Freundschaft gegen Depression

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2. Fachtag der Bezirkskliniken Schwaben
21. Juni 2017 I Memmingen
„Raus aus der Depression!“
Freundschaft gegen Depression
– Psychosoziale Interventionen
Thomas Becker, Maja Stiawa
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II der
Universität Ulm am Bezirkskrankenhaus Günzburg
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Freundschaft gegen Depression – Psychosoziale Interventionen I T. Becker I 21. 06. 2017
Gliederung
•
Funktionsmodell
•
Psychosoziale Risikofaktoren und Maßnahmen
•
Psychosoziale Interventionen in Leitlinien
•
Interventionen für sozioökonomische benachteiligte Familien
•
Befriending als Intervention
•
Zusammenfassung
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Funktionsmodell Psychische Gesundheit
Lahtinen et al 1999
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Freundschaft gegen Depression – Psychosoziale Interventionen I T. Becker I 21. 06. 2017
Psychosoziale Risikofaktoren für psychische Erkrankungen
 fehlende soziale Unterstützung/ soziales Netzwerk
 niedriger sozioökonomischer Status
 psychische Erkrankung der Eltern
 frühe Schwangerschaft
 uneheliche Geburt
 Verlust eines Elternteils
 Misshandlung
 familiäre Desorganisation
 Drogen- und Alkoholmissbrauch der Eltern
Kilian & Becker, in Kirch & Badura 2006
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Psychosoziale Risikofaktoren für psychische Erkrankungen
 fehlende soziale Unterstützung/ soziales Netzwerk
 niedriger sozioökonomischer Status
 psychische Erkrankung der Eltern
 frühe Schwangerschaft
 uneheliche Geburt
Vulnerabilitätsfaktoren
 Verlust eines Elternteils
 Misshandlung
 familiäre Desorganisation
 Drogen- und Alkoholmissbrauch der Eltern
Kilian & Becker, in Kirch & Badura 2006
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Psychosoziale Risikofaktoren für psychische Erkrankungen
 fehlende soz. Unterstützung/ soz. Netzwerk
 niedriger sozioökonomischer Status
 psychische Erkrankung der Eltern
 frühe Schwangerschaft
 uneheliche Geburt
Vulnerabilitätsfaktoren
 Verlust eines Elternteils
 Misshandlung
 familiäre Desorganisation
Sekundäre
Präventionsmaßnahmen
für Risikogruppen
 Drogen- und Alkoholmissbrauch der Eltern
Kilian & Becker, in Kirch & Badura 2006
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Psychosoziale Risikofaktoren für psychische Erkrankungen
 fehlende soz. Unterstützung/ soz. Netzwerk
 niedriger sozioökonomischer Status
 psychische Erkrankung der Eltern
 frühe Schwangerschaft
 uneheliche Geburt
Vulnerabilitätsfaktoren
 Verlust eines Elternteils
 Misshandlung
 familiäre Desorganisation
 Drogen- und Alkoholmissbrauch der Eltern
Sekundäre
Präventionsmaßnahmen
für Risikogruppen
 Interventionen für Familien
mit niedrigem
sozioökonomischem Status
 Befriending
Kilian & Becker, in Kirch & Badura 2006
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S3 – Leitlinien Psychosoziale Interventionen
S3-Leitlinie/Nationale
VersorgungsLeitlinie
Unipolare Depression
S3-Leitlinie Psychosoziale Therapien bei
schweren psychischen Erkrankungen
S3-Leitlinie zur Diagnostik
und Therapie Bipolarer
Störungen
Angeleitete individuelle
Selbsthilfe
eine unter Anleitung des Arztes
oder psychologischen
Psychotherapeuten selbst
angewendete Intervention (guided
self-help),
Selbsthilfemanuale
Grundlagen psychosozialer Intervention:
Therapeutische Beziehung:
Empowerment
Partizipative Entscheidungsfindung
Milieutherapie:
Therapeutische Gemeinschaften
Grundsätzliche Aspekte:
Recovery: Ziel psychosozialer Interventionen
Therapeutische Haltung
-> Unterstützende
Therapieverfahren
Verweis auf S3-Leitlinie
„Psychosoziale Therapien bei
Menschen mit schweren
psychischen Erkrankungen“
Technologiebasierte
Interventionen
Telefongestützte Selbsthilfe,
Internet- oder Computergestützte
Interventionen,
strukturiertes Hilfeprogramm,
Durchführung unter Anleitung und
mit Unterstützung eines
Therapeuten
Systeminterventionen:
Gemeindepsychiatrische teambasierte Behandlung
Case Management
Arbeitsrehabilitation und Teilhabe am Arbeitsleben
Wohnangebote
Einzelinterventionen:
Psychoedukation für Betroffene, Angehörige, Peerto-peer-Ansätze, Trialog
Training von Alltags- und sozialen Fähigkeiten
Künstlerische Therapien
Ergotherapie
Sport- und Bewegungstherapie
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Interventionen für Familien mit
niedrigem sozioökonomischem Status
Seite 10
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Wilkinson & Pickett 2009, 2010
Wilkinson & Pickett 2010
