Jury Prof. Rebecca Chestnutt, Chestnutt_Niess

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Landesverband
Baden-Württemberg
BDA · Zeppelin Carré Friedrichstr. 5 · 70174 Stuttgart
Hugo-Häring-Auszeichnung 2014
BDA Stuttgart/Mittlerer Neckar
Preisträger und Jury
BDA Stuttgart/Mittlerer
Neckar
c/o BDA
Landesgeschäftsstelle
Zeppelin Carré
Friedrichstr. 5
70174 Stuttgart
Tel. 0711. 640 40 39
Fax 0711. 60 29 50
www.bda-bawue.de
[email protected]
Jury
Prof. Rebecca Chestnutt, Chestnutt_Niess Architekten BDA, Berlin (Vorsitzende)
Dipl.-Ing. Afshin Arabzadeh, Freier Architekt BDA, Nürtingen
Thorsten Gutbrod, Kulturbetrieb Wagenhallen, Stuttgart
Dipl.-Ing. Frank Hovenbitzer, Freier Architekt BDA, Lörrach
Dipl.-Ing. Petra Stephan, Chefredakteurin AIT, Stuttgart
(Reihenfolge der Preisträger ohne Wertung)
Rathaus Schorndorf - Sanierung und Neugestaltung der öffentlichen Bereiche
Bauherr:
Architekt:
Stadt Schorndorf
Ippolito Fleitz Group GmbH, Stuttgart
Foto: Zooey Braun
Das Ende 2012 umgebaute Schorndorfer Rathaus ist ein gelungenes Beispiel für Behörden-Architektur
im 21. Jahrhundert und für den Umgang mit historischer Bausubstanz. Der 1726 bis 1730 erbaute Solitär
steht auf dem Marktplatz der Daimlerstadt und wurde ursprünglich als Markthalle genutzt. Eine wenig
gelungene Umnutzung verwandelte die lichte, zweischiffige Markthalle mit ihren hohen
Rundbogenfenstern im Erdgeschoss in den späten 1970er Jahren zum behäbig-rustikalen
Verwaltungssitz der Stadt.
Die Architekten erkannten das Potenzial der ursprünglichen Innenarchitektur und sorgten erneut für Licht,
Luft und Transparenz. Der Sitzungssaal präsentiert sich durch seine Lage im Erdgeschoss und die hohen
historischen Rundbogenfenster im wahrsten Sinne des Wortes ungewöhnlich bürgernah und offen. Die
von kleinteiligen Sprossenfenstern befreiten Rundbögen und die freigelegten, alten Holzstützen im Foyer
lassen das Markttreiben im 18. Jahrhundert erahnen. Spannende Material- und Farbkontraste bestimmen
die Atmosphäre: dunkles Parkett, heller Travertin, schwere Vorhänge und leichte Volants. Beige-, Braunund Grautöne sowie Weiß geben in eleganter Weise den Ton an. Im Foyer erzeugen große, unter der
Decke schwebende Lichtringe eine feierliche Stimmung, denn auf der Empore befinden sich der Trausaal
und Kleine Sitzungssaal in Raum-Union.
Durch viel Transparenz, durch Sichtbezüge und Höhensprünge ist es den Stuttgarter Architekten und
Innenarchitekten gelungen, viel Raumprogramm auf wenig Fläche sinnfällig zu organisieren. Abgesehen
von den Eyecatchern der Lichtringe unterstreicht eine insgesamt ausgereifte Lichttechnik die
Innenarchitektur des neuen, alten Schorndorfer Rathauses. So viel Atmosphäre lässt fast vergessen,
dass der neue Amtssitz des Oberbürgermeisters und seiner Mitarbeiter auch energetisch und
brandschutztechnisch auf den neuesten Stand gebracht wurde.
Ministeriumsgebäude Stuttgart
Bauherr:
Architekt:
Baden-Württemberg Stiftung gGmbH
Staab Architekten GmbH, Berlin
Foto: Marcus Ebener, Berlin
Einem Verwaltungsbau von dieser Größe eine räumliche Gliederung zu verleihen, die durch ihre
Rhythmisierung jegliche Monotonie vermeidet, ist eine architektonische Errungenschaft. Der Neubau des
Baden-Württembergischen Innenministeriums wirkt in seinen städtebaulichen Kontext genauso
eingepasst, wie auch seine Innenraumgestaltung angemessen scheint.
Die Abfolge von unterschiedlich dimensionierten Atrien und die Fassaden-Vor- bzw. Rücksprünge
strukturieren den zwangsläufig lang gestreckten Baukörper im Inneren wie im Äußeren auf eine Weise,
dass bei Verwendung von wenigen wohlgefügten Materialien von hoher Qualität eine kraftvolle in sich
ruhende Architektur entstehen konnte.
