Sinne der LEADER-Kriterien gewährleistet, dass
Ich bin sicher, dass viele Menschen in der Region
d ies ein v o n d en B ürg ern g ewo lltes und
Lippe-Issel-Niederrhein – aber auch weit darüber
entwickeltes Projekt war („bottom-up“) und dass
hinaus – großes Interesse zeigen werden und sich
sich trotz der Konzentration auf das Ortsbild von
vielleicht auch anstecken lassen von der Be-
Ding den durch die Leuchtturmf unktio n des
geisterung in Dingden.
Projektes zudem die Chance bot, auch in die
Für mich ist klar: Das eingesetzte öffentliche Geld
gesamte Region Lippe-Issel-Niederrhein aus-
ist ausgesprochen gut investiertes Geld!
LEADER =
”Liaison entre actions de
développement de
l’économie rurale”
zustrahlen.
Diese wohlwollende distanzierte Begleitung ließ bei
mir d en Entschluss reif en, selb st an d er
Verbindung zwischen
Aktionen zur Entwicklung der
ländlichen Wirtschaft
Architektenwerkstatt in Dingden teilzunehmen und
Das Projekt wurde finanziert
aus dem Europäischen
Landwirtschaftfonds für die
Entwicklung des ländlichen
Raumes (ELER) im Rahmen des
LEADER-Schwerpunktes und
von der Stadt Hamminkeln.
vor Ort mitzuerleben, wie diese eher ungewöhnliche
dörfliche Aktivität wohl ablaufen würde. Der
Armin Huber
Enthusiasmus der Dingdener Akteure erfasste
Hauptdezernent für ländliche Entwicklung und Bodenordnung
schon nach einer nur kurzen Findungsphase auch
Bezirksregierung Düsseldorf
3
Prolog Bürgermeister
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
liebe Leserinnen und Leser,
„Zusammenkunft ist ein Anfang.
Zusammenhalt ist ein Fortschritt.
Zusammenarbeit ist der Erfolg.“
Henry Ford
beck und Hünxe gehören. Die überregionale und lokale
Vernetzung geben sich immer wieder wechselseitig
Nach diesem Motto hat der Verein „Dorfentwicklung
wertvolle Impulse.
Dingden e.V.“ einen Prozess in Gang gesetzt, der für alle
Teile der Stadt und darüber hinaus vorbildlich ist und
Auch Bürgerinnen und Bürger der Stadt Hamminkeln
vielleicht sogar wegweisend sein kann.
machen sich im Rahmen dieser vernetzten Ebenen darüber
Gedanken, wie sich die Lebensqualität im ländlichen Raum
Die Ursprünge dieses Gedankens liegen in den vielleicht
verbessern lässt. In Dingden wurde deshalb der Verein
nicht so bekannten ILEK- und LEADER-Konzepten, die im
„Dorfentwicklung Dingden e.V.“ gegründet.
Rahmen der ELER-Verordnung für finanzielle Förderungen
ländlicher Entwicklungskonzepte stehen, mit denen die
Dem Verein ist es gelungen, viele Dingdenerinnen und
Europäische Union und das Land Nordrhein-Westfalen
Dingdener darüber ins Gespräch zu bringen, wie sie ihr
einen Anstoß zu neuen Überlegungen im ländlichen Raum
Dorf schöner, ansprechender, interessanter, attraktiver
gegeben haben.
gestalten können und wollen.
Ziel ist es, die Kommunen und Bürgerinnen und Bürger zu
4
unterstützen, die sich für eine funktionierende und
Viele Aktionen haben sie seit ihrer Gründung 2007 auf den
nachhaltige Wirtschaft, einen attraktiven Wohnstandort, ein
Weg gebracht. Es gab Bilder aus dem „Phantastischen
intaktes Sozialgefüge, eine starke regionale Identität, ein
Dingden“ zu bestaunen; „Gassen, Gärten und geheime
f unktio nierendes Öko sy stem und eine attraktiv e
Winkel“ zu entdecken; Osterglocken wurden gepflanzt und
Landschaft einsetzen.
ein Frühschoppen organisiert. Geld wurde zusammen-
Mittlerweile hat sich unter dieser Prämisse die Region
getragen und mit offensiver Öffentlichkeitsarbeit deutlich
Lippe-Issel-Niederrhein zusammengefunden, zu der neben
gemacht, dass jede Mitbürgerin und jeder Mitbürger die
Hamminkeln die Städte Wesel, Rees, Raesfeld, Scherm-
Möglichkeit hat, den Entwicklungsprozess mitzugestalten.
Die rege Beteiligung des vom Verein professionell
von unschätzbarem Wert und ich hoffe, dass von
für seine herausragende Initiative und liebevolle
organisierten dreitägigen Architektur-Werkstatt im
den Ergebnissen auch die anderen Stadtteile
Gestaltung all seiner Projekte ganz herzlich danken
Oktober des Jahres 2008 ist ein vorläufig
profitieren können. Natürlich werden die Inhalte von
möchte.
besonders gelungenes Resultat. Diese Ver-
Ort zu Ort verschieden sein, aber die Prozesse
anstaltung fand mit hochqualifizierter Unterstützung
lassen sich auch in anderen Orten umsetzen. Die
Sie – liebe Leserinnen und Leser – möchte ich nun
der Universität Münster statt. Architektur-Professor
Resonanz ist regional wie überregional sehr groß.
ganz herzlich einladen:
Franz-Josef Höing, ein kompetentes Architekten-
Le Corbusier, einer der bedeutendsten und ein-
team und Architekturstudenten berieten die
flussreichsten Architekten des 20. Jahrhunderts, hat
„Wirken Sie an der Dorfentwicklung Dingdens mit!
Dingdener Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser
einmal gesagt:
Es lohnt sich!“
Veranstaltung fachlich versiert. Sie konfrontierten sie
nicht mit Ergebnissen, sondern forderten die
„Wir müssen danach streben, Natur, Gebäude und
Teilnehmer auf, ihre eigenen Vorstellungen und
Menschen in einer höheren Einheit zusammen zu
Erwartungen zu formulieren.
bringen.“
Eine außerordentlich engagierte Moderatorin, die
Landschaftsarchitektin Frau Lohaus, verstand es, in
Ich habe den Eindruck, dass die Dingdenerinnen
der kurzen Zeit die Gedanken und Anregungen,
und Dingdener auf diesem Weg erfolgversprechend
Holger Schlierf
Visionen und konstruktiven Vorschläge aller
unterwegs sind. Sie haben mit dem Verein
Bürgermeister der Stadt Hamminkeln
Beteiligten so zu bündeln, dass die Ergebnisse des
Dorfentwicklung Dingden e.V. eine Organisation, die
Workshops eine gute Grundlage für weitere
mit Kompetenz in der Sache, Hartnäckigkeit und
Aktivitäten bildeten. Nun müssen die Ergebnisse
Ausdauer in der Durchführung und Transparenz für
festgehalten, veröffentlicht, weiterverfolgt und die
alle Beteiligten die Entwicklung Dingdens voran-
Dorfgespräche fortgeführt werden.
treibt.
Für die Stadt ist dieses anspruchsvolle Engagement
Das ist die besondere Stärke des Vereins, dem ich
5
Prolog Dorfentwicklung Dingden e.V.
"Ein Buch kann man
zuschlagen und weglegen.
Musik kann man abschalten
und niemand ist gezwungen,
ein Bild aufzuhängen,
das ihm nicht gefällt.
An einem Haus aber
kann man nicht vorbeigehen,
ohne es zu sehen.
Architektur hat die größte
gesellschaftliche Wirkung.“
Bundespräsident,
Johannes Rau
Es gibt Bauwerke, die beeindrucken
uns. Wir spüren, dass Häuser eine
wohltuende Harmonie ausstrahlen
können. Architektur bewirkt unter
anderem, dass wir uns an manchen
Orten besonders wohl fühlen und an
anderen weniger. Der Ort, an dem wir
uns befinden, entscheidet mit über
unsere Stimmung, so wie es auch das
Wetter tut. Ist Dingden, wie zu Beginn
des Jahres 2009, in eine dicke weiße
Schneehülle getaucht, fahren die
Autos langsamer, Kinder sind mit
ihren Schlitten auf den Straßen – die
Welt erscheint hell und freundlich. Und
wir Menschen lächeln uns an, wenn wir
uns auf der Straße begegnen.
Herr Rau hat Recht, wenn er sagt:
„Architektur hat die größte gesellschaftliche Wirkung.“ Häuser prägen
nicht nur Städte und Dörfer, sie
prägen auch unser Lebensgefühl, uns
selbst.
„Architektur ist die Kunstform, von der
wir am meisten umg eben sind.
Gleichzeitig aber auch die Kunstform,
von der wir Menschen am wenigsten
wissen. In der Schule erfährt man
etwas über Literatur, Malerei, Musik;
aber nichts über Architektur. Dabei
wäre sie am wichtigsten, denn sie
wirkt sich auf jeden aus."
Alain de Botton, Philosoph
D i es e E rkennt ni s s e hab en uns
motiviert, lange und ausdauernd nach
pro fessio neller Unterstützung zu
suchen.
Wir freuen uns, dass wir bei dem
Förderverein Bundesstiftung Baukultur
in Berlin und bei Prof. Franz-Josef
Höing, msa – münster school of
architecture, auf Verständnis und auf
Interesse für unser Dorf gestoßen
sind. Mit deren Engagement ist die
Dingdener Architektur–Werkstatt unter
der Leitung von Irene Lohaus, Landschaftsarchitektin, in und für Dingden
im Oktober 2008 möglich geworden.
Die harmonische und konstruktive
Zusammenarbeit war wunderbar. Für
das überaus große Engagement und
f ür die Erg ebnisse, die unsere
Erwartungen weit übertroffen haben,
bedanken wir uns bei allen Beteiligten.
Agnes Küpper
Vorstand Dorfentwicklung Dingden e.V.
Die Architekturwerkstatt Index
Aufgabenstellung
Ablauf
Teilnehmer
8-13
14-16
17
Raumstruktur und
bauliche Entwicklung
18-29
Ideen zur Gestaltung
öffentlicher Räume
30-35
Öffentliche Straßen und
Plätze im Ortskern
36-47
Öffentliche Grünflächen
und Vernetzung
48-49
Grenzen des öffentlichen
und privaten Raumes
50-53
Beleuchtung
im Ortskern
54-55
Die Wirkung
der Gebäude
56-65
Stimme einer
Kunsthistorikerin
66-69
Das ist auch
mein DINGden
70
Die Architekturwerkstatt – Aufgabenstellung
Prof. Franz-Josef Höing
msa – münster school of architecture
Die Ausgangslage
Die Gemeinde Dingden liegt an der Nahtstelle zwischen
Niederrhein und Münsterland und entspricht noch in vielen
Teilen dem Bild einer intakten ländlichen Ortschaft, die sich
ihre städtebaulichen und freiräumlichen Qualitäten erhalten
hat – trotz aller kleinen und größeren meist schleichenden
Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte.
