Schweizer Musikzeitung Nr. 3 / März 2012 37 neuerscheinungen • Nouvelles publications Bücher / livres Les itinéraires de Delius Depuis dix ans, les Editions Papillon publient une exceptionnelle série de biographies consacrée à des compositeurs pour la plupart négligés par les éditeurs francophones. A preuve, le récent livre de Jérôme Rossi, première biographie en français du plus cosmopolite des compositeurs anglais, Frederick Delius (1862–1934). D’origine allemande, il a composé ses premières œuvres aux Etats-Unis, étudié principalement à Leipzig, passé une grande partie de sa vie en France et la plupart de ses vacances en Norvège. Tragiquement, ses 15 dernières années sont marquées par la maladie. Ce passionné de peinture et de marche finit aveugle et paralysé. L’auteur montre avec précision les diverses influences qui ont marqué Delius, en particulier les mélodies des Noirs américains ou la musique de son ami Grieg, mais également son immense amour pour la « nature préservée, loin de toute présence humaine », en particulier celle des paysages nordiques ou de la Floride. Cette contemplation de la nature, source d’inspiration, de réconfort, et sa vision nietz­ schéenne du monde l’amènent à un panthéisme proche de l’extase, à une célébration de la vie. Sensualiste comme celle de Debussy, sa musique évoque en toute liberté ses sensations et émotions, teintée d’une nostalgie sans pessimisme. Agréable à la lecture et excellemment documenté, ce livre signé par un véritable spécialiste de Delius comprend également de nombreuses illustrations et des analyses musicales succinctes et précises, exemples musicaux à l’appui. Jérôme Rossi, Frederick Delius, 256 pages, Fr. 39.00, Editions Papillon, Genève 2010, ISBN 2-940310-38-6 Laurent Mettraux Ein Heft macht Lust auf mehr Am 19. November 2011 hätte Géza Anda seinen 90. Geburtstag feiern können. Aus diesem Anlass erschien kürzlich in der Reihe der Du-Magazine ein Sonderheft zu Ehren des viel zu früh verstorbenen Pianisten. Nebst Beiträgen zu Andas Biografie finden sich darin zahlreiche Interviews, darunter natürlich eines mit seiner Witwe, Hortense Anda-Bührle, und – auch besonders lesenswert – mit András Schiff. Einen gebührenden Platz nimmt der Concours Géza Anda ein. Spannend zu lesen, was ehemalige Preisträger über ihren Karriereverlauf zu berichten haben! Eine beiliegende DVD widmet sich ebenfalls dem Werdegang ehemaliger Finalisten. Wäre es aber nicht naheliegender und sinnvoller gewesen, eine CD mit Andas grossartigem Spiel beizufügen? Insgesamt aber ein schön gestaltetes Heft, das Lust auf mehr macht. Wer Ausführliches und Tiefergehendes über Anda erfahren möchte, dem sei das Buch Géza Anda – Auch Sechzehntel sind Musik empfohlen. Es erschien 1991 zum 70. Geburtstag bei Artemis & Winkler. Géza Anda, Du-Sonderedition, 66 S., mit DVD, Fr. 10.00, Du Kulturmedien, Zürich 2011, ISBN 3-905931-17-4 Karl-Andreas Kolly Fremde Räume Besonders spannend und aktuell wird es in der Edition Neue Zeitschrift für Musik immer dann, wenn Hans-Klaus Jungheinrich in die Alte Oper Frankfurt lädt, um in einem prominent besetzten Kreis von Musikwissenschaftlern, Journalisten und Künstlern das Werk eines zeitgenössischen Komponisten zu beleuchten. Im September 2010 war es Beat Furrer, der im Blickpunkt des traditionsreichen Frankfurter Symposiums stand. Furrer, 1975 nach Österreich übersiedelt und als dirigierender Komponist eng mit dem Klangforum Wien verbunden, hat in jüngster Zeit vor allem durch bemerkenswerte Musiktheater-Projekte von sich reden gemacht. Stimmen im Raum – der Titel der Publikation