Eine aus der monofunktionalen Büronutzung generierte strenge Fassadenordnung, wurde durch die
Betonung der Rücksprünge mit Eckfenstern differenziert und ihr somit eine Maßstäblichkeit zur WillyBrandt-Straße hin verliehen.
Die Geste des Eingangs und die öffentlichen Nutzungen im Erd- und Gartengeschoss, verleihen dem
Komplex seinen Auftakt und verankern ihn gleichzeitig am angrenzenden Schlossgarten. Die
innenräumliche Orientierung wurde ebenfalls dadurch gestärkt, dass die, als Besprechungsbereich
genutzten Ecksituationen der Rücksprünge, mit den Erschließungszonen an den Übergängen der Atrien
verknüpft wurden.
Die kunstvoll kontrastierende Farbgliederung zwischen den Atrien und den sonstigen
Erschließungsbereichen, in Verbindung mit einer erstaunlich sanften Anmutung der verwendeten
Materialien, unterstreichen die gelungene räumliche Fügung des gesamten Gebäudes.
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Energetische Sanierung eines Wohn- und Bürogebäudes s43
Bauherr:
Architekt:
Privat
Wittfoht Freie Architekten BDA BDIA / dwb, Stuttgart
Foto: Brigida Gonzáles
Die architektonische und ebenfalls gesellschaftliche Aufgabenstellung den großen Bestand Bauten der
Nachkriegsmoderne zu rehabilitieren, wurde durch die energetische Sanierung dieses ehemaligen
Bürogebäudes beispielhaft und mit großem Erfolg gelöst.
Die städtebauliche Situation des bestehenden Riegels konnte durch die Umgestaltung der Freiflächen als
Garten aufgewertet und damit ein hohes Maß der Begrünung erreicht werden. Gleichzeitig wurde das
Erdgeschoß trotz der Hanglage zu einer hochwertigen Nutzungseinheit gestaltet.
Die ursprüngliche Baukörpergliederung mit ihrem bestimmenden Zusammenspiel zwischen vertikalen
Natursteinelementen und den horizontalen, mit Metallpaneelen verkleideten Fassadenbändern, wurde
bewahrt und dabei akzentuiert.
Die gelungene Strategie den bestehenden Aufbau der Natursteinfassaden zu belassen und durch
Innendämmung zu ertüchtigen, meidet den Verlust ihrer massiven Wirkung. Durch die andererseits neue
Interpretierung der Metall-Glas-Fassaden mit ihrem vielschichtigen Aufbau und der dadurch
entstandenen Lebhaftigkeit, gewinnt das Gesamtbild seine zeitlose Eleganz.
Das Entwurfsprinzip den klaren Charakter seiner modernen Architektursprache im Innenraum
weiterzuführen, lebt ebenfalls von einer Materialkomposition, bei der die räumliche Zonierung stets betont
wird.
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Zentrum für virtuelles Engineering ZVE
Bauherr:
Architekt:
Fraunhofer- Gesellschaft
zur Förderung der angewendeten Forschung e. V., München
UNStudio, Amsterdam
Foto: Christian Richters
Eine „Galionsfigur“ für die Fraunhofer-Gesellschaft als Gebäude zu konzipieren erforderte offensichtlich
die Erfindung einer virtuosen Raumcollage.
Eine Wirkung als Kopf-Bau ist im städtebaulichen Umfeld des Forschungscampus in Vaihingen nicht
deutlich. Viel mehr nimmt das Bauwerk eine Position als Schlusspunkt ein, fängt die Bewegung des
Straßenverlaufs ein und führt den Besucher ins Innere. Die runde Fassade mit ihren zeichenhaft
„gefalteten“ Fensterbändern strahlt eher den Ausdruck eines Solitärs aus. Dies womöglich folgerichtig, da
neben der Konzeption des Hauses als Identitätsträger ein Höchstmaß an energetischer Effizienz realisiert
wurde.
Während die äußere Architektur des neuen ZVE dennoch vordergründig von ihrer formalen Gestik lebt,
bietet der zentrale, alles zusammenbindende, offene, vertikale Erschließungsraum ein wahres Erlebnis.
Obwohl von geschwungener mäandernder Gestalt, wirkt die entstandene Raumfolge unaufgeregt und
einladend. Die Wegeführung der Treppenverläufe wird durch das Pastellfarbenkonzept unterstrichen. Es
herrscht das Gefühl von Übersichtlichkeit und Teilhabe, wenn auch die Differenzierung zwischen den
Arbeits- und Besucherbereichen klar ablesbar ist. Der Erfolg dieser Architektur wird als Symbiose der
Raumgliederung, Raumgestaltung und Ausstattung verstanden, wobei die Grenzen dazwischen
verschwimmen.