Die Kirche steht noch in der Mitte des Dorfes, der Kirchplatz
ist von schönen alten Linden gesäumt, die Maßstäblichkeit
des Ortes wurde gewahrt und die öffentlichen Räume im
Kern wurden durchaus sorgsam gestaltet. Historisch
wertvolle Gebäude stehen unter Denkmalschutz und
v ermitteln, welche Pro p o rtio nen, T y p o lo g ien und
Materialitäten den Ort über eine lange Zeit hinweg geprägt
haben und das heute noch tun.
Selbstverständlich wohnt man noch im Kern der Gemeinde
und große Gärten bilden ein plausibles Pendant zu den
engen und eher steinernen Räumen des Ortes. Der
Kirchplatz
8
Übergang zur freien Landschaft ist noch klar lesbar und der
Ort durchaus vital.
Und dennoch ist das Bild an vielen Stellen
jeweils harmlos und scheinbar unbedeutend sein
sicherlich eine Feinjustierung im Umgang mit den
eingetrübt und müsste deshalb dringend nach-
können, in der Summe das Ortsbild aber deutlich
Verkehren innerhalb der kleinteiligen Mitte von
geschärft werden. Für den Umgang mit dem
verbessern werden. Und es braucht natürlich einen
Dingden.
Gebäudebestand braucht es eine architektonische
längeren Atem bei der Umsetzung. Vieles wird
Richtschnur, für neue Häuser muss der architek-
nämlich etwas Zeit brauchen und ist vor allem vom
Regeln für den Verkehr
to nische Ko rrido r neu abg esteckt und das
Mittun der Haus- und Grundeigentümer abhängig.
Ein wirkliches Verkehrsproblem ist in Dingden heute
nicht auszumachen. Vielmehr ist es auch hier eine
historische Vokabular auf seine Plausibilität und
Tragfähigkeit hin kritisch überprüft und gegebenen-
Plan für den Rahmen
Vielzahl von kleinen Problemen, die aber in Summe
falls neu interpretiert werden.
Natürlich braucht es darüber einen Konsens und
in einem nicht unerheblichen Maß das Bild des Kerns
Für Dingden braucht es gleichwohl nicht den alles
einen Plan, in den sich die einzelnen Maßnahmen
bestimmen. Große Stellplatzanlagen dominieren
regelnden großen Plan. Und es braucht ganz sicher
einordnen und sich jeweils erklären lassen. Es
wichtige Stadträume oder wirken in den öffentlichen
nicht die ganz großen Veränderungen und die
braucht eine Fortschreibung des historischen
Raum hinein. Hierfür gilt es, angemessene Lösungen
großen neuen Projekte. Das schließt gleichwohl nicht
Stadtgrundrisses, es braucht plausible Aussagen
zu finden. Die Eingänge in den Kern müssen
aus, dass es an prominenten Stellen im Koordi-
zur Bebaubarkeit noch freier Areale im Kern, es
deutlicher herausg earbeitet werden und die
natensystem des Ortes auch neue Akzente und
braucht einen Ansatz, wie man das spannungsvolle
verkehrliche Rolle der innerörtlichen Straßen mit ihrer
Anziehungen braucht. Natürlich sollen und müssen
Zusammenspiel von Bebauung und Freiraum auch
stadträumlichen Bedeutung noch besser zur
sich diese in die Logik des Ortskerns einfügen.
weiterhin kultiv ieren will. Die an den Kern
Deckung gebracht werden.
Darüber hinaus gilt es, ein Bündel von einzelnen
angrenzenden Quartiere müssen noch besser mit
Maßnahmen zu entwickeln, die mitunter für sich
dem Kern verknüpft werden und dazu braucht es
9
Nordbrocker Straße
10
Regel für den Umgang mit dem Bestand
unkoordinierte Vielgestaltigkeit ersetzt. Stadt- und
bedienen, Maßstäbe und Proportionen verletzen
Viele Häuser in Dingden sind in die sprichwörtlichen
freiräumliche Zusammenhänge lösen sich schnell auf
und kaum einen Beitrag zur Stadtbaukultur leisten.
Jahre gekommen. Das trifft in besonderem Maße für
und werden durch ein sprachloses Nebeneinander
Regionales Bauen wird mit Regionalismus ver-
die Gebäude der Nachkriegszeit zu. Die Häuser sind
ersetzt. Der Workshop soll exemplarisch für
wechselt. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit
Kinder ihrer jeweiligen architektonischen Zeit und
wichtige Häuser erste architektonische Vorschläge
dem historischen Vokabular ist bislang leider die
haben mittlerweile hier und dort an Plausibilität
und Regeln für den Umbau entwickeln. Diese lassen
Ausnahme ausgeblieben. Der Workshop soll auch
ei ng eb üßt . Si e b ed ürf en ei ner s ens i b el n
sich auch übertrag en auf den übrig en Ge-
eine Suche nach zeitgemäßen Regeln für das Bauen
architekto nischen und sicherlich auch bau-
bäudebestand. Natürlich gibt es auch einige
in dieser Region sein. Es soll überlegt werden,
technischen Weiterentwicklung – im Innern wie im
sperrige Nutzungen und Volumen, die es besser
welche Vorgaben für neue Häuser und Hüllen gelten
äußeren Erscheinung sb ild . Daz u sind v iele
zu integrieren gilt. Hierfür müssen Lösungs-
sollen und welcher Material- und Formenkanon trotz
Bauherren bereit und erwarten zu Recht dafür von
möglichkeiten erarbeitet werden.
aller Schnelllebigkeit und sich ändernder Rahmen-
der Stadt eine fachliche Flankierung. Das ist sehr zu
bedingungen noch Gültigkeit und Verbindlichkeit
begrüßen – kennt man doch nur allzu gut den
Regeln für Neues
ansonsten üblichen Weg: Jeder plant und baut für
Schleichend sind in den letzten Jahren neue Häuser
sich innerhalb der oft losen Regeln und das
in das historische Passepartout des Ortes gebaut
Ergebnis ist meist unbefriedigend. Der ursprüngliche
worden, die sich in sehr vordergründiger Art und
Kontext wird meist verlassen und durch eine
Weise des historischen Vokabulars des Bauens
beanspruchen kann.
11
Konturen für die öffentlichen Räume
Die öffentlichen Räume sind in vielen Bereichen bereits heute
in einem nahezu tadellosen Zustand und schon vor
geraumer Zeit mit viel Sorgfalt aufgewertet worden. Die
Materialien sind zeitlos gewählt, die Profile der Straßen und
Wege sind gut proportioniert und lassen auch dem
Fußgänger, den Bewohnern und Besuchern genügend
Raum. Dieses Netz gilt es noch auszuweiten, weitere
Straßen in die Gestaltlogik einzubeziehen.
Wichtige offene Flächen wie etwa die rund um die Kirche
haben die Begabung zu wirklichen Plätzen und Stadträumen
zu werden.
Die Zielsetzung
Ziel des kompakten Verfahrens ist es, zeitnah einen stadtund freiräumlichen Rahmen für die Weiterentwicklung des
Dingdener Ortskerns zu entwickeln.
Die Planung soll anschaulich werden und das im wirklichen
Sinne des Wortes. Allzu oft werden Planungen zu abstrakt
diskutiert. Sie bleiben unanschaulich und können von den
Bürgern häufig nicht nachvollzogen werden. Konkret heißt
das, dass sich die Vorschläge nicht auf die üblichen
Marienvreder Straße
12
Maßstäbe und Darstellungen beschränken, sondern
beispielhaft in die konkrete Objektplanung vordringen sollen.
Das Verfahren
Planungsverwaltung und weitere Planungs- oder
Werkberichte, Kulinarisches und Musikalisches
Die Themen, um die man sich in Dingden zu
Ortsexperten als BeraterInnen teil.
bieten abends die Möglichkeit zum öffentlichen
kümmern hat, liegen auf der sprichwörtlichen Straße
Ziel ist es, vor Ort konzeptionelle Ansätze für die
Gespräch, geben Anregung und sollen Lust machen,
und die Probleme sind eigentlich überschaubar. Das
schrittweise Weiterentwicklung der Dingdener Mitte
sich am Umgestaltungsprozess zu beteiligen.
notwendige Maßnahmenbündel kann in einem
zu entwickeln und diese mit der Bevölkerung, mit
Die Ergebnisse des Verfahrens werden dann
kompakten Zeitraum entwickelt und anschaulich
den ortsansässigen Gewerbetreibenden und den
Grundlage für eine politische Debatte in Hamminkeln
gemacht werden. Die Initiatoren gehen deshalb
Grundstücks- und Hauseigentümern zu diskutieren.
und Richtschnur für die planende Verwaltung sein.
davon aus, dass es Sinn macht, vom üblichen
Studierende der msa I münster scho o l o f
Darüber hinaus sollen die Ergebnisse über den Ort
Prozedere abzuweichen – zugunsten einer schnellen,
architecture begleiten den Workshop, bauen
hinaus Anregung geben und fundierter Beitrag zu
intensiven und öffentlichkeitswirksamen Erarbeitung
Modelle und setzen die Ideen ins Bild. Ziel der
einer ernsthaften Debatte um regionales Bauen. Wie
eines Gestaltleitrahmens für den Dingdener Ortskern.
Veranstaltung ist es, den Korridor für mögliche
das eingebettet sein kann in die realen Bedingungen
Daher wird die Arbeitsform eines dreitägigen
Veränderungen auszuloten, konkrete Maßnahmen zu
der Region, wie es Spiegel sein kann einer
Workshops gewählt. An dem nehmen sechs
benennen, sie im wahrsten Sinne des Wortes auf
konkreten Lebensumwelt und wie es offen sein und
ausg ewiesene Architekten, Stad tp laner und
ihre Regelhaftigkeit für das Ganze zu befragen, ins
auf die Zeit reagieren kann.
Landschaftsarchitekten und Vertreter der örtlichen
Bild zu setzen und damit anschaulich zu machen.
