BSBH-Zeitung 2015 - Blinden- und Sehbehindertenbund in Hessen

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Wir wollen gesehen werden
Herausgeber: Blinden- und Sehbehindertenbund in Hessen e. V.
Auflage 4 000 Exemplare
Ausgabe 2015
Inhalt
Seite 1 und 2:
Hör-Sehbehinderung – Zwei Handicaps –
Seite 3:
Torball
Deutsches Spitzenteam im Torball kommt aus Hessen.
Seite 4:
Kinderseite:
Ein Rätsel / Telefonieren mit Joghurtbechern
Seite 5:
Kinderseite:
Kennst du deine fünf Sinne?
Seite 6:
Lebensqualität zurückgewinnen
Ein Weißer Stock bringt Reisefreiheit.
Seite 7:
Neubau des Blinden- und Sehbehindertenbundes in Kassel ist fertig
Seite 8:
Beratungsstellen des BSBH in ganz Hessen / Termine 2015 /
Rätsellösung / Impressum
Seite 1 und 2:
Hör-Sehbehinderung
Zwei Handicaps – höhere Barrieren in Orientierung und Mobilität sowie im
gesellschaftlichen Miteinander!
Was ist Hör-Sehbehinderung?
Beinahe in allen Definitionen wird Hör-Sehbehinderung entweder als Synonym für
Taubblindheit verwendet oder als Vorstufe definiert. Taubblindheit ist bis heute nicht
als Behinderung eigener Art anerkannt. Taubblinde Menschen haben in ihrem
Schwerbehindertenausweis die Merkzeichen „Bl“ für blind und „Gl“ für gehörlos.
Ein Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis ist sehr wichtig, da hiermit
Ansprüche auf Versorgung mit geeigneten Hilfsmitteln bei den Versorgungsämtern
verknüpft sind. Blinde Menschen können hören und werden mit Hilfsmitteln versorgt,
die auf das Hören ausgerichtet sind. Gehörlose Menschen können sehen und
werden mit Hilfsmitteln versorgt, die auf das Sehen ausgerichtet sind. Blind plus
gehörlos heißt, es kann nicht wechselseitig kompensiert werden. Taubblinde
Menschen können den Ausfall eines Sinnes nicht durch den anderen Sinn
ausgleichen. Aus diesem Grund brauchen sie ein eigenständiges Merkzeichen −
„Tbl“. Dies fordert der „Gemeinsame Fachausschuss Taubblind“ GFTB nunmehr seit
sieben Jahren.
Hörsehbehinderte Menschen bekommen die Grünphase durch Vibration angezeigt,
da sie das akustische Grün-Signal häufig nicht mehr hören können.
Versuch einer Definition
Es gibt die Gruppe derer, die zunächst schwerhörig oder gehörlos geboren werden
und im Laufe ihres Lebens sehbehindert bzw. blind werden. Hier liegt sehr oft das
„Usher Syndrom“ zugrunde.
Usher-Syndrom
„Usher“ ist eine erblich bedingte Kombination aus schwerer Innenohrschwerhörigkeit
oder Gehörlosigkeit von Geburt an und RP, Retinopathia Pigmentosa, einer
Augenerkrankung, die in Schüben zur Erblindung führt. Die Krankheit ist nach dem
englischen Augenarzt Charles H. Usher benannt, der 1914 die rezessive Vererbung
des Syndroms beschrieb. Es wird in Usher I, Usher II und Usher III unterschieden.
Usher I heißt, die Betroffenen werden gehörlos geboren, lernen die
Gebärdensprache, richten ihr gesamtes Leben auf das Sehen aus und erhalten in
der Regel im jungen Erwachsenenleben die Diagnose RP, also drohende Erblindung.
Hinsichtlich der Kommunikation bedeutet dies, dass die Betroffenen ihre
„Muttersprache“, die Gebärdensprache, verlieren. Sie können zwar selbst weiterhin
gebärden, mit der Zeit aber die Gebärden der anderen immer weniger erkennen.