kündigt sogleich die zwei wesentlichen Achsen im ästhetischen Koordinatensystem Furrers an: Raum als ein mehrdimensional vernetzter Erfahrungsraum (was der Komponist «Erzählung in die Tiefe» nennt); Stimme als unmittelbare Trägerin existenzieller Empfindungen, Texte und Subtexte. Insofern wundert es nicht, dass die meisten Autoren (nicht ohne zwangsläufige Redundanzen) sich des für Furrer zentralen Verhältnisses von Sprache und Klang annehmen. So widmet sich Julia Cloot in einem grundlegenden Überblick über Furrers Bühnenwerke der «Vielfalt der Stimmen» zwischen Singen und Sprechen und ihrer Funktion im komplexen Verfahren der Textmontage, das Furrers Arbeiten jenseits linearer Darstellungskonventionen kennzeichnet, ja auszeichnet. Den semantischen Implikationen eines ganz nach innen gerichteten «Klang- und Erlebnisraumes» ist auch Max Nyffeler auf der Spur und sieht dessen transitorische Qualität vor allem in den Zwischenräumen beheimatet, im Prinzip der Nichterfüllung und Gleichzeitigkeit des Widersprüchlichen. Seine bisher vielschichtigste Ausformung fand Furrers ganz spezielle Verwendung literarischer Sujets im Wüstenbuch, das in der wunderbar lakonischen Inszenierung Christoph Marthalers in Basel 2010 aus der Taufe gehoben wurde. Seine «Sprachfindung» untersucht Jörn Peter Hiekel in der vielleicht substanziellsten Erörterung des Bandes im Spannungsverhältnis zum Textma- terial. Hierbei beschreibt er die «Poly­ fonien» und «Sinnformationen» Furrers als dichte Assoziationsräume der Fremdheit und Einsamkeit, wo Sprache in Klang transformiert wird und das Fragmentarische und Unausgesprochene zu zentraler Bedeutung gelangt. Die Schlussdiskussion mit allen Beteiligten hätte man sich ergiebiger vorstellen können. Auch dass Furrers Tätigkeit als Dirigent vollständig ausgeblendet bleibt, ist zwar kein Beinbruch, es hätte aber zusätzliche Perspektiven eröffnet. Dessen ungeachtet liefert dieser Band einen ersten umfassenden Einblick in die Klangsprache eines der momentan eloquentesten Komponisten. Stimmen im Raum – Der Komponist Beat Furrer, hg. von Hans-Klaus Jungheinrich, 97 S., € 16.95, Edition Neue Zeitschrift für Musik, Schott, Mainz 2011, ISBN 3-7957-0773-6 Dirk Wieschollek «Das Paradoxe zeigen!» Die Welt ist komplex, auch die Welt der Kultur und des Musikmanagements. Mit letzterem beschäftigt sich der Herausgeber Felix Bamert mitsamt 20 Autoren. Vereint geben sie Antworten auf die Frage, wie Schneisen zu schlagen sind durchs Dickicht des heutigen Musikbetriebs. Die Mittel heissen Projektmanagement, Pressearbeit, Stiftungs- akquise, Fragen des Urheberrechts, aber auch Leitungsstrategien eines Teams als Führungskraft etwa einer Musikschule. Der Schwerpunkt liegt auf den Schweizer Bedingungen. Über spezifisch eidgenössische Institutionen wie Pro Helvetia, Suisa oder Swissperform wird ausführlich berichtet. Neben der lokalen Beschränkung ist die Aufbereitung der heterogenen Themenkomplexe in Form des «Zwiebelprinzips» der Orientierung hilfreich: Ausgehend vom Individuum geht es sukzessive in dessen Umfeld, hin zu institutionellen und organisatorischen Rahmenbedingungen, die das Handeln fokussieren, aber natürlich auch einschränken. Ähnliches gilt für einen Ratgeber, der ein «Leitfaden für die Praxis» ist. Sicher stellt der mehr als 300-seitige Wälzer für Orientierung suchende Studenten oder Berufsanfänger sinnvolle Informationen zur Verfügung. Komprimiert sind sie in je eigenen Kapiteln gehalten; Literaturangaben geben Hinweise zur Vertiefung. Als Nachschlagewerk erfüllt der Leit­ faden seinen Zweck. Doch er suggeriert auch ein