Untersuchungen des Sättigungseffektes gasgefüllter Ionisationskammern an verschiedenen medizinischen Linearbeschleunigern Masterarbeit zur Erlangung des Grades eines Master of Science (M.Sc.) im Studiengang Medizinische Physik an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Heinrich-Heine Universität in Düsseldorf vorgelegt von Zeliha Eroglu Erstprüfer: Zweitprüfer: Dr. Ioannis Simiantonakis Prof. Dr. Thomas Heinzel Klinik für Strahlentherapie Institut für Festkörperphysik Universitätsklinikum Düsseldorf Heinrich Heine-Universität Düsseldorf Zum Gedenken an meinen Vater Yusuf Eroglu Meinem Vater möchte ich dafür danken, dass er mir viele Charaktereigenschaften - wie das Interesse an der Natur, Ausdauer und Willensstärke - vererbt hat. Ich bedauere, dass er meinen Werdegang nicht miterleben konnte. Danksagung Die vorliegende Arbeit, die in der Universitätsklinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie Düsseldorf angefertigt wurde, war nur durch die Mitwirkung und Unterstützung vieler Menschen möglich, denen an dieser Stelle mein herzlicher Dank gebührt. Einen ganz herzlichen Dank möchte ich Herrn Dr. Ioannis Simiantonakis aussprechen, der sowohl meine Bachelor- als auch meine Masterarbeit betreut, mich während meiner gesamten Studienzeit mit Rat und Tat unterstützt und mir den Weg in die Strahlentherapie eröffnet hat. Vielen Dank! Ein besonderer Dank gebührt Herrn Prof. Dr. Thomas Heinzel in seiner Funktion als Studienberater der Medizinischen Physik für die freundliche Unterstützung und Betreuung seiner Studentinnen und Studenten während der gesamten Studienzeit! Vielen Dank auch für die lehrreiche und schöne Zeit, die ich als Studentin der Medizinphysik an der HHU Düsseldorf verbringen durfte, und für die Übernahme des Zweitgutachtens. Auch möchte ich mich in besonderer Weise bei Herrn Burkhardt Bannach für seine fachliche und persönliche Unterstützung sowie Förderung und ebenso für die wertvollen Ratschläge, die zum Gelingen meiner Masterarbeit beitrugen, bedanken! Weiterhin möchte ich mich bei Herrn Dr. Holger Gottschlag für seine großartige Unterstützung während der gesamten Bearbeitungszeit bedanken! Er hatte stets ein offenes Ohr für Fragen und Probleme und stand mir jederzeit mit fachlichem Rat zur Seite. Außerdem bedanke ich vielmals für das ausführliche Korrekturlesen meiner Masterarbeit. Herrn Thorsten Doll, Herrn Majid Ghorbanpour und Frau Chantal Sanne danke ich endlos für ihre Hilfe beim Planen, Durchführen und Auswerten der Messungen! Ganz herzlichen Dank auch an Herrn Dipl.-Phys. Axel Schmachtenberg, Leitender Medizinphysiker an der Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie des Universitätsklinikum Aachen, für das Leihen der Roos Kammer! Herrn Rob Veenhof, Experimentalphysiker am CERN in Genf, möchte ich meinen besonderen Dank für das sehr rasche Antworten meiner Fragen zum Simulations- programm GARFIELD aussprechen! Ebenso möchte ich mich ganz herzlich bei Dr. Götz Lehmann und Philipp Martini für das Interesse an meiner Arbeit und das Einarbeiten in die Programmiersprachen C++ und GARFIELD bedanken. Auch wenn ich die Universität sicherlich mit einem weinenden Auge verlassen werde, so schaue ich doch voller Vorfreude und Zuversicht auf die neuen Aufgaben, die das Berufsleben an mich stellen wird. Dass ich für diese Aufgaben so gut gewappnet bin, verdanke ich vielen Mitarbeitern der Strahlenklinik, namentlich Ulrike Berck, Sabine Gramp, Karsten Henze, Silvia Kiggen, Benno Remling, Christoph Stasch und Paulo Pereira do Vale. Vielen Dank für die ausgezeichnete Arbeitsatmosphäre und die wertvollen Ratschläge für mein praktisches Berufsleben! Danken möchte ich auch Frau Dr. med. Karin Zwiefel, Koordinatorin des interdisziplinären Brustzentrums, für die hervorragende Kooperation bei der intraoperativen Radiotherapie sowie das zur Verfügung stellen des OP-Saals für meine Messungen! Überaus dankbar bin ich auch meinen Kommilitoninnen Sarah Brina, Iris Bruchmann, Karoline Fach, Ronja Hecker, Kathrin Kruppa und Tatjana Sentjabrskaja für ihre Freundschaft und die unvergesslichen Momente während der Studienzeit! Nicht zuletzt gilt mein besonderer und tiefer Dank meiner lieben Mutter und meinen beiden Schwestern, Zehra und Züleyha, die mich nicht nur während der Masterarbeit, sondern während meines gesamten Studiums tatkräftig unterstützt und ermutigt haben! „Ein Abschied schmerzt immer, auch wenn man sich schon lange darauf freut.“ Arthur Schnitzel Ehrenwörtliche Erklärung Hiermit versichere ich, dass ich die Masterarbeit zum Thema „Untersuchungen des Sättigungseffektes gasgefüllter Ionisationskammern an verschiedenen medizinischen Linearbeschleunigern“ vollkommen selbständig angefertigt habe und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt sowie die wörtlich oder inhaltlich übernommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Düsseldorf, den 21. Januar 2013 Z. Eroglu Ort, Datum, Unterschrift Vorwort Gasgefüllte Ionisationskammer spielen in der Strahlentherapie eine bedeutende Rolle. Sie beruhen auf dem Prinzip der Ionisation eines Gases durch die eindringende Strahlung. Werden alle Atome im Gas ionisiert, so spricht man von einer Sättigung. Aufgrund der hohen Ionisierungsdichte tendieren die Elektronen und Ionen jedoch miteinander zu rekombinieren. Folglich läuft die Ionisationskammer aus der Sättigung (sog. „unvollständige Sättigung“). Solche hohen Ionisierungsdichten treten bei Beschleunigern auf, deren Dosis pro Puls um ein Vielfaches höher ist als bei konventionellen medizinischen Linearbeschleunigern. Dieser Rekombinationseffekt muss in der klinischen Dosimetrie durch den Sättigungskorrekturfaktor kS berücksichtigt werden. Allerdings ergeben sich bei der Bestimmung des Korrekturfaktors kS dosimetrische Fragestellungen, weil die Standardmethoden zur Ermittlung der Dosis nach den dosimetrischen Protokollen eine Abweichung bis zu 20 % [1] aufweisen. Daher wird für die Dosismessung eine Dosis pro Puls unabhängiges Dosimeter wie die radiochromen Filme als Referenzdosimeter vorgeschlagen. In der klinischen Dosimetrie leisten Ionisationskammer dennoch einen großen Beitrag zur täglichen Qualitätskontrolle und können nicht durch andere aufwendige Dosismessverfahren wie die radiochromen Filme ersetzt werden. Die vorliegende Masterarbeit beschäftigt sich daher mit der Untersuchung des Sättigungseffektes gasgefüllter Ionisationskammern bei Elektronenstrahlen. Der Korrekturfaktor kS wird für zwei verschiedene planparallele Ionisationskammern an zwei verschiedenen medizinischen Linearbeschleunigern bestimmt: einen Elekta Precise SL-15 Linearbeschleuniger und einen NRT Novac7 mobilen Elektronenlinearbeschleuniger. Zur Bestimmung von kS werden die in der Literatur empfohlenen Methoden angewandt, miteinander verglichen und auf ihre Zuverlässigkeit überprüft. Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 2. Physikalische Grundlagen 2.1. Dosimetrische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Gasgefüllte Ionisationskammern . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Rekombinationstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4. Verfahren zur Bestimmung der unvollständigen Sättigung 2.5. Boag’sche Sättigungskorrektur . . . . . . . . . . . . . . . 2.6. Radiochrome Filme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 5 14 20 27 31 37 3. Material und Methoden 41 4. Mess- und Simulationsergebnisse 4.1. Untersuchungen zur unvollständigen Sättigung . . . . . . . . . . . . 4.2. Ermittlung der Wasserenergiedosis DW . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3. Simulationsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 53 61 63 5. Diskussion 73 6. Zusammenfassung 82 Abbildungsverzeichnis 85 Tabellenverzeichnis 90 Literatur 92 1 Die Neugier steht immer an erster Stelle eines Problems, das gelöst werden will. Galileo Galilei Einführung Die Strahlentherapie spielt bei vielen Tumorerkrankungen für die Heilung eine entscheidene Rolle und nimmt somit einen wichtigen Stellenwert in der Therapie von bösartigen Erkrankungen ein. Sie ist vor allem ein fester Bestandteil der Primärbehandlung des Mammakarzinoms. Etwa 60 % aller Krebspatienten erhalten im Verlauf ihrer Behandlung eine Bestrahlung, wodurch das Lokalrezidivrisiko langfristig entscheidend gesenkt und die Überlebenswahrscheinlichkeit erheblich verbessert wird. In der Strahlentherapie werden die unterschiedlichen Reaktionen von Krebszellen im Vergleich zu gesunden Körperzellen auf Bestrahlung ausgenutzt. Besonders während der Zellteilungsphase sind Zellen empfindlich gegenüber hochenergetischer, ionisierender Strahlung. In der Regel teilen sich die Krebszellen viel häufiger als normales, gesundes Gewebe, so dass sie dadurch meist strahlenempfindlicher sind und stärker beschädigt werden können. Aufgrund der schädigenden Strahlenwirkung wird die zu verabreichende Gesamtdosis auf mehrere Einzeldosen (sog. fraktionierte Strahlentherapie) aufgeteilt, um typische Strahlenschäden an der Haut wie Rötungen (Erythem), feuchte Wunden (Epitheliolysen) oder Haarausfall (Alopezie) so gering wie möglich zu halten. Die konventionelle Fraktionierung erstreckt sich über einen Zeitraum von mehreren Wochen und einer täglichen Einzeldosis von etwa 1.8 - 2.0 Gy. So kann sich das normale Gewebe in der Zeit zwischen den Bestrahlungen von der geringen Dosis schneller als die Krebszellen erholen. Ziel einer Tumorbehandlung ist es, die Tumorzellen mit einer möglichst großen Dosis bei einer weitgehenden Schonung des gesunden Gewebes bzw. der Risikoorgane zu bestrahlen. Dazu werden in der klinischen Routine 1 1 Einführung durch einen Medizinphysik-Experten (MPE) mithilfe geeigneter Bestrahlungsplanungsprogramme (Treatment Planning System, TPS) ein individueller computergestützter Bestrahlungsplan berechnet. Dabei kann das Bestrahlungsfeld durch eine geeignete Auswahl der Bestrahlungsparameter auf das Tumorgebiet konzentriert werden. Als Bestrahlungsparameter dienen die Strahlungsart (Korpuskularstrahlung, Photonenstrahlung), die Strahlungsenergie, die Feldgröße, die Feldform und der Bestrahlungsabstand. Ferner ist die physikalische Optimierung der Dosisverteilung im Patienten anhand von unterschiedlichen Bestrahlungstechniken von entscheidender Bedeutung. Durch Anwendung geeigneter Bestrahlungstechniken kann das vorgegebene Planungszielvolumen bei optimaler Schonung des gesunden Gewebes erfasst werden. Durch die Bestrahlungstechnik wird die Lokalisation des Bestrahlungsgebiets exakt festgelegt, die kritischen Organe klar definiert, sowie der Einstrahlwinkel durch die Haut bis zum Tumor bestimmt. Die Bestrahlung selbst wird an einem konventionellen Linearbeschleuniger (engl. Linear Accelerator, LINAC) durchgeführt. Eine Beschreibung der Funktionsweise eines konventionellen Linearbeschleunigers kann in der Literatur nachgelesen werden ([2], [3]). Eine andere Bestrahlungsmethode ist die Intraoperative Radiotherapie (IORT) (siehe Abb. 1.1). Die IORT ist eine direkte und zielgenaue Bestrahlung der potenziell verbliebenen Tumorzellen mit einer einmaligen hohen Einzeldosis (ca. 10 20 Gy) nach der Entfernung des makroskopisch sichtbaren Tumors während einer brusterhaltenden Operation zur Vermeidung von Rezidiven. Aufgrund der hohen lokalen Energiedeposition und der endlichen Eindringtiefe (einige cm) der verwendeten Elektronenstrahlung werden strahlunginduzierte Schäden außerhalb des Zielvolumens erheblich reduziert, womit ein Maximum an Gewebeschonung erreicht wird. Studien zur IORT als eine vorgezogene Boostbestrahlung (entspricht einer erhöhten lokalen Dosis im Bereich des Tumorbetts) des Mammakarzinoms in Kombination mit einer Ganzbrustbestrahlung ergaben sehr niedrige Lokalrezidivraten. „Die bisherigen Ergebnisse der intraoperativen Bestrahlung, als so genannter Boost, sind sehr vielversprechend. Nur 1.5 % der intraoperativ behandelten Patientinnen wurde nach einer mittleren Beobachtungszeit von fünf Jahren erneut ein Tumor in der Brust entdeckt. [...] Die verkürzte Bestrahlungsphase reduziert 2 1 Einführung außerdem die psychische Belastung der Patientinnen erheblich.“ 1 Im Vergleich zur konventionellen Bestrahlung bietet die IORT einige Vorteile [4]: • Maximierung des radiobiologischen Effektes durch eine hohe Strahlendosis direkt im rezidivgefährdeten Tumorbett und die Steigerung der Lebensqualität des Patienten aufgrund des Wegfalls der fraktionierten Boostbestrahlung. • Timing: Frühzeitiger Einsatz der Bestrahlung, sofort nach der Tumorresektion, zur Vermeidung eines möglichen Zellwachstums (Repopulierung). Die perkutane Brustbestrahlung erfolgt frühestens 5-6 Wochen nach der IORT bzw. nach der Chemotherapie. • Kein „geographic miss“: Das Zielvolumen wird durch die Platzierung des Applikators im Tumorbett sicher definiert. Der steile Dosisabfall zur Peripherie des Applikators ermöglicht somit eine geringe Dosisbelastung im umliegenden Gewebe. Abbildung 1.1: Positionierung des Applikators über dem Tumorbett bei der IORTAnwendung. 1 Prof. Dr. Frederik Wenz, Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie der Universitätsmedizin Mannheim 3 1 Einführung Ein Nachteil der IORT ist die Verlängerung der Operationszeit. Aufgrund der hohen Pulsdosisleistung des hierbei verwendeten mobilen Linearbeschleunigers beträgt jedoch die Bestrahlungszeit nur einige Minuten. Für die IORT wird im Universitätsklinikum Düsseldorf ein mobiler Elektronenlinearbeschleuniger Novac7 der Firma NRT (New Radiant Technology, Aprilia/Italien), der mit Pulsdosen im Bereich von 30 mGy/Puls bis 60 mGy/Puls abstrahlt, für die Bestrahlung von Mammakarzinomen eingesetzt. Beim mobilen Linearbeschleuniger ist die Dosis pro Puls um ein Vielfaches höher als bei konventionellen Linearbeschleunigern (ca. 0.1 mGy/Puls). Die hohe Dosis pro Puls reduziert die Bestrahlungszeit (einige Minuten) erheblich. Jedoch können sowohl die nationalen Dosimetrieverfahren nach dem Deutschen Institut für Normung (DIN) [5] als auch die internationalen Dosismessverfahren nach IAEA TRS (IAEA Technical Report Series) [6] wegen zu hohen Sättigungsverlusten in einer gasgefüllten Ionisationskammer nicht ohne Weiteres zur Ermittlung der absoluten Dosis verwendet werden. Das Ziel der vorliegenden Masterarbeit besteht daher in der Untersuchung des Sättigungseffektes anhand der in der Literatur empfohlenen Methoden wie die Jaffé-Diagramme, die ZweiSpannungs-Methode (TVM) und die dose-per-pulse-Methode (DPP-Methode). Zudem werden zwei experimentelle Vorgehensweisen vorgestellt, die auf die Boag’sche Theorie basieren und speziell für die Untersuchung des Sättigungseffektes bei hohen Dosis pro Pulswerten konzipiert wurden. Ferner werden der Sättigungseffekt und das Kammerverhalten mit dem Simulationsprogramm GARFIELD näher analysiert. Die Sättigungskorrektur kS wurde bislang mit experimentell ermittelten Werten wie die Driftgeschwindigkeit der Elektronen ω und die Lebensdauer der freien Elektronen τ berechnet. Das GARFIELD Programm ermöglicht nun die Berechnung der Sättigungskorrektur kS mithilfe simulierten Werten. 4 2 Es ist nicht genug zu wissen, man muss auch anwenden, es ist nicht genug zu wollen, man muss auch tun. J. W. v. Goethe Physikalische Grundlagen In diesem Kapitel werden die verschiedenen physikalischen Dosisgrößen für die Dosimetrie sowie die physikalischen Grundlagen zu gasgefüllten Ionisationskammern erläutert. Es werden die Vorgänge zur Ionenerzeugung sowie die thermische Diffusion und Beweglichkeit der Elektronen und positiv geladener Ionen dargestellt. Schließlich folgt eine ausführliche Beschreibung der Mechanismen der Rekombination und der Ladungsverluste. 2.1 Dosimetrische Grundlagen In diesem Abschnitt werden die wichtigsten physikalischen Gegebenheiten und die dosimetrischen Begriffe zusammengefasst. Der Begriff der Dosimetrie spielt in der Strahlentherapie eine wichtige Rolle. Sie beschäftigt sich mit der Messung der Dosis und erlaubt eine quantitative Beschreibung der physikalischen Wirkung ionisierender Strahlung auf menschlisches Gewebe. Ionisierende Strahlung Als ionisierende Strahlung werden Teilchenstrahlen (αStrahlen sowie Elektronen-, Neutronen-, Protonen-Strahlen) oder elektromagnetische Strahlen (γ-Strahlung, Röntgenstrahlung) bezeichnet, die beim Durchgang durch Materie Atome oder Moleküle ionisieren. Im Allgemeinen kann die Wirkung von ionisierender Strahlung direkt oder indirekt erfolgen. • Direkt ionisierende Strahlung besteht aus geladenen Teilchen (Elektronen, 5 2 Physikalische Grundlagen Protonen, Deuteronen, α-Teilchen), die die Materie durch Stöße unmittelbar ionisieren können. • Indirekt ionisierende Strahlung besteht aus ungeladenen Teilchen (Photonen, Neutronen), bei denen die Wechselwirkung mit der Materie in zwei Stufen abläuft: 1. Die ungeladenen Teilchen wechselwirken mit den Atomen der durchstrahlten Materie und erzeugen elektrisch geladene Teilchen (sog. Sekundärteilchen). 