Heft 32 Youth Hostels Faktor Youth Hostels Fachinformation Andreas Galli Die Standorte, die Gäste und die Häuser Nachhaltige Hotelkette 24 Eine breit abgestützte Nachhaltigkeitsstrategie Mit Blick in die Zukunft 26 Enge Zusammenarbeit für das Wohl der Gäste Richtige Partnerwahl 30 Die Wirkung geht über die Häuser hinaus Orte mit Ausstrahlung 32 Energieeffizienz und Ökologie im Fokus Bauen für die nächste Generation 34 Die kulturhistorische Bedeutung einzelner Häuser Baukultur weiter tragen 38 Ein Besuch in Basel und Scuol Uns gefällt es einfach 42 faktor.ch topfenster.ch toplicht.ch topmotors.ch topten.ch Praxisbeispiele Eine neue Jugendherberge für Interlaken Für die Zukunft bauen 8 Standpunkt Die in den letzten Jahren um- und neu gebauten Häuser der Schweizer Jugendherbergen sind bezüglich Energieeffizienz und Ökologie vorbildlich und überzeugen auch architektonisch. Titelbild: Jugendherberge Interlaken Gespräch mit CEO Fredi Gmür zur Strategie der Schweizer Jugendherbergen Die Wende geschafft 16 Jack Egli und René Dobler über die Kooperation in Interlaken Im Team zum Erfolg 20 Rubriken Boulevard 4 Abonnement der Schriftenreihe Faktor: Drei bis vier Hefte pro Jahr 48 Franken. Firmenabo mit drei Exemplaren 100 Franken. Die Faktor-Produkte dienen als Schulungsunterlagen für die Weiterbildung zum MinergieFachpartner sowie für DAS- und CAS-Angebote des Instituts Energie am Bau der Fachhochschule Nordwestschweiz. www.fhnw.ch/weiterbildung Team Faktor Youth Hostels ist das Themenheft Nr. 32 der Faktor Verlag AG. Juni 2012 ISSN 1661-2027 Faktor Verlag AG Hardstrasse 322a, 8005 Zürich Tel. 044 316 10 60 Mail: [email protected] www.faktor.ch Herausgeber: Conrad U. Brunner, Othmar Humm Redaktion: Jutta Glanzmann Layout: Christine Sidler Fotos: Thomas Aemmer, Michel van Grondel, Hannes Henz Web: Noemi Bösch Mail: [email protected] Druck: FO Fotorotar, Egg Beirat: Armin Binz, Fachhochschule Nordwestschweiz, Muttenz; Werner Eike-Hennig, Leiter Hessische Energiespar-Aktion, Darmstadt; Ansgar Gmür, Direktor Schweizerischer Hauseigentümerverband (HEV), Zürich; Heinrich Gugerli, Amt für Hochbauten, Zürich; Wolfgang Jilek, Energiebeauftragter des Landes Steiermark, Graz; Eberhard Jochem, Centre for Energy Policy and Economics, ETH Zürich; Roland Stulz, Geschäftsführer Novatlantis, Zürich; Mark Zimmermann, Empa Dübendorf Ökonomie Ertragskraft und Rentabilität Nicht nur für die Jugend Für die Schweizer Jugendherbergen ist Nachhaltigkeit kein Schlagwort. Das zeigt die breit abgestützte Strategie, welche die Energieeffizienz und Ökologie der Häuser ebenso einbezieht wie deren Betrieb – und die neben dem Themenbereich Umwelt auch die beiden anderen Eckpfeiler einer umfassenden Sicht, Gesellschaft und Wirtschaft, ins Zentrum stellt (Seite 26). Ökologie ourceneffizienz und mweltverträglichkeit Zum Thema Die Basis dafür wurde Anfang der 1990erJahre gelegt, als es darum ging, die bis anhin regional geführten Jugendherbergen zusammenzuführen und deren Überleben zu sichern. Das neueste Beispiel für diese Erfolgsgeschichte ist die im Mai 2012 eröffnete Jugendherberge in Interlaken Ost – in Kooperation mit der Raiffeisen Bank. Erstmals konnte hier der MinergieP-Eco-Standard realisiert werden (Seite 8). So weit wie möglich kommen Energieeffizienz und Ökologie bei Sanierungen und Neu- oder Umbauten zum Zug. Das sagt CEO Fredi Gmür im Gespräch über den Stellenwert der Nachhaltigkeit für die NonProfit-Organisation (Seite 16). Denn letztlich gewinnen alle dabei – auch bei einer Kooperation wie in Interlaken. Das ist eine Erkenntnis aus dem Gespräch mit René Dobler von der Schweizerischen Stiftung für Sozialtourismus und Jack Egli von der Partner www.youthhostel.ch Raiffeisenbank (Seite 20). Für den nachhaltigen Betrieb der Häuser arbeiten die Schweizer Jugendherbergen mit verschiedenen Partnern zusammen (Seite 30). So ist das Netz der Schweizer Jugendherbergen breit abgestützt und regional verankert (Seite 24). Die Vielfalt der Häuser ist dabei das Kapital – auch in historischer und baukultureller Hinsicht (Seite 32). Das wissen nicht zuletzt die Gäste zu schätzen, wie ein Augenschein in Basel und Scuol zeigt (Seite 42). Jutta Glanzmann Die Schweizer Jugendherbergen setzen beim Bau und Betrieb ihrer Häuser auf eine breit abgestützte Nachhaltigkeitsstrategie. 4 Heft 32 Boulevard Neue Jugendherberge in Saas-Fee Die Munizipalgemeinde und die Burger­ gemeinde Saas-Fee haben dem Bau einer Jugendherberge zugestimmt. Der Baubeginn ist für 2013 vorgesehen. Die neue Jugendherberge ergänzt das bestehende Freizeitzentrum Bielen, welches die Gemeinde Saas-Fee nun erneuert. Gleich beim Dorfeingang entstehen damit eine neue Top-Jugendherberge und ein zeitgemässes, attraktives Freizeitzentrum mit öffentlichem Wellness- und Fitnessangebot sowie einem Schwimmbad. Die Schweizer Jugendherbergen werden das Freizeitzentrum und die Jugendherberge betreiben. Die Investitionen von 10 Mio. Franken übernimmt die Schweizerische Stiftung für Restaurant inklusive Sozialtourismus. Für die Erneuerung des Die Schweizer Jugendherbergen haben am Freizeitzentrums Bielen kommt die Burger5. Mai in der neuen Jugendherberge Inter- gemeinde Saas-Fee auf. Mit diesem Prolaken gleich beim Bahnhof Ost ein Restau- jekt wird Saas-Fee als Destination langfrisrant eröffnet. Unter dem Namen «3a» wird tig gestärkt. Die Jugendherberge mit rund damit ein Restaurant-Bar-Lounge-Konzept 160 Betten schafft 15 neue Arbeitsplätze. lanciert, das bei Erfolg auch in anderen aus- Geplant ist, dass die neue Jugendherberge gewählten Destinationen angeboten wird. rund 30 000 Logiernächte pro Jahr geneDas Konzept baut auf den Grundsätzen riert und die Bergbahnen und das lokale der Schweizer Jugendherbergen auf: EinGewerbe von einer Wertschöpfung von fachheit, faire Preise, Nachhaltigkeit und jährlich rund 5 Mio. Franken profitieren. internationales Flair. Das Angebot umfasst Klassiker aus aller Welt, die direkt vor dem 100 Jahre Tellspiele Interlaken Gast in Woks zubereitet werden. Das «3a – Das traditionsreiche, grösste Freilichttheater restaurant bar lounge» bietet Jugendherber- der Schweiz in Interlaken feiert 2012 sein 100-Jahr-Jubiläum. 200 Laienschauspieler gegästen und einer breiten Öffentlichkeit während sieben Tage die Woche, von 7 Uhr vom Kleinkind bis zum Rentner inszeniemorgens bis um 24 Uhr ein spezielles Ange- ren das Bühnenstück von Friedrich Schiller dieses Jahr unter der Regie von Sven Allenbot. Es ergänzt das bestehende Gastronobach, wobei sich die Inszenierung 2012 mieangebot in Interlaken. 3a – Restaurant Bar Lounge, Am Bahnhof Ost, 3800 In- ausschliesslich auf den Original-Schillertext terlaken, Tel. 033 826 10 90, www.3a-interlaken.ch von 1804 stützt. Spieldaten und weitere Infos: Neuer Standort in Fribourg ab 2017 Die Jugendherberge Fribourg ist im ehemaligen Bürgerspital zusammen mit der Verwaltung der Stadt Fribourg untergebracht. Weil diese in den nächsten Jahren zusätzlichen Raumbedarf hat, wurde der Mietvertrag mit den Schweizer Jugendherbergen auf das Jahr 2017 hin gekündigt. Die Stadt Fribourg ist bemüht, rechtzeitig ein Ersatzobjekt zu finden, damit der Jugendherbergsbetrieb nahtlos weitergeführt werden kann. Die gegenwärtig 10 000 Logiernächte zeigen die Wichtigkeit des Standortes im Netz der Schweizer Jugendherbergen. www.tellspiele.ch Youth Hostels Hü7 Der Kältering ist seit über 40 Jahren das Kompetenzzentrum in der Kälte-, Klima- und Energietechnik Liechti AG, Frauenfeld Lengnau St. Gallen Kälte AG Basel, Arlesheim Schönenwerd New Frigotech SA, Vicques Zürich Grenchen Cernier Baumgartner AG, Uster Zug Vaduz Bucher AG, Luzern Schönbühl Brasser Kälte AG, Rhäzüns Thun Alpiq InTec West AG, Interlaken Alpiq InTec Romandie SA, Cugy Kältering AG, Interlaken St. Moritz Sierre Kälte-Stern AG, Visp E. Biaggini SA, Cadenazzo Genève Zermatt Schweizer Jugendherbergen Kältefachfirmen Servicestellen E. Biaggini SA Alpiq InTec West AG Imp. frigoriferi Zona Industriale, 6593 Cadenazzo Telefon 091 850 31 11 www.biaggini.com Gewerbezone Ost, 3800 Interlaken Telefon 033 827 00 00 www.alpiq-intec.ch Alpiq InTec Romandie SA Kälte AG Basel, Arlesheim Route de Morrens 8, 1053 Cugy Telefon 021 731 26 26 www.alpiq-intec.ch Baumgartner Kühlanlagen AG Kälte – Klima – Energietechnik Ackerstrasse 54, 8610 Uster Telefon 044 905 86 86 www.baumgartner-kaelte.ch Kälte – Klima – Energietechnik Talstr. 82, 4144 Arlesheim Telefon 061 706 97 00 www.kaelte-basel.ch Kälte-Stern AG Kälte – Klima – Energietechnik – Wärmepumpen Kantonsstr. 75c, 3930 Visp Telefon 027 946 16 49 www.kaelte-stern.ch Brasser Kälte AG Kälte – Klima – Energietechnik Via Nova 23, 7403 Rhäzüns Telefon 081 650 28 28 www.brasserkaelte.ch Liechti AG Bucher AG für Kälte – Klima – Energietechnik Luzernerstrasse 139, 6014 Luzern Telefon 041 259 22 22 www.kaeltebucher.ch Kälte – Klima – Energie Schaffhauserstr. 242, 8500 Frauenfeld Telefon 052 720 66 77 www.liechti-frauenfeld.ch New Frigotech SA Installation frigorifique – Climatisation Z.l. La Romaine, 2824 Vicques Telefon 032 436 10 07 www.new-frigotech.ch Baar / Zug Bucher AG Telefon 041 760 98 28 St. Gallen Liechti AG Telefon 052 723 50 20 Cernier New Frigotech NE SA Telefon 032 751 51 58 St. Moritz Brasser Kälte AG Telefon 081 650 28 28 Genève Alpiq InTec Romandie SA Telefon 022 306 16 16 Thun Alpiq InTec West AG Telefon 033 223 00 00 Grenchen Alpiq InTec West AG Telefon 032 653 76 70 Vaduz Brasser Kälte AG Telefon 081 650 28 28 Ilanz Brasser Kälte AG Telefon 081 650 28 28 Zermatt Kälte-Stern AG Telefon 027 946 16 49 Lengnau Baumgartner Kühlanlagen AG Telefon 056 241 03 24 Zürich Baumgartner AG Telefon 044 905 86 86 Schönbühl Alpiq InTec West AG Telefon 031 868 80 00 Dienstleistungs-Zentrum Schönenwerd Kälte AG Telefon 062 827 19 33 Sierre Alpiq InTec Romandie SA Kältering AG Postfach 3800 Interlaken Telefon 033 826 16 66 Telefax 033 826 16 69 [email protected] www.kaeltering.ch Aktiengesellschaft schweizerischer Kältefachfirmen Kältering AG Postfach CH-3800 Interlaken Telefon Telefax 033 826 16 66 033 826 16 69 [email protected] www.kaeltering.ch Kälte von Profis. Kälte für Profis 6 Heft 32 Boulevard Paris – Interlaken direkt mit dem TGV Die TGV-Linie Paris – Bern wird verlängert. Ab Dezember 2012 verkehrt der TGV Lyria neu täglich von Paris bis nach Interlaken. An den Wochenenden gibt es zusätzlich zwei TGV-Verbindungen von Interlaken nach Paris. Eine Potenzialanalyse von Interlaken Tourismus zeigte, dass Interlaken als Umsteigeort und Drehscheibe für internationale Gäste dient. Eine Gästeumfrage in den Interlakner Hostels bestätigte, dass 8000 Hostelgäste pro Jahr von Paris nach Interlaken reisen. Übertragen auf alle Übernachtungsgäste entspricht dies einem Potenzial von mehreren Zehntausend Passagieren jährlich, welche die direkte TGV-Linie benutzen würden. Im Herbst 2011 führte der vorgelegte Projektbeschrieb von Interlaken Tourismus zu Gesprächen zwischen dem Amt für öffentlichen Verkehr des Kantons Bern und TGV Lyria. Der Entscheid zur definitiven Umsetzung des Projekts fiel im März 2012. «Wir versprechen uns mit der Verlängerung der TGV-Linie bis nach Interlaken einen Nutzen für die Destination und das gesamte Berner Oberland», sagt Interlakens Tourismus­direktor Stefan Otz. «Mit der neuen Direktverbindung gewinnt die Route an Attraktivität. Zusätzlich können neue Märkte gewonnen werden.» Jugi Pontresina partiell erneuert Mit einer Teilsanierung wurde die 1979 erbaute Jugendherberge für die nächsten zehn Jahre fit gemacht. Zudem haben die Gemeinde Pontresina und die Schweizerische Stiftung für Sozialtourismus einen neuen, zehnjährigen Pachtvertrag abgeschlossen. Sowohl die Gemeinde Pontresina als auch die Schweizer Jugendherbergen haben seit längerem den Sanierungsbedarf der Jugendherberge Pontresina erkannt. Da der Gemeinde die Mittel für diese Sanierung fehlen, hatte sie den bisherigen Pachtvertrag per 30. Juni 2012 gekündigt. In den letzten Monaten haben die Gemeinde und die Jugendherbergen nach einem Weg gesucht, damit Pontresina eine Jugendherberge erhalten bleibt. Die gefundene Lösung sieht vor, dass die Schweizerische Stiftung für Sozialtourismus die Kosten der Teilsanierung in der Höhe von 900 000 Franken und die künftigen Unterhaltskosten übernimmt. Die Gemeinde ihrerseits reduziert den Pachtzins. Damit bleibt Zeit, eine für alle Seiten tragbare langfristige Lösung zu finden. Geprüft wird der Kauf der Jugendherberge durch die Schweizerische Stiftung für Sozialtourismus, ein Erweiterungsbau oder ein Neubau. Standort Saanen: Wettbewerb entschieden Für die Schweizer Jugendherbergen ist Gstaad-Saanen ein bedeutender Standort. Mit einem Neubau, der 160 Betten und unterschiedliche Zimmertypen (2-er- bis 6-er-Zimmer) umfassen wird, soll das Angebot aktuell und zeitgemäss gestaltet werden. Den zu diesem Zweck durchgeführten Studienauftrag haben im Februar 2012 die Berner BSR Architekten für sich entschieden. Zusammenfassend hält das Beurteilungsgremium fest, dass es dem Projekt sehr gut gelinge, trotz seiner Grösse mit einem unverwechselbaren Ausdruck eine hohe architektonische Qualität zu erzeugen, die mit dem Bestehenden in Dialog trete, ohne sich anzubiedern. Das Ziel ist, noch 2012 mit dem Bau zu beginnen. Youth Hostels Mehr Holz! Holzbau mehrgeschossig 1 Schriftenreihe Nachhaltigkeit Faktor Verlag Der Holzbau kehrt zurück in die Stadt. Neben ausgewählten Beispielen, welche die Vielfalt der innovativen Bauweise dokumentieren, gibt «Holzbau – mehrgeschossig» einen Ein­blick in die aktuelle Diskussion um Kosten, Machbarkeit und Visionen des mehrgeschossigen Bauens mit Holz. www.siemens.ch/fss Die Schwerpunkte Warum Holz? Die Fakten Die Sicht der Praxis Ausgewählte Bauten Technik: Bauen mit System Intelligente Gebäude schützen Menschen und Werte. 