Schweizer Jugendherbergen Eine nachhaltige Architekturgeschichte

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Schweizer Jugendherbergen
Eine nachhaltige Architekturgeschichte
Inhalt
Vorwort3
Drei Generationen von Jugendherbergen
Jugendherberge Fällanden
4
Jugendherberge Zürich
8
Jugendherberge Grindelwald
12
Sorgfalt im Umgang mit Ort und Geschichte
Jugendherberge Davos Youthpalace
16
Jugendherberge Valbella
20
Jugendherberge Basel
24
Konsequentes ökologisches Bauen
Jugendherberge Zermatt
28
Jugendherberge St. Moritz 32
Jugendherberge Interlaken
36
Regionale Tradition – neu interpretiert
Jugendherberge Scuol
40
Jugendherberge Gstaad Saanenland
44
Gewinnbringende Partnerschaften
wellnessHostel4000 Saas-Fee
48
Auf dem Weg zu einem hindernisfreien Tourismus
Jugendherberge Avenches
52
Mit Wettbewerben zu herausragenden Projekten
Jugendherberge Bern
56
Jugendherbergen in der Schweiz
60
Auszeichnungen für die Schweizerische Stiftung für Sozialtourismus
und die Schweizer Jugendherbergen
64
Die Schweizerische Stiftung für Sozialtourismus
65
Impressum66
1
Vorwort
Seit über 90 Jahren können Gäste aus dem In- und
abläufen. Die dritte, aktuelle Generation geht auf
mit der Burgergemeinde Saas-Fee und die Partner-
Ausland in Schweizer Jugendherbergen übernach-
der Suche nach maximaler Qualität bei minimalem
schaft mit der Raiffeisenbank, die das wellness-
ten. Man erkennt die Unterkünfte an ihrem Logo,
Budget sogar noch einen Schritt weiter.
Hostel4000 respektive die Jugendherberge in Inter-
das ein kleines Haus neben einer Tanne zeigt.
Knapp 50 Jahre nach der Errichtung der ersten
Jugendherberge wurde 1973 die Schweizerische
Stiftung für Sozialtourismus gegründet. Sie verfolgt
das Ziel, auf gemeinnütziger Basis den Sozialtourismus und eine sinnvolle Freizeitgestaltung zu
fördern. Dieses Vorhaben erreicht sie bis heute ausschliesslich durch den Bau von Jugendherbergen.
Sie nimmt alle Aufgaben wahr, welche die Immobilien des Vereins Schweizer Jugendherbergen betreffen. Die Fusion der regionalen Jugendherbergsverbände zu einem nationalen Verband 1992 und
Die Schweizer Jugendherbergen zeichnen sich seit
Beginn durch prägnante Gebäude an hervorragenden Standorten aus. Hohe Ansprüche an die Gestalt, die Funktionalität sowie die Nachhaltigkeit
und damit gleichermassen an die ökonomischen,
ökologischen und sozialen Anforderungen der heutigen Zeit sind ihr erklärtes Ziel. Die Auszeichnung
der Jugendherberge Scuol mit dem «Award für
Marketing + Architektur» belegte 2010 erstmals
Dieses Buch eröffnet Ihnen einen Weg durch die
Architekturgeschichte der Schweizer Jugendher-
schaft aufzubauen. Mit dem «Bauhandbuch 2005»
bergen, angefangen bei der 1937 erbauten Unter-
entstand 1993 eine Architekturbibel, die bis heute
kunft in Fällanden bis zum jüngsten Haus, dem
Gültigkeit besitzt.
2014 in Betrieb genommenen wellnessHostel4000
wie die Entwicklung der Schweizer Architektur. Die
Häuser der ersten Generation waren von naturna-
Stiftung Denk an mich. Stellvertretend stehen
diese Beispiele für die Philosophie der Schweizerischen Stiftung für Sozialtourismus: gemeinsam
mehr erreichen. Unser besonderer Dank gilt deshalb allen Partnerinnen und Partnern, die zum Gelingen der einzelnen Projekte und dieses Buches
beigetragen haben.
