Restaurierung „Alte Lateinschule“ in Viersen Die unter Denkmalschutz stehende Alte Lateinschule konnte nach 25 - jährigem Leerstand von der zuletzt nicht mehr nutzbaren, entkernten Bauruine zu einem multifunktionalen Ort für Kunst, Arbeiten und Wohnen entwickelt werden. Das Erdgeschoss wird zur Zeit als Galerie mit wechselnden Ausstellungen genutzt, hier finden Workshops, Lesungen und Konzerte statt. Das darüber liegende Atelier und die loftartige Wohnung werden von den Niederrheinwerke Viersen für Künstlerinnen und Künstler im Rahmen eines Stipendiums jeweils für ein Jahr zur Verfügung gestellt. Alle Etagen sind bei wechselndem Bedarf unabhängig voneinander als eigenständige Wohnungen nutzbar. Städtebau Die Lateinschule prägt seit 150 Jahren die Ecke einer blockartigen Bebauung. Restauriert stellt das Baudenkmal in seiner strengen und gleichmäßigen Fassadengliederung nun wieder einen Ruhepunkt in der heterogen fortentwickelten Anschlussbebauung dar. Zusammen mit der ebenfalls denkmalgeschützten Generatorenhalle ist die Alte Lateinschule nördlicher Endpunkt eines Fußwegenetzes aus Heckenwegen und städtischen Parks, in das auch der Viersener Skulpturenpark eingebunden ist. Der Entwurf und die derzeitige Nutzung ermöglichen eine spielerische Kommunikation zwischen Künstlern und Publikum, zwischen Wohnen und Öffentlichkeit. Architektur und Restaurierung Die Alte Lateinschule ist von Süden und Westen durch Nachbarhäuser eingeschlossen, nach Osten und Norden grenzen unmittelbar Verkehrsflächen an. Ausgangssituation war somit ein düsteres Gebäude mit sehr schlechten Belichtungsverhältnissen und ohne eigene Freiflächen. Zentraler Entwurfsgedanke ist ein innenhofartiger vertikaler Luftraum, in dem eine leichte Spindeltreppe die Geschosse erschließt. Natürliches Licht kann von oben einfluten und die Innenräume belichten. Die Treppe passiert die Dachebene und endet in einem exklusiven Ausguck mit Blick über die Stadt - einem Platz zum Lesen, Skizzieren und Entspannen. Zugemauerte, ursprüngliche Fensteröffnungen nach Süden und ein zusätzliches Fenster nach Westen konnten mit Duldung der Nachbarn geöffnet werden. Vom Treppenraum ausgehend staffeln sich die Übergänge von Außen nach Innen: vom Außenfoyer über das Innenfoyer gelangt man in die Galerie, das Atelier, den Wohnraum. Mit zunehmender Geschosshöhe erhöht sich auch das Maß an Privatsphäre. Die denkmalpflegerischen Maßnahmen an der Fassade wurden sehr zurückhaltend unter Erhalt der Patina einschließlich ihrer Kriegsspuren durchgeführt. Wohnen Unter Einbeziehung der Stahlbetonskelettkonstruktion der 1990er Jahre, die optisch stark in den Hintergrund tritt, konnten die Arbeits- und Wohnbereiche sehr offen gestaltet werden. In der hellen, loftartigen Wohnung mit Luftraum und Schlafempore wie auch im bewohnbaren Atelier können die Bewohner Transparenz und Geschlossenheit durch verschiebbare Wandtafeln variabel und temporär modifizieren. Die Wandtafeln lassen sich darüber hinaus als Ausstellungsflächen für ihre Werke nutzen. Einbaumöbel mit hoher Funktionalität wie z. B. eine Schubladentreppe, Gemischtnutzung der Badewanne auch für Atelierarbeiten, ein „Garten“ und Sitzplatz mit Morgensonne im Treppenraum unter freiem Himmel etc. laden zum Experimentieren, kreativem Wohnen und Arbeiten ein. Luftige, helle Räume, angenehme Materialien und Farben sowie die flexible Nutzbarkeit prägen die Qualität des Wohnens. Wirtschaftlichkeit und Ökologie Das Bestreben nach langfristiger Wirtschaftlichkeit auch in der Unterhaltung des Gebäudes führte zur Wahl hochwertiger Baumaterialien und bewährter Techniken. Der gesetzte Kostenrahmen wurde durch sorgfältige Entwurfsplanung und weitere Optimierungen während der Bauzeit unterschritten. In Stichworten: vorzugsweise ökologische Baustoffe, Holz, verzinkter Stahl, Holzfenster, Zellulosedämmwolle, Holzweichfaser, Kalkputz, Ziegel, Steinzeug, Linoleum, Mineralfarbe, hell geöltes Eichenparkett, Gasheizung mit solarer Unterstützung, Sommertemperierung im Erdgeschoss solar, Brauchwassererwärmung solar, erweiterte Regel- und Messtechnik, Wärmedämmung neuer Bauteile über EnEV-Standard, Prüfung der Luftdichte. Bauherr Niederrheinwerke Viersen Rektoratstraße 18 41747 Viersen