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Inequality als Einflussfaktor
•
Lebenserwartung erhöht sich mit Einkommenslevel, d.h. ab einer Schwelle
verbessert sich Lebenserwartung nicht mehr
•
Lebenserwartung ist unabhängig von Einkommensunterschieden zwischen
wohlhabenden Ländern
•
Sterberaten eng mit Einkommensunterschieden verknüpft
•
Gesundheit und soziale Problemlagen stehen in enger Beziehung zu
Einkommensunterschieden innerhalb von Ländern
•
Der These, dass „Menschen vertraut werden kann“, stimmt größerer
Bevölkerungsteil in Ländern mit geringen Einkommensunterschieden zu
•
in Ländern mit Einkommensunterschieden leiden mehr Menschen an
psychischen Erkrankungen
Wilkinson & Pickett 2010
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Neuere Studien zur sozialökologischen Verteilung psychischer
Erkrankungen
9 von 12 Studien zeigen, dass in Wohngebieten mit
schlechten sozioökonomischen Merkmalen die Prävalenz
psychischer Erkrankungen erhöht ist
Muntaner et al 2004
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Armutsrisikoquote von Kindern in Deutschland, nach
Familientypen 2010
Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2012
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12 Monats-Prävalenz psychischer Erkrankungen
Herbig et al 2005, bei Keupp 2007
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Interventionen für Familien mit niedrigem sozioökonomischem
Status
Systematischer Review
Auswahlkriterien
N
10
Großbritannien
5
USA
3
Kanada
1
Finnland
1
N
Stiawa et al 2014
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Interventionen für Familien mit niedrigem sozioökonomischem
Status
Systematischer Review
Zielgruppen
 Mütter (6 Studien)
alleinerziehende Mütter, Mütter mit psychischer Erkrankung,
Mütter unter sozioökonomisch schwierigen Lebensbedingungen
 Familien (4 Studien)
Eltern mit psychischer Erkrankung, Familien unter sozioökonomisch
schwierigen Lebensbedingungen
 Durchschnittliche Anzahl Studienteilnehmer: n = 307,3
Stiawa et al 2014
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Interventionen für Familien mit niedrigem sozioökonomischem
Status
Systematischer Review
Zusammenfassung: Ergebnisse zu Interventionen
 Eltern-Kind-Interaktion:
 Ökonomische Situation:
↑ Qualität der Erziehung
↑ Prosoziales Verhalten
↑ Mütter in Arbeitsverhältnis
↑ Arbeitszeit + Einkommen der
Mütter
 Psychische Symptomatik:
↓Symptomatik bei Kleinkindern
↓ Verhaltensstörungen
↓ depressive Erkrankung
↑ Wohlbefinden
↓ Ärzte aufgesucht
↓ erneute Schwangerschaft
Stiawa et al 2014
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Fazit
Sozioökonomischer Status, Familienstand, Bildungsgrad und
psychische Erkrankungen wirken in einer solchen Weise zusammen,
dass ein komplexes Vorgehen, also eine Kombination
von Interventionen notwendig ist, um langfristig die Situation
betroffener Personen bzw. Familien zu verbessern
Stiawa et al 2014
Seite 20
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Limitationen der Studien
 geringe Anzahl von Studienteilnehmern
 Ergebniskriterien bei Interventionen unterschiedlich und deshalb
nicht vergleichbar
 Wirkungen der Interventionen nicht vergleichbar
Evidenz zu Wirksamkeit von Anti-Armuts-Interventionen auf
Entstehung und Verlauf psychischer Erkrankungen kaum gegeben
Stiawa et al 2014
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BEFRIENDING
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Befriending
Definition
Merkmale
Herstellen einer Beziehung
zwischen zwei Individuen, die
sich von der Beziehung
zwischen professionellem
Helfer und Klient deutlich
unterscheidet.
• Verbindlichkeit gegenüber der
befreundeten Person, nicht durch
institutionelle Regeln, Werte, Dienstzeiten
begrenzt
• Zwischen Personen besteht kein
grundsätzlicher Unterschied,
Schwierigkeiten = Erfahrungen, die man
teilen kann; Beziehungspflege = Aufgabe
der „Freundin“
• Bereitschaft für gegenseitiges Eröffnen/
emotionale Anteilnahme, die sich zu
alltäglicher Freundschaft entwickeln kann
• „Freundin“ trägt nicht die für professionelle
Helfer vorgeschriebene Verantwortung,
Beziehung ist persönlich/ freiwillig
eingegangen, kann positiven Einfluss auf
Selbstwahrnehmung Betroffener haben
Cox 1993, in Fabian & Becker 2001
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Befriending – Frühe Forschungsarbeiten
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Befriending
Total PSE# score
Allocated
befriending
Controls
Total
12 – 25
73% (16/22)
47% (8/17)
62% (24/39)
26 – 36
71% (12/17)
41% (9/22)
54% (21/39)
37+
0% (0/4)
0% (0/4)
0% (0/8)
X2=8.25
X2=3.03
X2=10.14
d.f.=2, p=0.016
d.f.=2, n.s.