mulmiges Gefühl. Die Professionalisierung des Musikbetriebs hat einen fast beängstigenden Grad erreicht. Schlimm muss das nicht sein. Aber sobald die Spielräume des Einzelnen geringer geschätzt sind als dessen korrekter Umgang mit Medien, mit Kollegen oder Stiftern, entsteht in dem Buch just jenes Bild, das dem heutigen Musikbetrieb seinen Charme nimmt. Was heute fehlt, ist nicht eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit inklusive Callcenter, nicht Kreativitätstechniken wie Brainwriting oder Reizwortanalyse, die Chris Brügger sorgfältig differenziert. Was heute fehlt sind fantasievolle, selbstbewusste Persönlichkeiten, die durch Abwegiges ­Impulse geben, die sich nicht beeindrucken lassen von Stiftungsanforderungen, von den sieben W einer Pressemitteilung oder von – wenn auch progressiven – Strategien einer Persönlichkeitsführung. Wohl kann kein Leitfaden der Welt solche Charaktere fördern. Aber ist es nicht einer Erwähnung wert, dass gerade in Zeiten, in denen der Begriff «Innovation» bis zum Überdruss fällt, ungewöhnliche Strategien der Kulturarbeit wichtiger werden? Einzig dem erfahrenen Roman Brotbeck gelingt durch seinen Rekurs auf Johann Peter Hebels Kalendergeschichte Unverhofftes Wiedersehen (1811) eine wunderbare Kritik des Betriebs, die zugleich für einen Kunstanspruch jenseits von Populismus und Vermittlung plädiert. Brotbecks Resümee hätte man sich auch an manch anderer Stelle des Buches gewünscht: «Es ist paradox, kulturelle Orientierungen für ein modernes Kulturmanagement anhand einer 200-jährigen Geschichte geben zu wollen. Und auch das daraus Abgeleitete ist paradox und widersprüchlich, und meine imperativen Empfehlungen erst recht. Es geht nicht auf! Das tut aber grosse Kunst nie! Und so bleibt nur zu empfehlen, dieses Paradoxe auf möglichst hohem Niveau zu fördern und zu zeigen.» Musikmanagement, Der Leitfaden für die Praxis, hg. von Felix Bamert, 346 S., geb., Fr. 49.90, Haupt, Bern 2011, ISBN 3-258-07661-4 Torsten Möller Orgel / orgue Spielfreudiges Konzertstück Zum hundertsten Geburtstag des Komponisten im Jahr 2006 wurde dieses Werk, erstmals 1961 in Budapest gedruckt, mit einigen Korrekturen und Ergänzungen neu herausgegeben. Erst 38 Revue Musicale Suisse N°3 / Mars 2012 neuerscheinungen • Nouvelles publications vor Kurzem gelangte es allerdings, zusammen mit anderen Werken des Komponisten, zu uns. Zoltán Gárdonyi, Kompositionsschüler von Kodály und Hindemith, wirkte bis 1967 als Professor an der Budapester Musikhochschule und lebte ab 1972 in Deutschland. Seine Partita über den gregorianischen Pfingsthymnus bearbeitet das Thema nach einer majestätischen Introduktion in vier Variationen und einem fugierten Finale mit Reminiszenzen an das Vorangegangene. Neoklassizistisch anmutende und in ihrer Spielfreudigkeit an Hindemith erinnernde Figurationen (Variation 1 und 3) wechseln sich mit schillernder Harmonik und improvisatorischen Gesten (Variation 4) ab. Der spieltechnische Anspruch des etwa viertelstündigen Werks ist durchwegs hoch anzusetzen; einkomponierte Überleitungen zwischen den Variationen verunmöglichen es, einzelne Teile separat zu spielen, wodurch das Stück trotz seiner thematischen Vor­ gabe eindeutig dem Konzertgebrauch vorbehalten ist. Registrieranweisungen fehlen; der Komponist beschränkt sich auf Manualangaben und Fusstonlagen, wobei ein farbig disponiertes dreimanualiges Instrument für eine überzeugende Wiedergabe Voraussetzung sein dürfte. Durch ein sorgfältig realisiertes Gleichgewicht zwischen eher konstruktiven und freieren Satztechniken gelangt Gárdonyi zu einer