1. Auflage, 140 Seiten, vierfarbig illustriert, 58 Franken, Brandschutz- und Sicherheitslösungen von Fire Safety and Security Faktor Verlag, Zürich 2012. ISBN: 978-3-905711-14-1 Der Faktor Verlag liefert Informationen zu nachhaltigen Bauweisen. Verlagsprogramm: www.faktor.ch Answers for infrastructure. 8 Heft 32 Das Gebäude im Minergie-P-Eco-Standard am Bahnhof Ost in Interlaken ist Jugendherberge und Bank zugleich und schafft einen neuen Ort in der weltbekannten Tourismusregion. Jutta Glanzmann Youth Hostels Für die Zukunft bauen Die Pläne für das Gebäude am Bahnhof Ost in Interlaken waren bereits weit gediehen, als die Schweizerische Stiftung für Sozialtourismus als Partner dazu kam. Ursprünglich sollte hier ein Ibis-Hotel in Verbindung mit einem Wohn- und Geschäftshaus entstehen. Ende 2008 stand die Accor-Gruppe aber nicht mehr als Investor sondern nur noch als Betreiber zu Verfügung und Ende 2009 zog sie sich ganz vom Projekt zurück. Die Raiffeisenbank Jungfrau als weiterer Partner mit grossem Interesse am Standort übernahm zu diesem Zeitpunkt die Projektverantwortung und liess vom involvierten Architekturbüro Von Allmen Architekten drei Projektvorschläge für das gesamte Areal erarbeiten und zwar mit einem Wettbewerb innerhalb des Büros: «Unabhängig voneinander haben drei Architekten Vorschläge dafür entwickelt», erinnert sich Architekt Nils von Allmen. Das sei ein Verfahren, das sie auch bei externen Wettbewerben häufig anwenden würden: «Allerdings nicht in diesem Umfang. Für das Projekt in Interlaken haben wir drei komplette Beiträge abgeliefert.» Die Wahl fiel auf den Entwurf, der als Kontrapunkt zu den gläsernen Fassaden am südlichen und östlichen Ende des Bahnhofplatzes einen kompakten und massiven Baukörper setzt. Das Haus und die Umgebung Das langgezogene, viergeschossige Volumen wirkt als starke Einheit: «Es steht für die Kraft der Bergregion», so Nils von Allmen. Darüber hinaus hat der Baukörper eine starke orts- und raumprägende Funktion innerhalb der bestehenden Umgebung: In der Verlängerung des Bahnhofgebäudes fasst er den Raum als Teil der Fussgängerverbindung zwischen Interlaken West und Ost. Bis auf die unterschiedlich gross gewählten Fensteröffnungen sind die beiden Nutzungen – Bank und Jugendherberge – gegen aussen nicht als solche erkennbar. Ein Entscheid, den die beiden Bauträgerschaften zugunsten der architektonischen Gesamtwirkung des Baus getroffen haben. Der körperhaften Wirkung des Gebäudes mit Attika entspricht die gewählte Lochfassade in den oberen Geschossen und der Abrieb des Putzes, der sich an die Tradition der frühen Hotel- und Verwaltungsbauten der Region anlehnt. Das Erdgeschoss dagegen ist grossflächig verglast und vermittelt Durchlässigkeit und Offenheit für Besucher und Passanten. Zusammen mit dem angrenzenden Platz, den die BBZ Landschaftsarchitekten aufgrund eines gewonnenen Ideenwettbewerbes neu gestaltet haben, verbindet sich das Gebäude zu einem städtebaulichen Ganzen. Ihr Entwurf schafft eine Ergänzung zum benachbarten Bahnhofplatz: Die bereits bestehenden Platanen sollen dafür zu einem Baumdach mit Kastenplatanen getrimmt und die Höhe der Bäume auf acht Meter begrenzt werden. Zusätzlich ordneten die Landschaftsarchitekten die vorhandenen Einbauten neu. Neben verschiedenen neuen Sitzgelegenheiten entsteht so auch eine attraktive Vorzone. Weiter ist geplant, dass ein Asphaltbelag mit grobkörniger Oberfläche den Bereich direkt um das Gebäude vom Rest des Platzes abheben soll. Hotelkomfort für kleine Budgets: Der Blick geht über das Blätterdach des Vorplatzes in die nahe gelegenen Berge. Die Materialien Der ebenerdige Eingangsbereich ist offen gestaltet. «Herzstück ist eine 60 Meter lange und mehrfach geknickte Wand aus 8 mm starkem, rohem Stahl, die das Rückgrat für Rezeption, Backoffice, Küche, Gepäckaufbewahrung und Toiletten bildet», erklärt Nils von Allmen das Konzept. Der Abschluss der Wand bildet ein mächtiges Cheminée. Die Ausfachungen der Wand, zum Beispiel für die Essensausgabe, sind in Eiche ausgeführt. Der geschliffene Anhyd- Situation 10 Heft 32 Youth Hostels ritboden und die Holzwolldecken ergänzen den Raumeindruck der Eingangshalle, der von einfachen und robusten Materialien lebt. In den beiden oberen Geschossen und im Attikageschoss befinden sich insgesamt 60 Zimmer mit 220 Betten. Diese docken jeweils an einem mittig gelegenen Korridor an, der sich an seinen Enden mit Aufenthaltsräumen zum Aussenraum öffnet. Der Anhydritboden setzt sich in den Erschliessungszonen der oberen Geschosse fort, in den Zimmern wurde ein Eichenparkett verlegt. Die Betondecken wurden roh belassen. «Für sämtliche Schreinerarbeiten wie Einbauschränke oder Türen wählten wir wie im Erdgeschoss Eiche», erklärt Nils von Allmen. Bis auf wenige Ausnahmen beim Lift und in den allgemeinen Nasszellen, wo Cemcolorplatten verwendet wurden, sind alle Wände aus einem naturfarbenen Burittoabrieb. Heft 32 11 Die Heizung Eine Jugi mit Bodenheizung? Ja! Die Antwort hat programmatischen Charakter. Denn in dieser Art der Wärmeverteilung trifft sich hoher Komfort mit Energieeffizienz aufgrund der verlustarmen Wärmeverteilung. Obwohl ein grosser Teil der Wärmeenergie für die Jugendherberge Interlaken aus erneuerbaren Quellen oder aus Abwärme stammt, ist der sorgsame Umgang mit diesen Ressourcen sozusagen in das Haus eingebaut. Versorgt wird das Gebäude über die Wärmeversorgung Avari, deren Zentrale in Wilderswil bei Interlaken domiziliert ist. Seit dem Jahr 2000 liefert Avari über eine fast 5 km lange Fernleitung jährlich 25 Mio. kWh Wärme an eine Grosszahl von Hotels, Schulhäuser und Gewerbebauten – darunter das Grandhotel Jungfrau Victoria. Der beachtliche Anteil von Hotels unter den Wärmebezügern hat für die Betreiber Vorteile. Denn für die Wassererwärmung und den Betrieb der Wellness-Anlagen brauchen diese Bauten auch im Sommer Wärme, was eine ganzjährige Grundlast ermöglicht. Zwar ist in der Zentrale ein Ölkessel zur Spitzenlast­ deckung und als Ersatz bei Revisionen eingebaut, aber die Wärme wird überwiegend aus Holzschnitzeln produziert. Bank und Jugendherberge in einem: Das schlichte Äussere des Gebäudes bindet die beiden unterschiedlichen Nutzungen zusammen. 12 Heft 32 Die Lounge im neuen Restaurant 3a in Interlaken Der Mini-Wärmeverbund lädt zum Verweilen ein. Avari-Wärme alimentiert auch die Kälte­ maschine der benachbarten Bank, eine Absorptionsmaschine. Bei dieser Bauart wird das Kältemittel durch Wärmeeintrag verdichtet («thermischer Verdichter») und in einem Lösungsmittelkreislauf abwechselnd absorbiert und desorbiert, was zu einer Abkühlung führt. Bei diesem Prozess fällt Abwärme an, die – über einen MiniWärmeverbund – in der Jugendherberge zur Wasservorwärmung genutzt wird. Demselben Zweck dient Abwärme aus gewerblicher Kälte, die im Jugi-Teil durch den Betrieb der Kälteanlagen für die Küche und die Lebensmittelkühlung anfällt. Die Nachwärmung des Warmwasser erfolgt über die Fernwärme. Ein Teil der Klimakälte dient der Kühlung der verglasten Erdgeschossräume in der Jugendherberge während Hochsommertagen. Damit lässt sich eine Kühlleistung von zirka 15 bis 20 W/ m2 über das Bodenheizregister erreichen. Die innovative Kälteanlagen wurde nötig, nachdem die kantonalen Behörden die Grundwassernutzung für die Kühlung von Bankräumen nicht bewilligt haben – eine Jugendherberge Interlaken: Daten Minergie-P-Nachweis Energiebezugsfläche, EBF 3033 m2 Gebäudehüllzahl (Ath/AE) 1,13 Heizwärmebedarf * ]]Grenzwert SIA 380/1: 2009 37,5 kWh/m2 ]]Anforderung Minergie-P 22,4 kWh/m2 ]]Objektwert mit Standardluftwechel 20,3 kWh/m2 ]]Objektwert mit effektivem Luftwechsel 12,1 kWh/m2 Maximaler Wärmeleistungsbedarf nach Minergie-P 10,4 W/m2 Thermisch relevanter Aussenluftvolumenstrom 0,45 m3/h m2 Wärmebedarf Warmwasser (Standard­nutzung SIA 380/1) 15,6 kWh/m2 Wärmebedarf 28,4 kWh/m2 9,8 kWh/m2 Strombedarf (gewichtet) ]]Lüftungsanlage ungewichtet 4,0 kWh/m2 ]]Lüftungsanlage gewichtet 8,0 kWh/m2 ]]Hilfsbetriebe 0,9 kWh/m2 ]]Hilfsbetriebe gewichtet 1,8 kWh/m2 Wärmelieferung 27,8 kWh/m2 Endenergiebedarf ungewichtet 27,8 kWh/m2 Endenergiebedarf gewichtet 16,7 kWh/m2 Minergie-Kennzahl Wärme ]]Anforderung 32,5 kWh/m2 ]]Objektwert 26,5 kWh/m2 * Relevant für die Primäranforderung ist der Heizwärmebedarf mit Standardluftwechsel nach SIA 380/1. Anmerkung: Sowohl die Anforderungs- als auch die Objektwerte sind ein Mix aus der Nutzung «Wohnen MFH» (75 %) und «Restaurant» (25 %). Die Minergie-Kennzahl Wärme ist die Summe der fett gesetzten Werte. Heft 32 13 Längsschnitt, Grundriss Dachgeschoss, Grundriss erstes Obergeschoss, Grundriss Erdgeschoss (von oben nach unten). 14 Heft 32 Zurückhaltung, die heute in vielen Kantonen üblich ist. Im Winter «hängen» nur die Serverräume der Bank an der Kältemaschine. Wärmerückgewinnung (WRG) auch in der Waschküche: Dem Gastrotumbler mit einem Luftdurchsatz von 1000 m3/h ist eine WRG nachgeschaltet, die ein Grossteil der Wärme wieder in den Trockner zurückführt. Das Last-Management Nicht nur der Strombezug, auch die Leistung kostet Geld. Bei einem Gewerbebetrieb kann das ein Thema sein – wenn es der Chef merkt. Zur Quantifizierung der Leistung mitteln die Elektrizitätsversorgungsunternehmen den Strombezug eines Gebäudes oder eines Betriebes über 15 Minuten. Dieser Mittelwert ist zur Verrechnung der Leistungskosten relevant. Um diese Kosten zu minimieren, lassen sich intelligente Betriebsleiter ein LMS einbauen, ein Last-Management-System (Xamax AG). Das Gerät eruiert bei steigendem Strombezug die verzichtbaren Geräte und trennt sie vom Netz, sobald die Bezugsleistung in die Nähe des Sollwertes kommt. Selbstverständlich wirft kein LMS die Fritteuse aus dem Netz, weil die Qualität der Pommes darunter leidet. In einem Hotel hat es – vorab in der Küche und in der Wäscherei – aber einige Geräte, die man vorübergehend ausschalten kann, wenn auch unter Berücksichtigung der in diesen Geräten laufenden Programme (z. B. Waschmaschine). Wichtig ist, dass das LMS auf den 15-Minuten-Raster des EW synchronisiert ist. Eine Jugi in der Grösse von Interlaken bezieht ohne LMS Strom von etwa 120 kW. Mit LMS sind es rund 80 kW bis 90 kW. In der Regel wird das LMS im Schaltschrank installiert. Und in 5 bis 10 Jahren ist es amortisiert, denn die Einsparungen auf der Stromrechnung sind nicht zu knapp. Ein Teil des Stromes kommt vom Dach. Die mit einem sehr flachen Neigungswinkel aufgeständerte Photovoltaikanlage liefert mit einer Peakleistung von 61,2 kW jährlich 55 200 kWh Strom. Youth Hostels Bautafel Jugendherberge und Restaurant 3a Interlaken Bauherrschaft Schweizerische Stiftung für Sozialtourismus, Zürich Architektur Von Allmen Architekten AG, Interlaken Bauleitung HMS Architekten und Planer AG, Spiez Bauingenieur Mätzener & Wyss Bauingenieure AG, Interlaken Elektroingenieur Peter Hanimann, Zweisimmen HLK-Ingenieur Zurfluh Lottenbach GmbH, Luzern Sanitär-Planer Thomas Duss, Sempach Station Bauphysik HSR Ingenieure AG, Spiez Farbgestaltung Andrea Burkhard, Zürich Last-Management-System Xamax AG, Olten Lichtplanung Sommerlatte & Sommerlatte AG, Zürich Landschaftsarchitektur BBZ Bern GmbH, Bern Heft 32 15 JungfrauJoch Bild: Swiss Image und Übernachten für chf 99.50 Am 5. Mai 2012 wurde in Interlaken eine neue, topmoderne Jugendherberge direkt beim Bahnhof Interlaken Ost eröffnet. Angebot: 1 Übernachtung im 6-Bett Zimmer, inkl. Frühstücksbuffet und Fahrt ab Interlaken Ost aufs Jungfraujoch und zurück zum Pauschalpreis von CHF 99.50. Gültig: 15.9.