d.f.=2, p<0.01
#PSE Present State Examination
Fresh-start experiences („Kontakt-Neustart-Erfahrungen“) und üblicher
attachment style („Kontaktknüpfungsstil“) erhöhten die Chance der
Remission, neue Stressoren und schlechte Coping-Strategien
reduzierten Chance der Remission
Harris et al 1999 a,b
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Befriending
Short-term effects of befriending v.
usual care on depression outcomes
Long-term effects of befriending v.
usual care on depression outcomes
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Befriending
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Zusammenfassung
•
•
•
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•
•
•
•
Psychosoziale Risikofaktoren sind wichtig (auch) für Depression
Leitlinien behandeln psychosoziale Interventionen
Anti-Armuts-Interventionen wirken breit (und in diesem Sinne auch
unspezifisch), sie können Effekte gegen Depression entfalten
Befriending ist eine interessante Intervention bei Depression
Der Einsatz von Befriending wurde insbesondere bei
alleinerziehenden Müttern beforscht, es gibt aber positive Ergebnisse
auch außerhalb dieser Zielgruppe
Befriending erzielt antidepressive Wirkung
Befriending ersetzt nicht andere Depressions-Behandlungsverfahren
Befriending ist ein interessantes Behandlungsverfahren für die auf
Zielgruppen bezogene (selektive/ indizierte) Prävention
Psychosoziale Ansätze haben einen Platz unter den Hilfsangeboten
für Menschen mit depressiven Störungen
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Freundschaft gegen Depression – Psychosoziale Interventionen I T. Becker I 21. 06. 2017
Befriending – Netzwerke
http://www.befriending.co.uk/
Befriending Network Scotland
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Quellen
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2012) Lebenslagen in Deutschland. Entwurf des 4. Armuts- und Reichtumsbericht der
Bundesregierung, S. 107
Butler R et al: Depression in adults: psychological treatments and care pathways. Clinical Evidence 2007, 06: 1016
Cox AD: Befriending young mothers. Br J Psychiatry 1993; 163: 6-18, In: Fabian & Becker: Psychosoziale Faktoren bei depressiven
Erkrankungen. Pathogenese-Modell und Interventionsansätze. Fortschr Neurol Psychiat 2001: 69: 1-9
Fabian A & Becker T: Psychosoziale Faktoren bei depressiven Erkrankungen. Fortschr Neurol Psychiat, 2001, 69: 1-9
Harris T et al : Befriending as an intervention for chronic depression among woman in an inner city. I: Randomised controlled trial (1999),
174, 219-224
Herbig et al 2005, bei Keupp H: Und die im Dunklen sieht man nicht: Von der alten und der neuen Armut und ihren psychosozialen
Konsequenzen. Forum Gemeindepsychologie 12 (2007), Ausgabe 1
Kilian R & Becker T: Die Prävention psychischer Erkrankungen und die Förderung psychischer Gesundheit. In: Kirch W, Badura B (2006):
Ausgewählte Beiträge des nationalen Präventionskongresses Dresden 1. und 2. Dezember 2005, 443 – 472
Lahtinen E et al: Framework for promoting mental health in Europe. National Research and Development Center for Welfare and Health
Ministery of Social Affairs and Health. Hamina 1999
Mead N et al: Effects of befriending on depressive symptoms and distress. Systematic review and meta-analysis. The british Journal of
Psychiatry (2010) 196, 96-101
Pickett KE & Wilkinson RG: Inequality: an underacknowledged source of mental illness and distress. The British Journal of Psychiatry
(2010) 197, 426-428
Stiawa M et al: Psychosoziale Interventionen bei psychischen Problemen in Familien mit niedrigem sozialem Status – Konzepte und
Ergebnisse. Ein systematischer Überblick. Psychiatrische Praxis, 2014, 41: 297-304
Wilkinson R. & Pickett K (2009): The Spirit Level. Why Equality is Better for Everyone. Penguin.
Befriending Networks:
http://www.befriending.co.uk
http://generationsworkingtogether.org/resources/befriending-network-scotland
http://alone.ie/befriending-networks-ireland/
https://volunteerlink.org.uk/
2. Fachtag der Bezirkskliniken Schwaben
21. Juni 2017 I Memmingen
„Raus aus der Depression!“
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
[email protected]
www.uni-ulm.de/psychiatrieII
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