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Präzisionslabor MAX-PLANCK-INSTITUT
Bauherr:
Architekt:
Max-Planck-Gesellschaft
zur Förderung der Wissenschaften e.V., München
hammeskrause architekten bda, Stuttgart
Foto: Wolf-Dieter Gericke
Eine 15m hohe, fensterlose Halle, zweiseitig umgriffen von einem zweigeschossigen Büro- und
Laborgebäude. Die Stärke des Ensembles liegt in der äußerst klaren Strukturierung der Funktionen; der
ordnende Geist wird äußerlich sichtbar in den klaren geometrischen Formen und den angenehm
zueinander proportionierten Gebäudeteilen. Im Innern herrscht Übersichtlichkeit, alles andere als
selbstverständlich bei derart hohem Installationsgrad. Die außerordentlich anspruchsvolle Aufgabe,
Versuchsboxen herzustellen, die weitestgehend abgeschirmt sind von allen äußeren seismischen,
akustischen und elektromagnetischen Störungen, wird mit scheinbar „leichter Hand“ gelöst.
An der Hallenfassade leisten sich Architekt und Bauherr mit einer ornamentierten Hülle auf
industrialisiertem Niveau ein Schmuckelement, das dem Standort des Gebäudes innerhalb einer
Parkanlage gerecht wird: senkrechte, schmale Aluminiumprofile, die in 2 Ebenen mit unterschiedlichen
Winkeln montiert sind, überdecken sämtliche Durchdringungen und erzeugen damit ein homogenes
Fassadenbild, das wie ein Interferenzmuster je nach Blickwinkel des Betrachters changiert und das an
sich profane Hallenbauwerk zu einem Blickfang werden lässt. Einziger Wermutstropfen ist allerdings,
dass aus wirtschaftlichen Gründen eine Teilfläche dieser changierenden Fassade zur wenig einsichtigen
Waldseite ausgespart wurde.
Erweiterung Rosensteinschule zur Ganztagsschule
Bauherr:
Architekt:
Landeshauptstadt Stuttgart
Drei Architekten Haag Haffner Stroheker, Stuttgart
Foto: Zooey Braun
Der dreigeschossige Neubau schließt an den winkelförmigen, ebenfalls dreigeschossigen Hauptbau aus
den 1950er Jahren an und definiert damit das Erscheinungsbild der Schule zur Straße hin neu. Allein das
ist schon nicht unwesentlich, denn im Stuttgarter Nordbahnhofsviertel dominiert eine eher heterogene,
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wenig hochwertige Bebauung den Straßenraum. Für die neuen Räume verlängerten die Architekten den
nördlichen Winkel des Hauptgebäudes, wodurch der Schulhof und die Grünanlagen als große
zusammenhängende Fläche erhalten blieben. Zum anderen konnten die Klassen- und Aufenthaltsräume
nach Süden orientiert werden, im Gegensatz zum Altbau.
Das äußere Erscheinungsbild orientiert sich gestalterisch am Hauptbau, interpretiert den Rhythmus
zwischen offenen und geschlossenen Fassadenflächen jedoch neu und zeitgemäß. Unprätentiös und
zweckmäßig, aber sicher im Gestaltungswillen zeigt sich die Erweiterung als das was sie ist – eher eine
gelungene Ergänzung, als ein präsenter Hingucker.
Diese Haltung spiegelt sich auch im Inneren wider: Großzügige Foyers, die Klassenzimmer und
Fachräume weisen eine hohe Aufenthaltsqualität auf – dafür sorgen unter anderem hochwertige
Materialien, wie rauer Sichtbeton, massives Douglasienholz, Fliesen in Natursteinoptik, weiß gestrichene
Decken und ein ausgefeiltes Beleuchtungskonzept.
Für Irritationen sorgte bei der Jury allenfalls das Fluchttreppenhaus auf der Ostseite der Erweiterung. Da
es aber schnell und kostengünstig wieder abzubauen sein soll, wenn die Schule noch einmal erweitert
werden muss, versteht man auch die Gestaltung, die im Verhältnis zum Erweiterungsbau deutlich abfällt.
Wilhelmaschule
Bauherr:
Architekt:
Land Baden Württemberg
Cheret + Bozic Architekten, Stuttgart
Foto: Achim Birnbaum
Im Ensemble der maurischen Anlage des zoologischen Gartens, bzw. der botanischen Anlagen, ergänzt
der neue Pavillon der pädagogischen Einrichtung ruhig und selbstverständlich den umgebenden Park
und seine vorhandenen Bauten. Sehr feinfühlig platziert und detailliert, wird der vorhandenen Substanz
ein unprätentiöses, zeitgenössisches Element hinzugefügt. Der kleine Bau besticht durch seine
Selbstverständlichkeit in Grund- und Aufriss. Durch die rhythmische Gliederung der Außenwandpfeiler,
die ein weit auskragendes Dach tragen, wird ein gut proportionierter Bau geschaffen, der Innen- und
Außenräume in Form und Funktion verbindet.