–31.10.2012. Das Angebot ist auch in anderen Zimmerkategorien gegen einen Aufpreis buchbar. Kinder von 2–16 Jahren mit SBB Junior-Karte bezahlen CHF 25.–. Reservation Jugendherberge Interlaken, Tel. +41 (0)33 826 10 90, [email protected], www.youthhostel.ch/interlaken SJH-Inserat_Faktorheft_0612.indd 1 07.05.2012 10:08:10 Bianca Mayer, «Bibi Vaplan» Unsere Musik. Unser Beitrag. Unser Graubünden. Bianca Mayer gibt Graubünden Lieder. Wir geben ihr unsere Unterstützung. Täglich setzen sich Menschen vor und hinter den Kulissen für noch mehr Lebensqualität in Graubünden ein. Weil wir dieses Ziel mit ihnen teilen, engagieren wir uns jedes Jahr bei über 300 Bündner Projekten in Kultur, Sport, Wirtschaft und Sozialem. Wir sind stolz, auf diesem Weg zur Vielfalt und zur Identität Graubündens beizutragen. Gemeinsam wachsen. www.gkb.ch/engagements 16 Heft 32 Ein Gespräch mit CEO Fredi Gmür über die bewegte Geschichte der Schweizer Jugendherbergen und den Stellenwert der Nachhaltigkeit für die positive Entwicklung in den letzten Jahren. Die Wende geschafft Faktor: Was ist die Motivation für das vertiefte Engagement der Jugendherbergen in Sachen Nachhaltigkeit? Fredi Gmür: Da muss ich etwas ausholen. Seit ihrer Gründung 1924 waren die Jugendherbergen über Jahrzehnte hinweg regional organisiert. In der Nachkriegszeit gab es über 200 Betriebe, danach ging diese Zahl sukzessive zurück. Durch das steigende Angebot im Tourismus kam die Frage nach der Rolle der Jugendherbergen auf. Der Konkurrenzdruck stieg, die nötigen Investitionen waren gross und viele regionale Organisationen kamen finanziell unter Druck. Deshalb wurden 1991 in einer Fusion alle Liegenschaften in die Schweizerische Stiftung für Sozialtourismus überführt und der Verein Schweizer Jugendherbergen als Betreiber eingesetzt. Seit 1996 ist die heutige Geschäftsleitung im Amt. Der klare Auftrag war: Reorganisation und Turn-Around. Damals sprach noch niemand von Nachhaltigkeit – wir setzten hingegen schon stark auf dieses Thema. Wir verstehen Nachhaltigkeit in ihrer ökologischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Dimension. Mit diesen drei Handlungsfeldern sind wir ohnehin eng verknüpft: Wir tragen der Natur Sorge, denn sie ist für uns ein wichtiges Verkaufs­ argument. Als Anbieter von Sozialtourismus ermöglichen wir Menschen ohne grosse finanzielle Mittel Ferien. Auch der wirtschaftliche Aspekt war aufgrund unserer finanziellen Situation wichtig. Wir haben in dieser Phase die Nachhaltigkeit bewusst nicht gross auf unsere Fahne geschrieben. In einer ersten Phase standen die Imagekorrektur und die Öffnung für neue Segmente im Vordergrund. Erst als wir wieder finanzielle Reserven hatten, haben wir in Neubauten und Renovationen investiert und dabei alle Kriterien der Nachhaltigkeit auch in die Kommunikation einfliessen lassen. Dann war die Nachhaltigkeit ein Mittel, um wieder auf die Beine zu kommen? Absolut. Das war die einzige Chance, den Turn-Around zu schaffen. So konnten wir Ansehen und Akzeptanz sowie ein gutes Mitarbeiterteam aufbauen. Mittlerweile wollen auch Leute aus der renommierten Hotellerie bei uns arbeiten. Die Fluktuationsrate ist mit 9,3 Prozent sehr tief. Das heisst, die Leute bleiben im Schnitt etwa 11 Jahre bei uns, so schaffen wir grosses Knowhow. Wirtschaftlich konnten wir uns soweit erholen, dass wir in den letzten Jahren rund 80 Millionen investieren konnten. Das Geld kommt primär durch Übernachtungen rein? Oder zahlen die Gemeinden einen Beitrag? Unsere Einnahmequelle ist der Betrieb. Was wir ausgeben, müssen wir alles selber erwirtschaften oder eine Bank finden, die uns Geld leiht. Das ist nicht besonders einfach in der Tourismusbranche. Die Banken stufen uns aber als vertrauenswürdigen Partner ein. Gönnerbeiträge machen heute nur einen kleinen Teil unserer Einnahmen aus. Früher waren wir ohne diese Gelder nicht überlebensfähig. Das hat sich aber geändert und das ist richtig so. Wir wollen durch unser Produkt wirtschaftlich funktionieren und nicht nur dank Subventionen überleben. Die Häuser gehören der Stiftung und die vermietet Ihnen das Haus zu einem bestimmten Zins? Ja, Ende Jahr schulden wir der Stiftung eine Vollkostenmiete, unabhängig von unseren Einnahmen. Das sind in der Zwischenzeit rund 9 Millionen, die wir als Verein der Stiftung an Miete zahlen. In dieser Vollkostenmiete sind Abschreibungen und Rückstellungen enthalten, damit die Stiftung Geld für Renovationen hat. Das ist für den Youth Hostels Heft 32 17 Verein als Betreiber eminent wichtig, damit wir dem Gast ein zeitgemässes Angebot machen können. Wenn wir immer noch Massenschläge anbieten würden, dann gäbe es zwar noch gewisse Gruppen, die das schätzen, aber es würde nicht mehr reichen, um einen Betrieb mit fast 500 Mitarbeitern aufrecht zu erhalten. Wer ist zuständig für den Unterhalt? Zwischen Stiftung und Verein gibt es einen ganz klaren Mietvertrag, kündbar auf 12 Monate. Darin ist auch der Unterhalt geregelt: Der Betrieb ist für den kleinen Unterhalt zuständig, die Stiftung für den grossen. Ein neuer Betrieb ist von Anfang an mit dem gesamten Inventar ausgerüstet. Dann übernimmt der Verein und ist für Unterhalt und Ersatz zuständig. Wenn ein Stuhl kaputt geht, dann muss ihn der Betrieb ersetzen. Wie fällt der Entscheid für eine neue Jugendherberge? Wer ergreift da die Initiative? Meist geht der Verein mit einem Vorschlag für einen neuen Standort auf die Stiftung zu. Dann sucht die Stiftung als zukünftiger Hauseigentümer ein geeignetes Objekt oder Bauland. Während die Stiftung kalkuliert, wie viel der Mietzins betragen muss, machen wir einen Businessplan und errechnen, was uns der Betrieb einbringen kann. Erst wenn diese beiden Zahlen übereinstimmen, gehen wir einen Schritt weiter. In der Planungs- und Realisierungsphase, bis hin zur Detailplanung, sind wir stark eingebunden. Damit stellen wir sicher, dass das Gebäude unseren Ansprüchen genügt. Fredi Gmür, CEO der Schweizer Jugendherbergen «Nachhaltigkeit war die einzige Chance, den Turn-Around zu schaffen.» Fredi Gmür 18 Heft 32 Wie viele Jugendherbergen gibt es in der Schweiz? Seit 1. Januar 2012 sind es 52 Betriebe, 45 davon sind eigene Betriebe und 7 Franchisenehmer, das heisst Private, die auf eigene Rechnung eine Jugendherberge betreiben, aber klare Richtlinien erfüllen müssen. Dazu gehören Qualitätssicherungssysteme, wie zum Beispiel das Q-Label des Schweizer Tourismus-Verbandes, ein internationales Q-Label speziell für Jugendherbergen, aber auch Nachhaltigkeitslabels wie das EU-Label für Beherbergung und das IbexFairstay-Label (vormals Steinbock-Label). das sehen wir als eine unserer sozial-touristischen Aufgaben an. Burgen, Schlösser und andere geschichtsträchtige Häuser kann man mit unseren Preisen nicht kommerziell betreiben. Durch Quersubventionierungen bleiben solche Häuser weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich. Wie wichtig ist die Nachhaltigkeit für Ihre Stammgäste? Sehr wichtig. Unsere Gäste sind sensibilisiert auf dieses Thema. Im Gegensatz zu früher sind heute nur noch rund 20 Prozent unserer Mitglieder unter 20 Jahre alt. Rund 20 Prozent sind zwischen 35 und Was beinhalten diese Nachhaltigkeitslabel 45 Jahre alt und fast 50 Prozent sind über genau? 45. Diese Altersgruppe kommt nicht nur Das EU-Label konzentriert sich primär auf wegen den günstigen Preisen zu uns. Oft Massnahmen zur Ressourcenschonung. Das suchen unsere Gäste auch Gemeinschaft. war uns zu wenig. Nachhaltigkeit bezieht Die Zimmer einer Jugendherberge sind sich aus unserer Sicht nicht nur auf den primär zum Schlafen gedacht und nicht als Strom- und WasAufenthaltsort. Polstersessel und Fernseher serverbrauch oder wie in herkömmlichen Hotels fehlen im auf den Abfall. Wir Zimmer bewusst. In der Jugendherberge wollen alle Manage- kann man andere Leute, andere Kulturen ment-Prozesse und Gleichgesinnte kennenlernen. Demberücksichtigen und entsprechend sind die Einkommensklasse auch soziale Aspekte und das Bildungsniveau unserer Gäste sehr wie Regionalität, Bio-Lebensmittel und breit. Sie haben ein ethisches, gesellschaftliFair-Trade-Produkte mit einbeziehen. All ches, ökologisches Empfinden und schätzen das ist im Ibex-Fairstay-Label enthalten, unser Konzept. deshalb haben wir uns dafür entschieden. Gibt es Punkte in der NachhaltigkeitsstraAber wo bleibt denn die Regionalität, tegie, die Sie noch erreichen möchten? Wie wenn der Chef in Zürich sitzt? sieht die Zukunft aus? Wir sind national tätig und irgendwo muss Nachhaltigkeit hört nie auf. Wir werden die Zentrale sein. So erlangen wir die nötige das Konzept konsequent weiterverfolgen Koordination und Einheit. Das ist das und verfeinern. Wir dürfen nicht überhebErfolgsrezept der ganzen Umstrukturierung: lich werden, sondern alle Prozesse jeden 52 Einzelbetriebe könnten diese NachTag wieder hinterfragen und aktuelle Enthaltigkeit nicht leben. Durch den Zusamwicklungen mitberücksichtigen. Vor ein menschluss können gewisse Bereiche wie paar Jahren setzten beispielsweise noch alle Finanzwesen, Controlling, Personalwesen auf Sparlampen, jetzt sind es LED-Lamund Marketing zusammengefasst und effipen. Solche Prozesse müssen wir verfolzient betrieben werden. Auch eine koordigen, Trends erkennen und die relevanten nierte Qualitätssicherung ist nur als Gruppe Massnahmen umsetzen. Wir haben ein paar möglich, das kann sich ein Einzelbetrieb Star-Betriebe, die in den letzten 10 Jahren nicht leisten. gebaut oder komplett erneuert wurden. Da konnten wir alle Nachhaltigkeitsaspekte Gibt es eine kritische Grösse eines Betrie- einbeziehen. Ziel ist, das bei allen Sanierunbes? gen, auch bei kleineren, zu tun. Neue Betriebe unter 150 Betten realisieren wir nur in Ausnahmefällen. Wir haben zwar Die Fragen stellten Jutta Glanzmann und noch kleinere Betriebe aus der Geschichte, Othmar Humm, Foto: Gian Vaitl «Unsere Gäste sind sensibilisiert auf das Thema Nachhaltigkeit.» Fredi Gmür Youth Hostels Fassaden Holz/Metall-Systeme Fenster und Türen Briefkästen und Fertigteile Sonnenenergie-Systeme Beratung und Service Wärme und Strom hausgemacht auf dem eigenen Dach: Das Kombi-Indach-System von Schweizer für Neubau und Sanierung. Mit dem neuen Kombi-Indach-System von Schweizer nutzen Sie die Sonnenenergie gleich zweifach und genau nach Ihrem Bedarf. Die wegweisende Lösung erzeugt auf elegante Weise Wärme und Strom – vom Einfamilienhaus bis zum Grossobjekt. Flexibel fügt es sich in jedes Energiesystem ein und glänzt mit erstklassigen Erträgen. Mehr Infos unter www.schweizer-metallbau.ch oder Telefon 044 763 61 11. 