Corporate Architecture.
haben es ermöglicht, eine professionelle Bauherr-
lung der touristischen Bedürfnisse ebenso ablesen
jekt für hindernisfreie Jugendherbergen mit der
den Erfolg dieser in der Zwischenzeit entstandenen
die Eröffnung einer zentralen Geschäftsstelle 1994
An den Jugendherbergen lässt sich die Entwick-
laken ermöglichten, sei dies das gemeinsame Pro-
in Saas-Fee. Zudem gewährt es einen Einblick in
die Philosophie der Schweizerischen Stiftung für
Im Namen der Schweizerischen Stiftung
Sozialtourismus sowie einen Ausblick auf ein span-
für Sozialtourismus
nendes Projekt der Zukunft.
hen Unterkünften mit Massenlagern geprägt. In
So unterschiedlich die Jugendherbergen auch sind,
der zweiten Generation zeigte sich bereits ein hö-
die Bauprojekte haben eines gemeinsam: Sie ba-
herer Standard mit privateren Zimmern, vielfältigen
sieren auf der Zusammenarbeit mit besonderen
Pierre Martin
Gemeinschaftsräumen und funktionalen Betriebs-
Partnern. Seien dies das Public-Private-Partnership
PräsidentGeschäftsleiter
René Dobler
3
Drei Generationen von
Jugendherbergen
Jugendherberge Fällanden
Jugendherbergen gibt es seit gut 100 Jahren.
Die Jugendherberge Fällanden am Greifensee ist ein be-
Die Idee dafür entstand 1909 in Deutschland
deutendes Beispiel für die Gebäude der klassischen Mo-
und fand kurz darauf auch in der Schweiz
derne in der Schweiz. 1937 eröffnet, gilt es als eines der
Anklang: Am 28. April 1924 gründeten rund
Hauptwerke des Architekten Emil Roth, Mitbegründer der
70 Vertreterinnen und Vertreter von Jugend-
Avantgarde-Zeitschrift ABC. Roth war an der Planung der
verbänden, und zwar von der Abstinenten
Zürcher Werkbundsiedlung Neubühl beteiligt, der wohl
Jugend, der Pro Juventute bis zu den Wander-
wichtigsten Wohnsiedlung der klassischen Moderne in
vögeln, die Zürcherische Genossenschaft zur
der Schweiz. Die Zürcher Jugendverbände, organisiert im
Errichtung von Jugendherbergen. Bereits im
Verein für Jugendherbergen Zürich, suchten damals ein
Juli desselben Jahres waren zwölf einfache
bezahlbares Grundstück für eine Herberge auf dem Land
Jugendherbergen in Betrieb. 1932 trat die
und fanden es am nahen Greifensee.
Organisation der International Youth Hostel
Federation bei. Zwischen 1926 und 1936 stieg
die Zahl der Herbergen, die bereits unter
dem Namen «Schweizer Jugendherbergen»
firmierten, von 80 auf 208, die Übernachtungen parallel dazu von 7000 auf 168’000. 1973
wurde die Schweizerische Stiftung für Sozialtourismus gegründet. Sie übernimmt bis
heute die Liegenschaftsverwaltung – vom
Die Bauaufgabe war für die Umsetzung einer einfachen
und auf Funktionalität fokussierten Architektur wie geschaffen: Roth verzichtete auf jegliche dekorative Elemente und entwarf einen schnörkellosen Holzbau, der von
aussen auch heute noch erstaunlich zeitgemäss wirkt. Die
Wahl des Materials Holz und die Konstruktion in Ständerbauweise schufen gleichzeitig eine thematische Verbindung zur Schweiz und ihrem Handwerk.
Bau bis zur Instandhaltung – der vom Verein
Schweizer Jugendherbergen geführten Betriebe. Für die Geschichte der Bauten der
Schweizer Jugendherbergen sind die drei
Häuser in Fällanden, Zürich und Grindelwald
exemplarisch, da sie drei Generationen der
Jugendherbergen abbilden.
4
5
Drei Generationen von Jugendherbergen
Jugendherberge Fällanden
 Das Haus in Fällanden steht für die erste
Das Gebäude steht für die ursprüngliche Idee der Schwei-
Jugendherbergsgeneration mit Massenlager,
zer Jugendherbergen und bot nach Geschlechtern ge-
Geschlechtertrennung und der Lage in der
trennte Massenlager für maximal 70 Personen. Damit ge-
Natur an einem See, das man mit einer Fuss-
hörte das Haus in Fällanden schon bald zu den kleineren
wanderung von Zürich gut erreichen konnte.