Als Gartenpavillon fügt sich das Gebäude sensibel und fließend in den Landschaftsraum ein und hat
zugleich eine eigenständige architektonische Qualität. Hierbei gelingt es überzeugend, sehr
angemessene Details und Proportionen der wenigen verwendeten Bauteile zu entwickeln, so dass die
Maßstäblichkeit der Details der des Gesamtbaukörpers entspricht. Durch die Feinheit der Gliederung
werden Selbstverständlichkeit, Leichtigkeit und Einfachheit erzielt, was die besondere Qualität der
Maßnahme ausmacht.
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Kinderhaus Schloss Ditzingen
Bauherr:
Architekt:
Stadt Ditzingen
walter huber freier architekt, Stuttgart
Foto: Zooey Braun
Der zunächst sonderbar anmutende Grundriss erklärt sich sehr schnell vor Ort und verweist auf die
besonderen Grundstücksgegebenheiten.
Die Kindertagesstätte kann bis zu 110 Kinder aufnehmen. Die Kinder haben maximale Bewegungsfreiheit
in einer bunten Farbenwelt die sich mit den Holzzimmern harmonisch ergänzt. Auch hier spürt man viel
Liebe und Planung für das kleinste Detail. Im ersten OG sind die Arbeits-Schlaf und Aktionsräume
untergebracht. Die Materialien ziehen sich vom Inneren in den Außenraum fort. Der Außenspielplatz ist
genauso liebevoll geplant und mit vielen Spielelementen versehen: Wasserspiele, Rutschen, Sandkasten,
Kletter- und Bewegungsspiele. In den Lichthöfen hingegen können die Kinder die Ruhe genießen. Die
Kinder sind nie unbeaufsichtigt, die Architektur erlaubt es den Erziehern immer einen Blick auf die Kinder
zuzulassen, selbst in den Arbeitszimmern. Man gibt da seine Kinder mit einem sehr guten Gefühl ab. Ein
richtig schönes Kinderwohlfühlhaus.
Kinderhaus Alzental
Bauherr:
Architekt:
Stadt Herrenberg
D`Inka Scheible Hoffmann Architekten, Fellbach
Foto: Albrecht Scheible
Mit einer unprätentiösen, angenehm proportionierten Form werden alle notwendigen Funktionen integriert
und übersichtlich geordnet sowie gleichzeitig ein gut nutzbarer Freibereich geschaffen.
Der umlaufende Balkon und die angeschlossene großzügige Dachterrasse bieten zusätzliche
„Spielräume“ und erhöhen für die Kinder die wahrnehmbare räumliche Komplexität. Innen- und
Außenraum fließen ineinander. Ohne sich auf banale Weise an angeblichen Kindergeschmack
anzubiedern, wird mit einfachen Mitteln und Materialien eine warme und kindgerechte Atmosphäre
geschaffen. Viel helles Holz in verschiedensten Variationen entfaltet seine heimelige Wirkung besonders
gut im Kontrast mit naturbelassenen Betonoberflächen. Großzügige Glasflächen lassen viel Licht ins
Haus und gestalten den Übergang von Innen nach Außen. Ein bescheidener und doch stilvoller Auftritt
bis ins Detail.
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Hugo-Häring-Auszeichnung und Publikumspreis
Anlage für afrikanische Menschenaffen
Bauherr:
Architekt:
Land Baden Württemberg
Hascher Jehle Architektur, Berlin
Foto: Svenja Bockhop
Die neu angelegte Anlage für Menschenaffen stellt kein „Affenhaus“ im traditionellen Sinne von
zoologischen Gärten dar, sondern ist ein bauliches Ensemble, bei dem Innen- und Außenräume
zusammenfließen. Eine freie Grundrissform, die in großen Teilen von einer feinen Stahlnetzkonstruktion
überdeckt wird, verbindet sich selbstverständlich mit der großen Parkanlage des zoologischen Gartens.
Raumhohe Verglasungen und terrassierte Räume innen und außen bewirken, dass klassische
Raumbildungen sich auflösen, bzw. aus der Natur bekannte Räume in Architektur überführt werden. Der
geschwungene Weg, der durch das Ensemble führt, erscheint im weitesten Sinne wie ein Pfad durch
einen Urwald, was von der reichen Bepflanzung des Innenraums und der begrünten Dachlandschaft
außen unterstützt wird. Baumartige Betonpfeiler, die ohne scheinbare Ordnung die Konstruktion des
gefalteten Daches tragen, ergänzen auf abstrakte Weise diesen Raumeindruck.