2. Diese freigesetzten Sekundärteilchen ionisieren nun ihrerseits die Materie. Wechselwirkung direkt ionisierender Strahlung mit Materie Da in dieser Masterarbeit zur Messung der Energiedosis nur die Elektronenstrahlen verwendet werden, wird die Beschreibung der Wechselwirkung indirekt ionisierender Strahlung mit Materie hier ausgeklammert. Sie kann in der Literatur (siehe [7]) nachgelesen werden. Dringt ein hochenergetisches Elektron in Materie ein, so finden vielfältige Wechselwirkungsprozesse statt, die einerseits zu einem Energieverlust des Elektrons und andererseits zu einer Richtungsänderung des Elektrons führen können. Im Wesentlichen beruht die Wechselwirkung von geladenen Teilchen mit Materie auf verschiedenen Vorgängen wie der inelastischen Streuung an Hüllenelektronen (Anregung des Hüllenelektrons oder Ionisation des Atoms), elastische und inelastische Streuung an Kernen und Bremsstrahlung. Der Beitrag jeder Wechselwirkung hängt von der Teilchenart, ihrer Energie und Ladung ab, sowie von der absorbierenden Materie (Ladung Z, Dichte ρ und Atomzahl A). Weil die geladenen Teilchen immer von einem elektrischen Feld umgeben sind, wechselwirken sie vorwiegend mit den Hüllenelektronen der Materie und bei ausreichender Annäherung an das Atomkern sogar mit dem Coulombfeld des Atomkerns. Die Art dieser CoulombWechselwirkung hängt insbesondere vom Abstand zwischen dem eingestrahlten geladenen Teilchen und dem Stoßparameter s ab (siehe Abb. 2.1). Je nach Größenverhältnis zwischen Stoßparameter s und Atomradius ratom kann eine Einteilung der Coulumb-Wechselwirkungen in mehrere Bereiche gemacht werden [8]: 6 2 Physikalische Grundlagen Abbildung 2.1: Zur Definition des Stoßparameters s bei den Wechselwirkungen geladener Teilchen. Z: Stoßzentrum. s: Stoßparameter als Abstand der Asymptote an die Bahn des einfliegenden Teilchens vom Stoßzentrum. ϕ: Streuwinkel [8]. • Große Teilchenentfernung s ratom : Hier finden die Coulomb-Wechselwirkungen mit der gesamten Atomhülle statt. Die Atomhülle wird durch die Ladung des einfliegenden Teilchens verformt und polarisiert. Das stoßende Elektron verliert dabei nur wenig Bewegungsenergie, die lediglich zur Erhaltung des Impulses benötigt wird. Das einfliegende Elektron ändert durch den Stoß seine Flugrichtung und wird elastisch gestreut (siehe Abb. 2.2 (a)). Den größten Teil der Bewegungsenergie verlieren die Elektronen durch inelastische Stöße mit den Hüllenelektronen. Das einlaufende Elektron verliert hierbei den zur Anregung oder Ionisation eines äußeren Hüllenelektrons benötigte Energie. Aus der äußeren Elektronenschale werden Sekundärelektronen freigesetzt, die niederenergetisch sind und ihre Energie in unmittelbarer Umgebung abgeben. • Entfernung etwa Atomradius s ≈ ratom : Bei abnehmendem Stoßparameter können die einlaufenden Elektronen mit gebundenen inneren Hüllenelektronen wechselwirken (siehe Abb. 2.2 (b) und (c)). Dabei werden die gestoßenen Hüllenelektronen mit wesentlich höheren Energien und mit größeren Streuwinkeln als im Fall s ratom emittiert. Die emittierten Elektronen werden als δ-Elektronen bezeichnet. δ-Elektronen sind Sekundärelektronen, 7 2 Physikalische Grundlagen die genügend Bewegungsenergie besitzen, um selbst weitere Ionisationen auszulösen. • Flugbahn innerhalb der Atomhülle s ratom : Wenn die Elektronenenergie so hoch ist, um die den Atomkern abschirmende Elektronenhülle zu durchdringen, so können sie direkt mit dem Coulombfeld des Atomkerns wechselwirken. Werden die Elektronen ohne Energieverlust gestreut, bezeichnet man diesen Vorgang als Coulomb-Streuung oder auch elastische Kernstreuung (siehe Abb. 2.2 (d)). Werden sie jedoch unter Energieverlust im Kernfeld abgelenkt, so bezeichnet man das als Bremsstrahlungserzeugung bzw. unelastische Kernstreuung (siehe Abb. 2.2 (e)). Dabei wird ein Teil der Energie in Photonenstrahlung umgewandelt. In der Strahlentherapie bieten die energiereichen Elektronen zahlreiche Vorteile wie die endliche, durch die Elektronenenergie definierbare Reichweite der Strahlung im menschlichen Körper und den steilen Dosisabfall nach schnellem Erreichen des Dosismaximums (siehe Tiefendosiskurve in Abb. 2.3). Dadurch kann eine optimale Anpassung der Bestrahlung an das Zielvolumen und eine Schonung tiefer liegender Gewebeanteile garantiert werden. Das totale Bremsvermögen für geladene Teilchen Der gesamte Energieverlust geladener Teilchen setzt sich aus Stoßbremsvermögen Scol (Energieverlust durch Anregung oder Ionisation) und aus Strahlungsbremsvermögen Srad (Energieverlust durch Bremsstrahlung) zusammen. Das totale Bremsvermögen (engl. stopping power) ist der Quotient aus dem aus allen Wechselwirkungen bedingten gesamten mittleren Energieverlust des Elektrons und der zurückgelegten Wegstrecke des Elektrons in der absorbierenden Materie: dE = Scol + Srad (2.1) Stot = dx tot Der relative Anteil der beiden Wechselwirkungsprozesse am gesamten Energieverlust hängt von der Energie der einfallenden Elektronen ab. Bremsstrahlungsverluste sind proportional zur Energie, während die Ionisationsverluste proportional zum Logarithmus der Energie sind. 8 2 Physikalische Grundlagen Abbildung 2.2: Wechselwirkungen geladener Teilchen mit Materie. Oben: Hüllenwechselwirkungen ((a) elastische Streuung. (b) Anregung von Hüllenelektronen. (c) Ionisation mit δ-Elektron). Unten: Wechselwirkungen mit dem Atomkern ((d) elastische Coulombstreuung. (e) Bremsstrahlungserzeugung) [8]. Die Energie, bei der die beiden Energieverluste gleich groß sind, nennt man kritische Energie Ec . Mit der Ordnungszahl Z des Bremsmediums nimmt die kritische Energie Ec für Gase folgende Form an [9]: Ec ≈ 710 M eV Z + 0.92 (2.2) Bei Energiewerten, die weit unterhalb der kritischen Energie Ec liegen, dominiert die Anregung und Ionisation der gebundenen Hüllenelektronen. Für Elektronenenergien weit oberhalb der kritischen Energie Ec überwiegt die Emission von Bremsstrahlung. Energiedosis D Die Energiedosis D ist die fundamentale physikalische Dosisgröße der klinischen Dosimetrie. Die Dosimetrie ist die Messung der durch die ionisierende Strahlung in ein Massenelement eingebrachte Energiemenge. Die Energiedosis D ist definiert als die auf ein Volumenelement mit der Masse dm = ρ · dV 9 2 Physikalische Grundlagen übertragene, mittlere Energie dĒ: D= 1J dĒ = dm 1kg (2.3) Die SI-Einheit der Dosis ist das Gray [Gy]. Die Energiedosis D bezieht sich immer auf ein Bezugsmaterial (z.B. Gewebe, Luft, Wasser) mit der Masse dm. In der Strahlentherapie wird die Wasser-Energiedosis DW verwendet, weil das Weichteilgewebe des menschlichen Körpers annähernd Wasser entspricht. Die WasserEnergiedosis DW berechnet sich aus: DW = M · NW · n Y ki (2.4) i=1 M N QW ki Anzeige des Dosimeters Kalibrierfaktor für die Wasser-Energiedosis Produkt aller Korrektionsfaktoren Für den Einsatz einer Ionisationskammer zur Bestimmung der Absolutdosis müssen diese kalibriert sein. Jede Ionisationskammer wird in Kalibrierlaboratorien (z.B. PTW-Freiburg Physikalisch-Technische Werkstätten) für fest definierte Bezugsbedingungen in Wasser-Energiedosis DW kalibriert. Dabei wird die zu kalibrierende Ionsationskammer einer Referenzstrahlenart 60 Co-Gammastrahlung ausgesetzt. Die erzeugten Ladungen werden dann durch den Kalibrierfaktor NW in Energiedosis umgerechnet. Die Kalibrierung erfolgt unter Bezugsbedingungen. Dazu wird eine Messtiefe von 5 cm Wasser und eine Feldgröße von 10 × 10 cm2 gewählt. Der Quellen-Oberflächen-Abstand (SSD, Source-to-Surface Distance) beträgt 100 cm. Die Bezugsbedingungen für die Einflussgrößen Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchte sind 20◦ C, 1013 hPa und 50 % relative Feuchte [5]. Die angegebenen geometrischen Bezugsbedingungen für die Messtiefe und die Feldgröße sind für Messungen bei anderen Strahlenarten als der Referenzstrahlenart 60 Co-Gammastrahlung nicht geeignet. Bei Elektronenstrahlung ist die Reichweite im Energiebereich unterhalb von 10 MeV nicht ausreichend, um in 5 cm Wassertiefe zu gelangen. Deshalb gelten andere Referenzbedingungen für die Messung 10 2 Physikalische Grundlagen der Wasser-Energiedosis DW bei Elektronenstrahlung aus Beschleunigern. Die Ionisationskammern werden in der Referenztiefe zref positioniert und haben an der Wasseroberfläche eine Feldgröße von 20 × 20 cm2 (siehe Abb. 2.3). Die Referenztiefe zref wird aus der Halbwertstiefe R50 , bei der die Tiefendosiskurve auf 50 % der maximalen Energiedosis abgesunken ist, berechnet [5]: zref = 0.6 · R50 − 0.1cm (2.5) Bei der praktischen Durchführung der klinischen Dosimetrie können jedoch nicht alle Bezugsbedingungen eingehalten werden. Es gibt unterschiedliche Einflussgrößen, die eine Messung beeinflussen können, so dass der Messwert bzw. die Anzeige M des Dosimeters unter den Messbedingungen von dem Messwert unter Bezugsbedingungen abweicht. Am Anzeigewert sind daher zusätzlich Korrekturen erforderlich, um die absolute Wasser-Energiedosis DW am Messort zu erhalten. Einflussgrößen müssen durch Korrekturen berücksichtigt werden, wenn deren Wert um mehr als 0.1 % von 1 abweicht. Die sogenannten Korrekturfaktoren ki ergeben sich aus dem Produkt aller Korrekturen und stellen die Korrekturen für die von den Bezugsbedingungen abweichenden Messbedingungen dar: k = kρ · kh · kS · kp · kE kρ kh kS kp kE (2.6) Einfluss der Luftdichte Einfluss der Luftfeuchte Einfluss der unvollständigen Sättigung Einfluss der Polarität der Kammerspannung Strahlungsqualität der Elektronenstrahlung in der Referenztiefe Die einzelnen Korrekturfaktoren wurden bereits in meiner Bachelorarbeit „Evaluierung der dosimetrischen Kenngrößen für die Konstanzprüfung eines intraoperativen Elektronenlinearbeschleunigers“ [10] erläutert und untersucht. Im Rahmen dieser Masterarbeit soll anhand verschiedener Methoden eine tiefergehende Untersuchung des Korrekturfaktors kS für die unvollständige Sättigung einer Ionisationskammer erfolgen. 11 2 Physikalische Grundlagen Abbildung 2.3: Geometrie zur Messung der Wasser-Energiedosis DW von Elektronenstrahlung. Links: Typischer Verlauf der Wasser-Energiedosis DW mit der Halbwertstiefe R50 , der Referenztiefe zref und der Wassertiefe im Dosismaximum dmax . Entnommen aus meiner Bachelorarbeit ([10], [11]). Rechts: Positionierung der Flachkammer in der Wassertiefe zref und ein SSD von 100 cm. Energiedosisleistung Der Differentialquotient aus dD beschreibt die Energiedt dosisleitung Ḋ: dD Ḋ = (2.7) dt Dabei ist dD die Energiedosis, die in der Zeit dt absorbiert wird. Die SI-Einheit der Energiedosisleistung ist Gray pro Sekunde [Gy/s]. Umgekehrt kann die Dosis aus dem zeitlichen Verlauf der Dosisleistung durch Integration über die Bestrahlungsdauer berechnet werden: Z Ende Dosis = Dosisleistung dt (2.8) Anf ang Falls die Dosisleistung während der Bestrahlungsdauer konstant bleibt, gilt: Dosis = Dosisleistung · Bestrahlungsdauer (2.9) Ionendosis J Früher in der Dosimetrie häufig gemessene Dosis ist die Ionendosis J. Sie ist die in einem Volumen erzeugte elektrische Ladung dQ pro Masse der 12 2 Physikalische Grundlagen bestrahlten Luft dm: dQ (2.10) dm Die SI-Einheit der Ionendosis ist Coulomb durch Kilogramm [C/kg]. Sie beschreibt die in Luft gebildeten Ionenpaare pro Masseeinheit. J= Linearer Energietransfer LET Die biologische Wirkung ionisierender Strahlung hängt nicht nur von der Energiedosis ab, sondern auch von der pro Längeneinheit abgegebenen Energie, dem sogenannten Linearen Energietransfer (LET): LET = dE ds (2.11) Dabei ist dE der mittlere Energieverlust eines Teilchens und ds die zurückgelegte Wegstrecke. Die SI-Einheit des Linearen Energietransfers ist keV/µm. Der LET beschreibt somit den mittleren Energieverlust entlang des Weges einer Strahlung im Gewebe und ist ein indirektes Maß für die Zahl der Ionisationen, also der Ionisationsdichte, pro Wegstrecke. Man unterscheidet zwischen dünn- und dichtionisierender Strahlung, d.h. zwischen Strahlung mit geringer Ionisationsdichte und niedrigem LET (Röntgenstrahlen, β-Strahlen, γ-Strahlen, Elektronen) sowie hoher Ionisationsdichte und hohem LET (α-Strahlen, Neutronen, Protonen, Schwerionen). Verschiedene Strahlenarten können somit bei gleicher Energiedosis unterschiedliche biologische Wirkungen auslösen (relative biologische Wirkung, RBW). So ist α-Strahlung bei gleicher Energiedosis etwa 20-mal biologisch wirksamer als Elektronenstrahlung, weil α-Strahlen eine größere Anzahl von Ionen pro Weglänge erzeugen, also dichter ionisieren. Damit weisen Strahlung mit hoher LET eine größere biologische Wirkung auf. Diese Unterschiede werden durch eine sogenannte Äquivalentdosis H mit der physikalischen Einheit Sievert [Sv] berücksichtigt: H =q·D (2.12) Sie setzt sich aus der Energiedosis D und einem der spezifischen Strahlung charakterisierten Qualitätsfaktor q zusammen. Für α-Strahlung beträgt q = 20 und für Elektronen q = 1. 13 2 Physikalische Grundlagen 2.2 Gasgefüllte Ionisationskammern Im Rahmen der Strahlentherapie und der nuklearmedizinischen Radionuklidtherapie ist die Detektion ionisierender Strahlung eine allgegenwärtige Aufgabe der klinischen Dosimetrie an therapeutischen Strahlungsquellen. Die Strahlungsdetektion erfolgt mit gasgefüllten Ionisationskammern. Das am häufigsten verwendete Füllgas ist Luft. Die Empfindlichkeit solcher Detektoren ist vor allem durch das Messvolumen der Kammer, die Detektorgeometrie, Strahlungsart und -energie und den Druck des Füllgases, also der für die Ionisation bereitgestellten Gasmasse, bestimmt. Bei einem gasgefüllten Detektor dringt ein geladenes Teilchen in das Gasvolumen ein und erzeugt über Wechselwirkungen mit dem Gas und der Wand Elektronen und positiv geladene Ionen. Durch Anlegen einer externen Spannung an die Kammerelektroden entsteht ein elektrisches Feld mit einer Feldstärke E, die die erzeugten Ladungen trennt und sie auf die jeweils entgegengesetzt gepolte Elektrode beschleunigt, so dass durch die Bewegung der Elektronen und Ionen im elektrischen Feld ein Strom bzw. eine Ladung gemessen werden kann. Das beobachtete Strom- bzw. Ladungssignal ist abhängig von der Geometrie der Ionisationskammer sowie von der Größe des elektrischen Feldes, so dass die gasgefüllten Detektoren sich in verschiedenen Arbeitsbereiche einteilen lassen, die in der Abbildung 2.4 anschaulich dargestellt sind. Dort ist die Anzahl der freigesetzten Ladungsträger in Abhängigkeit von der angelegten Spannung an einem (zylindrischen) Detektor für Elektronen und α-Teilchen aufgetragen. Stärker ionisierende Strahlung erzeugt ein größeres Messsignal, was in der Grafik durch die unterschiedlichen Kurvenverläufe für Elektronen und α-Teilchen dargestellt ist. So ist der gemessene Strom umso größer, je mehr Elektron-Ion-Paare gesammelt werden. Grundsätzlich unterscheidet man bei den Ionisationsdetektoren (drei Typen: Ionisationskammer, Proportionalzählrohr, Geiger-Müller-Zählrohr) vier Arbeitsbereiche, die nachfolgend kurz diskutiert werden: Bereich I: Rekombinationsbereich Bevor Elektronen und Ionen die Anode bzw. Kathode erreichen können, gehen sie aufgrund des zu geringen elektrischen Feldes ganz oder teilweise durch Rekombination verloren. Die Rekombination ist die Vereinigung von Elek- 14 2 Physikalische Grundlagen tronen und Ionen zu elektrisch neutralen Atomen oder Molekülen. Dabei unterscheidet man zwischen Volumenrekombination, Anfangsrekombination und Rekombination durch Diffusion. Eine ausführliche Beschreibung zu den einzelnen Rekombinationsvorgängen befindet sich im Abschnitt 2.3. Dieser Rekombinationsbereich wird in keinem gasgefüllten Detektor verwendet. Im Allgemeinen ist die Rekombination abhängig von der elektrischen Feldstärke, Dosisleistung, Gasart und -druck sowie der Ionisierungsdichte, die die gebildeten Ionenpaare pro durchquerter Weglänge eines geladenen Teilchens angibt. Bei der Dosisbestimmung, also der absorbierten Energie pro Masse des bestrahlten Volumens, muss die Rekombination durch ausreichende Kammerspannung (der sog. Sättigungsspannung) korrigiert werden. Abbildung 2.4: Arbeitsbereiche von Gasdetektoren. Aufgetragen ist die Anzahl der Ionen-Paare in Abhängigkeit von der an einer zylindrischen Ionisationskammer angelegten Spannung U. Je nach Teilchenart (α-Teilchen, Elektronen), Kammerspannung und -geometrie unterscheiden sich die Kurvenverläufe [12]. Bereich II: Ionisationskammerbereich Mit steigender Kammerspannung und damit steigender kinetischer Energien der Elektronen und Ionen wird die Rekombination zunehmend unwahrschein- 15 2 Physikalische Grundlagen lich. Ab einer bestimmten Schwellenspannung werden nahezu alle erzeugten Elektron-Ion-Paare an den Elektroden aufgesammelt. Die so entstandenen Ströme bzw. Ladungen werden mit einem Elektrometer nachgewiesen. Das Elektrometer wird wahlweise im Strom- oder Ladungsmessmodus betrieben. Dabei ist der gemessene Strom I proportional zur Dosisleistung, wohingegen die Ladung Q proportional zur akkumulierten Dosis ist: I= dQ =A·d·α·e dt (2.13) Hier beschreibt A die Kondensator-Oberfläche, d der Abstand der Kondensatorplatten, α die Ionisierungsstärke, also die Zahl aller pro Volumen und Zeit entstandenen Ionenpaare mit den Ladungen ±e, A·d ist das Volumen und V·α ist die gesamte Ionenpaar-Zuwachsrate durch die Ionisation im Gasvolumen [13]. Die Ströme liegen im Bereich von 10−13 A bis 10−8 A. Der gemessene Strom bzw. die Ladung bleibt trotz Erhöhung der Spannung über einen Bereich konstant. Eine Kammer, die in diesem Arbeitsbereich betrieben wird, heißt Ionisationskammer. Die geometrisch einfachste Bauform einer Ionisationskammer ist die sogenannte Parallelplattenkammer, die gewöhnlich ein empfindliches Volumen von einigen Kubikmillimetern hat und in ihrem Aufbau einem Plattenkondensator mit Luft als Dielektrikum ähnelt. Die Empfindlichkeit des Kondensators kann aus einfachen physikalischen Gesetzmäßigkeiten abgeleitet werden. So kann die Feldstärke als Quotient aus Plattenabstand d und angelegter Spannung U berechnet werden: ~ =U |E| d (2.14) Bereich III: Proportionalbereich Wenn man in einem Detektor die Spannung bzw. die elektrische Feldstärke (ca. 104 - 105 V/cm) über den Ionisationskammerbereich hinaus erhöht, so können die primär erzeugten Elektronen (sog. Primärelektronen) auf ihrem Weg zur Anode sekundäre Elektron-Ion-Paare generieren. Diese sogenannten Sekundärelektronen können nun ihrerseits bei geeigneten Feldstärken weitere Elektron-Ion-Paare erzeugen. Es kommt zu einer Townsend-Lawine (siehe 16 2 Physikalische Grundlagen Abb. 2.5), also einer Kaskade von Sekundärelektronen, was zu einer Verstärkung des Signals führt. Abbildung 2.5: Zeitliche Entwicklung einer Townsend-Lawine um einen Anodendraht. (a) Ionisation eines Atoms und Driften des Elektrons zum Anodendraht. (b) Das Elektron driftet in Richtung hoher Feldstärken zum Anodendraht und erzeugt weitere Elektron-Ion-Paare. (c)+(d) Weil die Elektronen eine wesentlich höhere Mobilität als die positiven Ionen haben, sind sie noch nahe dem Ort ihrer Entstehung, während die sog. Elektronenlawine den Anodendraht umhüllt und die Form eines Flüssigkeitstropfens annimmmt. (e) Die Elektronen werden abgesaugt und übrig bleibt eine positiv geladene Ionenwolke zurück, die langsam zur Kathode driftet [14]. Diese sogenannte Gasverstärkung findet im Bereich hoher Feldstärken, also in der Umgebung der Anode, statt. Sie ist eine Funktion der Gaszusammensetzung und des Gasdruckes. Eine Vergrößerung der Spannung verstärkt die Gasverstärkung. Das Verhältnis aus der Anzahl aller freien Elektronen N zur Anzahl der durch primäre Ionisation freigesetzten Elektronen N0 bezeichnet man als Gasverstärkungsfaktor A: A= Ne Ne,0 (2.15) Im Proportionalbereich ist der Gasverstärkungsfaktor konstant, d.h. das Messsignal ist proportional zur primären Ionisation. Der Verstärkungsfaktor kann Werte bis zu 106 annehmen. Bei einer Townsend-Lawine steigt die Elektronenzahl Ne entlang der Flug- 17 2 Physikalische Grundlagen richtung x im elektrischen Feld exponentiell an: Ne (x) = Ne (0) · e R β(x)·dx = Ne (0) · A (2.16) Als λ wird die mittlere freie Weglänge eines Elektrons bis zum Auslösen einer Sekundärionisation bezeichnet. So gibt dann β(x) = 1/λ die Anzahl der pro zurückgelegter Weglänge erzeugten Elektron-Ion-Paare an und wird der erste Townsend-Koeffizient genannt. Detektoren, die in diesem Arbeitsbereich betrieben werden, nennt man Proportionalzählrohr. Typische Geometrie für einen Proportionalzählrohr ist eine zylindrische Kathode mit einem zentralem Anodendraht. Die elektrische Feldstärke ist dabei proportional zu 1/r, d.h. in der Nähe des Anodendrahtes treten lokal sehr hohe Feldstärken auf. Bei einem sehr dünnen Anodendraht (20-100 µm) übersteigt die elektrische Feldstärke E für Abstände von r ≤ rkrit die kritische Feldstärke Ekrit (siehe Abb. 2.6). Die gasspezifische kritische Feldstärke Ekrit beschreibt also die zur Sekundärionisation mindestens notwendige Feldstärke. Abbildung 2.6: Links: Querschnitt durch ein Proportionalzählrohr. Rechts: Schematischer Verlauf der elektrischen Feldstärke in Abhängigkeit vom Abstand zum Anodendraht. Ekrit : Kritische Feldstärke, bei der Sekundärionisation einsetzt. r: Abstand von der Anode [14]. Im Bereich begrenzter Proportionalität (siehe Abb. 2.4) treten bei genügend hoher Gasverstärkung (A = 108 ) Raumladungseffekte auf. Aufgrund der re- 18 2 Physikalische Grundlagen lativ geringen Beweglichkeit der positiven Ionen baut sich eine Ionenwolke in der Nähe der Anode auf. Wird die Elektronenlawine, die von der Gasverstärkung und von der Anzahl der primären Ionisationen abhängt, zu groß, so verzerrt sie zusammen mit der gleichzeitig entstehenden Ionenwolke das elektrische Feld an der Anodenoberfläche. Dies beeinträchtigt die Proportionalität zwischen der Anzahl der primär erzeugten Ionisationen und dem an den Elektroden abgegriffenen Signal. Die Gasverstärkung steigt somit nicht mehr exponentiell an. Bereich IV: Geiger-Müller-Bereich Bei noch höheren Feldstärken wird der Proportionalbereich verlassen und man kommt in den Bereich der maximalen Gasverstärkung (A = 109 − 1010 ), in den sogenannten Geiger-Müller-Bereich. Hier werden die Elektronen so stark beschleunigt, dass sie im Füllgas Elektronen aus niedrigen Atomschalen herausschlagen können. Unter Emission von Photonen wird die Lücke durch Elektronen höherer Schalen aufgefüllt. Diese Photonen können Photoelektronen, die auf dem Weg zum Anodendraht wiederum Lawinen („Sekundärlawinen“) auslösen, an der Kathode erzeugen und ebenfalls das Füllgas in Drahtnähe ionisieren. Das Messsignal hängt nicht mehr von der Anzahl der Primärelektronen (in der Abbildung sind die Kurven für Elektronen und α-Teilchen nicht mehr getrennt) ab, sondern nur noch von der angelegten Spannung. Ein Detektor, der nach diesem Prinzip arbeitet, registriert unabhängig von der Art und Energie der ionisierenden Strahlung nur den Durchgang der Teilchen. Darüber hinaus besteht bei noch höheren Spannungen die Gefahr einer selbstständigen Gasentladung (sog. Entladungsbereich). Im Entladungsbereich löst auch jedes sekundär freigesetzte Elektron vor Erreichen der Anode mindestens ein neues Elektron aus, welches seinerseits wieder die Lawinenbildung am Anodendraht anregt. Da die in der Lawine erzeugten Photonen zu einer sich selbsterhaltenden und über den ganzen Anodendraht ausbreitenden Lawinenbildung führen, muss die Entladung durch Zugabe von Löschgasen gestoppt werden, um den Detektor stabil betreiben zu können. Als Löschgase werden insbesondere Kohlenwasserstoffverbindungen mit einem großen Wirkungsquerschnitt zur Absorption von Photonen verwendet, 19 2 Physikalische Grundlagen die so die räumliche Ausbreitung der Entladung begrenzen. Beim Löschgas handelt es sich um unpolare Moleküle, weil andernfalls die Elektronen eingefangen werden können. Das Löschgas verhindert bei der Ionisation die permanente Gasentladung, indem es die Photonenenergie in Rotations- und Schwingungsenergie umwandelt. Der Entladungsprozess kann auch durch die Raumladung der positiven Ionen unterbrochen werden, weil die elektrische Feldstärke in der Umgebung des Anodendrahtes soweit reduziert wird, dass für weitere dort eintreffende Elektronen keine Lawinenbildung erfolgt. Sobald jedoch die postiven Ionen von der Kathode abgesaugt werden, können sie dort Sekundärelektronen herauslösen, welche wiederum die Lawinenbildung anregen. 