In der Regel wird dann das taktile Gebärden und das Handalphabet „Lormen“ erlernt
sowie ggf. die Brailleschrift. Beruflich droht, falls es keine qualifizierte
Rehabilitationsberatung gibt, die Frühverrentung und zusätzlich − aufgrund einer
massiv eingeschränkten Mobilität − eine drohende soziale Isolierung.
Usher I-Betroffene benötigen gut ausgebildete Taubblinden-Assistenten an ihrer
Seite, um ein eigenständiges Leben führen zu können und gesellschaftlich integriert
zu sein.
Usher II bedeutet frühe, schwere Innenohrschwerhörigkeit. Die Betroffenen haben
noch einen Hör-Rest und tragen Hörgeräte. Sie richten ihr Leben auf das Sehen aus,
haben einen Spracherwerb, kompensieren das schlechte Hören innerhalb von
Kommunikation durch das Ablesen von den Lippen und das Interpretieren der Mimik,
Gestik und der Körpersprache. Sie erlernen einen Beruf, der auf das Sehen
ausgerichtet ist und erhalten im jungen Erwachsenenleben die Diagnose RP, also
drohende Erblindung. Usher II-Betroffene werden mit der Zeit ebenfalls das Lormen
und ggf. die Brailleschrift erlernen müssen und sind mit zunehmender
Sehbehinderung ebenso auf qualifizierte Taubblinden-Assistenz angewiesen.
Usher III kommt in Deutschland bisher nicht vor.
Mittel- bis hochgradige Hör-Sehbehinderung
Eine Hör-Sehbehinderung tritt sehr häufig in Kombination auf, wobei oftmals
zunächst lediglich die Sehbehinderung diagnostiziert wird. Die Betroffenen wissen
selten, zu welchem Zeitpunkt die einzelne Sinnesbeeinträchtigung eintrat. Dies ist
darin begründet, dass bis heute weder eine Diagnose noch eine medizinische
Versorgung einer Hör-Sehbehinderung existiert; entsprechende Fachärzte gibt es
nicht. Es ist oft eine Behinderung mit einer mittelschweren Hörbehinderung und einer
mittelschweren Sehbehinderung. Eine Kompensierung ist auf einer mittleren Ebene
möglich, die Betroffenen verfügen über einen guten Spracherwerb, lesen teilweise
die Brailleschrift oder auch Schwarzschrift und sind großteils mithilfe des Weißen
Langstockes eigenständig mobil. Beruflich droht mit zunehmender Seh- oder
Hörbehinderung meist die Frühverrentung oder der Einstieg ins Berufsleben bleibt
grundsätzlich verwehrt.
Medizinische Ursachen dieser Form der Hör-Sehbehinderung können sein:
• Schädigung innerhalb der Schwangerschaft, z. B. Röteln der Mutter,
• Frühgeburt,
• Drogenabhängigkeit der Eltern,
• Meningitis in der Kindheit.
Es gibt zusätzlich die immer größer werdende Gruppe von Betroffenen, die im Alter
hörsehbehindert werden. Ursachen hierfür sind häufig:
• lebenslange Diabetes,
• Bluthochdruck,
• hoher Augeninnendruck, Grüner Star,
• altersbedingte Makula-Degeneration gekoppelt mit altersbedingter
Schwerhörigkeit.
Soziale Auswirkungen einer Hör-Sehbehinderung
Eine Sehbehinderung führt zu einer ständigen Anspannung. Jederzeit kann man
vielleicht fallen, stolpern oder sich stoßen. Das hält den Körper in einer
grundsätzlichen Anspannung der Muskeln. Die Ohren sind gespitzt.
Was ist nun, wenn die Ohren nicht mehr genügend Informationen aufnehmen und
weitergeben können? Eigentlich ist es dann fast unmöglich, allein aus dem Haus zu
gehen. Gemeinsame Treffen werden zu stressauslösenden Situationen, da Personen
nicht erkannt und ­Gespräche nicht verfolgt werden können. Bereits der Weg zu
Veranstaltungen stellt eine kaum zu überbrückende Hürde dar.
Stressfreie Teilnahme
Worauf sollte z. B. bei gemeinsamen Veranstaltungen geachtet werden, damit
Menschen mit Hör-Sehbehinderung stressfreier teilnehmen können?