Die Menschenaffen erhalten einen naturnahen Lebensraum und die Besucher einen entsprechenden
Erlebnisraum. Gerade auch durch die Reduktion der Materialien, die im Wesentlichen aus Beton und
Glas, sowie dem organisch anmutenden Stahlnetz bestehen, entsteht mit den Pflanzen im Inneren und
Äußeren ein passender Hintergrund für die Tierbetrachtung. Für die Tiere selbst entstehen durch die
vielen schrägen Bauteile und die ergänzenden, hängenden Kletterbänder in den Innenräumen vielfältige
Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten. Das ganze Ensemble überzeugt durch die nahtlose Verknüpfung
von Innen und Außen, bzw. die gelungene Herstellung eines naturnahen Raumeindrucks durch die
Gestaltung der architektonischen und konstruktiven Elemente.
Stadtbibliothek am Mailänder Platz
Bauherr:
Architekt:
Landeshauptstadt Stuttgart
YI Architects, Köln
Foto: Stefan Müller
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Ein markanter Stadtbaustein, dessen solitärer Charakter konsequent ausgebildet ist: seine Höhe, mit der
er seine Nachbarn überragt, die ungerichtete Würfelform mit der er sich selbst als Zentrum seiner
Umgebung inszeniert sowie die umlaufend homogene Fassade unterstreichen zeichenhaft und kraftvoll
seine herausragende Bedeutung für das städtische Leben.
Die tagsüber geschlossen und unbelebt wirkende harte Fassade weckt Assoziationen an alte
Speichergebäude, einen „Buchspeicher“ in diesem Fall.
Konsequent nach innen orientiert fokussiert die Bibliothek sich selbst und ihre Besucher auf den ihr
innewohnenden literarischen Reichtum.
Eine lyrische, stimmungsvolle, atmosphärisch sehr dichte Raumfolge begleitet den Besucher vom
Eingang über den Zentralraum, der -abgeschirmt von der Außenwelt- die Konzentration vollkommen auf
den Ort lenkt; die Treppe empor -gelegentlich schweißtreibend- den Blick immer noch ins „Herz“ gelenkt,
bis man im 4.OG schließlich das Schmuckkästchen erreicht: den weiß strahlenden, nach oben
gerichteten zentralen Lesesaal.
Auch wenn der Weg nach oben per pedes manchem ein wenig mühsam erscheinen mag und die
Orientierung im Gebäude -da richtungslos- Ungeübten zu Beginn eventuell etwas schwer fallen mag - ein
beeindruckendes Erlebnis ist der Besuch in der Stadtbibliothek in jedem Fall.
Hospitalhof
Bauherr:
Architekt:
Evangelische Gesamtkirchengemeinde Stuttgart
LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei GmbH&Co.KG, Stuttgart
Foto: Roland Halbe
Wie schon der Vorgängerbau bezieht sich der neue Hospitalhof in seiner Blockstruktur auf die Form des
mittelalterlichen Dominikanerklosters, das einst an die Kirche angegliedert war. Anders als der
Nachkriegsbau, der sich in Form und Materialität deutlich von der Kirchenruine abhob, verbinden die
Architekten ihre Ergänzung jedoch mit den Resten des mittelalterlichen Langhauses und führen dessen
erhalten gebliebene, südliche Längswand in ihrem Neubau fort. Dadurch wird die ursprüngliche
Ausdehnung der Kirche wieder ablesbar. Das rekonstruierte Wandstück, das deutlich als nachträgliche
Ergänzung sichtbar gemacht wurde, bildet wiederum den Abschluss eines viergeschossigen
Verwaltungsriegels.
Im Norden schließt sich über Eck an den Verwaltungstrakt der Festsaal-Neubau mit Foyer, Garderobe
und kleinem Vortragssaal an. Der große, zweigeschossige Saal im Obergeschoss öffnet sich über eine
Terrasse zum Innenhof. In den Stadtraum wiederum bildet sich der Bühnenbereich des Saals mit 39
Bullaugenfenstern ab. Den Übergang zum Bestand bestimmt ein V-förmiges Flugdach, das sich zwischen
dem Treppenturm des Saalgebäudes und der Kirche aufspannt und den Eingangsbereich der Anlage
überdeckt. So entstand eine stimmige Verbindung aus Alt und Neu.
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Die Proportionen des Neubaus sind auf das groß-städtische Umfeld abgestimmt und stehen gleichzeitig
mit dem Kirchenbau in einem spannungsreichen Verhältnis. Unterschiedlichste „Zier“-Elemente, die aus
dem Oeuvre der Architekten bekannt sind, werden im Hospitalhof zusammengebracht und beleben das
große Volumen. Die innere Struktur ist klar und funktional gegliedert. Für einen farblichen Akzent sorgt
der rote Bodenbelag. Im großen Veranstaltungssaal wiederum sorgen hölzerne Wand- und
Deckenverkleidungen für einen festlichen Charakter.