Jugendherbergen. Aufgrund ihrer hervorragenden Lage
Die ersten Jugendherbergen waren sehr ein-
direkt am See war sie oft stark überbelegt. Trotzdem
fach eingerichtet. In den Zimmerbereichen
wurde erst im Rahmen von Erneuerungsarbeiten in den
reihte sich Bett an Bett. Die Nasszellen waren
1970er-Jahren in den Duschen Warmwasser installiert.
gemeinschaftlich zusammengefasst und in
1981 brannte der Wohnungsteil teilweise aus und wurde
den Schlafräumen gab es keine Waschtische.
innert vier Monaten mit verbessertem Standard wieder
Die Gemeinschaftsküche, in der mit Holz ein-
aufgebaut. Heute steht das Haus unter dem Schutz der
gefeuert wurde, war ebenfalls sehr einfach
kantonalen und eidgenössischen Denkmalpflege und
eingerichtet.
kann von Gruppen ab zehn Personen gebucht werden.
Fassade
Christine Barz, Bauberaterin der
kantonalen Denkmalpflege Zürich
«Als einer der wenigen Zeugen aus der
Pionierzeit der Jugendherbergen soll der
‹Bau für die Allgemeinheit› seine schlichte Eleganz des ‹Neuen Bauens› auch in
der Zukunft behalten. Der Winterschlaf
ermöglicht es ihm, sich grossen Dämmmassnahmen zu entziehen.»
Obergeschoss
Jugendherberge Fällanden
Im Rohrbuck
Maurstrasse 33
8117 Fällanden
46 Betten in 6 Zimmern
Baujahr / Architekt 1937
Emil Roth, Zürich
Erdgeschoss
6
7
Drei Generationen von Jugendherbergen
Jugendherberge Zürich
Ganz anders das Haus der zweiten Gene-
Skulptural und wuchtig tritt die Jugendherberge in Zürich
ration: Die 1965 eröffnete Jugendherberge in
nach aussen in Erscheinung. Ein grobkörniger Verputz und
Zürich war ein weltweites Vorzeigebeispiel
schmale Fensteröffnungen bestimmen ihr Erscheinungs-
dafür, wie man die Jugendherbergen in ihrer
bild. Der Bau, den der Architekt Ernst Gisel im Auftrag der
Funktionalität neu erfand: In den Zimmern
Stadt Zürich entworfen hat, ist ein bedeutender Zeuge der
standen die Doppelstockbetten zwar immer
Architektur jener Zeit und steht seit 1998 im Inventar
noch relativ dicht beieinander, man achtete
schützenswerter Bauten der Stadt Zürich.
aber darauf, dass nur noch acht Schlafplätze
pro Raum eingerichtet wurden. Die Schlaftrakte und Treppenhäuser waren nach wie vor
nach Geschlechtern getrennt. Dazu kamen
verschiedene gemeinsam genutzte Bereiche
wie Aufenthaltsräume, Speisesaal, Seminarraum und eine gesonderte Eingangs- und
Empfangszone. Verpflegen konnte man sich
wie bis anhin in einer Gemeinschaftsküche, in
der man selbst kochte. Gleichzeitig wurde
aber auch eine professionell geführte Küche
eingerichtet, die Mahlzeiten bereitstellte.
Der Neubau ersetzte eine ehemalige Schulbaracke, die
seit 1936 als Herbergsbetrieb genutzt worden war. Gisel
hat den verschiedenen Funktionen – Schlaftrakt, Wirtschaftstrakt und Tagesraumbereich – verschiedene Baukörper zugeordnet. So ist ein Gebäude mit einer objekthaften, bewegten Volumetrie entstanden. 1965, bei seiner
Eröffnung, war der Neubau ein weltweites Vorzeigebeispiel für den Bau von Jugendherbergen: Zwar waren die
Geschlechter mit je eigenen Treppenhäusern nach wie vor
getrennt, aber anstelle von Massenlagern setzte man auf
Achterzimmer.