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Der 60er-Jahre-Bau in Bönigen war in die Jahre gekommen und hatte unter Überschwemmungen und anderen Vorfällen gelitten. Doch wir waren mit dem dezentralen Standort unglücklich. Erst 2009 haben wir dann begonnen, intensiv nach einer Alternative zu suchen. Es kam uns zu Ohren, dass die Raiffeisenbank Jungfrau am Bahnhof Interlaken ein Gebäude plane, von dem sie aber nur einen Drittel selber nutzen wolle. Im März 2010 fand das erste Gespräch mit Vertretern der örtlichen Raiffeisenbank statt. Sie waren im ersten Augenblick nicht so begeistert, weil sie ein falsches Bild der Jugendherbergen hatten und dachten, unser Betrieb passe nicht neben eine Bank. Unsere Referenzobjekte und Tourismuspartner vor Ort konnten sie dann aber schnell überzeugen und bereits nach zwei Wochen kam die Zusage. Bedingung war, dass wir bis im Dezember ein bewilligtes Projekt vorlegen konnten. Da sich meine Wege immer mal wieder mit denen der Raiffeisen gekreuzt hatten, war ich mir sicher, dass wir von der Architektur her ähnliche Vorstellungen haben. Bestand denn der architektonische Entwurf bereits? Jack Egli: Ja, auch der Architekt stand schon fest, denn auf dem Grundstück lag ein Verkaufsrecht, das der Architekt innehatte. Auch bestand bereits ein Vorprojekt mit einer Hotellösung. Damit wir für das eigentliche Bankprojekt dennoch eine gewisse Auswahl hatten, machten wir einen internen Wettbewerb, indem wir innerhalb des Architekturbüros drei Teams bildeten, die alle eine eigene Projektidee entwickelten. Bereits in dieser Phase haben wir vorgegeben, das ganze 120 Meter lange Grundstück zu überbauen. Das Konzept war, dass wir 30 bis 40 Prozent der Fläche selber brauchen und den Rest vermieten oder verkaufen. Es war aber noch völlig offen, ob Wohnungen, Büros oder Gewerberäume entstehen. Für uns ist die heutige Partnerschaft mit den Jugendherbergen ideal, auch wenn die Tourismusregion am Anfang aufschrie und sagte: Jetzt baut Raiffeisen ein Hotel. Die Wogen haben sich aber inzwischen geglättet. Dann war das für die Hotels unter Ihren Kunden ein Problem? Egli: Wir haben am Anfang vielleicht zu wenig genau informiert. Nachher haben wir alle Fakten auf den Tisch gelegt und klar gemacht, dass wir zwei verschiedene Bauherrschaften sind, wenn auch im selben Haus. Jede Partei kaufte und bebaute autonom ihre eigene Parzelle. Dobler: Das ist ein verständlicher Reflex. Immer wenn ein zusätzlicher Betrieb kommt, haben alle Beherberger erst mal Angst. Dabei redet man in Interlaken schon lange davon, dass man die Hotels erneuern sollte, was vielen nicht möglich ist. Eigentlich müsste man froh sein, wenn es einer schafft. Die Jugendherberge hat ja vorher schon existiert. Wir haben den Dialog mit den anderen Hoteliers und den Tourismusverantwortlichen gesucht. Einige Anbieter sind extrem froh, so zum Beispiel die Bergbahnen. Sie suchten schon lange nach einem grossen Beherbergungsbetrieb, in dem man regelmässig Gruppen unterbringen kann. Dafür ist unser Haus mit 220 Betten bestens geeignet. Youth Hostels Heft 32 21 Wie sieht die bauliche Umsetzung aus? Egli: Der Titel dieses Projektes war «Unite», die Einheit. Diese Idee haben wir stringent umgesetzt. Von aussen unterscheiden sich die zwei Teile des 100 Meter langen Gebäudes nur in Nuancen. Die Jugendherberge hat zum Beispiel die kleineren Fenster. Im Erdgeschoss hat die Bank eine Innenraumgestaltung, die anders auf die Promenade hinausleuchtet als die der Jugendherberge. Und im Innern? Dobler: Im Innern sind die beiden Teile durch eine Brandmauer getrennt. Nur die gemeinsam genutzte Tiefgarage läuft durch. Am Anfang gab es mehr Überschneidungen: Das Dachgeschoss beanspruchte Raiffeisen, auch im Erdgeschoss gab es noch keine klare Trennung. Mit der Zeit haben wir erkannt, dass es besser ist, einen klaren vertikalen Schnitt zu machen. Auf diese Weise kommt die Jugendherberge zu einem Attikageschoss, das sie nicht braucht. Dobler: Das stimmt, normalerweise verzichten wir auf Balkone. Zuerst dachten wir daran, da Wohnungen zu machen. Das wäre aber schwierig geworden, weil die Privaterschliessung durch unseren Betrieb gegangen wäre. Nun machen wir auch im obersten Geschoss Jugi-Zimmer mit einem etwas höheren Standard. Berechnungen haben ergeben, dass deren Ertrag gegenüber einer Wohnnutzung gut dasteht. Wir haben zudem höhere Räume als üblich, weil die Bank die Decken braucht, um zu kühlen. Natürlich hatte das gewisse Mehrkosten zur Folge. Da brauchte es Kompromisse auf beiden Seiten. Ziel war es, die besten Lösungen mit optimalem Nutzen für beide zu finden. Egli: Das alles bedingt, dass man zusammenarbeitet, dass man loyal ist und fair miteinander umgehen kann. Da trifft es sich gut, dass die beiden Unternehmen Jack Egli, Architekt und Bauherrenberater Raiffeisen Schweiz «Von aussen unterscheiden sich die zwei Teile des 100 Meter langen Gebäudes nur in Nuancen.» Jack Egli 22 Heft 32 Youth Hostels René Dobler, Architekt ETH und Geschäftsleiter der eine ähnliche Philosophie haben und sich Schweizerischen Stiftung für insbesondere im Architekturleitbild nicht Sozialtourismus Man kann mit einem guten Bauwerk die gesamte Baukultur in einer Region anstos­ wesentlich unterscheiden. sen. Deshalb ist es uns auch wichtig, dass wir die Behörden in den Prozess einbezieWelche anderen Schnittstellen gab es? Wel- hen. Manchmal spüren wir zu Beginn eines che Probleme mussten Sie lösen? Projekts etwas Widerstand, dann braucht es Dobler: Da das Gebäude fast genauso eine gewisse Hartnäckigkeit. gross ist wie das Grundstück, waren wir bei der Umgebungsgestaltung stark auf die Was sind Gemeinsamkeiten, von denen Gemeinde angewiesen. Zu diesem Zweck beide Parteien profitieren? haben wir gemeinsam einen Wettbewerb Egli: Ein grosser Vorteil waren die Synerfür die Gestaltung der neuen Promenade gien im Bauprozess. Wir haben die Planer zwischen Bahnhofplatz und dem Ortskern gemeinsam ausgesucht und konnten so von Interlaken ausgeschrieben, die Umset- aufgrund des Volumens gute Konditionen zung wird nun zu dritt finanziert. Dadurch aushandeln und meinen, so eine bessere wird das gesamte Quartier Bahnhof Ost Qualität zu erhalten. aufgewertet. So konnten wir auch zugunsDobler: Die Jugendherberge hat stark ten der Öffentlichkeit einen städtebaulichen von der guten regionalen Einbindung der Beitrag leisten. Jetzt hat die Umgebung eine Bank profitiert. Diese ist vor Ort sehr gut gute Qualität und wir können einen Teil verknüpft, auch in politischen Gremien. davon mitnutzen. Ich denke, das ist auch Zudem gab es in vielen technischen Bereiwichtig für Interlaken. Es entsteht ein wich- chen Überschneidungen. Vor allem beim tiger neuer Schwerpunkt. Minergie-P-Eco-Standard konnten wir Egli: Diese Vorbildfunktion spüren wir gewisse Probleme nur in Zusammenarbeit auch an anderen Orten immer wieder. lösen. Während wir viel Warmwasser benö- tigen, das wir in der Regel mit Sonnenkollektoren bereitstellen, muss die Bank ihre Büros kühlen. Um den Minergie-P-Standard zu erreichen, brauchte Raiffeisen die gesamte Dachfläche für Photovoltaik, auch unseren Teil. Wir verzichteten auf die Sonnenkollektoren, nutzen dafür einen Teil der Abwärme der Kühlung der Bank für unsere Wassererwärmung. Das ist eine gute Lösung für beide Seiten. Dann ist für Sie als Bauherrenvertreter ein Standard ein Managementsystem, mit dem Sie Einfluss auf den Bauprozess nehmen? Dobler: Genau. Die Erfahrung zeigt, dass wir nur so Einfluss nehmen können. Früher haben wir die Submissionsvorschriften der Stadt Zürich beigelegt – das liest niemand. Gebäudelabel sind für uns ein Managementsystem, das funktioniert. Wir können einfach sagen: Baut nach Eco, Punkt. Dann weiss jeder, wonach er sich zu richten hat. Auf diese Weise können wir bei Planern und Unternehmern bewirken, dass sie sich für Nachhaltigkeit interessieren. Das ist eine wichtige Triebfeder, denn die Unternehmer merken, dass in dem Bereich eine Nachfrage da ist. Wie die öffentliche Hand sehen auch wir uns als Motor. Da muss man auch gewisse Nachteile in Kauf nehmen. Egli: Auch für die Raiffeisen ist Nachhaltigkeit ein sehr wichtiges Thema. In unserem Architekturleitbild ist festgelegt, dass wir mit und für die Region bauen (Unternehmer, Materialien etc.). Das steht für uns noch etwas mehr im Zentrum als die Energie. Da sich hier unsere Kriterien nicht ganz decken, haben wir klar abgesprochen, wie die Ausschreibungen und Vergaben laufen sollen. Wir haben betrags-, respektive prozentmässig definiert, wieviel teurer beispielsweise ein regionaler Lieferant oder Bankkunde sein darf. Diese Spielregeln mussten wir zuerst festlegen. Dobler: Erstaunlich finde ich, mit wie wenig Aufwand wir die gefunden haben. Wir haben die Probleme ad hoc, ohne gros­ ses Regelwerk gelöst. Wir haben uns an einen Tisch gesetzt und einen kreativen Mittelweg gefunden. Damit sind wir immer sehr gut gefahren. Dann hätten sie eigentlich den Bankteil weniger dick dämmen sollen? Egli: Da sind die Labels noch zu wenig flexibel, weil sie nicht nach Nutzung unterscheiden. Gerade die Kühlung ist bei der Raumqualität ein Thema. Mit ungekühlten Räumen erreichen wir keine optimalen Arbeitsbedingungen für unsere Mitarbeiter. Diese sind uns wichtiger als der P-Standard. Zu dieser Zeit haben wir sogar getrennte Lösungen in Betracht gezogen, also dass ein Gebäudeteil das Label Minergie-P-Eco hat, der andere nicht. Aber mit der Photovoltaik rückt das Erreichen des Standards wieder in Reichweite. Der Zusatz Eco war immer als Zielgrösse definiert. Ob wir ihn erreichen, ist unsicher. Gewisse Auflagen, zum Beispiel hinsichtlich der Materialisierungen, sind mit den Anforderungen einer Bank nicht unbedingt zu vereinbaren. Auch gibt es viel Widersprüchliches in den Anwendungen. Das Ausloten von Vor- und Nachteilen ist für den Architekten ziemlich anspruchsvoll und sehr aufwendig. Dobler: Die Problematik ist bei Eco ausgeprägter, das Label ist noch weniger nutzungs­spezifisch als Minergie-P. Aber es ist das einzige Arbeitsmittel, mit dem sich die Ökologie bis zum Unternehmer durchsetzen lässt. Man kann umfassend Kontrollpunkte anwenden und sich in allen Bereichen auf einen ausführlichen Standard beziehen. Das ist für uns der Hauptnutzen der Labels, die wir aber nicht um jeden Preis erreichen müssen. Wir sehen das Die Fragen stellten Jutta Glanzmann und pragmatisch, wichtig sind uns die Labels Othmar Humm, Fotos: Gian Vaitl als Arbeitsmittel, nicht als Marketing-Instrument. Das Ziel müsste jedoch sein, dass sich die Standards weiterentwickeln, dass die Feedbacks aufgenommen werden und daraus eine gewisse Flexibilität resultiert. Man müsste die Standards den Nutzungen anpassen können. Heft 32 23 «Gebäudelabel sind für uns Management­systeme, die funktionieren.» René Dobler 24 Heft 29 Ob mitten in der Stadt oder in den Bergen: Die 52 Standorte der Schweizer Jugendherbergen bieten preisgünstige Übernachtungs­ möglichkeiten in ganz unterschiedlichen Häusern. Youth Hostels Nachhaltige Hotelkette Der Verein Schweizer Jugendherbergen (SJH) ist verantwortlich für den Betrieb der Jugendherbergen. Als Partnerorganisation ist die Schweizerische Stiftung für Sozialtourismus (SSST) Eigentümerin der 26 eigenen Häuser. Weitere 19 Jugendherbergen werden als Pacht- oder Mietbetriebe und 7 als Franchisebetriebe geführt. Insgesamt steht 2012 in der Schweiz ein Netz von 52 Jugendherbergen mit total rund 6400 Betten zur Verfügung. Delémont Schaffhausen Dachsen Basel Stein am Rhein Baden Brugg Mariastein Fällanden Zürich Zofingen Le Bémont Beinwil am See Solothurn Brienz Interlaken Leissigen Lausanne Château-d’Oex Gersau Engelberg Grindelwald Saanen-Gstaad Montreux Genf Richterswil Seelisberg Bern Fribourg Rapperswil-Jon Zug Luzern Avenches Kre Fiesch Locarno Sion Bellinzona Lugano Legende top klassisch einfach energieeffizient historisch bedeutsam Zermatt Figino Heft 29 25 Die Gäste Altersstruktur der Mitglieder Grafik rechts: Die Altersstruktur der Mitglieder zeigt, dass in den Schweizer Jugendherbergen längst nicht mehr nur Jugendliche übernachten. Grafik unten links: Die Gäste der Schweizer Jugendherbergen kommen aus aller Welt. Aber auch bei Schweizer und Schweizerinnen