Umbau und Sanierung Matthäuskirche
Bauherr:
Architekt:
Evangelische Kirchenpflege Stuttgart
Schreiner Architekten
Dipl.-Ing. Hannes Schreiner Freier Architekt BDA, Stuttgart
Foto: Maximilian Seibert
In der Matthäuskirche, die Ende des 19 Jahrhunderts unter Verwendung neogotischer und
neoromanischer Motive errichtet wurde, waren im Laufe des 20. Jahrhunderts, auch infolge von
Kriegszerstörungen und Wiederaufbaumaßnahmen, verschiedene Maßnahmen ergriffen worden, die den
ursprünglichen architektonischen Charakter zerstört hatten. Die erfolgte Sanierung hat als wesentliche
Qualität die Wiederherstellung des historischen Raumeindrucks durch Entfernen und Aufräumen der
verschiedenen Einbauten. Nicht nur wurden die vorher verbaute Kuppel und die Fensterrosette wieder
geöffnet und damit auch farbliche Akzente in den Innenraum zurückgebracht, sondern es wird auch durch
veränderte Platzierung des Altarbereichs und der Bestuhlung eine zeitgenössische Nutzung ermöglicht.
Nachdem der Innenraum von allen heterogenen nicht historischen Einbauten befreit wurde, konnte durch
die kraftvoll, minimalistisch kleinen Eingriffe ein selbstverständliches neues räumliches Gefüge im Sinne
zeitgenössischer Liturgie geschaffen werden. Die Prinzipalien aus Taufbecken- und Kerze, Altar und Pult
bestehend, sind als massive Eichenholzmöbel skulptural und monolithisch neu eingefügt und gliedern
den Raum. Die Gestaltung der Bestuhlung anstelle der früheren Kirchenbänke ermöglicht flexibel neue
und kommunikative Aufstellungsformen und ist zugleich zurückhaltend und selbstverständlich. Das
Wenige, was gemacht wird, überzeugt durch die Sensibilität und Kraft der Reduktion.
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Marktplatzarkaden Bietigheim
Bauherr:
Architekt:
Stadt Bietigheim Bissingen
Aldinger Architekten Planungsgesellschaft mbH, Stuttgart
Foto: Roland Halbe
Der Um- und Anbau der Marktplatzarkaden in Bietigheim schafft an einer wichtigen städtebaulichen
Situation inmitten der Altstadt Bietigheims auf sensible Weise neue Verkaufsräume in einem historischen
Gebäudeensemble. Die Räume des aus den 30er Jahren stammenden u-förmigen Gebäudes, das sich
mit seinen Teilen zuvor um einen offenen Innenhof gruppierte, werden durch einen zeitgenössischen
Verbindungsbau und eine Überdachung des Zwischenraums zu großflächigen Verkaufsbereichen auf den
Straßenebenen weiterentwickelt. Im Innenraum verbindet eine öffentliche Passage die unterschiedlichen
Straßenniveaus und erschließt als kleine Halle die Verkaufsflächen von Innen. Außen sind neu zum Platz
hin Arkaden und ein langgestreckter Balkon vorgelagert worden. Darunter werden großzügige
Schaufenster für weitere Läden geschaffen. In den Obergeschossen entsteht durch sensiblen Ausbau
des Bestands eine hochwertige Büronutzung für die öffentliche Verwaltung.
Die Arbeit besticht durch das Spiel von Alt und Neu, bzw. die sorgfältige Wiederherstellung, Erhaltung
und Ergänzung der historischen Substanz. Gut detailliert und proportioniert werden neue Elemente
sichtbar abgesetzt mit dem Bestand kombiniert. Die Materialen ergänzen sich selbstverständlich, neue
Formenelemente wie der plastisch ausgebildete Balkon der vorgelagerten Arkaden spielen mit den
bestehenden Flächen und Öffnungen. Der besondere Wert der Arbeit liegt darin, dass es überzeugend
gelingt, historische Gebäude für neue Einkaufsnutzungen zu aktivieren, um damit die historische Altstadt
als Gegenmodell der Einkaufszentren am Stadtrand zukunftsträchtig zu beleben. Es werden neue
großflächige Nutzungen geschaffen, ohne den historischen Maßstab zu sprengen.