13
Ablauf
Veranstalter
Verein Dorfentwicklung Dingden e.V.
c/o Agnes Küpper
Hamminkeln – Dingden
Veranstaltungsort
„Altes Amt“ Hamminkeln – Dingden
Unterstützung bei der Betreuung des Verfahrens
Irene Lohaus Peter Carl
Landschaftsarchitektur, Hannover
1. Tag Donnerstag, 23.10.2008
Gemeinsame Ortsbesichtigung
und Vorstellung der Aufgabe
Arbeitsphase 1
Gesamtbetrachtung Ortskern – Analyse
Raumstruktur
Baustruktur
Öffentliche Räume
Verkehr
Nutzungen
Gesamtbetrachtung Ortskern – Gesamtkonzept
Entwicklungsziele ableiten, Handlungsbedarf aufzeigen,
Arbeitsschwerpunkte definieren
Interne Diskussion erster Ergebnisse
Arbeitsschwerpunkte für die Arbeitsgruppen definieren
Drei Themenschwerpunkte für drei Arbeitsgruppen
Kirchplatz
14
Erstes Dorfgespräch: Die teilnehmenden Architekten,
Stadtplaner, Landschaftsarchitekten präsentieren sich mit
vergleichbaren Aufgaben aus ihrem Arbeitsspektrum und
ersten Eindrücken von Dingden
2. Tag Freitag, 24.10.2008
Offen für Besucher
Arbeitsphase 2
Gemeinsame Ausarbeitung
mit öffentlichem Publikum
Interne Diskussion der Zwischenergebnisse –
Rückkopplung zum Gesamtkonzept
15
3.Tag Samstag, 25.10.2008
Arbeitsphase 3
Gemeinsames Gespräch zur Abstimmung der
Präsentation
Zweites Dorfgespräch als öffentliche Abschlusspräsentation und Diskussion der Ergebnisse der
Architekturwerkstatt
16
Die Teilnehmer
Architekten
Gäste und fachliche Beratung
der Architektur-Werkstatt
Peter Bastian, Jens Matzken
Peter Bastian Architekten BDA, Münster
Holger Schlierf
Bürgermeister der Stadt Hamminkeln
Johannes Bielefeld
Architekturbüro Bielefeld, Dingden
Manfred Boshuven
Amt für Bauverwaltung Planung und Umwelt der Stadt
Hamminkeln
Heiner Farwick
farwick + grote Architekten BDA/ Stadtplaner, Ahaus
Irene Lohaus, Lina Kunze
IreneLohausPeterCarl Landschaftsarchitektur, Hannover
Josef Sauerbier, Steffan Stegemann
Josef Sauerbier Architekturbüro, Dingden
Manuel Thesing
Thesing & Thesing Architekten BDA, Heiden
Martina Bauhaus
Amt für Bauverwaltung Planung und Umwelt der Stadt
Hamminkeln
Armin Huber
Bezirksregierung Düsseldorf
Mechthild Evelt-Neite
Bezirksregierung Düsseldorf
Manuela Vergoossen
Technische Universität Dresden – Kulturinstitution
Studenten der
msa – münster school of architecture
Anka Geißdörfer
Carla Gertz
Julia Hayduk
Björn Helm
Steffen Kronberg
Rosario Ligori
Ariane Müller
Christian Thomann
Nilüfer Yurdalan
Hermann Ostendarp
Vertreter des Heimatvereins Dingden e.V.
Verein Dorfentwicklung Dingden e.V.
Agnes Küpper
Christa Scheper
Irene Hannich
Thomas Michaelis
Ursula Maibom
Monika Scheper
Maria Vierhaus
und viele Dingdenerinnen und Dingdener
17
Raumstruktur und bauliche Entwicklung
Manuel Thesing
Thesing & Thesing Architekten BDA
Heiden
18
Tatsächlich sind es ja immer Räume, um die es geht,
ob in der Stadt, die von Straßen, Plätzen, Parks, Gewässern gegliedert, rhythmisiert und letztlich geprägt
wird, wo Gebäude alle diese öffentlichen Räume
fassen – oder ob in der Architektur, die zum allergrößten Teil wiederum Innenarchitektur, also gestalteten Raum darstellt.
Grundlage aller Betrachtungen ist die Erfassung und
Bewertung alter Bausubstanz, die Analyse von
Städtebau, Konstruktion, Materialien, Art der Fügungen und Funktionalität.
Hieraus können sinnvolle Reparaturansätze entwickelt
werden, welche die Identität alter Orte und Gebäude
erhalten, jedoch Möglichkeiten der Interpretation und
neuer Qualitäten eröffnen.
In diesem Zusammenhang geht es um:
Bewahren
Erneuern
Rekonstruieren
Entfernen
Hinzufügen
Weiterbauen
19
Bauen im Bestand umfasst die Belange des städtischen Raumes bis hin zum
Innenraum des Gebäudes. Dabei wird besonderer Wert gelegt auf Materialität,
Struktur, Oberfläche, Licht und Atmosphäre. Der Bestand bietet hierbei sowohl
Orientierung als auch Verpflichtung zum sorgfältigen Umgang mit der Substanz
speziell in Bezug auf die zu fällenden entwurflichen Entscheidungen.
Dabei sprechen wir über folgende Techniken der Ergänzung:
- Kontrast zwischen Alt und Neu
- Dialog zwischen Alt und Neu
- Verschmelzen von Alt und Neu
- Umnutzung
- Reparatur
20
Bauen im Bestand heißt beispielsweise äußerst
sorgfältig die Übergänge zwischen verschiedenen
Gebäuden, Bauteilen oder Materialien zu gestalten.
Gleichwohl bedeutet die Kombination zwischen
histo rischem Bestand und zeitg enö ssischer
Ergänzung einen Balanceakt. Wie weit wird durch
einen Umbau in die vorhandene Substanz des
Denkmals eingegriffen?
Für den Umgang mit dem historischen Baubestand
ist es notwendig, aus einer sorgfältigen und
gründlichen Bestandsanalyse und Bewertung heraus
ein architektonisches Konzept zu entwickeln, das
sich aus den Gegebenheiten des Bestands
entwickelt. Dabei sollte genau abgewogen werden,
welche Nutzung zu welchem Denkmal passt, den
nur so lässt sich der Umfang der notwendigen
Eingriffe minimieren.
Wünschenswert ist die Verbindung von qualitätvoller
archi tekto ni s cher Aus ei nand ers etz ung und
größtmöglicher Substanzschonung. Denkmale
baulich zu ergänzen oder zu erweitern bedeutet
gleichermaßen eine Herausforderung und eine
Gratwanderung. Gleichwohl sind Umnutzungen
häufig der einzige Weg, ein Denkmal auf Dauer zu
erhalten.
Die Architektur der Umnutzung kann jedoch nur
dauerhaften Bestand haben, wenn sie ebenso
funktional interpretierbar und großzügig bleibt und
ebenso Spielräume behält wie der Altbau selbst.
Andernfalls läuft ihr Haltbarkeitsdatum mit der
nächsten Nutzungsänderung ab.
B ewahren der Vielschichtig keit histo rischer
Gebäude, belassen seiner Geschichtsspuren und
ergänzen der Denkmalsubstanz um qualitätvolle
architektonische Anbauten sind Ziel unseres
Ansatzes.
Der Ortskern Dingdens bietet eine homogene,
ruhige Quartiersstruktur. Diese sinnvoll zu ergänzen
und zu stärken war Intention der Untersuchung zu
Raumstrukturen und baulichen Entwicklungen.
Anhand einiger Beispiele soll dies verdeutlicht
werden.
21
Bereich Kirche
Im Bereich der Kirche St. Pankratius gilt es, das alte
Gotteshaus freizustellen und so in seiner kulturellen
und auch optischen Bedeutung zu stärken.
Durch die bauliche Ergänzung Ecke Thingsstraße
sowie auf der Südseite der Kirche würde es gelingen,
dem Kirchplatz seine klar gefasste zentrale Form
wiederzugeben.
Mittels einer B aumb ep flanz ung entlang d er
Thingsstraße würden eine Raumkante entstehen, die
jedoch trotzdem ihre Durchlässigkeit behält.
22
Bereich St. Josef Haus
Im Bereich des St. Josef Hauses ist ein
Baukörper entlang der Marienvreder Straße
denkbar, um den dortigen überdimensionierten
Platz zu fassen und in seiner Maßstäblichkeit an
die vorhandenen Strukturen anzupassen.
23
Bereich Kirmesplatz
Im Bereich des Kirmesplatzes schließlich wird eine
Gerüststruktur vorgeschlagen, welche zum Einen
begrünt werden kann und zum Anderen die
Voraussetzung für äußerst flexible Nutzungsmöglichkeiten des Platzes schafft.
Hierbei sind keine massiven Eingriffe in vorhandene
Strukturen notwendig. Unterschiedlichste Varianten
v o n Z el tüb erd achung en d er Fl äche wurd en
durchgespielt.
Wegeführung
24
Besucherströme
Lärmbelästigung
Variante Winter-Schlittschuhfläche
Variante Sommer-Fest- und Tanzfläche
25
Bereich Kirmesplatz
26
Während verschiedener Gespräche mit den Bürgern
von Dingden stellte sich heraus, dass die zentrale
Lage des Kirmesplatzes nicht ausschließlich als
positiv beurteilt wird. Vor allem die direkten
Anwo hner müs s en b ei d en v ers chied enen
Festivitäten mit Lärmbelästigungen umgehen. Um
den Wünschen einiger Bewohner gerecht zu
werden, sind im Konzept zur Gestaltung der
öffentlichen Räume alternative Flächen für einen
Kirmesplatz festgelegt worden, die als Diskussionsgrundlage zu verstehen sind. Eine
Verlagerung des Platzes sollte gut überlegt
werden, da dieses einen wichtigen Teil des
öffentlichen Lebens aus dem Ortskern von Dingden
entfernen würde.
27
Bereich Kreisverkehr
Im Bereich des Kreisverkehrs ist eine starke Ergänzung der Gebäudeformationen
gewünscht. Ecke Bocholter Straße – Am Spiegelkamp kann durch eine mehrgeschossige Bebauung einen Akzent setzen und die Wegekreuzung betonen. Im
Verlauf der Bocholter Straße, Am Spiegelkamp und der Weberstraße ist eine
Ergänzung der Straßenfluchten notwendig um einer Zergliederung dieser Bereiche
entgegenzuwirken.
Modell im Ist-Zustand
28
Modell-Planung
Architektur bauen ist nicht genug,
es sind Orte der Erinnerung,
sie zu heilen und weiterzudenken
soll das Ziel sein.
Dieses muss wie ein roter Faden die Baupraxis durchziehen,
erst dann schafft man eine Vernetzung.