2.3 Rekombinationstheorie In gasgefüllten Ionisationskammern tritt fast immer ein Verlust an Ionen durch Rekombination ein („unvollständige Sättigung“). Folglich muss die gemessene Ladung Q mit einem Korrekturfaktor ks multipliziert werden, um die tatsächlich erzeugte Ladungsmenge Qs zu bestimmen. Dabei wird zwischen einer Anfangs-, Volumenund Diffusionsrekombination unterschieden. Als Anfangsrekombination wird die Rekombination der getrennten Ladungsträger entlang der Bahnspur eines geladenen Teilchen bezeichnet, wobei die Ladungsträger in Anhäufungen („Cluster“) auftreten. In diesen Clustern befinden sich die Elektronen und die positiven Ionen in großer räumlicher Nähe. Somit haben die Ladungsträger eine große Wahrscheinlichkeit zur Rekombination. Die Ladungsdichte hängt von der Ionisierungsdichte bzw. dem linearen Energietransfer LET ab. Die Rekombinationsrate RA nimmt somit mit dem LET der geladenen Teilchen zu. Unter atmosphärischen Normalbedingungen und bei Feldstärken größer als 100 V/cm tritt die Anfangsrekombination in klinischen Ionisationskammern kaum auf und kann vernachlässigt werden. Weil bei der Anfangsrekombination die Rekombination innerhalb einer einzelnen Bahnspur betrachtet wird, ist die Anfangsrekombinationsrate unabhängig von der Dosisleistung (DL). Sie vermindert sich durch Anlegen eines elektrischen Feldes. Aufgrund der kürzeren Verweildauer der Ladungsträger in der Bahnspur nimmt die Rekombinationsrate mit zuneh- 20 2 Physikalische Grundlagen mender Feldstärke ab. Sie ist umgekehrt proportional zum Betrag der elektrischen Feldstärke [15]: 1 (2.17) RA ∝ E⊥ Volumenrekombination ensteht durch Diffusion und elektrostatische Anziehung der im Messvolumen homogen verteilten Ladungsträger. Die Volumenrekombinationsrate RV hängt von der Dosisleistung ab, weil die Ladungsträgerdichte mit zunehmender Dosisleistung ansteigt. Vor allem bei gepulster Niedrig-LET-Strahlung aus Beschleunigern kommt es wegen der zeitlichen Ionisationskonzentration im Füllgas und damit verbunden der hohen Ladungsträgerdichten eine große Bedeutung zu. Die Volumenrekombinationsrate ist dem Kehrwert der elektrischen Feldstärke proportional [15]: DL (2.18) RV ∝ E⊥ Sehr hohe Ladungsträgerdichten führen teilweise zur Abschirmung des elektrischen Feldes der Elektroden. Somit verlängert sich die Aufenthaltsdauer der Ladungsträger aufgrund verminderter Geschwindigkeit. Zusätzlich erhöht sich die Rekombinationsrate und es treten Ladungssammlungsverluste auf. Bei der Dosimetrie gepulster Strahlung aus Linearbeschleunigern müssen daher die Sättigungsverluste in Ionisationskammern aufgrund der hohen zeitlichen und räumlichen Ladungsdichten berücksichtigt werden. Die Diffusion der Elektronen und Ionen im Füllgas wird durch zwei grundlegende Bewegungsarten charakterisiert: • Ungeordnete Bewegung, die im thermischen Gleichgewicht und ohne äußere Felder durch die Maxwell-Boltzmann-Verteilung beschrieben wird. • Überlagerte Driftbewegung, deren Richtung durch die magnetischen und elektrischen Felder bestimmt wird. Ohne äußeres elektrisches Feld diffundieren die von der Strahlung erzeugten Elektronen und Ionen gleichmäßig und isotrop in alle Raumrichtungen. Aufgrund von Stoßprozessen mit den Gasmolekülen werden sie bis zum thermischen Gleichgewicht abgebremst. Falls die Elektronenenergie noch im Bereich von Anregungstermen der Gasmoleküle liegt, so erfolgt die Abbremsung insbesondere durch inelastische Stöße. Nach Einstellen des thermischen Gleichgewichtes werden die erzeugten 21 2 Physikalische Grundlagen Elektronen und Ionen elastisch gestoßen und rekombinieren („Diffusionsrekombination“). Bei thermischen Energien (∝ 23 kB T ) folgt die Geschwindigkeit der Ladungen der Geschwindigkeitsverteilung (Maxwell-Verteilung) ([16], [17]): r f (v)dv = 2 me 3/2 2 − mk e vT2 ·( ) · v · e B dv π kB T (2.19) Sie gibt an, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass sich ein Gasteilchen mit einer bestimmten Geschwindigkeit bewegt. Weiterhin kann eine mittlere Diffusionsgeschwindigkeit, die abhängig von der Boltzmannkonstanten kB , der Temperatur T und der Elektronen- bzw. Ionenmasse m ist, berechnet werden: Z ∞ r vf (v)dv = v̄D = 0 8 · kB · T π · me (2.20) Weil die Elektronenmasse kleiner als die der Ionen ist, ist die mittlere Geschwindigkeit der Elektronen wesentlich größer. Bei Raumtemperatur beträgt sie für Elektronen: v̄D,e ≈ 106 cm/s und für Ionen: v̄D,ion ≈ 104 cm/s [16]. Der Diffusionskoeffizient D kann aus der kinetischen Gastheorie bestimmt werden und ist D= 1 · v̄D · λ 3 (2.21) wobei λ die mittlere freie Weglänge der Elektronen oder Ionen im Gas ist. Der Diffusionskoeffizient hängt dabei von der Temperatur des Gases bzw. der mittleren Diffusionsgeschwindigkeit der Teilchen und weiterhin von ihrer Masse ab. Mit zunehmender Masse der Teilchen nimmt der Diffusionskoeffizient aufgrund der √1 -Abhängigkeit ab und mit steigender Geschwindigkeit steigt er an. Als mittm lere freie Weglänge λ wird die Strecke bezeichnet, die ein Teilchen in einem Gas durchschnittlich zurücklegt, bevor es mit einem anderen Teilchen zusammenstößt. Sie ist gegeben als 1 (2.22) λ= N ·σ wobei σ der Stoßquerschnitt und N die Ladungsträgerdichte ist. Unter Normalbedingungen (hier: p = 1 bar und T = 273 K) enthält ein Volumen von 1 cm3 Luft ca. 2.7 · 1019 Moleküle. So wird die Ladungsträgerdichte (N = Vn = kBpT = 2.7 · 1019 22 2 Physikalische Grundlagen Moleküle/cm3 ) dann auch als Loschmidt-Zahl bezeichnet. Die mittlere freie Weglänge hängt mit dem totalen Stoßquerschnitt σ0 über 1 1 λ= √ · n 2 ( V ) · σ0 (2.23) zusammen und kann mittels der idealen Gasgleichung umgeschrieben werden zu 1 kB · T λ= √ · 2 σ0 · p (2.24) Durch Einsetzen der Gleichungen 2.20 und 2.24 in die Gleichung 2.21 erhält man für den Diffusionskoeffizienten r 2 1 (kB · T )3 √ · D= · (2.25) m 3 · π p · σ0 In Gleichung 2.25 sind die Abhängigkeiten des Diffusionskoeffizienten D von den Gasparametern deutlich zu erkennen. Die folgenden Überlegungen beziehen sich auf Elektronen, können aber ohne weiteres auch auf Ionen übertragen werden. Unter dem Einfluss des elektrischen Feldes ergibt sich eine Überlagerung von ungeordneter Diffusionsbewegung und geordneter Driftbewegung. Um die Bewegungen von Elektronen und Ionen in einem Driftgas in Abhängigkeit von äußeren Parametern wie elektrische und magnetische Felder, Temperatur, Druck und Gasmischung zu untersuchen, muss dafür die Boltzmann-Transportgleichung gelöst werden. Die Boltzmann-Transportgleichung setzt sich aus einem Transportterm und einem Kollisionsterm zusammen ([16], [17]): ∂ ∂ = (2.26) ∂t T ransport ∂f Kollision Der Transportterm besteht aus folgenden Komponenten: • Einer zeitlichen Änderung der Molekülanzahl, • einem Anteil aufgrund des Transports der Moleküle durch ihre Geschwindigkeiten, • einem Anteil aufgrund der Beschleunigung der Moleküle durch äußere elek- 23 2 Physikalische Grundlagen trische und magnetische Felder. Der Kollisionsterm dagegen berücksichtigt den Verlust bzw. Gewinn von Teilchen infolge von Stößen der Moleküle. In Formeln ausgedrückt lautet nun die Boltzmann-Transportgleichung: ∂ + ~v · ∇~r + ~a · ∇~v ∂t · f (~r, ~v , t) = ∂f (~r, ~v , t) ∂t (2.27) Kollision Dabei ist f (~r, ~v , t) die Verteilungsfunktion und ist folgendermaßen definiert: f (~r, ~v , t) = ∂ f (~r, ~v , t) ∂t ~v · ∇~r f (~r, ~v , t) ~a · ∇~v f (~r, ~v , t) ∂f (~ r,~v ,t) ∂t d6 N (~r, ~v , t) d3 rd3 v (2.28) Zeitliche Änderung der Verteilungsfunktion f (~r, ~v , t) Änderung von f (~r, ~v , t) am Ort ~r, hervorgerufen durch Bewegung der Elektronen Änderung von f (~r, ~v , t) aufgrund der Beschleunigung durch äußere elektrische und magnetische Felder Änderung von f (~r, ~v , t) aufgrund von Streuprozessen Kollision Als Phasenraum wird ein 6+1-dimensinonaler Raum definiert, der durch drei Ortsund drei Geschwindigkeitskoordinaten (~r, ~v ) zur Zeit t aufgespannt wird. Hierdurch kann jedes Teilchen durch einen festen Punkt im Phasenraum dargestellt werden. So ist also der momentane Zustand des Teilchens vollständig charakterisiert. Die totale Anzahl von Teilchen, die sich zu einer bestimmten Zeit in einem bestimmten Phasenraumvolumen d3 rd3 v aufhalten, wird anhand von d6 N (~r, ~v , t) berechnet. Bei bekannter Verteilungsfunktion f (~r, ~v , t), auch Phasenraumdichte genannt, können makroskopische Größen wie beispielsweise die Ladungsträgerdichte im Ortsraum N (~r, t) sowie die mittlere Driftgeschwindigkeit der Teilchen ~vdrif t ermittelt werden. In einem Phasenraum zu einer gewissen Zeit ∆t werden die Teilchen durch elektromagnetische Felder beschleunigt und kollidieren untereinander. Es treten dabei elastische und inelastische Stöße auf, die eine Änderung der Geschwindigkeit und der Richtung der Stoßpartner zur Folge haben. Im Allgemeinen wird die Boltzmann-Transportgleichung numerisch gelöst. Die 24 2 Physikalische Grundlagen Schwierigkeit beim Lösen dieser Gleichung besteht darin, ein geeignetes Modell für den Kollisionsterm zu entwickeln. Dafür müssen vor allem die Wirkungsquerschnitte für elastische und inelastische Streuprozesse sowie der mittlere Energieverlust pro Stoß bekannt sein. ~ v ×B) ~ ~ F = q·(E+~ ) kann bei elektrisch geladenen TeilDer Beschleunigungsterm ~a (= m m chen aus der Lorentzkraft gewonnen werden: ~ + ~v × B) ~ ∂ q · (E + ~v · ∇~r + · ∇~v ∂t m ! · f (~r, ~v , t) = ∂f (~r, ~v , t) ∂t (2.29) Kollision Durch das Wechselspiel von Beschleunigung und Kollisionen driften die Elektronen mit einer mittleren Driftgeschwindigkeit vdrif t , die sich aus der mittleren Zeit τ zwischen zwei Stößen und der Zyklotronfrequenz ω = e·B ergibt zu: m ~vdrif t = ~ µ · |E| ~ + ωτ · (E ~ × B) ~ + ω 2 τ 2 · (E ~ · B) ~ · B] ~ · [E 2 2 1+ω τ (2.30) ~ = 0 wird Gleichung 2.30 zu ~vdrif t = µ · |E|. ~ µ beschreibt die Mobilität Für B von Elektronen. Sie ist nicht konstant, sondern wird durch die kinetische Energie der Elektronen beeinflusst und ändert sich damit mit der angelegten elektrischen Feldstärke. Weil die Elektronen 1000 mal höhere Mobilität aufgrund der geringeren Masse als die Ionen haben, sind die Driftgeschwindigkeiten bei Elektronen entprechend höher. Dagegen ist die Driftgeschwindigkeit der Ionen linear zum Verhältnis E/p. Bei einem konstanten Druck p bleibt die Mobilität der Ionen im Bereich der verwendeten Feldstärken also konstant. Typische Driftgeschwindigkeiten für Elektronen liegen im Bereich von vdrif t,e ≈ einige cm/µs und für Ionen vdrif t,ion ≈ einige µm/µs. Die Driftgeschwindigkeit ist bei konstanter Temperatur umgekehrt proportinal zum Gasdruck p: E (2.31) vdrif t ∝ p Üblicherweise wird sie in folgender Form angegeben: vdrif t = µ · E · 25 p0 p (2.32) 2 Physikalische Grundlagen Dabei ist p0 der Normaldruck. Die Driftgeschwindigkeit wird oft in Abhängigkeit V vom reduzierten elektrischen Feld E/p (Einheit: cm·hP ) oder auch mit E/N (Eina heit: 1 Td (Townsend) = 10−17 V cm2 ) angegeben. Mit der Kenntnis der Driftgeschwindigkeit der Elektronen und der Zeit, die vom Entstehungsort der Primärionisation (zum Zeitpunkt t0 ) bis zum Nachweis (zum Zeitpunkt t1 ) vergeht, kann auch umgekehrt durch eine Ort-Driftzeit-Beziehung der Abstand zum Entstehungsort der Primärionisation bestimmt werden: Z t1 vdrif t (E, t)dt x= (2.33) t0 Für ein konstantes elektrisches Feld vereinfacht sich die Ort-Driftzeit-Beziehung zu x = vdrif t · (t1 − t0 ) (2.34) mit vdrif t (t) = vdrif t = konstant. Im Allgemeinen treten alle drei Rekombinationsmechanismen: Anfangs-, Volumenund Diffusionsrekombination gleichzeitig auf. Die so entstandene unvollständige Sättigung in einer Ionisationskammer kann durch einen sog. Sättigungsgrad, der das Produkt der Sättigungsgrade aufgrund der einzelnen Rekombinationsverluste ist, korrigiert werden. Im Sättigungsfall, also beim Fehlen von Rekombinationen, ist f = 1. Allerdings nimmt der Sättigungsgrad f mit zunehmender Rekombination ab. Der Sättigungsgrad f beträgt bezüglich der Anfangsrekombination [3]: fA = 1 − E i · d U (2.35) bezüglich der Volumenrekombination bei gepulster Strahlung: fV = 1 − µ q · d2 · 2 U (2.36) und bezüglich der Diffusionsrekombination: fD = 1 − 2 · kB · T e·U 26 (2.37) 2 Physikalische Grundlagen Hierbei sind: U Ei µ e q d Kammerspannung in V Konstante mit der Dimension einer Feldstärke Faktor, der von der Geometrie der Ionisationskammer, von der Beweglichkeit der Ladungsträger und vom Rekombinationskoeffizienten abhängt Elementarladung (e = 1.602117 · 10−19 C) Erzeugte Ladungsdichte von Ionen pro Puls eines Vorzeichens in C · m−3 Elektrodenabstand einer Flachkammer Somit lautet der Korrekturfaktor kS = 1/f für die drei auftretenden Rekombinationen: 1 kS = (2.38) fA · fV · fD Durch Einsetzen der Sättigungsgrade fA , fV und fD in Gleichung 2.38 ergibt sich für gepulste Strahlung die Sättigungskorrektur näherungsweise zu: kS ∼ =1+ Ei · d + 2 · kB · T /e + µ·d2 ·ρ 2·W/e · DDP P,a U (2.39) Dabei ist: kB T ρ W/e DDP P,a Boltzmann-Konstante (kB = 1.380658 · 10−23 J/K) Absolute Luft-Temperatur in K Luftdichte (ρ = 1.204 kg/m3 bei 293.15 K und 101.325 kPa) Ionisierungskonstante von Luft (W/e = 33.97 J/C) Energiedosis je Puls in Luft bei gepulter Strahlung in mGy 2.4 Verfahren zur Bestimmung der unvollständigen Sättigung Bei hohen Dosisleistungen und bei gepulster Strahlung tritt vor allem bei niedrigen Feldstärken ein Verlust an Ionen durch Rekombination ein. Verursacht wird diese 27 2 Physikalische Grundlagen Rekombination durch eine lokale Verdrängung des elektrischen Feldes bei hoher Ionisationsdichte (siehe dazu Abschnitt 2.2). Folglich werden die Ladungssammelzeiten größer, so dass eine große Anzahl von Ionenpaaren rekombinieren. Werden nicht alle Ionenpaare auf den Elektroden der Kammer gesammelt, bezeichnet man dies als eine unvollständige Sättigung. Die Rekombination ist abhängig von der Bauart der Ionisationskammer und wird durch einen Korrekturfaktor kS berücksichtigt. Korrekturfaktoren für die unvollständige Sättigung können für verschiedene Kammerformen und Bestrahlungssituationen experimentell ermittelt oder theoretisch berechnet werden. In der praktischen Dosimetrie gibt es drei Verfahren, um den Einfluss der unvollständigen Sättigung zu bestimmen: Die Jaffé-Diagramme, die Zwei-Spannungs-Methode und die „Dose per pulse“-Methode (DPP). Verfahren I: Jaffé-Diagramme Bei der experimentellen Methode zur Bestimmung der unvollständigen Sättigung kS werden in einem sogenannten Jaffé-Diagramm die reziproken Messwerte (1/M) über den Kehrwehrt von U 2 (für kontinuierliche Strahlung) bzw. U (für gepulste Strahlung) aufgetragen. Die Messwerte aus dem linearen Bereich bilden eine Ausgleichsgerade. Abbildung 2.7: Darstellung eines Jaffé-Diagramms für gepulste Strahlung. Aufgetragen sind die experimentellen Messwerte M als Funktion der reziproken Kammerspannung U. U0 ist die Betriebsspannung der Kammer. M0 ist der unter der Betriebsspannung gemessene Wert. Der Schnittpunkt der Geraden mit der 1/M-Achse (offener Kreis) gibt den auf Sättigungsverluste korrigierten Messwert an. [15]. 28 2 Physikalische Grundlagen Der Schnittpunkt dieser Ausgleichsgeraden mit der 1/M-Achse gibt die auf Sättigungsverluste korrigierte Anzeige an. Dieser Schnittpunkt entspricht einer unendlichen Kammerspannung U. Die so ermittelte Sättigungskorrektur ist aufgrund der linearen Extrapolation auf den Bereich der Proportionalität von 1/M und 1/U n (n = 1 oder 2) beschränkt [15]. Allerdings zeigen Ionisationskammer bei gepulsten Beschleunigerstrahlungen, also für kleine 1/U-Werte, Abweichungen, weil bei hohen Spannungen die Gasverstärkung einsetzt. Dieses Verhalten ist demnach ein Hinweis auf die maximal zulässige Betriebsspannung der verwendeten Kammer. Durch geeignete Normierungen der Spannungen und Messwerte kann aus dem Jaffé-Diagramm der Sättigungsgrad f = 1/kS bestimmt und somit die Sammelverluste durch Rekombination korrigiert werden. Verfahren II: Zwei-Spannungs-Methode (TVM, Two-Voltage-Methode) Eine Ionisationskammer sollte außerhalb des linearen Bereichs des JafféDiagramms nicht betrieben werden, um eine Verfälschung des Messsignals durch nicht von der Dosisleistung abhängigen Effekte zu vermeiden [5]. Im linearen Bereich kann das Jaffé-Diagramm gut durch die Zwei-SpannungsMethode ersetzt werden. Dazu werden nur zwei Messwerte benötigt, der Messwert MS bei der üblichen Betriebsspannung US und ein zusätzlicher Messwert M mit einer Spannung U, die um den Faktor 2 bis 5 gegenüber der Betriebsspannung erniedrigt ist. Beide Messwerte sollten vorher auf Polaritätseffekte korrigiert werden. Bei gepulster Strahlung erhält man dann die Sättigungskorrektur nach dem Dosimetrieprotokoll IAEA TRS 398 [6] anhand der folgenden Gleichung: 2 MS MS + a2 · kS = a0 + a1 · M M (2.40) Die Koeffizienten ai sind in Tabelle 2.1 für gepulste Strahlungen zusammengefasst. Für Korrekturfaktoren kS < 1.03 kann die Gleichung 2.40 mit Abweichungen von weniger als 0.1 % durch die nachfolgende Gleichung (für 29 2 Physikalische Grundlagen gepulste Strahlung) ersetzt werden: kS = MS /M − 1 +1 US /U − 1 (2.41) Tabelle 2.1: Koeffizienten zur Berechnung des Korrekturfaktors für die unvollständige Sättigung nach IAEA TRS 398 [6]. US /U 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 5.0 Gepulste Strahlungen a0 a1 a2 2.377 -3.636 2.299 1.474 -1.587 1.114 1.198 -0.875 0.677 1.080 -0.542 0.463 1.022 -0.363 0.341 0.975 -0.188 0.214 Verfahren III: „Dose-per-pulse“-Methode (DPP-Methode) Für einige Bauarten von Ionisationskammern werden die Sättigungsverluste für gepulste Strahlung durch das sogenannte „dose-per-pulse“-Methode nach folgender Gleichung berechnet: kS = 1 + γ + δ · DDP P,W U (2.42) Hierbei wird die Wasser-Energiedosis pro Puls des Beschleunigers DDP P,W experimentell bestimmt. Die Konstante γ berücksichtigt Sättigungsverluste aufgrund der Anfangsrekombination und der Diffusion und die Konstante δ berücksichtigt Verluste aufgrund der Volumenrekombination. Diese Koeffizienten sind weder von der Strahlungsart (Elektronen, Photonen) noch von der Strahlungsenergie abhängig [15]. Das Konstantenpaar γ und δ für die verwendete Ionisationskammer ist der Tabelle 2.2 zu entnehmen. Gleichung 2.42 ist nur für die nach DIN 6800-2 angegebenen Pulsdosen und Bereiche der Betriebsspannung U der Ionisationskammer gültig. Zudem muss die Strahlungspuls-Frequenz kleiner als der Kehrwert der Ionensammelzeit bei der verwendeten Kammerspannung sein [5]. 