sind die Häuser beliebt: Die stellen mit fast 60 % die grösste Gruppe, gefolgt von Deutschland mit 13 %. Grafik unten rechts: Vielfalt auch in Bezug auf die Art zu reisen: Ob einzeln, als Familie, in der Gruppe oder als Schulklasse – die Schweizer Jugendherbergen bieten eine Infrastruktur, die für alle passt. (Quelle: Geschäftsbericht 2011) euzlingen Romanshorn St.Gallen Ab 45 Jahre 33% 35 bis 44 Jahre 19% Bis 20 Jahre 35% 20 bis 25 Jahre 5% 26 bis 34 Jahre 8% na a o Schaan-Vaduz Herkunftsländer der Gäste Italien 2% Spanien 2% GB 2% Klosters Scuol Davos Übrige Länder 16% Deutschland 13% Familien 20% Schulen 15% Schweiz 59% Einzelgäste 45% Gruppen 20% Sta. Maria Valbella Sils i.D. Pontresina St. Moritz USA 3% Frankreich 3% Gäste nach Segmenten Die Häuser Grafik oben: Die Anzahl Betten pro Haus variiert stark. Während im Gadenhaus in Seelisberg nahe der Rütliwiese 25 Gäste gleichzeitig übernachten können, bietet das Haus in Genf 324 Betten. Die übrigen Häuser liegen dazwischen, wie die Grafik zeigt. Grafik unten: Die Richtpreise pro Nacht und Person inklusive Frühstücksbuffet in einer Schweizer Jugendherberge liegen zwischen 24 Franken (Seelisberg) und 44.80 Franken in Leissigen. (Quelle: Verzeichnis Schweizer Jugendherbergen) Anzahl Betten 350 300 250 200 150 100 50 0 Seelisberg Genève Preise pro Nacht in Franken 50 40 30 20 10 0 Seelisberg Leissigen 26 Heft 32 Die breit abgestützte Nachhaltigkeitsstrategie der Schweizer Jugendherbergen ist die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg der letzten Jahre. Jutta Glanzmann Mit Blick in die Zukunft Fast jährlich wurden die Schweizer Jugendherbergen seit 2007 für ihre beispielhafte Umsetzung der Nachhaltigkeit mit Preisen ausgezeichnet – zuletzt erhielten sie 2011 den Nachhaltigkeitspreis der Zürcher Kantonalbank und den Schweizer Solarpreis. Der Grundstein dafür wurde 1992 gelegt, als die bisher regional organisierten Vereine zu den Schweizer Jugendherbergen fusionierten. Deren neu erarbeitetes Leitbild wurde bereits damals auf die drei gleichberechtigten Standbeine «soziale Verantwortung», «Umweltverträglichkeit» und «Wirtschaftlichkeit» gestellt. Noch heute bilden diese drei Pfeiler das Bezugsdreieck für die breit angelegte Nachhaltigkeitsstrategie der Schweizer Jugendherbergen (siehe Kasten). 1996 erfolgte mit dem Programm Energie 2000 eine erste strategische Ausrichtung in Bezug auf ökologische Fragen. Mit einfachen Massnahmen und ohne den Einsatz neuer Technologien oder Investitionen hat man damit im Betrieb eine erste Effizienzsteigerung von 9,6 Prozent erreicht. Danach folgten konkrete Zielvereinbarungen mit der Energieagentur der Wirtschaft EnAW. Ebenfalls 1996 haben die Schweizer Jugendherbergen angefangen, den Energie­verbrauch zu messen. Dabei hat sich ge­zeigt, dass im Gebäudebereich das Potenzial am grössten ist. So können die Gäste selbst beim Stromverbrauch in den Zimmern nur rund zwei Prozent beeinflussen, 98 Prozent liegen im Bereich der Küche, der Wäscherei, der technischen Einrichtungen oder der Ausgezeichnet 2011 Nachhaltigkeitspreis Zürcher Kantonalbank 2011 Schweizer Solarpreis 2010 myclimate Award 2010 Award für Marketing + Architektur 2008 Hans E. Moppert-Preis 2008 Icomos Historisches Hotel des Jahres 2007 Milestone für die Nachhaltigkeitsstrategie Steuerung der Beleuchtung in den öffentlichen Räumen. Im Vergleich zum Jahr 2000 liegt die Effizienzsteigerung bei der Raumwärme heute bei fast 40 %. Erreicht wurde dies mit einer kontinuierlichen Entwicklung hin zu energieeffizienten Gebäuden. Labels und Zertifikate als Messlatte Setzte man für Neubauten zunächst auf den Minergie-Standard, wird mittlerweile der Minergie-P-Standard realisiert. Die kon­ trollierte Lüftung, die bei beiden Standards Pflicht ist, hat dabei einen willkommenen Zusatzeffekt: In den eher kleinen Zimmern mit zwei bis sechs Personen führt die kontrollierte Lüftung zu merklich besserer Luftqualität. Der Komfortnutzen für die Gäste rechtfertigt zusätzlich die etwas höheren Baukosten bei der Umsetzung des Minergie- oder Minergie-P-Standards. Gleichzeitig bedingt das gesetzte Ziel auch Entwicklungs- und Aufbauarbeit. Gerade die Umsetzung des Minergie-P-Standards bedeutet eine intensive Zusammenarbeit mit den entsprechenden Fachleuten. Die Kooperation mit verschiedenen Partnern steht generell im Vordergrund, um die gesteckten Ziele im Gebäudebereich zu erreichen (siehe Kasten und Seite 30). Dazu gehören die bereits erwähnte EnAW oder die Stiftung Klimarappen. Im Bereich der energieeffizienten Geräte arbeiten die Schweizer Jugendherbergen mit der WWF Climate Group zusammen, für die Solaranlagen mit Greenpeace. Der Eco-Standard ist ebenfalls ein wichtiges Ziel: Bereits bei den Bauprojekten in Valbella und in Scuol war das Label die Leitlinie für die Wahl der Materialien. Für die Zertifizierung hat es in beiden Fällen aus verschiedenen Gründen nicht gereicht. In Valbella systembedingt beim Prozessablauf für die Zertifizierung, in Scuol aufgrund der sehr spezifischen Nutzung einer Jugendherberge mit vielen beleg- Youth Hostels ten Oberflächen in den Nassräumen und Aufenthaltsbereichen mit akustischen Massnahmen. Weil die Schweizer Jugendherbergen ökologische Häuser wollen, arbeiten sie weiter mit dem Eco-Label. Die Zertifizierung spielt eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist auch, die eingebauten Anlagen und Geräte kontinuierlich zu überprüfen, damit die geplante Effizienz erreicht werden kann: Seit längerer Zeit werden deshalb Messungen und Analysen durchgeführt, die dafür ein guter Gradmesser sind. Das Gleichgewicht finden Die guten Erfahrungen im Gebäudebereich führten dazu, dass die Schweizer Jugendherbergen auch für den Betrieb auf Labels setzen. Mit dem EU-Umweltlabel und dem Ibex-Fairstay-Label können soziale, wirtschaftliche und ökologische Anliegen im täglichen Betrieb der einzelnen Herbergen realisiert werden. Gleichzeitig sind sie eine Art Checkliste für Verbesserungsmöglichkeiten. Das Ibex-Fairstay-Label beispielsweise hatte gezeigt, dass der regionale Einkauf ein Schwachpunkt der Schweizer Jugendherbergen war. Das liess sich aufgrund dieser Bewertung gezielt ändern. Für Fairtrade-Produkte wie Kaffee, Zucker oder Reis arbeiten die Jugendherbergen mit Max Havelaar zusammen. Am Beispiel Strom zeigt sich, dass nicht alle möglichen Lösungen in Bezug auf Nachhaltigkeit für die Schweizer Jugendherbergen auch ökonomisch vertretbar sind: Für eines der Häuser setzten die Schweizer Jugendherbergen über Naturemade-Star auf Wasserkraft. Es zeigte sich aber, dass diese Lösung für alle Häuser insgesamt zu teuer war. Jetzt arbeiten die Schweizer Jugendherbergen mit Zertifikaten für emissionsfreien Strom in Form reiner Schweizer Wasserkraft. Letztlich geht es bei allen Massnahmen darum, eine Balance zwischen ökologischem Anliegen und den damit eventuell verbundenen Mehrkosten zu finden. Investitionen, die ökologisch auf die Spitze getrieben sind, machen die Schweizer Jugendherbergen nicht, denn sie verfolgen in Bezug auf Nachhaltigkeit zwar die ganze Breite möglicher Massnahmen, aber immer in Abstimmung mit den Kernaufgaben des Betriebs. Der Erfolg der letzten Jahre gibt ihnen dabei Recht. Darauf baut Nachhaltigkeit Ökonomie Ertragskraft und Rentabilität Ökologie Ressourceneffizienz und Umweltverträglichkeit Soziales Mitarbeiterförderung und gesellschaftliches Engagement Die Ökonomie Die Bewegung zwischen dem Erreichen der sozialen Ziele als Non-Profit-Organisation und der überlebensnotwendigen Rentabilität ist für die Schweizer Jugendherbergen eine Gratwanderung. Wichtigster Gradmesser bleibt dabei die Nachfrage. In den letzten Jahren konnten die Anzahl Logiernächte auf fast eine Million gesteigert werden, dies trotz einer gleichzeitigen Reduktion der Anzahl der Betriebe und teilweise schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen. Der Jahresumsatz liegt inzwischen auf über 40 Mio. Franken, der Cashflow bei fast 10 Mio. Franken. Auch die Mitgliederzahl bestätigt die kontinuierlich steigende Nachfrage. 2009 konnte die Schallmauer von 100 000 Mitgliedern erstmals durchbrochen werden. Eine gesunde Rentabilität ist die Basis für die kontinuierliche Erneuerung des Netzwerkes. Jährlich können so inzwischen rund 10 bis 15 Mio. Franken in Um- und Neubauten investiert werden. Die Ökologie Die Schweizer Jugendherbergen arbeiten mit einem umfassenden Umweltmanagement, welches die Ökologie im Gebäude genauso berücksichtigt wie im Betrieb. Die höchsten Standards und die besten Labels dienen als Messlatte, ausgewiesene Partner als Gradmesser. Der spezifische CO2-Ausstoss für die Raumwärme wurde im Vergleich zum Jahr 2000 um über 37 Prozent reduziert. Der mit der Energie-Agentur der Wirtschaft vereinbarte Sollwert von 8,5 Prozent fürs Jahr 2010 wurde somit wesentlich übertroffen. Durch eine flächendeckende Ausrüstung der Jugendherbergen mit Wassersparventilen konnte der Wasserverbrauch pro Logiernacht auf nur noch 125 Liter gesenkt werden. Dies bedeutet eine Reduktion um 20 Prozent gegenüber 1996 und wurde trotz gleichzeitig erhöhten Standards in den Nasszellen erreicht. Energieverbrauch, der nicht vermieden werden kann, soll so weit wie möglich durch erneuerbare Energien gedeckt werden. So wird die gesamte Elektrizität mittels Schweizer Wasserkraft CO2-neutral bezogen, in zwei Jugendherbergen wird Strom mittels Photovoltaik produziert. Wärme kommt inzwischen in vier Jugendherbergen von Holzheizungen, in einer aus einer Wärmepumpe. 13 Jugendherbergen produzieren das Warmwasser mittels Sonnenkollektoren. 63 Prozent der Gäste machen zudem von der freiwilligen CO2-Kompensation Gebrauch – dies entspricht rund 3000 Tonnen CO2. Das Soziale Ziel und Zweck der Jugendherbergen ist der Sozialtourismus, eine günstige Unterkunft für alle Leute mit kleinem Portemonnaie. Die Schweizer Jugendherbergen beschäftigen heute rund 500 Personen, die sich rund 270 Vollzeitstellen teilen. Die niedrige Fluktuationsrate von 9 Prozent wiederspiegelt die positiven Ergebnisse der jährlichen Zufriedenheitsbefragungen bei den Mitarbeitenden. Über 90 Prozent beurteilen die persönliche Zufriedenheit als ausgezeichnet, sehr gut, gut oder neutral. Ein internes Weiterbildungsprogramm bietet allen Mitarbeitenden Entwicklungsmöglichkeiten. Die Schweizer Jugendherbergen übernehmen ihre soziale Verantwortung aber nicht nur gegenüber Gästen und Mitarbeitenden. Die Berücksichtigung von regionalen und kulturellen Aspekten ist ebenso bedeutsam. Der Einkauf von regionalen Frischprodukten und Max-Havelaar-Produkten ist genauso selbstverständlich wie die Pflege der historischen Bauten. 28 Heft 32 Die Partner Mitglieder 120 000 100 000 Die Max Havelaar-Stiftung (Schweiz) vergibt ein Gütesiegel für fair gehanYouth Hostels delte Produkte. Sie verbessert durch fairen Handel die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Kleinbauern und Plantagenarbeiterinnen in Entwicklungsländern. Sie ist Mitglied der internationalen Organisation Fairtrade Labelling Organization International (FLO) und orientiert sich an deren internationalen Fairtrade-Standards. www.maxhavelaar.ch Total 80 000 60 000 Junioren 40 000 20 000 0 1992 1996 Senioren Familien Gruppen 2000 2004 2008 2011 Logiernächte 1000 000 Total Betriebe 800 000 Eigene Betriebe 600 000 400 000 Franchisebetriebe 200 000 0 1992 1996 2000 2004 2008 2011 Stromverbrauch pro Logiernacht (kWh) 6 kWh 3 kWh 0 kWh 1992 1996 2000 2004 2008 2011 Wasserverbrauch pro Logiernacht (Liter) 200 Die Entwicklung verschiedener Indikatoren (Mitglieder, Logiernächte, Strom- und Wasserverbrauch pro Logiernacht und Wertschöpfung) seit Mitte der 1990er-Jahren belegen die erfolgreiche Nachhaltigkeitsstrategie der Schweizer Jugendherbergen (Quelle Geschäftsbericht 2011). 