29
Ideen zur Gestaltung öffentlicher Räume
Irene Lohaus
IreneLohausPeterCarl
Landschaftsarchitektur, Hannover
30
Das Dorf Dingden hat einen schönen lebendigen
Ortskern mit der Kirche, Läden und Gastronomie
mitten im Ort. Er hat sowohl für die Dingender als
auch für Besucher eine hohe Anziehungskraft. Mitten
im Ortskern wird gleichzeitig gewohnt, gearbeitet
und gelebt.
Handel/Dienstleistungen
Gewerbe/Handel
Wohngebäude mit
Gewerbe + Industrie/Handel+Dienstleistungen
Schule, Kirche, Kindergarten
Wohnhaus
Landwirtschaftliches Gebäude,
Gewächshaus etc.
31
Zur Lebendigkeit des Ortskerns tragen auch seine städtebauliche Struktur und
die freiräumlichen Qualitäten bei: Die Kompaktheit des Kerns, seine klare
Struktur mit auf die Kirche ausgerichteten historischen Straßenzügen, eine in
weiten Teilen einheitliche und nachvollziehbare Gestaltlogik innerhalb des
Ortskerns sowie eine gute Erreichbarkeit des Kerns auch für Fußgänger und
Radfahrer.
Die Kirche mit ihrem von Linden gesäumten Kirchplatz ist der zentrale Ort
Dingdens, der schon von weitem wahrnehmbar ist.
Neben dem Kirchplatz spannen sich, z wischen dem histo rischen
Gebäudebestand und den neueren Gebäuden, abwechslungsreiche öffentliche
Räume auf. Diese Räume zeigen die historischen Proportionen durch den
Kontrast von steinernen Gebäudekanten und offenen Plätzen.Es sind Räume,
in denen sich das öffentliche Leben Dingdens abspielt, in denen man sich trifft,
sich unterhält, sich austauscht, seine täglichen Besorgungen macht und
tatsächlich spürt, dass man sich in der Mitte des Ortes befindet.
Kirchplatz
32
Hohe Straße
Im direkten Umfeld des Kirchplatzes sind diese Räume, vor
allem die vor geraumer Zeit aufgewerteten Straßenräume, durch
eine zeitlose Materialwahl geprägt. Eine gute Proportionierung
der Straßen- und Wegeprofile ermöglicht hier ein nahezu
gleichberechtigtes Nebeneinander aller Verkehrsteilnehmer. Der
Verkehr verringert und verlangsamt sich in diesem Teil des
Ortskerns und gibt auch den Fuß- und Radfahren, den
Bewohnern und den Besuchern, die Möglichkeit den Raum zu
nutzen, wahrzunehmen und zu beanspruchen.
33
Zusätzlich zu den Straßenräumen
zieht sich ein feines Netz von Pfaden
und Wegen durch den Ortskern.
Dieses Netz verbindet auf kurzen
Strecken wichtige Räume innerhalb
der Ortsmitte und es ermöglicht
Verknüpfungen zu den Wohngebieten, die im Laufe der Zeit an den
Rändern von Dingden entstanden
sind.
Auch im Ortskern von Dingden sind
den meisten Häusern private Gärten
zugeordnet. Die meisten Privatgärten im Ortskern sind gut gepflegt
und unterstreichen das Bild einer
Kippelpatt
34
Gräfte
intakten ländlichen Ortschaft. Im Kern
sind einige wenige öffentliche Grünund Freiflächen unterschiedlicher
Qualitäten und Funktionen.
Beispielsweise lieg t am PaterTerörde-Weg ein öffentlicher Sportund Spielplatz. Der leider selten für
d i e Öf f entl i chkei t z ug äng l i che
Pastoratsgarten prägt mit seiner
Gräfte den Weg dorthin und der
Kirmesplatz ist nur wenige Gehminuten vom Kirchplatz entfernt.
Diese genannten städtebaulichen
und freiräumlichen Qualitäten prägen
den Ortskern von Dingden. Dennoch
s i nd b ei d er Ges t al t ung d er
öffentlichen Räume im Ortskern auch
Defiz ite f estz ustellen. So sind
beispielsweise ledig lich wenig e
Straßenzüge in den zurückliegenden
Jahren saniert und umg estaltet
worden, andere auch zum historischen Kern zählende Straßenräume
zeigen noch heute das typische Bild
einer von KFZ-Verkehr dominierten
Gestaltung aus breiten, asphaltierten
Fahrbahnen und schmalen Gehwegen. Die Eingänge in den Ortskern
Nordbrocker Straße/Weberstraße
und die ursprünglich so typische
Ausrichtung der Straßenräume auf
den Kirchturm sind mit dem Bau der
Bocholter Straße verwischt worden. Der Kirchplatz mit seinem Lindensaum ist zwar ein markanter Ort,
do ch parkende Auto s an allen
Rändern und eine unklare Kontur und
Gestaltung an der Thingstraße und
R i chtung B ahnho f l as s en d as
Potenzial ungenutzt.
Öffentliche Aufenthaltsmöglichkeiten,
z.B. zum Warten vor der Kirchtür,
sind nicht vorhanden und auch im
gesamten Ortskern rar.
Ziel des Konzeptes zur Gestaltung
und zum Umgang mit den öffentlichen Räumen ist daher, Ideen
aufzuzeigen, die die Qualitäten und
Potenziale des Ortskerns herausarbeiten und stärken, um ihn auch in
Zukunft in seiner Lebendigkeit,
Wohnlichkeit, in seiner Attraktivität
und Aufenthaltsqualität für Bewohner
und Besucher zu erhalten und
weiterentwickeln.
eine Umsetzung der Konzeptbestandteile an ausgewählten Stellen
präsentieren.
Im Folgenden werden die einzelnen
Bestandteile des Konzeptes beschrieb en und d urch ko nkrete
Maßnahmen erläutert, die anschaulich
Konzeptplan
35
Öffentliche Straßen und Plätze im Ortskern
36
Ziel des Konzeptes ist es, den
Kirchplatz und die vier auf ihn zuführenden Straßen – Weberstraße,
Nordbrocker Straße, Hohe Straße,
Marienvreder Straße – im historischen Kern von Dingden, der
gleichzeitig der Einkaufsschwerpunkt ist, in einer einheitlichen
Gestaltungssprache zu gestalten,
die an die Gestaltung aus den
neunziger Jahren angeknüpft. Mit
leichten, sorgsam ausgewählten
Veränderungen kann diese an die
aktuellen Wünsche z.B. nach einer
besseren Benutzbarkeit für ältere,
gehbehinderte Menschen angepasst
werden.
Insgesamt sind die Aufenthaltsqualität, Angebote dazu und das
Miteinander zwischen PKW-Verkehr
und Fußgängern- und Radfahrern zu
verbessern.
37
38
Die Gestaltung des Kirchplatzes unterscheidet sich
gegenwärtig durch den roten Pflasterbelag vom
übrigen Ortskern. Um den Platz besser in die
Gesamtgestaltung des Ortskerns einzufügen, sollte
er bei einer Neugestaltung seiner Bedeutung im Ort
entsprechend mit einer hochwertigen Pflasterung
versehen werden. Diese sollte, in Anlehnung an das
vorhandene Pflaster vor dem Heimathaus in der
Hohen Straße, ein kleinteiliges Natursteinpflaster sein
und durch eine ebenflächige Oberflächenbehandlung barrierefrei für Fußgänger, Radfahrer oder
Rollstuhlfahrer begeh- und befahrbar sein.
Die Traufseite der Kirche könnte mit einem breiten
Band aus großformatigeren Natursteinplatten markiert werden. Dieser „Sockel“ hebt die Kirche vom
übrigen Platz ab und betont ihre besondere Position
im Ort.
Unmittelbar vor dem Haupteingang in der Straße
Am Kirchplatz und an der Thingstraße in Verlängerung der Straße Am Bahnhof, die wieder auf
den Kirchturm ausgerichtet werden sollte, wird der
Verzicht auf Stellplätze empfohlen, um die einladende Geste zum Betreten und Benutzen des
Kirchplatzes zu stärken. Der Verkehr sollte vor allem
im direkten Umfeld der Kirche auf Anliegerverkehr
bzw. gezielten Besucherverkehr – Kurzzeitparken –
beschränkt werden. Somit wird die heute schon sehr
ausgeprägte Nutzung des Fahrrads als wesentliches
Verkehrsmittel zum Besuch des Ortskerns weiter
gestärkt.
Die den Kirchplatz säumenden, alten Linden sind
heute in einem schlechten Zustand und müssen
saniert oder gegebenenfalls entfernt werden. Für
den Fall, dass die Bäume so schadhaft sind, dass
sie nicht erhalten werden können, sind in jedem Fall
erneut Linden zu pflanzen, da die kreisförmige
Anordnung der Bäume seit je her die Kirche und
ihren Vorplatz im Zentrum des Ortes prägt und
darüber hinaus die Linden im Wappen von Dingden
vorkommen. Das Wappen nimmt Bezug auf die
germanische Thingstätte, der Dingden seinen
Namen verdankt und die vermutlich in Kirchplatznähe lag.
Historischer Kirchplatz
Plan Kirchplatz
Vorschlag für Pflasterung
Da es an Sitz- und Verweilmöglichkeiten auf dem Kirchplatz fehlt, könnten um einige der Linden Rundbänke
installiert werden. Diese bieten den Bewohnern und
Besuchern nicht nur an Sonntagen und Kirchenfeiertagen, sondern auch an den übrigen Tagen des Jahres,
eine Möglichkeit sich zu treffen, beisammen zu sitzen
und sich auszutauschen.
Neben diesen Rundbänken wird ein Wasserbecken mit
breitem Sitzrand und ruhigem Wasserspiegel vorgesehen, dieses kann ebenso den Wartenden als
Treffpunkt dienen.
Ausgangssituation
Idee
39
Südlich der Kirche grenzt an den Kirchplatz die
Bücherei mit einem kleinen Vorgarten an.
Hier ist es vorstellbar, im Vorgarten ein öffentliches
B ücherreg al mi t ei nem o f f enen Les ep l atz
einzurichten.
Das Bücherregal funktioniert nach dem Prinzip,
dass Bücher kostenlos von jedermann entliehen,
durch eigene ersetzt und wieder zurück gebracht
werden können. Der Vorgarten der Bibliothek kann
in diesem Zusammenhang neu gestaltet werden und
durch die Einfriedung mit Hecken einen geschützten
Lesebereich bieten.