Die Jugendherberge in Grindelwald steht für
die dritte Generation der Schweizer Jugendherbergen: Der Umbau und die Erweiterung
wurden hier erstmals nach den Richtlinien des
1993 entwickelten «Bauhandbuches 2005»
realisiert. 8
9
Drei Generationen von Jugendherbergen
Jugendherberge Zürich
 Ein Planungsteam, bestehend aus zehn
1996 übertrug die Stadt Zürich die Liegenschaft der
Fachleuten aus den Bereichen Architektur,
Schweizerischen Stiftung für Sozialtourismus und stellte
Innenarchitektur, Ökologie, Textildesign, visu-
einen grosszügigen Betrag zur Erneuerung des Gebäudes
elle Kommunikation, Landschaftsarchitektur
zur Verfügung. Neben der Sanierung war eine Erweite-
und Sicherheit, definierte darin die Ziele, die
rung unumgänglich. Da man das plastische, solide Ge-
man mit künftigen Um- und Neubauten der
samtbild des Ensembles möglichst erhalten wollte, er-
Jugendherbergen erreichen wollte. Anlass
wies sich dieses Vorhaben als komplex: Nachdem man
dazu war 1991 die Fusion der bis dahin regio-
zunächst den eingeschossigen Tagesbereich hatte aufsto-
nal organisierten Jugendherbergen. Diese
cken wollen, zeigte ein Studienauftrag, dass sich der drei-
Neuorganisation hatte zur Folge, dass alle Lie-
geschossige Wirtschaftsbereich dafür sowohl aus bau-
genschaften in die Schweizerische Stiftung
technischer als auch aus architektonischer Sicht besser
für Sozialtourismus überführt wurden, die
eignete. Neben der kräftigeren Farbe der Fassade ist die-
damit auf einen Schlag für sehr viele Häuser
se Aufstockung mit neuen Zweier- und Viererzimmern
verantwortlich war. heute die wichtigste, von aussen sichtbare Veränderung.
Das Erdgeschoss öffnete das verantwortliche Architekturbüro Meyer Moser Lanz mit Empfangshalle, Lobby, Kiosk,
Bar und Aufenthaltsbereichen zu einem grosszügigen, hel-
Gerold Kunz, dipl. Architekt ETH SIA
BSA, Jurypräsident ICOMOS Suisse
«Die Jugendherberge Zürich wurde von
ICOMOS für den sorgsamen Umgang
während der Renovation von 2004 ausgezeichnet. Die Besichtigung vor Ort hat
mir gezeigt, dass sich alle Veränderungen harmonisch in den Grundbau einfügen und den Eindruck vermitteln, als
sei die Jugendherberge seit 50 Jahren
unverändert geblieben.»
10
len Raumkontinuum. Die ursprüngliche Material- und Farbauffassung blieb dabei weitgehend erhalten. Der Haupteingang wurde in die Mitte des Gebäudes verlegt und öffnet sich heute zur nächstgelegenen Bushaltestelle, der die
Jugendherberge den Namen gibt. Er erschliesst die Halle
mit dem alten und dem neuen daran angeschlossenen
Schnitt
Jugendherberge Zürich
Mutschellenstrasse 114
8038 Zürich
Dachgeschoss
Schnitt
290 Betten in 76 Zimmern
Baujahr / Architekt
1965
Ernst Gisel, Zürich
Umbau und Erweiterung 2002 – 2004
Meyer Moser Lanz Architekten AG, Zürich
Investitionssumme: 9,8 Mio. CHF
Auszeichnung2008 Historisches Hotel des Jahres
von ICOMOS Suisse,
Kategorie «Besondere Auszeichnung»
Zimmertrakt zentral. Zwar stehen wegen des Umbaus
(2002 – 2004) nur noch 290 Betten statt wie vorher 312 zur
Verfügung, doch gelang es, die Anzahl der Zweier- und Viererzimmer deutlich zu erhöhen. Dies entspricht eher den
heutigen Gästebedürfnissen und ermöglicht eine grössere
Erdgeschoss
Regelgeschoss
Flexibilität und damit eine bessere Auslastung.
11
Drei Generationen von Jugendherbergen
Die neu definierten Strukturen der Stiftung
Seit 1939 dient das von einem englischen Architekten ent-
und das Leitbild waren zwei Mittel, um die
worfene und 1904 in Strickbauweise erstellte Ferienchalet
Stiftung und die Häuser in eine erfolgreiche
im Wald oberhalb von Grindelwald mit Blick auf die Nord-
Zukunft zu führen. Einer der wesentlichen
wand des Eigers als Jugendherberge. Zwischen 1962 und
Punkte des Leitbilds war, die Zimmereinheit
1965 erweiterte man das Gebäude um einen Vorbau im
erneut zu verkleinern: Man bot neu einen
Erdgeschoss gegen Westen deutlich. Die notwendige
Zimmermix, bestehend aus Doppel-, Vierer-
Sanierung Mitte der 1990er-Jahre bot die Gelegenheit, die
und Sechserzimmern an, wobei die einen
Bettenzahl in den engen Zimmern zu reduzieren. Da ein
Zimmer integrierte Nasszellen aufwiesen und
Anbau an das bestehende Gebäude nicht mehr in Frage
andere mit eigenem Lavabo sowie Dusche
kam, entschied man sich, neben dem ursprünglichen Cha-
und WC auf der Etage angeboten wurden.
letgebäude einen freistehenden Neubau zu erstellen.