1992 1996 2000 2004 2008 2011 Wertschöpfung (Fr.) 25 Mio. Total 20 Mio. 15 Mio. Öffentliche Hand 10 Mio. 5 Mio. Mitarbeiter 0 – 5 Mio. Greenpeace Im Rahmen des Jugendsolarprojekts von Greenpeace wurden bereits drei Jugendherbergen mit Solarkollektoren oder Photovoltaik-Anlagen ausgerüstet. Zuletzt bei der Jugendherberge St. Moritz, wo 24 Jugendliche aus Kenia, Polen, den USA und der Schweiz eine 160 m2 grosse Photovoltaik-Anlage und eine 60 m2 grosse thermische Solaranlage auf die Jugendherberge installiert haben. www.greenpeace.org/switzerland/de Die Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) setzt sich für die laufende Erhöhung der Energieeffizienz und die Begrenzung der CO2-Emissionen in den Bereichen Industrie, Gewerbe und Dienstleistungen ein. Zusammen mit den Unternehmen formuliert sie unternehmensspezifische Ziele und bündelt diese zu einer Gesamtzielsetzung. www.enaw.ch Der Verein Minergie wird von Bund, Kantonen, Wirtschaft, Schulen und vielen Einzelmitgliedern getragen und vergibt verschiedene Zertifikate (Minergie, Minergie-P, Minergie-A, Minergie-Eco) für energieeffiziente und/oder besonders ökologisch erstellte Neu- und Umbauten. Mehr zum bekannten Baustandard unter www.minergie.ch. Myclimate zählt zu den weltweit führenden Anbietern von freiwilligen Kompensationsmassnahmen und bietet ein umfassendes Dienstleistungspaket für den Klimaschutz. www.myclimate.org/de Die Partner von WWF Climate Group verpflichten sich, ihren Betrieb hinsichtlich Energieverbrauch zu optimieren und mit ihren Produkten möglichst geringe CO2-Emissionen zu verursachen. Der WWF prüft regelmässig, ob die individuell vereinbarten Zwischenziele erreicht wurden. www.wwf.ch 100 0 Das Ibex-Fairstay-Label (vorher Steinbock-Label) zeichnet mit standardisierten Kriterien Hotelbetriebe aus, die ihre Verantwortung für nachhaltiges Wirtschaften überdurchschnittlich wahrnehmen. Dies in den Sparten Management, Wirtschaftlichkeit, Umwelt, Mitarbeitende und Soziales sowie regionale Wertschöpfung und Kultur. Das umfassende Nachhaltigkeitslabel schliesst zudem das EU-Ecolabel und den QIII-Standard mit ein. www.ibexfairstay.ch Organisation 1992 1996 2000 2004 2008 2011 Mitglied von öbu – works for sustainability Schweizerische Vereinigung für ökologisch bewusste Unternehmungsführung mit dem Ziel, die Weiterentwicklung der Schweizer Wirtschaft nach den Grundsätzen der Nachhaltigkeit voranzutreiben. www.oebu.ch Innovative und nachhaltige Haustechnik für ausgezeichnete Beherbergungskonzepte. 30 Heft 32 Sozial, ökologisch, wirtschaftlich – die Nachhaltigkeitsstrategie der Schweizer Jugendherbergen ist umfassend, eine enge Zusammenarbeit mit spezialisierten Firmen zentral. Raphael Hegglin Youth Hostels Richtige Partnerwahl Ende 2012 ist es so weit: Fast alle Schweizer Jugendherbergen werden dann mit dem Ibex-Fairstay-Label (ehemals SteinbockLabel) zertifiziert sein. Das umfassende Nachhaltigkeitslabel für Hotelbetriebe bietet zudem die Möglichkeit, mit der Zertifizierung auch die Kriterien und Standards für das EU-Ecolabel sowie das Qualitätsprogramm des Schweizer Tourismus, Stufe II oder III, zu erarbeiten. Laut Kathrin Spiller, Geschäftsführerin von Ibex Fairstay, sind die Schweizer Jugendherbergen zurzeit der grösste Kunde. Und ein sehr interessanter: «Die Jugendherbergen arbeiten im günstigen Preissegment und schaffen es trotzdem, in Sachen Nachhaltigkeit top zu sein.» Ein Beweis dafür, dass sich umweltfreundliche und soziale Anliegen nicht negativ in der Kostenbilanz bemerkbar machen müssen. Die Ibex-FairstayZertifizierung ist nicht bloss ein Marketinginstrument: «Die Anforderungen sind streng. Wer das Label behalten will, muss dran bleiben», so Spiller. Die Zertifizierung muss alle drei Jahre wiederholt werden; die Nachhaltigkeitskriterien sollen in die Arbeitsweise sämtlicher Angestellten einfliessen und selbstverständlich werden. Wie gewährleistet Ibex Fairstay, dass die zertifizierten Unternehmen die Vorgaben korrekt erfüllen? «Unsere Auditoren begleiten die Betriebsleiter vor der Erstzertifizierung und teilweise auch bei den Rezertifizierungen intensiv», erklärt Spiller. Gemeinsam mit der Zentrale der Schweizer Jugendherbergen bietet Ibex Fairstay den Verantwortlichen mindestens einmal pro Jahr eine «Die Jugendherbergen arbeiten im günstigen Preissegment und schaffen es trotzdem, in Sachen Nachhaltigkeit top zu sein.» Kathrin Spiller, Geschäftsführerin Ibex Fairstay Schulung an, die die Betriebe bestmöglich auf den Zertifizierungsprozess vorbereiten soll. Die Betriebsleiter wiederum schulen das Personal intern. «Die Ibex-FairstayZertifizierung ist ein dynamischer Prozess, niemand kann sich auf den Lorbeeren der Erstzertifizierung ausruhen.» Strenge Anforderungen haben die Schweizer Jugendherbergen durchaus gesucht: «Wir haben bewusst ein System gewählt, das uns einen Weg vorgibt», sagt Andrea Lang, Beauftragte Qualität und Ökologie bei den Schweizer Jugendherbergen. Dass die Zertifizierung alle drei Jahre wiederholt werden müsse, fordere zwar, gewährleiste aber auch gleich bleibende Qualität. «Das Thema Nachhaltigkeit ist in das Denken der Betriebsleiter eingeflossen, es begleitet sie jeden Tag», sagt Lang. Und Ibex-FairstayGeschäftsführerin Spiller ergänzt: «Es ist ein ständiges Dranbleiben, Prüfen und Justieren. Wir setzen mit unseren Anforderungen die Inputs, die bei unseren Partnern eine nachhaltige Eigendynamik auslösen.» So ist es das Ziel der Jugendherbergen, mit jeder Wiederholung der Zertifizierung mehr Punkte zu erreichen und um eine IbexKategorie besser zu werden. Eng ist ebenfalls die Zusammenarbeit mit der Max Havelaar-Stiftung (Schweiz). In den Schweizer Jugendherbergen konsumierter Kaffee, Tee, Orangensaft, Zucker und Reis tragen das Gütesiegel von Fairtrade International. «Seit mehreren Jahren gehen wir aktiv auf Schweizer Unternehmen und Gastronomie-Betriebe zu, um sie für Fairtrade-Produkte zu gewinnen. 2008 rann- «Kundinnen und Kunden in der Schweiz sind bereit, zehn bis 20 Prozent mehr für Fairtrade-Produkte zu bezahlen.» Sandra Frieden, Leiterin Gastronomie & Getränke bei Max Havelaar ten wir bei den Schweizer Jugendherbergen offene Türen ein», erzählt Sandra Frieden, Leiterin Gastronomie bei Max Havelaar. In regelmässigen Gesprächen suchen die Beteiligten von Max Havelaar und den Jugendherbergen nach neuen Möglichkeiten, die Zusammenarbeit auszubauen, und klären die Marktchancen für weitere Fair­ trade-Produkte ab. Max Havelaar übt allerdings auch eine Kontrollfunktion aus: Die Betriebe werden stichprobenmässig geprüft, ob sie die Fairtrade-Produkte tatsächlich führen und das Label bestimmungsgemäss kommunizieren. Auch am Beispiel der Fairtrade-Produkte zeigt sich, dass ein Engagement für mehr Nachhaltigkeit nicht zulasten des Gewinns gehen muss. Die Max-Havelaar-Stiftung unterstützt ihre Partner-Firmen in der Kommunikation und beim Marketing. Zweimal jährlich führt sie Promo-Aktionen wie zum Beispiel das Fairtrade-Breakfast durch. Die teilnehmenden Betriebe erhalten dazu Hilfsmittel wie Tischsteller, Flyer, Kleber und Buttons. «Wer Gutes tut, soll dies auch zeigen», so Frieden. Eine im Auftrag von Max-Havelaar durchgeführte Marktstudie gibt ihr recht: «Kundinnen und Kunden in der Schweiz sind bereit, zehn bis 20 Prozent mehr für Fairtrade-Produkte zu bezahlen – und sie tun dies auch, wenn sie die Wahl haben.» Andrea Lang von den Schweizer Jugendherbergen bestätigt die gute Resonanz bei den Gästen. Die Feedbacks auf das Engagement für mehr Nachhaltigkeit seien durchwegs positiv. Das sieht man unter anderem auch beim freiwilligen Aufpreis zur CO2-Kompensation: «Die Mehrzahl der europäischen Gäste bezahlt den Zuschlag für Myclimate.» Der Kundschaft aus Übersee müsse der Sinn der CO2-Kompensation hingegen oft erklärt werden; das System sei noch wenig bekannt. «Es ist eine gute Gelegenheit, unsere Nachhaltigkeitsstrategie international bekannt zu machen – wir hoffen auf möglichst viele Nachahmer.» «Das Thema Nachhaltigkeit ist in das Denken der Betriebsleiter eingeflossen, es begleitet sie jeden Tag.» Andrea Lang, Beauftragte Qualität und Ökologie; Schweizer Jugendherbergen 24 Jugendliche aus Kenia, Polen, den USA und der Schweiz haben 2010 im Rahmen des Jugendsolarprojekts von Greenpeace eine Photovoltaik- und eine thermische Solar-Anlage auf die Jugendherberge St. Moritz gebaut. Heft 32 31 32 Heft 32 Die Schweizer Jugendherbergen übernehmen mit ihren Häusern vermehrt auch Aufgaben ausserhalb des klassischen Hotelbetriebs. Das zeigen die aktuellen Projekte. Jutta Glanzmann Orte mit Ausstrahlung Die Gebäude der Schweizer Jugendherbergen sind ihr Kapital: Das zeigt ein Blick auf das bestehende Netzwerk mit gegenwärtig rund 50 Betrieben. Unter den Objekten sind Burgen, Schlösser, ehemalige Fabriken und historisch bedeutende Villen und Chalets. Die Jugendherberge Dachsen beispielsweise befindet sich im mehr als 1000 Jahre alten Schloss Laufen, das hoch über dem Rheinfall thront. Das Beispiel zeigt, dass zusätzlich oft auch die Lage besonders ist. Denn viele der Häuser liegen an aussichtsreichen Standorten wie das Gadenhaus in Seelisberg in unmittelbarer Nähe der geschichtsträchtigen Rütliwiese oder sie befinden sich mitten in der Altstadt oder direkt am Fluss wie die Häuser in Solothurn oder Brugg. Wieder andere Objekte sind architektonische Zeitzeugen: Die Objekte in Fällanden und Zürich gehören dazu ebenso wie die kürzlich erweiterte und umgebaute Jugendherberge mitten in der Stadt Basel. Dabei vermögen die Neuund Umbauten der letzten Jahre auch in energetischer und ökologischer Hinsicht zu überzeugen. Die Standorte Valbella, Zermatt und Scuol erfüllen den Minergie-Standard, und der eben fertig gestellte Neubau in Interlaken entspricht dem Minergie-PStandard – der Eco-Standard wurde bisher nicht zertifiziert, diente bei den erwähnten Projekten aber als Messlatte für ökologische Kriterien beim Bauen. In Interlaken wird er voraussichtlich erstmals erreicht. Häuser mit Wirkung Im besten Fall sind die Häuser Impulsgeber für Standortgemeinde und Region wie das aktuelle Projekt in Interlaken zeigt: Der Neubau mit der Jugendherberge und der Raiffeisenbank als künftigen Nutzern hat eine Gestaltung des angrenzenden Platzes ausgelöst. Zusammen mit der Gemeinde wurde ein Konzept erarbeitet und schliesslich ein Ideenwettbewerb durchgeführt, der nicht nur die unmittelbare Umgebung des Neubaus klärt, sondern das neue Haus mit dem Bestehenden verbindet und gleichzeitig eine neue Aufenthaltsqualität rund um den Bahnhof Ost in Interlaken schafft. Das neue Restaurant 3a, das die Jugendherberge betreiben, soll diese Wirkung unterstützen. Regional verankert Auch die 2007 neu eröffnete Jugendherberge in Scuol ist in dieser Hinsicht eine Erfolgsgeschichte: Trotz anfänglich fehlender Finanzen und kritischer Stimmen aus der Region konnte in enger Zusammenarbeit mit örtlichen Wirtschaftsvertretern, Verbänden und Behörden ein Projekt realisiert werden, das sich ideal in die örtlichen Strukturen integriert und diese mittlerweile auch stärkt: Als weltweit tätige Organisation bringt die Jugendherberge neue Gäste nach Scuol, pro Jahr sind es rund 25 000 Gäste, welche die Bergbahnen und das ganze übrige Angebot der Region nutzen. Mit mehreren Preisen ausgezeichnet steigert die nationale Berichterstattung darüber nicht nur die Bekanntheit der Schweizer Jugendherbergen sondern auch den Ort selbst und das Unterengadin. Synergien nutzen Dass es nicht bei den erwähnten Projekten bleiben wird, zeigen die Zukunftspläne der Schweizerischen Stiftung für Sozialtourismus, welche die Häuser an die Schweizer Jugendherbergen vermietet. «Mehrere unserer aktueller Projekte zielen in eine ähnliche Richtung», verrät Geschäftsleiter René Dobler. Dazu gehören die Pläne, im Schloss Burgdorf neu eine Jugendherberge und ein Restaurant zu betreiben. Dies im Rahmen eines Projektes, das die mittelalter- Youth Hostels Heft 32 33 liche Burganlage erhalten und der Öffentlichkeit wieder vollständig und ganzjährig zugänglich machen will, nachdem ein Teil der Räume im Schloss Mitte 2012 durch den Auszug der Kantonsverwaltung und des Regionalgefängnisses frei werden. Geplant ist von der breit abgestützten Trägerschaft ein Nutzungsmix aus Jugendherberge, Gastronomie, Museum, Bildung und Veranstaltungen oder Events. Seitens der Stadt erhofft man sich dank der geschätzten 9000 Übernachtungen pro Jahr auch eine Wiederbelebung der Altstadt Burgdorfs. In Saas-Fee soll ebenfalls eine neue Jugendherberge entstehen: Hier ist eine Kombination mit dem bestehenden Freizeitzentrum Bielen geplant, das erneuert und von den Schweizer Jugendherbergen betrieben werden soll. Für die Konstruktion des Gebäudes sei ein mehrgeschossigen Holzbau in Diskussion, so René Dobler. Baubeginn ist voraussichtlich 2013. Der Neubau der Jugendherberge in Saanen, die mit ihrer Architektur den Typus des Saanenländer Chalets zeitgemäss interpretiert, soll in Mischbauweise mit einer massiven Tragstruktur und vorgefertigten Holzelementen für Fassade und Dach realisiert werden. Auch für diese beiden Gebäude wird der Minergie-P-Eco-Standard angestrebt. Wie im Bilderbuch: Auf einem Felssporn unmittelbar über dem Rheinfall bei Dachsen thront das über tausendjährige Schloss Laufen, in der sich heute eine Jugendherberge befindet. Im einstigen Hochadelssitz gibt es 91 Betten, um zu übernachten oder in die Vergangenheit einzutauchen. 