Kirchplatz
40
Kirchplatz und Parkplatz
Plan Kirchplatz und Parkplatz
Nordwestlich des Kirchplatzes, an der
Ecke Thingstraße und Stockkamp,
liegt ein größerer Parkplatz, dessen
funktionaler Charakter durch Elemente
wie Glas- und Abfallcontainer unterstrichen wird. Sein heutiges Erscheinungsbild beeinträchtigt den übrigen
Ortskern. Auf die hier angebotenen
Stellplätze kann aber zunächst nicht
v erz i chtet werd en, s o d as s d i e
stadträumliche sinnvolle bauliche
Ergänzung der Platzkontur (siehe
Kapitel Raumstruktur und bauliche
Entwicklung) vermutlich erst mittel- bis
langfristig realisiert werden kann.
Daher wird er gestalterisch überarbeitet und neu strukturiert. Durch die
Begradigung der Straßen Stockkamp
und Thingstraße kann einerseits der
Parkplatz klarer strukturiert, der Kirchplatz vergrößert und vor allen Dingen
der Blick von der Ortsmitte und dem
Bahnhof auf die Kirche freigegeben
werden.
Gleichzeitig erhält das gegenüberliegende historische Haus, in dem ein
Café entstehen soll, einen eigenen
größeren Vorplatz.
Die Stellplätze werden parallel zur
Straße Stockkamp angeordnet und
mit begradigter Straßenführung
und Heckenpflanzung
durch eine rasterförmige Baumpflanzung gegliedert. Die Glas- und
Abfallcontainer werden entfernt und
optional könnte an der westlichen
Seite des Platzes eine Hecke gepflanzt werden.
41
Im direkten Umfeld des Kirchplatzes
soll der Verkehr eine zurückhaltende
Rolle einnehmen bzw. behalten. Das
Verkehrssystem soll nicht mehr als
eigenständiges System verstanden
werden, das die Funktion eines
Ortskerns von dem übrigen Ort trennt.
Für den Ortskern ist vielmehr die
Integration und Einbindung in das
Gesamtgefüge des Ortes und seiner
Räume besonders wichtig. Dieser
Zusammenhang kann aber nur erlebt
werden, wenn Wege und Straßen ein
sicheres und anregendes Kontinuum
von Räumen bieten. Fußgänger und
Radfahrer sind hierauf angewiesen.
Gleichz eitig sind sie T eil einer
Wohnumwelt und erfüllen wichtige
kommunikative und soziale Funktionen. Die Ästhetik dieser Straßen
ers chl i eßt d i e Ges chi cht e und
Schö nheiten des Ortes. Sie ist
42
gekoppelt an das Erleben einer
sicheren und angenehmen Atmosphäre. Aus diesem Grund müssen sich
selbst die Hauptstraßen, die den
Autoverkehr aufnehmen, als städtische Straßen mit eigener Atmosphäre
und besonderen Qualitäten über die
Verkehrsfunktion hinaus bewähren.
Ihre Erscheinung und ihr Charakter
lassen sich nicht aus den Regeln der
Verkehrsplanung ableiten. Sie bedürfen einer eigenen Gestaltung, die das
städtische Raumgefüge positiv verbindet und nicht trennt.
Die Verkehrsflächen müssten daher
neu organisiert werden und einzelne
Räume könnten durch kleine Maßnahmen wie neue Materialitäten, Ausstattungselemente und Baumpflanzungen aufgewertet werden.
Die Gestaltung sollte auf die verschie-
denen Raumcharaktere der einzelnen
Abschnitte wie z.B. platzartige Aufweitungen eingehen. Die angestrebte
Atmosphäre muss sich an den Bedürfnissen und Erwartungen der Fußgänger orientieren. In diesen Straßen
sollen der Verkehr und seine Geschwindigkeit wesentlich reduziert und
ein gleichberechtigtes Nutzen des
Straßenraumes ermöglicht werden
Die Organisation, die Materialität und
die Profile der vorhandenen bereits
sanierten Straßenräume können in
diesem Zusammenhang mit leichten
Aktualisierungen auf weitere Straßen
übertragen werden.
Durch einen Umbau der vier auf die
Kirche ausgerichteten historischen
Straßenzüge Weberstraße, Nordbrockerstraße, weiteren Teilen der
Hohen Straße und Marienvrederstraße
sowie der weiteren Straßen Stock-
kamp, Thingstraße, Am Kirchplatz und
Neustraße tritt der Ortskern wesentlich
deutlicher in Erscheinung.
Neben der Verringerung und Verlangsamung des Verkehrs in ausgewählten Straßen des Ortskerns können die
Bocholter Straße und die geplante
Umgehungsstraße den Durchgangsverkehr aufnehmen.
Die Eingänge in den historischen Kern
sollten dabei deutlich herausgearbeitet werden, um Aufmerksamkeit
zu erzeugen und in den Kern zu
locken. Der Kreisverkehr an der
Bocholter Straße und die Kreuzung
zwischen der Bocholter Straße und
der alten/neuen Nordbrocker Straße
bilden in diesem Zusammenhang eine
wichtige Schnittstelle zum Ortskern.
Hohe Straße
Thingstraße
43
Im Ortskern ist der westliche Teil der
Hohen Straße durch eine einheitliche
und harmonische Materialwahl für den
Straßenraum geprägt. Kurz nach dem
Heimathaus wird dieses nicht fortgeführt und durch einen Asphaltbelag
(für die Straße) und unterschiedlichste
Pflastersteine (f ür die Gehweg e)
ersetzt. Zukünftig sollte der gesamte
Straßenraum gleichberechtigt von
Ausgangssituation
44
allen Verkehrsteilnehmern nicht nur als
Fortbewegungsraum, sondern auch
als Aufenthaltsraum genutzt werden
können und muss daher einem einheitlichen Gestaltungsmuster folgen.
Die Straße selbst sollte sich dann nur
noch durch ein anderes Pflasterformat und einen schmalen Bord von
den Gehwegen abgrenzen. Die Gehwege könnten mit einem kleinteiligen
Idee
Natursteinpflaster, welches sich
bereits vor dem Heimathaus befindet,
gepflastert werden.
Sowohl direkt vor dem Heimathaus
als auch vor dem Humberghaus
spannen sich zwei kleine dreieckige
Plätze auf. Diese sind zurzeit nicht als
solche wahrnehmbar und bieten keine
Aufenthaltsqualitäten. Durch kleine
Maßnahmen wie die Schaffung von
Sitzgelegenheiten und die Pflanzung
von schattenspendenden Bäumen
kann die Qualität dieser Plätze
erheblich gesteigert werden.
Der kleine Platz zwischen dem Floristikgeschäft Scheper und der Gaststätte Villa
Kunterbunt wird im Sommer als Biergarten
genutzt und fungiert gleichzeitig als Parkplatz
und Abstellfläche. Wie aus historischen Fotos
zu erkennen ist, wurde der Platz in früheren
Zeiten als Garten genutzt. Zu dieser Zeit war
der Raum als Rückseite des Gebäudes
wahrnehmbar, was heute nicht mehr gegeben
ist. Der Platz wird vielmehr als zweite
Vorderseite des Gebäudes verstanden und
wirkt durch seine Nutzungen undefiniert. Um
seinen ursprünglichen Charakter wieder
herzustellen, könnte der Platz durch eine
Hecke abgegrenzt und als „lauschiges
Gartenlokal“ gestaltet werden.
Historische Ansicht
Idee
Ausgangssituation
45
Die Nordbrocker Straße könnte nach dem gleichen Konzept
wie die Hohe Straße umgestaltet werden.
Zusätzlich sind hier Baumpflanzungen vorgesehen, um die Unterschiedlichkeit der angrenzenden Gebäude abzuschwächen
und den Straßenraum angenehmer zu gestalten. Die Baumpflanzungen sind ausgewählt zu positionieren, da der freie
Blick zur tatsächlichen Ortsmitte – dem Kirchturm – nicht beeinträchtigt werden soll.
Da der Straßenraum gleichberechtigt für alle Verkehrsteilnehmer
gestaltet wird, ist eine Reduzierung der Verkehrsgeschwindigkeit zu erwarten. Dieses bietet die Chance, in der Nordbrocker Straße auf Einbauten wie das Drängelgitter an der
Schulbushaltestelle zu verzichten.
Ausgangssituation
46
Idee
Die Weberstraße bildet zurzeit einen wichtigen Ortseingang und
wird mit hohen Geschwindigkeiten als Ortsdurchfahrt genutzt. Bis
zum Bau der geplanten Ortsumgehung kann dieses kaum
vermieden werden. Zukünftig ermöglicht die Ortsumgehung eine
Umgestaltung der Weberstraße zu einem verkehrsberuhigten
Raum, wie es bereits im Ortskern von Dingden umgesetzt ist.
So ist es vorstellbar, dass vor der Gaststätte Hoffmann die bis
dahin asphaltierte Straße in einen platzartigen Straßenraum
übergeht. Es entsteht ein Platz, indem die Straße mit den Gehund Radwegen zu einer einheitlichen Fläche verschmilzt.
Vor der Gaststätte Hoffmann stehen zwei hohe Linden. Sie
schließen eine ab dem Ortseingang die Weberstraße flankierende
Allee ab. Der wechselnde Bodenbelag, der sich vor der Gaststätte
platzartig aufweitet, markiert in Verbindung mit den beiden Linden
deutlich den Beginn des Ortskerns.
Idee
Ausgangssituation
47
Öffentliche Grünflächen und Vernetzung
Das bestehende Netz von Pfaden und Wegen sollte innerhalb Dingdens
verdichtet und zum Ortsrand hin aufgeweitet werden. Vor allem ein Ausbau
dieses Wegenetzes zum nördlichen und südlichen Ortsrand kann eine
Verknüpfung zu attraktiven Landschafts- und Erholungsräumen und
bestehenden Radwegenetzen der Umgebung herstellen. Gleichzeitig wird für
Fußgänger und Radfahrer eine Erreichbarkeit der benachbarten Städte und
Ortschaften wie Bocholt, Hamminkeln und Ringenberg erleichtert. Dingden
kann damit verstärkt in Freizeitangebote der Region eingebunden und
zunehmend als Teil des regionalen Tourismusangebotes genutzt werden.
48
Die öffentlichen Grün- und Freiflächen
Dingdens sind in der Mitte des Ortes
rar und teilweise nicht nutzbar. Doch
auch ein Ort wie Dingden, der in einer
ländlichen Umgebung eine gute Anknüpfung zu Landschafts- und Erholungsräumen aufweist, braucht in
direkter Nähe zu den Wohnstandorten
und dazu gehört in Dingden auch und
in Zukunft noch verstärkt der Ortskern
attraktive Freiräume, die kurzfristig
erreich- und nutzbar sind. Grüne Plätze, baumbestandene Straßen und
Grün- und Freiflächen
Gärten schaffen eine angenehme
Atmosphäre für Aufenthalt und Spiel
im Ort. Eine Aufwertung des wenig
gepflegten öffentlichen Sport- und
Spielplatzes am Pater-Terörde-Weg
in Verbindung mit einer landschaftsparkartigen Entwicklung der angrenz enden Wiesenflächen und eine
zumindest tagsüber Öffnung des
wunderschönen Pastoratsgartens mit
Gräfte, kann einen wichtigen Erholungs- und Freizeitraum bilden.