1. Die Räume sollten gut beleuchtet und schallisoliert sein.
2. Eine Vorstellungsrunde hilft, sich einen Überblick über die anwesenden Personen
zu verschaffen.
3. Die Atmosphäre an sich muss leise sein, da Hintergrundgeräusche wie Musik von
Hörgeräten verstärkt werden können. Installierte oder portale Induktionsschleifen
sind sehr hilfreich.
4. Als Begleitung zum entsprechenden Ort sollte eine Assistenz zur Verfügung
stehen. Während der Versammlung braucht man eine Taubblinden-Assistenz , die
geschult ist, den Kontakt untereinander herzustellen und zu übersetzen.
Hilfsmittel für Menschen mit Hör-Sehbehinderung
Blinde Menschen sind auf höherwertige Hörgeräte angewiesen. Es reicht nicht, dass
Geräusche verstärkt werden. Die Geräte müssen ein gutes räumliches Hören
ermöglichen, um z. B. ­eine sprechende Person oder ein Auto im Straßenverkehr
orten zu können. Zusätzlich brauchen sie eine Geräuschunterdrückung von
Nebengeräuschen. Zum Glück haben technische Hörhilfen wie Zusatzmikrofone,
Mikroport-, Licht- oder Vibrations-Signalanlagen, Ringleitungen usw. heute einen
hohen Standard erreicht, der eine spürbare Reduzierung des permanenten Hör- und
Kommunikationsstresses erlaubt. Außerdem sind taktile Hilfsmittel wichtig. Dazu
zählen taktile Uhren,
Uhren mit Vibrationsalarm, vibrierende Geldscheinmesser, vibrierende
Füllstandsanzeiger, Licht-Signalanlagen mit Vibrationsalarm usw.
Das Wichtigste sind aber
1. das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten − die Nutzung eines Weißen
Langstockes, das Erlernen der Brailleschrift und des Handalphabetes Lormen (dafür
braucht es Lehrer und Trainer) und
2. verständnisvolle, freundliche und einfühlsame Mitmenschen.
Hör-Sehbehinderten- / Taubblindenarbeit des BSBH
Heike Herrmann-Hofstetter
Referentin für Hör-Sehbehinderten- und Taubblindenarbeit des BSBH
Telefon: 06421/166734
[email protected]
www.captain-handicap.de
Wir bieten regelmäßige Lormübungsgruppen, Gesprächskreise, Seminare und
Stammtische in Frankfurt, Marburg und Wetzlar an.
Seite 3
Torball
Deutsches Spitzenteam im Torball kommt aus Hessen.
Torball ist das in Deutschland am weitesten verbreitete Ballspiel für Blinde und
Sehbehinderte. Es entwickelte sich nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Sitzball.
Das Spielfeld ist 7 m breit und 16 m lang. Die Tore sind 1,30 m hoch und befinden
sich an den beiden Grundlinien und nehmen die gesamte Spielfeldbreite ein.
Vor jedem Tor befinden sich drei Matten, die den Spielern als Orientierungshilfe
dienen. Die mittlere Matte ist unmittelbar vor der Torlinie, die beiden äußeren Matten
liegen weiter vorne.
In der Mitte des Spielfeldes sind drei Leinen in 40 cm Höhe quer über das Feld
gespannt. Die mittlere Leine befindet sich über der Mittellinie. Die anderen zwei sind
im Abstand von je 2 m links und rechts von der Mittellinie angebracht.
Der Ball – ein Klingelball – ist 480 g schwer und ist in der Größe etwa mit einem
Fußball vergleichbar.
Pro Team sind drei Spieler auf dem Feld aktiv. Zu Spielbeginn nehmen die Spieler
ihre Plätze auf den Matten ein. Zum Schutz sind sie mit Knie- und
Ellenbogenschonern ausgerüstet. Eine lichtundurchlässige Brille gewährleistet die
Chancengleichheit zwischen blinden und sehbehinderten Spielern.