Ausdrucksform, die sich wohltuend von in der Orgelmusik oft spürbarer «komponierter Improvisation» abhebt, ohne deswegen an Frische und Spontaneität zu verlieren. Zoltán Gárdonyi, Partita sopra Veni creator ­spiritus per organo, os 12.009, € 15.50,­­ ­Ostinato-Musikverlag, Salzgitter 2007 Sammlung für den Gottesdienst Welcher Kirchenmusiker kennt sie nicht, die nervenaufreibende Situation, oft in kürzester Zeit passende Choralvorspiele für einen Gottesdienst vorbereiten zu müssen? Wer sich nicht improvisatorisch behelfen kann, ist dankbar um Sammlungen, die hier Abhilfe schaffen. Gunther Martin Göttsche und Martin Weyer, geschult durch jahrelange Lehrtätigkeit in Kirchenmusik, haben sich zum Ziel gesetzt, in Kleine Choralvorspiele und Begleitsätze auch Laien zugängliche Stücke anzubieten, die trotz einfacher Satzweisen «einen gewissen Charme» (Vorwort) besitzen sollen und in kurzer Zeit zu erlernen sind. In ihrer Dauer lassen sie sich irgendwo zwischen Intonation und ­eigentlichem Choralvorspiel einordnen, sind also eher etwas kurz, um als eigenständige Stücke in der Liturgie eingesetzt zu werden. Zu einem Grossteil der Lieder des Evangelischen Gesangbuchs (und dank grosser Übereinstimmung auch des Reformierten Gesangbuchs in der Schweiz) findet sich in den bisher erschienenen vier Bänden je ein kurzes Vorspiel sowie ein (oft auch nur dreistimmiger) Begleitsatz. Letztere überzeugen zwar nicht durchgehend, da der Satz doch oft dünn und etwas blutleer erscheint – im Zweifelsfall sind hier die Manualiter-Begleitsätze zum Reformierten Gesangbuch bei gleicher Schwierigkeit doch einiges reichhaltiger und entsprechen harmonisch auch dem Satz im Gesangbuch –, aber angesichts einiger hoch erfreulicher bis fast hitverdächtig zu nennender Vorspiele legt Bärenreiter hier doch eine Fundgrube an einfachster, aber meist klangvoller Musik vor, die wohl manchen Orgelspieler auf neue Ideen bringen könnte, allenfalls auch zur eigenen improvisatorischen Weiterentwicklung. Gunther Martin Göttsche u. Martin Weyer, Kleine Choralvorspiele und Begleitsätze zu den Liedern des Evangelischen Gesangbuches, Gottesdienst/ Eingang u. Ausgang bis Taufe u. Konfirmation, BA 9274, € 29.95, Bärenreiter, Kassel 2011 Heikles, aber faszinierendes Duo Mit Répliques für grosse Orgel und Orgelpositiv legt der Pariser Organist und Komponist Jean Guillou (*1930) ein DuoWerk vor, welches das Repertoire für diese Besetzung auf willkommene Weise erweitert. Während der Part der grossen Orgel mit einigen Registrier­ anweisungen versehen ist, die Guillous Vorliebe für Aliquot-Mischungen, Solozungen und Spaltklänge sowie den unvermeidlichen Tremulanten zeigen, verzichtet der Komponist beim Orgelpositiv auf konkrete Angaben und erleichtert so die Ausführbarkeit je nach vorhandenem Instrument, wobei dann allerdings ein bei Positiven eher seltener Tonumfang bis f3 (bei der grossen Orgel sogar a3) vorausgesetzt wird. In einer rhapsodisch-assoziativ anmutenden Form treten die beiden Instrumente in einen Dialog, der beiden Interpreten grosse Virtuosität und Präzision abverlangt, gerade bei einem Orgel­ positiv mit oft heikler Traktur! Glitzernde Passagen, aggressive Akkordik und stark kontrastierende Kantilenen wechseln sich blitzschnell ab und lassen an eine theatralisch inspirierte Führung musikalischer «Personen» denken. Auch die Synchronisation ist schwer zu realisieren, da Guillou (im Unterschied zu gewissen Momenten in seinen DuoColloques für diverse Besetzungen, wo man vor allem aufeinander reagieren muss) auf weiten Strecken präzis ausformulierte Rhythmen oder parallel geführte