Durch eine angenehmer gestaltete
Wegeverbindung kann auch der
Friedhof noch stärker als bisher auch
zum ruhig en und beschaulichen
Aufenthalt mitgenutzt werden. Ein
wichtiges Potenzial für Grünverbindungen stellen auch die Bachläufe
dar, die durch den Ort verlaufen.
Sie sollten auf jeden Fall erhalten und
nach Möglichkeit renaturiert werden.
Parter-Terörde-Weg/Sport- und Spielplatz
49
Grenzen des öffentlichen und privaten Raumes
50
Die wichtigste Aufgabe der Straßen und Plätze innerhalb eines Ortes ist die
Gewährleistung des Öffentlichen. Je prägnanter der Raum gefasst ist und je
stärker der öffentliche Raum auf ein erforderliches Minimum konzentriert wird,
umso tragfähiger ist er als öffentlicher Raum.
Das Eindringen des Öffentlichen in die inneren Hofbereiche, die Auflösung des
Privaten und das Verwischen der physischen Grenzen stellen eine Gefährdung
der jeweiligen Eigenschaften dar. Die fehlende Klarheit schwächt die
Einzelhandelsfunktion, beeinträchtigt das Wohnen und lässt Erkennbarkeit des
Kerns verschwimmen. Private Hofflächen sollten eindeutig zu identifizieren sein.
Es wird daher vorgeschlagen, dass die Grenzen zum öffentlichen Raum durch
Parter-Terörde-Weg
Mauern, Zäune und Tore in anspruchsvoller Gestaltung ausgebildet werden.
Dieses könnte analog zur Gebäudegestaltung in eine Gestaltungssatzung
einfließen.
Innerhalb Dingdens werden die Pfade und Wege, wie beschrieben, meist von
Hecken, kleinen Mauern und Zäunen gerahmt. Diese regionaltypische Gestaltung
bietet den Benutzern Orientierung und Schutz und müsste, um den Charakter
des Ortes zu festigen, erhalten, fortgesetzt und stellenweise ergänzt werden.
Neben den Wegen und Pfaden begleiten kleine Mauern, Hecken, Zäune und
Alleen viele Straßen innerhalb des Ortes.
Am Kirchplatz
51
Ausgangssituation
52
Idee
Hier ist es empfehlenswert, ein deutlicheres Ge-
zwischen den Fuß- und Radwegen und Privat-
staltungsmuster zu entwickeln, welches den
grundstücken an der Weberstraße regional-
Bewohnern und Bes uchern Dingdens eine
typische Elemente, welche fortgesetzt werden
Orientierung erleichtert und sie durch den Ort lei-
könnten, um den typischen Charakter des Ortes
tet. Stellenweise wird dieses Muster unterbrochen
zu stärken.
und gibt Blicke auf funktionelle Flächen, Rest-
Beispielhaft am Pater-Terörde-Weg wird hier auf-
räume oder Straßen frei. Damit geht der ge-
gezeigt, dass durch kleine Maßnahmen, wie eine
schützte und „ländliche“ Charakter der Pfade und
Hecke zu pflanzen, eine klare Wegeführung er-
Wege verloren und eine klare Orientierung wird
zeugt werden kann. Der Weg wirkt durch die
erschwert. Beispielsweise sind die kleinen Mauern
Heckenergänzung beruhigt, gefasst und eindeutig.
53
Beleuchtung im Ortskern
Auch in den dunklen Abendstunden,
insbesondere in den Wintermonaten,
ist der öffentliche Raum ein wichtiger
Teil des Dorflebens. Daher sollte die
Beleuchtung innerhalb des Ortskerns
ausgewogen sensibel installiert werden. Eine gut arrangierte Beleuchtung
kann interessante Räume betonen,
also wichtiges hervorheben und unwichtiges unaufdringlicher erscheinen
lassen, ohne den Gesamtcharakter des
Ortes zu beeinträchtigen. Zurzeit findet
man in Dingden sehr unterschiedliche
Beleuchtungsbeispiele, die kaum einem einheitlichen Konzept folgen. Da
im Ortskern von Dingden keine hohen
Verkehrsgeschwindigkeiten möglich
sind, bedarf es hier nicht stark ausgeleuchteter Geschäfte, die mit Neonreklamen auf sich aufmerksam machen.
Vielmehr wäre eine punktuelle und zu54
rückhaltende Beleuchtung wirksam, die
dem Charakter des Ortes entspricht
und beispielsweise durch Wandleuchten rund um den Kirchplatz
bereits gut umgesetzt ist. Damit
entfallen auch die Poller, die aktuell
jede Mastleuchte vor Beschädigungen
durch PKW schützt.
Nur die Kirche wird als wichtigster
Orientierungspunkt im Ort durch dezentes Anstrahlen besonders hervorgehoben.
55
Die Wirkung der Gebäude
Heiner Farwick
farwick + grote
Architekten BDA/Stadtplaner, Ahaus
56
Neben der baulichen Struktur, dem Wechsel von Straßen und Plätzen und der
Gestaltung der Freiräume bestimmen die einzelnen Gebäude, einige weniger,
einige mehr, das Erscheinungsbild eines Ortes. In ihrer Summe werden
insbesondere die Bauten des inneren Kerns einer Stadt oder eines Dorfes als
identitätsstiftend und imagebildend empfunden, weshalb der gestalterischen
Ausformung dieser Gebäude besondere Bedeutung zukommt.
Dies ist auch in Dingden nicht anders. Einige Gebäude erscheinen dem Betrachter
als harmonisch, als typisch für den Ort oder einfach nur als schön. Manche
Gebäude lassen aber das Bewusstsein der Eigentümer für die Bedeutung und die
erforderliche Sorgfalt vermissen. Orientiert an den Wesensmerkmalen der vorhandenen Gebäude soll daher heraus gearbeitet werden, was prägend für den Ort ist
und wie sich Gebäude, teils nur mit geringen Eingriffen, wieder positiv in den
baulichen Kontext zurück führen lassen.
In der dörflichen Baustruktur finden sich Häuser, die aufgrund ihrer Stellung im
Straßen- oder Platzraum oder auch nur in einer kleinen Aufweitung des Straßenraums eine starke Ausstrahlung haben. Sie prägen das Bild des Dorfes mehr als
andere Häuser, weshalb ihnen auch in ihrer Gestaltung eine hohe Aufmerksamkeit
zukommen sollte.
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10.
Pastorat
Gasthof Küpper
Wissing's Scheune
Haus Wissmann „Alte Schmiede”
Humberghaus
Heimathaus
Apotheke
Kaplanei
Sack, Malermeister
Haus Kösters
Gasthof Küpper
Einige Häuser strahlen unverkennbar aus, dass ihnen
die erforderliche Sorgfalt zu Teil geworden ist, weshalb
sie schon heute als prägend für Dingden und eben
auch als besonders typisch für Dingden erscheinen.
Der Übersichtsplan zeigt exemplarisch einige Häuser,
die für den Ort besonders wichtig sind und deren
Gestaltung im Wesentlichen positiv zu bewerten ist.
Heimathaus – Humberghaus
Haus Wissmann „ Alte Schmiede”
58
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7.
8.
9.
Dieser Übersichtplan zeigt Gebäude, die zwar in ihrer Grundstruktur noch positiv zu bewerten
sind, jedoch in dem Zustand einzelne Bauteile deutlichen Verbesserungsbedarf haben. An den
Fo to s unten rechts so ll dies
deutlich gemacht werden.
Das Gebäude Haus Michelbrink
geht auf das Jahr 1755 zurück,
was in den abstrahierten Ziffern der
Balkenanker ablesbar ist. Es ist
bekannt und durch Fotos belegt,
dass dieses Haus verschiedene
Umbauten erlebt hat, in seiner
Grundausformung aber die Zeit
überdauert hat. Es sind hier insbeso ndere die architekto nischen
Details, die die Harmonie und
Stimmigkeit des Hauses stören:
Fenster ohne die typischen Teilungen, ein für das Haus überdimensioniertes Schaufenster, die darüber befindliche breite Aluabdekkung und eine zu grelle Farbwahl.
Gaststätte Hoffmann
Haus Braun – Salon Mathilde
Haus Michelbrink
Haus Wissing
St.-Josef-Haus
Villa Kunterbunt
Pfarrheim
Haus Kösters – Obicom
Haus Hopen – Kathage
Für das Haus Wissing trifft das Gesagte für die Fenster
und Schaufenster zu, hinzu kommt hier, dass das Ziegelmauerwerk durch eine Reinigung und Neuverfugung
aufgewertet werden könnte. Die Ausbildung des Ortgangs mit Gesims und Zahnfries könnte dann deutlicher
zur Geltung kommen.
Gaststätte Hoffmann
Haus Michelbrink
Haus Wissing
59
Verbandssparkasse
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10.
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Fahrrad Feldmann
Haus Klein-Wiele – Eisdiele
Juwelier van der Linde
Modehaus Groß
Post
Herrenmoden Egeling
Haus Schleiting
Rewe Center
Bürokomplett Messing
Gaststätte El Paso
Parfümerie Hülsken
Verbandssparkasse
Bäckerei Wanders
Kruse Wienand
Haus Overbeck
Bäckerei Wanders
Dieser Plan verweist auf die Gebäude, deren städtebauliche
Bedeutung aufgrund ihrer Lage und Ausrichtung im Dorf
besonders hoch ist, deren baulicher Zustand im Hinblick auf
Maßstab, Detailausbildung oder Materialwahl jedoch erheblich
von der möglichen Qualität abweicht.
60
Kruse Wienand
positiv
negativ
Zu den wesentlichen Kriterien im Umgang mit den
vorhandenen Häusern gehören insbesondere dann,
wenn diese auf Grund von funktionalen oder
konstruktiven Gründen baulich verändert werden
sollen, die Beachtung der Gliederung des Hauses,
der Fassadenaufbau, der Einsatz der richtigen
Materialien, die Wahl der Farben, Fenster und
Türen sowie insbesondere auch die qualitätvolle
gestalterische und handwerkliche Ausbildung der
Gebäudedetails.
Dass Dingden geographisch im Übergang vom
Münsterland zum Niederrhein gelegen ist, zeigt
sich z.B. an den vorzufindenden Backsteinarten.