Der Deutsche Meister im Torball wird in einem Turnier ausgespielt. Für dieses
Endturnier können sich Vereinsmannschaften in zwei Vorrundenturnieren – einer
Nord- und einer Südrunde – qualifizieren. Das Qualifikationsturnier der Nordrunde
fand am 24. Januar 2015 in Unterliederbach bei Frankfurt statt. Hier haben die
Torballer der TG Unterliederbach in den eigenen Hallen großartige Erfolge gefeiert.
Die erste Mannschaft hat das Turnier vor dem zweitplatzierten Team aus Berlin
gewonnen. Und auch die zweite Mannschaft der Unterliederbacher qualifizierte sich
als Drittplatzierte für die Deutsche Meisterschaft im März in Dortmund.
„Nach dieser Leistung traue ich uns sogar den Deutschen Meistertitel zu“, sagte
Teammanagerin Katja Frisch. „Inoffiziell dürfen wir uns durch diesen Sieg ja bereits
norddeutscher Meister nennen.“
Der deutsche Meister qualifiziert sich für den World- bzw. den ­Euro-Cup, die im
jährlichen Wechsel ausgetragen werden. Für Nationalmannschaften gibt es die
Europa- und Weltmeisterschaften.
Darüber hinaus finden regelmäßig Einladungs- und Freundschaftsturniere statt.
Torball ist ein äußerst attraktives Spiel voller Dynamik und reichlich Toren.
Und so funktioniert das Spiel:
Drei kurze Pfiffe des Schiedsrichters ertönen; er spielt einem Außenspieler den Ball
zu. Das Match kann beginnen.
Die Spielzeit beträgt zwei Mal fünf Minuten.
Durch einen möglichst platzierten Wurf soll die Abwehr des Gegners überwunden
und ein Tor erzielt werden. Die gegnerische Mannschaft versucht dies durch schnelle
Reaktionen und ein gutes Stellungsspiel zu verhindern. Je besser ein Ball abgewehrt
und gesichert werden kann, desto rascher kann der Gegenangriff gestartet werden.
Das Tempo in einem Spiel und die Taktik, die die Mannschaften wählen, richten sich
zum einen nach den Spielertypen einer Mannschaft, aber immer auch nach dem
jeweiligen Zwischenstand.
Wird eine Leine vom Ball oder von einem Spieler berührt, gibt es Strafwurf. Der
„Verursacher“ muss das Spielfeld für einen Wurf verlassen. Die beiden übrigen
Spieler müssen versuchen, den Wurf alleine abzuwehren. Beim dritten Strafwurf
einer Mannschaft innerhalb eines Spiels gibt es einen Penalty.
Nun kommt es zum Duell eins gegen eins, d. h. der abwehrende Spieler muss das
gesamte Tor abdecken.
Um ein allzu offensichtliches Spielen auf Zeit zu verhindern, muss jeder Wurf
innerhalb von 8 Sekunden ausgeführt werden. Geschieht dies nicht, so wird das mit
einem Strafwurf geahndet.
Jeder Spieler darf nur dreimal hintereinander werfen.
Der Trainer kann pro Spiel eine Auszeit von 30 Sekunden nehmen und drei Spieler
auswechseln.
Weitere Informationen erhalten Sie bei:
Jürgen Becker
Vorsitzender der Abteilung Torball im DBS e.V.
Anspacher Str. 5 · D-61273 Wehrheim
[email protected] · Mobil: 0172/6748820
Seite 4:
Eine Schrift zum Anfassen
Stelle dir die 6 Punkte auf einem Würfel vor. Sie sind der Ausgangspunkt für die
Blindenschrift. Die Punkte sind ein bisschen erhöht und lassen sich auf
Blindenschriftpapier gut erfühlen. Jeder Buchstabe kann durch eine andere
Punktkombination dargestellt werden.
Löse das Rätsel mithilfe des Blindenschrift-Alphabets.
Ein Rätsel
Hammer, Amboss, ...
Wie heißt das dritte Gehörknöchelchen?
Die Lösung findest du auf Seite 8.
Telefonieren mit Joghurtbechern
Ihr braucht:
1 Schere
eine 10 m lange Schnur
2 saubere Joghurtbecher
2 Streichhölzer
1) Nehmt eure Joghurtbecher und stellt sie auf eine feste Unterlage. Nun sollte
euch unbedingt ein Erwachsener helfen, damit ihr euch nicht verletzt:
Vorsichtig macht ihr ein kleines Loch in den Boden der Joghurtbecher. Dafür
könnt ihr eine Schere oder einen Nagel benutzen.