30 2 Physikalische Grundlagen Tabelle 2.2: Koeffizienten zur Berechnung des Korrekturfaktors kS nach DIN [5]. Bauart der Ionisationskammer γ [V] δ [V/mGy] PTW 34045 Advanced Markus 0.43 0.49 PTW 34001 Roos 0.06 1.69 Scdx-Wellhöfer NACP02 0.48 2.37 Wasser-Energiedosis pro Puls [mGy] 0.25 - 1.0 > 1.0 - 5.5 0.15 - 0.5 > 0.5 - 42 0.25 - 1.0 > 1.0 - 1.3 > 1.3 - 2.0 Kammerspannung [V] 50 - 200 200 - 300 50 - 200 200 - 300 100 - 150 150 - 200 200 - 400 Ionensammelzeit [ms] 0.2 bei 300 V 0.13 bei 200 V 0.13 bei 200 V 2.5 Boag’sche Sättigungskorrektur Die Formeln für die Sättigungskorrektur bei gepulster Strahlung basieren auf einem Modell, das nur die primär erzeugten Elektronen und positiven Ionen berücksichtigt und jene Elektronen vernachlässigt, die der Anlagerung an neutrale Gasmoleküle entkommen und die Elektrode als freie Elektronen erreichen. Elektronen können also auf ihrem Weg der Primärionisation zur Anode bei Stöße mit den Gasmolekülen des Kammergases eingefangen werden (sog. Elektronenanlagerung), wobei sich negative Ionen bilden. Nichtangelagerte Elektronen (sog. freie Elektronen) werden aus dem Kammervolumen abgesaugt und es entsteht ein Defizit an negativen Ionen. Die Rekombination der Ionen im Füllgas ist also geringer als von der klassichen Rekombinationstheorie, die von der gleichen Anzahl an positiver und negativer Ionen ausgeht, angenommen. Die Elektronenanlagerung hängt außer von der Elektronenenergie, auch von der Molekülgröße und von der Elektronegativität ab. So ist sie bei elektronegativen Gasmolekülen wie O2 , H2 O und CO2 stärker und bei Edelgasen schwächer ausgeprägt. Diese Anlagerung beeinflusst bei Gasen grundlegend die Beweglichkeit der negativen Ladungsträger und hat wiederum Einfluss auf andere Eigenschaften der Ionisationskammer wie die Feldverteilung, Strom-Spannungs-Charakteristik und Ionisierungsvorgänge. Für mittlere Elektronenenergien von mindestens 4.6 eV tritt bei Sauerstoff mole- 31 2 Physikalische Grundlagen kulare Dissoziation auf ([18], [19]): O2 + e− → O+ + O− + e− mit O+ + e− → O Für Elektronenenergien unterhalb der Dissoziationsschwelle EDiss = 4.6 eV kann die Elektronenanlagerung über zwei Prozesse erfolgen: Erster Prozess Das Elektron bildet mit einem O2 -Molekül einen angeregten Zustand O2−∗ mit einer Lebensdauer größer als 10−10 s: O2 + e− → O2−∗ Zweiter Prozess Beim zweiten Prozess verliert das O2−∗ Molekül seine Anregungsenergie durch einen der folgenden konkurrierenden Prozesse: • Der angeregte Zustand O2−∗ kann unter Abgabe eines Elektrons spontan zerfallen und in den Grundzustand übergehen. Hierbei findet keine Elektronenanlagerung statt. O2−∗ → O2 + e− • O2−∗ kann durch Aussendung eines Photons stabilisiert werden und das Elektron ist fest an das Sauerstoff angelagert. O2−∗ → O2− + γ • O2−∗ stößt mit einem anderen Molekül X wie z.B. O2 - oder N2 -Molekül, was entweder ein Elektron freisetzt O2−∗ + X → O2 + X + e− 32 2 Physikalische Grundlagen oder O2−∗ überträgt seine Anregungsenergie an das Molekül X O2−∗ + X → O2− + X ∗ wobei O2−∗ dann im Grundzustand stabilisiert wird. Bei Ionisationskammern ist die Freie-Elektronen Komponente (engl. free-electron fraction) p ein störender Faktor, der bei der Dosisbestimmung einberechnet werden muss. So entwarf J. W. Boag et al. [20] drei Modelle zur Beschreibung der Ladungssammlung unter Berücksichtigung der Freie-Elektronen Komponente p. Eine grundlegende Gleichung für den Sättigungsgrad f für luftgefüllte Ionisationskammern bei gepulster Strahlung ist durch die Boagsche Formel gegeben: 1 epu − 1 f = · ln(1 + ) u p 0 µd2 r mit u = V (2.43) Die Gleichung 2.43 ist unter der Annahme gültig, dass die Ladungsdichte der negativen Ionen im Kammervolumen konstant ist. Dabei ist µ eine Konstante, die nur die Eigenschaften des Füllgases beschreibt. Sie ist abhängig vom Rekombinationskoeffizienten und von der Beweglichkeit der positiven und negativen Ionen. Die Größe d ist der Elektrodenabstand, r ist die Ladungsdichte der freigesetzten positiven und negativen Ionen pro Strahlungspuls und V ist die angelegte Spannung. Die hochenergetischen gepulsten Elektronenstrahlen haben in der klinischen Dosimetrie in der Regel Dosis pro Puls Werte unter 0.1 mGy/Puls. So ist die Ladungsdichte r in der üblich verwendeten planparallelen Ionisationskammer niedrig und folglich ist u ebenfalls klein. Die Gleichung 2.43 kann somit umgeschrieben werden zu: u 0 (2.44) f ≈ ln(1 + u) Zur Herleitung von Gleichung 2.44 wurden nachfolgende Annahmen gemacht [27]: • Die im luftgefüllten Kammervolumen erzeugten Elektronen lagern sich so schnell an Gasmoleküle an, dass negative Ionen generiert werden und nahezu keine freien Elektronen auftreten. • Die Pulsdauer ist so kurz, dass sowohl die Bewegung der negativen und 33 2 Physikalische Grundlagen positiven Ionen, als auch die Rekombination vernachlässigt werden. Die Ladungsträger sind im Kammervolumen homogen verteilt. • Bei ausreichend kleinen Pulsdosen ist die Driftgeschwindigkeit der negativen und positiven Ionen nicht vom Ort abhängig, weil die erzeugten ElektronIon-Paare keine Ionenwolke generieren, die das elektrische Feld verzerren würde. So hängt die Gleichung 2.44 nicht mehr von der Freie-Elektronen Komponente p ab. Dies bedeutet, dass der Beitrag der Freie-Elektonen Komponente p bei üblichen Dosis pro Puls Werten vernachlässigbar ist. Somit nimmt der Korrekturfaktor kS für jede planparallele Kammer den internationlen Dosimetrieprotokollen zufolge Werte an, die kleiner als 1.05 sind. Zwei weitere Modelle nach Boag et al. erlauben die Ermittlung des Sättungsverlustes in einer Ionisationskammer: 00 f =p+ f 000 1 · ln[1 + (1 − p) · u] u 1 eλ(1−λ)u − 1 = λ + · ln 1 + u λ mit λ = 1 − (2.45) p (1 − p) (2.46) Die beiden Gleichungen basieren auf der Annahme, dass die positive Ladungsdichte r im gesamten Kammervolumen konstant ist, während sich die negative Ladungsdichte ändert. Weiterhin wird angenommen, dass eine Schicht nahe der Kathode existiert, in der die Anzahl an negativen Ionen vermindert ist, während im restlichen Kammervolumen die Ladungsdichte der negativen Ionen konstant bleibt. Die Unterschiede zwischen beiden Modellen sind zum Einen die unterschiedlichen Schichtdicken nahe der Kathode und zum Anderen die unterschiedlichen Ladungsdichten der negativen Ionen im restlichen Kammervolumen. Die drei Modelle (Gln. 2.43, 2.45, 2.46) beschreiben die Rekombination mit un0 00 000 terschiedlichem Grad an Genauigkeit. So sind die Sättigungsgrade f , f und f bei gegebenen u- und p-Werten voneinander merklich verschieden. Boag et al. erwähnt nicht, welches der drei Modelle zur Bestimmung der Sättigungskorrektur am effizientesten ist. Erst spätere Untersuchungen von Laitano et al. [27] zeigten, 34 2 Physikalische Grundlagen dass die Gleichung 2.46 die genauesten Ergebnisse liefert. Boag entwarf einen Ausdruck zur Ermittlung der Freie-Elektronen Komponente p: p= d ωτ · (1 − e− ωτ ) d (2.47) Hierbei ist τ die mittlere Lebensdauer der freien Elektronen bis zur Anlagerung und ω ist die Driftgeschwindigkeit der freien Elektronen im Gasvolumen. Der Gleichung 2.47 kann man entnehmen, dass die Freie-Elektronen Komponente p nicht von der Dosis pro Puls abhängt. Vielmehr ist die Größe p abhängig von den Betriebsbedingungen der Kammer wie der Elektrodenabstand d, der Lebensdauer τ und der Driftgeschwindigkeit ω, wobei τ und ω durch das E-Feld und von der Art der Gasfüllung in einer Ionisationskammer beeinflusst werden. In jeder Ionisationskammer ist p von Null verschieden unter der Voraussetzung, dass die Betriebsspannung der Kammer nicht Null ist. Insgesamt betrachtet, beeinflussen die freien Elektronen die Sammlungseffizienz der durch Elektronenstrahlung generierten Ladungsträger. Die Sammlungseffizienz kann hoch oder gering sein, abhängig davon, ob mit großen oder kleinen Dosen pro Puls gearbeitet wird. Abbildung 2.8: Nach Gleichung 2.47 berrechnete Freie-Elektronen Komponente p als Funktion der elektrischen Feldstärke E für zwei planparallele Ionisationskammern (Roos Kammer (d = 2 mm) und Advanced-Markus Kammer (d = 1 mm)) mit unterschiedlichen Elektrondenabständen. Bei kleinen Elektrodenabständen ist der Anteil der freien Elektronen höher. 35 2 Physikalische Grundlagen Abbildung 2.8 veranschaulicht die Freie-Elektronen Komponente p in Abhängigkeit von der elektrischen Feldstärke E für zwei planparallele Ionisationskammern: die Roos (d = 2 mm) und Advanced-Markus Kammer (d = 1 mm). Mehr zu den Ionisationskammern folgt in Kapitel 3 Material und Methoden. Bei großen p-Werten und niedrigen Pulsdosen ist der Einfluss der freien Elektronen auf den Sättigungsgrad f sehr klein. Der kS -Faktor nimmt dabei Werte an, die kleiner sind als 1.05. So liefern alle drei Sättigungskorrekturen ungefähr das gleiche Ergebnis wie Gleichung 2.44. Für niedrige Dosis pro Puls und folglich kleine u-Werte können alle drei Modelle durch Gleichung 2.44 näherungsweise ersetzt werden. Die freien Elektronen beeinflussen also den Sättigungsgrad f und müssen je nach Pulsdosis berücksichtigt werden [27]. Abbildung 2.9: Links: Mittlere Lebensdauer τ der freien Elektronen. Rechts: Driftgeschwindigkeit ω der freien Elektronen. Die Punkte repräsentieren die von Hochhäuser et al. gemessenen Werte, für die Fitkurven (durchgezogene Linie) erstellt wurden [27]. Hochhäuser et al. [21] hat experimentell die mittlere Lebensdauer τ und die Driftgeschwindigkeit ω bestimmt (siehe Abb. 2.9). Die experimentellen Ergebnisse beziehen sich auf eine planparallele luftgefüllte Ionisationskammer, die bei Atmosphärendruck (p = 1013.25 hPa) und bei elektrischen Feldstärken bis zu 5000 V/cm betrieben wurde. Sowohl die Lebensdauer τ als auch die Driftgeschwindigkeit ω sind eine Funktion des elektrischen Feldes und abhängig vom Gasparameter wie Gaszusammensetzung, Luftdruck und Temperatur. In Abbildung 2.9 repräsentieren die Punkte die gemessenen Werte, für die dann Fitkurven (durchgezogene Linie) erstellt wurden. Die beiden Fitkurven werden durch folgende Gleichungen 36 2 Physikalische Grundlagen beschrieben: τ = a · (1 − e−bE ) + c · (1 − e−dE ) (2.48) Hierbei gilt: E a b c d Elektrisches Feld in V/cm 6.269504 · 10−8 in s 1.826788 · 10−4 in cm/V 6.444005 · 10−8 in s 1.811122 · 10−4 in cm/V d c · e−nE − n · e−cE −cE ω = a + b · (1 − e ) − · 1 + n n−c (2.49) Dabei ist: E a b c d e Elektrisches Feld in V/cm 5.835353 · 104 in cm/s 2.418197 · 107 in cm/s 1.568094 · 10−4 in cm/V 3.863959 · 10−3 in cm/V 1.030391 · 10−3 in cm/V n = d + e in cm/V Somit erlaubt die Bestimmung der Freie-Elektronen Komponente p die Ermittlung 0 00 000 der Sättigungsgrade f , f und f . Durch die Beziehung kS = 1/f kann dann die Sättigungskorrektur berechnet werden. 2.6 Radiochrome Filme In dieser Arbeit wurden radiochrome Filme, auch GafChromic EBT2 Film der Firma Amersham (Wayne, New Jersey/ USA) genannt, als Filmdosimeter verwendet. Bei der Filmdosimetrie versucht man die durch Strahlung bewirkte optische 37 2 Physikalische Grundlagen Veränderung einer auf einen Träger aufgebrachten strahlenempfindlichen Substanz für dosimetrische Zwecke auszunutzen [22]. Vorteile der Verwendung von Filmen als Detektor sind das hohe örtliche Auflösungsvermögen und die geringe Ausdehnung der strahlungsempfindlichen Schicht. Die Messung der optischen Dichte als Maß für die Filmschwärzung kann mit einem Densitometer punktweise oder einem Scanner flächenhaft erfolgen und mittels einer Dichtekurve in Wasserenergiedosis umgerechnet werden [5]. Um die optische Dichte (Filmschwärzung) in eine Dosis zu überführen, wird für jede neue Filmcharge eine Dichtekurve (siehe Abb. 2.10) aufgenommen. Somit wird jedem Wert der optischen Dichte eine Dosis zugeordnet. Ein Vorteil der Filme im Vergleich zu Ionisationskammern ist, dass für die Ermittlung der Wasserenergiedosis DW keine Korrekturfaktoren notwendig sind. Abbildung 2.10: Von C. Sanne aufgenommene Dichtekurve für den GafChromic EBT2 Film [26]. Prinzipiell bestehen die radiochromen Filme aus ein oder zwei strahlensensiblen aktiven Monomerschichten (ca. 30 µm), die von einer drucksensiblen Klebeschicht (ca. 25 µm) und von äußeren transparenten Polyesterschichten vor mechanische Beschädigung geschützt werden (siehe Abb. 2.11). Durch Bestrahlung der aktiven Schicht, welche die strahlensensiblen Monomere enthält, mit ionisierender Strahlung, wird eine dosisabhängige Polymerisationsreaktion ausgelöst, bei der als Endprodukt ein farbiges Polymer entsteht. Die Menge der absorbierten Energie ist 38 2 Physikalische Grundlagen proportional zur Menge des erzeugten Polymers und demnach zum Grad der Farbänderung. Die Polymerisationsreaktion und somit die Farbveränderung stabilisiert sich nach einigen Stunden und kann quantitativ mit einem Flachbettscanner ausgewertet werden. Bei der Auswertung zeigen die bestrahlten Filme ein weitgehend dosisproportionales Absorptionsverhalten bei Wellenlängen im roten Bereich (Wellenlängen zwischen etwa 550 und 700 nm). Das durch die ionisierende Strahlung erzeugte blaugefärbte Polymer absorbiert beim Scannen Licht und die Transmission wird gemessen. Der sichtbare Farbumschlag lässt sich durch den dekadischen Logarithmus des Verhältnisses von einfallender zu transmittierter Lichtintensität berechnen und wird als Optische Dichte OP bezeichnet. Üblicherweise hat die optische Dichte OP folgende Form: I0 1 OP = −log(T ) = log( ) = log( ) T I (2.50) wobei T die Transmission, I die durchgelassene Intensität und I0 die einfallende Intensität bezeichnet. Abbildung 2.11: Schematischer Aufbau der verschiedenen Schichten des GafChromic EBT2 Films der Firma Amersham (Wayne, New Jersey/ USA) [23]. Die Vorteile der radiochromen Filme sind, dass sie weitestgehend gewebeäquivalent, lichtunempfindlich, selbstentwickelnd, nahezu energieunabhängig und dosisleistungsunabhängig sind. Diese Filme sind für Dosen von 0.1 Gy bis 8 Gy spezifiziert und eignen sich somit zur Messung der absorbierten Dosis von Bestrahlungsfeldern in der Strahlentherapie. Üblicherweise werden die Filme in der Größe 203 × 254.5 mm2 geliefert und können zu jeder gewünschten Form und Größe 39 2 Physikalische Grundlagen (siehe Abb. 2.12) zugeschnitten werden. Aufgrund der atomaren Zusammensetzung und der effektiven Ordnungszahl des radiochromen Films (Zef f = 6.84) ist die Gewebeäquivalenz deutlich zu erkennen. Die effektive Ordnungszahl liegt dabei zwischen dem Wert für Muskelgewebe (Zef f = 7.63) bzw. Wasser (Zef f = 7.52 bei 20◦ ) und dem Wert für Fettgewebe (Zef f = 6.39). Die chemische Zusammensetzung der radiochromen Filme ist der Tabelle 2.3 zu entnehmen. Tabelle 2.3: Atomare Zusammensetzung des GafChromic EBT2 Films. Atomare Zusammensetzung in % H Li C N O Cl K Br 40.85 0.10 42.37 0.01 16.59 0.04 0.01 0.01 Abbildung 2.12: Links: Unbestrahlter GafChromic EBT2 Film. Rechts: Am mobilen Linearbeschleuniger Novac7 mit ca. 3 Gy bestrahlter GafChromic EBT2 Film für den 100 mm Applikator. 