Erläuterungsbericht Grundgedanke Die Wertschätzung des bestehenden Gebäudes in Substanz und Erscheinungsbild ist die Grundlage für das architektonische Konzept. Alle vorgeschlagenen Maßnahmen leiten sich aus der Struktur des Vorhandenen ab. Kontinuität hat Vorrang vor dem Bruch, Einheitlichkeit vor Kontrast. Die 100-jährige Geschichte des Gebäudes als Identifikationspunkt von Lindenberg wird weitergeschrieben und verdichtet. Städtebauliche Erschließung Ein verkehrsfreier Quartiersplatz bildet ein neues, öffentliches Entree für das ehemalige Reich- Gebäude. Er wird von der Innenstadt ebenso wie von Bus- und Taxistand über eine grüne Passage zur Hauptstraße erreicht Der neue Haupteingang des Gebäudes orientiert sich auf diesen großzügigen Platz. Ein Natursteinbelag schafft eine städtische, vielseitig nutzbare Bühne für das neue kulturelle Zentrum von Lindenberg. Etwas tiefer liegt der nach Süden orientierte Freibereich des Cafes, ein etwas höher gelegener baumumstandener Boule-Platz bildet einen beruhigenden Filter nach Norden. Die verschiedenen Höhenniveaus sind durch Treppen und Sitzstufen verbunden. Eine Rampenanlage erschließt alle Höhenniveaus für Behinderte. Um den Platz frei von Verkehrslärm zu halten, werden die geforderten Parkplätze direkt von den umgebenden Straßen aus angefahren. Die geplante Tiefgarage zur Sonnenstraße wird in ihrer Lage und Größe übernommen, zeichnet sich aber in der Platzgestaltung nicht ab. Weitere Längsparker an der Sonnenstraße werden nicht für notwendig erachtet und würden der räumlichen Wahrnehmung des Baudenkmals nicht gerecht An der Sonnenstraße liegt ein untergeordneter Zugang, der das Gebäude zum angrenzenden Quartier öffnet Von hier gelangt der Besucher in das Cafe oder in das untere Foyer. Der ehemalige Zugang zum Kesselhaus ist für diesen Zweck zu niedrig, wird verglast und stellt für das Cafe den Bezug zur Straße her. Interne Erschließung Die Ware Kubatur des Baukörpers wird als wichtige Qualität der Architektur von Philipp Jakob Manz gewertet und würde durch eine äußere Vertikalerschließung beeinträchtigt Der bestehende Aufzugsschacht an der NW-Fassade lässt sich nicht an die jeweils um ein Halbgeschoss versetzten Ebenen im EG und im I. OG anbinden. Um alle vorhandenen Ebenen in einem Zug erschließen zu können wird die neue Treppenanlage in die Mittelachse des Gebäudes, an die Stirnwand zum ehemaligen Kesselhaus gelegt In den oberen Geschossen springt die Treppenanlage an die NWFassade und ermöglicht so im Dachgeschoss ein großzügiges Foyer. Der Aufzug liegt in Gebäudemitte und erschließt alle Ebenen für Behinderte. Durch diese Lage unter dem First wird im Dachgeschoss keine gesonderte Überfahrt notwendig. Der bestehende Aufzugschacht bleibt als vertikaler Leerraum über die gesamte Gebäudehöhe erhalten. Er erhält Glasböden in jeder Ebene und kann durch die Ausstellungen mit bespielt werden. Im Erdgeschoss bildet er den neuen Haupteingang. Die deutlich ablesbare Überfahrt im Dachbereich wird zum städtebaulichen Zeichen für den Zugang. Eine aufgesetzte gläserne Laterne ist das einzige nach außen sichtbare neue Element und bringt tagsüber zusätzliches Licht in das Dachgeschoss. Bei Nacht kann sie, beispielsweise als Hinweis auf eine Veranstaltung, beleuchtet werden. 