2) Nun legt ihr die beiden Böden der Becher aneinander und zieht die Schnur
hindurch. Damit ihr die Schnur nicht aus Versehen wieder herauszieht,
befestigt ihr an beide Enden der Schnur jeweils ein Streichholz. Dann zieht ihr
die Becher ans jeweilige Ende der Schnur – fertig.
3) Haltet die Schnur straff gespannt und simsalabim ... Einer flüstert etwas in den
Becher. Die Schallwellen werden durch den Becher verstärkt und durch den
straff gespannten Faden zum anderen übertragen.
Seite 5:
Kennst du deine fünf Sinne?
Wie können wir unsere Umwelt wahrnehmen? Wir können sie sehen, hören, riechen,
schmecken und fühlen.
Dabei helfen uns unsere fünf Sinnesorgane: Augen, Ohren, die Nase, die Zunge und
unsere Haut. Diesmal möchten wir euch die Zunge vorstellen.
Diesmal möchten wir euch das Ohr vorstellen.
Deine Ohren sind das Sinnesorgan für das Hören und das Gleichgewicht.
Weil wir zwei Ohren haben, können wir räumlich hören und so wissen wir, aus
welcher Richtung Geräusche kommen. Anders als deine Augen, kannst du deine
Ohren nicht schließen. Pass also gut auf deine Ohren auf und setze sie keinem
großen Lärm aus.
Wie geht eigentlich „Hören“?
Die Mediziner unterteilen das Ohr in drei große Bereiche:
das Außenohr, das Mittelohr und das Innenohr.
Das Außenohr besteht aus der Ohrmuschel und dem Gehörgang.
Wenn du zum Beispiel schöne Musik hörst, entstehen Schallwellen.
Diese werden von der Ohrmuschel aufgefangen und in den äußeren Gehörgang
geleitet.
Durch ihn gelangen die Schallwellen zum Trommelfell. Stell dir das Trommelfell als
feines Häutchen vor, das sich hin- und herbewegen kann. Es ist das
Verbindungsstück zwischen dem Gehörgang und dem Mittelohr.
Durch die Bewegung des Trommelfells gelangt der Schall ins Mittelohr. Dort fangen
drei winzig kleine Gehörknöchelchen den Schall auf.
Das Erste sieht aus wie ein Hammer.
Das Zweite ähnelt
Und das dritte Gehörknöchelchen gleicht einem Steigbügel.
Daher kommen ihre Namen.
Die kleinen Gehörknöchelchen machen den Schall lauter und führen ihn vom
Mittelohr ins Innenohr. Im Innenohr ist die Schnecke, darin eine Flüssigkeit und viele
tausend Sinneshärchen. Mit dem Schall geraten die Flüssigkeit und die
Sinneshärchen in Bewegung. Diese wandelt sich in elektrische Impulse um, die
schließlich der Hörnerv zum Gehirn weiterleitet.
Eine ganz schön tolle Sache das Hören, aber gar nicht so einfach, was?
Im Innenohr befindet sich auch das Gleichgewichtsorgan. Es sorgt dafür, dass du
dein Gleichgewicht halten und oben, unten, links und rechts einordnen kannst.
Es gibt Kinder oder Erwachsene, die nur schwer oder gar nicht hören können.
Manchmal passiert dies von Geburt an und manchmal wird das Hören im Laufe des
Lebens schlechter. Aber wie Brillen für die Augen gibt es Hörgeräte für die Ohren.
Sie können helfen, besser zu hören.
Seite 6:
Lebensqualität Zurückgewinnen
Ein Weißer Stock bringt Reisefreiheit
Erfahrungsbericht von Carmen Strack
Berlin, Sommer 2012: „Könntest du einige Lebensmittel besorgen, während wir
unterwegs sind?“ fragt meine Schwester. Wir haben hier zu viert eine Ferienwohnung
gemietet. Die drei anderen planen einen Ausflug, der mir zu anstrengend ist. Ich
habe eine gravierende Sehbehinderung, kann nur mit stark vergrößernder Lupe
überhaupt noch etwas lesen, habe kein perspektivisches Sehen mehr und kann
Entfernungen nicht einschätzen. Das Einkaufen im nahen Supermarkt traue ich mir
jedoch alleine zu.