40 3 Eine wirklich gute Idee erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung von vorneherein ausgeschlossen erschien. Albert Einstein Material und Methoden Im nachfolgenden Kapitel werden die benötigten dosimetrischen Verfahren zur Erfassung der Wasserenergiedosis DW erläutert. Zudem erfolgt eine Beschreibung des Simulationsprogramms GARFIELD, das zur Untersuchung des Kammerverhaltens angewandt wurde. Messanordnung und Messmethoden zur Bestimmung der Wasserenergiedosis DW Bei der praktischen Dosimetrie mit Ionisationskammern ist mit einer Reihe von Einflüssen auf die Dosimetermessanzeige zu rechnen. Bei den Messungen müssen daher einige Randbedingungen eingehalten werden, die das Messphantom, den Messaufbau und die Positionierung der Ionisationskammer betreffen. Für die Messungen wurde ein wasseräquivalentes RW3-Plattenphantom verwendet. Das Plattenphantom Typ 29672 von PTW-Freiburg (Physikalische-Technische Werkstätte) ist ein Festkörperphantom (siehe Abb. 3.1), das häufig in der Strahlentherapie im Rahmen der Qualitätssicherung im Umgang mit hochenergetischer Elektronen- und Photonenstrahlung zum Einsatz kommt. Das RW3-Phantom besteht aus weißem Polystyrol versetzt mit T iO2 . Die RW3-Platten haben eine Fläche von 30 x 30 cm2 bei unterschiedlichen Dicken von 1 mm bis 10 mm. Die Massendichte beträgt ρ = 1.045 g/cm3 , die Elektronendichte 3.539 · 1023 e− /cm3 und die effektive Ordnungszahl ist (Z/A)r = 0.536 [24]. Außerdem sind Adapterplatten mit Aussparungen für verschiedene Ionisationskammern vorhanden. Für die experimentelle Evaluierung des Sättigungseffektes wurden zwei Flachkammern (PTW 34045 Advanced-Markus Kammer und PTW 34001 Roos Kammer, 41 3 Material und Methoden Abbildung 3.1: Links: RW3-Plattenphantom. Rechts: Advanced-Markus Kammer (oben) und Roos Kammer (unten) [25]. Freiburg) (siehe Abb. 3.1) untersucht. Flachkammern haben die Form eines flachen Zylinders, in dem die Elektroden planparallel zueinander angeordnet sind. Das typische Messvolumen solcher Kammern liegt zwischen 0.01 cm3 bis 0.5 cm3 . Die Kammerdaten können der Tabelle 3.1 entnommen werden. Flachkammern zeigen eine ausgeprägte Richtungsabhängigkeit und sollten daher nur bei senkrechtem Strahleinfall benutzt werden. Die Versorgung der Ionisationskammern mit der nötigen Spannung und die Messung der Dosis und Dosisleistung in der Messgröße Wasserenergiedosis DW erfolgten mit einem Dosimeter (PTW U nidoswebline T10021 00394). Die Ionensammelzeiten wurden der DIN 6800-2 (siehe T abelle 2.2) entnommen. Dabei muss die Pulswiederholfrequenz ν gleich oder kleiner als der Kehrwehrt der Ionensammelzeit τ sein, d.h. es gilt ν ≤ 1/τ . In der klinischen Anwendung beträgt die höchste Pulswiederholfrequenz von den meisten Linearbeschleunigern 400 Hz. Für diese Arbeit wurden Messdaten bei Pulsfrequenzen von 5 Hz und 400 Hz aufgenommen. Tabelle 3.1: Kammerdaten der Roos und der Advanced-Markus Kammer [25]. Kammertyp Roos Advanced-Markus Messvolumen [cm3 ] 0.35 0.02 Ansprechvermögen [C/Gy] 1 · 10−8 6.7 · 10−10 Elektrodenabstand [mm] 2 1 Betriebsspannung [V] 100 300 Ionensammelzeit [ms] 0.27 0.02 Die Wasserenergiedosis DW wurde für Elektronenstrahlen mit unterschiedlichen 42 3 Material und Methoden Dosis pro Puls Werten gemessen. Der konventionelle Linearbeschleuniger (Precise SL 15 der Firma Elekta, Stockholm/ Schweden) produziert bei einem 8 MeV Elektronenstrahl einen niedrigen Dosis pro Puls von ungefähr 0.1 mGy/Puls. Wohingegen der mobile dedizierte Elektronenlinearbeschleuniger (Novac7 der Firma NRT, Aprilia/ Italien) bei einer 9 MeV Elektronenenergie einen hohen Dosis pro Puls Wert von ungefähr 24.9 mGy/Puls aufweist. Der prinzipielle Messaufbau an beiden Linearbeschleunigern ist in den Abbildungen 3.2 und 3.3 dargestellt. Mit dem mobilen Elektronenlinearbeschleuniger werden gepulste Strahlen mit einer Pulsfrequenz von 5 Hz erzeugt. Die produzierten Elektronenstrahlen haben nominelle Elektronenenergien von 3, 5, 7 und 9 MeV. Die Kollimation der Elektronenstrahlen erfolgt mit sogenannten Applikatoren. Die Applikatoren haben einen kreisförmigen Querschnitt und bestehen aus Perspex, einem Material geeignet zur Reduzierung der Bremsstrahlung. Die zur Verfügung stehenden Applikatoren haben Durchmesser von 30, 40, 50, 60, 70, 80, und 100 mm. Üblicherweise wird ein Tubus mit einem Durchmesser von 100 mm als Referenzapplikator verwendet. Die zylinderförmigen Applikatoren gewährleisten eine homogene Dosisverteilung mit steilem Dosisabfall zur Peripherie hin (Abstands-Quadrat-Gesetz). Hierdurch kann eine starke Fokussierung der Bestrahlung auf das Tumorbett und eine Schonung des gesunden Gewebevolumens garantiert werden. Am SL15 Precise Beschleuniger der Firma Elekta werden Elektronenstrahlen der Energien 6 MeV, 8 MeV, 10 MeV, 15 MeV und 18 MeV sowie 6 MV und 15 MV Photonenstrahlung erzeugt. Für Elektronenstrahlung stehen vier quadratische Standardtuben zur Verfügung, die den Elektronenstrahl im Abstand von 95 cm zum Fokus auf Feldgrößen von 6x6 cm2 , 10x10 cm2 , 14x14 cm2 sowie 20x20 cm2 kollimieren. Für die Dosismessung wird ein Tubus mit einer Feldgröße von 20x20 cm2 als Referenzfeldgröße benutzt. Diese Tuben garantieren eine homogene Dosisverteilung innerhalb des Strahlungsfeldes sowie einen steilen Dosisabfall am Feldrand. Die Ionisationskammern wurden mit 200 MU bzw. 300 MU bestrahlt. Die Monitoreinheit MU ist ein Maß für die zu verabreichende Dosis, d.h. die applizierte Dosis wird über einen Bestrahlungsparameter - die Monitoreinheit - übertragen und gemessen. Bei der Bestimmung der Wasserenegiedosis DW sind typische Messwertkorrekturen vorzunehemen, die mit den klimatischen Bedingungen (Luft- 43 3 Material und Methoden dichte, Luftfeuchte) und dem Verhalten von Ionisationskammern in Strahlungsfeldern (Kammerpolarität, Strahlungsqualität der Elektronenstrahlung) zusammenhängen. Die Anzeige M (siehe Gleichung 2.4) muss daher mit Korrekturen verändert werden. Demnach wird die Wasserenergiedosis DW aus dem unkorrigierten Messwert M berechnet. Abbildung 3.2: Messaufbau am IORT-Beschleuniger. Die Dosismessung erfolgt in einem RW3-Plattenphantom (PTW-Freiburg) mit einem SSD (engl. Source Surface Distance) von 80 cm und einem 100 mm Applikator. Die Ionisationskammer wird in der Referenztiefe zref im Plattenphantom positioniert. Folgende Korrekturen werden durchgeführt: Luftdichte Eine Erhöhung der Luftdichte durch erniedrigte Temperatur oder erhöhten Druck erhöht die Zahl der Atome in der Ionisationskammer und somit auch die Zahl der Ionisationen im Messvolumen. Bei einem konstanten elektrischen Feld zeigt die Dosimeteranzeige ohne Korrektur einen erhöhten Messwert an. Zur Korrektur der Luftdruck- und Temperatureinflüsse wird durch direkte Messung der klimatischen Bedingungen der Korrekturfaktor kρ ermittelt. Dabei wird der Messwert M auf die dosimetrischen Normalbedingungen umgerechnet. Der Korrekturfaktor kρ berücksichtigt also die 44 3 Material und Methoden Abweichungen von Luftdruck p und Temperatur T von den Normalbedingungen. Bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50% beträgt die Normaltemperatur T0 = 293.15 K und der Normaldruck p0 = 101.325 kPa. Der Korrekturfaktor kρ lautet in Anlehnung an die allgemeine Gasgleichung: kρ = p0 · T p · T0 (3.1) Hierbei bedeuten p und T Luftdruck und Temperatur bei der Messung. Abbildung 3.3: Messaufbau am konventionellen Beschleuniger. Die Dosismessung erfolgt in einem RW3-Plattenphantom (PTW-Freiburg) mit einem SSD (engl. Source Surface Distance) von 95 cm und einer Feldgröße von 20x20 cm2 . Die Ionisationskammer wird in der Referenztiefe zref im Plattenphantom positioniert. Luftfeuchte Der Korrekturfaktor kh korrigiert die Abweichung der Luftfeuchte von ihrem Bezugswert (50 % relative Luftfeuchte). Allerdings ist es schwierig, die relative Luftfeuchtigkeit in der Kammer zu bestimmen. So sind Einflüsse der Luftfeuchte nur bei deutlichen Abweichungen zu berücksichtigen. Für Messungen zwischen 30 % und 75 % Luftfeuchte (Betriebsbedingungen; Diese 45 3 Material und Methoden Bedingungen werden durch geeignete Klimatechnik realisiert.) ist der Fehler durch fehlende Luftfeuchtekorrektur unter klinischen Verhältnissen so gering, dass kh vernachlässigt werden kann. Somit gilt kh = 1. Kammerpolarität In der Regel ändert sich das Ansprechvermögen von Ionisationskammern bei gleichen Bestrahlungsbedingungen mit der Polarität der Kammerspannung. Eine Ursache ist die unterschiedliche Ladungsbilanz in den Elektroden. Die Summe der Elektronen, die in das Messvolumen ein- und durch die Messelektrode wieder austreten, liegt nicht im Gleichgewicht. Häufig entsteht in der Messelektrode ein Überschuss an positiven Ladungen, weil aus einer Elektrode mehr Elektronen heraustransportiert als hineingestreut werden. Diese Differenz der Elektronenladungen erhöht bzw. erniedrigt die Dosisanzeige, was beim Umpolen der Kammerspannung sichtbar wird. Dieser sogenannte Polaritätseffekt hängt von der Kammerbauart, Strahlungsenergie und -feldgröße, Messtiefe sowie von der Größe und Dicke der Messelektrode ab. Das Ansprechvermögen einer Ionisationskammer darf sich beim Umpolen der Spannung nicht mehr als 1 % ändern [5]. Falls das Ansprechvermögen um mehr als 1 % bei den vorgesehenen Bezugsbedingungen abweicht, muss folgende Korrektur vorgenommen werden: kp (V ) = M+ M− M |M+ (V )| + |M− (V )| 2·M (3.2) Betrag der Dosisanzeige bei positiver Kammerspannung Betrag der Dosisanzeige bei negativer Kammerspannung Betrag der Dosisanzeige bei klinisch benutzter Kammerspannung Qualität der Elektronenstrahlung Der Korrekturfaktor kE beschreibt die Abhängigkeit des Ansprechvermögens der Ionisationskammer von der Strahlungsqualität bei Elektronenstrahlen. Dieser Korrekturfaktor kE berücksichtigt die Änderung der Elektronen-Energieverteilung in der Referenztiefe und die Änderung der Elektronenenergie von der Bezugs-Strahlenqualität 60 Co0 Gamma-Strahlung. Der Faktor kE wird in einen bauartunabhängigen kE und 46 3 Material und Methoden 00 einen bauartabhängigen Anteil kE mit 0 00 kE = kE · kE (3.3) 0 aufgespalten. Für den bauartunabhängigen Teilfaktor kE gilt: 0 kE = 1.106 − 0.1312 · (R50 )0.214 (3.4) 00 R50 ist dabei die Halbwertstiefe in Wasser. Der Teilfaktor kE stellt dagegen von der Bauart der Kammer abhängige Korrektur dar, für die speziell für eine Flachkammer gilt: 00 kE = (pwall · p∆ )R50 (pwall · pcav · p∆ )Co (3.5) Der Kammerwand-Störungsfaktor pwall korrigiert die Abweichung des Wandmaterials von Wasser sowie die Absorption und Streuung der Elektronen durch die Kammerwand. p∆ ist der Einfluss der Bauart der Ionisationskammer auf die Abschneideenergie ∆ bei der Berechnung des beschränkten Massenbremsvermögens. Der Fluenzstörungsfaktor pcav berücksichtigt die Fluenzänderung der Elektronen im luftgefüllten Messvolumen gegenüber Wasser [5]. Korrektur der unvollständigen Sättigung Die Sättigungskorrektur kS berücksichtigt den Verlust an Ionen durch Rekombination aufgrund der angelegten Kammerspannung, der geometrischen Abmessungen der Messkammer sowie der Dosis pro Beschleunigerpuls. In der Praxis führt diese Rekombination dazu, dass die Messanzeige kleiner ist, als erwartet. Eine ausführliche Beschreibung bezüglich der Sättigung einer Ionisationskammer sowie Messmethoden für die Bestimmung des Sättigungseffektes können in Abschnitt 2.4 nachgelesen werden. Referenzdosimetrie mit radiochromen Filmen Das Digitalisieren der Filme erfolgte mit einem Flachbettscanner (Modell V750 Pro der Firma Epson Nagano/ Japan). Nach dem Scanvorgang wurden die Filme mithilfe der Software OmniPro 47 3 Material und Methoden I’mRT ausgewertet. OmniPro I’mRT ist eine dosimetrische Auswertesoftware (IBA Dosimetry, Schwarzenbruck) für die Verifikation von Bestrahlungsplänen und der Qualitätssicherung für die intensitätsmodulierte Strahlentherapie IMRT sowie für die bildgesteuerte Radiotherapie (Image-guided radiotherapy IGRT). Speziell für die Filmdosimetrie enthält die Software ein sogenanntes Filmpanel, worin die eingescannten Filme geladen und mittels der zuvor aufgenommenen Kalibrierkurve in Dosis umgerechnet werden. Die Genauigkeit der Dosiswerte hängt vor allem von der Art und Weise der Kalibrierung ab. Ungenauigkeiten in der Kalibrierung werden auf die Dosiswerte abgebildet. C. Sanne hat in ihrer Masterarbeit die hier verwendeten GafChromic EBT2 Filme mit einer Unsicherheit von weniger als 0.1 % kalibriert [26]. Boag’sche Zweispannungs-Analyse (engl. Boag’s two-voltage-analysis (TVA)) 0 00 000 Um die Sättigungsgrade f , f und f nach der Boag’schen Sättigungstheorie berechnen zu können, muss der Parameter u mit der Boag’schen ZweispannungsAnalyse berechnet werden. Zur Berechnung des Parameters u werden für Kammerspannungen V1 und V2 jeweils die Ladungsmengen Q1 und Q2 gemessen. Anschließend werden die von Laitano et al. angegebenen Gleichungen numerisch nach u durch iterative Methoden gelöst [27]. 0 Rekombinationsmodell 1 zur Bestimmung des Sättigungsgrades f : p u e 1 1 −1 V1 ln(1 + p1 ) Q1 = · V1 p2 u1 Q2 V2 V ln(1 + e 2 p2 −1 ) (3.6) 00 Rekombinationsmodell 2 zur Bestimmung des Sättigungsgrades f : Q1 p1 u1 + ln[1 + (1 − p1 )u1 ] = Q2 p2 u1 + VV21 · ln[1 + ( VV12 )(1 − p2 )u1 ] (3.7) 000 Rekombinationsmodell 3 zur Bestimmung des Sättigungsgrades f : λ1 u1 + ln[1 + λ11 (eλ1 (1−λ1 )u1 − 1)] Q1 = V 1 (1−λ2 )( V1 )u1 Q2 2 λ2 u1 + VV21 · ln[1 + λ12 (e λ2 − 1)] 48 (3.8) 3 Material und Methoden Die Gleichungen können numerisch anhand des Newtonverfahren gelöst werden. Mithilfe des Newtonverfahrens werden Nullstellen von differenzierbaren Funktionen (hierbei gilt: f (u) = 0) näherungsweise berechnet. Die grundlegende Idee des Newtonverfahrens besteht darin, die gegebene Funktion in der Umgebung der Nullstelle durch eine Tangente zu approximieren und ferner die Nullstelle der Tangente als eine neue Näherung der Nullstelle der Funktion zu verwenden. Die Nullstelle der Tangente lautet: f (un ) un+1 = un − 0 (3.9) f (un ) Die Gleichung 3.9 beschreibt eine Iterationsmethode, bei der, ausgehend von einem Startwert u0 (hier: n = 0), eine Folge von Näherungswerten (u1 , u2 , u3 , usw.) berechnet wird, die gegen die gesuchte Nullstelle konvergiert [28]. Im Allgemeinen könnte der Parameter u auch nach der Formel u= µd2 r V bestimmt werden. Allerdings besteht die größte Schwierigkeit darin, den entsprechenden Wert für die Ladungsdichte r zu finden. Das Simulationsprogramm GARFIELD Die Eigenschaften einer luftgefüllten Ionisationskammer wurden mit den Simulationsprogrammen GARFIELD [29], MAGBOLTZ ([30], [31]) und HEED [32] studiert. Nachfolgend werden die Funktionen erklärt, die im Rahmen dieser Masterarbeit benötigt wurden. Eine vollständige Beschreibung und das Programm selbst können auf den Webseiten des CERN [33] aufgerufen werden. GARFIELD ist ein am CERN entwickeltes Programm zur Simulation physikalischer Prozesse von zweidimensionalen Driftkammern, Vieldrahtzählern und TPC’s (engl. time projection chamber). GARFIELD nutzt Interfaces zu den Programmen MAGBOLTZ und HEED. Durch das eingebundene Programm MAGBOLTZ können Transporteigenschaften von Elektronen für beliebige Gasmischungen berechnet werden. Durch Einbinden des Programms wird die Boltzmann-Transportgleichung gelöst, um wichtige Eigenschaften von Gasen wie etwa die Driftbewegung von 49 3 Material und Methoden Elektronen und Ionen in Abhängigkeit von der elektrischen und magnetischen Feldstärke, der Gasmischung, der Temperatur und vom Druck zu berechnen. MAGBOLTZ berechnet dabei die Boltzmann-Transportgleichung für die Driftbewegung der Elektronen unter dem Einfluss der elektrischen und magnetischen Feldstärke mit einer Genauigkeit von besser als 1 % [34]. Dagegen berechnet das HEED Programm den Energieverlust durch Ionisation in Gasgemischen und die Clusterverteilung sowie die Gasverstärkung von Gasmolekülen bei durchgehenden ionisierenden Teilchen. Die physikalischen Grundlagen zur Berechnung der Eigenschaften von Gasen in einer gasgefüllten Ionisationskammer können im Abschnitt 2.3 nachgelesen werden. GARFIELD hat eine eigene Skriptsprache und kann in jedem Linuxterminal gestartet werden, wobei die Simulationsbedingungen in einem Editor geschrieben und anschließend an GARFIELD zum Berechnen übergeben werden. Die Ergebnisse werden in Form von Tabellen oder Graphiken ausgegeben und abgespeichert. Die Basiseinheiten in GARFIELD unterscheiden sich von den SI-Einheiten. So werden Längen in cm, Zeiten in µs, Energien in MeV, Drücke in Torr = 1.333 mbar und Magnetfeldstärken in 100 G = 10 mT angegeben. GARFIELD besteht aus zahlreichen voneinander abhängigen Sektionen wie beispielsweise CELL, GAS und FIELD. Der Abschnitt CELL dient zur Beschreibung der Kammergeometrie. Für die Simulationen werden die Elemente Ebenen und Drähte verwendet. Für die Zwecke der Arbeit wurden zwei parallele Ebenen, die die Anode und Kathode der Advanced-Markus Kammer darstellen, in einem Abstand von 1 mm und einer Potenzialdifferenz von 300 V verwendet. Senkrecht zu den Ebenen werden zusätzlich mehrere Drähte im Abstand von 0.2 mm angelegt, die die Wandeffekte der Ionisationskammer berücksichtigen. Dazu muss die Anzahl, die Spannung an jedem einzelnen Draht und die räumliche Anordnung vorgegeben werden. Es wurden jeweils vier Drähte mit einer Spannung von 0 V benutzt (siehe Abb. 3.4) [35]. Im Abschnitt GAS werden alle Gaseigenschaften wie die Zusammensetzung der Gasmischung, der Druck und die Temperatur des Gases vorgegeben. Für die Berechnungen werden für die Kammerluft ein Gasgemisch aus 21% Sauerstoff und 78% Stickstoff, ein Druck von 1 atm (= ˆ 1013.25 hPa) und eine Temperatur von 293.15 K als Standardbedingung gewählt. Hier simuliert GARFIELD für Elek- 50 3 Material und Methoden tronen in nahezu jeder Gasmischung typische Gaseigenschaften als Funktion der elektrischen Feldstärken, wie: • die Driftgeschwindigkeit der Elektronen • die longitudinale und transversale Diffusionskoeffizienten • den Elektronenanlagerungs- (engl. „attachment coefficient“) bzw. TownsendKoeffizienten • sofern vorhanden, den Lorentz-Winkel. Abbildung 3.4: Bei der Simulation verwendete Kammergeometrie für die AdvancedMarkus Kammer. Im Abschnitt FIELD kann die Elektrostatik einer Kammer untersucht werden. Hier kann überprüft werden, ob die Ebenen und Drähte richtig angeordnet sind, um über einen weiten Bereich ein konstantes elektrisches Feld zu erzeugen. Das Programm GARFIELD kann auch inhomogene Feldverteilungen berechnen, wobei allerdings die Berechnungen der Drifteigenschaften mit steigender Inhomogenität immer ungenauer werden. In dieser Sektion werden also Plots der elektrischen Feldund Äquipotentiallinien, sowie 3D-Plots erstellt. Im Rahmen dieser Masterarbeit werden nur luftgefüllte Ionisationskammer untersucht, die im Ionisationskammerbereich (siehe Abschnitt 2.2) arbeiten. Dabei wird das Verhalten der Ionisationskammer unter Standardbedingungen sowie bei Druckund Temperaturänderung hinsichtlich der Driftgeschwindigkeit der Elektronen, der Diffusion, der Elektronenanlagerung und der Sättigungseffekte beobachtet. 51 4 Inmitten der Schwierigkeiten liegt die Möglichkeit. Albert Einstein Mess- und Simulationsergebnisse In diesem Kapitel werden die durchgeführten Messungen sowie mit dem Simulationsprogramm GARFIELD gewonnenen Ergebnisse und deren Auswertung dargestellt. Im Rahmen meiner Bachelorarbeit [10] wurden bereits Tiefendosiskurven für den konventionellen Linearbeschleuniger Precise SL15 und den mobilen Elektronenlinearbeschleuniger Novac7 aufgenommen. Für die Dosismessung wurden die R100 -, R50 - und zref -Werte dieser Arbeit entnommen (siehe Tabelle 4.1). Tabelle 4.1: Für die Untersuchung der Sättigungskorrektur kS verwendeten Werte [10]. Linearbeschleuniger Precise SL15 Novac7 Energie [MeV] 8 9 R100 [cm] R50 [cm] 1.98 1.40 3.31 3.37 Referenztiefe zref [cm] 1.9 1.9 Feldgröße [cm2 ] 20 x 20 10 x 10 SSD [cm] 95 80 Pulsfrequenz [Hz] 400 5 Dabei bezeichnet R100 die Tiefe des Dosismaximums und R50 ist die Tiefe, bei der die Tiefendosiskurve auf 50% der maximalen Tiefendosis abgesunken ist. Die Messungen wurden in der Referenztiefe zref (siehe Gleichung 2.5) durchgeführt. Zur Ermittlung der Wasserenergiedosis DW mit luftgefüllten Ionisationskammern werden Korrekturfaktoren benötigt, die bereits in Kapitel 3 Material und Methoden geschildert wurden. Die in der praktischen Dosimetrie benötigten Korrekturfaktoren wurden experimentell bestimmt. Der Tabelle 4.2 sind die Korrekturfaktoren für die Luftdichte kρ, die Luftfeuchte kh und die Kammerpolarität kp am konventionellen Linearbeschleuniger Precise SL15 und am mobilen Beschleuniger Novac7 zu entnehmen. Die Korrekturfaktoren wurden für die Roos und AdvancedMarkus Kammer (AdvM Kammer) ermittelt. 