Sowohl der dunklere Ziegelstein des Niederrheins
al s auch d er rö t l i chere Z i eg el s t ei n d es
Münsterlandes finden sich als typische Materialien
in Dingden gleichermaßen.
Am Beispiel des Anschlusses vom Dach zum
Giebel (Ortgang) ist der Wandel der handwerklichen Traditionen erkennbar, wobei leider
festzuhalten ist, dass keinesfalls eine Verbesserung der Handwerkskunst zu bilanzieren ist.
Das linke Bild zeigt eine sich über Jahrhunderte
ausgeformte handwerkliche Ausbildung eines
Ortgangs, welches eine hohe Detailqualität zeigt
und gestalterisch die Differenziertheit aufweist, die
im Allgemeinen an historischen Häusern geschätzt
wird.
Das rechte Bild zeigt hingegen die fehlinterpretierte und oberflächliche Ausbildung des
Ortgangs bei einem neueren Gebäude.
Des Weiteren seien hier die Fenster, mitunter auch
als die „Augen des Hauses“ bezeichnet, genannt.
Während das historische Fenster in Proportion und
Gliederung auf das Gebäude abgestimmt, die
Teilung funktional sinnvoll und die Ausbildung der
Profile handwerklich gut gearbeitet ist, erscheint
das „moderne“ Plastikfenster rechts unangemessen und undifferenziert.
61
An den folgenden Beispielen soll aufgezeigt werden,
wie Gebäuden unter Beachtung der derzeitigen Nutzungsanforderungen mit einer den Gebäuden angemessenen Architektursprache die Material- und
Detailqualität zurückgegeben werden kann. Hierzu
wurden die Fotos der Gebäude entsprechend bearbeitet, um möglichst anschaulich aufzuzeigen, wie
mit einem relativ überschaubaren Aufwand erhebliche Verbesserungen erreicht werden können.
Das erste Beispiel ist das Haus Michelbrink an der
Straßengabelung Weberstraße/Nordbrocker Straße.
Durch wenige Interventionen wird das Verhältnis der
architektonischen Elemente des Hauses wieder in ein
ausgewogenes Verhältnis gesetzt.
Die Skizze zeigt, mit welchen Mitteln diese Veränderung erreicht wird: Die Fenster im Obergeschoss
erhalten geteilte Fenster aus Holz mit profilierten Rah-
62
men, die Fassade im Erdgeschoss ist neu aufgeteilt,
sodass die Schaufenster für die Proportionen des
Gebäudes angemessene Größen erhalten und
Wandpfeiler das Tragen und Lasten der Wandflächen
wieder deutlich machen. Die Farbgestaltung ist
dezenter gewählt und die den Außenputz gliedernden
Elemente (Gesimse, Faschen etc.) sind farblich
abgesetzt.
Am Beispiel des Hauses Egeling in der Weberstraße ist deutlich ablesbar, wie
durch bauliche Veränderungen am Erdgeschoss das Gebäude in zwei Teile
zerfällt, die miteinander nichts mehr zu tun haben: Die Erdgeschosszone und die
Obergeschosszone mit Dach. Der Rückbau der Erdgeschosszone unter Beachtung der derzeitigen funktionalen Anforderungen an die Schaufenster kann das
Gebäude wieder zu einem Ganzen machen und ihm damit seine Ausstrahlungskraft wieder zurück geben.
Wenn die Wandflächen einheitlich wieder in Ziegel ausgeführt sind, Schaufenster
angemessen und gegliedert ausgebildet sind und auch die Fenster des Obergeschosses wieder gegliederte Holzfenster erhalten, gewinnt das Gebäude im
Ganzen wieder eine starke Präsenz im Straßenraum, mehr, als dies durch
Aluminiumbekleidungen oder sonstige ortsfremde Materialen erreicht werden
könnte.
63
Wie am dritten Beispiel aufgezeigt, sind es oft nur wenige
Elemente, die dazu führen, dass
eine Fassade überladen wirkt.
Reduziert man die Fassade
dieser Häuser am Kirchplatz
wieder auf die wesensbestimmenden Elemente, kann ein
Gebäude mit einem relativ
geringen Aufwand „beruhigt“
werden, sodass es sowohl für
sich allein als auch im Kontext
der dörflichen Bebauung Dingdens wieder als positiv besetztes wichtiges Gebäude wirken
kann.
64
Das Ziel sollte dabei keineswegs die historisierende Verbrämung der Gebäude
sein, sondern der zeitgemäße Umgang unter Berücksichtigung der Grundregeln
der Architektur wie Maßstab, Gliederung, Proportion, dem Verhältnis von
Wandflächen zu Öffnungen, der Verwendung angemessener Materialien und die
Ausbildung der Details. Nur dann können die Bauten aus unterschiedlichen
Zeitepochen zusammen wirken und Dingden ein unverwechselbares Gepräge
verleihen.
Werden die Grundregeln der Gestaltung bei künftigen Um- oder Neubauten
beachtet, kann Dingden die vorhandenen Potenziale weiter ausbauen und die
Qualität des Ortsbildes weiter verbessern, ohne sich neuen Entwicklungen zu
verschließen.
65
Stimme einer Kunsthistorikerin
Dr. Manuela Vergoossen
Kunsthistorikerin
Technische Universität Dresden
Institut für Kunst- und Musikwissenschaften
im Herzen immer noch Dingdenerin
66
Viele Telefonate, noch mehr Emails und einige besonders schöne Abende haben
in den letzten zwei Jahren nicht nur eine alte Bekanntschaft, sondern auch ihre
eigene Heimatverbundenheit neu aufleben lassen. Ihre „phantastischen“ Ideen
und ihr Wissen haben uns immer wieder neu inspiriert. Dafür sagen wir „DANKE“.
Lassen wir die Kirche doch mitten im Dorf,
denn dass sie sich dort befindet, ist
für Dingden und seine Ortsentwicklung ein Glück.
Schon seit jeher ist dieser Standort
ein beso nderer Platz , der sich
unmittelbar mit der Funktion und dem
daher rührenden Namen des Dorfes
verbunden hat. Dingden ist abgeleitet
aus „Thing“ – Gericht, das dort, wo
heute die Kirche und das Wohnhaus
Kösters steht, seine Autorität walten
ließ. Dort befanden sich die Gerichtsbarkeit der Sueder, der Ritter von
Ringenberg, und spätere Bestattung sflächen, deren menschliche
Ü b erres te no ch b ei m B au d er
Fundamente des Kösters-Hauses
geborgen wurden. Die Linden, wie sie
als typische Bäume für Rechtsprechungsplätze den Kirchenbau umgeben, und das Schwert wurden zu
Wahrzeichen von Dingden und haben
sich in seinem Wappen als Sinnbild
der Ortswurzeln symbolisch erhalten.
Dass dort eine Kultstätte ihre Aura
entfaltete, davon zeugt auch die Wahl
des Platzes für den Bau einer Kirche
im 13. Jahrhundert, deren Turm die
baustilistische Wesensmerkmale dieser Zeit mit spätromanischen bzw.
frühgotischen Fenstern, dem niederrheinischen, schiefergedeckten Turmhelm und den längs gestreckten
Proportionen noch heute weithin
sichtbar für die Umgebung zeigt. Das
Langschiff wurde zwar durch Bomben
des zweiten Weltkriegs zerstört, sein
Wi ed erauf b au unmi ttel b ar nach
Kriegsende demonstrierte aber, wie
sehr die Dingdener ihre Kirche als
Dorf- und Exstenzmittelpunkt – als
Herzstück – empfanden und den
Schaden sobald als möglich wieder
gut machen wollten.
Die Dingdener Kirche war der Sammlungsort in einem ansonsten – zum
Glück, wie heute angesichts wuchernder Dominanzansprüche von Autostraßen gesagt werden muss – eher
unübersichtlichen Haufendorf, wo
jeder sein Haus gerade so baute, wie
es der übrige Platz erlaubte und
Geschwindigkeit fördernde Straßen
kaum Spielraum finden konnten. Sie
war so der Fluchtpunkt in einem gewissermaßen perspektivisch anmutigen und stimulierenden Chaos. Hier
traf und grüßte man sich und konnte
sich unterhalten. Und so ist das
immer noch, auch wenn die Bänke
dazu fehlen.
Das war in Ringenberg zum Beispiel
anders, obschon es auch dort mit
dem Schloss und den beiden Kirchen
mögliche Zentrumspotenziale gab.
Mit anwachsender Mobilität und abgeholzten Chausséen zerfiel Ringenberg in zwei Hälften und wurde zum
Durchfahrtsort ohne Mittelpunkt, an
dem sich die institutionellen Brennpunkte der weltlichen und geistlichen
Macht wie Perlen an einer Kette
aufreihen mussten oder eher die
Logen am nicht wirklich unterhaltenden geradlinigen Fließband der
Straße abgaben. In Dingden zeigte
diese Tendenz zur Trennung durch
eine Straße zwar auch Ansätze mit der
Bocholter und Weberstraße, aber
deren Zielstrebigkeit wurde durch
Kurven erschwert und der heilige Platz
an die Kirche wurde beim Bau
späterer Entlastungsstraßen, wie zum
Beispiel der Borkener Straße, nicht
angetastet.
Kleine Einzelhandelsgeschäfte im
Dorfinneren und Gasthöfe, die ein
gewissermaßen irdisches Gegengewicht zum ideellen Geistesraum der
Kirche darstellten, verstärkten die
Kernfunktion der Kirche und ihres
Platzes. Dort wird eingekauft und
essen und trinken gegangen, dort
findet die tägliche Messe in der Kirche
statt, die gerade samstags in einer Art
Umkehrung sonst üblicher Machtverhältnisse zwischen Mobilität und
Spiritualität sich den Dienst des
größten Verkehrsaufkommens im Dorf
als wirkliche Lebens-Autorität leistet.
Dort lassen sich – ganz ungewöhnlich
in einer Zeit elektronischer Geräuschund Musikproduktionen – in der
Nüchternheit des hellichten Tages
Gesänge beachtlich großer Chorgemeinschaften vernehmen. Dort finden
immer noch oder mehr denn je große
Inszenierungen von existentiellen
Höhepunkten statt. Wenn in der Pankratiuskirche von Dingden geheiratet
wird, stehen draußen die Menschen
zur Bewunderung des Ereignisses
bereit. Wenn andernorts im Dorf
längst hinter Rollos der Fernseher
läuft, stieben dort noch kreischend
die Vogelscharen und Fledermäuse
a us d e n B a um k r o ne n i n d e n
Mondhimmel auf und umkreisen die
Kirchturmspitze. Dafür muss so
mancher in den Urlaub fahren, um das
wahrzunehmen.