1/4 Das bestehende Treppenhaus bleibt vollständig erhalten und gewährleistet den notwendigen zweiten baulichen Fluchtweg. Das Foyer öffnet sich großzügig auf den Platz und wird von der zentralen Servicetheke beherrscht Sie nimmt Museumsempfang, Touristeninfo und die Kasse des Museumsshops auf und kann gut von einer einzelnen Personen kontrolliert werden. Der Besucher hat von hier aus bereits einen Einblick in die ein halbes Geschoss höher liegende Sonderausstellung, auch das Cafe ist über einen Wanddurchbruch teilweise einsehbar. Uber eine kurze Treppe gelangt man in das untere Foyer zur Garderobe und zu den Toiletten. Theke und Shop werden außerhalb der Öffnungszeiten durch eine Absperrung gesichert Ein Rundgang durch alle wichtigen Räume des Gebäudes führt zunächst vom Foyer über die Zugangsschleuse in die Sonderausstellung. Von hier gelangt man optional über eine kurze Treppe in die Museumspädagogik und über einen Steg durch den Luftraum des Foyers zurück ins Treppenhaus. Die Dauerausstellung im 2. und 3. Obergeschoß wird an einem definierten Punkt durch Treppe und Aufzug erschlossenen. Anders als im 2. Obergeschoß endet der Rundgang im 3. Obergeschoß am alten Treppenhaus, durch das der Besucher wieder in das Erdgeschoß gelangt wo er das Foyer direkt am Museumsshop betritt Das Cafe wird entweder vom großzügigen, sonnenbeschienenen Freibereich oder von der Sonnenstraße betreten. Es ist über das untere Foyer und den Steg im I. Obergeschoß mit dem Museum verbunden. Die Galerie kann separiert und dem Museumsbetrieb zugeschaltet werden (z.B. Lunchverpflegung während Workshops, Reisegruppen...). Das Skelett des ehemaligen Heizkessels und eine Kleinkunstbühne prägen den Raum. Die Küche ist über eine Treppe direkt mit den Lager- und Kühlräumen im Keller verbunden. Der Veranstaltungssaal wird unabhängig vom Museums- und Cafebetrieb über Treppe oder Aufzug erreicht Das Foyer bietet einen schönen Ausblick auf die Innenstadt von Lindenberg. Der Saal selbst wird über die Gauben und die von der Straße nicht erkennbaren Dachfenster belichtet Ein Panoramafenster im Nordosten bietet einen Blick über die Dächer der geplanten Neubauten hinweg. Über den ehemaligen Aufzugsschacht wird der Barbereich mit zusätzlichem Tageslicht versorgt oder über eine künstlerische Installation inszeniert Eingriffe in den Bestand Das gerasterte Tragsystem aus Stützen und Unterzügen stellt die eigentliche Substanz des Baudenkmals dar und prägt alle Geschosse des Innenraumes. Wahrend der jahrzehntelangen, pragmatischen Nutzung als Industriebau haben zahlreiche An- und Umbauten diese strukturelle Klarheit überlagert und fragmentiert. Da diese Einbauten in der Regel nicht auf wesentliche frühere Nutzungszusammenhänge verweisen, werden alle sekundären Unterteilungen entfernt um die universell nutzbaren Großräume wieder spürbar zu machen. Die Eingriffe in die Primärstruktur werden auf das Notwendige begrenzt. Alle Stützen und das Dachtragwerk bleiben erhalten. Die zentrale Längswand wird oberhalb des Deckenversprunges zwischen EG und erstem Obergeschosses bis auf ein Feld entfernt. Großzügige Wanddurchbrüche zwischen Foyer und Kesselhaus ermöglichen eine zusammenhängende Küche, stellen den räumlichen Bezug her und verdeutlichen so die frühere funktionale Verbindung. In der Decke über dem Foyer und im Bereich des neuen Treppenhauses werden insgesamt 8 Unterzüge und die angrenzenden Deckenfelder entfernt. Im Foyer bleiben die Unterzüge zwischen den Stutzen erhalten und machen das ursprüngliche Raumgefüge ablesbar. Eingriffe in die Pyramidenfundamente im Keller wären nur mit hohem Aufwand realisierbar und wurden dennoch keine befriedigenden Archivräume schaffen. Aus diesem Grund wird ein Ergänzungsbau unter dem Platzbelag angefügt und über zwei flache Rampen mit dem bestehenden Keller verbunden. Es scheint sinnvoll und möglich, diese Räume an die geplante Tiefgarage anzubinden und so eine witterungsgeschützte Anlieferung zu schaffen. 