52 4 Mess- und Simulationsergebnisse Der Korrekturfaktor für die Strahlungsqualität der Elektronenstrahlung kE (siehe 0 Tabelle 4.3) wurde über den von der Bauart unabhängigen Faktor kE anhand der Halbwertstiefe R50 nach der Gleichung 4.4, sowie über einen kammerspezifischen 00 00 Parameter kE berechnet. Der energieunabhängige kE -Wert wurde der DIN 6800-2 entnommen [5]. Tabelle 4.2: Experimentelle Bestimmung der Korrekturfakoren für die Roos und Advanced-Markus Kammer (AdvM Kammer) am Precise SL15 und Novac7. Precise SL15 Novac7 Roos kρ 1.011 1.022 Kammer kh kp 1 1.001 1 0.999 AdvM Kammer kρ kh kp 1.009 1 1.010 1.022 1 1.004 Tabelle 4.3: Strahlungsqualität der Elektronenstrahlung kE . Precise SL15 Novac7 Roos Kammer AdvM Kammer 0 00 0 00 kE kE kE kE kE kE 0.937 0.981 0.918 0.937 0.985 0.922 0.936 0.981 0.918 0.936 0.985 0.922 4.1 Untersuchungen zur unvollständigen Sättigung Hier richtet sich das Augenmerk auf die Bestimmung des Sättigungskorrekturfaktors kS anhand von Jaffé-Diagrammen, der Zwei-Spannungs-Methode (TVM), der Dose-per-pulse-Methode (DPP) sowie nach der Boag’schen Theorie. Jaffé-Diagramm In den Abbildungen 4.1 und 4.2 sind die normierten Messwertverhältnisse MS /M über die normierte Kammerspannung US /U aufgetragen. Dabei ist US ist die vom Hersteller empfohlene Kammerspannung, die unter Bezugsbedindungen den Messwert MS liefert. Für die Roos Kammer ist US = 100 V und für die Advanced-Markus Kammer ist US = 300 V. M stellt den Mittelwert der bei positiver und negativer Kammerspannung U erhaltenen Messwerte dar. 53 4 Mess- und Simulationsergebnisse Der Schnittpunkt der Ausgleichgeraden mit der Messwertachse liefert den Sättigungsgrad f. Durch den Kehrwert des Sättigungsgrades f wird der Korrekturfaktor kS (siehe Tabelle 4.4) berechnet. Abbildung 4.1: Experimentelle Bestimmung des Jaffé-Diagramms für die Roos (US = 100 V) und Advanced-Markus Kammer (US = 300 V) am Precise SL15. Aufgetragen sind die normierten Messwertverhältnisse MS /M in Abhängigkeit von der normierten Kammerspannung US /U . M entspricht dem Mittelwert der Messwerte bei positiver und negativer Kammerspannung U. MS ist der unter der Betriebsspannung US gemessene Messwert. Der Schnittpunkt der Ausgleichsgeraden mit der MS /M -Achse gibt den Sättigungsgrad f an. R2 ist das korrigierte Bestimmtheitsmaß (engl. adjusted coefficient of determination), welches ein Maß für die Abweichung der unabhängigen Messwerte von der Ausgleichgeraden ist. Bei Werten nahe eins weichen die Messwerte nur gerinfügig von der Ausgleichgeraden. Die Jaffé-Diagramme wurden bei verschiedenen Dosis pro Puls Werten (0.1 mGy/ Puls beim Precise SL15 und 24.9 mGy/Puls beim Novac7) und Kammerspannungen zwischen 50 V und 400 V ausgewertet. Dabei wurde die Kammerspannung bis zur maximal empfohlenen Spannung und einem Drittel dieses Wertes verändert. Vor jeder Messung musste die Anlaufzeit der beiden Ionisationskammern bei neu eingestellter Kammerspannung oder geänderter Polarität abgewartet werden. Es wurde generell mit 2 bis 5 Gy vorbestrahlt, was empfohlen wird [5]. 54 4 Mess- und Simulationsergebnisse Abbildung 4.2: Experimentelle Bestimmung des Jaffé-Diagramms für die Roos (US = 100 V) und Advanced-Markus Kammer (US = 300 V) am Novac7. Aufgetragen sind die normierten Messwertverhältnisse MS /M in Abhängigkeit von der normierten Kammerspannung US /U . M entspricht dem Mittelwert der Messwerte bei positiver und negativer Kammerspannung U. MS ist der unter der Betriebsspannung US gemessene Messwert. Der Schnittpunkt der Ausgleichsgeraden mit der MS /M -Achse gibt den Sättigungsgrad f an. Tabelle 4.4: Anhand der Jaffé-Kurve ermittelter Sättigungsgrad f und Korrekturfaktor kS für die Roos und Advanced-Markus Kammer am Precise SL15 und Novac7. Precise SL15 Novac7 Roos Kammer Sättigungsgrad f Korrekturfaktor kS 0.988 1.012 0.736 1.359 55 AdvM Kammer Sättigungsgrad f Korrekturfaktor kS 0.998 1.002 0.966 1.035 4 Mess- und Simulationsergebnisse Abbildung 4.3: Am Novac7 mit der Advanced-Markus Kammer (US = 300 V) aufgenommenes Jaffé-Diagramm für den 40 mm Applikator. Aufgetragen sind die normierten Messwertverhältnisse MS /M in Abhängigkeit von der normierten Kammerspannung US /U . M entspricht dem Mittelwert der Messwerte bei positiver und negativer Kammerspannung U. MS ist der unter der Betriebsspannung US gemessene Messwert. Der Schnittpunkt der Ausgleichsgeraden mit der MS /M -Achse gibt den Sättigungsgrad f an. Bei der intraoperativen Strahlentherapie werden die Brustkrebs-Patientinnen nicht unter Standardbedingungen bestrahlt. Üblicherweise wird bei den Operationen der 40 mm Applikator eingesetzt. Das hat zur Folge, dass die Dosis pro Puls wesentlich höher als unter Standardbedingungen ist. Für den 40 mm Applikator wird unter den gleichen Messbedingungen eine Dosis pro Puls von 33.6 mGy/Puls erreicht. Hier beträgt der Korrekturfaktor kS = 1.050 . Zwei-Spannungs-Methode (TVM) Anhand der Gleichung 2.40 wurde die Sättigungskorrektur kS nach der Zwei-Spannungs-Methode (TVM) bestimmt. Dazu wurde die Dosis bei der klinisch benutzten Kammerspannung MS und einer beliebigen Spannung M gemessen. Die beliebige Spannung M muss dabei um den Faktor 2 bis 5 gegenüber der klinisch verwendeten Spannung erniedrigt bzw. erhöht sein. Beide Dosiswerte wurden zudem auf Polaritätseffekte korrigiert. Tabelle 4.5 veranschaulicht die Werte für die Sättigungskorrektur kS . 56 4 Mess- und Simulationsergebnisse Tabelle 4.5: Am Precise SL15 und Novac7 ermittelter Korrekturfaktor kS nach der Zwei-Spannungs-Methode (TVM). Precise SL15 Novac7 Korrekturfaktor kS Roos Kammer AdvM Kammer 1.011 1.003 1.382 1.035 Dose-per-pulse-Methode (DPP) Anhand der Gleichung 2.42 wurde der Korrekturfaktor kS nach der Dose-per-pulse-Methode (DPP) berechnet. Hierfür wurde die Wasser-Energiedosis DDP P,W pro Puls gemessen. Die Konstanten γ und δ wurden der DIN 6800-2 entnommen [5]. Die ermittelten Werte für die Sättigungskorrektur sind in Tabelle 4.6 aufgetragen. Tabelle 4.6: Am Precise SL15 und Novac7 ermittelter Korrekturfaktor kS nach der Dose-per-pulse-Methode (DPP). Precise SL15 Novac7 Korrekturfaktor kS Roos Kammer AdvM Kammer 1.002 1.002 1.322 1.042 Abbildung 4.4: Am Novac7 ermittelte Sättigungskorrektur kS als Funktion der Pulsdosis DPP für die Advanced-Markus Kammer. Eine Methode, um die Effekte der Anfangs- γ und Volumenrekombination δ ex- 57 4 Mess- und Simulationsergebnisse perimentell zu bestimmen, stellten Burns und McEwen [36] vor. Hierfür wird bei verschiedenen Pulsdosen die Sättigungskorrektur berechnet. Beim mobilen Linearbeschleuniger Novac7 werden verschiedene Pulsdosen durch Verwendung von Applikatoren mit unterschiedlichen Durchmessern generiert. Für jeden Applikator (hier: 40, 50, 60 und 100 mm) wurde nach der Referenzdosimetrie mithilfe der GafChromic Filmen der kS -Faktor bestimmt. In Abbildung 4.4 sind die kS -Faktoren in Abhängigkeit von den Pulsdosen aufgetragen. Dabei ergab die Steigung der Ausgleichgeraden den δ-Wert (δ = 0.005) und der kS -Achsenabschnitt den γ-Wert (γ = 0.896). Daraus resultierte für die Sättigungskorrektur kS unter Standardbedingungen ein Wert von 1.003. Boag’sche Sättigungskorrektur Der erste Schritt zur Bestimmung des kS Faktors ist die Evaluierung der Freie-Elektronen Komponente p (siehe Gleichung 2.47). Zu diesem Zweck wurden die mittlere Lebensdauer τ nach Gleichung 2.48 und die Driftgeschwindigkeit ω nach Gleichung 2.49 berechnet. Die Freie-Elektronen Komponente p wurde für Elektrodenabstände von 1 mm für die Advanced-Markus Kammer und 2 mm für die Roos Kammer sowie bei Kammerspannungen zwischen 100 V und 300 V berechnet (siehe Tabelle 4.7). Die Werte für die Freie-Elektronen Komponente p wurden in die Gleichungen 2.43, 2.45, 2.46 eingesetzt, um die Sätti0 00 000 gungsgrade f , f und f zu berechnen. Zunächst aber musste der Parameter u für die beiden planparallelen Ionisationskammern mit der Boag’schen ZweispannungsAnalyse (Boag’s two-voltage-analysis (TVA)) berechnet werden. Hierfür wurden für die Berechnung des Parameters u für Kammerspannungen V1 = 100 V und V2 = 300 V jeweils die Ladungsmengen Q1 und Q2 gemessen. Durch die Berechnung der Freie-Elektronen Komponente p und des Parameters u konnten die Sättigungsgrade f (siehe Tabelle 4.8) und anschließend die Korrekturfaktoren kS (siehe Tabelle 4.9) bestimmt werden. Eine andere Methode, um den Sättigungsfaktor kS bei hohen Pulsdosisleistungen zu bestimmen, stellten Di Martino et al. [37] vor. Di Martino führte eine neue Gleichung für die Sättigungskorrektur in Anlehnung an die Boag’sche Theorie ein. Aufgrund der Abhängigkeit des kS -Faktors von der Dosis pro Puls (siehe Abb. 4.5) wird die Freie-Elektronen Komponente p experimentell abgeschätzt. 58 4 Mess- und Simulationsergebnisse Tabelle 4.7: Berechnung der Driftgeschwindigkeiten ω1 und ω2 , der mittleren Lebensdauern τ1 und τ2 sowie der Freie-Elektronen Komponenten p1 und p2 bei 100 V und 300 V Kammerspannungen. Roos Kammer AdvM Kammer ω1 bei 100 V 1332676.506 cm/s τ1 bei 100 V 2.114 · 10−8 s p1 0.141 0.274 ω2 bei 300 V 2363579.437 cm/s τ2 bei 300 V 5.346 · 10−8 s p2 0.502 0.691 Tabelle 4.8: Sättigungsgrade für die Roos und Advanced-Markus Kammer am Precise SL15 und Novac7. Sättigungsgrade Precise SL15 Novac7 Roos Kammer 0 00 f f 0.990 0.991 0.772 0.794 AdvM Kammer 00 000 f f f f 0.991 0.997 0.999 0.998 0.785 0.968 0.987 0.980 000 0 Tabelle 4.9: Bestimmung der Korrekturfaktoren nach der Boag’schen Theorie. Precise SL15 Novac7 Korrekturfaktoren für Roos Kammer für AdvM Kammer 0 00 000 0 00 kS kS kS kS kS 1.010 1.009 1.009 1.003 1.001 1.295 1.260 1.274 1.033 1.013 59 000 kS 1.002 1.021 4 Mess- und Simulationsergebnisse Dazu wird das erste Boag’sche Modell als Funktion von p verwendet: 0 kS = u ln(1 + ep 0 ·u −1 0 p mit u = β · DW,θ,ef f ) und β= µ · d2 V · ν · NW (4.1) β ist nur von den Kammereigenschaften abhängig, während DW,θ,ef f sich durch eine Dosis pro Puls Abhängigkeit charakterisiert. µ (= 3.02 · 1010 mV/C) ist eine Konstante, die die Eigenschaften des Kammergases beschreibt. d [m] ist der Elektrodenabstand, V [V] die verwendete Kammerspannung, θ [m3 ] das KammerMessvolumen, NW der Kalibrierfaktor für die Wasserenergiedosis und DW,θ,ef f ist die Dosis pro Puls dividiert durch die Korrekturfaktoren für die Luftdichte, Luftfeuchte, Kammerpolarität und Qualität der Elektronenstrahlung. In Abbildung 4.5 wurden die experimentell ermittelten kS -Faktoren (gekreuzte Punkte) für verschiedene Pulsdosen aufgenommen. So konnte die Gleichung 4.1 (durchgezogene Linie) durch Variation der Freie-Elektronen Komponente p an die experimentellen 0 Werte angepasst werden. Der Wert p für die freien Elektronen lag bei 0.637. Auf die gleiche Weise konnten auch p-Werte nach den beiden anderen Boag’schen Mo00 000 dellen bestimmt werden. Es ergaben sich für p = 0.417 und für p = 0.513. Abbildung 4.5: Nach Di Martino Methode ermittelte kS -Faktoren in Abhängigkeit von der Dosis pro Puls DPP für die Advanced-Markus Kammer. 60 4 Mess- und Simulationsergebnisse Referenzdosimetrie mit radiochromen Filmen Zur Bestimmung der RefeGaf wurden GafChromic EBT2 Filme bestrahlt. renzdosis bzw. Absolutdosis DW,ref Bei der Auswertung ergaben sich folgende Dosiswerte: Gaf Tabelle 4.10: Mit GafChromic EBT2 Filmen ermittelte Dosiswerte DW,ref [Gy]. Precise SL15 Novac7 Gaf DW,ref 2.171 3.118 Gaf und der mit einer Ionisationskammer Aus dem Verhältnis der Referenzdosis DW,ref gemessenen Dosis DW,ion (U0 ) kann der Sättigungsfaktor kS,ref berechnet werden: kS,ref Gaf DW,ref = DW,ion (U0 ) · kρ · kh · kp · kE (4.2) Die Dosis DW,ion (U0 ) wird bei der üblichen Kammerspannung U0 gemessen. Sie muss mit Korrekturfaktoren wie die Luftdichte kρ , die Luftfeuchte kh , die Kammerpolarität kp und die Qualität der Elektronenstrahlung kE verrechnet werden. So können die kS,ref -Faktoren für die beiden Ionisationskammern bestimmt werden (siehe Tabelle 4.11). Tabelle 4.11: Nach Gleichung 4.2 ermittelte kS,ref -Faktoren. Precise SL15 Novac7 Korrekturfaktor kS,ref Roos Kammer AdvM Kammer 1.042 1.032 1.347 1.016 4.2 Ermittlung der Wasserenergiedosis DW Durch Multiplikation aller Korrekturfaktoren mit den Rohdaten wurde die Wasserenergiedosis DW nach der Jaffé-, der Zwei-Spannungs- und der Dose-per-pulseMethode sowie nach der Boag’schen Zweispannungs-Analyse bestimmt. Ferner wurde die Referenzdosis mit dem GafChromic EBT2 Film ermittelt (siehe dazu Tabelle 4.12 und 4.13). 61 4 Mess- und Simulationsergebnisse Tabelle 4.12: Bestimmung der Wasserenergiedosis DW [Gy] nach den vorgestellten Methoden. DW Roos Kammer AdvM Kammer Precise SL15 Jaffé TVM DPP Radiochromer Film Novac7 Jaffé TVM DPP Radiochromer Film 2.109 2.107 2.088 2.108 2.110 2.108 2.171 3.145 3.198 —– 3.175 3.175 —– 3.118 Tabelle 4.13: Bestimmung der Wasserenergiedosis DW [Gy] nach der Boag’schen Sättigungstheorie. DW 0 Precise SL15 Novac7 DW 2.105 2.997 Roos Kammer 00 DW 2.103 2.916 000 0 DW DW 2.103 2.110 2.948 3.169 62 AdvM Kammer 00 000 DW DW 2.106 2.108 3.108 3.132 4 Mess- und Simulationsergebnisse Im Vergleich zur Advanced-Markus Kammer treten bei der Roos Kammer vor allem bei hohen Pulsdosisleistungen stärkere Sättigungsverluste auf. In Abbildung 4.6 ist zu erkennen, dass sich die Roos Kammer bei 100 V Betriebsspannung noch im Rekombinationsbereich befindet. Abbildung 4.6: Sättigungskurve für die Roos Kammer bei einer Pulsdosisleistung von 24.9 mGy/P uls. Aufgetragen ist die freigesetzte Ladung gegen die Kammerspannung U. Die freigesetzte Ladung nimmt zunächst stetig mit der Kammerspannung U bis zur Sättigung zu. Im Sättigungsbereich ist die Abhängigkeit der freigesetzten Ladung von der Kammerspannung U vernachlässigbar klein. Hier ist die Ladung proportional zur Dosisleistung. 4.3 Simulationsergebnisse Simulationsergebnisse unter Standardbedingungen Die nachfolgenden Ergebnisse wurden unter Standardbedingungen (293.15 K und 1 atm) mit dem Simulationsprogramm GARFIELD evaluiert. Die Abbildung 4.7 veranschaulicht die Äquipotential- und Feldlinien in der Advanced-Markus Kammer. Die elektrische Feldverteilung in der Kammer ist weitestgehend homogen. Es treten nahezu keine Feldverzerrungen im Kammervolumen auf, außer in den Ecken der Kammer. Die Feldverzerrungen in den Ecken werden durch die Wandeffekte der Kammer verursacht. Die Feldinhomogenität in den Kammerecken rührt daher, dass Sekundär- 63 4 Mess- und Simulationsergebnisse bzw. δ-Elektronen, die durch Wechselwirkungen (wie elastische oder inelastische Streuung) mit dem Kammermaterial entstehen und in das Messvolumen gelangen, erzeugt werden. Abbildung 4.7: Links: Mit GARFIELD berechnete Äquipotentiallinien. Rechts: Mit GARFIELD berechnete Feldlinien für die Advanced-Markus Kammer. Die elektrische Feldverteilung in der Kammer ist weitestgehend homogen, außer in der Nähe des Kammerwandes bei 0 cm und bei 0.5cm. Dort wurden die vier Drähte, die mit einer Spannung von 0 V versehen wurden, angelegt. In Abbildung 4.8 ist die Driftgeschwindigkeit der Elektronen bei elektrischen Feldstärken bis 105 V/cm zu erkennen. Die Driftgeschwindigkeit ergibt sich aus der Beschleunigung der Elektronen aufgrund des elektrischen Feldes und aus den Stößen der Elektronen mit den Gasatomen. Für elektrische Felder E < 100 V/cm beträgt die Driftgeschwindigkeit ω = 0.44614 cm/µs, für E-Felder zwischen 100 < E < 100000 V/cm wurde die Driftgeschwindigkeit quadratisch interpoliert und für E-Felder E > 100000 V/cm wird die Driftgeschwindigkeit durch folgende Formel beschrieben: ω = 7.09586 + 0.00027651 · E 64 4 Mess- und Simulationsergebnisse Abbildung 4.8: Mit GARFIELD berechnete Driftgeschwindigkeiten der Elektronen in der Advanced-Markus Kammer bei elektrischen Feldstärken bis 105 V /cm. Im Einzelnen ergaben sich die in Tabelle 4.14 aufgeführten Driftgeschwindigkeiten ω bei Kammerspannungen, die in der klinischen Dosimetrie am häufigsten verwendet werden. Es fällt auf, dass mit steigender Feldstärke auch die Driftgeschwindigkeit ω der Elektronen zunimmt. Tabelle 4.14: Simulierte Driftgeschwindigkeiten der Elektronen ω bei klinisch benutzten Kammerspannungen. E [V/cm] 1000 2000 3000 4000 5000 ω [cm/µs] 1.297 1.813 2.334 2.880 3.404 Mithilfe von MAGBOLTZ wurde eine Simulation zur longitudinalen (Diffusion parallel zur Driftrichtung) und transversalen (Diffusion senkrecht zur Driftrichtung) 65 4 Mess- und Simulationsergebnisse Diffusion der Primärelektronen für verschiedene Driftfeldstärken erstellt (siehe Abbildung 4.9). Abbildung 4.9: Mit GARFIELD simulierten Werte für die longitudinale (sternförmige Punkte) und transversale (runde Punkte) Diffusion der Primärelektronen in der Advanced-Markus Kammer. Tabelle 4.15 zeigt die simulierten Diffusionswerte. Sowohl die longitudinale als auch die transversale Diffusion nahmen bei steigender Feldstärke ab, wobei die transversale Diffusion eine stärkere Abhängigkeit von der Feldstärke zeigte. Tabelle 4.15: Simulierte Diffusionswerte für die longitudinale und transversale Diffusion für die Advanced-Markus Kammer. E [V/cm] 1000 2000 3000 4000 5000 Diffusion [µm für 1 cm] longitudinal transversal 195.869 320.302 189.989 276.296 169.372 253.603 147.221 235.981 137.538 206.423 Abbildung 4.10 stellt den Elektronenanlagerungs- und den Townsend-Koeffizienten 66 4 Mess- und Simulationsergebnisse in Abhängigkeit vom elektrischen Feld dar. Die Tabelle 4.16 zeigt die simulierten Elektronenanlagerungs-Koeffizienten für die Advanced-Markus Kammer. Eine Townsend-Lawine ist in klinisch benutzten elektrischen Feldstärken nicht zu beobachten. Sie entsteht bei Feldstärken von ungefähr 104 V/cm. Die Elektronenanlagerung nimmt mit zunehmender Feldstärke ab. Abbildung 4.10: Mit GARFIELD simulierte Elektronenanlagerungs- (runde Punkte) und Townsend-Koeffizienten (sternförmige Punkte) für die AdvancedMarkus Kammer. Tabelle 4.16: Simulierte Elektronenanlagerungs-Koeffizienten bei klinisch benutzten Kammerspannungen für die Advanced-Markus Kammer. E [V/cm] 1000 2000 3000 4000 5000 ElektronenanlagerungsKoeffizient [1/cm] 129.149 67.527 50.614 33.744 29.156 Untersuchung der Sättigung mithilfe simulierter Daten Zur Bestimmung der Sättigungskorrektur kS wird sowohl die Driftgeschwindigkeit ω als auch die 67 4 Mess- und Simulationsergebnisse Lebensdauer τ der freien Elektronen benötigt. Im Nachfolgenden werden dafür die mit GARFIELD simulierten und von Hochhäuser experimentell bestimmten Werte vorgestellt. Die simulierten Driftgeschwindigkeiten ω und Lebensdauern τ wurden für die Advanced-Markus Kammer unter Standardbedingungen evaluiert. Hochhäuser bestimmte die Driftgeschwindigkeit ω und die Lebensdauer τ für eine Parallelplattenkammer mit einem Elektrondenabstand von 6.1 mm, einem Kammervolumen von 4.98 · 10−6 m3 , einem O2 -N2 -Gemisch mit 19.9 Vol. % O2 -Gehalt, einem Fülldruck von 1000 mbar und einer Temperatur von 291.5 K. Die Messungen wurden bei 18 MeV Elektronen-Energie und einer Pulsfrequenz von 200 Hz durchgeführt [21] (siehe Abb. 4.11). Die von Hochhäuser gemessenen Driftgeschwindigkeiten ω wurden nach Gleichung 2.49 berechnet und in die Grafik aufgetragen. Die beiden Kurven zeigen eine gute Übereinstimmung. Die Abweichung beider ω-Verläufe bis 3280 V/cm betrug 4.2 %. Hochhäuser erwähnte, dass die Messwerte ab 3280 V/cm bis 5000 V/cm extrapoliert wurden. Die Abweichung im Extrapolationsbereich lag bei 8.5 %. Abbildung 4.11: Vergleich zwischen simulierten und gemessenen Driftgeschwindigkeiten ω zur Bestimmung der Sättigungskorrektur kS . 68 4 Mess- und Simulationsergebnisse Abbildung 4.12 veranschaulicht die Elektronen-Lebensdauern τ als Funktion der elektrischen Feldstärke. Die experimentellen Werte für die Lebensdauern freier Elektronen wurden anhand der Gleichung 2.48 ermittelt. Hiergegen lassen sich die simulierten Lebensdauern mit dem Elektronenanlagerungs-Koeffizienten berechnen. Die Multiplikation des Anlagerungs-Koeffizienten [cm−1 ] mit der zugehörigen Driftgeschwindigkeit [cm/s] ergibt die Anlagerungsfrequenz [s−1 ] für die Bildung eines stabilen, negativen Ions, deren reziproker Wert die Elektronen-Lebensdauer τ ist. Bei hohen Feldstärken zeigten die simulierten und berechneten Lebensdauern eine Abweichung um den Faktor 8. Bei kleiner werdenden Feldstärken nahm die Differenz beider Werte ab. Die experimentell bestimmten Lebensdauern waren im Vergleich zur Simulation größer und die Anlagerungs-Koeffizienten entsprechend kleiner. Der Simulation zufolge waren also die Lebensdauern der freien Elektronen bis zur Anlagerung kürzer und der Anteil an Elektronen-Anlagerungen höher. Abbildung 4.12: Vergleich zwischen simulierten und gemessenen Lebensdauern τ der freien Elektronen zur Bestimmung der Sättigungskorrektur kS . Untersuchung des Kammerverhaltens bei Temperatur- und Druckänderung Die nachfolgenden Abbildungen 4.13, 4.14 und 4.15 zeigen die mit dem GARFIELD Programm erhaltenen Simulationsergebnisse. 