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Was ist „Shared Space“?
Mit Überlegungen zu Shared Space
möchte ich Ihnen einen Perspektivwechsel vorschlagen, der ganz wesentlich zur Erhöhung der Lebensqualität beitragen könnte. Dieser
veränderte Blickwinkel betrifft die
Auffassung des öffentlichen Raumes.
In den letzten Jahrzehnten wurde
dieser Raum zunehmend von Verkehrs p lanern b es timmt und d ie
verschiedenen Funktio nen dieses
Raumes, der uns alle angeht, wurden
voneinander isoliert. Dadurch ents tand en Funkti o ns b erei che, d i e
zunehmend nicht mehr kompatibel
sind. So wurden zum Beispiel der
Raum der Kommunikation (von dem
bezeichnender Weise auch das Wort
Kommune abgeleitet ist), also der
soziale Interaktionsraum, und der
Raum der Mobilität als ungleichgewichtig aufgefasst. Die Orte wurden
zugunsten der in den siebziger Jahre
gültigen Devise „Freie Fahrt für alle“
verkehrsg äng ig g emacht. Jedem
Verkehrsteilnehmer wurde ein spezifischer Bereich zugewiesen, dessen
Recht entsprechend durchgesetzt
wurde nach dem Motto: „Hier habe ich
Recht, auf diesem Fahrradweg darf
sich kein Fußgänger tummeln, auf
d i es em B ürg ers t ei g hab en d i e
Fahrräder zu verschwinden, auf dieser
Straße haben Fußgänger und Fahrradfahrer nichts zu suchen!“
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Die Durchsetzung dieser Rechte
erfordert ein Regelsystem, dessen
sichtbarer Ausdruck die zunehmenden
Schilderwälder sind. Dieses Regelsystem demonstriert Machtverhältnisse im öffentlichen Raum, die das
doch eigentlich gewünschte Miteinander eher in ein Gegeneinander
verwandeln und unfallträchtige Missverständnisse produzieren.
Raum zu übersetzen, wäre ausgesprochen missverständlich. Darum
geht es gerade nicht! Denn Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass
der öffentliche Raum wieder an die
Bedürfnisse der Menschen angepasst
werden soll und alle Teilhaber auf
demokratische Weise gleichberechtigt
sind, sich den Raum also teilen, aber
nicht den Raum selbst aufteilen.
Nun wurde im Frühjahr 2008 durch
Rundfunk und Presse ein in den
Niederlanden gestartetes Pionierprojekt deutlich, das die Europäische
Unio n auf g eg rif f en hat und das
mittlerweile in sieben europäischen
Gemeinden gefördert wird (für dieses
Projekt konnten die Kommunen sich
bewerben): 1. in der norddeutschen
Kleinstadt Bohmte, 2. in der dänischen Gemeinde Ejby, 3. in der niederländischen Gemeinde Emmen, 4.
der niederländischen Gemeinde Haren,
5. der englischen Stadt Ipswich, 6. im
belgischen Ostende und 7. in der
niederländischen Provinz Friesland.
Dort wurden bestimmte verkehrstechnisch problematische Bereiche für
eine Umgestaltung und Umstrukturierung durch das Projekt ausgewählt.
Das Projekt nennt sich Shared Space,
übersetzt lautet das soviel wie:
Gemeinschaftsraum, Raum für alle
oder Bürgerraum. Es mit geteiltem
Dazu ist zunächst einmal zu klären,
was öffentlicher Raum eigentlich
bedeutet: Unterschieden werden
können für den öffentlichen Raum die
beiden Kriterien Verbleib und Verkehr,
die das Projekt Shared Space wieder
miteinander in Gleichgewicht bringen
will. Der Raum des Verbleibs erfordert
ein anderes Verhalten als der Raum
des Verkehrs. Während der Verbleib
durch soziale Interaktion gekennzeichnet ist und verschiedene kulturelle
Kriterien umf asst, wie Wo hnen,
Arbeiten, Ökologie, Wasserwirtschaft,
Tourismus, Kultur zum Beispiel, die
alle den kulturellen Wert unserer
Umgebung erhöhen (dazu gehört
auch, dass sich die Menschen hier auf
ihre natürliche Art bewegen: Flanieren,
Bummeln, stehen bleiben, sitzen
wollen usw.), benötigt der Verkehr, der
sich zwischen einem sogenannten
Verbleibnetz abspielt, eine Zielstrebigkeit, die von einem Verbleib auf den
anderen zielt. Dieses Verhalten ist eher
abstrakt, muss in höchstem Maße eindeutig geregelt sein und nimmt Menschen und deren Bewegungsraum in
letzter Konsequenz nicht mehr wahr.
Der Verkehr hat darüber hinaus keinen
Zweck an sich. Das ist der Grund
dafür, dass Menschen nicht mehr als
10 Prozent unterwegs sein möchten.
Werden die Fahrzeiten länger, ist das
für die meisten Menschen ein Grund
umzuziehen (dieses verhaltenspsychologische Phänomen wird mit dem
sogenannten Bewerschen Gesetz
bezeichnet) indem man schnell vom
Autozubringer zum Osten des Dorfes
zu gelangen kann, ohne den Ortskern
zu passieren. Überhaupt sind in
Dingden Ansätze für Shared Space zu
finden, so am Kirchplatz mit abgeflachten Bürgersteigen und Aufhebung
der Asphaltierung. In alten Ortschaften
ist das Shared Space ohnehin vorherrschend, weil deren zumeist räumlich
beg renz ten Ortskerne g ar keine
anderen Möglichkeiten lassen.
Dingdens Verweilraum profitiert unter
diesem Blickwinkel noch heute von
der alten Struktur eines Haufendorfes,
obwohl man in den sechziger Jahren
diese urbane Struktur auflösen wollte.
Zum Glück für die Bewohnbarkeit des
Ortes hat man das wieder aufgegeben, denn das hätte die Zerstörung
der dörflichen Struktur bedeutet.
Die Weberstraße, die den Ort immer
noch als stark befahrene, auch mit
LKWs belastete „Landstraße“ durchteilt, ist in dieser Hinsicht für alle Bewohner ein unzumutbares Relikt der
Verkehrspolitik vergangener Zeiten,
dessen Titel, nämlich „Landstraße“
schon lange nicht mehr zutreffend ist.
Das Verhalten in Verbleib und Verkehr
ist also unterschiedlich. Während im
Verbleibraum Bewegungsabläufe unberechenbar sind und sich auf die
Wahrnehmung der Umgebung konzentrieren, ist der Verkehrsraum von
einer schnellen Zielstrebigkeit gekennzeichnet und richtet sein Interesse
eher abstrakt auf einen noch nicht
erreichten Verbleibraum. Deshalb
sollte der Verbleibraum möglichst
eindeutig erkennbar sein, um nicht mit
einem Verkehrsraum verwechselt zu
werden. Schilder und Ampeln sollten
aus ihm entfernt werden, weil sie
signalisieren: „Hier ist ein Verkehrsraum“.
Das Projekt Shared Space betreibt
dieses Experiment. Es entfernt die
Schilder. Es gilt allgemein: „Rechts
hat Vorfahrt vor links.“ Blickkontakte
und Handzeichen regeln den Umgang
z wi s chen d en T ei l hab ern ei nes
öffentlichen Raumes, woraus sich
natürlich eine Zunahme von sozialem
Miteinander entwickelt. Die Teilnehmer
fangen an, miteinander zu kommu-
nizieren, wie es in einer Kommune nur
förderlich sein kann (man achte auf
den Wortstamm beider Begriffe!). Und
siehe da (das haben erste Erfahrungen
mit dem Projekt gezeigt), die Unfallraten sinken. Größere Unsicherheit
führt – so der Verkehrsplaner und
Vater des Projekts, der Niederländer
Hans Mondermann, – zu größerer
Sicherheit. Vorsicht und Rücksicht,
und vor allem Eigenverantwortung
machen sich geltend.
Die Gestaltung des ö f f entlichen
R a ume s s o l l t e e nt s p r e c he nd e
kommunikative Signale setzen, die
zeigen, dass Menschen anwesend
sind, dass die Räume also Verweilcharakter haben, wenn sie tatsächlich
Verweilräume sind. Für diese Entscheidung ist die Hilfe der Politiker mit
verantwortlich. Denn es ist unerlässlich
diese Räume klar zu unterscheiden,
und es ist notwendig das deren Nahtstellen bzw. Übergangszonen so klein
wie möglich gehalten werden.
Das heißt, ergänzt wird Shared Space
durch ausdrücklich so geartete Verk ehrs räume, d i e ei n s chnel l es
Fortbewegen erlauben, aber auch
durch Subsysteme in den Verbleibnetzen, die speziell Fußgängern und
Fahrradf ahrern vo rbehalten sind.
Deren Gestaltung richtet sich nach den
jeweiligen örtlichen und historisch
g ewachsenen Geg ebenheiten. In
Dingden gibt es dafür das Beispiel
des Weges am Mumbecker Bach,
während die Straße hinter der Genossenschaft eher in Richtung eines
Verkehrsraumes zielt,
Zusammenfassend kann also nochmals betont werden: Shared Space
legt das Gewicht auf folgende Punkte:
1.
Die Straße soll ihre Geschichte erzählen. Sie soll individuell
gestaltet sein und damit Verkehrsschilder ersetzen.
2.
Der Verweilraum soll ein Menschenraum der Kommunikation
und Interaktion sein, der auf demokratischen Prinzipien beruht.
3.
Die Bürger, und zwar hier Bürger als Menschen, müssen ihre
Bedürfnisse bei Planungsprozessen einbringen können und
dann auch Eigenverantwortung für ihren Verweilraum tragen
(die dann aber auch eher geleistet wird).
4.
Eine liebevolle Gestaltung des Verweilraumes verhindert
dessen Missachtung und Verwechslung mit einem
Verkehrsraum.
5.
Das Prinzip lautet: Besser durcheinander und situativ als von
außen scheinbar sicher geregelt.
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Das ist auch mein DINGden ...
Das Interesse der Dingdener macht Mut auf
einem richtigen Weg zu sein und diesen
weiterzugehen ...
Eine Fotoausstellung zeigte wie Dingden
gestern
war und wie es
heute ist.
In der Architekturwerkstatt wurden Pläne
für
70
morgen geschmiedet.
Dorfentwicklung Dingden e.V.
Weberstraße 21
46499 Hamminkeln-Dingden
www.dorfentwicklungdingden.de
Layout: korhammer-design.de
www.dorfentwicklungdingden.de
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