Ich gehe also los. Da ich Zeit habe, kann ich alle paar Meter stehen bleiben und mich
umsehen. In der Straße stehen hohe, alte Häuser mit wunderschönen Fassaden,
bunt bepflanzten Balkonen und kunstvoll geschnitzten Eingangstüren. Diesen Weg
sind wir schon oft gegangen und ich stelle erstaunt fest, dass ich das alles bisher
nicht bemerkt habe, weil ich mich auf den Boden vor mir konzentrieren musste, um
nicht zu stolpern. In der Gruppe konnte ich nicht stehen bleiben, um hochzusehen. In
Berlin wechseln die Bodenbeläge auf den Gehwegen sehr häufig ihre Beschaffenheit
und Farbe, aber ich kann nicht erkennen, ob es ohne Stufe weitergeht. Also bin ich
vorsichtig und rechne jederzeit mit Absätzen. Meine Mitreisenden nehmen zwar
Rücksicht, aber ich empfinde mich doch als Hemmschuh. So war ich damals zu dem
Entschluss gekommen, diese Städtereisen nicht mehr mitzumachen, um die anderen
nicht zu behindern und weil ich bei den gemeinsamen Unternehmungen zu Fuß nicht
mehr wirklich viel mitbekomme.
In der Folgezeit sprechen wir öfter über die schöne Woche in Berlin und es heißt
dann: „Das machen wir bald wieder.“ Ich überlege, ob ich es noch mal riskieren kann.
Vielleicht sollte ich es mit einem Mobilitätstraining versuchen? Das hieße, mit dem
Blindenlangstock zu laufen. Alles in mir sträubt sich dagegen. Ich hatte schon große
Probleme damit, den gelben Anstecker mit den drei schwarzen Punkten zu tragen.
Natürlich ist es sicherer, wenn ich mich als sehbehindert bzw. blind kennzeichne,
aber ich empfinde mich nicht als bedauernswertes Geschöpf, das ständig auf Hilfe
angewiesen ist. Ich will nicht über meine Seheinschränkung definiert werden!
Das Tragen des Blinden-Ansteckers habe ich 2011 erstmals im Urlaub auf Mallorca
ausprobiert. Da ich nicht, wie befürchtet, das Gefühl hatte, von allen komisch
angesehen zu werden, sondern eher auf mich Rücksicht genommen wurde, trug ich
den Anstecker dann auch zu Hause und machte keine negativen Erfahrungen. Im
Gegenteil: Wenn ich an der Haltestelle fragte, welche U-Bahn gerade einfährt,
­ersparte ich mir Antworten wie „das steht doch dran“ und meine Erklärung „ich kann
es aber nicht mehr lesen“. Heute fühle ich mich unsicher, ja sogar etwas
„unbeschützt“, wenn ich mal vergesse, meinen Button anzustecken. Könnte es sein,
dass es mir mit dem Langstock ähnlich ginge? Beim AMD-Stammtisch des BSBH,
der einmal monatlich für Makula-Degeneration Betroffene in Frankfurt angeboten
wird und den ich regelmäßig ­besuche, wurde immer mal wieder über
Mobilitätstraining und Orientierung gesprochen.
Ich ließ mir bei meinem nächsten Augenarzt-Besuch einen Weißen Stock und die
dazugehörige Schulung verordnen. Mit Susanne Reith, Rehabilitationslehrerin und
Leiterin unseres AMD-Treffs übte ich den richtigen Gebrauch des Langstocks und
erhielt außerdem viele nützliche Hinweise bzgl. Ampelanlagen, Bodenindikatoren etc.