69 4 Mess- und Simulationsergebnisse Abbildung 4.13: Mit GARFIELD simulierte Driftgeschwindigkeiten der Elektronen bei Temperatur- (links) und Druckänderung (rechts) für die AdvancedMarkus Kammer. Abbildung 4.14: Mit GARFIELD simulierte Elektronenanlagerungs-Koeffizienten bei Temperatur- (links) und Druckänderung (rechts) für die AdvancedMarkus Kammer. 70 4 Mess- und Simulationsergebnisse Abbildung 4.15: Mit GARFIELD simulierte Elektronen-Lebensdauern bei Temperatur(links) und Druckänderung (rechts) für die Advanced-Markus Kammer. Hierbei wurden für vier verschiedene Temperaturen (T = 250, 293.15, 350 und 400 K) und Kammer-Fülldrücke (p = 900, 950, 1013.25 und 1050 mbar) die Änderungen der Driftgeschwindigkeit der Elektronen, der ElektronenanlagerungsKoeffizienten und der Elektronen-Lebensdauern in der Advanced-Markus Kammer untersucht. Untersuchung der Advanced-Markus Kammer bei unterschiedlichen Sauerstoff-Stickstoff-Gemischen Die Abbildung 4.16 zeigt die mit dem GARFIELD Programm erhaltenen Driftgeschwindigkeiten der Elektronen, Elektronenanlagerungs-Koeffizienten und die Lebensdauer der freien Elektronen bei unterschiedlichen Sauerstoff-Stickstoff-Gemischen. Der Kammer-Fülldruck war weiterhin in allen Fällen 1013.25 hPa und die Temperatur der Kammer betrug 293.15 K. 71 4 Mess- und Simulationsergebnisse Abbildung 4.16: Mit GARFIELD simulierte Driftgeschwindigkeiten der Elektronen, Elektronenanlagerungs-Koeffizienten und Elektronen-Lebensdauern bei unterschiedlichen Sauerstoff-Stickstoff-Gemischen für die Advanced-Markus Kammer. 72 5 Der Beginn aller Wissenschaften ist das Erstaunen, dass die Dinge sind, wie sie sind. Aristoteles Diskussion Im Nachfolgenden werden sowohl anhand der Jaffé-Kurven, der Zwei-SpannungsMethode, der Dose-per-pulse-Methode sowie nach der Boag’schen Sättigungstheorie ermittelten Messergebnisse als auch die Simulationsergebnisse analysiert und diskutiert. Jaffé-Diagramme Im Allgemeinen nimmt die Linearität der Jaffé-Kurve mit sinkender Dosis pro Puls ab, weil bei hohen Kammerspannungen die Gasverstärkung einsetzt. So kann mittels der Jaffé-Kurve die maximal erlaubte Kammerspannung der benutzten Ionisationskammer ermittelt werden. Beispielsweise würde die Roos Kammer mit einer Kammerspannung von + 400 V bei Messungen mit dem Precise SL15 zu falschen Messwerten führen. Bei einer hohen Pulsdosis und einem großen Messvolumen werden auch die Sättigungsverluste größer. Bruggmoser et al. stellten fest, dass die Sättigungskorrektur kS nur von der Dosis pro Puls und vom Kammertyp abhängt [38]. Die Strahlenart und Energie beeinflussen nach dieser Arbeit den Korrekturfaktor kS nicht. Der Korrekturfaktor kS für die Advanced-Markus Kammer bei einer Pulsdosis von 0.1 mGy/Puls ergab sich zu kS = 1.002, für eine Pulsdosis von 24.9 mGy/Puls betrug kS = 1.035 und für eine Pulsdosis von 33.6 mGy/Puls war kS = 1.050. Dies verdeutlicht nochmals, dass die Sättigungsverluste mit zunehmender Dosis pro Puls zunehmen. Bei der Roos Kammer war die unvollständige Sättigung aufgrund des größeren Messvolumens (kS = 1.012 bei 0.1 mGy/Puls und kS = 1.359 bei 24.9 mGy/Puls) stärker ausgeprägt. Burns und McEwen zeigten in ihren Untersuchungen, dass die Sättigungsverluste 73 5 Diskussion mithilfe der Jaffé-Kurven für Pulsdosen zwischen 0.07 mGy/Puls und 12 mGy/Puls korrigiert werden können [36]. Der mobile Linearbeschleuniger Novac7 besitzt jedoch eine sehr viel höhere Dosis pro Puls (24.9 mGy/Puls). Im Rahmen dieser Arbeit konnte die Linearität der Jaffé-Kurven auch bei höherer Dosis pro Puls beobachtet werden. Ferner wurden die ermittelten kS -Faktoren mit der Referenzdosimetrie weiter untersucht, um die Zuverlässigkeit der Jaffé-Kurven auch bei hohen Pulsdosisleistungen feststellen zu können (siehe hierzu Abschnitt „Referenzdosimetrie mit radiochromen Filmen“). Zwei-Spannungs-Methode (TVM) Bei guter Kenntnis des Kammer- und Pulsverhaltens der Linearbeschleuniger kann die aufwendige Bestimmung des JafféDiagramms durch die Zwei-Spannungs-Methode ersetzt werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass mit Messwerten bzw. Spannungen aus dem linearen Bereich der Jaffé-Kurve gearbeitet wird. Die Korrekturfaktoren aus Tabelle 4.5 zeigen eine gute Übereinstimmung mit den Werten, die mit dem Jaffé-Verfahren ermittelt wurden. Die Abweichungen betrugen weniger als 0.1 %, außer bei jenem Korrekturfaktor kS , der mit der Roos Kammer bei einer hohen Pulsdosisleistung am Novac7 bestimmt wurde. Hier lag die Abweichung bei ungefähr 1.7 % (siehe Abschnitt „Fehlerabschätzung bei der Bestimmung der Wasserenergiedosis DW “). Dose-per-pulse-Methode (DPP) Die am Precise SL15 erhaltenen Sättigungskorrekturen kS können zur Ermittlung der Wasserenergiedosis DW verwendet werden. Dagegen können die am Novac7 ermittelten kS -Werte nicht benutzt werden, weil der γ-Wert bezüglich Anfangsrekombination und der δ-Wert bezüglich Volumenrekombination nicht im angegebenen Pulsdosisbereich liegen. Für hohe Pulsdosisleistungen wurde die Sättigungskorrektur kS in Abhängigkeit von der Pulsdosis DPP bestimmt, um die Konstanten δ für die Anfangsrekombination sowie γ für die Volumenrekombination auch bei hohen Pulsdosen zu untersuchen (siehe Abb. 4.4). Die experimentell ermittelten δ- und γ-Werte deuten darauf hin, dass sie im Widerspruch zur angenommen Rekombinationstheorie stehen. Die Rekombinationstheorie sagt aus, dass die Anfangsrekombination mit zunehmender elektrischer Feldstärke abnimmt. Die Advanced-Markus Kammer wird mit einer Kammerspannung von + 300 V betrieben. Die Anfangsrekombination sollte also 74 5 Diskussion bei Feldstärken größer als 100 V/cm in klinischen Ionisationskammern vernachlässigbar klein sein. Bei steigenden Pulsdosen sollten dagegen die Effekte aufgrund der Volumenrekombination dominieren. Das Experiment zeigte allerdings ein gegensätzliches Verhalten. Aus diesen Betrachtungen heraus kann gefolgert werden, dass die Dose-per-pulse-Methode (DPP) bei sehr hohen Pulsdosisleistungen bezüglich der Sättigungskorrektur nicht angewendet werden sollte. Sie bedarf weiterführender eingehender Untersuchungen eventuell mit weiteren Messkammern und Linearbeschleunigern. Boag’sche Sättigungskorrektur Bei niedriger Dosis pro Puls, wie sie bei konventionellen Linearbeschleunigern (ca. 0.1 mGy/Puls) vorkommt, beträgt die Abweichung der drei Sättigungsfaktoren untereinander sowohl für die Roos Kammer als auch für die Advanced-Markus Kammer weniger als 0.2 %. Folglich können alle drei Modelle zur Bestimmung des kS -Faktors verwendet werden. Die kS -Werte bei hoher Dosis pro Puls (ca. 24.9 mGy/Puls) wichen jedoch bis zu 2.7 % voneinander ab. Welches der drei Modelle den Sättigungsfaktor kS am genauesten beschreibt, wurde mittels der Referenzdosimetrie extensiver untersucht. Durch die Anwendung der Di Martino Methode wurde die Freie-Elektronen Komponente p experimentell abgeschätzt [37]. Je nach verwendetem Modell wichen die Werte für die Freie-Elektronen Komponente p voneinander ab. Der mithilfe der Boag’schen Zweispannungs-Analyse berechnete p-Wert (pcalc = 0.691) entsprach 0 am ehesten dem ersten Modell (p = 0.637). Die Abweichung der Korrekturfakto0 ren kS , die für pcalc = 0.691 und p = 0.637 berechnet wurden, betrug 0.2 %. Ein Nachteil der Di Martino Methode stellte die Konstante µ dar. µ ist abhängig von der Kammergeometrie, von der Beweglichkeit der Ladungsträger und vom Rekombinationskoeffizienten. Der angegebene µ-Wert entspricht nach dem ICRU Report 34 luftgefüllten Fingerhutkammern mit einem Elektrodenabstand von mindestens 2.5 mm [39]. Für planparallele Ionisationskammern mit einem 2 mm Elektrodenabstand wird ein von Roos und Derikum experimentell bestimmter µ-Wert (µ = 2.55 · 1010 mV/C) angegeben [40]. Jedoch hat die Advanced-Markus Kammer einen Elektrodenabstand von 1 mm. Speziell für die Advanced-Markus Kammer existieren in der Literatur keine eindeutigen Werte. Veröffentlichte µ-Werte weichen bis zu 30 % voneinander ab. Daher sollten sie für Berechnungen nicht ver- 75 5 Diskussion wendet werden. Darauf wird von verschiedenen Autoren hingewiesen ([41], [42]). Aus diesen Betrachtungen heraus kann gefolgert werden, dass der von Di Martino benutzte µ-Wert bei der Untersuchung des Sättigungsverlustes nicht angewendet werden sollte. Folglich konnte die Unsicherheit des kS -Faktors aufgrund der Konstanten µ nicht abgeschätzt werden. Referenzdosimetrie mit radiochromen Filmen Wie erwartet, sind die Sättigungsverluste in der Roos Kammer sowohl bei niedrigen als auch bei hohen Pulsdosen größer als bei der Advanced-Markus Kammer. Der Grund dafür ist, dass die Advanced-Markus Kammer einen kleineren Elektrodenabstand (1 mm) hat und bei viel höherer Kammerspannung (300 V) betrieben wird. So werden die entstandenen Elektron-Ion Paare schneller durch das elektrische Feld abgesaugt und damit wird die Wahrscheinlichkeit für eine Rekombination reduziert. Im Vergleich des Referenzfaktors (kS,ref,Roos = 1.042 und kS,ref,AdvM = 1.032 bei 0.1 mGy/Puls, kS,ref,Roos = 1.347 und kS,ref,AdvM = 1.016 bei 24.9 mGy/ Puls) zu den bisher vorgestellten Verfahren, fiel auf, dass die hier gemessenen Sättigungskorrekturen vor allem bei niedrigen Pulsdosisleistungen am Precise SL15 größer ausfallen. Die Korrekturfaktoren kS , die nach den beschriebenen Methoden ausgewertet wurden, wichen bis zu 3.8 % vom Referenzfaktor kS,ref ab. Die Abweichungen bei hohen Pulsdosisleistungen lagen bei 1.9 %. Diese Abweichungen können auf Messunsicherheiten wie beispielsweise bei der Jaffé-Kurve oder auf Unsicherheiten der in Dosimetrieprotokollen angegebenen Werte, die größtenteils aus semi-empirischen Modellrechnungen und Monte-Carlo-Simulationen abgeleitet wurden, wie bei der Zweispannungs- und der Dose-per-pulse-Methode zurückgeführt werden. Die Boag’sche Sättigungskorrektur liefert bei niedriger Dosis pro Puls für alle drei Modelle annähernd das gleiche Ergebnis. Bei Pulsdosen von 0.1 mGy/Puls weichen alle drei Boag’schen Modelle im Mittel um ungefähr 3 % vom Referenzfaktor kS,ref ab. Dagegen war bei hohen Pulsdosen von 24.9 mGy/Puls die Sättigungskorrektur bei der Roos Kammer durch das Modell 1 (3.9 % Abweichung) und bei der Advanced-Markus Kammer durch die Modelle 2 und 3 (0.5 % Abweichung) am ehesten mit dem Referenzfaktor kS,ref vergleichbar. Hieran wird deutlich, dass die Beschreibung der Sättigungseffekte nach der Boag’schen Zwei-Spannungs-Analyse 76 5 Diskussion vom Kammertyp und von der Dosisleistung abhängt. Fehlerabschätzung bei der Bestimmung der Wasserenergiedosis DW Im Allgemeinen betrugen die Abweichungen der gemessenen Dosiswerte DW von der Gaf Gaf Referenzdosis (DW,ref,P reciseSL15 = 2.171 und DW,ref,N ovac7 = 3.118) nicht mehr als 3 %. Diese Beobachtung lässt schlussfolgern, dass die Dosiswerte DW bei niedrigen und hohen Pulsdosen mit den vorgestellten Verfahren untersucht werden können. Im Vergleich zur Advanced-Markus Kammer weist die Roos Kammer vor allem bei hoher Dosis pro Puls größere Sättigungsverluste auf. Bei großen Dosisleistungen erhöht sich die Ladungsträgerdichte. Dies hat zur Folge, dass bei niedriger Spannung und den damit bewirkten kleinen Geschwindigkeiten die Elektronen und Ionen nicht schnell genug vom elektrischen Feld getrennt werden und somit rekombinieren. Wie in Abbildung 4.6 zu erkennen, befindet sich die Roos Kammer bei + 100 V noch im Rekombinationsbereich. Diese Rekombinationsverluste können durch Erhöhung der Kammerspannung auf + 300 V um das Dreifache vermindert werden. Die Zuverlässigkeit der ermittelten Dosiswerte DW lässt sich auf die verschiedenen physikalischen Größen wie die Korrekturfaktoren und auf die Messprozeduren bei der Dosisbestimmung zurückführen. Die Genauigkeit einer Dosismessung hängt zum Einen ab vom Messsystem (Ionisationskammer, Dosimeter, Phantom) und zum Anderen vom Linearbeschleuniger. Die Unsicherheit der Ionisationskammer bis zur Kalibrierung im Eichlabor in Bezug auf NW beträgt laut Kalibrierschein 1 %. Die Dosimeter-Anzeige inklusive der Korrekturfaktoren zeigte bei der Bestimmung der Wasserenergiedosis DW im Referenzpunkt im Plattenphantom eine Unsicherheit von 1.4 %. Die Genauigkeit des Dosismonitorsystems von medizinischen Linearbeschleunigern ist von eminenter Wichtigkeit für die genaue Dosierung. Die Größe der Dosisvariation aufgrund der Unsicherheit des Dosismonitors wurde zu 0.1 % des Messwertes bestimmt. Bildet man die quadratische Summe aller Unsicherheitsbeiträge des Messsystems und des Linearbeschleunigers, so erhält man die Gesamtunsicherheit bei der Bestimmung der Wasserenergiedosis DW im Referenzpunkt. Die Gesamtunsicherheit für eine Absolutmessung liegt bei ± 1.7 % des Messwertes. Diese Messunsicherheiten werden jedoch nur erreicht, wenn die Vorgehensweise bei den Messungen den in Dosimetrieprotokollen angegebenen Mess- 77 5 Diskussion techniken genügt und die verwedenten Geräte festgelegte Anforderungen einhalten [5]. Simulationsergebnisse Bei der Untersuchung der unvollständigen Sättigung mit in Rahmen dieser Arbeit simulierten und von Hochhäuser gemessenen Driftgeschwindigkeiten ω und Lebensdauern τ freier Elektronen wurden Abweichungen festgestellt, die auf die Messunsicherheit zurückgeführt werden können. Hochhäuser selbst gab die Messunsicherheit für kleine τ -Werte mit ± 5 % und für große τ -Werte mit ± 10 - 15 % an [21]. Ferner kann die Abweichung beider τ -Verläufe damit begründet werden, dass Hochhäuser die τ -Werte mit Laborluft, die Wasserdampf und Spurengase enthält, bei 60 % relativer Luftfeuchte gemessen hat. Für trockene, synthetische Luft, die auch im GARFIELD Simulationsprogramm zur Berechnung der Kammereigenschaften verwendet wurde, stellte Hochhäuser im Vergleich zur Laborluft Unterschiede im τ -Verlauf fest. Die Lebensdauer τ nahm aufgrund des Feuchtegehalts der Laborluft sehr unterschiedliche Werte an. Hochhäuser führte diese Beobachtung auf den Wasserdampf zurück. H2 O-Moleküle erniedrigen die mittlere Energie der Elektronen, indem durch Stöße Schwingungsterme des Wassermoleküls angeregt werden [43]. Als polares Molekül begünstigt das Wassermolekül außerdem die Anlagerung des Elektrons an ein O2 -Molekül [44], [45], [47]. Beide Eigenschaften des H2 O führen dann zu kleineren Lebensdauern τ . Beide τ -Kurven zeigten allerdings ein entgegengesetztes Verhalten. Dieses Verhalten kann damit erklärt werden, dass in ihren Untersuchungen eine Ionisationskammer mit 6.1 mm Elektrodenabstand und 4.98 · 10−6 m3 Kammervolumen verwendet wurde. Unter sonst gleichen Bedingungen ist dann die Ionisationsdichte in der Advanced-Markus Kammer viel höher und entsprechend die Lebensdauer τ bis zur Anlagerung kürzer. Es gibt jedoch keine weiteren Untersuchungen mit anderen Ionisationskammern, aus denen Anlagerungskoeffizienten und Driftgeschwindigkeiten entnehmbar wären, um die Lebensdauer τ zu berechnen. Folglich kann an dieser Stelle keine tiefergehende Analyse darüber gemacht werden, wie sich die Lebensdauer τ bei unterschiedlichen Kammergeometrien tatsächlich ändert. Mit der Kenntnis der Driftgeschwindigkeit ω und der Lebensdauer τ konnte die Sättigungskorrektur kS nun auch mit simulierten Daten berechnet werden. Die Untersuchungen der Sättigungsverluste mit der Boag’schen Theorie ergaben, dass 78 5 Diskussion das Modell 2 die Sättigungseffekte in der Advanced-Markus Kammer am besten beschreibt. Nach dem Modell 2 wurden die kS -Faktoren bei niedriger Pulsdosisleistung (kS = 1.006) und bei hoher Pulsdosisleistung (kS = 1.070) berechnet. Im Vergleich zum Referenzfaktor kS,ref wurden 2.5 % Abweichung bei niedriger und 5.4 % Abweichung bei hoher Dosis pro Puls beobachtet. Ferner wurde das Kammerverhalten bei einer Temperatur- und Druckänderung untersucht. Im Allgemeinen führt eine Veränderung des Druckes p und der Temperatur T zu einer Änderung der Ladungsträgerdicht N im Gas und somit auch zu Änderungen der Transporteigenschaften. Üblicherweise wird die Driftgeschwindigkeit ω der Elektronen als Funktion des reduzierten elektrischen Feldes E/p bzw. E/N angegeben. Nach Gleichung 2.24 hat eine Druckerhöhung eine kürzere mittlere Weglänge für die Ladungsträger und damit eine geringere Driftgeschwindigkeit ω zur Folge. Druckerhöhung hat somit einen umgekehrten Effekt wie Temperaturerhöhung. Bei einer Veränderung des Druckes bei konstantem elektrischen Feld und Kammervolumen ändert sich auch die Ladungsträgerdichte N. Bei geringem Druck wird die mittlere freie Weglänge der Elektronen größer, wohingegen sie kleiner wird bei erhöhtem Druck. Eine Druckerhöhung hat somit zur Folge, dass aufgrund der inelastischen Stöße die Elektronen vermehrt abgebremst werden. Folglich verringert sich ihre Driftgeschwindigket ω. Im Vergleich zu einer Druckänderung hat eine Temperaturänderung einen stärkeren Einfluss auf die Driftgeschwindigkeit ω. Die Stärke des Einflusses der Temperatur auf die Driftgeschwindigkeit nimmt mit zunehmendem elektrischen Feld zu. Wenn die mittlere freie Weglänge der Elektronen und damit die Temperatur zunimmt, so erfahren die Elektronen einen größeren Energiezugewinn aus dem elektrischen Feld zwischen zwei Stößen. Infolgedessen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, bei einem Stoß genügend Energie für eine Ionisation abzugeben. Die KoeffizientenWerte für die Elektronenanlagerung nahmen daher bei einer Temperaturerhöhung ab. Auch hier hat eine Temperaturänderung einen umgekehrten Effekt wie eine Druckänderung. Mit steigendem Druck nahmen die Werte für den AnlagerungsKoeffizienten ebenfalls zu. Die Lebensdauer τ der freien Elektronen wird durch die Multiplikation des Anlagerungs-Koeffizienten mit der zugehörigen Driftgeschwindigkeit ω berechnet, wor- 79 5 Diskussion aus sich die Anlagerungsfrequenz ergibt. Der reziproke Wert der Anlagerungsfrequenz ist die Elektronen-Lebensdauer τ . Den Simulationsergebnissen zufolge, nimmt die Lebensdauer τ bei ansteigender Temperatur und abnehmendem Druck zu [46]. Die Untersuchungen der Sättigungskorrektur kS vor allem für die Advanced-Markus Kammer bei hohen Pulsdosisleistungen ergaben, dass eine Temperaturänderung auf 250 K und 400 K sowie eine Druckänderung auf 950 mbar und 1050 mbar um ungefähr 8.4 % vom Referenzfaktor kS,ref unter Bezugsbedingungen abweichen. Folglich hat die Temperatur und der Durck bezüglich des Kammerverhaltens keinen zu vernachlässigenden Einfluss. Die Untersuchung der Advacend-Markus Kammer bei unterschiedlichen SauerstoffStickstoff-Gemischen ergab, dass sowohl die Driftgeschwindigkeiten ω als auch die Anlagerungs-Koeffizienten mit wachsendem Sauerstoff-Anteil zunehmen. Weil die Elektronenaffinität bei Sauerstoff größer als bei Stickstoff ist, ist die Elektronenanlagerung bei Sauerstoff besser. Deshalb finden bei wachsendem O2 -Gehalt viel häufiger Elektronenanlagerungen statt. In reinem Stickstoff gilt für die Lebensdauer τ = ∞ [21]. Somit strebt der Elektronenanlagerungs-Koeffizient für Stickstoff gegen Null. Aus der Darstellung 4.16 wird deutlich, dass die Lebensdauer τ für alle Gasmischungen ein Minimum durchläuft. Dabei verschiebt sich das Minimum mit zunehmendem Sauerstoff-Gehalt zu höherer Feldstärke hin. Die Lebensdauer steigt dann mit der Feldstärke an. Das Minimum im τ -Verlauf deutet auf die Bildung eines O2−∗ in einem Schwingungszustand, dessen Niveau als erstes über dem Schwingungsgrundzustand des neutralen Sauerstoff-Moleküls liegt ([21], [47], [48]). Die bei der Ionisation entstandenen Elektronen haben eine mittlere Energie von einigen eV. Mit zunehmender Feldstärke nimmt auch die mittlere Energie der freigesetzten Elektronen zu. Der Grund für die Verschiebung des Minimums in Richtung höherer Feldstärke bei wachsendem Sauerstoff-Gehalt ist die Änderung der mittleren Energie. Im Vergleich zu Stickstoff treten bei Sauerstoff häufiger inelastische Stöße auf, weil Sauerstoff mehr Anregungszustände als Stickstoff besitzt [49]. Die Bremswirkung der O2 -Moleküle auf die Elektronen ist demnach größer als beim Stickstoff. Die mittlere Energie nimmt somit mit wachsendem O2 -Gehalt bei gleichbleibender 80 5 Diskussion Feldstärke, Gasdichte und Temperatur ab [21]. Das Ansteigen der Lebensdauer τ links und rechts vom Minimum rührt daher, dass mit abnehmender (links vom Minimum) oder zunehmender (rechts vom Minimum) mittlerer Energie der Elektronenanteil, der für die Elektronenanlagerung verantwortlich ist, nicht im erforderlichen Energiebereich liegt [21]. Beim Betrachten der Sättigungskorrektur kS bei hohen Pulsdosisleistungen fiel auf, dass bei wachsendem Sauerstoff-Gehalt die Sättigungsverluste in der AdvancedMarkus Kammer größer wurden. Der Korrekturfaktor kS wich bei einem SauerstoffAnteil von 90 % um 8.7 % vom Referenzfaktor kS,ref ab. Diese Beobachtung konnte auf die hohe Pulsdosis zurückgeführt werden. Aufgrund der hohen Elektronendichte pro Puls bei hohen Pulsdosen werden die elektronenaffinere Sauerstoff-Moleküle von den ankommenden Elektronen angelagert. Dadurch wird eine hohe Anzahl an Elektron-Ion Paare generiert. Diese erzeugten Elektron-Ion Paare können jedoch nicht schnell genug vom elektrischen Feld abgezogen werden und damit auch nicht zur Signalerzeugung beitragen. Die Advanced-Markus Kammer unterliegt somit der unvollständigen Sättigung. Diese Sättigungsverluste können durch eine Erhöhung des Stickstoff-Gehalts reduziert werden. Im Gegensatz zum Sauerstoff ist die Wahrscheinlichkeit beim Stickstoff ein Elektron-Ion Paar zu erzeugen geringer. Folglich kann ein Gleichgewicht zwischen den enstandenen Elektron-Ion Paaren und dem Absaugen vom elektrischen Feld hergestellt werden. 