2/4 Leitlinien für die Einbauten Die Rasterdecken und die Stützen sollen als raumdefinierende Elemente möglichst unbeeinträchtigt erlebbar bleiben. Die offenen Geschossflächen werden durch wenige, kubische Einbauten gegliedert Die Volumen der permanenten, dienenden Räume (Sanitärräume, Küche, Garderoben etc.) sind geschoßhoch und beziehen sich mit ihrer Außenkante direkt auf die vorhandene Struktur der Deckenunterzüge. Auch geschlossene und verglaste Wände nehmen die Stärke des darüberliegenden Unterzuges auf. Ungenauigkeiten des Bestandes und Abweichungen vom regelmäßigen Raster bleiben dadurch unsichtbar. Die flexiblere Ausstellungsarchitektur und die Bewegungsführung werden ebenfalls durch kubische Einbauten bestimmt Sie wird aber nicht mit der Gebäudestruktur verbunden und gliedert die Museumsflächen in freier Anordnung. Es entstehen fließende Räume zwischen den Volumen und gefasste Räume in deren Inneren. Materialien/ Oberflächen Stützen, Decken und Außenwände sollen mit ihrer Geschichte ablesbar bleiben und werden lediglich lichtgrau gestrichen. Außerhalb der Sanitär- und Kücheneinbauten gibt es keine abgehängten Decken. Die Fußböden erhalten eine warmgraue Oberfläche aus geschliffenem Betonstrich und nehmen die gesamte Technik auf (siehe .Gebäudetechnik'). Im oberen Foyer setzt ein Natursteinboden den Platzbelag fort, analog erhält das untere Foyer und das Cafe einen dunklen Gußasphalt. Die Wandflächen der permanenten Einbauten weisen eine Bekleidung mit eiche-furnierten Platten auf. Umgang mit den Fassaden Die Fassade zum Kesselhaus und das Kesselhaus selbst werden vollständig erhalten, die Fenster restauriert oder formgleich ersetzt Das gilt ebenso für die klar gegliederte Straßenfassade, hier werden lediglich drei Fensterbrüstungen entfernt um den Nebeneingang zu artikulieren. Bei der ebenfalls weitgehend erhaltenen Hoffassade wird die strenge Fensterordnung der Obergeschosse auf das heterogen durchbrochene Erdgeschoss übertragen. Vorhandene Fensterbrüstungen werden hier entfernt um das Foyer so weit wie möglich zum Hof zu öffnen. Die durch den früheren Anbau stark perforierte NO-Fassade wird vollständig durch eine vorgesetzte Schicht aus vertikalen Kanthölzern ergänzt Von der ursprünglichen Lochfassade übernimmt Sie die Aufteilung in offene und geschlossene Flächen sowie die Ablesbarkeit der Geschosse. In der frontalen Betrachtung weist der tiefere Schattenwurf im Mittelteil auf die zuletzt großflächige Öffnung in diesem Bereich hin. Das Material Holz reagiert mit seinem vergänglichen Charakter auf die wiederholte Uberformung des Gebäudes auf dieser Seite, gleicht sich aber durch Vergrauen im Laufe der Zeit der Putzfassade an. Durch die Stärke des Aufbaus kann in der linken Wandscheibe ein gedämmter Schacht mit optimaler Zugäng-lichkeit zu allen Geschossebenen installiert werden. Energetische Maßnahmen/ Gebäudetechnik Das Haustechnik- und Energiekonzept folgt zwei Prämissen: Außen sollen die historischen Fassaden nicht verändert werden, im Innenraum sollen Stützen und Decke klar ablesbar, d.h. frei von Installationen bleiben. 