Passagen in kleinsten Notenwerten schreibt. Bei grosser räumlicher Distanz der beiden Instrumente – wie man sie sich für den Dialog-Effekt selbstverständlich wünschte – dürfte das Werk daher kaum ohne zusätzliche technische Hilfsmittel (Bild- und Ton­ übertragung) realisierbar sein. Wer diesen Aufwand nicht scheut, findet in Répliques ein Werk, das unmittelbar faszinieren kann und ein sehr wirkungsvolles Konzertstück darstellt. Jean Guillou, Répliques op.75 pour Grand Orgue et Positif, Spielpartitur (2 Exemplare), ED 20948, € 27.99, Schott, Mainz 2011 Tobias Willi Flöte / flûte Bunte einfache Vortragsstücke Mit Flute Debut hat James Rae (*1957), der bereits durch seine Blue Duets und Jazzy Duets erfrischende Beiträge zur Schülerliteratur geleistet hat, wiederum einen stilistisch vielseitigen und auch originellen Sammelband komponiert. Diesmal handelt es sich um Vortragsstücke für junge Querflötenschüler im erstem Unterrichtsjahr. Die Stücke sind technisch sehr einfach gehalten, beispielsweise bewegt sich das erste Stück, High Street Trot, ein musikalischer Einkaufsbummel, im Tonumfang von g' bis d''. In der Sammlung sind sehr viele Stile mit einbezogen, vom Diva Waltz im Walzertempo mit Akkordeonbegleitung über einen orientalisch anmutenden Sonnenuntergang in der Wüste mit dem Titel Sahara Sunset bis zu Texas Boogie oder Funky Street. Die verschiedenen Kompositionen können solistisch, unisono oder auch als dreistimmiges Ensemble interpretiert werden und sind für Einzel-, Gruppen- oder Klassenunterricht gedacht. So sind die ersten vier Nummern Solostücke mit Klavier- oder CD-Begleitung, es folgen mehrere Stücke für zwei Flöten und Begleitung. Die Kompositionen im dritten Teil sind für Ensembles mit Begleitung komponiert und lassen sich mit den Heften für andere Instrumente wie Klarinette und Saxofon aus der Debut-Reihe kombinieren. Die Stücke können mit der beiliegenden Playalong-CD oder Klavierbegleitung (UE 21529) aufgeführt werden. Die optionale Klavierbegleitung sowie Illustrationen zum Ausmalen sind auch als GratisDownload erhältlich. James Rae, Flute Debut, 12 leichte Stücke für Anfänger, UE 21528, mit CD, € 12.95, Universal Edition, Wien 2011 Schule in Duettform Die 60 methodischen Übungen wurden von François René Gebauer (1773–1845) komponiert. Er entstammt einer Musikerfamilie, die als Lehrer für Oboe, Fagott, Flöte und Horn in der Pariser Musikgeschichte bekannt war. Zeitgleich entstanden auch verschiedene andere Flötenschulen, beispielsweise von Devienne, Hugot oder Vanderhagen. So ist auch zu verstehen, dass Gebauer, der vor allem als Fagottist bekannt war, eine Flötenschule schreibt. Möglicherweise war sie für seinen jüngeren Bruder gedacht. Interessant sind vor allem die Überschriften, die für jede Übung ein methodisches Ziel formulieren. Für seine «Leçons» wählte der Autor die Duettform, wie es in den damaligen französischen Methoden üblich war. Der Aufbau seiner Flötenschule lässt sich leicht ersehen: Im ersten Teil werden vor allem elementare Spielfertigkeiten aufgebaut und im zweiten Teil ein «fortschreitendes Musikverständnis» entwickelt, wie es Nikolaus Delius in seinem Vorwort schreibt. In den ersten Kapiteln werden Tonübungen mit elementarer Musiklehre verbunden, Notenwerte, Pausen oder Legatobögen eingeführt. Gebauer beginnt seine Flötenschule in D-Dur, was auf dem Hintergrund der Traversflöte zu verstehen ist, mit der diese Tonart fingertechnisch sehr einfach zu handhaben ist, weshalb sie oft am Beginn einer Flötenschule steht. In den folgenden Lektionen wird der Rhythmus durch das Einführen von