Wohnbebauung Weimarstraße
Bauherr:
Architekt:
LBBW Immobilien Development GmbH
Bottega+Erhardt Architekten GmbH, Stuttgart
Foto: David Franck
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Mit der neuen Wohnanlage in der Weimarstrasse ist eine städtebauliche Nachverdichtung durch
Geschoßwohnungsbau von hoher Qualität gelungen. Als Rückgrat jeder nachhaltigen urbanen
Stadtentwicklung, müssen sich solche Neubauten bezüglich ihrer Adressbildung und Maßstäblichkeit
trotz ihrer Größe integrieren. Genau in diesem Aspekt überzeugt der lange Baukörper. Die
Blockrandbebauung artikuliert sich zur Straße hin durch ihre einfache, ruhige, horizontal gegliederte
Fassade. Durch ihre abgesetzte Sockelzone mit eingestülpten Eingängen, wird das Entree zu jedem
Treppenaufgang zum klar definierten und geschützten Ort des Ankommens und des Weggehens.
Die insgesamt vorteilhafte Baukörperstellung mit den am „Wohnanger“ versetzten kleinen Bauten im
Blockinnenbereich, ermöglicht die Ausnutzung für die größeren Wohneinheiten, wobei diese den
privateren Freiraum genießen. Gleichzeitig gewinnen die kleineren Wohnungen im langen
straßenbegleitenden Riegel ihre Großzügigkeit durch die Ost/West-Durchorientierung. Die hohe Qualität
der Verflechtung von Wohnraum und Außenraum zeigt sich am deutlichsten in der Westfassade dieses
Baues. Hier wird durch den Rhythmus der bandartigen Balkone eine klare und dennoch lebendige
Architektur geschaffen. Die zueinander versetzten, tiefen Balkonbereiche, die durch geschlossene
Brüstungsfronten abgesetzt sind, verleihen dem Gebäude seinen raffinierten vielfältigen Ausdruck.
Wohnhaus D
Bauherr:
Architekt:
Dorothee und Kai Dongus
Kai Dongus Freier Architekt BDA, Ludwigsburg
Foto: Oliver Rieger
Selbstbewusst, markant und trotzdem integrativ fügt sich das Wohnhaus in sein Umfeld ein. Der akribisch
entwickelte Grundriss ist funktional, alltagstauglich und atmosphärisch von hoher räumlicher Qualität. Der
rechteckige Grundriss, klug ausgeschnitten um die Fläche der Terrasse, lässt das Haus nach Süden
solitärhaft wirken, während die nördliche Eingangsseite mit einer wohltuenden Dynamik die
Ankommenden empfängt.
In einer erstaunlichen Art und Weise fühlt man sich in diesem Haus fast allseitig mit dem umgebenden
Freiraum verbunden, wenn man bedenkt, dass es sich um eine doch massive Bauweise handelt.
Der schwarz gefärbte, an sich schwer wirkende Baustoff Beton ist mit einer großen Leichtigkeit und
hohem puristischen Anspruch so umgesetzt worden, dass der Bau heute in einer zeitlosen Schönheit
strahlt.
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Haus B19
Bauherr:
Architekt:
Privat
(se)arch Prof. Stefanie und Stephan Eberding, Stuttgart
Foto: Zooey Braun
Eine gewöhnliche Bauaufgabe mit einer ungewöhnlichen Lösung – das gefiel der Jury am Neubau des
Einfamilienhauses B19 in einem Teilort von Stuttgart. In einer Siedlung aus den 1950er Jahren, im
vorgesehenen Baufenster und an den Abmessungen der Nachbarbebauung orientierend, planten die
Architekten ein selbstbewusstes Gebäude, das sich in Kubatur und Materialen an der Umgebung
orientiert, sich aber deutlich in der Fassadengestaltung vom eher profanen Umfeld abhebt. Die
geschlossene Straßenansicht ist der Tatsache geschuldet, dass der Bauherr eine große Wandfläche für
seine Sammlung Alter Meister einforderte, die Süd- und Gartenfassade ist dagegen vollflächig verglast
und öffnet sich mit Terrasse und verschatteter Balkonanlage zum großen Garten hin. Dach und Fassade
wurden mit kleinteiligen Holzschindeln überzogen und orientieren sich damit an einer im Süden
Deutschlands nicht unüblichen Fassadengestaltung.
Im Inneren dominiert eine starke Betonskulptur, die über dreieinhalb Geschosse die Bereiche Wohnen
und Kunstgalerie trennt, aber auch Küche, Sanitär, vertikale Erschließung und Stauraum beherbergt.
Durchbrüche und Brüstungen in dem Betonkern gewähren über alle Geschosse hinweg überraschende
Einblicke und Ausblicke und verbinden die einzelnen Raumfunktionen intelligent miteinander.