Kurze Wege, die ich gut kenne, laufe ich auch heute noch manchmal ohne Stock,
aber ich fühle mich mit ihm auf jeden Fall sicherer. Außerdem bewege ich mich damit
gerade im Menschengewühl viel unbehelligter, weil alle dem Stock aus dem Weg
gehen und Fahrradfahrer, die sonst ganz knapp an mir vorbeifuhren, jetzt einen
Bogen um mich machen.
Bei unserem diesjährigen Berlin-Trip sagte meine Schwester: „Seit Carmen mit ihrem
Stöckchen geht, läuft sie blitzeflink vor uns her!“ Ich wünsche, ich könnte allen
Menschen, denen es so geht wie mir, nur für eine halbe Stunde einmal das
großartige Gefühl der Entlastung und Freiheit vermitteln, die das unbeschwerte
Laufen mit dem Stock zurückgibt.
Wenn ich heute aus einer fremden Stadt berichte, erzähle ich nicht, wie oft der
Straßenbelag wechselt, sondern von schönen Häuserfassaden und interessanten
Schaufensterauslagen, von den Sehenswürdigkeiten, die es zu bestaunen gibt und
von Menschen, die an mir vorbeieilen, lässig schlendern oder an ­einem
Springbrunnen in der Sonne sitzen.
Seite 7:
Neubaudes Blinden- und Sehbehindertenbundes in Kassel ist fertig
Neben unserer vollstationären Pflegeeinrichtung in Kassel in der Eschebergstraße,
sind nun auch das betreute Wohnen und die Tagespflege fertiggestellt.
Seit Mai 2014 konnten die Wohnungen bezogen werden. Zwischenzeitlich sind alle
Wohnungen vermietet.
Am 3. November 2014 wurde die Tagespflege eröffnet.
Was ist Tagespflege?
Pflegebedürftige Menschen haben die Möglichkeit, gut versorgt, in Gesellschaft den
Tag zu verbringen.
Ein sehr großes Problem immobiler, pflegebedürftiger Menschen ist die soziale
Verarmung. Sie haben kaum Möglichkeiten der Kommunikation, der Abwechslung
oder der Unterhaltung. Oftmals ist der Besuch des ambulanten Pflegedienstes die
einzige Kommunikationsmöglichkeit am Tag, und diese Zeit ist bekanntlich sehr kurz
bemessen.
Tagespflege kann bedeuten, vielleicht einen Heimaufenthalt zu verhindern,
zumindest aber aufzuschieben.
Mit dem hauseigenen Bus werden die Tagesgäste von zu Hause abgeholt und am
späten Nachmittag wieder in ihre eigenen vier Wände zurückgebracht.
Neben der bekannt guten Küche, mit stets frisch zubereiteten Mahlzeiten, steht die
sinnvolle Beschäftigung im Vordergrund der Tagesgestaltung, alles im Rahmen der
individuellen Möglichkeiten.
Geschultes, therapeutisches Personal steht den Gästen den ganzen Tag zur
Verfügung.
Die Kosten für die Tagespflege werden von der Krankenkasse mitfinanziert.
Wir hoffen sehr, dass dieses Angebot gut angenommen wird. Nach den Erfahrungen,
die wir in unserer Pflegeeinrichtung gemacht haben, können wir davon ausgehen,
dass genau die Tagespflege das ist, was im Stadtteil Harleshausen noch fehlte.
Wir, der BSBH, bieten somit auf unserem Gelände ein „rundes“ Angebot mit
Wohnungen, betreutem Wohnen, Tagespflege und einer vollstationären
Pflegeeinrichtung.
Suchen – finden – helfen!
Mit jeder einzelnen Suchanfrage über die neue Suchmaschine www.benefind.de
können Sie den Blinden- und Sehbehindertenbund in Hessen e.V. unterstützen.
Dank der Technik von bing.de – der Suchmaschine von Microsoft – erhalten Sie
gleichzeitig Suchergebnisse auf gewohnt hohem Niveau. Jetzt auf www.benefind.de
umsteigen, mithelfen und weitersagen!
Seite 8:
Beratungsstellen des BSBH in ganz Hessen
Der BSBH hat zurzeit über 150 ehrenamtliche Kräfte, welche selbst blind oder
sehbehindert sind. Die ehrenamtliche Arbeit wird auch in Zukunft das Standbein
unserer Arbeit bleiben.