punktierten Noten und Synkopen differenzierter entwickelt. Später kommen einige Gattungen und Formen, meist aus der französischen Tanzmusik, dazu. Es folgen Dur und Moll, Verzierungen sowie Gattung und Form. Die Duette der letzten Lektionen sind teilweise sehr konzertant komponiert und eignen sich auch als Vortragsstücke. Sie enden mit der Tonhöhe d''' und drei Kreuzen als Vorzeichen. Es wäre aus pädagogischen und flötistischen Gesichtsgründen sicherlich interessant gewesen, wenn Gebauer noch eine Fortsetzung der Übungen komponiert hätte. François René Gebauer, 60 methodische ­Übungen op. 31, für 2 Flöten, hg. von Nikolaus Delius, ED 20803, € 13.99, Schott, Mainz 2011 Claudia Weissbarth Klarinette / clarinette Blasmusik-Blickwinkel Band 9 aus der Reihe clarino.extra widmet sich ganz und gar der Klarinette. Die Spezialausgabe versammelt 16 Artikel zum Thema, welche in den letzten Jahren in der Zeitschrift Clarino erschienen sind. Vier Interviews mit den in Europa zurzeit bekanntesten Klarinettisten Sabine Meyer, Giora Feidman, Jörg Widmann und Martin Fröst geben interessante Einblicke in ihr musikali- Schweizer Musikzeitung Nr. 3 / März 2012 39 neuerscheinungen • Nouvelles publications sches Denken und Fühlen und bei Sabine Meyer auch in die Organisation ihres reich gefüllten Alltags. Die weiteren Artikel widmen sich den unterschiedlichsten Themen und Aspekten der Klarinette, von der Pflege des Instruments, dem Überblasen, der Entwicklung der Klarinette im 18. Jahrhundert bis zu Tipps zur Auswahl von Etüden. Die Texte sind attraktiv und decken ein breites Feld ab, wirken in ihrer Zusammenstellung aber auch etwas zusammengewürfelt. Clarino ist eine Zeitschrift, die sich an ein Blasmusikpublikum richtet, was auch die Schwerpunkte in den Texten bestimmt. So werden im Artikel «Schwierige Orchesterstellen für Bassklarinette» ausschliesslich Stellen aus Blasorchesterwerken behandelt. Darüber hinaus widmen sich mehrere Artikel interessanten spezifischen Aspekten der Klarinette im Blasorchester: Die EsKlarinette bzw. die tiefe Klarinette in der Blasmusik, das Klarinettenregister, Intonationsprobleme etc. Für interessierte Laien verspricht dieses Heft eine informative und abwechslungsreiche Lektüre. Clarino.extra, Band 9, Thema Klarinette, ­Fachliches, Praktisches und Unterhaltsames, 96 S., € 12.90, DVO Druck und Verlag Ober­ mayer, Buchloe 2011, ISBN 3-943037-04-3 Aus der Frühzeit des Instruments Johann Melchior Molter (1696–1765) ist für Klarinettisten ein wichtiger Komponist, da von ihm die ältesten für das Instrument geschriebenen Konzerte stammen. Im übrigen Konzertleben geniesst der Komponist, der sich in seinem Schaffen an den Werken verschiedener Meister orientiert hat, keine grosse Aufmerksamkeit. Die vorliegende Sinfonia a tre wurde von Bernhard Kösling für drei Klarinetten eingerichtet und basiert auf einer Sinfonia in C für Trompeten und Hörner. Dies entspricht einer durchaus üblichen Praxis der Zeit, wurde doch die Klarinette in ihrer Frühzeit häufig als Ersatz für die Trompeten eingesetzt. Die Sinfonia besteht aus fünf kurzen Sätzen. Die erste Stimme ist praktisch durchgehend melodieführend und bewegt sich vorwiegend im hohen Klarinettenregister. Die zweite Stimme verläuft mehrheitlich parallel dazu in ­einer tieferen Lage während die dritte meist als Gegenstimme auftritt. Das Werk eignet sich bestens für den Unterricht, um die stilistische Bandbreite hin zur Frühzeit der Klarinette zu erweitern. Johann Melchior Molter, Sinfonia a tre, für drei Klarinetten bearb. von Bernhard Kösling, ­Partitur und Stimmen, E.D. 29972, € 