81 6 So eine Arbeit wird eigentlich nie fertig, man muss sie für fertig erklären, wenn man nach der Zeit und den Umständen das Möglichste getan hat. J. W. v. Goethe Zusammenfassung Im Rahmen der vorliegenden Masterarbeit wurden Untersuchungen zur unvollständigen Sättigung in gasgefüllten Ionisationskammern durchgeführt. Dafür wurden die Sättigungseffekte für die Roos und Advanced-Markus Kammer nach der Jaffé-, der Zwei-Spannungs- (TVM) und der Dose-per-pulse-Methode (DDP) sowie nach der Boag’schen Sättigungstheorie an zwei medizinischen Linearbeschleunigern experimentell evaluiert. Bei niedriger Pulsdosisleistung (0.1 mGy/Puls), wie sie vom konventionellen Linearbeschleuniger Elekta Precise SL15 erreicht wird, betrugen die Abweichungen der Sättigungskorrekturen kS nicht mehr als 3.8 %. Diese Abweichungen lagen damit im in Dosimetrieprotokollen angegebenen Toleranzbereich. Folglich können die Korrekturfaktoren kS bei niedrigen Dosis pro Puls Werten sowohl für die Roos als auch für die Advanced-Markus Kammer nach den vorgestellten Methoden bestimmt werden, wie auch in Dosimetrieprotokollen empfohlen wird. Für hohe Pulsdosisleistungen (24.9 mGy/Puls), die am mobilen Elektronenlinearbeschleuniger NRT Novac7 generiert werden, erfolgte eine tiefergehende Analyse der unvollständigen Sättigung. Prinzipiell konnte festgestellt werden, dass die Sättigungsverluste bei hoher Pulsdosis stärker ausgeprägt sind. Bei der Roos Kammer lag der Wert für die Sättigungskorrektur (kS,ref,Roos = 1.347) aufgrund des großen Messvolumens und der niedrigen Betriebsspannung um 32.6 % höher als bei der Advanced-Markus Kammer (kS,ref,AdvM = 1.016). Bei + 100 V Betriebsspannung liegt die Roos Kammer noch im Rekombinationsbereich. Diese unvollständige Sättigung kann durch eine Erhöhung der Kammerspannung auf + 300 V um 82 6 Zusammenfassung 22.1 % verbessert werden. Im Allgemeinen konnten die Sättigungseffekte bei der Advanced-Markus Kammer aufgrund des kleineren Elektrodenabstandes (1 mm) und der höheren Betriebsspannung (+ 300 V) besser erfasst werden. Die angewandten Methoden, die vor allem zur Bestimmung des Korrekturfaktors kS bei niedrigen Pulsdosen geeignet sind, zeigten außer der Dose-per-Pulse-Methode (DDP) bezüglich der Referenzdosimetrie eine Abweichung von nicht mehr als 1.9 %. Aus den Betrachtungen heraus kann gefolgert werden, dass der Korrekturfaktor kS mithilfe der vorgestellten Methoden auch bei hohen Dosisleistungen bis 33.6 mGy/Puls bestimmt werden kann. Dennoch ist es empfehlenswert, die Sättigungskorrektur kS mit der Referenzdosimetrie nachzuprüfen. Speziell für hohe Pulsdosisleistungen entwickelten Laitano und Di Martino in Anlehnung an die Boag’sche Sättigungstheorie zwei unterschiedliche Verfahren zur Bestimmung der Sättigungskorrektur kS ([27], [37]). Bei der Boag’schen ZweiSpannungs-Analyse (TVA) nach Laitano wurde beobachtet, dass je nach Kammertyp der Korrekturfaktor kS durch eines der drei Sättigungsmodelle am ehesten beschrieben wird. Für die Advanced-Markus Kammer konnte die Sättigungskorrektur kS durch das zweite und dritte Modell in Anlehnung an die Referenzdosimetrie mit einer Abweichung von 0.5 % und für die Roos Kammer durch das erste Modell mit einer Abweichung von 3.9 % wiedergegeben werden. Nach der Di Martino Methode wurde die Freie-Elektronen Komponente p experimentell abgeschätzt und anschließend wurde damit die Sättigungskorrektur kS berechnet. Hierbei stellte die Konstante µ, die die Eigenschaften des Kammergases beschreibt, bei der Bestimmung des Korrekturfaktors kS eine Schwierigkeit dar. In der Literatur existieren insbesondere für Parallelplattenkammern mit einem 1 mm Elektrodenabstand keine µ-Werte. Somit konnte die Unsicherheit des kS -Faktors aufgrund der Konstanten µ nicht abgeschätzt werden. Ferner wurden zum ersten Mal vielversprechende Untersuchungen zur unvollständigen Sättigung mit einem Simulationsprogramm durchgeführt. Bislang wurde nur von Hochhäuser die Driftgeschwindigkeit ω und die Lebensdauer τ , die für die Berechnung der Sättigungskorrektur kS benötigt werden, für eine Parallelplattenkammer experimentell bestimmt [21]. Mit dem Simulationsprogramm GARFIELD ist es nun möglich, für jede Kammergeometrie bei jeder beliebigen Gasmischung, 83 6 Zusammenfassung Temperatur sowie jedem Fülldruck die beiden Parameter und damit den Korrekturfaktor kS anhand der Boag’schen Sättigungstheorie zu berechnen. Dabei betrugen die Abweichungen des ermittelten Korrekturfaktors kS bezüglich des Referenzfaktors kS,ref 2.5 % für eine niedrige Pulsdosis und 5.4 % für eine hohe Pulsdosis. Überdies konnte auch mit dem Simulationsprogramm festgestellt werden, dass eine Temperatur- bzw. Druckänderung einen wesentlichen Einfluss auf das Kammerverhalten hat. Weiterhin führte die Untersuchung des Kammerverhaltens bei unterschiedlichen Sauerstoff-Stickstoff-Gemischen zu dem Ergebnis, dass bei hohen Pulsdosisleistungen die Sättigungsverluste mit einem hohen StickstoffGehalt in der Kammer reduziert werden können. 84 Abbildungsverzeichnis 1.1. Positionierung des Applikators über dem Tumorbett bei der IORTAnwendung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.1. Zur Definition des Stoßparameters s bei den Wechselwirkungen geladener Teilchen. Z: Stoßzentrum. s: Stoßparameter als Abstand der Asymptote an die Bahn des einfliegenden Teilchens vom Stoßzentrum. ϕ: Streuwinkel [8]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2. Wechselwirkungen geladener Teilchen mit Materie. Oben: Hüllenwechselwirkungen ((a) elastische Streuung. (b) Anregung von Hüllenelektronen. (c) Ionisation mit δ-Elektron). Unten: Wechselwirkungen mit dem Atomkern ((d) elastische Coulombstreuung. (e) Bremsstrahlungserzeugung) [8]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.3. Geometrie zur Messung der Wasser-Energiedosis DW von Elektronenstrahlung. Links: Typischer Verlauf der Wasser-Energiedosis DW mit der Halbwertstiefe R50 , der Referenztiefe zref und der Wassertiefe im Dosismaximum dmax . Entnommen aus meiner Bachelorarbeit ([10], [11]). Rechts: Positionierung der Flachkammer in der Wassertiefe zref und ein SSD von 100 cm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2.4. Arbeitsbereiche von Gasdetektoren. Aufgetragen ist die Anzahl der Ionen-Paare in Abhängigkeit von der an einer zylindrischen Ionisationskammer angelegten Spannung U. Je nach Teilchenart (αTeilchen, Elektronen), Kammerspannung und -geometrie unterscheiden sich die Kurvenverläufe [12]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 85 Abbildungsverzeichnis 2.5. Zeitliche Entwicklung einer Townsend-Lawine um einen Anodendraht. (a) Ionisation eines Atoms und Driften des Elektrons zum Anodendraht. (b) Das Elektron driftet in Richtung hoher Feldstärken zum Anodendraht und erzeugt weitere Elektron-Ion-Paare. (c)+(d) Weil die Elektronen eine wesentlich höhere Mobilität als die positiven Ionen haben, sind sie noch nahe dem Ort ihrer Entstehung, während die sog. Elektronenlawine den Anodendraht umhüllt und die Form eines Flüssigkeitstropfens annimmmt. (e) Die Elektronen werden abgesaugt und übrig bleibt eine positiv geladene Ionenwolke zurück, die langsam zur Kathode driftet [14]. . . . . . . . . . . . . . 2.6. Links: Querschnitt durch ein Proportionalzählrohr. Rechts: Schematischer Verlauf der elektrischen Feldstärke in Abhängigkeit vom Abstand zum Anodendraht. Ekrit : Kritische Feldstärke, bei der Sekundärionisation einsetzt. r: Abstand von der Anode [14]. . . . . . . 2.7. Darstellung eines Jaffé-Diagramms für gepulste Strahlung. Aufgetragen sind die experimentellen Messwerte M als Funktion der reziproken Kammerspannung U. U0 ist die Betriebsspannung der Kammer. M0 ist der unter der Betriebsspannung gemessene Wert. Der Schnittpunkt der Geraden mit der 1/M-Achse (offener Kreis) gibt den auf Sättigungsverluste korrigierten Messwert an. [15]. . . . . . . 2.8. Nach Gleichung 2.47 berrechnete Freie-Elektronen Komponente p als Funktion der elektrischen Feldstärke E für zwei planparallele Ionisationskammern (Roos Kammer (d = 2 mm) und AdvancedMarkus Kammer (d = 1 mm)) mit unterschiedlichen Elektrondenabständen. Bei kleinen Elektrodenabständen ist der Anteil der freien Elektronen höher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9. Links: Mittlere Lebensdauer τ der freien Elektronen. Rechts: Driftgeschwindigkeit ω der freien Elektronen. Die Punkte repräsentieren die von Hochhäuser et al. gemessenen Werte, für die Fitkurven (durchgezogene Linie) erstellt wurden [27]. . . . . . . . . . . . . . . 2.10. Von C. Sanne aufgenommene Dichtekurve für den GafChromic EBT2 Film [26]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 17 18 28 35 36 38 Abbildungsverzeichnis 2.11. Schematischer Aufbau der verschiedenen Schichten des GafChromic EBT2 Films der Firma Amersham (Wayne, New Jersey/ USA) [23]. 39 2.12. Links: Unbestrahlter GafChromic EBT2 Film. Rechts: Am mobilen Linearbeschleuniger Novac7 mit ca. 3 Gy bestrahlter GafChromic EBT2 Film für den 100 mm Applikator. . . . . . . . . . . . . . . . 40 3.1. Links: RW3-Plattenphantom. Rechts: Advanced-Markus Kammer (oben) und Roos Kammer (unten) [25]. . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Messaufbau am IORT-Beschleuniger. Die Dosismessung erfolgt in einem RW3-Plattenphantom (PTW-Freiburg) mit einem SSD (engl. Source Surface Distance) von 80 cm und einem 100 mm Applikator. Die Ionisationskammer wird in der Referenztiefe zref im Plattenphantom positioniert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3. Messaufbau am konventionellen Beschleuniger. Die Dosismessung erfolgt in einem RW3-Plattenphantom (PTW-Freiburg) mit einem SSD (engl. Source Surface Distance) von 95 cm und einer Feldgröße von 20x20 cm2 . Die Ionisationskammer wird in der Referenztiefe zref im Plattenphantom positioniert. . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4. Bei der Simulation verwendete Kammergeometrie für die AdvancedMarkus Kammer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 . 44 . 45 . 51 4.1. Experimentelle Bestimmung des Jaffé-Diagramms für die Roos (US = 100 V) und Advanced-Markus Kammer (US = 300 V) am Precise SL15. Aufgetragen sind die normierten Messwertverhältnisse MS /M in Abhängigkeit von der normierten Kammerspannung US /U . M entspricht dem Mittelwert der Messwerte bei positiver und negativer Kammerspannung U. MS ist der unter der Betriebsspannung US gemessene Messwert. Der Schnittpunkt der Ausgleichsgeraden mit der MS /M -Achse gibt den Sättigungsgrad f an. . . . . . . . . . . . 54 87 Abbildungsverzeichnis 4.2. Experimentelle Bestimmung des Jaffé-Diagramms für die Roos (US = 100 V) und Advanced-Markus Kammer (US = 300 V) am Novac7. Aufgetragen sind die normierten Messwertverhältnisse MS /M in Abhängigkeit von der normierten Kammerspannung US /U . M entspricht dem Mittelwert der Messwerte bei positiver und negativer Kammerspannung U. MS ist der unter der Betriebsspannung US gemessene Messwert. Der Schnittpunkt der Ausgleichsgeraden mit der MS /M -Achse gibt den Sättigungsgrad f an. . . . . . . . . . . . 4.3. Am Novac7 mit der Advanced-Markus Kammer (US = 300 V) aufgenommenes Jaffé-Diagramm für den 40 mm Applikator. Aufgetragen sind die normierten Messwertverhältnisse MS /M in Abhängigkeit von der normierten Kammerspannung US /U . M entspricht dem Mittelwert der Messwerte bei positiver und negativer Kammerspannung U. MS ist der unter der Betriebsspannung US gemessene Messwert. Der Schnittpunkt der Ausgleichsgeraden mit der MS /M -Achse gibt den Sättigungsgrad f an. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4. Am Novac7 ermittelte Sättigungskorrektur kS als Funktion der Pulsdosis DPP für die Advanced-Markus Kammer. . . . . . . . . . . . . 4.5. Nach Di Martino Methode ermittelte kS -Faktoren in Abhängigkeit von der Dosis pro Puls DPP für die Advanced-Markus Kammer. . . 4.6. Sättigungskurve für die Roos Kammer bei einer Pulsdosisleistung von 24.9 mGy/P uls. Aufgetragen ist die freigesetzte Ladung gegen die Kammerspannung U. Die freigesetzte Ladung nimmt zunächst stetig mit der Kammerspannung U bis zur Sättigung zu. Im Sättigungsbereich ist die Abhängigkeit der freigesetzten Ladung von der Kammerspannung U vernachlässigbar klein. Hier ist die Ladung proportional zur Dosisleistung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7. Links: Mit GARFIELD berechnete Äquipotentiallinien. Rechts: Mit GARFIELD berechnete Feldlinien für die Advanced-Markus Kammer. Die elektrische Feldverteilung in der Kammer ist weitestgehend homogen, außer in der Nähe des Kammerwandes bei 0 cm und bei 0.5cm. Dort wurden die vier Drähte, die mit einer Spannung von 0 V versehen wurden, angelegt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 55 56 57 60 63 64 Abbildungsverzeichnis 4.8. Mit GARFIELD berechnete Driftgeschwindigkeiten der Elektronen in der Advanced-Markus Kammer bei elektrischen Feldstärken bis 105 V /cm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 4.9. Mit GARFIELD simulierten Werte für die longitudinale (sternförmige Punkte) und transversale (runde Punkte) Diffusion der Primärelektronen in der Advanced-Markus Kammer. . . . . . . . . . . 66 4.10. Mit GARFIELD simulierte Elektronenanlagerungs- (runde Punkte) und Townsend-Koeffizienten (sternförmige Punkte) für die AdvancedMarkus Kammer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 4.11. Vergleich zwischen simulierten und gemessenen Driftgeschwindigkeiten ω zur Bestimmung der Sättigungskorrektur kS . . . . . . . . . 68 4.12. Vergleich zwischen simulierten und gemessenen Lebensdauern τ der freien Elektronen zur Bestimmung der Sättigungskorrektur kS . . . . 69 4.13. Mit GARFIELD simulierte Driftgeschwindigkeiten der Elektronen bei Temperatur- (links) und Druckänderung (rechts) für die AdvancedMarkus Kammer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 4.14. Mit GARFIELD simulierte Elektronenanlagerungs-Koeffizienten bei Temperatur- (links) und Druckänderung (rechts) für die AdvancedMarkus Kammer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 4.15. Mit GARFIELD simulierte Elektronen-Lebensdauern bei Temperatur(links) und Druckänderung (rechts) für die Advanced-Markus Kammer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 4.16. Mit GARFIELD simulierte Driftgeschwindigkeiten der Elektronen, Elektronenanlagerungs-Koeffizienten und Elektronen-Lebensdauern bei unterschiedlichen Sauerstoff-Stickstoff-Gemischen für die AdvancedMarkus Kammer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 89 Tabellenverzeichnis 2.1. Koeffizienten zur Berechnung des Korrekturfaktors für die ständige Sättigung nach IAEA TRS 398 [6]. . . . . . . . . 2.2. Koeffizienten zur Berechnung des Korrekturfaktors kS nach 2.3. Atomare Zusammensetzung des GafChromic EBT2 Films. unvoll. . . . . 30 DIN [5]. 31 . . . . . 40 3.1. Kammerdaten der Roos und der Advanced-Markus Kammer [25]. . 42 4.1. Für die Untersuchung der Sättigungskorrektur kS verwendeten Werte [10]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2. Experimentelle Bestimmung der Korrekturfakoren für die Roos und Advanced-Markus Kammer (AdvM Kammer) am Precise SL15 und Novac7. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3. Strahlungsqualität der Elektronenstrahlung kE . . . . . . . . . . . 4.4. Anhand der Jaffé-Kurve ermittelter Sättigungsgrad f und Korrekturfaktor kS für die Roos und Advanced-Markus Kammer am Precise SL15 und Novac7. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5. Am Precise SL15 und Novac7 ermittelter Korrekturfaktor kS nach der Zwei-Spannungs-Methode (TVM). . . . . . . . . . . . . . . . 4.6. Am Precise SL15 und Novac7 ermittelter Korrekturfaktor kS nach der Dose-per-pulse-Methode (DPP). . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7. Berechnung der Driftgeschwindigkeiten ω1 und ω2 , der mittleren Lebensdauern τ1 und τ2 sowie der Freie-Elektronen Komponenten p1 und p2 bei 100 V und 300 V Kammerspannungen. . . . . . . . 4.8. Sättigungsgrade für die Roos und Advanced-Markus Kammer am Precise SL15 und Novac7. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.9. Bestimmung der Korrekturfaktoren nach der Boag’schen Theorie. Gaf 4.10. Mit GafChromic EBT2 Filmen ermittelte Dosiswerte DW,ref [Gy]. 4.11. Nach Gleichung 4.2 ermittelte kS,ref -Faktoren. . . . . . . . . . . . 4.12. Bestimmung der Wasserenergiedosis DW [Gy] nach den vorgestellten Methoden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.13. Bestimmung der Wasserenergiedosis DW [Gy] nach der Boag’schen Sättigungstheorie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 . 52 . 53 . 53 . 55 . 57 . 57 . 59 . . . . 59 59 61 61 . 62 . 62 Tabellenverzeichnis 4.14. Simulierte Driftgeschwindigkeiten der Elektronen ω bei klinisch benutzten Kammerspannungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 4.15. Simulierte Diffusionswerte für die longitudinale und transversale Diffusion für die Advanced-Markus Kammer. . . . . . . . . . . . . . 66 4.16. Simulierte Elektronenanlagerungs-Koeffizienten bei klinisch benutzten Kammerspannungen für die Advanced-Markus Kammer. . . . . 67 91 Literatur [1] A. Piermattei et al. 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