Den Architekten ist eine zeitgemäße Umsetzung des Themas Einfamilienhausneubau in bestehender
Siedlungsstruktur gelungen, ohne sich anzubiedern, aber auch ohne sich Effekt heischend zu
positionieren. Dass dabei energetische Gesichtspunkte, wie auch die Frage nach flexibler
Grundrissplanung und bestehender Raumreserven beantwortet wurden, gefiel der Jury darüber hinaus.
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Umbau + Sanierung Wohnhaus WZ2
Bauherr:
Architekt:
Privat
Bernd Zimmermann freier Architekt BDA, Ludwigsburg
Foto: Prof. Valentin Wormbs
Nicht nur die ungewöhnliche Fassade – bestehend aus hochglänzenden Edelstahlpaneelen - begeisterte
die Jury auf den ersten Blick, auch der Umgang mit Grundstücksbegrenzung und Erschließung fand
großen Beifall: eine gelungene Neu-Interpretation eines profanen Satteldachhäuschens in zeitgemäßer
Material- und Formensprache.
Dabei schien es dem Architekten nicht nur um pure Effekthascherei zu gehen – im Gegenteil: anstatt sich
zu exponieren, fügt sich das zweigeschossige Haus mit Dach durch die sich in der Außenhaut spiegelnde
Umgebung perfekt in dieselbe ein. Der Giebel scheint sich zum Himmel hin gar komplett aufzulösen. Das
weiße Betonband, das sich anstatt eines zu erwartenden Jägerzaunes schwebend um den kleinen
Vorgarten legt, gibt den Blick auf das neu angelegte Grün frei, nicht aber auf die leicht erhöht liegende
Terrasse.
Eine schwarze Stahltreppe führt, am „Betongeländer“ entlang, zur ebenfalls verspiegelten Eingangstür
und bildet den Auftakt für ein beeindruckendes Raumerlebnis in Weiß. Aus einem schmalen Eingangsflur
führt ein konisch zulaufender, schwarzer Durchgang in einen schneeweißen Wohnraum, der von einem
echten Baum dominiert wird. Das Erdgeschoss birgt - durch einen Höhenversatz zoniert - Wohnen,
Essen und Kochen und bietet jeweils an den Giebelseiten großzügige Ausblicke ins Grüne. Nach dem
Abbruch von Teilen der bestehenden Geschossdecken und aller Innenwände wird das dreigeschossige
Volumen des Hauses erlebbar und durch ein Oberlicht optimal ausgeleuchtet.
Perfekt ausgeführte, weiße Oberflächen, Platz sparende Einbauschränke, indirekte Beleuchtung und
unkonventionelle Fensterformate komplettieren einen ungewöhnlich anspruchsvoll gestalteten
Innenraum, der für die zwei Bewohner maßgeschneidert wurde.
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Wohnhaus S13
Bauherr:
Architekt:
Privat
Prof. Thomas Hundt, Stuttgart
Foto: Lukas Roth
Trotz anfänglicher Skepsis aus den abstrakten Unterlagen überrascht das Gebäude in der gebauten
Realität.
Unerwartet dass das EG das Kinderstockwerk ist. Für ein unzertrennliches Beisammensein sind die
Kinderzimmer mit Bullaugen verbunden. Zusätzlich hat jedes Kinderzimmer auch einen eigenen Steg ins
Freie, ähnlich einem Bootsanleger. Das gemeinsame Spielzimmer ist direkt mit dem Garten und dem
Pool verbunden, so dass das komplette Erdgeschoss in den Händen der Kinder zum Paradies wird.
Die Küche und das Wohnzimmer sind im ersten Stock. Das Büro ist seitlich offenbar. Die Holzfassade
lässt sich automatisch einklappen oder ausklappen.
Raffinierte Details der Raumnutzung überraschen an vielen Stellen, so z.B. die in den Treppenstufen
integrierten Push-Up Schubladen für A0 Papier oder die Schrankwand die durch das komplette 1. OG in
einer Linie führt. Auch im Hinblick einer nachhaltigen Nutzung wurde mitgedacht, so wird das
Kinderparadies nach dem Auszug der Kinder zum Elternparadies.
Die Räume sind konsequent aufeinander abgestimmt und bis ins letzte Detail durchgeplant. Eine starke
Linie ist durchweg spürbar. Nicht zuletzt weil der Architekt ein leidenschaftlicher Segler ist. Da stand das
Hobby Pate beim Entwurf. Hier und da finden sich Anlehnungen an die Elemente aus der Wasserwelt:
Schiff, Stauraum, Anlegeplätze. Die Schlafzimmer sind dementsprechend im UG, sozusagen im Bauch
des Schiffes. In dieser Hinsicht wurde auch dem Pool spezielle Beachtung geschenkt. Der Pool hat
Quellwasser Qualität bei dem das Wasser durch spezielle Kiesschichten von unten nach oben in den
Pool gedrückt wird.
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