34 Heft 32 Bauen für die nächste Generation Ein Pfeiler der Nachhaltigkeitsstrategie der Schweizer Jugendherbergen sind die energieeffizienten und ökologischen Häuser. Die Beispiele in Zermatt, Valbella, St. Moritz und Scuol machen kenntlich, dass diese Hand in Hand geht mit einem überzeugenden architektonischen Ausdruck. Jutta Glanzmann Für die in den letzten Jahren realisierten Um- und Neubauten der Schweizer Jugendherbergen war der Minergie-Standard gesetzt, neuerdings wird wenn immer möglich der Minergie-P-Standard realisiert. 2003 wurde mit der Erweiterung und Erneuerung der Jugendherberge Zermatt aus den 50er-Jahren ein erstes Mal eine Schweizer Jugendherberge nach Minergie zertifiziert. Ein Studienauftrag unter vier Architekturbüros führte zum Projekt von Bauart Architekten, welches das bestehende Haus mit Blick aufs Matterhorn mit zwei eigenständigen Baukörpern zu einem Ensemble ergänzt und damit die Streubauweise des Ortes fortsetzt. Das schlichte Äussere der Neubauten kontrastiert mit der starken Farbigkeit der Gästezimmer. Strukturelle Änderungen im Hauptgebäude führten zu grosszügigen Räumen für Rezeption, Aufenthaltsraum und Betriebsküche. Zusätzlich wurden Oberflächen aufgefrischt, die Zimmer mit Waschtischen ergänzt und die Küche, die Sanitärbereiche und die Heizung erneuert. Die zentrale Wärme- und Warmwassererzeugung geschieht mit Öl und Sonnenkollektoren. Fast ein neues Haus Mit der Sanierung und einem Anbau des ersten Neubaus der Schweizer Jugendherbergen in Valbella aus dem Jahre 1932 erfolgte ein weiterer Schritt in Richtung energieeffizienter Gebäude. Für das Haus, das bereits 1943 und 1970 erweitert worden war, entwickelten Bosch & Heim Architekten aus Chur ein Konzept, das den ältesten Gebäudeteil durch einen sechsgeschossigen Hauptbau ersetzt. Entstanden ist ein neues Ganzes, bei dem Alt und Neu nur durch die dezente Farbnuance der Fassadengestaltung in zwei verschiedenen Farbtönen differenziert werden. Das schlicht geschnittene Volumen knüpft formal an Tourismus- bauten der 1930-er Jahre in Graubünden an. Die grosszügigen, gemeinschaftlichen Räume im Inneren sind in warmen und hellen Farbtönen gestaltet und holen die wunderbare Landschaft durch grossformatige Fensteröffnungen ins Innere des Hauses. Die Jugendherberge in Valbella ist die erste, welche nach Minergie-Eco geplant wurde. Sie war aber aufgrund der Mischung aus Alt- und Neubau nicht mit dem EcoLabel zertifizierbar. Als Energieträger für Heizung und Warmwasser werden Holz (Pellets) und Sonne (Kollektoren) eingesetzt. Klärung des Bestandes Auch das Konzept für die 2010 erneuerte und erweiterte Jugendherberge in St.Moritz stammt vom Architekturbüro Bosch & Heim. Der Bau aus dem Jahr 1977 musste dringend saniert werden: Die bauliche Erweiterung und Sanierung der Gebäudehülle fasst das Gebäude volumetrisch neu. Gleichzeitig konnte mit der vorgehängten Fassadenhaut die Energiebilanz wesentlich verbessert werden. Die Aufstockung erfüllt den Minergie-Standard. Sämtliche Massnahmen entsprechen überdies den Richtlinien von Eco-Bau. Das für die Verkleidung gewählte Holz verankert das stattliche Gebäude am Ortsrand von St.Moritz an der Schnittstelle zwischen Landschaft und Bebauung. Das Erdgeschoss mit Aufenthaltsbereich und Foyer und der neue Zimmertrakt im vierten Obergeschoss wurden völlig neu gestaltet. Neuer Standort im Unterengadin Ein weiterer Minergie-zertifizierter Neubau ist die 2007 in Scuol neu eröffnete Jugendherberge. Das Architektenteam ARGE Sursass hatte den Wettbewerb dafür mit einem monolithischen Bau gewonnen, der die Stärke und Massivität eines alten Youth Hostels Seit 2007 steht die Jugendherberge in Scuol: Das monolithische Gebäude erinnert in seiner Formensprache an alte Engadinerhäuser und wurde von einem einheimischen Architektenteam entworfen. Das Haus auf dem ehemaligen Viehmarkt setzt im Dorfgefüge in unmittelbarer Nachbarschaft des Bahnhofs einen neuen Akzent und liegt in Gehdistanz zur Talstation der Bergbahnen. Links: Die beiden eigenständigen Erweiterungsbauten der Jugi Zermatt wurden 2003 als erste Gebäude der Schweizer Jugendherbergen im Minergie-Standard erstellt. Sie ergänzen das bestehende Haus zu einem Ensemble und setzen die Streubauweise des Ortes fort. 2010 wurde die sanierungsbedürftige Jugendherberge St. Moritz erneuert und erweitert: Die vorgehängte Fassadenhaut verbessert die Energiebilanz des Gebäudes und bringt eine volumetrische Klärung des bewegten Baukörpers. Rechts: Auch die Jugi Valbella ist eine Erweiterung, auch wenn man auf den ersten Blick an einen Neubau denkt: Der sechsgeschossige Hauptbau ersetzt den ersten Neubau der Schweizer Jugendherbergen von 1932. Zudem ist es das erste Haus, das von den Jugendherbergen im Minergie-Eco-Standard realisiert wurde. Engadinerhauses ausstrahlt. Das Innere des Gebäudes lebt vom grosszügigen Raumkontinuum im Erdgeschoss, den schmalen, hohen Gängen in den oberen Stockwerken, die sich an der Fassade jeweils mit einem Fenster zur Umgebung öffnen, und den mit Lärchenholz gestalteten Zimmern. Beim Bau des Hauses stand wie bei den übrigen Objekten neben einer guten architektonischen Lösung die Umweltverträglichkeit im Zentrum: Neben einer energieeffizienten Hülle wurden einheimische und ökologisch unbedenkliche Materialien verwendet. Geheizt wird mittels Wärmepumpe (Strom aus 100 % Schweizer Wasserkraft), Wärmerückgewinnung und Sonnenkollektoren. Für die Summe der Massnahmen wurde der Jugendherberge Scuol der Hans E. Moppert Preis für «Nachhaltigkeit im Alpentourismus» verliehen. Wir planen Haustechnik und optimieren Energie Neubau Jugendherberge Interlaken 2012 Jugendherberge Zürich 2005 Jugendherberge Basel 2010 INGENIEURBÜRO HANIMANN ENERGIE- UND GEBÄUDETECHNIK GEWERBESTRASSE 1 3770 ZWEISIMMEN TEL: 033 722 35 90 FAX: 033 722 03 31 www.hanimann.ch [email protected] Filiale Thun: Klosestrasse 4, 3600 Thun Nachhaltig bauen Minergie-P, das Passivhaus nach Schweizer Art, findet als zukunftsfähiger Baustandard zunehmend Verbreitung. Dieser Standard ist Symbol für einen schonungsvollen Umgang mit den Energieressourcen und für eine hohe Effizienz beim Energieeinsatz. Minergie-P – das Standardwerk zum nachhaltigen Bauen. Von Marco Ragonesi, Urs-Peter Menti, Adrian Tschui und Benno Zurfluh. 3. Auflage, 320 Seiten, Magazin-Format, fadengeheftet, 100 Franken. Faktor Verlag, Zürich 2010. ISBN: 978-3-905711-08-0 Faktor Verlag AG Hardstrasse 322a 8005 Zürich Tel. 044 316 10 60 Fax 044 316 10 61 [email protected] www.faktor.ch 38 Heft 32 Baukultur weiter tragen Der Umgang der Schweizer Jugendherbergen mit ihrem Gebäudebestand ist nicht nur in Bezug auf Energieverbrauch und Ökologie nachhaltig – die Häuser in Zürich, Fällanden oder Basel zeigen, dass die kulturhistorische Bedeutung eine ebenso wichtige Rolle spielt – auch im Hinblick auf Erneuerungen oder Erweiterungen. Jutta Glanzmann In ihrer über 80-jährigen Geschichte haben sich die Schweizer Jugendherbergen einen grossen Fundus an historischen Bauten angeeignet. Die Pflege dieses baukulturellen Erbes ist neben der nachhaltigen Weiterentwicklung des Baubestandes ein weiteres zentrales Anliegen der Stiftung. Der Umbau der 1965 neu erstellten Jugendherberge in Zürich beispielsweise erhielt im Herbst 2007 eine Spezialauszeichnung im Rahmen des Preises «Das historische Hotel des Jahres 2008» von ICOMOS – und zwar für den «bewussten und gelungenen Umbau eines Baus aus den 1960er Jahren». Das Gebäude, das der Zürcher Architekt Ernst Gisel entworfen hat, ist ein bedeutender Zeuge der Architektur jener Zeit und steht seit 1998 im Inventar schützenswerter Bauten der Stadt Zürich. Ernst Gisel hat den verschiedenen Funktionen – Schlaftrakt, Wirtschaftstrakt und Tagesraumbereich – verschiedene Baukörper zugeordnet. Dabei ist ein Gebäude mit einer objekthaften, bewegten Volumetrie entstanden. nuum mit Empfang, Kiosk und Aufenthaltsbereich. Die ursprüngliche Materialund Farbauffassung blieb dabei weitgehend erhalten. Der Haupteingang wurde verlegt und orientiert sich heute zur nächstgelegenen Bushaltestelle, der die Jugendherberge den Namen gibt. Zwar hat die Bettenzahl von 312 auf 290 Betten durch den Umbau leicht abgenommen, doch gelang es, die Anzahl der 2- und 4- Bettzimmer deutlich zu erhöhen, was den heutigen Gästebedürfnissen eher entspricht und eine grössere Flexibilität und damit bessere Auslastung ermöglicht. Zeugen ihrer Zeit Ebenfalls ein bedeutendes Gebäude für die Moderne in der Schweiz ist die Jugendherberge Fällanden am zürcherischen Greifensee von Emil Roth. Die Bauaufgabe war für die Umsetzung einer einfachen und auf Funktionalität fokussierten Architektur wie geschaffen. Entstanden ist ein schnörkelloser Holzbau in traditioneller Ständerbauweise. Das für 70 Personen konzipierte Adäquat erneuert Haus wurde 1937 eröffnet und gilt als 1996 übertrug die Stadt Zürich die Liegen- eines der Hauptwerke von Emil Roth. Die schaft den Schweizer Jugendherbergen und Jugendherberge steht heute unter Schutz stellte einen grosszügigen Betrag zur Erneu- der kantonalen und eidgenössischen Denkerung des Gebäudes zur Verfügung. Neben malpflege. Mit dem Umbau und der Erweider Sanierung war eine Erweiterung unum- terung der Jugendherberge im St.Alban-Tal gänglich. Diese erwies sich als komplex: in Basel schreiben Buchner Bründler die Nachdem man zunächst den eingeschossiGeschichte der architektonisch herausragengen Tagesbereich hatte aufstocken wollen, den Bauten der Schweizer Jugendherbergen zeigte ein Studienauftrag, dass sich der drei- gewissermassen fort: Die Seidenbandfabrik geschossige Wirtschaftsbereich dafür aus mit Baujahr 1850/51 sollte 1975 eigentbautechnischer und architektonischer Sicht lich abgerissen werden, wurde aber 1978/79 besser eignete. Neben der dunkleren Farbauf Vorschlag der Christoph Merian Stifgebung der Fassade ist diese Aufstockung tung zur Jugendherberge umgebaut. 