3/4 1. Heizung Die vorgeschlagene Bauteilungstemperierung / Wandsockelheizung wird als Maßnahme für den Substanzschutzübernommen, reicht aber für die Temperierung der Räume nicht aus (ungünstige Verhältnis Wandlänge / Geschossfläche). Es wird ein Sichtestrich mit Fußbodenheizung vorgeschlagen, der in die Tiefe des Raumes wirkt, die Flächen frei bespielbar hält und der trägen Regelcharakteristik des Museums gut entspricht. Eine ursprünglich angedachte Wärmeerzeugung über Solarenergie scheidet aus wegen einem zu geringen olaren Deckungsanteils (ungünstige Ausrichtung des Gebäudes, ungünstige Dachneigung, zu wenig Dachfläche durch Gauben) und anderer Gründe (Missverhältnis zum energetischen Standard des Gebäude, trotzdem Zusatzheizung notwendig). Deshalb wird eine Pellet-Heizung vorgeschlagen, die dem Erneuerbare-EnergienGesetzgenügt, und über eine Brennwertnutzung (Abgaswärmetauscher) Fußbodenheizung, Lüftung und Wandsockelheizung über getrennte Heizkreisläufe versorgen kann. Kessel und Lager befinden sich im neuen Keller in unmittelbarer Nähe zum alten Schornstein, der auf diese Weise über ein innenliegendes Kaminrohr reaktiviert werden kann. Die Versorgung geschieht vom Platzaus über eine Bodenklappe. 2.Lüftung Die Lüftungsanlage muß nur den notwendigen Luftwechsel gewährleisten um kommt deshalb mit geringen Leitungsquerschnitten aus. Diese werden zusammen mit der Elektrik in einer zweiten Schicht unter dem Estrich geführt Die Luftauslässe befinden sich in Schlitzen im Wandbereich, Bodentanks im Gebäuderaster versorgen die gesamte Ausstellungsfläche mit Strom und gewährleisten Flexibilität. Die Lüftungszentrale befindet sich im Keller in unmittelbarer Nähe zum Steigschacht 3.Dämmung / Fenster Um das fein profilierte Fassadenrelief zu erhalten, scheidet eine außenliegende Dämmung aus. Eine Innendämmung der Wände birgt die Gefahr bauphysikalischer Schwierigkeiten und würde die industrielle Charakteristik der Wandinnenflächen zerstören. Die feinen Fenstersprossen lassen sich mit einer leistungsfähigen Wärmeschutzverglasung nur schwer in Einklang bringen, gleichzeitig entstehen hier aufgrund des hohen Fensteranteils die größten Wärmeverluste. Das vorgeschlagene Konzept sieht vor, Wärmeschutzmaßnahmen auf die Fenster und das Dach zu konzentrieren. Die Fenster erhalten innenseitig eine Festverglasung aus Wärmeschutzglas. Diese sitzt in einem wandbündigen Rahmen und kann für Reinigungszwecke demontiert werden. Im Zwischenraum befindet sich nach Anforderung eine elektrisch steuerbare Verdunklung. Eine zusätzliche Dämmung durch 3cm Calziumsilikatplatten wäre bei gleichem Konzept möglich. Die vorhandenen Fenster übernehmen keine wesentliche Wärmeschutzfunktion und können originalgetreu restauriert werden. Das Dach wird mit neuer Dämmung neu gedeckt, die vorhandenen Gauben durch gläserne Aufbauten ähn- licher Kubatur ersetzt, um die Belichtung des Veranstaltungssaals zu optimieren. 4. Licht Die in die Geschosse frei eingestellten Ausstellungskörper gewährleisten im Inneren die für die Inszenierung der Ausstellungsgegenstände notwendige Dunkelheit Die offenen Zwischenbereiche werden über in das De- ckenraster eingepasste Strahler beleuchtet. Teilbereiche können über die Fenster belichtet werden.