12.80, ­Edition Dohr, Köln 2010 Kompakte Einführung in den Jazz Exploring Jazz Clarinet des jungen Engländers Ollie Weston ist ein 200 Seiten starkes Lehrmittel zur Einfüh- rung in die Jazzimprovisation. Weston unterrichtet an der renommierten Guildhall School of Music in London und verfügt über grosse Erfahrung als Saxofonist in zahlreichen Jazzbands und Orchestern sowie als Studiomusiker für bekannte Namen und bei verschiedenen Produktionen. Weston hat Exploring Jazz ... bereits für Flöte, Saxofon und Trompete herausgegeben. In elf Kapiteln bietet er eine Einführung in die wesentlichen Techniken, Jazzharmonie-Kenntnisse und Stilmerkmale, die für einen Einstieg in die Jazzimprovisation nötig sind. Das Lehrmittel ist in Englisch und enthält sehr viel Text. Dies ist im Hinblick auf den Einsatz im Unterricht möglicherweise ein Nachteil. Die Erklärungen und Übungsanweisungen sind jedoch durchgehend sehr gut verständlich, einfach und klar nachvollziehbar gehalten. Die ersten vier Kapitel dienen der grundsätzlichen Einführung ins Thema und behandeln den Blues als Basis des Jazz sowie die drei wichtigsten Harmonien, Major Seven (Dur mit grosser Septime), Mollseptakkord sowie Dominantseptakkord. Dazu sind wie im ganzen Buch zahlreiche und ausführliche Übungen, Theorie- und Stilhinweise vorhanden; man bekommt jedoch nicht das Gefühl, gleich alles aufs Mal können zu müssen. Die Übungsstücke lehnen sich immer an bekannte Jazzstandards an, und der Autor gibt Hinweise zu stilbildenden Musikern, Titeln und Aufnahmen. In der Fortsetzung widmet sich der Autor verschiedenen Stilrichtungen wie Funk, Bebop, Latin und vermittelt die wichtigen Grundkonzepte des Jazz mit der II-V-I-Progression, Phrasierung, modale Improvisation etc. Gegen Schluss bietet Weston dem Schüler Hilfe, wie und mit welchen Lehrmitteln er seine Studien weiterführen kann. Ganz am Ende des Buches ist ausserdem eine sehr kompakte Übersicht über die Geschichte des Jazz mit wertvollen Hörhinweisen zu finden. Exploring Jazz Clarinet ist eine sehr gelungene, äusserst umfassende und doch kompakte, gut verständliche Einführung in die Grundlagen des Jazz und der Jazzimprovisation. Ollie Weston, Exploring Jazz Clarinet, An ­Introduction to Jazz Harmony, Technique and Improvisation, ED 13350, mit CD, € 27.95, Schott, Mainz 2011 Martin Sonderegger Akkordeon / accordéon Jazzige Chansons Der neuste «Wurf» in der Reihe Akkordeon pur aus dem Holzschuh-Verlag ist ein Heft mit Piaf-Liedern, wiederum arrangiert von Hans-Günther Kölz. Einmal mehr hat er mit diesem Werk sein sehr kompetentes Wirken als Bearbeiter bewiesen. Hans-Günther Kölz ist Dozent am Hohner-Konservatorium in Trossingen (D) und ansonsten freiberuflich tätig als Komponist, Musiklehrer und Arrangeur. Seit 1991 ist er Dirigent des Orchesters Hohnerklang Trossingen und hat mit diesem Ensemble schon etliche Konzertreisen gemacht. Er wirkt auch als Begleitmusiker von Frank Marocco in Europa. Die Chansons u. a. von Charles Dumont, Marguerite Monnot, Norbert Glanzberg und Hubert Giraud erscheinen in einem jazzigen Gewand. Spannende, manchmal recht dichte Harmonien (oft gleichzeitig links und rechts Akkorde), interessante rhythmische Feelings (z. B. Padam… padam als JazzWalzer), überzeugende Basslinien, aber auch immer wieder spezielle ChorusTeile lassen diese Chansons zu anspruchsvollen Solo-Stücken werden. Die Interpretin oder der Interpret ist technisch in der linken wie auch der rechten Hand sehr gefordert. Die Registrierungsvorschläge für die rechte Hand sind klanglich sehr ansprechend und erreichen oftmals eine wohltuende Bescheidenheit