2007 mit neuen Zwei- und Vierbettzimmer heute gewannen Buchner Bründler Architekten die wichtigste, nach aussen sichtbare Verden Studienauftrag für den Umbau und die änderung. Das Erdgeschoss öffneten die Erweiterung. verantwortlichen Architekten Meyer Moser Lanz zu einem grosszügigen Raumkonti- Youth Hostels Heft 32 39 Das Gebäude, in dem sich heute die Jugendherberge Basel befindet, sollte 1975 eigentlich abgerissen werden. Durch den Umbau und die Erweiterung der ehemaligen Seidenbandfabrik sind 21 neue Doppelzimmer entstanden, die in ihrer schlichten Gestaltung eine schon fast kontemplative Ruhe ausstrahlen. Die Jugendherberge in Fällanden liegt wunderschön am Greifensee und gilt als Hauptwerk des Architekten Emil Roth, der hier 1937 einen schnörkellosen Holzbau in traditioneller Ständerbauweise entworfen hat. 40 Heft 32 In einem historischen Haus aus dem 17. Jahrhundert, das auf eine wechselvolle Vergangenheit zurückblickt, liegt die Jugendherberge Solothurn: Das ehemalige Kauf- und Zollhaus liegt direkt an der Aare und mitten in der Altstadt und wurde mit einer modernen Konstruktion aus Stahl und Glas zeitgemäss umgebaut. Geschichte zeitgemäss interpretiert Neu wird die Jugendherberge vom MajaSacher-Platz über eine Brücke erschlossen. Parallel zum Teich läuft ein Holzsteg entlang der Längsseite des Gebäudes, der auf den Terrassenraum des Erweiterungsbaus führt. Hier befinden sich 21 neue Zimmer mit 42 Betten. Jedem Doppelzimmer ist ein kleines Bad zugeordnet. Durch die raumhohe Verglasung wird der Baumbestand Teil der Raum- und Lichtstimmung in den Zimmern, die in ihrer schlichten Gestaltung mit Holz und Beton Ruhe ausstrahlen. Die vertikale Holzstruktur, welche die Aussenhülle umgibt, schafft eine Raumschicht zwischen innen und aussen, welche die eigentliche Fassade fast ganz im dichten Grün verschwinden lässt. Für die Gäste entsteht so mehr Intimität und ein individueller Aussenraum. Zusammen mit den Eingriffen im bestehenden Teil, welche die Zimmer neu organisiert haben, ist ein neues Ganzes entstanden, das mit seiner rohen, aber trotzdem sorgfältigen Materialsprache an die industrielle Geschichte des Gebäudes anknüpft. Auch die Jugendherberge in Zürich steht unter Denkmalschutz: Das vom Zürcher Architekten Ernst Gisel entworfene Gebäude von 1965 ist ein typischer Vertreter seiner Zeit und wurde mit viel Umsicht für die heutigen Bedürfnisse einer Jugendherberge umgebaut. www.wvc.ch Für höchste Ansprüche. Schokolade macht glücklich. Auf Knopfdruck. Zur Cafina bar-cube und zur Cafina c35 gibt es jetzt einen Dispenser für heisse Schokolade. Ganz einfach per Knopfdruck können Sie Ihren Kunden und Gästen etwas ganz Besonderes bieten: unvergleichliche Schokolade, feinsten Schokoladenund Macchiato-Kaffee, zubereitet mit frischer Milch. Verlangen Sie eine unverbindliche Beratung oder eine Vorführung bei uns. 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Obergeschoss hotel kongress 5.5 bar 4.5 ±0.00 OK Erdgeschoss 2.7 2.7 2.7 -15.20 OK 5. Untergeschoss -17.85 OK 6. Untergeschoss 2.7 -9.90 OK 3. Untergeschoss -12.55 OK 4. Untergeschoss 2.8 -4.50 OK 1. Untergeschoss -7.25 OK 2. Untergeschoss www.adelboden.ch 42 Heft 32 Die Besuche in den Jugendhergen Basel und Scuol zeigen: Die individuell geführten Häuser bieten eine Vielfalt an Möglichkeiten, welche das breite Spektrum der Gäste überzeugt. Jutta Glanzmann Youth Hostels Uns gefällt es einfach Der Weg zur Jugendherberge im Basler St. Alban-Tal ist geradezu idyllisch: Es schneit und die Baumallee, die zur christlich-orthodoxen Kirche führt, sieht aus wie aus einem Märchen. Gleich dahinter liegt das Gebäude der ehemaligen Seidenbandfabrik, das Buchner Bründler Architekten zwischen 2007 und 2010 für die Schweizerische Stiftung für Sozialtourismus umgebaut und erweitert haben. Durch ein grossformatiges, nach aussen gestülptes Kastenfenster fällt der Blick ein erstes Mal ins Innere des Hauses. Es ist kurz vor 17 Uhr und die grosszügige Eingangshalle, in die man über einen Steg gelangt, ist bis auf wenige Gäste leer. Für Betriebsleiter Tobias Wettstein sind die Wintermonate eher ruhig, ausser es ist Fasnacht oder es finden wichtige Messen statt wie die Uhren- und Schmuckmesse «Baselworld» oder die Swissbau: «Dann ist das Haus auch im Winter voll», so Wettstein, der die gut ausgelastete Jugendherberge seit der Eröffnung vor zwei Jahren führt. Die Jugendherberge Basel hat ein breites Zielpublikum: «Bei uns übernachten Städtereisende, Kunst-und Architekturinteressierte, Studierende und Fachhochschulklassen aus ganz Europa, Familien, Paare aber auch Einzelpersonen», fasst Wettstein das Spektrum der Besucher zusammen. Und wer in Basel ein Hotel sucht, schläft vielleicht bald in der Jugendherberge: «Ich habe für uns online eine Übernachtungsmöglichkeit gesucht und aufgrund der Bilder des Hauses und der Zimmer gebucht», erzählt Tuncer Cakmakli, der in Istanbul ein international tätiges Architekturbüro führt. Erst nachdem er die Bestätigung erhalten hatte, realisierte «Bei uns übernachten auch Geschäftsleute.» Tobias Wettstein, Betriebsleiter Basel er, dass er Zimmer in einer Jugendherberge reserviert hatte. Jetzt ist er hier, zusammen mit seinem Sohn und einem befreundeten Ehepaar aus Karlsruhe, mit dem sie jeweils einige Tage in der Schweiz verbringen. Dass sie nicht in einem Hotel übernachten, stört Egon und Barbara Martin nicht. Im Gegenteil: Der ehemalige Leiter des Stadtplanungsamtes Karlsruhe und seine Frau sind auf Anhieb begeistert von der Möglichkeit, in einem Doppelzimmer mit eigener Dusche zu logieren und gleichzeitig mit Jugendlichen und anderen Gästen an einem Tisch zu essen. Wie Tuncer Cakmakli schätzen sie überdies die schlicht und überzeugend gestalteten Räume. «Und mein Sohn fühlt sich hier mit den vielen Aufenthaltsmöglichkeiten im öffentlichen Bereich wohler als in einem Hotel», stellt Tuncer Cakmakli fest. Städtereise oder temporäres Zuhause Auch Vilma De Sousa aus Goa, Indien, die selber im Real-Estate-Bereich tätig ist, gefällt die schlichte Architektur: «Mein erster Eindruck war zwar, dass der Eingangsbereich zu gross ist und man verloren gehen könnte.» Mittlerweile gefalle ihr aber, wie im Haus die Materialien Holz und Beton eingesetzt worden seien: «Und ich finde es gut, dass keine Bilder an den Wänden hängen.» Was sie ebenfalls mag, sind die unterschiedlichen Menschen, die in einer Jugendherberge zusammen kommen: Sie liebe diesen Mix unterschiedlicher Nationalitäten, Alter und Herkunft. Ausser in der Schweiz habe sie aber noch in keinem Youth Hostel logiert: «Hier ist alles geregelt und sauber.» Für Zvezdana Joksi- «Im Winter haben wir bis zu 70 Prozent Stammgäste.» Tamara Schmid, Betriebsleiterin Scuol Heft 32 43 movic, die am Tisch in der Eingangshalle an ihrem Laptop arbeitet, ist die Basler Jugendherberge sogar so etwas wie ein temporäres Zuhause. Die Hotelfachfrau, die seit elf Jahren in Basel lebt, überbrückt hier die Zeit, bis ihre neue Wohnung bezugsbereit ist: «Hier habe ich Ruhe, um zu arbeiten, und das Essen ist hervorragend», meint sie. Ausserdem schätzt sie die zentrale Lage in Basel: «Ich fühle mich sehr wohl und kann das Haus jedem empfehlen», so Joksimovic. Ebenso wie viele andere Gäste hat sie nicht gewusst, dass die Schweizer Jugendherbergen bewusst eine nachhaltige Strategie für den Bau und Betrieb ihrer Häuser verfolgen: «Wenn man hier ist, merkt man es aber schon», sagt sie. Sei es an den regionalen und fair produzierten Produkten beim Frühstücksbuffet oder aufgrund der schriftlichen Informationen, die beim Einchecken abgegeben werden. Nina Glaser und Matthias Gröbner, die sich zusam- «In einer Jugendherberge treffen sich ganz unterschiedliche Menschen. Das mag ich sehr. In Basel gefällt mir, dass das Haus von Bäumen umgeben ist und trotzdem mitten in der Stadt liegt.» Vilma De Sousa, Goa, Indien men mit anderen Jugendlichen nach dem Nachtessen in der Eingangshalle aufhalten, gehören zu einer Gruppe von Schüler und Schülerinnen, die im Rahmen der Stiftung «Schweizer Jugend forscht» an einer Studienwoche zum Thema Chemie und Materialwissenschaften an der Universität Basel teil nehmen. Während Nina Glaser die schlichte Architektur sehr gefällt – das Haus sei auch funktionell sehr durchdacht, meint sie, die später vielleicht Architektur studieren will – schätzt Matthias Gröbner vor allem die gros­se Lobby: «Hier kann man sich unterhalten oder kostenlos surfen.» Dass der Architekturstudent Kang Seung-Il aus Seoul, Südko- 44 Heft 32 Matthias Gröbner, Teil­ nehmer an einer Studien­ woche in Basel, in der Lobby der Jugendherberge. rea, den Weg in die Basler Jugendherberge gefunden hat, ist zwar Zufall: «Ich habe die Aktion 2 für 1 genutzt», meint er darauf angesprochen am Frühstückstisch, doch Betriebsleiter Tobias Wettstein bestätigt die Vermutung, dass Architekturinteressierte häufig gezielt die Jugendherberge für einen Aufenthalt in Basel auswählen. Stammgäste im Winter Auch die 2007 neu erstellte Jugendherberge in Scuol besticht durch eine überzeugende Form- und Materialsprache. Zusätzlich erfüllt sie den Minergie-Standard und wurde 2010 mit dem Award für Marketing + Architektur ausgezeichnet. Aussergewöhnlich ruhig sei es an diesem ersten Wochenende im März: «Seit sechs Wochen sind wir das erste Mal nicht voll ausgebucht», erklärt Betriebsleiterin Tamara Schmid, welche die Jugendherberge seit der Eröffnung leitet. Trotz dieser intensiven Zeit empfindet sie die Wintermonate aber als weniger stressig: «Im Winter haben wir bis zu 70 Prozent Stammgäste, die eine Woche bleiben und das Abendessen ist im «Das Haus hier bietet nicht nur eine Schlafmöglichkeit, sondern ein Ort, an dem sich alle Generationen wohl fühlen – wir sind begeistert.» Egon und Barbara Martin, Karlsruhe; Tuncer und Ali Sinan Cakmakli, Istanbul Zvezdana Joksimovic, Hotelfachfrau und Gast in Preis inbegriffen», so Tamara Schmid. Insder Jugendherberge Basel. gesamt sei es im Winter deshalb ruhiger und die An- und Abreise besser planbar: «Im Sommer bleiben die Gäste kürzer und das Nachtessen kann am Morgen individuell bestellt werden.» Das führe manchmal zu kurzfristigen Engpässen, bei denen dann alle mithelfen müssten. Weil Scuol direkt neben den Bergbahnen liegt, verbringen viele Gäste ihre Skiferien hier. Im Sommer sind es vor allem Familien, Radfahrer oder Wanderer. «In der Zwischensaison haben wir viele Gruppenreisende aus den USA, Schulklassen und Individualreisende», erzählt Tamara Schmid. Urs und Anita Vollmar mit ihrem dreijährigen Sohn Andrin, die wir kurz vor dem Nachtessen in der geräumigen Lounge der Jugendherberge antreffen, verbrachten ihre Skiferien im letzten Jahr ebenfalls in einer Jugi, allerdings in Davos. «Dieses Jahr haben wir Scuol gewählt, weil das Skigebiet so nahe liegt und wir das Auto stehen lassen können», erklärt Urs Vollmar. Die dreiköpfige Familie, die selbst ein Minergiezertifiziertes Haus bewohnt, mag die gelun- «Ich studiere zwar Architektur, habe die Jugendherberge aber nicht deswegen gewählt. Mir gefallen die verschiedenen Materialien, das Licht und die grossen Fenster. Das ist anders als zu Hause in Südkorea.» Kang Seung-Il, Seoul «Dass die Jugendherbergen eine breite Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen, wusste ich nicht, aber man spürt die Qualität, die dabei entsteht – auch wegen der funktionellen und schlichten Architektur, die ich sehr mag.» Nina Glaser, Hünibach BE gene Architektur des Hauses und die kinderfreundliche Atmosphäre, zudem schätzen sie sehr, dass man anders als in einer Ferienwohnung abends nicht noch selbst kochen muss: «Letztes Jahr haben wir eine andere Familie mit Kindern kennengelernt und konnten uns sogar beim Kinderhüten helfen», erzählt Anita Vollmar, «einmal sind die beiden Frauen zusammen Ski fahren gegangen, ein anderes Mal die Männer.» Etwas später am Abend treffen wir vor dem offenen Cheminée-Feuer Marlies und Tjong Liem. Das Paar im Pensionsalter verbringt seit Jahrzehnten die Ferien in Jugendherbergen: «Früher mit unseren eigenen Kindern, heute mit unserem Enkelkind», lacht Marlies Liem, «mein Mann ist seit 44 Jahren Mitglied der Schweizer Jugendherbergen.» In Scuol sind sie bereits das zweite Mal: «Wir kennen die Jugi in Klosters sehr gut und diejenige in Davos und St. Moritz», so Tjong Liem. Nachdem er früher beruflich viel gereist sei, würden sie jetzt gemeinsam die Schweiz erkunden: «Unser nächstes Projekt ist Interlaken.» Was sie am Konzept der Jugendherbergen besonders schätzen würden, fragen wir die beiden zum Schluss: Der Kontakt zu den anderen Gästen, die guten Zimmer und das Essen, das inbegriffen sei. «Uns gefällt es einfach», meinen beide übereinstimmend – und dies seit mehr als vierzig Jahren. Die Gespräche führte Jutta Glanzmann, Fotos: Gian Vaitl Energie smart optimiert 365 Tage. 9 Vitamine. Eine Bank. Mit individuellen Lösungen Energie intelligent nutzen und bis zu 30 % Kosten sparen. 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