Ein Grund dafür war, dass die Privatsphäre
auch beim Schlafen gewahrt bleiben sollte.
Diese Entwicklung bildet auch die im Laufe
der Zeit gewachsenen Ansprüche und Erwartungen der Gäste ab. Eine zweite wichtige
Erkenntnis aus der Arbeit mit dem Planungsteam war, dass die Schweizerische Stiftung
für Sozialtourismus über sehr wertvolle, architektonisch überzeugende Objekte an sehr
guten Standorten verfügt. Daraus folgerte
man, auch in Zukunft auf qualitätsvolle Architektur setzen zu wollen.
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Jugendherberge Grindelwald
Im Rahmen der Erneuerung und Erweiterung der Jugendherberge Grindelwald wurde ein erstes Mal das «Bauhandbuch 2005» getestet: Ein Team, bestehend aus zehn
Fachleuten, zu dem auch die Architektinnen Kathrin
Gügler und Regula Stahl gehörten, hatte darin die neuen
Anforderungen an Jugendherbergen im Hinblick auf Komfort, Betrieb, Gemeinschafts- und Schlafräume definiert
und konnte diese in Grindelwald ein erstes Mal realisieren. Die wichtigsten Aspekte des «Bauhandbuches 2005»
sind eine qualitativ hochstehende Architektur sowie ein
sorgsamer Umgang mit Standards und regionalen Eigenheiten.
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Drei Generationen von Jugendherbergen
Neubau
Jugendherberge Grindelwald
Altbau
Die Architektin Kathrin Gügler und der Architekt Martin
Gautschi entwarfen einen formal schlichten, räumlich klar
strukturierten, dreigeschossigen Baukörper, der sich dem
Hauptgebäude optisch unterordnet. Insgesamt 18 neue
Zweier- und Viererzimmer fanden hier Platz. Jedes Geschoss teilt sich in eine talseitige Zimmerschicht mit
durchgehendem Korridor und hangseitige Nebenräume
mit Treppen und Nasszellen auf. Die Materialien wurden
nach ökologischen Kriterien ausgewählt: grauer Linoleum
Regelgeschoss
und Kunststein für den Boden, Sumpfkalkputz in einem
warmweissen Grundton für die Wände, grau-grün gestrichener Holzwerkstoff für Schränke und Türen, unbehandeltes Lärchenholz für die Fassade.
Für den Umbau des Chalets waren die Architektin Regula
Stahl und der Architekt Thomas Nussbaumer verantwortlich: Hier bot sich die Gelegenheit, das Chalet von seinen
Altlasten zu befreien und die Anzahl der Betten pro ZimAlain Paratte, dipl. Architekt ETH SIA,
Altpräsident der Schweizerischen
Stiftung für Sozialtourismus
«Die Erneuerung der Jugendherberge
Grindelwald bot die Gelegenheit zur
Validierung der Thesen des Planungsteams 2005. Das überzeugende Ergebnis
war der erste Meilenstein in der baulichen Neuorientierung, die bis zum
heutigen Tag erfolgreich weitergeführt
wird.»
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mer zu reduzieren. Gleichzeitig wurde auch der Empfang
mit einer grosszügigen Rezeption den neuen Anforderungen angepasst.
1. Obergeschoss
Jugendherberge Grindelwald
Geissstutzstrasse 12
3818 Grindelwald
135 Betten in 33 Zimmern
Baujahr 1904
Um- und Neubau 1996
Umbau: Thomas Nussbaumer und Regula Stahl
Neubau: Martin Gautschi und Kathrin Gügler
Investitionssumme: 4,5 Mio. CHF
Erdgeschoss
Erdgeschoss
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Sorgfalt im Umgang mit Ort
und Geschichte
Jugendherberge Davos Youthpalace
Viele Schweizer Jugendherbergen befinden
Das 1913 erbaute Sanatorium Beau-Site war Teil des Davo-
sich in Häusern, die für diesen Zweck umge-
ser Kurtourismus, der seine Blütezeit in den Zwischen-
nutzt wurden. Als Jugendherbergen gebaut
kriegsjahren erlebte. Leicht erhöht gelegen und mit freiem
wurden vergleichsweise wenige Objekte. Oft
Blick über Davos, erfuhr der Bau im Lauf der Zeit verschie-
hat die öffentliche Hand an die Tür der Schwei-
dene Veränderungen. Seit 1996 stand das Haus leer, nach-
zer Jugendherbergen geklopft, wenn ein Ob-
dem die zuletzt darin beheimatete Klinik für Allergie und
jekt erhalten werden sollte, dessen vorherige
Dermatologie ihren Betrieb eingestellt hatte. 1999 erfolgte
Nutzung obsolet geworden war, und man
der Auftrag an die Architekten Gian Carlo Bosch, Martin
seitens der Stadt oder der Gemeinde dafür
Heim und Reto Zindel, das Gebäude in eine Jugendher-
eine halböffentliche Weiterverwendung such-
berge umzubauen.