Mit ehrenamtlichen Kräften ­allein ist es aber nicht mehr möglich, flächendeckend
den Anforderungen an eine kompetente Beratung blinder und sehbehinderter
Menschen und ihrer­Angehörigen gerecht zu werden.
Die Arbeit der Ehrenamtler muss von hauptamtlichen Beratungskräften unterstützt
und begleitet werden. Außerdem müssen die ehrenamtlichen und hauptamtlichen
Kräfte regelmäßig fort- und weitergebildet werden.
Hierfür müssen Fortbildungskonzepte geschaffen und umgesetzt werden. All dies
kostet Geld, welches mit Mitgliedsbeiträgen nicht zu erwirtschaften ist.
Hier sind wir auf Ihre Spenden angewiesen:
Bankverbindung: PAX-Bank Köln
IBAN: DE80 5502 0500 0007 0293 00
BIC: BFSWDE33MNZ
Hier erhalten Sie Rat und Hilfe:
Bezirksgruppen des Blinden- und Sehbehindertenbundes in Hessen:
Darmstadt-Südhessen: 06151 / 29 49 63
Frankfurt: 069 / 59 12 59
Beratungsstellen Blickpunkt Auge: 069 / 15 05 96 81
Gießen-Oberhessen: 0641 / 250 99 19
Hanau: 06181 / 95 66 63
Kassel-Nordhessen: 0561 / 286 16 70
Lahn-Dill: 06431 / 93 20 08
Beratungsstelle Blickpunkt Auge: 06431 / 29 65 02
Marburg: 06421 / 462 99
Beratungsstelle Blickpunkt Auge: 06421 / 2 94 98 01 (mit Anrufbeantworter)
Offenbach: 069 / 85 87 37 oder 069 / 83 19 61
Osthessen: 06678 / 45 6
Wiesbaden: 0611 / 545 92
Beratungsstelle Blickpunkt Auge: 0611 / 34 18 76 12
Termine 2015
23. April
Heeresmusikkorps der Bundeswehr
Benefizkonzert zugunsten des Blinden- und Sehbehindertenbundes in Hessen,
Stadthalle Baunatal
20. bis 22. Mai
13. SightCity Frankfurt
Europaweit größte Messe von Hilfsmitteln für Blinde und ­Sehbehinderte, Sheraton
Airport Hotel Frankfurt
29. Mai bis 07. Juni
Hessentag Hofgeismar
Der BSBH ist auf dem ­Hessentag mit einem Informationsstand auf der
Landesausstellung vertreten.
06. Juni
„Tag der Sehbehinderten“
02. bis 04. Juli 11. Deutscher Seniorentag Frankfurt
18. Juli
90jähriges Jubiläum des Blinden- und Sehbehindertenbundes in Hessen, Villmar
08. bis 15. Oktober
„Woche des Sehens“
15. Oktober
„Tag des Weißen Stocks“
Der „Tag des Weißen Stocks“ bildet traditionell den Abschluss der „Woche des
Sehens“.
08. November
hr Kulturlunch-Konzert Hessischer Rundfunk, Frankfurt
Rätsellösung vom Seite 4
der Steigbügel
Impressum
Blinden- und Sehbehindertenbund in Hessen e. V. (BSBH)
Eschersheimer Landstraße 80, 60322 Frankfurt am Main
Telefon: 069 / 15 05 96-6, Fax: 069 / 15 05 96-77
E-Mail: [email protected], Internet: www.bsbh.org
Bankverbindung: PAX-Bank Köln
IBAN: DE80 5502 0500 0007 0293 00
BIC: BFSWDE33MNZ
Ihr Ansprechpartner: Klaus Meyer,
E-Mail: [email protected]
V.i.S.d.P.: Klaus Meyer
Grafische Gestaltung und Layout:
sanart grafik design, Bad Vilbel, www.sanartgrafik.de
Illustrationen: Atelier Yaprakkiran
Druck: Henrich Druck + Medien GmbH
Vielen Dank an alle, die uns mit Ideen, Fotografien oder Beiträgen bei der
Verwirklichung dieser Zeitung unterstützt haben.
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