und Durchsichtigkeit – dies ist aber eine persönliche Vorliebe von mir. Vor allem Jazzbegeisterte werden ihre helle Freude an diesem toll gelungenen Werk haben. Edith Piaf, Chansons für Akkordeon, hg. von Hans-Günther Kölz, VHR 1819, € 12.00, Holzschuh-Verlag, Manching 2011 Lehrgang mit Fragezeichen Karen Tweed begann im Alter von elf Jahren mit dem Akkordeonspiel. In den späten Achtzigerjahren hat sie sich für eine musikalische Karriere entschieden und ist seither als Solistin, aber auch in diversen Formationen und als Leiterin von Workshops unterwegs. Sie lebt heute in Norfolk/England und hat eine besondere Leidenschaft für traditionelle irische Musik. Ihr Heft Nur für Anfänger – Akkordeon ist ein Lehrgang für Pianoakkordeon mit Standardbass. Im Vorwort erwähnt sie, dass das Heft vor allem Technik vermitteln soll, um dann ein umfangreiches Repertoire gefühlvoll und präzise spielen zu können. Die anschliessenden Tipps für den Kauf eines Akkordeons beziehen sich leider überhaupt nicht auf die körperlichen Gegebenheiten der Spieler; Angaben, wie hoch, breit und tief ein Instrument sein sollte, fehlen gänzlich. Interessante Übetipps am Anfang des Heftes und ein kleiner Abschnitt zur Geschichte des Akkordeons sind dagegen wertvolle Ergänzungen. Fotos und Illustrationen kommen grosszügig und klar zur Geltung. Über die Erklärungen zur Körperhaltung beim Spielen (stehen oder sitzen), aber auch zur Arm- und Handhaltung kann man geteilter Meinung sein. Auf vier Seiten werden musiktheoretische Grundlagen vermittelt: Notenschlüssel, Liniensystem, Notennamen, Notenwerte, Tonarten usw. Es folgen verschiedene Dur-Tonleitern als Material für die rechte Hand. Mich befremdet sehr, dass die gesamte linke Hand lediglich als Bezifferung erscheint. Nach einem Marsch im Fünfton-Raum, einem Walzer in G-Dur, einem Traditional in D-Dur und einem kleinen Tango ist das Heft auch bereits zu Ende. Die beiliegende CD enthält sämtliche Tonleitern, Übungen und auch die Stücke jeweils in zwei verschiedenen Tempi. Die musikalische Interpretation wirkt äusserst mechanisch und nicht ansprechend. Als «Dessert» sind die Stücke noch mit einer sogenannten Songbegleitung (rein elektronisch) aufgenommen. Meine Begeisterung für dieses Werk hält sich sehr in Grenzen. Karen Tweed, Nur für Anfänger – Akkordeon, BOE7561, mit CD, € 14.95, Bosworth, Berlin 2011 Yolanda Schibli Zimmermann Weitere Titel / autres titres Micaëla Grohé, Der Musiklehrer-Coach, ­Professionelles Handeln in konflikthaften ­Unterrichtssituationen, 216 S., ill., Fr. 33.50, Helbling, Esslingen 2011, ISBN 3-86227-082-8 Musik – Bürger – Stadt, Konzertleben und musikalisches Hören im historischen Wandel, hg. von Christian Thorau, Andreas Oden­ kirchen, Peter Ackermann, 354 S., ill., € 19.00, ConBrio, Regensburg 2011, ISBN 3-940768-07-0 Bernd und Daniela Willimek, Musik und Emotionen, Studien zur Strebetendenz-­ Theorie, 85 S., Bretten 2011, Online-­ Publikation, Link der Deutschen National­ bibliothek http://d-nb-info/1017112118 Andrea Holzer-Rhomberg, Fiedel Max 5, Schule für Violine, VHR 3850, mit 3 CDs, € 22.80, Holzschuh-Verlag, Manching 2011 Mendelssohn für Gitarre, bearb. von Frank Riedel, D 35 916, € 11.50, Doblinger, Wien Jean Sibelius, Klavierwerke III, Klavierstücke zwischen op. 94 und 114, hg. von Anna ­Pulkkis, (= Jean Sibelius Werke, Serie V, Band 3), SON 616, € 157.00, Breitkopf & ­Härtel, Wiesbaden 2011 Gerhard Mantel, Etüden üben, Grundlagen der Cellotechnik in ausgewählten Etüden; Band 1–3, ED 20701–20703, € 18.99/16.99; Kommentarband, ED 20704, 156 S., € 19.99; Schott, Mainz 2011