te. In ihrer über 90-jährigen Geschichte haben
sich die Schweizer Jugendherbergen so einen
grossen Fundus an historischen Bauten angelegt. Die Pflege dieses baukulturellen Erbes ist ein zentrales Anliegen der Schweizerischen Stiftung für Sozialtourismus, das auch
im «Bauhandbuch 2005» verankert wurde.
Die Schweizer Jugendherbergen wurden so
Der repräsentative Charakter des Hauses an ausserordentlicher Lage auf einer Sonnenterrasse und die bestehende Zimmerstruktur mit eigenen Nasszellen und vorgelagerten Balkonen verlangte nach einem entsprechenden
Konzept: Die Idee des Youthpalace war geboren – eine
neue, gehobene Kategorie mit besonderen Anforderungen an den Betrieb, die Gestaltung der Räume und das
architektonische Konzept.
auch nicht zu einer Beherbergungskette mit
demselben, standardisierten Gleichen in jeder Ecke der Schweiz. Ihre Qualität besteht
in der Einzigartigkeit ihrer Häuser. Jede Jugendherberge ist zwar als solche erkennbar,
schreibt aber auch die Geschichte des jeweiligen Ortes oder der vorhandenen wertvollen
Bausubstanz fort. Die Häuser in Davos, Valbella und Basel zeigen beispielhaft den individuellen Umgang mit diesem Erbe.
16
17
Sorgfalt im Umgang mit Ort und Geschichte
Jugendherberge Davos Youthpalace
WA
Im Sanatorium in Davos beliess man den
Dieses Konzept beliess die vorhandene Zimmerstruktur in
hohen Standard des ehemaligen Kurhauses
den Obergeschossen ohne wesentliche bauliche Eingriffe.
mit den Zimmern mit Nasszellen und grossen
Dagegen organisierten die Architekten das Erdgeschoss
Balkonen – deshalb der Name Youthpalace.
und das erste Obergeschoss vollständig neu: Die gemein-
Neugestaltet wurden hingegen die Aufent-
schaftlich genutzten Räume mit Empfang, Aufenthalts-
haltsräume. Sie bilden das Herz der Jugend-
und Restaurationsbereich wurden in Wandelhallen umge-
herberge und wurden ganz in warme Rottöne
staltet, in denen sich die Gäste aufhalten, gleichzeitig aber
getaucht.
auch zirkulieren können. Rottöne an Boden, Wänden und
Regelgeschoss
Decke bilden in diesen Räumen, die sich nur in Nuancen
unterscheiden, eine warme Hülle. Gezielt eingesetzte Elemente in Weiss setzen als Raumteiler oder in Fensternischen ebenso wie die in Weiss gehaltenen, schlichten
Deckenleuten Akzente. Ergänzt wird diese Raumstimmung mit schwarzen Möbeln und Einbauten.
Von aussen wirkt das Haus allerdings noch immer wie
anno dazumal und auf den für die Sanatorien der damaliErwin Roffler, Alt-Landammann Davos
und Stiftungsrat der Schweizerischen
Stiftung für Sozialtourismus
«Die Schweizerische Stiftung für Sozialtourismus hat einen Weg gefunden,
einen wichtigen Davoser Zeitzeugen zu
erhalten und gleichzeitig mit dem ersten
Youthpalace eine Neuheit in der Schweizer Herbergswelt zu kreieren. Zwei
Fliegen auf einen Schlag für den Tourismusstandort Davos; was kann sich ein
Landammann besseres wünschen.»
18
gen Zeit typischen Balkonen wähnt man sich um Jahrzehnte zurückversetzt.
Jugendherberge Davos Youthpalace
Horlaubenstrasse 27
7260 Davos
235 Betten in 70 Zimmern
Querschnitt
1. Obergeschoss
Baujahr / Architekt 1913
Bode & Bauer, Davos
Umbau
2002
Bosch & Heim Architekten AG mit
Reto Zindel, Chur
Investitionssumme: 3,3 Mio. CHF
WA
Erdgeschoss
19
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